Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 09. Nov. 2016 - L 4 KR 136/15

bei uns veröffentlicht am09.11.2016
vorgehend
Sozialgericht München, S 17 KR 445/12, 21.01.2015
nachgehend
Bundessozialgericht, B 1 KR 28/17 B, 31.01.2018

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Januar 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die 1978 geborene Klägerin, die bei der Beklagten versichert ist, beantragte am 08.09.2011 unter Vorlage eines Befundes des Universitätsklinikums C-Stadt, Chirurgische Klinik, Sektion Handchirurgie, Plastische Chirurgie und Ästhetische Chirurgie die Kostenübernahme für eine stationäre Aspirationslipektomie beider Beine. Die Klägerin habe sich am 31.08.2011 in der ambulanten Behandlung des Klinikums befunden, dabei sei ein Lipödem vom Becken-Beintyp diagnostiziert worden. Insbesondere nach der Geburt ihres Kindes sei die Konfiguration der Beine im Sinne eines Lipödems massiv progredient. Die Klägerin fühle sich im Alltag, bei der sportlichen Betätigung und der Bewegung allgemein stark eingeschränkt, zudem komme es im Tagesverlauf zu einem Schweregefühl und Schmerzen in beiden Beinen. Ein Lymphödem sei aktuell szintigraphisch ausgeschlossen worden. Es werde um Kostenübernahmeerteilung für eine stationäre Aspirationslipektomie beider Beine, gegebenenfalls in mehreren Etappen, gebeten. Der von der Beklagten eingeschaltete MDK gab an, dass eine Erkrankung im Sinne des SGB V nicht vorliege, worauf die Beklagte am 14.09.2011 den Antrag auf Kostenübernahme ablehnte.

Mit Widerspruch vom 04.11.2011 legte die Klägerin mehrere Befunde vor. Die Praxis für Nuklearmedizin Dr. S. hatte am 17.09.2007 festgestellt, dass seit ca. fünf Jahren ein Spannungsgefühl in Armen und Beinen, verbunden mit Schwellung, verstärkt beim Stehen und insbesondere bei Wärme, verbunden auch mit ziehenden und drückenden, plötzlich beginnenden Schmerzen bestehe. Eine Lymphtransportstörung sei bei der Untersuchung ausgeschlossen worden. Die Gefäßpraxis Dr. K. attestierte am 06.04.2011 eine auffällige Umfangsvermehrung beginnend oberhalb des Knöchels über die gesamten Ober- und Unterschenkel. Es wurde die Diagnose einer Lipomatose der beiden unteren Extremitäten gestellt und die Vorstellung in der plastischen Chirurgie zur Festlegung der weiteren konservativen und operativen Maßnahmen (Liposuktion) empfohlen. Die behandelnde Hausärztin Dr. D. stellte am 03.11.2011 zunehmende Beschwerden durch das Lipödem fest. Es bestünden so starke Schmerzen, dass die Klägerin nur noch eingeschränkt belastbar und mobil sei. Außerdem komme eine zunehmende psychische Reaktion dazu. Eine stationäre Lipektomie sei von verschiedenen Spezialisten angeraten worden.

Der MDK nahm ausführlich nach Aktenlage Stellung. Da die Ursache für die Entstehung eines Lipödems noch nicht klar sei, gebe es auch keine kausale Therapie, auch die postulierte positive therapeutische Wirkung der Fettgewebsreduzierung könne zumindest in Frage gestellt werden. Die resultierenden Beschwerden ließen sich mit Leistungen der GKV behandeln und auf ein erträgliches Maß reduzieren. Bei Übergewichtigen sei ein Normalgewicht anzustreben. Während in frühen Stadien die Therapie mit Kompressionsstrümpfen das Auftreten eines Ödems verhindere, gelte in späteren Stadien die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) als Methode der Wahl. Dabei beeinflusse die Kompressionstherapie die Ödeme, nicht aber die eigentliche Fettgewebsmasse, da Fettgewebe nicht komprimierbar sei. Sobald sich durch die KPE kein weiterer Entstauungserfolg mehr einstelle, folge die Erhaltungsphase der Behandlung. Am entstauten Bein würden Kompressionsstrümpfe mindestens Klasse 2 bis 3 angelegt. Die Strümpfe seien konsequent und täglich zu tragen, was eine gute Compliance erfordere. Zur Erhaltung seien auch weiterhin regelmäßige manuelle Lymphdrainagen durchzuführen. Auch in fortgeschritteneren Stadien könne mit Hilfe der KPE bei den meisten Patienten eine Besserung der Beschwerden bis hin zur Beschwerdefreiheit erzielt werden, allerdings müsse die Therapie konsequent und lebenslang durchgeführt werden. Bei Zunahme der Beschwerden und insbesondere bei Bedrohung der Erwerbsfähigkeit solle versucht werden, die Behandlung im Rahmen einer speziellen Rehabilitationsmaßnahme in einer Lymphfachklinik zu intensivieren. Im vorliegenden Fall sei aktuell von keiner akut stationären Behandlungsbedürftigkeit auszugehen.

Die Beklagte ermittelte, dass Heilmittelverordnungen im Zeitraum 2008 bis 2011 nicht ausgestellt worden waren. Sie zog das Grundsatzgutachten des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes vom 06.10.2011 zur Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen bei. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2012 wurde der Widerspruch wegen Verfristung als unzulässig verworfen. Der Bescheid sei am 14.09.2011 zur Post gegeben worden und gelte am 17.09.2011 als bekannt gegeben. Im Anschluss entschied die Beklagte über einen Antrag nach § 44 SGB X. Die Beklagte habe das Recht nicht unrichtig angewandt, da eine Kostenübernahme für die Liposuktion im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen sei. Auch auf die Kostenübernahme für eine Liposuktion als stationäre Behandlung bestehe kein Anspruch, weil die Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit nicht erfüllt seien. Zudem habe die Klägerin bislang keine manuelle Lymphdrainage in Anspruch genommen und daher die im GKV-System vorhandenen ambulanten Behandlungsmethoden nicht ausgeschöpft.

Hiergegen erhob die Klägerin am 23.04.2012 Klage zum Sozialgericht München (SG) und trug vor, dass die Uniklinik C-Stadt aufgrund der massiven Beschwerden keine ambulanten Behandlungsmöglichkeiten empfohlen habe. Ein Negativvotum des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Liposuktion im stationären Bereich gebe es nicht. Vorgelegt wurde ein Attest des Klinikums der LMU C-Stadt vom 13.06.2012, wonach auf Schreiben der Klägerin vom 11.05.2012 und 24.05.2012 weiterhin bei persistierender Beschwerdesymptomatik eine Aspirationslipektomie als chirurgische Behandlungsmöglichkeit empfohlen werde. Das SG holte einen Befundbericht des Uniklinikums ein. Danach habe sich die Klägerin zuletzt am 31.08.2012 vorgestellt. Es bestünden starke Einschränkungen im Alltag bei der Ausübung von Sport und allgemeiner Bewegung sowie im Tagesverlauf ein Schweregefühl und Schmerzen in den Beinen. Es handele sich um ein klinisch ausgeprägtes Lipödem von Becken-Beintyp, die Beschwerden seien nach Angaben der Klägerin seit der Geburt des Kindes massiv progredient. Liposuktionen würden zwar auch ambulant durchgeführt, jedoch erscheine bei einem einzeitigen Vorgehen an beiden Beinen eine stationäre Überwachung nach dem Eingriff angebracht, da eine große Menge sowohl an Tumeszenzlösung als auch an reseziertem Gewebe zusammen mit einem möglichen deutlichen Blutverlust die Kreislaufregulation negativ beeinflussen könne.

Auf Anforderung des SG wurde eine aktuelle Verordnung für Krankenhausbehandlung der Dr. D. vom 27.02.2013 vorgelegt. Im Befundbericht vom 19.04.2013 gab die Ärztin an, dass Maßnahmen der Entstauungstherapie üblicherweise vom Facharzt veranlasst würden. Die Klägerin bestätigte, dass eine Entstauungstherapie, auch mittels Kompressionsstrümpfen, bislang nicht durchgeführt wurde. Die Beklagte schaltete nochmals den MDK ein, der unabhängig vom Versorgungssektor weiterhin keine Leistungspflicht der GKV sah. Die langfristige Datenlage zur Liposuktion sei noch schwach. Für einen Nutzen gebe es keine Evidenzbelege aus kontrollierten klinischen Studien.

Im Auftrag des SG erstellte Frau Dr. E., Fachärztin für innere Medizin, Kardiologie, Sozialmedizin und Sportmedizin ein Gutachten nach Untersuchung der Klägerin am 19.07.2013. Danach sei die Klägerin als Maschinenbedienerin im Schichtwechseldienst beschäftigt gewesen. Diese Tätigkeit sei mit langen Phasen des Stehens verbunden. Es liege ein Lipödem Typ III von den Hüften bis zu den Knöcheln im Stadium I bis II mit ausgeprägten Schmerzen, Schwellung und Hämatomneigung vor. Die Klägerin habe sich mit der Form ihrer Beine arrangiert, leide aber erheblich unter einem ständigen Pochen in den Beinen und starken Schmerzen bei längerem Gehen und Fahrrad fahren. Auch bekomme sie immer wieder blaue Flecken und müsse ihre Beine in kaltem Wasser baden und hochlegen. Es gebe keine erfolgversprechenden konservativen Maßnahmen, die zu einer adäquaten Verbesserung der Schmerzzustände führen könnten. Da das Fettgewebe selbst bereits sehr schmerzhaft sei, könne durch Entstauungsmaßnahmen nichts bewirkt werden. Wegen der erforderlichen Menge an Tumeszenzlösung und reseziertem Gewebe bestünden auch die Voraussetzungen für eine Behandlung unter stationären Bedingungen.

Mit Urteil vom 21.01.2015 verurteilte das SG die Beklagte, die Klägerin im Rahmen eines stationären Aufenthaltes mit einer Liposuktion zu versorgen. Der Ausgangsbescheid vom 14.09.2011 sei nicht bestandskräftig geworden. Die Beklagte könne den Zugang ihres Bescheides bei der Klägerin nicht nachweisen. Auch habe die Beklagte mit ihrem Widerspruchsbescheid in der Sache entschieden. Die Klage sei auch begründet, da die Kammer nicht der Ansicht folge, dass es sich bei der Liposuktion um eine Methode handele, die nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und den Qualitätsanforderungen des SGB V entspreche. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für eine stationäre Behandlung bei der Klägerin vor.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zum Bayer. Landessozialgericht (LSG). Es sei nicht nachzuvollziehen, wieso auf konservative Behandlungsversuche verzichtet worden sei, da hierdurch eine Besserung bzw. Beschwerdefreiheit erreicht werden könne. Im Übrigen wäre zur Behandlung eines Lipödems mittels Liposuktion eine ambulante Behandlung ausreichend. Auch die LMU C-Stadt gehe davon aus, dass die OP in mehreren Etappen durchgeführt werden könne. In einem solchen Fall sei davon auszugehen, dass pro Einzeleingriff weniger Tumeszenzlösung verwendet und auch weniger Fett abgesaugt werde. Eine Vorgehensweise in Etappen sei auch medizinisch sinnvoll, da hierdurch die Risiken gemindert werden könnten. Letztlich gehöre aber auch die stationäre Durchführung nicht zum Leistungsspektrum der GKV.

Die Klägerin erwiderte, die Methode der Tumeszenzliposuktion entspreche den Regeln der ärztlichen Kunst und stelle keine Außenseitermethode dar. Es handele sich um eine weltweit durchgeführte Operationsmethode, allein in Deutschland gehe man von 250.000 Eingriffen pro Jahr aus. Verblindete Studien seien bei dieser Therapiemethode nicht möglich, auch randomisierte Prüfungen seien vor dem Hintergrund der möglichen Einflussfaktoren nur begrenzt durchführbar. Es bestehe eine ausreichende evidenzbasierte Grundlage für die stationäre Durchführung der Therapie.

Im Erörterungstermin vom 14.06.2016 gab die Klägerin an, sie verspüre stechende bzw. pumpende Schmerzen in den Unterschenkeln, insbesondere bei Wärme würden die Beine zusätzlich anschwellen und schmerzen. Bereits ein Druck mit den Fingern rufe Schmerzen hervor, sie könne nicht einmal Seidenstrümpfe tragen und nehme täglich vier bis fünf Schmerztabletten ausschließlich wegen der Beschwerden in den Beinen ein. Vor ca. zehn Jahren habe sie Kompressionsstrümpfe getragen, dies sei jedoch wegen der dadurch hervorgerufenen Schmerzen nicht weiter möglich gewesen. Sie könne auch eine Kompressionstherapie nicht durchführen. Ihre Tätigkeit als Maschinenanlageführerin wolle sie wieder aufnehmen.

In einer ergänzenden Stellungnahme gab Frau Dr. E. an, dass eine Verteilung des Eingriffs auf mehrere Termine zwar theoretisch möglich sei, aber psychisch sehr belastend und kaum kostengünstiger wäre. Das Risiko mehrerer kleiner ambulanter Eingriffe sei nicht generell niedriger, vielmehr könne das Infektionsrisiko ambulant größer sein. Nach wie vor werde die stationäre Durchführung für angezeigt erachtet auch wegen der kompetenten Nachsorge. Frau Dr. D. gab auf nochmaliges Befragen an, ihr sei die Schmerzmitteleinnahme der Klägerin nicht bekannt. Zur Notwendigkeit stationärer Behandlung könne sie eine Aussage nicht treffen.

Nach Ansicht der Beklagten bleibe es unverständlich, weshalb eine Behandlung bislang nicht in Anspruch genommen worden sei. Die Schmerzen beim Tragen von Kompressionsstrümpfen seien vermutlich auf eine fehlerhafte Versorgung mit rundgestrickter Kompressionsware zurückzuführen. Bereits nach dem Befundbericht des Uniklinikums solle die Liposuktion in mehreren Etappen durchgeführt werden. Dies sei aber auch ambulant möglich. Wegen der erforderlichen Nachsorge werde auf das Klinikum A-Stadt verwiesen.

Hierauf hat die Klägerin angegeben, dass sie die Kompressionsstrümpfe seinerzeit habe anpassen lassen und selbst bezahlt habe. Die Schmerztabletten habe sie sich ohne Rezept besorgt. Im Übrigen sei es unzutreffend, dass die Liposuktion keinen heilenden Charakter habe. Die Fettzellen würden dauerhaft entfernt und könnten sich nicht neu bilden. Auch würde die Häufigkeit manueller Lymphdrainage und des Tragens von Kompressionsstrümpfen reduziert bzw. gänzlich überflüssig werden. Weiter gehe der Einwand der Beklagten fehl, dass stationäre Behandlungsbedürftigkeit nicht bestehe. Schließlich sei in A-Stadt eine kompetente Nachsorge nicht vorhanden, da das Klinikum A-Stadt den Bereich Fettabsaugung an niedergelassene Ärzte mit begrenzten Zeiten abgegeben habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2016 gibt die Bevollmächtigte nach Rücksprache mit der Klägerin an, dass diese nach ihrer Erinnerung davon ausgehe, dass sie der Bescheid der Beklagten Mitte Oktober erreicht habe. In ihrem Widerspruch habe sie daher geschrieben: „Ich lege Widerspruch gegen Ihre Ablehnung vom Oktober ein.“

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.01.2015 aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die beantragte stationäre Liposuktion, so dass das Urteil des SG keinen Bestand haben kann.

Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.03.2012 war zulässig. Die Beklagte hat die Aufgabe des Bescheides zur Post nicht in ihren Akten vermerkt, so dass die Bekanntgabevermutung des § 37 Abs. 2 SGB X nicht greift. Da die Beklagte für den Zugang ihres Bescheides beweispflichtig ist und den Zugang an einem bestimmten Datum nicht nachweisen kann, ist davon auszugehen, dass der Zugang tatsächlich erst im Oktober 2011 erfolgt ist, so wie es die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2016 ihrer Erinnerung nach angegeben hat. Demzufolge ist der Widerspruch vom 04.11.2011 gegen den Bescheid vom 14.09.2011 als rechtzeitig anzusehen. Damit hat auch die Widerspruchsstelle der Beklagten als zuständige Stelle über den Widerspruch entschieden und eine Entscheidung in der Sache über den Gegenstand des Ausgangsbescheids getroffen.

Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung zu Lasten der GKV, wenn die Behandlung notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Bei der Klägerin liegt eine Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts vor. Nach der Rechtsprechung setzt Krankheit einen regelwidrigen, vom Leitbild eines gesunden Menschen abweichenden Körper- oder Geisteszustand voraus, der ärztlicher Heilbehandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (st. Rechtsprechung, vgl. Urteil des BSG vom 22.04.2015, B 3 KR 3/14 R). Nach den vorliegenden Befundberichten, dem eingeholten Sachverständigengutachten und den Einlassungen der Klägerin steht für den Senat fest, dass ein regelwidriger Körperzustand zu bejahen ist. Auch wenn durch die Form der Beine sicher nicht von einer Entstellung der Klägerin auszugehen ist, bestehen doch durch die Fettverteilungsstörung unstreitig Funktionseinschränkungen, vor allem in Form von Schmerzen, aber auch Schwere- und Spannungsgefühl, die das Stehen und Gehen erheblich beeinträchtigen. Auch wenn das Ausmaß der Schmerzen kaum objektivierbar ist und der Senat Zweifel an der geschilderten täglichen Schmerzmitteldosis hat, so entsprechen die geschilderten Beschwerden dem typischen Bild eines behandlungsbedürftigen Lipödems.

Da die Klägerin ausschließlich die Übernahme der Kosten für eine Liposuktion im Wege stationärer Behandlung beantragt hat, sind die Voraussetzungen stationärer Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 in Verbindung mit § 39 Abs. 1 SGB V zu prüfen. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch das teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häusliche Krankenpflege erreicht werden kann. Konkretisierend hat die Rechtsprechung hierzu entschieden, dass ein Krankheitszustand vorliegen muss, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel des Krankenhauses notwendig macht. Als besondere Mittel des Krankenhauses werden eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter Arzt herausgestellt. Es ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 17.11.2015, B 1 KR 18/15 R).

Vor diesem Hintergrund hat der Senat erhebliche Zweifel, ob zur Behandlung der Erkrankung stationäre Krankenhausbehandlung notwendig ist. Zum einen setzt die Subsidiarität der Krankenhausbehandlung gegenüber ambulanten Behandlungsmöglichkeiten voraus, dass die ambulanten Therapieoptionen vollständig ausgeschöpft sind. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden, da die Klägerin Heilmittel überhaupt nicht in Anspruch genommen hat und auch nicht feststeht, dass eine in der Vergangenheit erfolgte Kompressionsstrumpfversorgung fachgerecht durchgeführt wurde. Zwar haben sowohl die gerichtliche Sachverständige als auch die Klägerin unter Bezugnahme auf den Befund der chirurgischen Abteilung des Universitätsklinikums C-Stadt ausgeführt, dass Kompressionsbehandlungen insgesamt nicht erfolgsversprechend wären, da die Fettansammlungen physikalisch hierdurch nicht beeinflussbar wären. Dem steht allerdings das Grundsatzgutachten des MDS und die S1-Leitlinie Lipödem (aktueller Stand Oktober 2015) entgegen, wonach vor allem mit einer fachgerecht durchgeführten Kompressionsbehandlung durchaus Erfolge zu erzielen sind bis hin zur Schmerzfreiheit der Betroffenen. Unbestritten ist zwar, dass die überschüssigen Fettzellen durch die einschlägigen ambulanten Behandlungsmethoden (manuelle Lymphdrainage, Kompressionstherapie, Bewegungstherapie und Hautpflege) nicht vermindert oder gar beseitigt werden können. Hierauf ist aber nicht abzustellen, denn es kommt im Sinne der Vermeidung eines operativen Eingriffs darauf an, ob die Beschwerden der Klägerin günstig beeinflussbar sind, das heißt insbesondere eine Ödem- und Schmerzreduktion zu erreichen sind.

Nicht überzeugen kann den Senat auch der Vortrag der Sachverständigen und der Klägerin, dass eine solche Kompressionstherapie bzw. Lymphdrainage für die Klägerin unzumutbar sei, weil sie mit nicht erträglichen Schmerzen verbunden wäre. Eine fachgerechte Behandlung, gegebenenfalls auch in einer Reha-Einrichtung, die auf das Beschwerdebild der Klägerin spezialisiert ist, kann nach Überzeugung des Senats die Möglichkeit einer Besserung der Beschwerden eröffnen. In jedem Fall ist es der Klägerin zumutbar, eine solche Behandlung probeweise durchzuführen.

