Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 15. Apr. 2015 - L 2 U 40/14

bei uns veröffentlicht am15.04.2015
vorgehend
Sozialgericht Landshut, S 8 U 5063/11, 28.10.2013

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung einer Borreliose als Berufskrankheit (BK) Nr. 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) hat.

Der 1959 geborene Kläger ist als land- bzw. forstwirtschaftlicher Unternehmer bei der Beklagten versichert. Er hat 5 ha Wiesen verpachtet und bewirtschaftet 4,28 ha eigenen Wald. Daneben ist er Angestellter der B.-GmbH in R-Stadt.

Am 14.07.2010 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, er habe im Mai 2007 nach Arbeiten im eigenen Wald einen Zeckenbiss gehabt. Es bestehe Verdacht auf Borreliose wegen seither bestehender Herzprobleme mit Vorhofflimmern. Im Fragebogen vom 17.08.2010 führte der Kläger aus, der Zeckenstich sei bei Aufarbeitung von Winterschäden und Brennholzgewinnung aufgetreten. Er habe die Zecke am Abend nach der Arbeit beim Duschen an einem Samstag im Mai 2007 entdeckt, in der Kniekehle bzw. am rechten Oberarm. Sie seien nicht mit Blut vollgesogen gewesen. Nach eigener Schätzung seien bis zur Entdeckung fünf bis sechs Stunden vergangen gewesen. Hautveränderungen seien in Umgebung der Stichstelle nicht aufgetreten. Beschwerden seien von Oktober bis Dezember 2007 aufgetreten. Er habe auch schon früher Zeckenbisse bei Waldarbeit gehabt.

Der Allgemeinarzt Dr. C. berichtete mit Schreiben vom 26.07.2010, dass mit ihm kein direkter Kontakt bei Zeckenbiss bestanden habe. Er habe den Kläger wegen Zeckenbisses erstmals im Juni 2008 behandelt. Der Kläger habe über wiederholte Zeckenbisse bei Waldarbeiten berichtet. Er leide unter unklarem paroxysmalen Vorhofflimmern ohne übliche Risikokonstellation, so dass eine Borreliose als Differenzialdiagnose einbezogen werden müsse. Aufgrund der Borrelienserologie sei eine fortgeschrittene Borreliose mit kardialer Beteiligung wahrscheinlich. Das Vorhofflimmern bestehe trotz zweimaliger Antibiotikatherapie - im Juni bzw. November 2008 - und zweimaliger pulmonaler Venenablation 2008 fort. Auf die beigefügten Unterlagen wird Bezug genommen. Im Attest vom 14.07.2010 führte Dr. C. aus, dass ein Zusammenhang des seit Dezember 2007 bestehenden paroxysmalen Vorhofflimmerns unklarer Genese mit Borreliose bei mehrmaligen Zeckenstichen durchaus denkbar sei.

Laut Laborbericht vom 10.06.2008 waren im Immunoblot wenige spezifische Antikörper gegen Borrelien Burgdorferi nachweisbar inklusive Spätmarker (Lyme-IgG Elisa 31 positiv, Lyme-IgM Elisa negativ, Lyme-IgG Immunoblot positiv); der serologische Befund passe sowohl zu einer aktiven Infektion der Stadien 2 oder 3 als auch zu einer Seronarbe nach ausgeheilter Infektion.

Auf das Vorerkrankungsverzeichnis der Betriebskrankenkasse mobil Oil vom 31.08.2010 wird Bezug genommen. Laut Arztbrief des Klinikums P. vom 21.12.2007 wurde der Kläger wegen neu aufgetretenen Vorhofflimmerns unklarer Dauer behandelt bei Verdacht auf arteriellen Hypertonus und Diabetes mellitus Typ II, bei seit Oktober 2007 deutlicher Leistungsminderung und unregelmäßigem, manchmal sehr schnellem Puls. Das EKG zeigte normofrequentes Vorhofflimmern. Wegen Rezidivs des Vorhofflimmerns erfolgte am 01.04.2009 erneute Behandlung im Klinikum P.. In Arztbriefen des Klinikums G. der L.M.U. (LMU) vom 13.12.2008 und des Internisten und Kardiologen Dr. L. vom 02.03.2009 wurde über Behandlungen mit pulmonaler Venenablation am 22.10. und 12.12.2008 berichtet bei Vorhofflimmern und kardiologischen Risikofaktoren wie arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Hyperlipoproteinämie und Ex-Nikotinabusus.

Der Gewerbearzt Dr. D. sprach sich in seiner Stellungnahme vom 28.12.2010 gegen die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 3102 aus. Zwar könne es bei Borreliose in seltenen Fällen im Stadium 2 zur Beteiligung des Herzens kommen, wobei häufigste Form unterschiedliche AV-Blockierungen, Myokarditis (= Entzündung des Herzmuskels) und Perikarditis (= Entzündung des Herzbeutels) seien, die hier nicht vorlägen. Hier seien die EKG-Untersuchungen nach den Unterlagen in den Intervallen ohne Vorhofflimmern unauffällig gewesen. Der IgG-Titer sei niedrig und unterscheide sich nicht von einer Seronarbe. Die zweimalige Antibiotikagabe habe keinen Effekt auf das Vorhofflimmern gehabt. Ein ursächlicher Zusammenhang von Zeckenstich und paroxysmalem Vorhofflimmern sei bei sonst unauffälligen Herzbefunden nicht ausreichend wahrscheinlich.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.01.2011 die Anerkennung einer BK Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV und einen Anspruch des Klägers auf Leistungen ab, gestützt auf die Stellungnahme des Gewerbearztes. Eine aktive Borreliose oder Neuroborreliose habe nicht gesichert werden können. Ein Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Beschwerden und dem angegebenen Zeckenstich sei damit nicht wahrscheinlich zu machen.

Zur Begründung des am 21.02.2011 eingegangenen Widerspruchs wies der Kläger auf einen anstehenden Termin im Borreliosezentrum hin. Im Befundbericht des Borreliosezentrums F. vom 09.08.2011 wurde ausgeführt, dass nach Anamnese und Klinik eine chronisch aktive Borreliose mit allen Vegetationsformen bestehe, Zeichen einer chronisch systemischen Entzündung, eine mäßige Immunkompetenz und zirkulierende Immunkomplexe als Zeichen eines rheumatisch-entzündlichen Prozesses.

Der Beratungsarzt Dr. S. erklärte in seiner Stellungnahme vom 19.08.2011, dass die Befunde des sogenannten Borreliosezentrums allesamt schulmedizinisch wissenschaftlich nicht anerkannt seien. Die in der Arbeitsdiagnose aufgezählten Symptome und Erkrankungen seien beim Kläger nicht aktenkundig und entsprächen einer Auflistung aus einem Lehrbuch. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2011 als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 24.10.2011 Klage beim Sozialgericht Landshut (SG) erhoben.

Das SG hat Befundberichte und Unterlagen der behandelnden Ärzte sowie die Schwerbehindertenakte des Klägers beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Regionalstelle Landshut (ZBFS) beigezogen.

Der Hausarzt Dr. C. hat im Befundbericht vom 22.8.2012 neben Herzrhythmusstörungen weitere Diagnosen genannt, u. a. Zustand nach Hashimoto-Thyreoditis, unter Schilddrüsenhormonsubstitution beschwerdefrei, Diabetes mellitus Typ 2, Hyperlipidämie und rezidivierende Beschwerden des Bewegungsapparates wegen degenerativer Veränderungen.

Im Rehabilitationsbericht des Rehazentrums Bad K. über den Aufenthalt des Klägers vom 20.04.2010 bis 11.03.2010 wurden wiederholte Episoden mit Vorhofflimmern geschildert. Mit CPAP-Therapie kam der Kläger bei Schlafapnoe-Syndrom gut zurecht.

Nach Berichten des Internisten und Kardiologen Dr. L. vom 16.01.2012 und 17.01.2012 über Behandlungen seit 23.05.2008 sind beim Kläger weiterhin monatlich Herzrhythmusstörungen mit eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit und Atemnot aufgetreten, etwa ein- bis zweimal im Monat, bzw. seit der letzten Pulmonalvenenisolation 2010 seltener - etwa einmal im Monat - und relativ kurz. Die Klink für innere Medizin II der Uniklinik R. hat im Arztbrief vom 29.03.2011 von einer Verbesserung mit zunehmender körperlicher Belastbarkeit seit erneuter Pulmonalvenenisolation am 14.12.2010 berichtet, bei noch vereinzelten Episoden mit Vorhofflimmern, ca. alle 10-14 Tage maximal 2-3 Stunden. Auf die Arztbriefe der Uniklinik vom 19.10.2010, vom 19.12.2010 und vom 29.03.2011 wird verwiesen.

Nach Bericht des Lungenfacharztes Dr. W. vom 25.06.2012 hatte der Kläger bereits im Oktober 2000 über ausgeprägte Tagesmüdigkeit, Monotonie-Intoleranz, Durchschlafstörungen, starkes Schnarchen und Restless-Legs-Syndrom geklagt. Damals sei eine Schlafapnoe nicht nachweisbar gewesen. Bei Kontrolle im Juli 2009 sei dagegen ein leichtes Schlafapnoesyndrom diagnostiziert worden.