Zweifel bestehen weiter daran, ob zur Durchführung einer Liposuktion ein stationärer Krankenhausaufenthalt erforderlich wäre. Indem das Uniklinikum bei einem einzeitigen Vorgehen die stationäre Behandlung empfohlen hat, erscheint es möglich, den Eingriff auch in mehreren Schritten ambulant durchzuführen. Soweit die gerichtliche Sachverständige gegen eine ambulante Behandlung angeführt hat, dass das Infektionsrisiko ansteigen könne, so ist doch festzustellen, dass bei einer fachgerecht durchgeführten Liposuktion das Infektionsrisiko ambulant oder stationär beherrschbar erscheint und auch eine ausreichende Nachbehandlung durch niedergelassene Ärzte sicher gestellt werden kann.

Letztlich muss die Frage der ambulanten Behandlungsmöglichkeiten nicht abschließend entschieden werden, da jedenfalls für den Senat feststeht, dass die Liposuktion jedenfalls zur Zeit auch im stationären Bereich nicht zum Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung gehört. Auch die im stationären Bereich erbrachten Leistungen müssen dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V genügen, um einen Leistungsanspruch der Versicherten auslösen zu können und gegenüber den Krankenkassen abrechenbar zu sein (ständige Rsp. des BSG, vgl. Urteile vom 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R und vom 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R). § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V bestimmt allgemein, dass die Leistungen der Krankenversicherung nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Diesen Qualitätskriterien entspricht eine Behandlung, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte und Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und, von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG vom 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R).

Das BSG hat mehrfach hervorgehoben, dass die Behandlungsmöglichkeiten im stationären Bereich nicht schrankenlos sind. Gegenteiliges bedeute, unter Missachtung des Zwecks der GKV die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden und ggfs. sogar Schadensersatzansprüche für Patienten oder strafrechtliche Konsequenzen für Krankenhausärzte auszulösen. Andererseits dürfe die Anforderung an wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gelte. Im Übrigen könne sich eine Abmilderung des Qualitätsgebotes auch daraus ergeben, dass in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe stattzufinden habe (vgl. Urteil des 1. Senats vom 17.12.2013, a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass sich der kurative Erfolg der Liposuktion bislang nicht auf Grundlage evidenzbasierter Medizin aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Studien ergibt. Wie sich aus dem aktualisierten Grundsatzgutachten des MDK zur Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen ergibt, sind zur Liposuktion bei Lipödem weiterhin nur Publikationen kleinerer Fallserien bekannt, die grundsätzlich nicht geeignet sind, einen patientenrelevanten Vorteil zu belegen. Eine Änderung der Bewertung habe sich nicht ergeben. Der Senat hält es aber auch nicht für ausgeschlossen, dass die geforderten wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen erzielt werden können. Zwar mögen praktische Schwierigkeiten bestehen, Langzeitergebnisse in einem medizinischen Feld zu gewinnen, das sich im Grenzbereich zur ästhetischen Medizin befindet und das bislang hauptsächlich durch private Abrechnung der Leistungserbringer gekennzeichnet war. Andererseits wird der medizinische Nutzen der Liposuktion bei Lipödem gegenwärtig durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) im Verfahren nach § 137c Abs. 1 SGB V überprüft, so dass davon auszugehen ist, dass eine wissenschaftliche Aufarbeitung und Prüfung möglich ist.

Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht durch die Regelung des § 137c Abs. 3 SGB V (in der Fassung des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vom 16.07.2015, BGBl I S. 1211). Danach dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA im stationären Bereich keine Entscheidung getroffen hat, angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Das BSG hat bereits festgestellt, dass sich durch die Änderung des § 137 c SGB V und gleichzeitige Einfügung des § 137e SGB V an der bisherigen Grundkonzeption nichts geändert hat und lediglich Raum für den GBA geschaffen wurde, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen. Es verbleibe weiter bei dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V (Beschluss des BSG vom 15.07.2015, B 1 KR 23/15 B). Dies gilt aus Sicht des erkennenden Senats umso mehr, als es sich im vorliegenden Fall nicht um eine im Rechtssinn schwerwiegende oder gar lebensbedrohliche Erkrankung handelt und es zumutbar erscheint, die noch ausstehende Entscheidung des GBA im Rahmen des § 137c Abs. 1 SGB V abzuwarten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da die zugrunde liegenden Rechtsfragen vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage geklärt sind (§ 160 Abs. 2 SGG).

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Versorgung des Klägers mit einer Perücke als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

2

Der 1938 geborene Kläger leidet seit 1983 an vollständiger Haarlosigkeit des Kopfes (Alopecia totalis) sowie des gesamten Körpers (Alopecia areata universalis). Hinzu kommt die Neigung zur Bildung von Weißflecken (Vitiligo) bei ohnehin hellem Hauttyp. Die beklagte Krankenkasse hat ihn in der Vergangenheit wiederholt, zuletzt im Dezember 2006, mit Perücken versorgt. Seinen Antrag vom 16.11.2011 auf erneute Versorgung mit einer - vertragsärztlich verordneten - Kunsthaarperücke lehnte die Beklagte ab, weil Kahlköpfigkeit bei älteren Männern nicht als störende Auffälligkeit wahrgenommen werde und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben deshalb auch ohne Perücke uneingeschränkt möglich sei (Bescheid der Beklagten vom 28.11.2011, Widerspruchsbescheid vom 8.3.2012).

3

Der Kläger hat sich die Kunsthaarperücke für 820 Euro auf eigene Kosten beschafft (Rechnung vom 17.12.2011). Er macht geltend, der totale Haarverlust verursache einen hohen psychischen Leidensdruck, sodass er verschiedentlich schon psychotherapeutische Hilfe benötigt habe. Ihm könne nicht zugemutet werden, in der Öffentlichkeit stets eine Kopfbedeckung zu tragen, um sich vor den neugierigen Blicken der Mitmenschen zu schützen und der Gefahr von Sonnenbrand und der Entstehung von Hautkrebs vorzubeugen. Frauen in gleicher Lage würden von den Krankenkassen ohne Weiteres mit Perücken ausgestattet. Mit Blick auf das Verbot der Benachteiligung eines Menschen wegen seines Geschlechts (Art 3 Abs 3 Satz 1 GG) könne Männern daher die Versorgung mit einer Perücke bei krankheitsbedingtem Haarverlust nicht verwehrt werden.

4

Das SG hat die - auf Sachleistung gerichtete - Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 23.7.2013). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 20.2.2014): Weder der Verlust des Kopfhaares noch die Weißfleckenkrankheit entfalte beim Kläger eine entstellende Wirkung, sodass seiner Teilnahme am gesellschaftlichen Leben objektiv keine krankheitsbedingten Hindernisse entgegenstünden. Ein effektiver Schutz vor Sonnenbrand und Hautkrebs könne durch Kopfbedeckungen und Sonnenschutzcremes erlangt werden. Die geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen begründeten ebenfalls keinen Anspruch auf Versorgung mit einer Perücke, sondern allenfalls einen Anspruch auf Behandlung dieser Störung mit den Mitteln der Psychiatrie oder Psychotherapie. Auf das geschlechtsspezifische Benachteiligungsverbot könne sich der Kläger nicht berufen, weil der teilweise oder vollständige Verlust der Kopfbehaarung bei Männern als natürliche Erscheinung allgemein akzeptiert werde, während dieser Verlust bei Frauen äußerst selten vorkomme, daher bei ihnen regelmäßig entstellend wirke und der Zustand so zu einem ernsthaften Außenseiterproblem werden könne.

5

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, Art 3 Abs 3 Satz 1 GG). Die Ungleichbehandlung gegenüber Frauen sei nicht gerechtfertigt, weil es keinen medizinischen Erfahrungssatz gebe, dass der totale Haarverlust Männer psychisch weniger belaste als Frauen. Die Perücke sei auch deswegen zu leisten, weil generell ein Anspruch auf eine deutliche Annäherung an das äußere Erscheinungsbild eines normalen, gesunden Mannes gleichen Alters bestehe.

6

Der Kläger begehrt im Revisionsverfahren nunmehr die Erstattung der für den Kauf der Perücke aufgewandten Kosten und beantragt demgemäß,

        

das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 20.2.2014 und den Gerichtsbescheid des SG Speyer vom 23.7.2013 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 28.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.3.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 820 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, hält den Kostenerstattungsanspruch für unbegründet und beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Kläger mit einer Perücke zu versorgen bzw ihm die Kosten dafür zu erstatten, nachdem er sich das Hilfsmittel selbst beschafft hatte.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Es ist unschädlich, dass für die vom SG und LSG entschiedene Klage auf Versorgung des Klägers mit einer neuen Kunsthaarperücke durch die Beklagte (Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG) das Rechtsschutzinteresse gefehlt hat, weil es infolge der - dem SG und dem LSG nicht mitgeteilten - Anschaffung der Perücke durch den Kläger nicht mehr um die Erfüllung eines Sachleistungsanspruchs gehen konnte. Der Übergang vom Sachleistungsanspruch (§ 33 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V) zum Kostenerstattungsanspruch, der wegen der schon am 17.12.2011 erfolgten Selbstbeschaffung des begehrten Hilfsmittels bereits in der ersten und zweiten Instanz hätte den eigentlichen Streitgegenstand innerhalb des allgemeinen Klagebegehrens auf "Kostenübernahme" für die Perücke bilden müssen, war sachgerecht und auch im Revisionsverfahren noch zulässig, weil eine derartige Umstellung des Klageantrags bei gleich gebliebenem Klagegrund (auch) von § 99 Abs 3 Nr 2 SGG erfasst wird(vgl BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15 RdNr 10; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 4a), also fiktiv nicht als Klageänderung iS des § 99 Abs 1 und 2 SGG gilt, und deshalb nicht gegen das prozessuale Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren(§ 168 Satz 1 SGG) verstößt. Die Regelung des § 99 Abs 3 Nr 3 SGG, die ebenfalls auf den Übergang vom Sachleistungs- auf den Kostenerstattungsanspruch anwendbar ist(BSG SozR 4-1300 § 48 Nr 10 RdNr 12; Leitherer, aaO, RdNr 5), kann hingegen im vorliegenden Fall nicht zur prozessualen Zulässigkeit der Antragsumstellung führen, weil diese Vorschrift auf Sachverhalte beschränkt ist, in denen - anders als hier - die Veränderung der anspruchsbegründenden Umstände erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage (§ 94 SGG) eingetreten ist oder die schon zuvor eingetretene Änderung dem Kläger erst nach Rechtshängigkeit der Klage bekannt geworden ist (Leitherer, aaO, RdNr 5 mwN).

10

2. Grundlage des Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs 3 SGB V: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war". In Betracht kommt hier allein der Fall der unberechtigten Ablehnung einer Leistung (2. Alternative). Dabei reicht es grundsätzlich aus, dass der Versicherte sich die begehrte Leistung auf eigene Kosten beschafft hat, nachdem ihm die Krankenkasse die Entscheidung über die Ablehnung des Leistungsantrags bekannt gegeben hat (Ablehnungsbescheid). Es ist in der Regel nicht erforderlich, dass der Versicherte mit der Selbstbeschaffung der Leistung bis zur Entscheidung der Krankenkasse über den Widerspruch gegen die Leistungsablehnung wartet (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 11, 22; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 37; stRspr). Daher steht dem Kostenerstattungsanspruch im vorliegenden Fall nicht bereits der Umstand entgegen, dass der Kläger sich die begehrte Perücke zwar nach der Ablehnungsentscheidung vom 28.11.2011, aber noch vor der Entscheidung über den Widerspruch gegen diesen Bescheid (Widerspruchsbescheid vom 8.3.2012) auf eigene Kosten beschafft hat (Rechnung vom 17.12.2011).

11

Die Selbstbeschaffung eines aus medizinischen bzw rehabilitativen Gründen erforderlichen Hilfsmittels durch den Versicherten nach Ablehnung seines Leistungsantrags durch die Krankenkasse kann jedoch nur dann zu einem Kostenerstattungsanspruch führen, wenn ihm ein entsprechender Sachleistungsanspruch (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB V) zugestanden hätte. Das war hier nicht der Fall.

12

3. Rechtsgrundlage des ursprünglich geltend gemachten Sachleistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung von Art 1 Nr 17 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378). Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung mit Blick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs 1 SGB V nicht bewilligen(vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 11 - zweisitziges Elektrofahrzeug; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 40 - Unterschenkel-Sportprothese; BSGE 107, 44 = SozR 4-2500 § 33 Nr 31 - Treppensteighilfe).Nicht entscheidend für den Versorgungsanspruch ist, ob das begehrte Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis (§ 139 SGB V) gelistet ist, denn es handelt sich bei diesem Verzeichnis nicht um eine abschließende Regelung im Sinne einer Positivliste (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16, 20, 27; BSGE 99, 197 = SozR 4-2500 § 33 Nr 16, RdNr 20).

13

a) Der Hilfsmittelbegriff wird seit dem Inkrafttreten des SGB IX (durch Art 1 des Gesetzes vom 19.6.2001, BGBl I 1046) zum 1.7.2001 für alle Träger von Leistungen der medizinischen Rehabilitation (§ 6 Abs 1, § 5 Nr 1 SGB IX) durch § 31 Abs 1 SGB IX einheitlich definiert. Danach versteht der Gesetzeber unter dem Begriff Hilfsmittel die Körperersatzstücke sowie die orthopädischen und anderen Hilfsmittel. Erfasst werden alle Hilfen, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um (1.) einer drohenden Behinderung vorzubeugen, (2.) den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern oder (3.) eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind. Da sich die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe gemäß § 7 Satz 2 SGB IX nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen richten, ergibt sich der Rechtsanspruch der Versicherten weiterhin aus § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V. Bei der Definition des Hilfsmittelbegriffs in der medizinischen Rehabilitation hat sich der Gesetzgeber an der Rechtsprechung des BSG zum Hilfsmittelbegriff in der GKV orientiert. Eine Ausweitung der Leistungspflicht der GKV war bei der Hilfsmittelversorgung aber mit der Einführung des SGB IX nicht beabsichtigt (vgl auch BSGE 107, 44 = SozR 4-2500 § 33 Nr 31, RdNr 39). Als bewegliche Sachen erfüllen Perücken diesen Hilfsmittelbegriff, und zwar in der Ausprägung als Körperersatzstück, weil die Vollperücke das nicht (mehr) vorhandene Haupthaar vollständig ersetzen soll.

14

b) Der Anspruch scheitert nicht an der Ausnahmeregelung des § 33 Abs 1 Satz 1 letzter Halbsatz SGB V, wonach allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der GKV ausgeschlossen sind. Dem vollständigen Haarersatz dienende Vollperücken sind keine allgemeinen Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, weil sie für die speziellen Bedürfnisse an totalem Haarverlust leidender Menschen hergestellt und nur von diesem Personenkreis benutzt werden (vgl zum Begriff des allgemeinen Gebrauchsgegenstands BSGE 84, 266 = SozR 3-2500 § 33 Nr 33). Andere Perücken und sonstige Haarteile, insbesondere Damenperücken, werden zwar vielfach auch aus modischen Gründen verwandt, dann aber am vorhandenen Haupthaar befestigt und dienen als "Zweitfrisur". Als vollständiger Haarersatz - wie hier - sind Perücken teilweise anders gearbeitet (zB andere Art der Befestigung) und dienen auch einer anderen Zweckbestimmung, nämlich dem optischen Ausgleich des fehlenden natürlichen Haupthaares, und damit gerade nicht als "Zweitfrisur". Perücken gehören auch nicht mehr, wie vor 300 Jahren, zur üblichen standesgemäßen Ausstattung gehobener gesellschaftlicher Kreise.

15

c) Ein Anspruchsausschluss nach § 34 Abs 4 Satz 1 SGB V greift ebenfalls nicht ein. Nach dieser Vorschrift (idF durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.1991, BGBl I 2325) kann das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Heil- und Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. In der auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen Verordnung über Hilfsmittel von geringem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis in der gesetzlichen Krankenversicherung (KVHilfsmV) vom 13.12.1989 (BGBl I 2237), die in der Fassung durch die Verordnung vom 17.1.1995 (BGBl I 44) gilt, sind das Kopfhaar vollständig ersetzende Perücken nicht erfasst.

16

d) Der Anspruch lässt sich nicht bereits aus der Verwaltungspraxis der Beklagten bis 2006 ableiten. Es gibt keinen "Grundbescheid", mit dem die Beklagte grundsätzlich die regelmäßig wiederkehrende Versorgung des Klägers mit Perücken bewilligt hätte. In der Vergangenheit hat die Beklagte ausdrücklich immer nur Einzelfallentscheidungen erlassen. Demgemäß ist, wie bei dem Ersatz anderer Hilfsmittel (§ 33 Abs 1 Satz 2 SGB V)auch, grundsätzlich stets erneut zu prüfen, ob das begehrte Hilfsmittel weiterhin notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1 und § 33 Abs 1 SGB V; vgl auch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 21 - Blindenführhund). Dabei stellt sich die vertragsärztliche Verordnung eines bestimmten Hilfsmittels (§ 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V) rechtlich nur als ärztliche Empfehlung dar, bindet die Krankenkasse im Verhältnis zum Versicherten aber nicht, weil ihr gemäß § 275 Abs 3 Nr 1 SGB V ein Prüfungsrecht zur Erforderlichkeit des Hilfsmittels zusteht(BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 25 und 27, stRspr).

17

4. Die Leistungsablehnung durch die Beklagte ist rechtmäßig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V für die Versorgung des Klägers mit einer Perücke nicht erfüllt sind; das Hilfsmittel dient weder der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung noch dem Ausgleich einer Behinderung. Die Variante "Abwendung einer drohenden Behinderung" kommt nach der Sachlage ohnehin nicht in Betracht.

18

a) Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte nur dann Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Zum Anspruch auf Krankenbehandlung gehört auch die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V).

19

aa) Unter einer Krankheit iS des § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V wird allgemein ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand verstanden, der ärztlicher Heilbehandlung bedarf oder - zugleich oder allein - den Betroffenen arbeitsunfähig macht(BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 10; BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3, RdNr 4; BSGE 85, 36, 38 = SozR 3-2500 § 27 Nr 11 S 38; BSGE 72, 96, 98 = SozR 3-2200 § 182 Nr 14 S 64; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 20 RdNr 10; stRspr). Da aber nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit auch Krankheitswert zukommt, hat die Rechtsprechung diese Grundvoraussetzung dahingehend präzisiert, dass eine Krankheit nur vorliegt, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 11 zu Brustangleichungsoperationen; BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3, RdNr 6 zu kosmetischen Brustvergrößerungen; BSGE 93, 94, 102 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4 S 29 zu Feuermalen der Haut; BSGE 82, 158, 163 f = SozR 3-2500 § 39 Nr 5 S 29 zu einer Hodenprothese; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 2 zur Dauerpigmentierung bei fehlenden Augenbrauen und Wimpern). Der Gesetzgeber selbst hat bewusst davon abgesehen, den Begriff der Krankheit im Gesetz zu definieren, da sein Inhalt ständigen Änderungen unterliege. Stattdessen hat er in der Gesetzbegründung Bezug genommen auf die herrschende Rechtsprechung und Praxis (Begründung des Entwurfs zum GRG, BT-Drucks 11/2237, S 170). Trotz der vom Gesetzgeber angenommenen ständigen Änderungen des Krankheitsbegriffs ist aber die grundlegende Begriffsdefinition gleich geblieben. Die Anpassung an die fortschreitende medizinische Entwicklung erfolgt in der Regel im Rahmen der einzelnen Begriffsmerkmale. Die Ausweitung der therapeutischen Möglichkeiten schlägt sich insbesondere in dem Begriffsmerkmal der "Behandlungsbedürftigkeit" nieder (Fahlbusch in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 27 RdNr 31 und 42 mwN).

20

Der krankenversicherungsrechtliche Krankheitsbegriff ist enger als der Krankheitsbegriff im allgemein-medizinischen Sinne, der jede "Störung der Lebensvorgänge in Organen oder im gesamten Organismus mit der Folge von subjektiv empfundenen bzw objektiv feststellbaren körperlichen, geistigen oder seelischen Veränderungen" bzw "eine definierbare Einheit typischer ätiologisch, morphologisch, symptomatisch oder nosologisch beschreibbarer Erscheinungen, die als eine bestimmte Erkrankung verstanden werden" umfasst. Bei dem medizinischen Krankheitsbegriff kommt es insbesondere auf Behandlungsbedürftigkeit bzw Arbeitsunfähigkeit nicht an. Ebenfalls nicht maßgeblich für das Krankenversicherungsrecht ist der weite sozialpolitische Krankheitsbegriff der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die den Gegenbegriff der Gesundheit definiert als "Zustand völligen körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Wohlempfindens" (Fahlbusch, aaO, § 27 RdNr 34).