Im Befundbericht des Borreliosezentrums F. der Dres. D., S. und B. vom 23.07.2012 ist CLB (= chronische Lyme-Borreliose) mit PLS (= Post-Lyme-Syndrom) nach DF-Befund genannt worden, mit deutlicher Verbesserung. Seit der letzten Behandlung am 11.10.2011 bestünden nur noch Belastungsatemnot und ein- bis dreimalige Nykturie (= nächtliches Wasserlassen). Auf die Berichte mit Dunkelfeld-Mikroskopie vom 13.09.2011 und vom 11.10.2011 sowie die beigefügten Laborbefunde wird Bezug genommen. Die Immunoblot-Untersuchung vom 28.07.2011 hat nach Laborbericht eine länger zurückliegende Borrelien-Infektion wahrscheinlich gemacht, ohne Hinweis auf frische Re-Infektion (IgG positiv, IgM negativ). Der Immunoblot-Befund vom 12.08.2011 hat insoweit keine wesentliche Änderung aufgewiesen (IgG positiv, IgM negativ).

Das SG hat anschließend von Amts wegen ein Gutachten des Internisten Dr. Z. vom 01.12.2012 nach Untersuchung des Klägers am 13.11.2012 eingeholt, eine ergänzende Stellungnahme von Dr. Z. vom 05.04.2013 und nach mündlicher Verhandlung am 21.06.2013 ein weiteres Gutachten des Internisten Dr. S. vom 03.07.2013, das dieser bei vom SG freigestellter Untersuchung nach Aktenlage erstellt hat.

Der Kläger hat Dr. Z. mitgeteilt, dass die Herzrhythmusstörungen früher zwei- bis dreimal pro Woche und seit homöopathischer Behandlung im Borreliosezentrum nur noch alle drei- bis vier Monate für 20-30 Minuten aufträten und sich von selbst zurückbilden.

Dr. Z. hat im Gutachten vom 01.12.2012 ausgeführt, dass nicht bewiesen werden könne, ob 2007 eine Borreliose durch eine infizierte Zecke hervorgerufen worden sei.

Es sei prinzipiell möglich, dass paroxysmales Vorhofflimmern durch Lyme-Borreliose infolge Borrelien-Infektion verursacht werde. Bei Borrelien-Karditis würden häufig AV-Blockierungen auftreten, aber auch Peri- und Myokarditiden. Der Ursachenzusammenhang sei beim Kläger aber nicht nachweisbar. Der Kläger habe kein Erythema migrans bemerkt, das für eine Borreliose Stadium I sprechen würde. Ein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten solcher Hautrötungen und anschließendem Vorhofflimmern sei nicht sicher festzustellen. Außerdem seien Borrelien-Antikörper erstmals im Juni 2008 bestimmt worden; nach dem Befund sei eine Borreliose im Stadium 2 oder 3 möglich, aber auch eine Seronarbe nach ausgeheilter Infektion. Die Inzidenz für Vorhofflimmern nehme mit dem Alter zu und trete bei 1% der Bevölkerung im Alter von etwa 50 Jahren auch ohne kardiale Grunderkrankung in idiopathischer Form auf, also ohne dass eine Ursache benannt werden könne. Bei 15% der Patienten mit Vorhofflimmern sei es idiopathischer Genese. Als weitere mögliche Ursachen für Vorhofflimmern hat Dr. Z. akute Schilddrüsenüberfunktionsstörungen, akute Alkoholintoxikation sowie größere thorakochirurgische oder abdominelle Operationen genannt. Eine kardiale Manifestation bei Lyme-Borreliose sei nach ausreichender antibiotischer Behandlung sehr selten, während beim Kläger trotz zweimaliger Antibiotikatherapie im Juni und November 2008 das Vorhofflimmern weiter aufgetreten sei. Die Beweisfrage, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Erkrankungen des Klägers und seiner forstwirtschaftlichen Tätigkeit wahrscheinlich sei, hat Dr. Z. unter Hinweis auf Nachweisprobleme nicht ausdrücklich beantwortet. Er hat aber das Vorliegen einer BK Nr. 3102 ohne weitere Begründung bejaht und erklärt, das intermittierende Vorhofflimmern sei wahrscheinlich auf die BK Nr. 3102 zurückzuführen, wofür er eine MdE in Höhe von 10 bis 20% angesetzt hat. Es sei möglich, dass das Reizleitungssystem bei dem Kläger durch einen Infekt „vulnerabel“ geworden sei.

Die Beklagte hat die Anerkennung einer BK Nr. 3102 weiterhin abgelehnt und sich auf eine Stellungnahme ihres internistischen Beratungsarztes Dr. S. vom 21.02.2013 gestützt. Dieser hat ausgeführt, dass hier ein Kausalzusammenhang zwischen Borreliose und Arrhythmien nicht bewiesen sei und die bloße Möglichkeit nicht genüge. Außerdem gelte ein Schlafapnoe-Syndrom als wichtiger Auslösefaktor für Arrhythmien und nächtliche Hypertonie, was auch zu Herzrhythmusstörungen führen könne. Angesichts der nur noch sehr seltenen, kurzen Beschwerden sei maximal eine MdE von

10 v. H. anzusetzen.

Dr. Z. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.04.2013 bestätigt, dass Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe ein vierfach erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern haben. Beim Kläger sei die Schlafapnoe aber erst durch Schlaflaboruntersuchung am 18.10.2009 und damit nach Auftreten des Vorhofflimmerns festgestellt worden. Trotz in letzter Zeit seltenerer Verwendung der CPAP-Maske habe sich das Vorhofflimmern reduziert. Letztlich könne weder ein Zusammenhang zwischen Borreliose und Vorhofflimmern bewiesen werden noch das Gegenteil. Nach der Versorgungsmedizinverordnung betrage der Grad der Behinderung (GdB) bei Rhythmusstörungen 10 bis 30.

Mit Stellungnahme vom 02.06.2013 hat Dr. S. eingeräumt, dass nach diesen Angaben eine Auslösung des Vorhofflimmerns durch Schlafapnoesyndrom weniger wahrscheinlich sei. Allerdings sei ein Ursachenzusammenhang zwischen Arrhythmien und Borrelienerkrankung nicht nachgewiesen. Möglich seien viele andere Ursachen oder ein idiopathisches Vorhofflimmern.

Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 21.06.2013 hat er die Zecke im Mai 2007 selbst entfernt und den Hausarzt nicht aufgesucht, weil nach dessen Auskunft eine Behandlung nur bei Rötung nötig sei. Er habe sich im Oktober 2007 körperlich schwach gefühlt und erneut mit Luftnot Anfang November 2007 und darum den Arzt aufgesucht.

Der Sachverständige Dr. S. hat im Gutachten vom 03.07.2013 ausgeführt, dass beim Kläger keine BK Nr. 3102 bestehe, dass keine Hinweise auf eine krankheitsaktive Borreliose vorgelegen hätten, dass eine durch Borrelien verursachte Erkrankung nicht nachweisbar sei und dass zwischen den Erkrankungen des Klägers, insbesondere seinen wiederkehrenden Arrhythmie bei Vorhofflimmern, und der forstwirtschaftlichen Tätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung nicht wahrscheinlich sei.

Die Dunkelfeld-Mikroskopie sei zum Nachweis einer krankheitsaktiven Borreliose nicht geeignet nach Empfehlungen deutscher und europäischer Fachgesellschaften. Erhöhte IgG-Antikörper seien kein Beleg für eine krankheitsaktive Borreliose, sondern nur für einen Kontakt des Immunsystems mit Borrelien zu einem unbekannten Zeitpunkt. Die Mehrzahl von Menschen mit solchem Antikörper-Nachweis sei zu keinem Zeitpunkt an Borreliose erkrankt (sogenannte Seronarbe). Der Mehrheit gelinge die erfolgreiche Abwehr der Infektion durch Bildung von Antikörpern; die IgG-Antikörper seien dann jahre- bis jahrzehntelang messbar. Dass es sich bei den erhöhten IgG-Antikörpern des Klägers um eine Seronarbe handele, zeige der konstante Nachweis bei mehrfachen Untersuchungen ohne wesentliche Änderungstendenz.

Die beim Kläger bestehende absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern sei eine für die Lyme-Karditis völlig untypische Variante. Dagegen spreche das völlige Fehlen von erhöhten IgM-Antikörpern gegen Borrelia burdorferi. Außerdem passe das Zeitmuster bzw. der Krankheitsverlauf nicht. Eine Lyme-Karditis könne Tage bis Monate nach dem Zeckenstich oder einem Erythema migrans auftreten, werde aber meist früher beobachtet, im Mittel nach 21 Tagen nach Feststellung eines Erythema migrans. Meist heile die Lyme-Karditis innerhalb kurzer Zeit vollständig spontan aus. In der Regel würden sich die Reizleitungsstörungen innerhalb von zwei bis vierzehn Tagen normalisieren, nur in circa 10% der Fälle blieben sie länger. Außerdem seien sie einer antibiotischen Behandlung gut zugänglich, die beim Kläger zweimal durchgeführt worden ist. Hinweise für eine Neuroborreliose oder eine Lyme-Arthritis im Sinne entsprechender Beschwerden, Schwellungen oder Gelenkergüsse sowie richtungsweisende begleitende deutliche Erhöhungen für IgM-Antikörper seien nicht dokumentiert.