21

bb) Den Krankheiten gleichgestellt sind in weitgehendem Umfang Behinderungen (vgl § 2 Abs 1 SGB IX, § 33 SGB V). Das Gesetz macht keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Krankheiten im engeren Sinne, bei denen die Betonung auf dem regelmäßig nur vorübergehenden Charakter einer als überwindbar angesehenen Gesundheitsbeeinträchtigung liegt, und Behinderungen, die als weitgehend unabänderlich vor allem unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs für eine dauerhaft regelwidrige Körperfunktion die Leistungspflicht begründen können (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 2 RdNr 6). Die neuere, gemäß § 5 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 und § 31 SGB IX auch für das SGB V und damit für die Krankenkassen geltende Definition des Begriffs der Behinderung findet sich nunmehr in § 2 Abs 1 SGB IX. Danach sind Menschen teilhaberechtlich behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (Satz 1). Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist (Satz 2). Dabei entspricht der erste Teil der Definition der "Behinderung" iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX, also die dauerhaft regelwidrige Körperfunktion bzw das Funktionsdefizit, dem herkömmlichen rein medizinischen Behinderungsbegriff, während der zweite Teil der Definition, also die Teilhabebeeinträchtigung als Folge des Funktionsdefizits, die durch das SGB IX erfolgte Erweiterung des herkömmlichen Behinderungsbegriffs darstellt(vgl dazu auch Löbner, Der gesetzliche Behinderungsbegriff im Wandel der Zeit, Behindertenrecht 2015, 1).

22

b) Unter dem Gesichtspunkt des vollständigen Ausfalls des biologischen Prozesses "Neubildung und Wachstum der Haare" kann der körperliche Zustand des Klägers schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil die Haarlosigkeit nicht zu einer Beeinträchtigung der Körperfunktionen führt und zudem weder die Perücke noch ein anderes Mittel der Krankenbehandlung dem Kläger die verlorene Körperbehaarung, hier speziell das Kopfhaar, wieder zu beschaffen vermag. Der Versuch einer medikamentösen Therapie ist nach Feststellung des LSG zwar unternommen, dann aber wegen Aussichtslosigkeit nicht fortgesetzt worden; Behandlungsmöglichkeiten sind bei einer schon länger andauernden Alopecia areata universalis auch nicht ersichtlich (vgl zu den Therapiemöglichkeiten bei den verschiedenen Alopecia-Formen Psychrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl 2007, Stichworte Alopecia androgenetica und Alopecia areata). Es fehlt deshalb am Merkmal der Behandlungsbedürftigkeit, das seinerseits die Behandlungsfähigkeit voraussetzt (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 2 RdNr 7).

23

c) Dennoch kann der Totalverlust der Haare im Einzelfall Krankheitswert haben und deshalb als Krankheit iS des § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V gelten. Krankheitswert kann dem vollständigen Haarverlust unter dem Aspekt der entstellenden Wirkung zukommen. Dabei ist nach dem Geschlecht sowie nach Ursache und Ausmaß des Haarverlustes zu differenzieren.

24

aa) Der übliche Schwund der Kopfbehaarung beim Mann, der von sich vergrößernden "Geheimratsecken" über die "hohe Stirn" und die Teilglatze an der Tonsurstelle bis zur vollständigen Glatzenbildung geht (Alopecia androgenetica), die Wimpern, die Augenbrauen und die Barthaare aber nicht erfasst, ist schon keine Krankheit und - als Dauerzustand - auch keine Behinderung. Es handelt sich insoweit nicht um einen regelwidrigen Körperzustand, weil der teilweise bzw vollständige Haarverlust - altersabhängig - die Mehrzahl aller Männer trifft (Alopecia senilis). Eine Differenzierung nach dem Alter ist - von Kindern und Jugendlichen abgesehen - weder möglich noch erforderlich, weil vom Zurückweichen der Kopfbehaarung erwachsene Männer aller Altersstufen in unterschiedlichem Ausmaß betroffen sind. Wenn das insbesondere bei jungen Männern mit starker Glatzenbildung (Alopecia praematura) anders gesehen und insoweit von einer körperlichen Regelwidrigkeit ausgegangen würde, käme ihr kein Krankheitswert zu; denn das fehlende Haupthaar beeinträchtigt die Körperfunktionen des Mannes nicht und wirkt auch nicht entstellend. Männer ohne Haupthaar erregen für sich genommen, also ohne ein bestimmtes Erscheinungsbild (zB Kleidung, Tätowierungen), in der Öffentlichkeit keine Aufmerksamkeit im Sinne von Anstarrung oder Stigmatisierung. Das wird in jüngerer Zeit auch dadurch bestätigt, dass der haarlose Kopf vielfach mit Eigenschaften wie zB Energiegeladenheit und Sportlichkeit oder aber - zusammen mit einem prägnanten Outfit - mit einem bestimmten politischen oder gesellschaftlichen Standpunkt in Verbindung gebracht wird. Deshalb greifen auch Männer, die noch über Haupthaar oder einen Haarkranz verfügen, nicht selten zum Mittel der totalen Kopfrasur, um sich so ein markantes Äußeres zu verschaffen, das dem Stil ihres Vorbilds oder ihrer Gruppe entspricht.

25

bb) In der Wahrnehmung des vollständig haarlosen Kopfes durch das Publikum liegt auch der Grund, weshalb der Anspruch nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V auf Versorgung mit einer Perücke bei Frauen bestehen kann(BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45). Der typische männliche Haarausfall ohne Beteiligung von Wimpern und Augenbrauen tritt aus biologischen Gründen bei Frauen kaum auf, auch wenn bei diesen das Haarvolumen im Laufe des natürlichen Alterungsprozesses zurückgeht. Deshalb erregt eine haarlose Frau auch dann, wenn sie nicht an dem Vollbild der Alopecia areata universalis leidet, immer noch Aufsehen, und ihr Aussehen wird ggf als entstellend wahrgenommen, sodass der Verlust der Kopfbehaarung dort als Krankheit eingestuft werden kann. Auch diese Bewertung wird dadurch bestätigt, dass bei Frauen - anders als bei Männern - die Glatze (Calvities) nicht mit Energiegeladenheit, Sportlichkeit und/oder einem bestimmten Statement verbunden, sondern ganz verbreitet als "Defekt" wahrgenommen wird. Die nach dem Geschlecht differenzierende Anwendung des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V hinsichtlich der Versorgung mit Perücken nach Verlust des Haupthaares (ohne Beteiligung der Augenbrauen und Wimpern) stellt vor diesem Hintergrund keine unzulässige Benachteiligung von Männern wegen des Geschlechts(Art 3 Abs 3 Satz 1 GG) dar (dazu näher 6.).

26

cc) Die Folgen des vollständigen Haarverlustes des Kopfes, der auch die Wimpern, die Augenbrauen und die Barthaare (Alopecia totalis) erfasst, können demgegenüber je nach dem Alter des betroffenen Mannes und Aussehen des unbehaarten Kopfes entstellende Wirkung (im Sinne einer störenden, Aufmerksamkeit bzw Neugier erregenden Auffälligkeit) haben. Es bedarf hier keiner exakten Abgrenzung, bis zu welchem Lebensalter - etwa 30 Jahre - das Aussehen eines Mannes ganz ohne Haare ausgrenzende Wirkung haben kann, weil der haarlose Kopf bei einem jungen Erwachsenen Blicke auf sich ziehen mag und dem Beobachter dann (erst) auffällt, dass der Betroffene völlig haarlos ist.

27

d) Soweit der vollständigen Haarlosigkeit des Kopfes eine entstellende Wirkung zukommt, handelt es sich um einen Zustand körperlicher Regelwidrigkeit mit Krankheitswert. Der Anspruch auf Ausstattung mit einer Perücke nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V beruht dann auf dem Tatbestand der Hilfsmittelversorgung zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung (1. Variante). Dies gilt für vorübergehende Zustände mit potenziell entstellender Wirkung, wie sie zB bei der Kahlköpfigkeit von Krebspatienten als Begleiterscheinung einer Chemotherapie auftreten können, ebenso wie für Dauerzustände mit potenziell entstellender Wirkung wie zB bei der Alopecia areata universalis.

28

Demgemäß ist bei solchen Dauerzuständen eine genaue Abgrenzung zur 3. Variante des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, nämlich der Hilfsmittelversorgung zum Ausgleich einer Behinderung, entbehrlich. In seiner Entscheidung zum Anspruch einer an Alopecia areata universalis leidenden Frau auf Versorgung mit einer Echthaarperücke hatte der erkennende Senat maßgeblich auf den teilhaberechtlichen Behinderungsbegriff des § 2 Abs 1 SGB IX abgestellt(Urteil vom 23.7.2002 - B 3 KR 66/01 R - SozR 3-2500 § 33 Nr 45) und dabei den Krankheitswert der bei Frauen entstellenden Wirkung der Alopecia areata universalis einer dauerhaften körperlichen Funktionsbeeinträchtigung gleichgestellt: Ein Mensch ist wegen seiner Kahlköpfigkeit teilhaberechtlich behindert, wenn der körperliche Zustand entstellend wirkt und er deshalb ohne ausgleichende Maßnahmen an der uneingeschränkten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gehindert ist. Die Kahlköpfigkeit hat bei Frauen eine entstellende Wirkung, die zwar nicht zum Verlust oder zur Störung einer motorischen oder geistigen Funktion führt, es einer Frau aber erschwert oder gar unmöglich macht, sich frei und unbefangen unter den Mitmenschen zu bewegen; eine kahlköpfige Frau zieht "naturgemäß" ständig alle Blicke auf sich und wird zum Objekt der Neugier. Dies hat in aller Regel zur Folge, dass sich die Betroffene aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzieht und zu vereinsamen droht. Ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ist beeinträchtigt. Deshalb haben unter Kahlköpfigkeit leidende Frauen regelmäßig einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit einer Echthaarperücke (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45).

29

Gerade bei älteren Männern kann in der Regel jedoch nicht von einer entstellenden Wirkung der Kahlköpfigkeit gesprochen werden, und deshalb sind sie auch nicht an der uneingeschränkten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gehindert. Dies gilt nach Feststellung des LSG auch im Fall des Klägers, der bei der Beschaffung der Perücke im Jahr 2011 73 Jahre alt war. Die im Verwaltungsverfahren eingesandten und vom LSG ausgewerteten Fotos, die im Januar 2012 angefertigt worden sind und sich in den - vom LSG zum Gegenstand des Verfahrens gemachten - Verwaltungsakten befinden (Bl 13 VA), schließen die Annahme eines entstellenden Aussehens von vornherein aus.

30

e) Im Übrigen spielt die - häufig als Begleiterscheinung der Alopecia areata universalis auftretende - Weißfleckenkrankheit (Vitiligo) im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle, weil ausweislich der in den Verwaltungsakten befindlichen Fotos der Kopf des Klägers von dieser Krankheit nicht betroffen ist. Dies ergibt sich auch aus dem Neufeststellungsbescheid des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz zum schwerbehinderungsrechtlichen Status des Klägers vom 19.8.2014, wonach Vitiligo (nur) am Oberkörper und an beiden Armen besteht.

31

5. Der Umstand, dass der Kläger den vollständigen Haarverlust offenbar als sein Äußeres entstellend empfindet und das Aussehen für ihn eine psychische Belastung darstellt, kann nicht den Anspruch auf die Versorgung mit einer Perücke auslösen; denn es kommt auf die Erforderlichkeit des Hilfsmittels zur Beseitigung einer objektiv eingetretenen entstellenden Wirkung an (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 20 RdNr 14). Selbst ein Zustand mit Krankheitswert würde die Krankenkasse lediglich zu medizinisch notwendigen Behandlungsmaßnahmen verpflichten und nicht dazu, jede vom Versicherten gewünschte, von ihm für optimal gehaltene Maßnahme zur Heilung oder Linderung des krankhaften Zustands zu gewähren. Daran hat auch das am 1.7.2001 in Kraft getretene SGB IX nichts geändert, denn in Bezug auf die Zuständigkeit des Leistungsträgers und die Leistungsvoraussetzungen verweist § 7 Satz 2 SGB IX ausdrücklich auf die speziellen Leistungsgesetze, hier also das SGB V(BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 2 RdNr 8). Danach sind die Ansprüche des Versicherten auf diejenigen Maßnahmen begrenzt, die nach objektiven Maßstäben als ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich anzusehen sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 12 Abs 1 SGB V).

32

Da der Haarverlust des Klägers diesen nicht entstellt, handelt es sich - allenfalls - um eine bloße optische Unregelmäßigkeit, deren Beseitigung bzw Kaschierung als kosmetische Maßnahme in die Eigenverantwortung des Betroffenen fällt. Einen Anspruch gegen die Krankenkasse auf "Angleichung" an das Aussehen eines völlig gesunden Menschen gleichen Alters gibt es schon deshalb nicht, weil bei Männern im Alter des Klägers vielfach teilweiser oder vollständiger Verlust des Kopfhaares festzustellen ist, es also um einen natürlichen, keinerlei Aufmerksamkeit der Mitmenschen erregenden Zustand geht, und es sich bei gewünschter Korrektur dieser Unregelmäßigkeit ohne Krankheitswert somit nur um eine kosmetische Maßnahme handelt. Die Kosten der Perücke hat der Kläger daher selbst zu tragen.

33

6. Dieses Ergebnis verstößt nicht gegen das grundgesetzliche Verbot der Benachteiligung eines Menschen wegen seines Geschlechts (Art 3 Abs 3 Satz 1 GG). Anknüpfungspunkt für die unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern bei der Versorgung mit Perücken im Fall des vollständigen Haarverlustes bei Alopecia areata universalis ist ausschließlich die entstellende Wirkung der Kahlköpfigkeit und deren Auswirkung auf die uneingeschränkte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Anspruchsgrund ist also nicht die Alopecia areata universalis selbst, die bei Frauen und Männern gleichermaßen auftreten kann, sondern die daraus im Einzelfall resultierende entstellende Wirkung der Kahlköpfigkeit. Die entstellende Wirkung tritt in den Augen der Mitmenschen aber naturgemäß (fast) nur bei Frauen auf, die aus biologischen Gründen - anders als viele Männer - regelmäßig nicht von einem teilweisen oder vollständigen Verlust des Kopfhaares betroffen sind. Teil- und Vollglatzen sind bei Männern mit zunehmendem Alter normal und werden von den Mitmenschen auch als alltägliche natürliche Erscheinung ohne Korrekturbedarf empfunden, während Kahlköpfigkeit bei einer Frau eine störende Auffälligkeit darstellt, die die neugierigen Blicke der Menschen auf sich zieht und Abhilfe erfordert, damit sich die betroffene Frau unbefangen und frei in der Öffentlichkeit bewegen kann. In die "Außenseiterrolle" können aus biologischen Gründen daher regelmäßig nur die betroffenen Frauen geraten. Der Versorgungsanspruch nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V knüpft hier also nicht unmittelbar an die Eigenschaft als Mann oder Frau an, stellt folglich keine direkte Ungleichbehandlung dar, sondern es geht nur um die entstellende Wirkung der Kahlköpfigkeit und deren Folgen für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, die bei Frauen und Männern unterschiedlich ausfallen. Eine derartige indirekte Ungleichbehandlung ist zulässig, wenn sie auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht bzw wenn sie durch gewichtige objektive Gründe gerechtfertigt ist und somit nichts mit einer Diskriminierung wegen der Eigenschaft als Frau oder Mann zu tun hat (BVerfGE 113, 1, 20; BAGE 83, 327, 337; Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl 2014, Art 3 RdNr 86, 95, 96). Die Anknüpfung des Versorgungsanspruchs an die - objektiv vorhandene und nicht nur subjektiv so empfundene - entstellende Wirkung der Kahlköpfigkeit und deren teilhaberechtlichen Auswirkungen ist ein solcher sachlicher Grund.

34

7. Mit dieser Entscheidung steht der Kläger als Versicherter der GKV möglicherweise schlechter da als ein Beamter in gleicher Lage als Beihilfeberechtigter. Nach § 25 Abs 1 Satz 1 BBhV sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Dabei sind Perücken nach Abschnitt 2 der Anlage 11 zu § 25 Abs 1 und 4 BBGV bis zu einem Betrag von 512 Euro beihilfefähig, "wenn ein krankhafter entstellender Haarausfall (zB Alopecia areata), eine erhebliche Verunstaltung (zB infolge Schädelverletzung) oder totaler oder weitgehender Haarausfall vorliegt". Die Beihilfe wird danach in der angegebenen Höhe bei totalem oder weitgehendem Haarausfall grundsätzlich unabhängig von Alter und Geschlecht gewährt. Das wird auf die Rechtsprechung des BVerwG aus dem Jahre 2002 (BVerwG Urteil vom 31.1.2002 - 2 C 1/01 - NJW 2002, 2045 = DVBl 2002, 1216 = Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr 1)zurückzuführen sein, das eine Regelung in der Beihilfeverordnung für das Land Baden Württemberg, nach der bei totalem oder sehr weitgehendem Haarausfall Beihilfe nur männlichen Personen bis zum 30. Lebensjahr und weiblichen Personen gewährt wurde (§ 6 Abs 1 Nr 4 der Verordnung des Finanzministeriums des Landes Baden-Württemberg über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.7.1995, GBl S 561), als unvereinbar mit dem Verbot der Benachteiligung eines Menschen wegen seines Geschlechts (Art 3 Abs 3 Satz 1 GG) angesehen und die entsprechende Klausel der BVO BW als verfassungswidrig verworfen hatte (Art 100 GG).

35

Dies ist allerdings kein Grund, dem Kläger einen entsprechenden krankenversicherungsrechtlichen Anspruch zuzubilligen; denn es existiert kein Gebot der leistungsrechtlichen Gleichbehandlung von Versicherten der GKV und beihilfeberechtigten Beamten oder Versorgungsempfängern. Gerade in der vorliegenden Konstellation beruht die Differenzierung auf systembedingten Unterschieden zwischen dem Leistungsrecht der GKV und dem Beihilferecht für Beamte. Denn während die vom BVerwG gerügte beihilferechtliche Vorschrift einen Anspruch auf Beihilfe bei totalem oder sehr weitgehendem Haarausfall für Männer ab dem 30. Lebensjahr kategorisch ausgeschlossen hatte, beruht die vorliegende Entscheidung des Senats auf einer wertenden Betrachtung der Entstellung. Der Senat hat dargelegt, aus welchen sachlich-biologischen Gründen eine Entstellung durch Haarverlust bei Frauen eher in Betracht kommt als bei Männern. Das geschlechtsspezifische Benachteiligungsverbot aus Art 3 Abs 3 Satz 1 GG wird dabei nicht verletzt. Ob dies bei einem generellen Leistungsausschluss durch eine beihilferechtliche Vorschrift ohne Wertungsmöglichkeit im Einzelfall anders zu beurteilen ist, bedarf keiner Entscheidung durch den erkennenden Senat. Wenn der beihilferechtliche Verordnungsgeber aufgrund dieser Entscheidung des BVerwG dann allen Beihilfeberechtigten ohne Unterscheidung nach Alter oder Geschlecht Beihilfe zu Perücken und Toupets gewährt, zwingt dies nicht zu einer ebenso weiten Auslegung der Vorschriften der GKV, in denen solche konkreten Vorgaben nicht enthalten sind.

36

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 27. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2836,39 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus des Klägers behandelte die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Johanna M. (im Folgenden: Versicherte) mit einer Radiojodtherapie vollstationär vom 19. bis 23.12.2011 wegen einer mehrknotigen Struma nodosa Grad II-III (Hauptdiagnose ICD-10-GM <2011> E04.2 Nichttoxische mehrknotige Struma). Der Kläger berechnete hierfür die Fallpauschale (Diagnosis Related Group 2011 ) K15C (Strahlentherapie bei endokrinen, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten, mehr als ein Belegungstag, mit mäßig komplexer Radiojodtherapie; 2836,39 Euro; 28.12.2011). Die Beklagte lehnte die Zahlung der Vergütung ab. Das SG hat die Beklagte zur Zahlung von 2836,39 Euro nebst Prozesszinsen verurteilt. Die Radiojodtherapie könne aufgrund der maßgeblichen Strahlenschutzbestimmungen nur unter stationären Bedingungen erbracht werden. Die stationäre Unterbringung sei immanenter Teil der Behandlung (Urteil vom 27.2.2015).