In der mündlichen Verhandlung am 28.10.2013 hat der Kläger auf weiter bestehende Herzbeschwerden in unterschiedlicher Frequenz hingewiesen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28.10.2013 abgewiesen. Der Kläger sei zwar wegen Tätigkeiten in Wald- oder Waldrandgebieten dem erhöhten Risiko einer Borrelieninfektion ausgesetzt gewesen. Der Antikörperbefund allein sei aber noch keine Krankheit im Sinne der BKV; vielmehr bestimme sich das Krankheitsbild der Lyme-Borreliose nach klinischen Befunden. Beim Kläger fehlten aber Hinweise für eine krankheitsaktive Borreliose. Das SG hat sich auf das Gutachten von Dr. S. gestützt. Soweit Dr. Z. eine BK

Nr. 3102 bejahe, könne ihm nicht gefolgt werden. Denn auch Dr. Z. habe keine klinisch manifeste Lyme-Borreliose-Erkrankung zweifelsfrei feststellen können. Soweit Dr. Z. seiner Beurteilung die Dunkelfeld-Mikroskopie zugrunde gelegt habe, sei dies kein nach Leitlinien deutscher und europäischer Fachgesellschaften anerkanntes Diagnosekriterium für das Krankheitsbild der Borreliose. Nicht zu folgen sei den Leitlinien der deutschen Borreliosegesellschaft e.V., die ein eigenständiges Krankheitsbild einer chronisch persistierenden Lyme-Borreliose (CLB) und sein sogenannte Post-Lyme-Syndrom (PLS) anerkenne, da dies den Leitlinien der etablierten wissenschaftlichen Fachgesellschaften - Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, schweizerische Gesellschaft für Infektiologie, European Society of Clinical Mikrobiology and Infectious Desease, European Consertes Action on Lyme-Borreliosis, American Academy of Neurology und den Veröffentlichungen des Robert-Koch-Instituts - widersprächen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Zur Begründung der dagegen am 21.01.2014 erhobenen Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) hat der Klägerbevollmächtigte sich im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. Z. und die Aussage der behandelnden Ärzte gestützt, wonach die Beschwerden kardial nicht erklärbar seien. Der zeitliche Zusammenhang könne vernünftigerweise nur mit dem Zeckenbiss erklärt werden. Dr. Z. habe den Kläger persönlich untersucht und sich mit dem Krankheitsbild auseinandergesetzt.

Die Beklagte hält das SG-Urteil für zutreffend; Borreliose und schädigende Einwirkung müssten im Vollbeweis nachgewiesen sein. Ferner fehlten klinische Befunde einer Lyme-Borreliose laut Dr. S.

Das LSG hat die ärztlichen Unterlagen des Hausarztes Dr. C. und die Schwerbehindertenakte des Klägers beigezogen. In den Unterlagen von Dr. C. finden sich Hinweise auf Schilddrüsenprobleme des Klägers seit 1998. Am 08.08.2003 hat Dr. C. die Verdachtsdiagnose von Herzrhythmusstörungen gestellt, bei unregelmäßig schnellem Puls am Vortag. Laut Patientenkartei hat der Kläger Dr. C. am 29.06.2007 von einem Zeckenstich im Mai 2007 im Hals berichtet und danach erstmals am 20.12.2007 über Vorhofflimmern geklagt, das seit mehr als zwei Monaten bestehe. Am 13.06.2008 hat Dr. C. wegen nicht ganz ausgeschlossener Borreliose mit kardialer Beteiligung antibiotische Behandlung für mindestens drei Wochen begonnen. Ab 10.11.2008 erfolgte Infusionstherapie mit Antibiotika für zwei Wochen.

Im Arztbrief vom 27.02.2014 schildert der Internist und Kardiologe Prof. von H. als Beschwerden des Klägers ein intermittierendes, zwei- bis dreimal pro Woche, meist drei bis vier Stunden auftretendes Vorhofflimmern mit variablen Perioden und diagnostiziert eine hypertensive Herzerkrankung (chronische Linksherzbelastung mit LV-Hypertrophie und leichter biatraler Vergrößerung). Auf eine niedrig-normale Schilddrüsenstoffwechsellage bei bekanntem proarrhythmogenem Effekt von Thyroxin sei zu achten.

In der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2015 hat der Vorsitzende auf unterschiedliche Rechtsprechung der Landessozialgerichte zu der Frage hingewiesen, inwieweit der Nachweis von Antikörpern gegen Borrelien bereits als Berufskrankheit Nr. 3102 anzusehen sein kann. Die gutachterlichen Bewertungen sind mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. Oktober 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. September 2011 aufzuheben und festzustellen, dass beim Kläger eine Borreliose als Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts, die Schwerbehindertenakte des Zentrums Bayern Familie und Soziales Regionalstelle Landshut sowie die Akte des LSG Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden ist.

Gründe

A) Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt Berufung erweist sich als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage auf Feststellung einer Borrelioseerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV abgewiesen. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 18.01.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2011 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten (BKen) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit versehen (Satz 2).

Nach ständiger BSG-Rechtsprechung ist für die Feststellung einer Listen-BK danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen o.ä. auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK (vgl. hierzu BSG vom 15.09.2011 - B 2 U 25/10 R - Juris RdNr. 14). Dabei müssen die „versicherte Tätigkeit“, die „Verrichtung“, die „Einwirkungen“ und die „Krankheit“ im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG vom 15.09.2011 - B 2 U 25/10 R - Juris RdNr. 24 m. w. N.).

Die BK Nr. 3102 hat der Verordnungsgeber in der Anlage 1 zur BKV wie folgt bezeichnet: „von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten“.

Bei dieser Infektionskrankheit muss ebenso wie bei der BK Nr. 3101 die Infektionsquelle nicht nachgewiesen werden; vielmehr genügt der Nachweis, dass der Versicherte hinsichtlich der im Berufskrankheitentatbestand genannten Infektionskrankheit beruflich einer besonderen, das normale Maß übersteigenden Infektionsgefahr ausgesetzt war (vgl. BayLSG vom 31.01.2013 - L 17 U 175/11 - Juris; BSG vom 04.05.1999 - B 2 U 14/98 - Juris RdNr. 18; BSG vom 25.10.1989 - 2 BU 82/89 - Juris RdNr. 6; Römer in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand III/2012, Anlage zur BKV zu BK Nr. 3101-3104 RdNr. 10 und 12). Ferner ist zu prüfen, ob sich die generelle Gefahr aufgrund der im Gefahrenbereich individuell vorgenommenen Verrichtungen auch tatsächlich realisiert haben kann; durchbrochen wird der typische Geschehensablauf dagegen, wenn ausgeschlossen ist, dass die Infektion beruflich eingetreten ist (vgl. BSG vom 02.04.2009 - B 2 U 7/08 R - Juris RdNr. 18; BSG vom 02.04.2009 - B 2 U 33/07 R - Juris RdNr. 14 und RdNr. 20). Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erkrankung auch durch Einwirkungen bedingt sein kann, die nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind, sind die für und gegen einen Kausalzusammenhang sprechenden Umstände im Sinne des Grundsatzes von der rechtlich wesentlichen Bedingung zu prüfen und abzuwägen (vgl. BSG vom 04.05.1999 - B 2 U 14/98 - Juris RdNr. 20).

Hintergrund der Einführung von Infektionskrankheiten als Berufskrankheiten war, dass das konkrete Infektionsereignis - als Arbeitsunfall - häufig nicht zweifelsfrei nachweisbar war (vgl. Römer in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, zur BKV zu BK Nr. 3101-3104 - RdNr. 5 m. w. N.). Zur Beweiserleichterung wurden daher bereits mit der 2. BKVO vom 11.02.1929 (BGBl. 1929 I S. 27) Infektionskrankheiten in bestimmten Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Gesundheitsdienst, Laboratorien für naturwissenschaftliche und medizinische Untersuchungen) als Berufskrankheiten in die BKV aufgenommen. Die mit der 4. BKVO vom 29.01.1943 (RGBl. 1943 I S. 85) neu eingeführte BK Nr. 27 „Infektiöse Gelbsucht, Bang’sche Krankheit, Milzbrand, Rotz und andere von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten“ bei „Unternehmen der Tierhaltung und Tierpflege sowie Tätigkeiten, die durch Umgang oder Berührung mit Tieren mit tierischen Teilen, Erzeugnissen und Abgängen zur Erkrankung Veranlassung geben“ wurde in der 5. BKVO vom 26.07.1952 (BGBl. 1952 I S. 395) als „von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten“ neu gefasst. Seit der 6. BKVO vom 28.04.1961 (BGBl. 1961 I S. 505) galt die heutige Fassung unter Nr. 38 der Anlage zur BKVO ohne Beschränkung auf bestimmte Unternehmen. Nach der amtlichen Begründung zur 4. BKVO (vgl. dazu Becker in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Kommentar zum SGB VII, zu § 9 zu BK Nr. 3102, S. 315) sollten durch Einbeziehung einiger beim Menschen häufig beobachteter Tierkrankheiten die Angehörigen der in Frage stehenden Berufe den gleichen Versicherungsschutz erhalten, wie er für das Pflegepersonal in Krankenhäusern usw. nach Nr. 25 der Anlage zur 3. BKVO - also der heutigen BK Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV - bereits bestand.

1. Der Kläger bewirtschaftete hier als Forstwirt seit Jahren regelmäßig ca. 4,28 ha Wald und war somit während dieser versicherten Tätigkeit einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko für Borreliose ausgesetzt. Grundsätzlich finden sich mit Borrelien infizierte Zecken in ganz Deutschland bis zu 1.000 Meter Höhe, insbesondere in buschigen Wald- und Wegrändern, Laub- und Nadelwäldern, in Parkanlagen und Gärten mit Büschen und Sträuchern (vgl. hierzu u. a. LSG Baden-Württemberg vom 18.05.2011 - L 6 U 538/09 - Juris RdNr. 47). Die Gefahr einer Infektion durch versicherte Tätigkeiten ist bei in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Personen grundsätzlich deutlich erhöht (vgl. BayLSG vom 11.05.2005 - L 2 U 298/03 - Juris RdNr. 28; LSG Rheinland-Pfalz vom 16.09.1997 - L 7 U 199/95 - Juris RdNr. 37 mit weiteren Hinweisen; anders BayLSG vom 31.01.2013 - L 17 U 175/11 bei einem Waldbesitzer, der nur in zwei Jahren für wenige Monate Arbeiten in einem nur 0,211 großen Wald ausgeübt hatte). So liegt das Risiko eines Zeckenstichs mit anschließender Erkrankung für Forstarbeiter statistisch drei- bis fünfmal höher als für Menschen in anderen Berufen (vgl. Pressemitteilung des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik von Mai 05/2010 zum KFW-Merkblatt „Gefahren durch Zecken, Viren und Bakterien bei der Waldarbeit“, S. 5). Landwirte und Forstarbeiter gehören wie Jäger und Gärtner zur Risikogruppe für Borrelieninfektionen, mit statistisch deutlich erhöhtem Durchseuchungsgrad (vgl. Widder, Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Auflage S. 495, Durchseuchung von 30% gegenüber 3 bis 10% in der Allgemeinbevölkerung).

Der Senat schließt sich der Einschätzung des Sozialgerichts an, dass der Kläger in seiner versicherten forstwirtschaftlichen Tätigkeit angesichts der langjährigen Ausübung einem erhöhten Risiko von Zeckenbissen und dadurch einem erhöhten Risiko der Borrelien-Infektion und einer daraus resultierenden Borrelioserkrankung ausgesetzt war. Daher kann dahinstehen, dass der Zeckenbiss im Zusammenhang mit Waldarbeiten im Mai 2007 als konkrete Infektionsquelle nicht objektiv nachgewiesen ist mangels zeitnahem Arztbesuch und angesichts der unterschiedlichen Angaben zum Auffindeort der Zecke, wofür der Kläger mit Schreiben vom 17.08.2010 die rechte Kniekehle und den rechten Oberarm angegeben hatte, während er ausweislich der Kartei seines Hausarztes am 29.06.2007 von einem Zeckenstich im Mai 2007 am Hals gesprochen hatte.

2. Beim Kläger ist aber keine Lyme-Borreliose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen; insbesondere reicht die nachgewiesene Borrelieninfektion allein nicht aus für die Anerkennung einer BK Nr. 3102.

Eine Krankheit im Sinne vom § 9 SGB VII ist ein regelwidriger - d. h. von der Norm des gesunden Menschen abweichender - Zustand von Körper, Geist oder Seele (vgl. BSG vom 24.07.1985 - 9b RU 36/83 - Juris RdNr. 10). Im Gegensatz zum Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) setzt der Krankheitsbegriff des § 9 SGB VII weder Arbeitsunfähigkeit noch Behandlungsbedürftigkeit zwingend voraus (vgl. dazu BSG vom 27.07.1989 - 2 RU 54/88 veröffentlicht bei Juris zur Lärmschwerhörigkeit; Hauck/Noftz zu § 9 SGB VII RdNr. 27b).

Allerdings ist die bloße Aufnahme (Inkorporation) von Schadstoffen in den Körper bzw. die Anreicherung solcher Stoffe im Körper allein keine Krankheit im Sinne des BK-Rechts. Denn nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist die Bundesregierung nur zur Aufnahme von Krankheiten in die BKV ermächtigt, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch bestimmte Einwirkungen verursacht sind und diese Krankheitsbilder werden in den BK-Tatbeständen bzw. den hierzu erlassenen Merkblättern und wissenschaftlichen Begründungen beschrieben. Erforderlich ist daher neben den Einwirkungen eine negative körperliche Reaktion mit Krankheitswert, die diesen Beschreibungen der erfassten Berufskrankheit entspricht (vgl. hierzu Hessisches LSG vom 18.11.2011 - L 9 U 226/06 - Juris RdNr. 27; Römer in Hauck/Noftz zu § 9 SGB VII RdNr. 27b; LSG Berlin-Brandenburg vom 08.05.2014 - L 3 U 228/12 - Juris RdNr. 41).

So hatte das BSG unter sinnorientierender Auslegung von Verordnungstext, Materialien und Gesamtzusammenhang der BK Nr. 2108 gefolgert, dass bloß röntgenologische Veränderungen der Lendenwirbelsäule nicht ausreichen für eine bandscheibenbedingte Erkrankung, sondern dass eine Funktionsbeeinträchtigung und ein klinisches Beschwerdebild zu fordern ist (vgl. BSG vom 31.05.2005 - B 2 U 12/04 R - Juris RdNr. 20-23). Ebenso hatte das BSG unter Berücksichtigung von Entstehungsgeschichte und Gesetzessystematik silikotische Lungenveränderungen trotz Krankheitswert im Sinne der GKV nicht als silikosebedingte Berufskrankheit anerkannt mangels entsprechend schwerer silikosebedingter Insuffizienzerscheinungen (vgl. BSG vom 11.01.1989 - 8 RKnU 1/88 - veröffentlicht bei Juris).

Unter Berücksichtigung von Verordnungstext, Entstehungsgeschichte und Gesamtzusammenhang erfüllt die bloße Borrelieninfektion aber noch nicht die Tatbestandsvoraussetzungen einer BK Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV.

Im Merkblatt zur BK Nr. 3102 (BArbBl. 10/2003, veröffentlicht in Mehrtens /Brandenburg, Kommentar zur BKV, M 3102) werden Krankheiten jeweils mit Angabe verschiedener Krankheitsbilder und Inkubationszeiten angegeben. Insbesondere wird als Krankheit im Anhang des Merkblattes unter Nr. 15 die Lyme-Borreliose genannt mit bestimmten Krankheitsbildern, nämlich Erythema migrans, wandernden Arthralgien, Herzbeschwerden, Magen-Darm-Symptomen, Lymphadenosis, Arthritis, Akrodermatitis chronica atrophicans, Enzephalomyelitis, Bannwarth-Syndrom (Meningoradikulitis) und transplazentare Infektion. Insgesamt setzt das Merkblatt klinische Erscheinungsbilder der Infektionskrankheit, insbesondere bei Lyme-Borreliose, voraus. Das belegt auch der Hinweis auf die Inkubationszeit bis zum Auftreten von Krankheitssymptomen.

Außerdem verweist das Merkblatt hinsichtlich Diagnose und Krankheitsbild auf die einschlägige Fachliteratur. Danach setzt die Diagnose einer Lyme-Borreliose bzw. Neuroborreliose aber neben entsprechenden Laborbefunden eine typische klinische Symptomatik voraus, da sich borrelienspezifische Antikörper in Deutschland und Österreich - je nach Endemiegebiet und Altersgruppe - auch bei 5-25% gesunder Personen finden lassen (vgl. dazu S 1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Neuroborreliose Stand September 2012, AWMF-Registernummer 030/071, S. 2). Ferner wird ausgeführt (vgl. a. a. O. S. 6), dass der positive Nachweis borrelien-spezifischer IgM- und/oder IgG-Antikörper allein keine aktive Infektion mit Borrelia burgdorferi nachweist, da

1. Borrelieninfektionen mit asymptomatischer Serokonversion vorkommen und

2. über Jahre anhaltende erhöhte IgG- und IgM-Antikörpertiter (in Serum oder Liquor) nach ausreichend behandelter Borreliose bei gesunden Personen keine Seltenheit darstellen.