3

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung von § 39 SGB V. Die stationäre Unterbringung sei nicht medizinisch indiziert gewesen, sondern beruhe allein auf Strahlenschutzvorschriften. Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung begründeten keine Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 27. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der beklagten KK ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das SG hat die Beklagte rechtmäßig verurteilt, dem Kläger 2836,39 Euro nebst Prozesszinsen zu zahlen. Die von dem Kläger erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12) und auch begründet. Dem Kläger steht wegen der stationären Behandlung der Versicherten der geltend gemachte Vergütungsanspruch (dazu 1.) ebenso zu wie der Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Die Voraussetzungen des Anspruchs des Klägers auf Zahlung von 2836,39 Euro Krankenhausvergütung für die Behandlung der Versicherten im Zeitraum vom 19. bis 23.12.2011 sind dem Grunde nach erfüllt (dazu a und b). Der Kläger berechnete auch die Höhe rechtmäßig mit der Fallpauschale DRG K15C (dazu c).

9

a) Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die vollstationäre Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 116, 138 = SozR 4-2500 § 12 Nr 4, RdNr 10; BSG Urteil vom 21.4.2015 - B 1 KR 9/15 R - Juris RdNr 9, für BSGE und SozR 4-2500 § 109 Nr 45 vorgesehen; BSG Urteil vom 23.6.2015 - B 1 KR 20/14 R - Juris RdNr 9, für SozR 4 vorgesehen). Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs des Klägers ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (hier anzuwenden idF durch Art 2 Nr 7 Buchst a des Gesetzes zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 vom 17.3.2009, BGBl I 534) sowie die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 (Fallpauschalenvereinbarung 2011 - FPV 2011) iVm § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz ( idF durch Art 1 Nr 4 KHRG), ergänzt durch den Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V.

10

b) Die stationäre Behandlung der Versicherten war erforderlich iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V und wirtschaftlich, da alternativlos(vgl dazu BSG Urteil vom 21.4.2015 - B 1 KR 6/15 R - Juris RdNr 8, 12, für BSGE und SozR 4-2500 § 109 Nr 43 vorgesehen). Für die Erforderlichkeit genügt es, dass eine medizinisch notwendige Versorgung aus Gründen der Rechtsordnung nur stationär erbracht werden darf (dazu aa). So liegt es bei der Radiojodtherapie (dazu bb). Der Kläger durfte diese Leistung erbringen (dazu cc), die die Versicherte medizinisch benötigte (dazu dd).

11

aa) Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (stRspr, vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18 ff; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14; BSG Urteil vom 23.6.2015 - B 1 KR 26/14 R - Juris RdNr 35 - für BSGE und SozR 4-5560 § 17c Nr 3 vorgesehen). Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt (stRspr, vgl nur BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40, RdNr 11 mwN). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (stRspr, vgl zum Ganzen BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18; BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40, RdNr 11 mwN).

12

Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung. Das gilt auch dann, wenn der Versicherte zur Sicherstellung der ambulanten Behandlung einer Betreuung durch medizinische Hilfskräfte in geschützter Umgebung bedarf und eine dafür geeignete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses (noch) nicht zur Verfügung steht (vgl Großer Senat, ebenda). Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern (§ 1 S 1 SGB V). Es geht dabei um die Bereitstellung der für diese Zwecke benötigten medizinischen Versorgung (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 19).

13

Für die Beurteilung der Erforderlichkeit stationärer Krankenhausbehandlung kommt es dabei auf die medizinischen Erfordernisse im Einzelfall und nicht auf eine abstrakte Betrachtung an (vgl BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - Juris RdNr 28 und 37 f mwN; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 20). Hierfür genügt es, dass eine medizinisch notwendige Versorgung aus Gründen der Rechtsordnung nur stationär erbracht werden darf. Die GKV darf bei Erfüllung ihrer Aufgabe die rechtlichen Strukturvorgaben nicht außer Acht lassen. In einem solchen Fall ist Krankenhausbehandlung im Rechtssinne aus allein medizinischen Gründen erforderlich. Das medizinisch Gebotene kann nicht ambulant zur Verfügung gestellt werden. Vergleichbar trägt die KK die Kosten einer Krankenhausbehandlung in Fällen des Infektionsschutzes, wenn die Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus auch aus individuellen medizinischen Gründen erfolgt (vgl die Regelung in § 30 Abs 1 iVm § 69 Abs 1 S 1 Nr 7 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen vom 20.7.2000, BGBl I 1045; s ferner zur Differenzierung zwischen Absonderungs- und Heilbehandlungskosten etwa BVerwGE 52, 132, 143 f). So liegt es auch für die Radiojodtherapie.

14

bb) Die ambulante Durchführung der Radiojodtherapie ist strahlenschutzrechtlich nicht zulässig (vgl BSGE 89, 34, 37 = SozR 3-2500 § 18 Nr 8 S 33). Eine von der Rechtsordnung verbotene Behandlung kann nicht Teil des GKV-Leistungskatalogs sein. Behandlungen, die rechtlich nicht zulässig sind, dürfen von der KK nicht gewährt oder bezahlt werden (BSG SozR 3-2500 § 27a Nr 4 S 39 mwN; BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 1 KR 19/13 R - Juris RdNr 11 mwN - für BSGE und SozR 4-2500 § 27 Nr 26 vorgesehen). Auf die Frage der Strafbarkeit oder der Bußgeldbewehrung kommt es dabei nicht an (BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 1 KR 19/13 R - Juris RdNr 11 mwN - für BSGE und SozR 4-2500 § 27 Nr 26 vorgesehen).

15

Nach den strahlenschutzrechtlichen Vorgaben hat die Radiojodtherapie stationär zu erfolgen. Die Richtlinie "Strahlenschutz in der Medizin" idF der Bekanntmachung vom 30.11.2011 (GMBl S 867) zur Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV - idF vom 20.7.2001, BGBl I 1714, idF der Verordnung zur Änderung strahlenschutzrechtlicher Verordnungen vom 4.10.2011, BGBl I 2000) stellt personelle und organisatorische Voraussetzungen auf. Im Hinblick auf organisatorische Maßnahmen zum Strahlenschutz bei Anwendungen offener radioaktiver Stoffe, zu denen Jod-131 gehört, bestimmt Ziffer 6.7.2 der Richtlinie, dass Behandlungen und Untersuchungen so durchzuführen sind, dass durch die von dem Patienten ausgehende Strahlung und die ausgeschiedenen Radionuklide keine unnötige Gefährdung von Patient, Mitmenschen und Umwelt ausgeht. Dies ist gewährleistet, wenn die Therapie unter stationären Bedingungen auf einer Station durchgeführt wird, die auf die Notwendigkeiten des Strahlenschutzes ausgelegt ist (baulicher Strahlenschutz, Abwasserschutzanlage, eingewiesenes Personal etc). Die Entlassung eines Patienten aus stationärer Behandlung nach der Applikation offener radioaktiver Stoffe im Rahmen einer Radiojodtherapie ist gemäß Ziffer 9.1 der Richtlinie "Strahlenschutz in der Medizin" durch den Arzt mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz möglich, wenn der Patient nach der Applikation mindestens 48 Stunden stationär aufgenommen gewesen ist und unter Berücksichtigung der zu erwartenden Personenkontakte die daraus resultierende Strahlenexposition für andere Personen abgeschätzt wird und sich daraus ergibt, dass Einzelpersonen der Bevölkerung nicht mit mehr als 1 mSv pro Kalenderjahr exponiert werden. Dies ist für Jod-131 dann erfüllt, wenn die Ortsdosisleistung in 2 Metern Entfernung vom Patienten 3,5 μSv pro Stunde unterschreitet oder die Ganzkörperaktivität zum Entlassungszeitpunkt nicht mehr als 250 MBq beträgt.

16

cc) Der Kläger besaß auch die für die stationäre Behandlung der Versicherten erforderliche Genehmigung zum Umgang mit radioaktiven Stoffen. Gemäß § 7 Abs 1 StrlSchV bedarf der Genehmigung, wer mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs 1 Atomgesetz oder mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs 3 Atomgesetz umgeht. Die Richtlinie "Strahlenschutz in der Medizin" konkretisiert, wie die StrlSchV unter Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik erfüllt werden soll (Ziffer 1 der Richtlinie "Strahlenschutz in der Medizin"). Nach der Vorbemerkung zu der Richtlinie "Strahlenschutz in der Medizin" entfaltet diese keine rechtliche Verbindlichkeit. Ihre Inhalte werden jedoch verbindlich, wenn sie als Genehmigungsbestandteil in die behördliche Genehmigung aufgenommen werden. Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie erteilte dem Kläger eine Genehmigung zum Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen in der nuklearmedizinischen Therapie (13.12.2011). Diese umfasst die Anwendung des offenen radioaktiven Stoffes Jod-131 (Ziffer 3.1 und 3.2 des Genehmigungsbescheides) und ist mit der allgemeinen Auflage versehen, dass die StrlSchV und die zutreffenden Regelungen der Richtlinie "Strahlenschutz in der Medizin" einzuhalten sind (Ziffer 7.1.6 des Genehmigungsbescheides).

17

dd) Die Versicherte litt nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) an einer mehrknotigen Struma nodosa Grad II-III, zu deren Behandlung sie einer nur stationär zulässigen Radiojodtherapie bedurfte.

18

c) Der Kläger berechnete für den stationären Aufenthalt rechtmäßig die DRG K15C (Strahlentherapie bei endokrinen, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten, mehr als ein Belegungstag, mit mäßig komplexer Radiojodtherapie). Bezüglich der abzurechnenden DRG bei Erforderlichkeit der stationären Behandlung besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

19

2. Der Kläger hat auch den ab dem Tag der Rechtshängigkeit (23.7.2012) geltend gemachten Anspruch auf Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den nicht erfüllten Vergütungsanspruch (vgl BSG Urteil vom 21.4.2015 - B 1 KR 10/15 R - Juris RdNr 18 mwN; BSG SozR 4-7610 § 242 Nr 8 RdNr 21 mwN).

20

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 7055,12 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt ein nach § 108 Nr 1 SGB V zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Hochschulklinikum. In der dortigen Abteilung Kinderheilkunde I mit Poliklinik wurde der am 1984 geborene, bei der Beklagten versicherte R. H. (Versicherter) im September 2000 wegen eines T-zellreichen B-Zell-non-Hodgkin-Lymphoms (in der Folge: NHL) mit einer konventionellen Chemotherapie behandelt. Aufgrund eines im Dezember 2003 festgestellten Rezidivs erhielt der Versicherte im Januar 2004 zunächst erneut eine konventionelle Chemotherapie. In der Zeit vom 7.4. bis 7.5.2004 behandelte der Kläger den Versicherten zudem stationär mit Hochdosischemotherapie und autologer Stammzellgabe. Am 17.4.2004 erhielt der Versicherte autologe periphere Blutstammzellen, bei denen eine CD34+-Anreicherung durchgeführt worden war. Bei der CD34+-Anreicherung handelt es sich um eine Form der in-vitro Aufbereitung, mit der mögliche Tumorzellen aus dem Stammzellentransplantat entfernt werden sollen (in der Folge: in-vitro Aufbereitung).

2

Der Kläger stellte der Beklagten am 31.5.2004 auf der Basis der Diagnosis Related Group (DRG) A15b (Knochenmarktransplantation/Stammzellentransfusion, autogen, mit in-vitro Aufbereitung > 18 Jahre) nach dem Fallpauschalen-Katalog 2004 insgesamt 33 966,75 Euro in Rechnung. Die Beklagte bezahlte diesen Betrag und beauftragte sodann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Rechnungsprüfung. Dieser kam in seinem Gutachten vom 13.9.2004 zu dem Ergebnis, dass eine CD34+-Anreicherung eindeutig nicht dem evidenzbasierten Standard entspreche. Ein klinischer Nutzen gegenüber der autologen Stammzellentransplantation ohne in-vitro Aufbereitung sei nicht belegt. Somit sei die Behandlung unwirtschaftlich. Es werde eine Abrechnung der erbrachten Leistung nach der DRG A15c (Knochenmarktransplantation/Stammzellentransfusion, autogen, ohne in-vitro Aufbereitung) empfohlen. Im weiteren Verfahren verwies der MDK darauf, dass sich aus den für erwachsene Patienten zur Verfügung stehenden Studien keine Senkung der Rückfallquote und auch keine Verbesserung der Überlebensrate ergebe. Die Beklagte ermittelte unter Zugrundelegung der DRG A15c einen Rechnungsbetrag von 26 913,63 Euro und forderte mit Schreiben vom 15.9.2004 vom Kläger 7055,12 Euro zurück. Diesen Betrag rechnete sie am 10.11.2004 gegen Forderungen des Klägers aus anderen Behandlungsfällen auf.

3

Der Kläger trat den Ausführungen des MDK durch die Vorlage verschiedener Stellungnahmen von Prof. Dr. L. entgegen, der auch der behandelnde Oberarzt des Versicherten war. Trotz des nunmehrigen Alters des Versicherten sei von einer pädiatrischen Erkrankung auszugehen, da diese erstmals im Kindesalter aufgetreten sei. Studien mit erwachsenen Patienten seien deshalb nicht maßgeblich. Vergleichsstudien mit pädiatrischen Patienten hingegen ergäben keine einheitliche Datenlage. Die Ersterkrankung des Versicherten sei im Rahmen der Therapieoptimierungsstudie NHL-BFM 95 im Kindes- und Jugendalter von Prof. Dr. R., Universität G., und damit auf der Behandlungsgrundlage für jede NHL-Erkrankung im Kindes- und Jugendalter therapiert worden. Die weitere Therapie des Versicherten, insbesondere des Rezidivs, sei in Rücksprache mit der NHL-BFM-Studienzentrale erfolgt. Die klägerische Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, in der die streitige Behandlung des Versicherten erfolgt sei, verfüge über eigene langjährige Erfahrungen mit der Transplantatbearbeitung bei autologen Stammzellentransplantationen. Die Ergebnisse von entsprechenden Projekten seien in den Jahren 1997 bis 2003 veröffentlicht worden. Die beim Versicherten angewandte Therapie sei das Ergebnis eigener Erfahrungen und Plausibilitätsüberlegungen der Klinik gewesen. Der Versicherte wäre in anderen hämatologisch-onkologischen Zentren der Kinderkliniken mit sehr großer Wahrscheinlichkeit genauso behandelt worden.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger 7055,12 Euro nebst Zinsen seit dem 10.11.2004 zu zahlen, weil die streitige Behandlung zum Zeitpunkt ihrer Anwendung nicht nach § 137c SGB V ausgeschlossen und jedenfalls vertretbar gewesen sei(Urteil vom 23.11.2009). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die Entscheidung des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.1.2012): Der vom Kläger geltend gemachte restliche Vergütungsanspruch bestehe nicht, da die ihm zugrunde liegende Behandlung bereits zum Zeitpunkt ihrer Anwendung nicht mehr den Qualitätsanforderungen des SGB V entsprochen habe.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend. Das LSG sei entgegen §§ 135 ff SGB V davon ausgegangen, dass auch nach § 137c SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) von der Leistungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht ausgeschlossene Behandlungsmethoden im Einzelfall auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft werden könnten. Dieser Auslegung widersprächen sowohl Gesetzessystematik als auch -wortlaut. Es sei zu klären, ob die - vom LSG in Bezug genommene - neuere Rechtsprechung des 1. Senats des BSG auf den vorliegenden Fall bzw vergleichbare Fällen anzuwenden sei, weil es sich um eine Hochschulklinik handele, die gerade in dem hier fraglichen Behandlungsbereich der Versorgung onkologischer Krankheitsbilder über eine unbestritten international anerkannte Erfahrung verfüge. Das LSG habe weiter gegen § 2 Abs 1 S 3 SGB V verstoßen, indem es unberücksichtigt gelassen habe, dass neben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse auch der medizinische Fortschritt maßgeblich sei, so dass ebenso die Meinung weniger namhafter Spezialisten zu berücksichtigen sei. Weiter werde gegen § 6 Abs 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) verstoßen, da auch dort von einer ausschließlichen Kompetenz des GBA zur Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus ausgegangen werde. Die Entscheidung des LSG sei schließlich unter mehrfacher Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zustande gekommen. Insbesondere habe sich das LSG mit den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nicht befasst.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27.1.2012 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.11.2009 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Entscheidung des LSG, das Urteil des SG zu ändern und die Zahlungsklage abzuweisen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitergehendes Entgelt für Krankenhausleistungen, da die Beklagte insoweit gegen die Klageforderung rechtswirksam mit einer gleichartigen und erfüllbaren Gegenforderung aufgerechnet hat (dazu 1.). Grundlage der Aufrechnung ist ein Erstattungsanspruch der Beklagten wegen des überzahlten Krankenhausentgelts für die im Rahmen der Behandlung des Versicherten durchgeführte in-vitro Aufbereitung. Auf dieses Entgelt hatte der Kläger keinen Anspruch, da die Behandlung insoweit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach (dazu 2.). An diesem Stand war die im April/Mai 2004 erfolgte Krankenhausbehandlung zu messen, obgleich die Behandlungsmethode nicht nach § 137c Abs 1 S 2 SGB V durch den GBA als Leistung der GKV ausgeschlossen war(dazu 3.). Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf die Grundsätze eines Seltenheitsfalles (dazu 4.) oder auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsanspruchs des Versicherten (dazu 5.) stützen. Seine Verfahrensrügen sind schließlich ebenfalls unbegründet (dazu 6.).

9

1. Dem zulässig im Wege der Leistungsklage (vgl dazu BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1) geltend gemachten Anspruch des Krankenhauses steht die Aufrechnung der Beklagten mit der streitigen Erstattungsforderung entgegen. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche (Hauptforderung) der Kläger aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass dem Kläger gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Gegenforderung - laufende Zahlungsansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten der Beklagten in Höhe von weiteren 7055,12 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung (Hauptforderung) selbst außer Streit (vgl zu einer entsprechenden Prozesssituation BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 6).

10

2. Die Beklagte konnte gegen die Hauptforderung des Klägers in Höhe von 7055,12 Euro aufrechnen. Denn in diesem Umfang hat sie für die stationäre Behandlung des Versicherten in der Zeit April/Mai 2004 Krankenhausentgelt ohne Rechtsgrund gezahlt, weil dem Kläger insoweit kein Vergütungsanspruch zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 8 f).

11

a) Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung (BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, jeweils RdNr 13; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, jeweils RdNr 13; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3). Nach dem seit 1993 unverändert geltenden § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist (…). Dabei umfasst die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs 1 S 3 Halbs 1 SGB V). Die Leistungspflicht der GKV besteht aber nicht uneingeschränkt für jede Art von medizinischer Versorgung; alle Behandlungsformen, auch solche im Krankenhaus, müssen vielmehr den in §§ 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 28 Abs 1 SGB V für die gesamte GKV festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien genügen(so bereits BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 10 mwN; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23).

12

b) Nach § 28 Abs 1 SGB V, auf den § 39 SGB V ausdrücklich Bezug nimmt, umfasst die ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. § 2 Abs 1 S 3 SGB V bestimmt allgemein, dass die Leistungen der Krankenversicherung nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs 1 S 3 SGB V schließlich entspricht eine Behandlung, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 22, 24 ff mwN; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 71; BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 6 S 23; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 38 RdNr 21 für den Bereich Hilfsmittel). Als Basis für die Herausbildung eines Konsenses können alle international zugänglichen einschlägigen Studien dienen; in ihrer Gesamtheit kennzeichnen sie den Stand der medizinischen Erkenntnisse (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 29).