Damit übereinstimmend hat der Sachverständige Dr. S. dargelegt, dass erhöhte IgG-Antikörper im Blutserum gegen Borrellien allein keine krankheitsaktive Borreliose belegen können, sondern nur einen Kontakt des Immunsystems mit Borrelia burgdorferi zu einem unbekanntem Zeitpunkt. Denn laut Gutachter gelingt es der überwiegenden Mehrzahl solcher Personen, die Infektion durch eigene Immunabwehr durch Bildung der - dann jahre- bis jahrzehntelang messbaren - Antikörper erfolgreich abzuwehren; die überwiegende Anzahl von Menschen mit Nachweis solcher Antikörper ist zu keinem Zeitpunkt an Borreliose erkrankt, so dass man in diesen Fällen von einer sogenannten Seronarbe spricht.

Zutreffend führt das Hessische LSG im Urteil vom 18.11.2011 (L 9 U 226/06 - Juris RdNr. 27) aus, das die Lyme-Borreliose eine klinische Diagnose ist, d. h. dass klinische Kriterien für die Diagnosestellung entscheidend sind.

Im Übrigen weist die Entstehungsgeschichte des BK-Tatbestandes darauf hin, dass der Verordnungsgeber nicht die bloße Infektion im Blick hatte, sondern Krankheiten mit klinischer Symptomatik. Wie bereits dargelegt, war wesentlicher Hintergrund der Einführung von Infektionskrankheiten als BKen, dass das konkrete Infektionsereignis und damit ein Arbeitsunfall häufig nicht zweifelsfrei nachweisbar war (vgl. Römer in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, zu BK Nr. 3101-3104 - RdNr. 5 m. w. N.). Die zunächst in der 4. BKVO konkret genannten Krankheiten, nämlich infektiöse Gelbsucht, Bang´sche Krankheit, Milzbrand und Rotz, waren jeweils Krankheiten, die mit erheblichen klinischen Beschwerden einhergingen. Der Verzicht auf diese konkreten Krankheiten in der Neufassung der 5. BKVO bedeutete keine inhaltliche Änderung; nach der amtlichen Begründung war die neue Fassung kürzer, klarer und enthielt alle Voraussetzungen für die Entschädigung, ohne dass einzelne Krankheiten aufgeführt werden müssen (vgl. zur amtlichen Begründung Becker in Becker u. a., Kommentar zum SGB VII, zu § 9 zu BK Nr. 3102 S. 315).

Für die Annahme einer Berufskrankheit ist die Regelwidrigkeit des körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes vorauszusetzen, entsprechend der Definition eines Gesundheitserstschadens i. S. d. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (vgl. dazu BSG vom 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R - Juris RdNr. 19). Denn im Wesentlichen ist die Aufnahme als BK den Nachweisproblemen solcher konkreter Infektionsereignisse als Arbeitsunfall geschuldet, so dass die im BK-Tatbestand definierte Krankheit gleichsam an die Stelle des Gesundheitserstschadens des Arbeitsunfalls tritt.

Die Bildung von Antikörpern gegen einen Erreger ist allein nach Überzeugung des Senats aber kein regelwidriger Gesundheitszustand, sondern im Gegenteil ein regelhafter und angesichts der Abwehr von Erregern durchaus positiver und wünschenswerter Gesundheitszustand. Dementsprechend ist nicht schon bei Bildung von Antikörpern gegen Borrelien eine BK nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen (ebenso Hessisches LSG vom 18.11.2011 - L 9 U 226/06 - Juris RdNr. 27). Der Ansicht des LSG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 08.05.2014 (L 3 U 228/12, Juris RdNr. 41 f.), wonach bei Nachweis von Antikörpern gegen Borrelien bereits eine Berufskrankheit wegen „negativer Reaktion“ des Körpers vorliegt, ist mangels Regelwidrigkeit des körperlichen Zustandes bei Antikörperbildung nicht zu folgen. Der dortige Vergleich mit einer HIV-Infektion vermag nicht zu überzeugen. Denn zum einen wird im Merkblatt zu BK Nr. 3101 ausdrücklich auch die HIV-Infektion neben AIDS als Infektionskrankheit bezeichnet und damit als Krankheit im Sinne der BK Nr. 3101 definiert. Zum anderen wirkt sich bereits die Infizierung mit dem HI-Virus durch Zerstörung körpereigener Zellen auf die Immunabwehr aus und die gebildeten Antikörper sind für eine körpereigene Abwehr bzw. für ein Unschädlichmachen des Virus und Vermeidung klinischer Symptome nicht ausreichend. Demgegenüber gelingt es der überwiegenden Mehrzahl der mit Borrelien infizierten Personen, bei Infektion durch Immunabwehr mit Bildung körpereigene Antikörper den Krankheitsausbruch erfolgreich abzuwehren.

3. Daher setzt die Anerkennung einer Lyme-Borreliose nach Überzeugung des Senats neben dem Nachweis einer Borrelien-Infektion einen zum Krankheitsbild der Borreliose passenden klinischen Befund voraus (so BayLSG vom 11.05.2005 - L 2 U 298/03 - Juris RdNr. 30; ebenso Hessisches LSG vom 18.11.2011 - L 9 U 226/06 - veröffentlicht bei Juris). Ein entsprechendes Krankheitsbild liegt bzw. lag beim Kläger aber nicht vor. Der Senat schließt sich nach kritischer Beweiswürdigung in seiner Beurteilung den überzeugenden Ausführungen von Dr. S. an.

Dr. S. hat für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass weder für eine Neuroborreliose noch für eine Lyme-Arthritis entsprechende Beschwerden bzw. klinische Befunde dokumentiert sind. Insbesondere sind Gelenkbeschwerden auch nach Ansicht der behandelnden Ärzte auf degenerative Veränderungen zurückzuführen. So hat der Hausarzt Dr. C. im Befundbericht vom 22.08.2012 rezidivierende Beschwerden des Bewegungsapparates wegen degenerativer Veränderungen genannt, wie eine Lumbalgie bei Diskusprolaps L5/S1, eine Diskopathie C5/6, eine Cervicobrachialgie, eine Epicondylitis humeri radialis rechts und evtl. eine Kubitalarthrose des rechten Ellbogengelenks. Schwellungszustände und Gelenkergüsse im zeitlichen Zusammenhang mit dem vom Kläger als Ursache angeschuldigten Zeckenbiss im Mai 2007 sind weder vorgetragen noch aus den Unterlagen ersichtlich.

Das beim Kläger bestehende rezidivierende Vorhofflimmern mit absoluter Arrhythmie ist nach Überzeugung des Senats ebenfalls keine Erscheinungsform einer Lyme-Borreliose.

Dass für diese Gesundheitsstörung eine vorangegangen Borrelieninfektion (mit-) ursächlich war, ist für den Senat angesichts der überzeugenden Ausführungen von Dr. S. nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht einmal hinreichend wahrscheinlich.

Der Sachverständige Dr. S. hat dargelegt, dass nur ein bis zwei Prozent der Personen, die von einer Zecke gestochen werden, eine aktive Borrelieninfektion entwickeln. Dabei macht das Fehlen eines Erythema migrans (sogenannte Wanderröte) eine frische Borreliose (Stadium I) weniger wahrscheinlich, schließt sie aber nicht aus. Bei krankheitsaktiver Lyme-Borreliose ist ein kardialer Befall nach verschiedenen Literaturstellen mit einer Häufigkeit von 0,4 bis maximal 4% zu erwarten. Dabei finden sich bei 90% der Patienten mit Lyme-Karditis atrioventrikuläre Überleitungsstörungen (AV-Überleitungsstörungen) der Stadien I, II und III. Die Karditis kann Tage bis Monate nach dem Zeckenstich oder einem Erythema migrans auftreten, wird aber meist früher im Verlauf der Lyme-Borreliose beobachtet, im Mittel nach 21 Tagen nach Feststellung eines Erythema migrans. Meist heilt die Lyme-Karditis innerhalb kurzer Zeit vollständig spontan aus; in der Regel normalisieren sich Reizleitungsstörungen innerhalb von zwei bis vierzehn Tagen und nur in circa 10% der Fälle bleiben sie länger. Ferner sind sie einer antibiotischen Behandlung sehr gut zugänglich.

Die Dunkelfeld-Mikroskopie ist laut Dr. S. zum Nachweis einer krankheitsaktiven Borreliose nach den Empfehlungen deutscher oder europäischer Fachgesellschaften nicht geeignet. Vor diesem Hintergrund überzeugt die Diagnose einer chronischen Lyme-Borreliose bzw. eines Post-Lyme-Syndrom, erstellt auf Grundlage des Dunkelfeldbefundes durch die Ärzte des Borreliosezentrums F., nicht.

Dr. S. hat unter Auswertung der vorliegenden ärztlichen Befunde ausgeführt, dass die Art der Herzrhythmusstörungen des Klägers - eine absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern - für eine Lyme-Karditis eine völlig untypische Variante ist.