13

c) Diesen Anforderungen wurde die streitige in-vitro Aufbereitung zum hier maßgeblichen Zeitpunkt April/Mai 2004 (zur Maßgeblichkeit des Behandlungszeitpunkts für die Beurteilung, ob eine Behandlungsmethode zum Leistungskatalog der Krankenkasse gehört, vgl BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 12) nicht gerecht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Versicherte nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse wie ein Kind oder wie ein Erwachsener zu behandeln war. Denn gesicherte Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der streitigen in-vitro Aufbereitung sind in beiden Fällen weder vom Kläger benannt worden noch haben sich dafür im Laufe der Verfahrens andere Anhaltspunkte ergeben (zur Feststellung als generelle Tatsache, ob eine Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 38 RdNr 23; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 18; BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 6 S 26 f; BSGE 84, 90, 97 = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19). Die vom Kläger benannten Studien bzw Veröffentlichungen dokumentieren zwar in Einzelfällen Überlebensvorteile bei Patienten mit in-vitro gereinigten Transplantaten bzw mit Transplantaten ohne Tumorzellen. Dieselben Studien stellen allerdings gleichzeitig fest, dass die Ursache hierfür unklar bzw dieses Ergebnis in anderen Studien unbestätigt geblieben ist (Alvarnas JC et alt 2004). Auch soweit in der Studie "Granena et alt 1999" ein signifikanter Überlebensvorteil für Hochrisiko-Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie nach Behandlung mit in-vitro gereinigtem Transplantat festgestellt wird, fordern die Verfasser im Anschluss gleichwohl die Durchführung einer Studie der Phase III, sehen selbst also ebenfalls noch keine gesicherte Wirksamkeit der Methode. Wie das LSG im Einzelnen ausführlich dargelegt hat (Urteilsumdruck S 27 ff), was im Revisionsverfahren nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und deshalb für den Senat verbindlich (§ 163 SGG) festgestellt ist, finden sich weitere Studien und Veröffentlichungen, die keine verlässlichen Aussagen über die Wirksamkeit der streitigen in-vitro Aufbereitung hinsichtlich Überlebensvorteil oder Rezidivfreiheit zulassen, so dass beim Vergleich von Patienten mit und ohne in-vitro Aufbereitung signifikante und statistisch aussagekräftige Unterschiede im Hinblick auf Rezidivrate, rezidivfreie Überlebenszeit oder Gesamtüberlebenszeit gerade nicht festgestellt werden konnten. Nach der zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden Studienlage ergibt sich damit kein wissenschaftlicher Konsens über die Wirksamkeit der in-vitro Aufbereitung. Dies wird schließlich auch vom Kläger selbst eingeräumt, wenn er selbst für den aus seiner Sicht allein maßgeblichen pädiatrischen Bereich auf eine damals nicht einheitliche Datenlage verweist (Schriftsatz vom 26.2.2013, S 1).

14

Konsensfähige medizinische Erkenntnisse lassen sich auch nicht aus einschlägigen Leitlinien (zu deren Aussagekraft vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 33) ableiten. Für erwachsene Patienten haben sich im maßgeblichen Zeitraum keine einschlägigen Leitlinien feststellen lassen. Die Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie zu Non-Hodgkin-Lymphomen (zitiert nach Forum DKG 3/00 S 47 ff) sieht bei bestimmten Rezidivpatienten zwar die Durchführung von Knochenmarktransplantationen vor, nicht hingegen eine in-vitro Aufbereitung. Nachdem die in-vitro Aufbereitung damals in der medizinischen Fachdiskussion gerade keine breite Resonanz gefunden hatte, vermag auch der Hinweis des Klägers auf eine mutmaßlich entsprechende Behandlung des Versicherten in anderen hämatologischen Zentren und damit eine eventuelle Verbreitung in der Praxis den anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht zu begründen (BSGE 84, 90, 97 = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19; BSGE 81, 54, 70 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 26 f - Systemversagen). Entsprechendes gilt für die vom Kläger in Anspruch genommene und zweifelsohne vorliegende langjährige Erfahrung der behandelnden Ärzte des Versicherten, da die Meinung einzelner Mediziner grundsätzlich nicht geeignet ist, einen allgemein anerkannten Stand zu begründen (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 24).

15

Das Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V kann vorliegend ebenfalls nicht "unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts" als erfüllt angesehen werden. Denn dieses Tatbestandsmerkmal bedeutet - wie der Senat bereits entschieden hat - gerade nicht, dass Anspruch auch auf solche Behandlungen besteht, deren Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit noch erforscht wird, über die somit noch keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse vorliegen. Vielmehr wird damit nur klargestellt, dass die Versicherten in der GKV am medizinischen Fortschritt teilhaben und grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Kosten Anspruch auf diejenige Behandlung haben, die dem neuesten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 10; BSGE 81, 182, 187 = SozR 3-2500 § 109 Nr 5 S 39). Letzteres ist - wie dargelegt - vorliegend nicht der Fall.

16

3. Auch der Kläger behauptet letztlich nicht, dass die streitige in-vitro Aufbereitung zum Zeitpunkt der Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach. Er meint vielmehr, dass es auf diesen Stand vorliegend nicht ankomme. Weder die Beklagte noch das Sozialgericht seien berechtigt, die Einhaltung des Qualitätsgebots zu überprüfen, da die streitige Behandlungsmethode vom GBA nicht nach § 137c SGB V als Leistung der GKV ausgeschlossen worden sei(vgl auch Felix, NZS 2012, 1, 7 ff sowie NZS 2013, 81, 87 f; Bender, NZS 2012, 761, 766 f; Vollmöller, NZS 2012, 921, 922; Trefz, Pflege- und Krankenhausrecht 2011, 104 f; Hessisches LSG Urteil vom 5.2.2013 - L 1 KR 391/12 - RdNr 19, Juris; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 13.11.2012 - L 11 KR 2254/10 - RdNr 33, Juris; aA hingegen Clemens in MedR 2012, 769, 772 - die insoweit vom Kläger in Bezug genommene Fußnote 59 betrifft aber nicht die hier streitige Frage). Etwas anderes könne nur für solche Behandlungen gelten, die offensichtlich nicht dem Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen, was auf die streitige Behandlung hier nicht zutreffe.

17

Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen, da sie keine Stütze im Gesetz findet.

18

a) Nach § 137c Abs 1 S 1 SGB V(in der hier maßgeblichen Fassung des Art 1 Nr 106 Gesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190) überprüft der GBA auf Antrag Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, darauf hin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den oa Kriterien entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie (§ 137c Abs 1 S 2 SGB V). Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs 2 S 2 SGB V).

19

§ 137c SGB V regelt damit ausdrücklich ausschließlich die Voraussetzungen, unter denen der GBA die Anwendung von Methoden im Rahmen einer Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkassen ausschließen kann. Welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit die stationäre Behandlung eines Versicherten zu Lasten der GKV erbracht werden darf, ist für den Fall des Fehlens eines Negativvotums allein dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen und mithin durch Auslegung zu ermitteln.

20

b) Der Kläger geht davon aus, dass aus der ausdrücklichen Regelung in § 137c SGB V, wann eine Methode im Rahmen der Krankenhausbehandlung ausgeschlossen ist, zu schlussfolgern sei, dass nicht ausgeschlossene Methoden ohne weitere Prüfung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen. Dies widerspricht der Systematik des Gesetzes, die eine Leistungspflicht der GKV gerade nicht uneingeschränkt für jede Art von medizinischer Versorgung vorsieht. Vielmehr unterliegen alle Behandlungsformen, auch solche im Krankenhaus, den in § 2 Abs 1, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V für die gesamte GKV festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsanforderungen(vgl hierzu bereits die oa Ausführungen 2 a. und b. sowie BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 10; BSGE 90, 289, 291 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1, RdNr 6; BSGE 81, 182, 187 = SozR 3-2500 § 109 Nr 5 S 39; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 71). Diese Anforderungen gelten uneingeschränkt auch für den Bereich des Leistungserbringerrechts (§ 70 Abs 1 SGB V idF des Art 1 Nr 27 des GKV-Gesundheitsreformgesetzes vom 22.12.1999, BGBl I 2626; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 10 mwN). Der Ansatz des Klägers, die Beklagte sei wegen des Fehlens eines Negativvotums nach § 137c Abs 2 S 2 SGB V von einer Prüfung des Falles ausgeschlossen, widerspricht zudem der gesetzlichen Verpflichtung der Krankenkassen, auch Krankenhausabrechnungen beim Vorliegen von Auffälligkeiten zu überprüfen(§ 275 Abs 1 Nr 1 SGB V, vgl BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 10; zu der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 137c SGB V geltenden Fassung des § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V bereits BSGE 90, 1, 3 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 22).

21

c) Die vom Kläger geforderte Außerachtlassung der Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien der §§ 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 28 Abs 1 SGB V würde zudem dem aus den Gesetzesmaterialien ableitbaren Gesetzeszweck widersprechen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollte durch die GKV-Gesundheitsreform 2000 die Qualität der medizinischen Versorgung durch ein umfassendes System der Qualitätssicherung und die Bewertung von Kosten und Wirtschaftlichkeit medizinischer Technologien verbessert werden, indem für die stationäre Leistungserbringung im Krankenhaus der GBA beauftragt wurde, etablierte und neue medizinische Behandlungsmethoden zu überprüfen, ob sie - ähnlich wie in der vertragsärztlichen Versorgung - für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung erforderlich sind (Begründung - Allgemeiner Teil, BT-Drucks 14/1245 S 57). Zudem sollte die Qualität der medizinischen Versorgung gesichert und vermieden werden, dass medizinisch fragwürdige Leistungen zu Lasten der GKV erbracht werden (Begründung - Besonderer Teil, BT-Drucks 14/1245 S 90). Die mit der Einführung des § 137c SGB V verfolgte Zielsetzung entspricht damit der des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 2 Abs 1, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V, weshalb die Anwendung der §§ 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 28 Abs 1 SGB V auch nach Inkrafttreten des § 137c SGB V der in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Zielsetzung der Norm entspricht. Ihnen ist jedenfalls nicht zu entnehmen, dass durch die Einführung des § 137c SGB V für den Bereich der Krankenhausbehandlung jegliche bis dorthin bereits vorhandenen Qualitätsanforderungen und die diesbezügliche Prüfungspflicht der Krankenkassen entfallen sollten.

22

d) Der Kläger kann seine Auslegung schließlich weder auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Nutzenbewertung von nichtmedikamentösen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" vom 1.7.2011 (BT-Drucks 17/6397, insbesondere S 6 und 7) noch auf die Gesetzesmaterialien zum GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14.11.2003 (BT-Drucks 15/1525 S 126) und zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG - vom 22.12.2011 (BT-Drucks 17/6906 S 86 zu Nr 54 <§ 137c> und S 88) stützen. Zwar ist diesen Unterlagen zu entnehmen, dass dort für den stationären Bereich von einer "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" ausgegangen wird, so dass erst ein negatives Votum den Einsatz einer Methode zu Lasten der GKV in den Krankenhäusern ausschließt. Hierbei handelt es sich allerdings methodisch um eine sog authentische Interpretation, an die der Senat nicht gebunden ist. Sie schränkt die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte nicht ein. Denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist letztlich allein die rechtsprechende Gewalt berufen, die nach Art 92 GG den Richtern anvertraut ist (BVerfGE 126, 369, 392 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 73). Dies wird schließlich auch dann übersehen, wenn mit Blick auf die zum 1.1.2012 mit dem GKV-VStG in Kraft getretene Änderung des § 137c SGB V gefordert wird, nunmehr die Rechtsprechung entsprechend der Ausführungen in den dortigen Materialien anzupassen(so insbesondere Felix, NZS 2013, 81 ff). Denn zum einen hat die zum 1.1.2012 in Kraft getretene Änderung des § 137c SGB V an der für die hier streitige Frage maßgeblichen Grundkonzeption des § 137c SGB V nichts geändert. Mit ihr wird lediglich der GBA ermächtigt, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet(§ 137c Abs 1 S 4 SGB V idF des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Aufgrund einer solchen Richtlinie dürfte die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dann in einem befristeten Zeitraum im Rahmen der Krankenbehandlung oder der Früherkennung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden (§ 137e Abs 1 S 2 SGB V idF des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Zur Anwendung des Qualitätsgebots bei einzelnen Krankenhausbehandlungen trifft § 137c SGB V aber weiter keine Regelung. Die Anwendung der Neuregelung des § 137c SGB V auf den vorliegenden Streitfall würde zum anderen die Annahme bedingen, dass der Gesetzgeber neben einer Gesetzesänderung für die Zukunft gleichzeitig im Wege einer Rechtsfortschreibung ohne Textänderung für die Vergangenheit angeordnet habe, den unveränderten Wortlaut des bisherigen § 137c Abs 1 S 2 und Abs 2 S 2 SGB V von Anfang an so zu verstehen, als habe er den vom Kläger gewünschten und allein in den Gesetzesmaterialien verlautbarten Inhalt auch schon früher gehabt. Diese Annahme lässt sich aber mit keiner der zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden begründen.

23

e) Auch der Verweis auf § 6 Abs 2 KHEntgG(idF des Art 2 Nr 4 Buchst b des Fallpauschalenänderungsgesetzes - FPÄndG - vom 17.7.2003, BGBl I 1461) kann die Auffassung des Klägers nicht stützen. Danach sollen die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG erstmals für das Kalenderjahr 2005 zeitlich befristete, fallbezogene Entgelte oder Zusatzentgelte vereinbaren für die Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die mit den Fallpauschalen und Zusatzentgelten nach § 7 S 1 Nr 1 und 2 KHEntgG noch nicht sachgerecht vergütet werden können und die nicht gemäß § 137c SGB V von der Finanzierung ausgeschlossen sind. Damit ist indes eine Aussage zu der hier streitigen Frage, ob eine Behandlungsmethode zu Lasten der GKV erbracht werden darf, nicht zu erkennen; diese ist vielmehr ausschließlich anhand des SGB V zu beantworten. Zudem schließt § 6 Abs 2 KHEntgG die Anwendung des Qualitätsgebots auf neue stationäre Behandlungsmethoden nicht aus, sondern ist für dessen Berücksichtigung im Rahmen der Auslegung völlig offen.

24

f) Insgesamt schließt sich der Senat nach eigener Prüfung der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG an, wonach § 137c SGB V nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt ausgelegt werden darf(grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 51 ff sowie BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23 und Urteil vom 18.12.2012 - B 1 KR 34/12 R - RdNr 34 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 2 vorgesehen). Die Vorschrift setzt die Geltung des Qualitätsgebots auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Andernfalls würde die aufgezeigte Systematik des SGB V durchbrochen und die Einheit der Rechtsordnung gefährdet. Denn eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, muss nicht von den Krankenkassen bezahlt werden (BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 51 ff). § 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung - nicht in einem generalisierten, zentralisierten formellen Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit formalisiert überprüft wird, sondern die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus grundsätzlich prospektiv durch das Krankenhaus selbst und retrospektiv lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post erfolgt. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes Prüfverfahren nach § 137c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit(BSG aaO), so dass es insoweit keiner Einzelfallprüfung mehr bedarf. Der 1. Senat des BSG hat schließlich auch schon entschieden, dass diese Rechtsauslegung nicht nur im Rahmen von Zulassungsverfahren nach § 109 SGB V maßgeblich ist, sondern ebenso bei der Bewertung des - für den Entgeltanspruch des Krankenhauses maßgeblichen - Leistungsanspruchs des Versicherten nach § 39 SGB V zu berücksichtigen ist(BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23). Hieran vermag die Stellung des Klägers als Universitätsklinikum nichts zu ändern, da das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) auch hier gilt (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 29.12.2012 - 1 BvR 1849/12 ua -, RdNr 11 f zitiert nach Juris).

25

4. Der Kläger kann den streitigen Vergütungsanspruch auch nicht auf die Grundsätze eines Seltenheitsfalles stützen, da ein solcher der streitigen Behandlung nicht zugrunde lag. Denn ein Seltenheitsfall setzt voraus, dass eine Krankheit weltweit nur extrem selten auftritt und deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann (grundlegend BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, jeweils RdNr 21 sowie in der Folge BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, jeweils RdNr 30; BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, jeweils RdNr 21; BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, jeweils RdNr 13 f; Urteil vom 3.7.2012 - B 1 KR 25/11 R - BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, jeweils RdNr 18 ff). Vorliegend ergibt sich sowohl aus dem Vortrag des Klägers als auch aus den Stellungnahmen des MDK, dass eine systematische Erforschung sowohl der Behandlung der NHL-Erkrankung des Versicherten als auch der Wirksamkeit der streitigen in-vitro Aufbereitung erfolgt ist. Dabei kommt der Tatsache, dass die im Verfahren benannten Studien nicht genau zur Erkrankung des Versicherten, sondern teilweise zu anderen Unterarten des Non-Hodgking-Lymphoms durchgeführt worden sind, keine besondere Bedeutung zu, da die Beteiligten ungeachtet dessen davon ausgegangen sind, aus diesen auch Schlüsse über die Wirksamkeit der in-vitro Aufbereitung beim Versicherten ziehen zu können. Darüber hinaus hat die Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie zu Non-Hodgkin-Lymphomen im Kindesalter bereits in ihrer im Jahr 2000 veröffentlichten Fassung als ein vorrangiges Ziel die Entwicklung einer erfolgversprechenden Rezidivtherapie formuliert (zitiert nach Forum DKG 3/00 S 47, 50). Von einem Seltenheitsfall ist deshalb nicht auszugehen.

26

5. Auch unter Berücksichtigung der vom BVerfG entwickelten Grundsätze einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts ("Nikolausbeschluss", zB BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; vgl auch BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, jeweils RdNr 21 und 29 ff mwN; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, jeweils RdNr 31 f; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, jeweils RdNr 20 ff mwN; seit 1.1.2012: § 2 Abs 1a SGB V),ergibt sich kein Anspruch des Krankenhauses, da mit der Hochdosischemotherapie mit autogener Stammzelltransplantation eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung zur Verfügung stand (vgl BSG Urteil vom 3.7.2012 - B 1 KR 6/11 R - BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, jeweils RdNr 17).

27

6. Die Revision hat schließlich auch keinen Erfolg mit den Verfahrensrügen, das LSG habe keine ordnungsgemäße Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse betrieben und insoweit gegen § 103 SGG verstoßen, da es seine Entscheidung auf die Gutachten des MDK gestützt und weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragten Sachverständigengutachten unterlassen habe.

28

Nach § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei bestimmt das Tatsachengericht im Rahmen seines Ermessens die Ermittlungen und Maßnahmen, die nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig sind. Sein Ermessen ist dabei durch die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts in dem für die Entscheidung erforderlichen Umfang begrenzt. Ein Verstoß gegen § 103 SGG liegt deshalb nur dann vor, wenn das Berufungsgericht sich zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen(BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 34; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 103 RdNr 20 mwN). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es konnte materiell-rechtlich weder auf die Auffassung des MDK noch auf die Auffassung eines Sachverständigen zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse ankommen. Die Auffassung einzelner Mediziner - und als nichts anderes ist eine fachliche Stellungnahme des MDK zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu werten - ist bei der Beurteilung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gerade nicht maßgeblich (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 24). Auch auf die Anerkennung und Akzeptanz der streitigen Methode in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen zum Zeitpunkt der Behandlung konnte es aufgrund des fehlenden wissenschaftlichen Belegs der Wirksamkeit nicht ankommen (BSGE 84, 90, 96 f = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19; BSGE 81, 54, 70 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 26 f - Systemversagen).

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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. November 2012 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 116 428,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die 1988 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte M. A. (Versicherte) wurde ab dem Jahr 2000 wegen einer schweren aplastischen Anämie (SAA) zunächst mit einer immunsuppressiven Antilymphozytenglobulin-Therapie (ALG-Therapie) behandelt. Das die Versicherte stationär behandelnde Universitätsklinikum H. verlegte sie am 18.6.2004 in die Klinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Klägers zur allogenen Stammzelltransplantation. Da ein Spender mit übereinstimmenden (HLA-identischen) Gewebemerkmalen fehlte, transplantierte der Kläger der Versicherten Stammzellen ihrer Tante mit zur Hälfte übereinstimmenden (haploidentischen) Merkmalen. Die Versicherte verblieb bis zum 26.8.2004 in vollstationärer Behandlung. Der Kläger berechnete insgesamt 116 428,57 Euro (Fallpauschale A04A: Knochenmarktransplantation/Stammzelltransfusion, allogen, HLA-verschieden, 114 794,54 Euro; teilstationäre Folgebehandlungen am 13.9.2004, 11.10.2004 und 17.1.2005 zweimal je 544,44 Euro und einmal 545,15 Euro). Der von der Beklagten beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK - Prof. Dr. H.) kam zu dem Ergebnis, schon die Transplantation allogener Stammzellen mit HLA-identischen Gewebemerkmalen sei eine experimentelle Therapie, erst recht aber der Einsatz haploidentischer Spender. Er könne dennoch indiziert sein, wenn es keine anderen erfolgversprechenden Therapien und keinen HLA-identischen Spender gebe. Der Kläger müsse für seinen Entgeltanspruch durch Vorlage des klinischen Prüfprotokolls belegen, dass er die Versicherte ordnungsgemäß in eine wissenschaftliche Studie über die Stammzelltransplantation bei SAA einbezogen habe. Da der Kläger auf die entsprechende Anforderung des MDK nicht reagierte, weigerte sich die Beklagte, zu zahlen. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 23.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten unter Abänderung des Ausspruchs über die Zinsen zurückgewiesen: Die Teilnahme an einer Studie gehöre weder zu den Leistungs- noch zu den Abrechnungsvoraussetzungen. Die Vergütung einer Krankenhausleistung könne nicht mit dem Einwand abgelehnt werden, die angewandte Methode sei noch nicht ausreichend erprobt. Im Übrigen habe die Versicherte nach der grundrechtsorientierten Leistungsauslegung Anspruch auf die vom Kläger erbrachte Leistung gehabt (Urteil vom 13.11.2012).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der § 137c, § 275 Abs 1 S 1, § 276 Abs 2 S 1 SGB V sowie der §§ 62, 120 SGG. Das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)gelte grundsätzlich auch im stationären Bereich. Der Kläger habe den Ausnahmefall nicht belegt, die Versicherte im Rahmen einer klinischen Studie behandelt zu haben. Das LSG habe zur grundrechtsorientierten Leistungsauslegung nicht festgestellt, dass die Transplantation haploidentischer Stammzellen ein geringeres Risiko beinhalte als die Wiederholung der immunsuppressiven Therapie. Es habe zudem das rechtliche Gehör der Beklagten verletzt, indem es ihr keine Einsicht in die vollständigen Behandlungsunterlagen gewährt habe.

4

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. November 2012 und des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist.

8

Die vom Kläger im Gleichordnungsverhältnis erhobene echte Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG kann der Senat jedoch nicht in der Sache abschließend über den Erfolg der Berufung des Beklagten gegen das SG-Urteil entscheiden. Es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen eines Vergütungsanspruchs des Klägers (dazu 1.) erfüllt sind. Insbesondere steht nicht fest, dass die Behandlung der Versicherten dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach (dazu 2.) oder den Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung genügte (dazu 3.). Die Sache ist nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif. Der Kläger stützt seine Abrechnung (bisher) nicht darauf, er habe die Versicherte im Rahmen einer klinischen Studie behandelt (dazu 4.).

9

1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm der Anlage 1 Teil a) der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 ( vom 13.10.2003, BGBl I 1995) iVm § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 3 Nr 3 FPG und Art 13 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190; vgl hierzu insgesamt BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15 f). Ein Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V bestand nach den Feststellungen des LSG nicht.

10

Nach § 109 Abs 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach Abs 1 das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V)der Versicherten verpflichtet. Die KKn sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung zu führen. Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus(§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.

11

Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem aufgezeigten Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 10).

12

Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13 mwN). Deshalb definiert § 2 Abs 2 S 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG): "Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind." Diese "allgemeinen Krankenhausleistungen" werden nach § 7 S 1 Nr 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern ua mit Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog(§ 9 KHEntgG) abgerechnet (zur Höhe siehe § 8 KHEntgG). Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht notwendige Leistungen zu vergüten (vgl zum Ganzen BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17).

13

2. Es steht nach den Feststellungen des LSG nicht fest, dass der Kläger das Qualitätsgebot als Vergütungsvoraussetzung (dazu a) beachtete, als er die Versicherte behandelte (dazu b).

14

a) Krankenhausbehandlung ist im Sinne des aufgezeigten Regelungssystems von § 109 Abs 4 S 3 SGB V und § 39 SGB V grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist(zu den Ausnahmen vgl unten, II. 3.). Generell hat sich der Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V iVm dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V und mit § 2 Abs 4, § 12 Abs 1 SGB V daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte, in § 27 Abs 1 S 1 SGB V bezeichnete Behandlungsziel zu erreichen. Hierzu ist unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht nur dem Grunde nach, sondern auch dem Umfang nach zu ermitteln, welche Reichweite der Therapie indiziert ist (vgl BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 24 mwN).

15

Auch die ua von § 17b KHG erfassten Leistungen müssen nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats grundsätzlich dem Qualitätsgebot(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügen, um überhaupt zulasten der GKV abrechenbar zu sein (vgl grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 52 f unter Aufgabe von BSGE 90, 289 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1, auch zur Berücksichtigung grundrechtskonformer Auslegung; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 34 mwN; BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 13, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen; dem folgend auch 3. Senat des BSG Urteil vom 21.3.2013 - B 3 KR 2/12 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; Clemens, MedR 2012, 769; Hauck NZS 2007, 461, 466 ff; Ihle in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 137c SGB V RdNr 12 f; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 11/2013, K § 2 RdNr 77; Roters in Kasseler Komm, Stand 1.9.2013, § 137c RdNr 3; Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 39 SGB V RdNr 88; aA Bender NZS 2012, 761, 765 ff; Felix, SGb 2009, 367 und öfter, zB NZS 2012, 1, 7 mwN in Fn 91; dies/Deister, NZS 2013, 81, 87 f). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) stattzufinden hat (vgl dazu im Einzelnen unten, II. 3., und näher zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 21 ff mwN; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 54).

16

Dieser Maßstab liegt auch der Regelungskonzeption des Verbotsvorbehalts gemäß § 137c SGB V zugrunde. Nach § 137c Abs 1 SGB V(hier anzuwenden idF, die die Norm durch Art 1 Nr 106 des GMG mWv 1.1.2004 erhalten hat) überprüft der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) nach § 91 SGB V auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach S 1 entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs 2 S 2 SGB V).

17

Die Regelung des § 137c SGB V darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt (stRspr, vgl unter Berücksichtigung aller Auslegungsmethoden grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 34 mwN; Clemens, MedR 2012, 769; aA Felix, SGb 2009, 367 und öfter, zB NZS 2012, 1, 7 mwN in Fn 91; dies/Deister, NZS 2013, 81, 87 f). Sie setzt die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Gegenteiliges bedeutete, unter Missachtung des Zwecks der GKV (vgl § 1 S 1 SGB V)die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden. Eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, muss nicht von den KKn bezahlt werden (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 23 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen; näher Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff; rechtspolitisch kritisch zum Regelungskonzept der §§ 135, 137c SGB V: GBA, Stellungnahme zum Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung, 14. BT-Ausschuss, Ausschuss-Drucks 0129(9), S 9; Hess, KrV 2005, 64, 66 f). Dem hat sich auch der 3. Senat des BSG angeschlossen (BSG Urteil vom 21.3.2013 - B 3 KR 2/12 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

18

§ 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die KK und anschließender Prüfung durch die Gerichte. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes und formalisiertes Verfahren nach § 137c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit im Interesse der Gleichbehandlung der Versicherten.

19

Die Änderung des § 137c SGB V und Einfügung der Regelung des § 137e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstruktur in der Gesetzlichen Krankenversicherung (Art 1 Nr 54 und Nr 56 GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983) haben an dieser Grundkonzeption, die der Senat in ständiger Rechtsprechung anwendet, nichts geändert. Sie schaffen lediglich Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach § 137c Abs 1 S 1 SGB V entspricht(vgl § 137c Abs 1 S 4 SGB V). Abgesehen von der speziell geregelten Modifizierung durch die zeitlich begrenzte Erprobung (§ 137e SGB V)noch nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender Methoden verbleibt es auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V; vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen; aA Felix/Deister, NZS 2013, 81, 87 f). Eine weitere Ausnahme hat der Gesetzgeber mit dem Anspruch auf zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln im Rahmen klinischer Studien in § 35c SGB V geregelt.

20

b) Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Beachtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)bei der Behandlung der Versicherten getroffen. Sie erübrigen sich nicht allein deshalb, weil der GBA - zeitlich nach der hier betroffenen Behandlung - die allogene Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA als eine für die Versorgung mit Krankenhausbehandlung erforderliche Methode bestätigt hat (GBA, Beschluss vom 28.5.2009, BAnz Nr 121 vom 18.8.2009, S 2 817). Maßgeblich ist nämlich der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Zeit der Behandlung (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 15). Der GBA-Beschluss besagt allerdings nach seinem objektiven Gehalt, dass die allogene Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA nach generellen Kriterien im genannten Indikationsbereich dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügt (vgl entsprechend BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 21, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen). Der Beschluss erfolgte auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Verfahrens und einer umfassenden Recherche unter Auswertung der wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Er gelangt vertretbar zu seinem Ergebnis. Er gibt besonderen Anlass für das LSG zu prüfen, ob der vom GBA festgestellte allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse bereits bei der Behandlung der Versicherten in vergleichbarer Weise bestand.

21

Grundsätzlich fordert das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V), dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 22 mwN). Diese Anforderung darf aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt.

22

Der GBA gelangte dementsprechend in seinem Beschluss vom 28.5.2009 vertretbar zu seinem Ergebnis, die Methode (vgl zum Begriff BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen)der allogenen Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA nicht nach § 137c SGB V auszuschließen. Hierbei berücksichtigte er insbesondere die sehr geringe Inzidenz, die daraus erwachsenden Schwierigkeiten, höhergradige Evidenz für die Nutzenbeurteilung zu erzielen, den unter günstigen Voraussetzungen sehr wahrscheinlichen Nutzen und die in bestimmten Situationen notwendige, sehr individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung. Er stützt sich auf das Ergebnis des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, das ausführt (GBA, Allogene Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei schwerer aplastischer Anämie, Abschlussbericht Beratungsverfahren nach § 137c SGB V, 19.8.2009, S B-22): "Die generalisierte Anwendung der allogenen Fremdspender-Stammzelltransplantation bei den betroffenen Patienten außerhalb von kontrollierten klinischen Studien erscheint derzeit nicht vertretbar. Unter 'kontrollierten klinischen Studien' sind dabei auch nicht randomisierte Studien zu verstehen, sofern adäquate Bedingungen für einen möglichst unverzerrten Vergleich, zum Beispiel durch die Minimierung eines Auswahlbias, geschaffen werden. Im Sinne der Patienten ist dringend eine wesentliche Verbesserung der Datenlage einschließlich obligater Publikation der Ergebnisse herzustellen." Insoweit kommt in Betracht, dass die Behandlungsmethode generell schon im Jahr 2004 dem Qualitätsgebot genügte unter Berücksichtigung der wegen der Seltenheit der Erkrankung nur begrenzt erzielbaren Evidenz, der verbesserten Ergebnisse allogener Stammzelltransplantationen ab Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts, der sehr beschränkten Alternativen und der schon 2004 bestehenden Hinweise auf einen Nutzen die Krankenhausbehandlung mit allogener Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA bei Alternativlosigkeit und individuell vertretbarem Risikoprofil. Entgegen der Auffassung des LSG kann der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse es entsprechend dem Zitat im Abschlussbericht des GBA erfordern, dass betroffene Patienten im Interesse ihres Schutzes nicht generell außerhalb, sondern regelmäßig lediglich im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien im dargelegten Sinne behandelt werden.

23

Die Feststellungen, die das LSG zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu treffen hat, sind entsprechend der Rechtsprechung des erkennenden Senats auf breiter Grundlage zu treffen. Denn es geht um die Feststellung allgemeiner Tatsachen. Nur ein solches Vorgehen sichert die von Art 3 Abs 1 GG geforderte Rechtsanwendungsgleichheit, für welche - außerhalb gebotener Feststellungen anlässlich des Einzelfalls - die Richtlinien des GBA sorgen (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 23 mwN).

24

Kommt das LSG bei seinen Ermittlungen zum Ergebnis, dass die bei der Versicherten angewandte Methode generell bereits dem Qualitätsgebot genügte, hat es unter Beiziehung der Behandlungsunterlagen abzuklären, dass ihr Einsatz auch individuell bei der Versicherten indiziert war. Hierbei hat es auch die Möglichkeit einer Therapiealternative mit anderen Immunsuppressiva einzubeziehen, auf die Prof. Dr. H. hingewiesen hat.

25

Mangels entsprechender Feststellungen des LSG kann der erkennende Senat hierbei auch nicht beurteilen, dass - als eine Vergütungsvoraussetzung - für die betroffene Behandlung eine wirksame Einwilligung der Versicherten und ggf ihrer gesetzlichen Vertreter vorlag (vgl hierzu zB BGH Urteil vom 16.4.1991 - VI ZR 176/90 - VersR 1991, 812, 813; BGH Urteil vom 10.10.2006 - VI ZR 74/05 - NJW 2007, 217, 218 f mwN). Zu Recht hat die Beklagte auf der Vorlage des von den Eltern der Versicherten unterschriebenen Aufklärungsprotokolls bzw der Einverständniserklärung bestanden. Versicherte und/oder deren gesetzliche Vertreter müssen der konkreten Heilbehandlung nach hinreichender, gebotener Aufklärung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zugestimmt haben (vgl zB BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 54; zusammenfassend Hauck, Die Bedeutung der Patientenautonomie für Leistungen der GKV, SGb 2014, 8, 9 ff, worauf die Beteiligten hingewiesen worden sind). Erforderlich ist eine so umfassende Information über Eigenart, Nutzen und Risiken der geplanten Behandlung, dass sie dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten - hier der Versicherten - in vollem Umfang Rechnung trägt.

26

Das LSG muss - bei weiterer Weigerung des Klägers, die Unterlagen vorzulegen - keine unverhältnismäßigen Ermittlungen anstellen. Es muss den betroffenen Beteiligten jedoch über die Folgen seiner mangelnden Mitwirkung belehren, soweit ihm dies nicht bereits konkret geläufig ist. Art und Umfang der Belehrung hängen davon ab, wie rechtskundig der Beteiligte im weiteren Verfahren vertreten ist. Erforderlich ist zumindest ein formloser Hinweis auf die Möglichkeit, dass das Gericht aus seinem Verhalten nachteilige Schlüsse ziehen kann (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 24 f).

27

3. Soweit die Ermittlungen des LSG ergeben, dass die Behandlung der Versicherten mit allogener Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA nicht dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V entsprach, wird es ergänzend die Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung abzuklären haben. Es ist demgegenüber von vornherein ausgeschlossen, unter Berücksichtigung der Studien zur SAA von einem Seltenheitsfall auszugehen (vgl dazu zB BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 31 - Visudyne; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19 ff mwN).

28

a) Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der GKV setzt voraus, dass folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (stRspr; vgl hierzu BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 33; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 21 mwN; BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 26/12 R - RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

29

b) Der erkennende Senat kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht entscheiden, dass die Versicherte tatsächlich an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden oder wertungsmäßig damit vergleichbaren Erkrankung litt. Zur Erfüllung dieser Voraussetzung ist es nicht ausreichend, dass die SAA unbehandelt zum Tode führt, weil dies auf nahezu jede schwere Erkrankung ohne therapeutische Einwirkung zutrifft. Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches gilt für den ggf gleichzustellenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 20; BVerfG SozR 4-2500 § 31 Nr 17). Das LSG wird sich insoweit - ggf unter Hinzuziehung medizinischen Sachverstands - mit den unterschiedlichen Auffassungen von Prof. Dr. L. und Prof. Dr. H. auseinanderzusetzen haben. Hierzu hat es auch die Erkenntnisse aus der zuvor erfolgten Behandlung im Universitätsklinikum H. einzubeziehen.

30

Entsprechend dem oben erfolgten Hinweis (vgl II.2.) wird das LSG auch näher abzuklären haben, dass für die Versicherte keine alternative immunsupressive Therapie unter Berücksichtigung der bisher erfolgten, vom LSG genau festzustellenden Therapie einsetzbar war. Die bisherigen Feststellungen des LSG reichen hierzu nicht aus.

31

Das LSG wird auch dazu ergänzende Feststellungen zu treffen haben, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Der erkennende Senat hat in Konkretisierung dieser Rechtsprechung bereits entschieden, dass im Wege der verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V nur dann ein Anspruch auf die begehrte Behandlung besteht, wenn auch diese den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 22 ff; zustimmend Padé NZS 2007, 352, 357). Dies ist nur dann der Fall, wenn die anzuwendende Methode nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft objektiv erfolgversprechend ist und unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 26; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 38 ff). Auch insoweit kommt in Betracht, dass - wie oben entsprechend dargelegt (vgl II. 2.) - die gewünschte Behandlung nur im Rahmen und mit den Sicherungen einer kontrollierten klinischen Studie erfolgen durfte. Das LSG wird Entsprechendes aufzuklären haben. Gleiches gilt mit Blick auf das Erfordernis, dass der Versicherte nach gebotener ärztlicher Aufklärung wirksam in die beabsichtigte Behandlung eingewilligt hat (BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 28 und 54)und dass - soweit es die jeweilige Berufsordnung vorsieht - vor der Behandlung die zuständige Ethikkommission eingeschaltet und deren (positive) Beurteilung abgewartet wurde (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 27). Aus den vorgelegten Nachweisen geht allerdings nicht hervor, dass die vom Kläger durchgeführte Studie tatsächlich auch das bei der Versicherten vorliegende Krankheitsbild der SAA mit einschloss.

32

4. Vergütung für stationäre Behandlung der Versicherten außerhalb des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)im Rahmen einer klinischen Studie (vgl § 137c Abs 2 S 2 SGB V idF durch Art 1 Nr 81 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626) ist (bisher) kein Gegenstand des Rechtsstreits. Nach dem auch bei der allgemeinen Leistungsklage in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Streitgegenstand - wie im Zivilprozess (vgl dazu stRspr, vgl zB BGHZ 185, 66 RdNr 22; BGHZ 180, 77 RdNr 18; BGHZ 154, 342, 347 f) nicht nur durch das Klageziel, sondern auch durch den Klagegrund, den Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Beteiligten ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat (stRspr, vgl BGHZ 157, 47, 151 mwN; zur Kritik mangelnder Trennschärfe Althammer, ZZP 123 (2010), 163, 172). Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt auch bei gleichem Antrag dann vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BGH Urteil vom 27.5.1993 - III ZR 59/92 - NJW 1993, 2173; vgl auch Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, Einleitung RdNr 72). So verhält es sich hier.

33

Die 2004 geltende Regelung des § 137c Abs 2 S 2 Halbs 2 SGB V begründete die - inzwischen gesetzlich weiter eingeschränkte - Möglichkeit, dass die KKn notwendige stationäre Versorgung der in Studien einbezogenen versicherten Patienten mit den Krankenhausentgelten vergüten, wenn die Studienteilnahme der Verwirklichung der Ziele der Krankenbehandlung(§ 27 SGB V)dient und solange der Patient notwendig stationär versorgt werden muss (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000, BT-Drucks 14/1245 S 90 zu Art 1 Nr 81; Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drucks 15/5316 S 48, zu Art 4; vgl hierzu auch BSGE 90, 289, 294 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1 RdNr 13; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 16 f mwN; inzwischen eingeschränkt auf Studien als Ausnahme von Richtlinien nach Abschluss einer Erprobung gemäß § 137c Abs 1 S 4 SGB V durch Art 1 Nr 54 GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983 mWv 1.1.2012; vgl hierzu Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 87 zu Nr 54 <§ 137c> zu Buchst b).

34

Ein solcher Vergütungsanspruch für Studien setzt voraus, dass das Krankenhaus mit seiner Abrechnung diesen Aufnahmegrund (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB V)mitteilt (vgl zum Gebot hinreichender Information BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 31; BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 32 f). Diese maßgebliche Grundlage der Behandlung löst strukturell bei der KK wesentlich vom Üblichen abweichende Prüferfordernisse aus, die sich etwa auf den korrekten Einschluss des Versicherten in die Studie, deren hinreichende Seriosität mit Blick auf den Patientenschutz (vgl etwa entsprechend zu den Voraussetzungen der klinischen Prüfung eines Arzneimittels bei Menschen §§ 40 ff Arzneimittelgesetz),die gebotene Einschaltung einer Ethikkommission mit positivem Ergebnis und die hinreichende Dokumentation der wirksamen Einwilligung nach gebotener Aufklärung erstrecken können. Der Kläger hat eine solche Begründung anlässlich der Rechnungserteilung nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)nicht gegeben, das auf die Rechnungen verwiesen hat. Er stützt seinen mit der Klage geltend gemachten Anspruch (bisher) nicht auf einen nach § 137c Abs 2 S 2 Halbs 2 SGB V maßgeblichen Sachverhalt.