Gegen eine Lyme-Karditis spricht im Fall des Klägers außerdem, dass in den vorliegenden Laborbefunden - vom 10.06.2008, vom 28.07.2011 und vom 12.08.2011 - niemals erhöhte IgM-Antikörper gegen Borrelia burgdorferi nachgewiesen waren, wie es bei frischer bzw. aktiver Infektion zu erwarten wäre. Die beim Kläger erhöhten IgG-Antikörper können hingegen auch nach abgelaufenen und ausgeheilten Infektionen über Jahrzehnte nachweisbar sein, ohne dass damit klinische Beschwerden einhergehen, wie Dr. S. übereinstimmend mit der bereits genannten Leitlinie der DGN ausgeführt hat. Der konstante Nachweis von IgG- und IgM-Antikörpern ohne wesentliche Änderungen bei mehrfachen Untersuchungen spricht zudem laut Dr. S. dafür, dass es sich um eine Seronarbe, also eine alte abgelaufene, nicht mehr aktive Infektion handelt.

Ferner hat Dr. S. schlüssig dargelegt, dass der zeitliche Ablauf zwischen Zeckenbiss und Auftreten des Vorhofflimmerns sowie der weitere Krankheitsverlauf gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen Borrelieninfektion und Vorhofflimmern spricht.

Denn eine Lyme-Karditis tritt im Mittel nach 21 Tagen nach Feststellung eines - hier nicht gesicherten - Erythema migrans auf. Demgegenüber hatte der Kläger seinem Hausarzt gegenüber erstmals im Dezember 2007 über Vorhofflimmern geklagt, das seit ca. Oktober bestünde, und einen Zeckenbiss im Mai genannt, also über vier Monate bzw. mehr als 120 Tage vor Auftreten der ersten Beschwerden. Zudem sind entsprechende kardiale Beschwerden im Sinne einer Lyme-Karditis nach den wissenschaftlichen Erfahrungssätzen oft schnell rückläufig und einer Behandlung durch Antibiotika gut zugänglich, wie Dr. S. mitgeteilt hatten. Im Fall des Klägers hatte der Hausarzt zweimal im Jahr 2008, nämlich im Juni und im November, mit Blick auf eine mögliche Borreliose entsprechende Antibiotikabehandlungen durchgeführt, ohne dass dadurch die kardialen Beschwerden beseitigt werden konnten. Dass homöopathische Behandlungen des Borreliosezentrums zu einer subjektiven Beschwerdebesserung geführt haben, ist nicht geeignet, einen Zusammenhang von Borrelieninfektion und Vorhofflimmern zu belegen; denn diese Therapiemaßnahmen sind nach aktueller wissenschaftlicher Lehrmeinung der medizinischen Fachgesellschaften keine anerkannte Therapie, wie die Leitlinie der DGN zeigt. Im Übrigen leidet der Kläger nach aktuellen Befunden trotz dieser Behandlung letztlich weiterhin unter Vorhofflimmern.

In Übereinstimmung damit hatte auch Dr. Z. dargelegt, dass ein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Auftreten von Hautrötungen und anschließend neu aufgetretenem Vorhofflimmern nicht sicher festzustellen sei, zumal eine Borrelien-Bestimmung erstmals im Juni 2008 erfolgt war und eine kardiale Manifestation bei Lyme-Borreliose nach ausreichender antibiotischer Behandlung sehr selten ist. Dass beim Kläger das Vorhofflimmern trotz zweimaliger Antibiotikatherapie weiter aufgetreten ist, hat Dr. Z. als für eine Borreliose-Erkrankung untypisch bezeichnet. Die von Dr. Z. erwogene bloße Möglichkeit, dass das Reizleitungssystem des Klägers durch einen Infekt „vulnerabel“ - also verletzlich - geworden ist, genügt aber nicht, um einen Ursachenzusammenhang mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu belegen. Das gilt um so mehr, als nach den Ausführungen von Dr. Z. die Inzidenz für Vorhofflimmern mit dem Alter zunimmt, der Kläger im Oktober 2007 48 Jahre alt war und bei einem Prozent der Bevölkerung im Alter von etwa 50 Jahren auch ohne kardiale Grunderkrankung ein Vorhofflimmern in sogenannter idiopathischer Form auftritt, also ohne dass eine Ursache benannt werden kann. Ferner hatte Dr. Z. darauf hingewiesen, dass bei 15% der Patienten ein bestehendes Vorhofflimmern idiopathischer Genese ist. Aus dem Gutachten von Dr. Z. vermag der Senat nicht zu entnehmen, dass die Herzrhythmusstörungen des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die bei Waldarbeiten erfolgte Borrelieninfektion als wesentliche (Teil-) Ursache zurückzuführen ist bzw. dass beim Kläger eine Lyme-Borreliose vorliegt.

Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass nach Aussage von Dr. Z. als mögliche alternative Ursachen auch Schilddrüsenüberfunktionsstörungen diskutiert werden bzw. dass entsprechende Schilddrüsenmedikamente Arrhythmien auslösen können. Der Kläger hat nach den vorliegenden Unterlagen bereits Jahre vor Auftreten des Vorhofflimmerns Schilddrüsenprobleme mit der Notwendigkeit von Medikamenteneinnahme. Bereits am 15.07.1998 diagnostizierte der Internist Dr. P. eine latente Hypothyreose auf Grundlage einer hochaktiven Autoimmunthyreoiditis Hashimoto und empfahl Behandlung mit L-Thyroxin. Auch Dr. C. behandelte den Kläger wegen Hashimoto-Thyreoiditis und führte entsprechende Kontrolluntersuchungen ggf. mit medikamentöser Behandlung durch, z. B. am 16.10.2002, 11.04.2003, 02.07.2003, 30.06.2003 und 05.10.2005. Zuletzt hat der behandelnde Internist und Kardiologe Prof. von H. im Arztbrief vom 27.02.2014 ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Einnahme der Schilddrüsenmedikamente (Thyroxin) Arrhythmien verursachen kann (sogenannter proarrhythmogener Effekt) und dies bei der Medikation zu beachten ist. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger Vorhofflimmern - also schnellen und unregelmäßigen Puls - bereits 2003 gegenüber seinem Hausarzt beklagt hatte und damit einige Zeit vor den hier als Ursache diskutierten Zeckenbissen im Mai 2007. Der Senat kann offenlassen, ob das mittlerweile beim Kläger festgestellte Schlafapnoesyndrom die derzeit bestehenden Herzrhythmusstörungen begünstigt.

Zusammenfassend ist aus Sicht des Senats Folgendes festzuhalten: Die Art der Herzrhythmusstörungen beim Kläger sowie der zeitliche Verlauf der Erkrankung - das erstmalige Auftreten der Beschwerden erst nach vier Monaten nach Zeckenstich und das Persistieren der Rhythmusstörungen trotz zweimaliger Antibiotikatherapie - sind untypisch für Herzbeschwerden im Sinne einer Lyme-Borreliose. Außerdem treten Herzrhythmusstörungen in der Bevölkerung häufig ohne benennbare Ursache auf, in idiopathischer Form, und beim Kläger sind andere Risikofaktoren für die Ausbildung von Herzrhythmusstörungen nachgewiesen, nämlich die Schilddrüsenprobleme bzw. die entsprechende Medikation.

Vor diesem Hintergrund spricht für den Senat auf Grundlage der insbesondere von

Dr. S. dargelegten herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung deutlich mehr gegen einen Ursachenzusammenhang der Herzrhythmusstörungen des Klägers mit einer bei versicherter Waldarbeit erfolgten Borrelieninfektion als für einen solchen Ursachenzusammenhang. Eine Lyme-Borreliose des Klägers mit entsprechendem klinischem Krankheitsbild ist daher nicht wahrscheinlich, geschweige denn nachgewiesen. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zu BKV. Die Berufung ist erfolglos.

B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

C) Die Zulassung der Revision erfolgt im Interesse von Rechtseinheit und Rechtsfortbildung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG angesichts der bereits zitierten unterschiedlichen Rechtsprechung der Landessozialgerichte zu der Frage, ob schon bei Nachweis entsprechender Borrelien-Antikörper ohne weitergehende klinische Symptome und Beschwerden bereits eine Lyme-Borreliose im Sinne der Berufskrankheit Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV festzustellen ist.

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 15. Apr. 2015 - L 2 U 40/14 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 8 Arbeitsunfall


(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 3 Versicherung kraft Satzung


(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

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(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurü
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Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 8. September 2014 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

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(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der Kläger ließ sich für seinen Bruder am 17.10.2002 operativ die linke Niere entnehmen. Während der Operation wurde zur Nierenentfernung ua ein Flankenschnitt gesetzt, der zu einer partiellen Bauchwandparese links führte. Im Übrigen zeigten sich die stationäre Behandlung vom 16. bis zum 29.10.2002, die primäre Wundheilung und der weitere postoperative Verlauf unauffällig.