35

5. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 S 1, Abs 2 S 1 GKG.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 7055,12 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt ein nach § 108 Nr 1 SGB V zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Hochschulklinikum. In der dortigen Abteilung Kinderheilkunde I mit Poliklinik wurde der am 1984 geborene, bei der Beklagten versicherte R. H. (Versicherter) im September 2000 wegen eines T-zellreichen B-Zell-non-Hodgkin-Lymphoms (in der Folge: NHL) mit einer konventionellen Chemotherapie behandelt. Aufgrund eines im Dezember 2003 festgestellten Rezidivs erhielt der Versicherte im Januar 2004 zunächst erneut eine konventionelle Chemotherapie. In der Zeit vom 7.4. bis 7.5.2004 behandelte der Kläger den Versicherten zudem stationär mit Hochdosischemotherapie und autologer Stammzellgabe. Am 17.4.2004 erhielt der Versicherte autologe periphere Blutstammzellen, bei denen eine CD34+-Anreicherung durchgeführt worden war. Bei der CD34+-Anreicherung handelt es sich um eine Form der in-vitro Aufbereitung, mit der mögliche Tumorzellen aus dem Stammzellentransplantat entfernt werden sollen (in der Folge: in-vitro Aufbereitung).

2

Der Kläger stellte der Beklagten am 31.5.2004 auf der Basis der Diagnosis Related Group (DRG) A15b (Knochenmarktransplantation/Stammzellentransfusion, autogen, mit in-vitro Aufbereitung > 18 Jahre) nach dem Fallpauschalen-Katalog 2004 insgesamt 33 966,75 Euro in Rechnung. Die Beklagte bezahlte diesen Betrag und beauftragte sodann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Rechnungsprüfung. Dieser kam in seinem Gutachten vom 13.9.2004 zu dem Ergebnis, dass eine CD34+-Anreicherung eindeutig nicht dem evidenzbasierten Standard entspreche. Ein klinischer Nutzen gegenüber der autologen Stammzellentransplantation ohne in-vitro Aufbereitung sei nicht belegt. Somit sei die Behandlung unwirtschaftlich. Es werde eine Abrechnung der erbrachten Leistung nach der DRG A15c (Knochenmarktransplantation/Stammzellentransfusion, autogen, ohne in-vitro Aufbereitung) empfohlen. Im weiteren Verfahren verwies der MDK darauf, dass sich aus den für erwachsene Patienten zur Verfügung stehenden Studien keine Senkung der Rückfallquote und auch keine Verbesserung der Überlebensrate ergebe. Die Beklagte ermittelte unter Zugrundelegung der DRG A15c einen Rechnungsbetrag von 26 913,63 Euro und forderte mit Schreiben vom 15.9.2004 vom Kläger 7055,12 Euro zurück. Diesen Betrag rechnete sie am 10.11.2004 gegen Forderungen des Klägers aus anderen Behandlungsfällen auf.

3

Der Kläger trat den Ausführungen des MDK durch die Vorlage verschiedener Stellungnahmen von Prof. Dr. L. entgegen, der auch der behandelnde Oberarzt des Versicherten war. Trotz des nunmehrigen Alters des Versicherten sei von einer pädiatrischen Erkrankung auszugehen, da diese erstmals im Kindesalter aufgetreten sei. Studien mit erwachsenen Patienten seien deshalb nicht maßgeblich. Vergleichsstudien mit pädiatrischen Patienten hingegen ergäben keine einheitliche Datenlage. Die Ersterkrankung des Versicherten sei im Rahmen der Therapieoptimierungsstudie NHL-BFM 95 im Kindes- und Jugendalter von Prof. Dr. R., Universität G., und damit auf der Behandlungsgrundlage für jede NHL-Erkrankung im Kindes- und Jugendalter therapiert worden. Die weitere Therapie des Versicherten, insbesondere des Rezidivs, sei in Rücksprache mit der NHL-BFM-Studienzentrale erfolgt. Die klägerische Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, in der die streitige Behandlung des Versicherten erfolgt sei, verfüge über eigene langjährige Erfahrungen mit der Transplantatbearbeitung bei autologen Stammzellentransplantationen. Die Ergebnisse von entsprechenden Projekten seien in den Jahren 1997 bis 2003 veröffentlicht worden. Die beim Versicherten angewandte Therapie sei das Ergebnis eigener Erfahrungen und Plausibilitätsüberlegungen der Klinik gewesen. Der Versicherte wäre in anderen hämatologisch-onkologischen Zentren der Kinderkliniken mit sehr großer Wahrscheinlichkeit genauso behandelt worden.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger 7055,12 Euro nebst Zinsen seit dem 10.11.2004 zu zahlen, weil die streitige Behandlung zum Zeitpunkt ihrer Anwendung nicht nach § 137c SGB V ausgeschlossen und jedenfalls vertretbar gewesen sei(Urteil vom 23.11.2009). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die Entscheidung des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.1.2012): Der vom Kläger geltend gemachte restliche Vergütungsanspruch bestehe nicht, da die ihm zugrunde liegende Behandlung bereits zum Zeitpunkt ihrer Anwendung nicht mehr den Qualitätsanforderungen des SGB V entsprochen habe.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend. Das LSG sei entgegen §§ 135 ff SGB V davon ausgegangen, dass auch nach § 137c SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) von der Leistungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht ausgeschlossene Behandlungsmethoden im Einzelfall auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft werden könnten. Dieser Auslegung widersprächen sowohl Gesetzessystematik als auch -wortlaut. Es sei zu klären, ob die - vom LSG in Bezug genommene - neuere Rechtsprechung des 1. Senats des BSG auf den vorliegenden Fall bzw vergleichbare Fällen anzuwenden sei, weil es sich um eine Hochschulklinik handele, die gerade in dem hier fraglichen Behandlungsbereich der Versorgung onkologischer Krankheitsbilder über eine unbestritten international anerkannte Erfahrung verfüge. Das LSG habe weiter gegen § 2 Abs 1 S 3 SGB V verstoßen, indem es unberücksichtigt gelassen habe, dass neben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse auch der medizinische Fortschritt maßgeblich sei, so dass ebenso die Meinung weniger namhafter Spezialisten zu berücksichtigen sei. Weiter werde gegen § 6 Abs 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) verstoßen, da auch dort von einer ausschließlichen Kompetenz des GBA zur Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus ausgegangen werde. Die Entscheidung des LSG sei schließlich unter mehrfacher Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zustande gekommen. Insbesondere habe sich das LSG mit den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nicht befasst.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27.1.2012 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.11.2009 zurückzuweisen.

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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Entscheidung des LSG, das Urteil des SG zu ändern und die Zahlungsklage abzuweisen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitergehendes Entgelt für Krankenhausleistungen, da die Beklagte insoweit gegen die Klageforderung rechtswirksam mit einer gleichartigen und erfüllbaren Gegenforderung aufgerechnet hat (dazu 1.). Grundlage der Aufrechnung ist ein Erstattungsanspruch der Beklagten wegen des überzahlten Krankenhausentgelts für die im Rahmen der Behandlung des Versicherten durchgeführte in-vitro Aufbereitung. Auf dieses Entgelt hatte der Kläger keinen Anspruch, da die Behandlung insoweit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach (dazu 2.). An diesem Stand war die im April/Mai 2004 erfolgte Krankenhausbehandlung zu messen, obgleich die Behandlungsmethode nicht nach § 137c Abs 1 S 2 SGB V durch den GBA als Leistung der GKV ausgeschlossen war(dazu 3.). Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf die Grundsätze eines Seltenheitsfalles (dazu 4.) oder auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsanspruchs des Versicherten (dazu 5.) stützen. Seine Verfahrensrügen sind schließlich ebenfalls unbegründet (dazu 6.).

9

1. Dem zulässig im Wege der Leistungsklage (vgl dazu BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1) geltend gemachten Anspruch des Krankenhauses steht die Aufrechnung der Beklagten mit der streitigen Erstattungsforderung entgegen. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche (Hauptforderung) der Kläger aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass dem Kläger gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Gegenforderung - laufende Zahlungsansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten der Beklagten in Höhe von weiteren 7055,12 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung (Hauptforderung) selbst außer Streit (vgl zu einer entsprechenden Prozesssituation BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 6).

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2. Die Beklagte konnte gegen die Hauptforderung des Klägers in Höhe von 7055,12 Euro aufrechnen. Denn in diesem Umfang hat sie für die stationäre Behandlung des Versicherten in der Zeit April/Mai 2004 Krankenhausentgelt ohne Rechtsgrund gezahlt, weil dem Kläger insoweit kein Vergütungsanspruch zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 8 f).

11

a) Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung (BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, jeweils RdNr 13; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, jeweils RdNr 13; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3). Nach dem seit 1993 unverändert geltenden § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist (…). Dabei umfasst die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs 1 S 3 Halbs 1 SGB V). Die Leistungspflicht der GKV besteht aber nicht uneingeschränkt für jede Art von medizinischer Versorgung; alle Behandlungsformen, auch solche im Krankenhaus, müssen vielmehr den in §§ 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 28 Abs 1 SGB V für die gesamte GKV festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien genügen(so bereits BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 10 mwN; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23).

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b) Nach § 28 Abs 1 SGB V, auf den § 39 SGB V ausdrücklich Bezug nimmt, umfasst die ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. § 2 Abs 1 S 3 SGB V bestimmt allgemein, dass die Leistungen der Krankenversicherung nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs 1 S 3 SGB V schließlich entspricht eine Behandlung, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 22, 24 ff mwN; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 71; BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 6 S 23; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 38 RdNr 21 für den Bereich Hilfsmittel). Als Basis für die Herausbildung eines Konsenses können alle international zugänglichen einschlägigen Studien dienen; in ihrer Gesamtheit kennzeichnen sie den Stand der medizinischen Erkenntnisse (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 29).

13

c) Diesen Anforderungen wurde die streitige in-vitro Aufbereitung zum hier maßgeblichen Zeitpunkt April/Mai 2004 (zur Maßgeblichkeit des Behandlungszeitpunkts für die Beurteilung, ob eine Behandlungsmethode zum Leistungskatalog der Krankenkasse gehört, vgl BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 12) nicht gerecht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Versicherte nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse wie ein Kind oder wie ein Erwachsener zu behandeln war. Denn gesicherte Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der streitigen in-vitro Aufbereitung sind in beiden Fällen weder vom Kläger benannt worden noch haben sich dafür im Laufe der Verfahrens andere Anhaltspunkte ergeben (zur Feststellung als generelle Tatsache, ob eine Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 38 RdNr 23; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 18; BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 6 S 26 f; BSGE 84, 90, 97 = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19). Die vom Kläger benannten Studien bzw Veröffentlichungen dokumentieren zwar in Einzelfällen Überlebensvorteile bei Patienten mit in-vitro gereinigten Transplantaten bzw mit Transplantaten ohne Tumorzellen. Dieselben Studien stellen allerdings gleichzeitig fest, dass die Ursache hierfür unklar bzw dieses Ergebnis in anderen Studien unbestätigt geblieben ist (Alvarnas JC et alt 2004). Auch soweit in der Studie "Granena et alt 1999" ein signifikanter Überlebensvorteil für Hochrisiko-Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie nach Behandlung mit in-vitro gereinigtem Transplantat festgestellt wird, fordern die Verfasser im Anschluss gleichwohl die Durchführung einer Studie der Phase III, sehen selbst also ebenfalls noch keine gesicherte Wirksamkeit der Methode. Wie das LSG im Einzelnen ausführlich dargelegt hat (Urteilsumdruck S 27 ff), was im Revisionsverfahren nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und deshalb für den Senat verbindlich (§ 163 SGG) festgestellt ist, finden sich weitere Studien und Veröffentlichungen, die keine verlässlichen Aussagen über die Wirksamkeit der streitigen in-vitro Aufbereitung hinsichtlich Überlebensvorteil oder Rezidivfreiheit zulassen, so dass beim Vergleich von Patienten mit und ohne in-vitro Aufbereitung signifikante und statistisch aussagekräftige Unterschiede im Hinblick auf Rezidivrate, rezidivfreie Überlebenszeit oder Gesamtüberlebenszeit gerade nicht festgestellt werden konnten. Nach der zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden Studienlage ergibt sich damit kein wissenschaftlicher Konsens über die Wirksamkeit der in-vitro Aufbereitung. Dies wird schließlich auch vom Kläger selbst eingeräumt, wenn er selbst für den aus seiner Sicht allein maßgeblichen pädiatrischen Bereich auf eine damals nicht einheitliche Datenlage verweist (Schriftsatz vom 26.2.2013, S 1).

14

Konsensfähige medizinische Erkenntnisse lassen sich auch nicht aus einschlägigen Leitlinien (zu deren Aussagekraft vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 33) ableiten. Für erwachsene Patienten haben sich im maßgeblichen Zeitraum keine einschlägigen Leitlinien feststellen lassen. Die Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie zu Non-Hodgkin-Lymphomen (zitiert nach Forum DKG 3/00 S 47 ff) sieht bei bestimmten Rezidivpatienten zwar die Durchführung von Knochenmarktransplantationen vor, nicht hingegen eine in-vitro Aufbereitung. Nachdem die in-vitro Aufbereitung damals in der medizinischen Fachdiskussion gerade keine breite Resonanz gefunden hatte, vermag auch der Hinweis des Klägers auf eine mutmaßlich entsprechende Behandlung des Versicherten in anderen hämatologischen Zentren und damit eine eventuelle Verbreitung in der Praxis den anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht zu begründen (BSGE 84, 90, 97 = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19; BSGE 81, 54, 70 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 26 f - Systemversagen). Entsprechendes gilt für die vom Kläger in Anspruch genommene und zweifelsohne vorliegende langjährige Erfahrung der behandelnden Ärzte des Versicherten, da die Meinung einzelner Mediziner grundsätzlich nicht geeignet ist, einen allgemein anerkannten Stand zu begründen (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 24).

15

Das Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V kann vorliegend ebenfalls nicht "unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts" als erfüllt angesehen werden. Denn dieses Tatbestandsmerkmal bedeutet - wie der Senat bereits entschieden hat - gerade nicht, dass Anspruch auch auf solche Behandlungen besteht, deren Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit noch erforscht wird, über die somit noch keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse vorliegen. Vielmehr wird damit nur klargestellt, dass die Versicherten in der GKV am medizinischen Fortschritt teilhaben und grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Kosten Anspruch auf diejenige Behandlung haben, die dem neuesten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 10; BSGE 81, 182, 187 = SozR 3-2500 § 109 Nr 5 S 39). Letzteres ist - wie dargelegt - vorliegend nicht der Fall.

16

3. Auch der Kläger behauptet letztlich nicht, dass die streitige in-vitro Aufbereitung zum Zeitpunkt der Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach. Er meint vielmehr, dass es auf diesen Stand vorliegend nicht ankomme. Weder die Beklagte noch das Sozialgericht seien berechtigt, die Einhaltung des Qualitätsgebots zu überprüfen, da die streitige Behandlungsmethode vom GBA nicht nach § 137c SGB V als Leistung der GKV ausgeschlossen worden sei(vgl auch Felix, NZS 2012, 1, 7 ff sowie NZS 2013, 81, 87 f; Bender, NZS 2012, 761, 766 f; Vollmöller, NZS 2012, 921, 922; Trefz, Pflege- und Krankenhausrecht 2011, 104 f; Hessisches LSG Urteil vom 5.2.2013 - L 1 KR 391/12 - RdNr 19, Juris; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 13.11.2012 - L 11 KR 2254/10 - RdNr 33, Juris; aA hingegen Clemens in MedR 2012, 769, 772 - die insoweit vom Kläger in Bezug genommene Fußnote 59 betrifft aber nicht die hier streitige Frage). Etwas anderes könne nur für solche Behandlungen gelten, die offensichtlich nicht dem Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen, was auf die streitige Behandlung hier nicht zutreffe.

17

Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen, da sie keine Stütze im Gesetz findet.

18

a) Nach § 137c Abs 1 S 1 SGB V(in der hier maßgeblichen Fassung des Art 1 Nr 106 Gesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190) überprüft der GBA auf Antrag Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, darauf hin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den oa Kriterien entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie (§ 137c Abs 1 S 2 SGB V). Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs 2 S 2 SGB V).

19

§ 137c SGB V regelt damit ausdrücklich ausschließlich die Voraussetzungen, unter denen der GBA die Anwendung von Methoden im Rahmen einer Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkassen ausschließen kann. Welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit die stationäre Behandlung eines Versicherten zu Lasten der GKV erbracht werden darf, ist für den Fall des Fehlens eines Negativvotums allein dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen und mithin durch Auslegung zu ermitteln.

20

b) Der Kläger geht davon aus, dass aus der ausdrücklichen Regelung in § 137c SGB V, wann eine Methode im Rahmen der Krankenhausbehandlung ausgeschlossen ist, zu schlussfolgern sei, dass nicht ausgeschlossene Methoden ohne weitere Prüfung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen. Dies widerspricht der Systematik des Gesetzes, die eine Leistungspflicht der GKV gerade nicht uneingeschränkt für jede Art von medizinischer Versorgung vorsieht. Vielmehr unterliegen alle Behandlungsformen, auch solche im Krankenhaus, den in § 2 Abs 1, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V für die gesamte GKV festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsanforderungen(vgl hierzu bereits die oa Ausführungen 2 a. und b. sowie BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 10; BSGE 90, 289, 291 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1, RdNr 6; BSGE 81, 182, 187 = SozR 3-2500 § 109 Nr 5 S 39; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 71). Diese Anforderungen gelten uneingeschränkt auch für den Bereich des Leistungserbringerrechts (§ 70 Abs 1 SGB V idF des Art 1 Nr 27 des GKV-Gesundheitsreformgesetzes vom 22.12.1999, BGBl I 2626; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 10 mwN). Der Ansatz des Klägers, die Beklagte sei wegen des Fehlens eines Negativvotums nach § 137c Abs 2 S 2 SGB V von einer Prüfung des Falles ausgeschlossen, widerspricht zudem der gesetzlichen Verpflichtung der Krankenkassen, auch Krankenhausabrechnungen beim Vorliegen von Auffälligkeiten zu überprüfen(§ 275 Abs 1 Nr 1 SGB V, vgl BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 10; zu der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 137c SGB V geltenden Fassung des § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V bereits BSGE 90, 1, 3 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 22).

21

c) Die vom Kläger geforderte Außerachtlassung der Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien der §§ 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 28 Abs 1 SGB V würde zudem dem aus den Gesetzesmaterialien ableitbaren Gesetzeszweck widersprechen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollte durch die GKV-Gesundheitsreform 2000 die Qualität der medizinischen Versorgung durch ein umfassendes System der Qualitätssicherung und die Bewertung von Kosten und Wirtschaftlichkeit medizinischer Technologien verbessert werden, indem für die stationäre Leistungserbringung im Krankenhaus der GBA beauftragt wurde, etablierte und neue medizinische Behandlungsmethoden zu überprüfen, ob sie - ähnlich wie in der vertragsärztlichen Versorgung - für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung erforderlich sind (Begründung - Allgemeiner Teil, BT-Drucks 14/1245 S 57). Zudem sollte die Qualität der medizinischen Versorgung gesichert und vermieden werden, dass medizinisch fragwürdige Leistungen zu Lasten der GKV erbracht werden (Begründung - Besonderer Teil, BT-Drucks 14/1245 S 90). Die mit der Einführung des § 137c SGB V verfolgte Zielsetzung entspricht damit der des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 2 Abs 1, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V, weshalb die Anwendung der §§ 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 28 Abs 1 SGB V auch nach Inkrafttreten des § 137c SGB V der in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Zielsetzung der Norm entspricht. Ihnen ist jedenfalls nicht zu entnehmen, dass durch die Einführung des § 137c SGB V für den Bereich der Krankenhausbehandlung jegliche bis dorthin bereits vorhandenen Qualitätsanforderungen und die diesbezügliche Prüfungspflicht der Krankenkassen entfallen sollten.