3

Die Beklagte lehnte es ab, das "Ereignis vom 17.10.2002" als Arbeitsunfall anzuerkennen (Bescheid vom 21.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 14.9.2005). Das SG Halle hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.11.2007). Das LSG Sachsen-Anhalt hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 22.6.2011). Der zu Organentnahme notwendige operative Eingriff erfülle schon den Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII und scheide damit als Unfallereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII aus. Ein Arbeitsunfall komme nur bei einem weiteren von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis in Betracht. Eine über die versicherte Tätigkeit der Organspende hinausgehende äußere Ursache für die partielle Bauchwandparese links liege aber nicht vor. Zudem habe sich der Kläger dem Eingriff freiwillig unterzogen. Die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung sei aber dem Unfallbegriff immanent.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII. Nach der Systematik des SGB VII stelle die Organspende als die den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit zwar keinen Unfall dar. Damit wären aber zahlreiche mittel- und langfristig eintretenden Komplikationen nicht geschützt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die gesetzliche Krankenversicherung allein für die Organentnahme an sich und die mit ihr zwangsläufig einhergehenden Folgen eintrittspflichtig. In allen anderen Fällen einer im Zusammenhang mit der Organspende stehenden Gesundheitsbeeinträchtigung greife hingegen die gesetzliche Unfallversicherung ein. Als Unfall sei jede Komplikation anzusehen, mit der sich - wie bei der partiellen Bauchwandparese links - nicht lediglich das durch die Organentnahme erhöhte allgemeine Krankheitsrisiko verwirkliche.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 und des Sozialgerichts Halle vom 9. November 2007 abzuändern sowie die Ablehnung der Feststellung eines Versicherungsfalls im Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 aufzuheben und festzustellen, dass infolge der Organspende vom 17. Oktober 2002 am 27. Mai 2004 ein Arbeitsunfall eingetreten ist.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Auf das Tatbestandsmerkmal "Unfall" könne ohne Gesetzesänderung nicht verzichtet werden.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.

9

Die Ablehnung der Beklagten, einen Arbeitsunfall anzuerkennen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Feststellung dieses Versicherungsfalls aus § 102 SGB VII iVm § 8 Abs 1 SGB VII. Er hat infolge der Organspende vom 17.10.2002 einen Arbeitsunfall erlitten. Allerdings lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen, ob sich der Arbeitsunfall bereits vor dem 5.11.2009 ereignet hat.

10

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit, Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte zur Zeit des Unfalls (genauer: davor) durch eine Verrichtung den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt; nur dann ist er kraft Gesetzes Versicherter. Sodann muss diese Verrichtung ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dieses einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität im engeren Sinn; vgl BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen).

11

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat dadurch, dass er seinem Bruder eine Niere spendete, als (Lebend-)Organspender iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII eine versicherte Tätigkeit verrichtet(dazu 1.). Diese Verrichtung hat den zur Organentnahme durchgeführten Flankenschnitt als das Unfallereignis (dazu 2.) und dieses hat die partielle Bauchwandparese links als Gesundheitserstschaden (dazu 3.) rechtlich wesentlich verursacht (dazu 4.). Die Freiwilligkeit der Organspende und die Vorhersehbarkeit der mit der Operation notwendig verbundenen Körperschäden schließen den Arbeitsunfall nicht aus (dazu 5.). Anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen kann jedoch nicht entschieden werden, wann infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist (dazu 6.).

12

1. Nach § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII sind Personen versichert, die Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden. Der Tatbestand dieser versicherten Tätigkeit des "Spendens eines Organs" setzt folgende Verrichtungen voraus: Der Spender muss freiwillig und nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes (TPG) in seiner jeweils gültigen Fassung in die Entnahme seines Organs durch ein anerkanntes Transplantationszentrum und in die Übertragung des Organs auf einen gesetzlich zugelassenen Empfänger eingewilligt, sich in ein Transplantationszentrum begeben und sich dort der Entnahmeoperation einschließlich der Vor- und Nachbehandlung unterworfen haben. Denn das Gesetz soll nur solchen Lebendorganspendern Unfallversicherungsschutz gewähren, die sich zu einer nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes rechtmäßigen Organspende bereitfinden.

13

Der Kläger hat diesen Tatbestand erfüllt, die dafür notwendigen Handlungen vorgenommen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (zumindest auch) auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet (sog objektivierte Handlungstendenz) ist (BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen). Der Kläger hat sich freiwillig der Operation unterzogen, um iS der §§ 8 bis 10 TPG (hier in der vor dem 1.8.2007 geltenden Fassung) für seinen Bruder, einen Verwandten zweiten Grades, die linke Niere, ein körpereigenes Organ, in einem dafür zugelassenen Transplantationszentrum entfernen zu lassen. Durch das Entgegennehmen der insoweit erforderlichen ärztlichen Behandlung war das Verhalten des Klägers darauf gerichtet, das Ziel der ärztlichen Maßnahme, die Übertragung seiner Niere auf seinen Bruder zu erreichen.

14

Entgegen dem LSG ist die Verrichtung einer Organspende nicht in der operativen Nierenentnahme durch Ärzte und andere Kräfte des Krankenhauses zu erblicken. Denn der Tatbestand einer versicherten Tätigkeit kann nur durch Verrichtungen/Handlungen des Verletzten selbst erfüllt werden. Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit ist eine höchstpersönliche Handlung. Eine Zurechnung des Handelns anderer Personen ist hierbei ausgeschlossen.

15

2. Infolge dieser Verrichtung einer Organspende ist es zu einem Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII und damit zu einem Arbeitsunfall gekommen. Nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Das im Wesentlichen durch das Handeln des Klägers verursachte (Unfall-)Ereignis bestand hinsichtlich des hier umstrittenen Gesundheitserstschadens der Bauchwandparese links entgegen dem LSG in dem zur operativen Nierenentnahme durchgeführten chirurgischen Flankenschnitt des Transplantationschirurgen. Er war ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper des Klägers einwirkendes Ereignis, das unmittelbar den physiologischen Zustand des Körpers verändert und die körperliche Integrität des Klägers verletzt hat. Auch dann, wenn die Einwirkung auf den Körper nicht nur zu einer Veränderung seines physiologischen Zustandes, sondern auch zu einer Verletzung der körperlichen (seelischen oder geistigen) Integrität führt, ist zwischen der Einwirkung auf den Körper als mögliche Ursache und dem Gesundheitserstschaden (oder dem Tod) als mögliche Wirkung der Einwirkung auf den Körper zu unterscheiden (vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 42 vorgesehen).

16

Das einwirkende Ereignis erfasst (auch) Geschehnisse, die aufgrund der jeweiligen versicherten Tätigkeit "üblich" sind. Es bedarf keines außergewöhnlichen Vorgangs. Vielmehr genügt jedes Ereignis, bei dem ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt. Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu absichtlichen Selbstschädigungen. Die Einwirkung des Transplantationschirurgen auf den Körper des rechtmäßigen Organspenders, die dessen Körper notwendig verletzt, ist nach dem Tatbestand der versicherten Tätigkeit des Spendens von Organen die Einwirkung, die rechtlich wesentlich Gesundheitserstschäden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII verursachen kann, aber nicht muss(dazu 3.).

17

Keiner Darlegung bedarf, dass die unfallversicherte Verrichtung des Klägers den Flankenschnitt des Transplantationschirurgen rechtlich wesentlich verursacht hat.

18

3. Der Gesundheitserstschaden besteht in der Bauchwandparese links, die durch den Flankenschnitt (rechtlich wesentlich) verursacht wurde.

19

Gesundheitserstschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Versicherungsfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) oder der versicherten Tätigkeit aufgrund der Spezialvorschrift des § 11 SGB VII als Versicherungsfall zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls (vgl hierzu BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE 108, 274 und SozR 4-2700 § 11 Nr 1 vorgesehen).

20

Die Bauchwandparese des Klägers ist keine Unfallfolge, sondern der Gesundheitserstschaden. Zwar hat bereits der Flankenschnitt, also die Einwirkung auf den Körper, unmittelbar zu einer Verletzung des Körpers geführt. Schon durch ihn ist in die körperliche Integrität eingegriffen worden. Dies wird grundsätzlich rechtlich missbilligt. Nach dem sog natürlichen Schadensbegriff liegt daher ein Gesundheitsschaden vor. Es handelt sich aber nicht um einen Gesundheitsschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Denn der natürliche Schadensbegriff bedarf hier einer wertenden Korrektur, die sich aus dem Zweck der den Versicherungsschutz begründenden Vorschrift ergibt (vgl stellv zu solchen Korrekturen BGH vom 8.4.2008 - VI ZR 49/07 - BGHZ 176, 109, 114).

21

Die Gesundheitsschäden, die beim Lebendorganspender durch eine rechtmäßige Transplantation (einschließlich Vor- und Nachbehandlung für die Durchführung der Organentnahme) notwendig verursacht werden, sind nach dem Schutzzweck des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII keine missbilligten Wirkungen des Eingriffs, sondern gehören notwendig zur Organspende, die durch den das Transplantationsgesetz ergänzenden Unfallversicherungsschutz gebilligt wird und gefördert werden soll. Deshalb setzt der Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII die Hinnahme der zur Organspende erforderlichen Körperverletzung voraus. Sieht aber schon der Tatbestand der versicherten Tätigkeit den operativen Eingriff zur Organentnahme vor, ist der Gesundheitserstschaden im Falle einer Organspende nach Maßgabe des Schutzzwecks dieser Vorschrift zu bestimmen.