22

d) Der Kläger kann seine Auslegung schließlich weder auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Nutzenbewertung von nichtmedikamentösen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" vom 1.7.2011 (BT-Drucks 17/6397, insbesondere S 6 und 7) noch auf die Gesetzesmaterialien zum GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14.11.2003 (BT-Drucks 15/1525 S 126) und zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG - vom 22.12.2011 (BT-Drucks 17/6906 S 86 zu Nr 54 <§ 137c> und S 88) stützen. Zwar ist diesen Unterlagen zu entnehmen, dass dort für den stationären Bereich von einer "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" ausgegangen wird, so dass erst ein negatives Votum den Einsatz einer Methode zu Lasten der GKV in den Krankenhäusern ausschließt. Hierbei handelt es sich allerdings methodisch um eine sog authentische Interpretation, an die der Senat nicht gebunden ist. Sie schränkt die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte nicht ein. Denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist letztlich allein die rechtsprechende Gewalt berufen, die nach Art 92 GG den Richtern anvertraut ist (BVerfGE 126, 369, 392 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 73). Dies wird schließlich auch dann übersehen, wenn mit Blick auf die zum 1.1.2012 mit dem GKV-VStG in Kraft getretene Änderung des § 137c SGB V gefordert wird, nunmehr die Rechtsprechung entsprechend der Ausführungen in den dortigen Materialien anzupassen(so insbesondere Felix, NZS 2013, 81 ff). Denn zum einen hat die zum 1.1.2012 in Kraft getretene Änderung des § 137c SGB V an der für die hier streitige Frage maßgeblichen Grundkonzeption des § 137c SGB V nichts geändert. Mit ihr wird lediglich der GBA ermächtigt, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet(§ 137c Abs 1 S 4 SGB V idF des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Aufgrund einer solchen Richtlinie dürfte die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dann in einem befristeten Zeitraum im Rahmen der Krankenbehandlung oder der Früherkennung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden (§ 137e Abs 1 S 2 SGB V idF des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Zur Anwendung des Qualitätsgebots bei einzelnen Krankenhausbehandlungen trifft § 137c SGB V aber weiter keine Regelung. Die Anwendung der Neuregelung des § 137c SGB V auf den vorliegenden Streitfall würde zum anderen die Annahme bedingen, dass der Gesetzgeber neben einer Gesetzesänderung für die Zukunft gleichzeitig im Wege einer Rechtsfortschreibung ohne Textänderung für die Vergangenheit angeordnet habe, den unveränderten Wortlaut des bisherigen § 137c Abs 1 S 2 und Abs 2 S 2 SGB V von Anfang an so zu verstehen, als habe er den vom Kläger gewünschten und allein in den Gesetzesmaterialien verlautbarten Inhalt auch schon früher gehabt. Diese Annahme lässt sich aber mit keiner der zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden begründen.

23

e) Auch der Verweis auf § 6 Abs 2 KHEntgG(idF des Art 2 Nr 4 Buchst b des Fallpauschalenänderungsgesetzes - FPÄndG - vom 17.7.2003, BGBl I 1461) kann die Auffassung des Klägers nicht stützen. Danach sollen die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG erstmals für das Kalenderjahr 2005 zeitlich befristete, fallbezogene Entgelte oder Zusatzentgelte vereinbaren für die Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die mit den Fallpauschalen und Zusatzentgelten nach § 7 S 1 Nr 1 und 2 KHEntgG noch nicht sachgerecht vergütet werden können und die nicht gemäß § 137c SGB V von der Finanzierung ausgeschlossen sind. Damit ist indes eine Aussage zu der hier streitigen Frage, ob eine Behandlungsmethode zu Lasten der GKV erbracht werden darf, nicht zu erkennen; diese ist vielmehr ausschließlich anhand des SGB V zu beantworten. Zudem schließt § 6 Abs 2 KHEntgG die Anwendung des Qualitätsgebots auf neue stationäre Behandlungsmethoden nicht aus, sondern ist für dessen Berücksichtigung im Rahmen der Auslegung völlig offen.

24

f) Insgesamt schließt sich der Senat nach eigener Prüfung der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG an, wonach § 137c SGB V nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt ausgelegt werden darf(grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 51 ff sowie BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23 und Urteil vom 18.12.2012 - B 1 KR 34/12 R - RdNr 34 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 2 vorgesehen). Die Vorschrift setzt die Geltung des Qualitätsgebots auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Andernfalls würde die aufgezeigte Systematik des SGB V durchbrochen und die Einheit der Rechtsordnung gefährdet. Denn eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, muss nicht von den Krankenkassen bezahlt werden (BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 51 ff). § 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung - nicht in einem generalisierten, zentralisierten formellen Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit formalisiert überprüft wird, sondern die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus grundsätzlich prospektiv durch das Krankenhaus selbst und retrospektiv lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post erfolgt. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes Prüfverfahren nach § 137c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit(BSG aaO), so dass es insoweit keiner Einzelfallprüfung mehr bedarf. Der 1. Senat des BSG hat schließlich auch schon entschieden, dass diese Rechtsauslegung nicht nur im Rahmen von Zulassungsverfahren nach § 109 SGB V maßgeblich ist, sondern ebenso bei der Bewertung des - für den Entgeltanspruch des Krankenhauses maßgeblichen - Leistungsanspruchs des Versicherten nach § 39 SGB V zu berücksichtigen ist(BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23). Hieran vermag die Stellung des Klägers als Universitätsklinikum nichts zu ändern, da das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) auch hier gilt (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 29.12.2012 - 1 BvR 1849/12 ua -, RdNr 11 f zitiert nach Juris).

25

4. Der Kläger kann den streitigen Vergütungsanspruch auch nicht auf die Grundsätze eines Seltenheitsfalles stützen, da ein solcher der streitigen Behandlung nicht zugrunde lag. Denn ein Seltenheitsfall setzt voraus, dass eine Krankheit weltweit nur extrem selten auftritt und deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann (grundlegend BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, jeweils RdNr 21 sowie in der Folge BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, jeweils RdNr 30; BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, jeweils RdNr 21; BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, jeweils RdNr 13 f; Urteil vom 3.7.2012 - B 1 KR 25/11 R - BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, jeweils RdNr 18 ff). Vorliegend ergibt sich sowohl aus dem Vortrag des Klägers als auch aus den Stellungnahmen des MDK, dass eine systematische Erforschung sowohl der Behandlung der NHL-Erkrankung des Versicherten als auch der Wirksamkeit der streitigen in-vitro Aufbereitung erfolgt ist. Dabei kommt der Tatsache, dass die im Verfahren benannten Studien nicht genau zur Erkrankung des Versicherten, sondern teilweise zu anderen Unterarten des Non-Hodgking-Lymphoms durchgeführt worden sind, keine besondere Bedeutung zu, da die Beteiligten ungeachtet dessen davon ausgegangen sind, aus diesen auch Schlüsse über die Wirksamkeit der in-vitro Aufbereitung beim Versicherten ziehen zu können. Darüber hinaus hat die Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie zu Non-Hodgkin-Lymphomen im Kindesalter bereits in ihrer im Jahr 2000 veröffentlichten Fassung als ein vorrangiges Ziel die Entwicklung einer erfolgversprechenden Rezidivtherapie formuliert (zitiert nach Forum DKG 3/00 S 47, 50). Von einem Seltenheitsfall ist deshalb nicht auszugehen.

26

5. Auch unter Berücksichtigung der vom BVerfG entwickelten Grundsätze einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts ("Nikolausbeschluss", zB BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; vgl auch BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, jeweils RdNr 21 und 29 ff mwN; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, jeweils RdNr 31 f; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, jeweils RdNr 20 ff mwN; seit 1.1.2012: § 2 Abs 1a SGB V),ergibt sich kein Anspruch des Krankenhauses, da mit der Hochdosischemotherapie mit autogener Stammzelltransplantation eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung zur Verfügung stand (vgl BSG Urteil vom 3.7.2012 - B 1 KR 6/11 R - BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, jeweils RdNr 17).

27

6. Die Revision hat schließlich auch keinen Erfolg mit den Verfahrensrügen, das LSG habe keine ordnungsgemäße Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse betrieben und insoweit gegen § 103 SGG verstoßen, da es seine Entscheidung auf die Gutachten des MDK gestützt und weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragten Sachverständigengutachten unterlassen habe.

28

Nach § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei bestimmt das Tatsachengericht im Rahmen seines Ermessens die Ermittlungen und Maßnahmen, die nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig sind. Sein Ermessen ist dabei durch die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts in dem für die Entscheidung erforderlichen Umfang begrenzt. Ein Verstoß gegen § 103 SGG liegt deshalb nur dann vor, wenn das Berufungsgericht sich zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen(BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 34; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 103 RdNr 20 mwN). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es konnte materiell-rechtlich weder auf die Auffassung des MDK noch auf die Auffassung eines Sachverständigen zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse ankommen. Die Auffassung einzelner Mediziner - und als nichts anderes ist eine fachliche Stellungnahme des MDK zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu werten - ist bei der Beurteilung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gerade nicht maßgeblich (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 24). Auch auf die Anerkennung und Akzeptanz der streitigen Methode in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen zum Zeitpunkt der Behandlung konnte es aufgrund des fehlenden wissenschaftlichen Belegs der Wirksamkeit nicht ankommen (BSGE 84, 90, 96 f = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19; BSGE 81, 54, 70 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 26 f - Systemversagen).

29

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 GKG.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 überprüft auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Absatz 2 Satz 1, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist in der Regel innerhalb von spätestens drei Jahren abzuschließen, es sei denn, dass auch bei Straffung des Verfahrens im Einzelfall eine längere Verfahrensdauer erforderlich ist.

(2) Wird eine Beanstandung des Bundesministeriums für Gesundheit nach § 94 Abs. 1 Satz 2 nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium die Richtlinie erlassen. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 oder 4 darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt von einem Ausschluss nach Absatz 1 Satz 4 unberührt.

(3) Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen hat, dürfen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt und von den Versicherten beansprucht werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Absatz 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Absatz 1 noch nicht abgeschlossen ist.

(1) Gelangt der Gemeinsame Bundesausschuss bei der Prüfung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 135 oder § 137c zu der Feststellung, dass eine Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist, muss der Gemeinsame Bundesausschuss unter Aussetzung seines Bewertungsverfahrens gleichzeitig eine Richtlinie zur Erprobung beschließen, um die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode zu gewinnen. Aufgrund der Richtlinie wird die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in einem befristeten Zeitraum im Rahmen der Krankenbehandlung oder der Früherkennung zulasten der Krankenkassen erbracht.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie nach Absatz 1 Satz 1 die in die Erprobung einbezogenen Indikationen und die sächlichen, personellen und sonstigen Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung im Rahmen der Erprobung. Er legt zudem Anforderungen an die Durchführung, die wissenschaftliche Begleitung und die Auswertung der Erprobung fest. Für Krankenhäuser, die nicht an der Erprobung teilnehmen, kann der Gemeinsame Bundesausschuss nach den §§ 136 bis 136b Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung regeln. Die Anforderungen an die Erprobung haben unter Berücksichtigung der Versorgungsrealität zu gewährleisten, dass die Erprobung und die Leistungserbringung durchgeführt werden können. Die Erprobung hat innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten des Beschlusses über die Erprobungsrichtlinie zu beginnen. Eine Erprobung beginnt mit der Behandlung der Versicherten im Rahmen der Erprobung. Kommt eine Erprobung nicht fristgerecht zustande, hat der Gemeinsame Bundesausschuss seine Vorgaben in der Erprobungsrichtlinie innerhalb von drei Monaten zu überprüfen und anzupassen und dem Bundesministerium für Gesundheit über die Überprüfung und Anpassung der Erprobungsrichtlinie und Maßnahmen zur Förderung der Erprobung zu berichten.

(3) An der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer und nach § 108 zugelassene Krankenhäuser können in dem erforderlichen Umfang an der Erprobung einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode teilnehmen, wenn sie gegenüber der wissenschaftlichen Institution nach Absatz 5 nachweisen, dass sie die Anforderungen nach Absatz 2 erfüllen.

(4) Die von den Leistungserbringern nach Absatz 3 im Rahmen der Erprobung erbrachten und verordneten Leistungen werden unmittelbar von den Krankenkassen vergütet. Bei voll- und teilstationären Krankenhausleistungen werden diese durch Entgelte nach § 17b oder § 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes oder nach der Bundespflegesatzverordnung vergütet. Kommt für eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode, die mit pauschalierten Pflegesätzen nach § 17 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes noch nicht sachgerecht vergütet werden kann, eine sich auf den gesamten Erprobungszeitraum beziehende Vereinbarung nach § 6 Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausentgeltgesetzes oder nach § 6 Absatz 4 Satz 1 der Bundespflegesatzverordnung nicht innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Beschlusses über die Erprobungsrichtlinie zustande, wird ihr Inhalt durch die Schiedsstelle nach § 13 des Krankenhausentgeltgesetzes oder nach § 13 der Bundespflegesatzverordnung festgelegt. Bei Methoden, die auch ambulant angewandt werden können, wird die Höhe der Vergütung für die ambulante Leistungserbringung durch den ergänzten Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Beschlusses über die Erprobungsrichtlinie geregelt. Kommt ein Beschluss des ergänzten Bewertungsausschusses nicht fristgerecht zustande, entscheidet der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss im Verfahren nach § 87 Absatz 5a Satz 2 bis 7. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts haben keine aufschiebende Wirkung. Für die Abrechnung der ambulanten Leistungserbringung nach Satz 4 gilt § 295 Absatz 1b Satz 1 entsprechend; das Nähere über Form und Inhalt des Abrechnungsverfahrens sowie über die erforderlichen Vordrucke für die Abrechnung und die Verordnung von Leistungen einschließlich der Kennzeichnung dieser Vordrucke regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in einer Vereinbarung. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 7 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a.

(5) Für die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung der Erprobung schließt der Gemeinsame Bundesausschuss mit den maßgeblichen Wissenschaftsverbänden einen Rahmenvertrag, der insbesondere die Unabhängigkeit der beteiligten wissenschaftlichen Institutionen gewährleistet, oder beauftragt eigenständig eine unabhängige wissenschaftliche Institution. An der Erprobung beteiligte Medizinproduktehersteller oder Unternehmen, die als Anbieter der zu erprobenden Methode ein wirtschaftliches Interesse an einer Erbringung zulasten der Krankenkassen haben, können auch selbst eine unabhängige wissenschaftliche Institution auf eigene Kosten mit der wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung der Erprobung beauftragen, wenn sie diese Absicht innerhalb eines vom Gemeinsamen Bundesausschuss bestimmten Zeitraums nach Inkrafttreten der Richtlinie nach Absatz 1, der zwei Monate nicht unterschreiten darf, dem Gemeinsamen Bundesausschuss mitteilen. Die an der Erprobung teilnehmenden Leistungserbringer sind verpflichtet, die für die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung erforderlichen Daten zu dokumentieren und der beauftragten Institution zur Verfügung zu stellen. Sofern hierfür personenbezogene Daten der Versicherten benötigt werden, ist vorher deren Einwilligung einzuholen. Für den zusätzlichen Aufwand im Zusammenhang mit der Durchführung der Erprobung erhalten die an der Erprobung teilnehmenden Leistungserbringer von der beauftragten Institution eine angemessene Aufwandsentschädigung.

(6) Die Kosten einer von ihm nach Absatz 5 Satz 1 rahmenvertraglich veranlassten oder eigenständig beauftragten wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung der Erprobung trägt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(7) Unabhängig von einem Beratungsverfahren nach § 135 oder § 137c können Hersteller eines Medizinprodukts, auf dessen Einsatz die technische Anwendung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode maßgeblich beruht, und Unternehmen, die in sonstiger Weise als Anbieter einer neuen Methode ein wirtschaftliches Interesse an einer Erbringung zulasten der Krankenkassen haben, beim Gemeinsamen Bundesausschuss beantragen, dass dieser eine Richtlinie zur Erprobung der neuen Methode nach Absatz 1 beschließt. Der Antragsteller hat aussagekräftige Unterlagen vorzulegen, aus denen hervorgeht, dass die Methode hinreichendes Potenzial für eine Erprobung bietet. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung auf der Grundlage der vom Antragsteller zur Begründung seines Antrags vorgelegten Unterlagen. Beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Erprobung, entscheidet er im Anschluss an die Erprobung auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse unverzüglich über eine Richtlinie nach § 135 oder § 137c. Die Möglichkeit einer Aussetzung des Bewertungsverfahrens im Falle des Fehlens noch erforderlicher Erkenntnisse bleibt unberührt. Die Kostentragung hinsichtlich der wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung der Erprobung richtet sich nach Absatz 5 Satz 2 oder Absatz 6. Wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die Durchführung einer Erprobung ablehnt, weil er den Nutzen der Methode bereits als hinreichend belegt ansieht, gilt Satz 4 entsprechend.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von Medizinprodukten und sonstige Unternehmen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu den Voraussetzungen der Erbringung einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode zulasten der Krankenkassen, zu dem Verfahren der Erprobung sowie zu der Möglichkeit, anstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses eine unabhängige wissenschaftliche Institution auf eigene Kosten mit der wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung der Erprobung zu beauftragen. Das Nähere einschließlich der Erstattung der für diese Beratung entstandenen Kosten ist in der Verfahrensordnung zu regeln.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2015 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, sie zur Behandlung eines Lipödems mit einer stationären Liposuktion beider Oberschenkel zu versorgen, bei der Beklagten und den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es fehle an einem wissenschaftlichen Nachweis der Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion im Sinne des § 2 Abs 1 S 3 SGB V. Das Qualitätsgebot sei auch bei einer stationären Behandlung zu beachten. § 137c SGB V schränke dessen Geltung im stationären Bereich nicht ein(Urteil vom 29.1.2015).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung(Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

4

1. Die Klägerin legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).

5

Die Klägerin formuliert die Frage,

        

"ob in Bezug auf die Erbringung neuer, für die ambulante Versorgung ausgeschlossener Behandlungsmethoden im stationären Bereich eine Prüfung anhand der für die ambulante Versorgung geltenden Maßstäbe anzustellen ist mit der Folge, dass eine Behandlungsmethode erst dann zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, wenn ihre Erprobung abgeschlossen und die Qualität und die Wirksamkeit der Behandlungsmethode in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist, oder ob infolge der unterschiedlichen Ausgestaltung § 137c Abs. 1 SGB V als 'Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt' und des § 135 Abs. 1 SGB V als 'Verbot mit Erlaubnisvorbehalt' unterschiedliche Maßstäbe zur Beurteilung der therapeutischen Wirksamkeit einer Behandlungsmethode im ambulanten oder stationären Versorgungsbereich anwendbar sind, im Bereich der stationären Versorgung ein abgesenkter Maßstab gilt und die Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht erreicht werden müssen".

6

Die Klägerin legt die Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann wieder klärungsbedürftig werden, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zum Ganzen auch BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 7).

7

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin verweist selbst auf die Rechtsprechung des BSG (BSGE 113, 167 = SozR 4-2500 § 137c Nr 6; vgl aber zB auch BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29), wonach im Falle einer stationären Behandlung bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V retrospektiv eine Einzelfallprüfung stattfindet. Dabei ist nach der BSG-Rechtsprechung der Vorschrift des § 2 Abs 1 S 3 SGB V der einheitliche Prüfungsmaßstab sowohl für den ambulanten als auch für den stationären Bereich zu entnehmen.

8

Die Klägerin vertritt hierzu die Auffassung, dass diese Rechtsprechung nicht auf die ab 1.1.2012 geltende Rechtslage übertragen werden könne. Sie hätte sich in diesem Zusammenhang aber mit der Entscheidung des erkennenden Senats vom 17.12.2013 (BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4) auseinandersetzen müssen, wonach die Änderung des § 137c SGB V und Einfügung der Regelung des § 137e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung(Art 1 Nr 54 und Nr 56 GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG - vom 22.12.2011, BGBl I 2983) an der bisherigen Grundkonzeption nichts geändert haben und lediglich Raum für den Gemeinsamen Bundesausschuss schaffen, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Abgesehen von der speziell geregelten Modifizierung durch die zeitlich begrenzte Erprobung (§ 137e SGB V) noch nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender Methoden verbleibt es - so der erkennende Senat - auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V(BSG aaO RdNr 19). Einen über diese Entscheidung des erkennenden Senats hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Klägerin nicht auf.

9

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 überprüft auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Absatz 2 Satz 1, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist in der Regel innerhalb von spätestens drei Jahren abzuschließen, es sei denn, dass auch bei Straffung des Verfahrens im Einzelfall eine längere Verfahrensdauer erforderlich ist.

(2) Wird eine Beanstandung des Bundesministeriums für Gesundheit nach § 94 Abs. 1 Satz 2 nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium die Richtlinie erlassen. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 oder 4 darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt von einem Ausschluss nach Absatz 1 Satz 4 unberührt.

(3) Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen hat, dürfen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt und von den Versicherten beansprucht werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Absatz 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Absatz 1 noch nicht abgeschlossen ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.