22

Die Organtransplantation ist grundsätzlich Teil der dem Organempfänger von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung zu gewährenden Krankenbehandlung; die ambulante und stationäre Behandlung des Organspenders stellen eine Nebenleistung zu der dem Organempfänger zu erbringenden Behandlungsmaßnahme dar (BSG vom 16.7.1996 - 1 RK 15/95 - BSGE 79, 53 = SozR 3-2500 § 27 Nr 7).

23

In Abgrenzung zur gesetzlichen Krankenversicherung greift die gesetzliche Unfallversicherung erst dann ein, wenn im Zusammenhang mit der Organentnahme beim Organspender gesundheitliche Schäden auftreten, die über die durch die Organentnahme notgedrungen entstehenden Beeinträchtigungen hinausgehen und in ursächlichem Zusammenhang mit der Organentnahme stehen, oder wenn der Organspender an der Organentnahme verstirbt (vgl BT-Drucks 15/5050 S 62 zu Abschn 7.2.2.1). § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII soll (freiwillige) Lebendorganspender gegen alle Gesundheitsbeeinträchtigungen einschließlich des Todes schützen, die durch die Organentnahme verursacht sind und nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft nicht zwingend mit dem operativen Eingriff und einer erforderlichen Vor- und Nachbehandlung einhergehen.

24

Versicherte Gesundheitserstschäden sind daher nur diejenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die gerade nicht im Eingriff zu Organentnahme selbst bestehen, also Gesundheitsschäden, die durch die Organentnahme zusätzlich zu den mit ihr notgedrungen verbundenen Beeinträchtigungen wesentlich verursacht wurden. Das operative Geschehen nebst einer Vor- und Nachbehandlung ist hingegen, wie gesagt, das durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit wesentlich bedingte einwirkende Ereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Eine damit zwingend verbundene Integritätseinbuße (hier der Flankenschnitt) scheidet demnach als Gesundheitserstschaden aus.

25

Als ein durch die Organentnahme hervorgerufener Gesundheitserstschaden kommt vielmehr nur eine Gesundheitsbeeinträchtigung in Betracht, die nach den derzeit anerkannten medizinischen Erfahrungssätzen nicht notwendig allein schon durch die operative Organentnahme verursacht wird. Dass eine Bauchwandparese zwingend mit einer Nierenentfernung verbunden ist, hat das LSG nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich. Es hat jedoch für das BSG bindend festgestellt, dass beim Kläger infolge des Flankenschnitts eine Bauchwandparese links aufgetreten ist.

26

4. Nach dem genannten Schutzzweck des in § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII geregelten Versicherungstatbestandes war der Flankenschnitt auch die rechtlich wesentliche Ursache für die Bauchwandparese. Denn der Unfallversicherungsschutz soll gerade eingreifen, wenn eine rechtmäßige Organspende zu weiteren (üblichen oder unüblichen) Gesundheitsschäden führt, die über die mit der Organentnahme (einschließlich Vor- und Nachbehandlung) notwendig verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen hinausgehen. Anhaltspunkte dafür, dass das Unfallereignis oder der Gesundheitserstschaden durch andere Umstände allein rechtlich wesentlich verursacht worden sein könnte, sind nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten offenkundig nicht gegeben.

27

5. Dem Anspruch auf Feststellung des Arbeitsunfalls steht auch nicht entgegen, dass der Kläger "freiwillig" in die Entnahme seiner Niere eingewilligt hat (§ 8 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b TPG), er sich damit freiwillig dem operativen Eingriff unterzogen und die Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität durch die Transplantation vorhergesehen hat.

28

Die Freiwilligkeit der rechtmäßigen (Lebend-)Organspende und die Vorhersehbarkeit der damit notwendig verbundenen Körperverletzungen sind schon Tatbestandsvoraussetzungen der versicherten Tätigkeit ("Organe…spenden") und können schon deshalb den Eintritt eines Versicherungsfalles nicht ausschließen. Zudem sind die wie auch immer zu verstehende "Freiwilligkeit" der das einwirkende Ereignis verursachenden Verrichtung oder die "Unvorhersehbarkeit" des Gesundheitsschadens keine Tatbestandsvoraussetzungen des gesetzlichen Unfallbegriffs des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Maßgeblich für die Erheblichkeit oder Unbeachtlichkeit dieser Aspekte ist grundsätzlich der Schutzzweck des jeweiligen Versicherungstatbestandes.

29

Das BSG hat unter Hinweis auf eine Entscheidung zu § 1252 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) über die vorzeitige Erfüllung der Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung gesagt, dass die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung dem Unfallbegriff immanent sei, weil ihm ein geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung widerspreche(vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 23/10 R - Juris RdNr 17 mwN). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Ausführungen zum Unfallbegriff tragend für die damalige Entscheidung waren. Jedenfalls hat es ausdrücklich nur ein "geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung" als mit dem Arbeitsunfall unvereinbar bezeichnet. Dem ist mit der Klarstellung beizupflichten, dass ein Versicherungsfall "wegen Freiwilligkeit oder Vorhersehbarkeit" nur dann nicht vorliegen kann, wenn es dem Verletzten gerade darauf ankam (Absicht als dolus directus ersten Grades), durch sein Handeln eine Einwirkung auf seinen Körper und dadurch seinen eigenen Gesundheitsschaden zu verursachen. Dabei kann offen bleiben, ob je nach Versicherungstatbestand schon eine "Verrichtung" der versicherten Tätigkeit mangels einer (auch) auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit gerichteten objektivierten Handlungstendenz abzulehnen ist oder die rechtliche Wesentlichkeit der Verrichtung für die Verursachung des Schadens fehlt.

30

Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu geplanten willentlichen, also absichtlichen, Selbstschädigungen (vgl BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 7). Auch bei der Entscheidung zu § 1252 Abs 2 RVO war ein Fall der versuchten Selbsttötung zu beurteilen und darüber zu entscheiden, ob die Erkrankung "infolge" eines Unfalls eingetreten war. Die früheren Ausführungen zum Unfallbegriff stehen daher im Zusammenhang mit der Frage, ob die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, die absichtlich ausgeübt wird, um ein Unfallereignis herbeizuführen, gerade in rechtlicher Wertung wesentliche Ursache iS der Theorie der wesentlichen Bedingung für den dadurch verursachten Gesundheitserstschaden oder Tod sein kann.

31

Unabhängig davon sind, wie gesagt, die Unfreiwilligkeit und Unvorhersehbarkeit keine ausdrücklich genannten oder ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des gesetzlich definierten Unfallbegriffs. § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII beschreibt den Unfall nicht als "unfreiwilliges", "unvorhergesehenes" oder "unvorhersehbares", sondern nur als ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Für eine Einengung des Anwendungsbereichs dieser für Unfälle infolge sämtlicher versicherten Tätigkeiten geltenden Vorschrift fehlt es an einem dies rechtfertigenden Zweck. Verschiedene in § 2 SGB VII aufgeführte Tatbestände einer versicherten Tätigkeit gehen gerade mit der freiwilligen Inkaufnahme eines vorhersehbaren und vorhergesehenen Gesundheitsschadens oder sogar des Todes einher. Nicht nur Helfer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not oder Retter aus einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für die Gesundheit anderer (§ 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB VII; vgl zum Unglückshelfer BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen), auch Beschäftigte, die sich zur Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gefährlichen Einwirkungen aussetzen, handeln freiwillig und im Bewusstsein einer vorhersehbaren und ggf vorhergesehenen Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität.

32

Gerade auch bei der Organspende iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII würde durch eine Beschränkung des Unfallbegriffs auf lediglich unfreiwillig erlittene Einwirkungen der Regelungszweck dieses Versicherungstatbestandes vereitelt. Diese Vorschrift schützt gerade diejenigen Personen, die sich freiwillig einer operativen Organentnahme unterziehen. Ihr Schutzzweck, das von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht abgedeckte gesundheitliche Risiko des Organspenders im Zusammenhang mit der Organspende abzusichern (hierzu unter 3.), bliebe weitgehend unerfüllt, wenn lediglich eine zusätzlich zum operativen Eingriff zur Organentnahme (mit Vor- und nachfolgender Heilbehandlung) hinzutretende weitere Einwirkung geeignet wäre, ein Unfallereignis zu begründen. Anhaltspunkte für eine andere Intention des Gesetzes ergeben sich weder aus dem Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII noch aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung und ihrer Vorläuferregelung des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO. Die Freiwilligkeit der Organspende und des insoweit notwendigen operativen Eingriffs ist bereits Bestandteil dieser versicherten Tätigkeit und kann schon deshalb nicht den Versicherungsfall ausschließen.

33

Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG seine partielle Bauchwandparese nicht absichtlich herbeiführen wollte, liegt ein Arbeitsunfall vor.

34

6. Zu welchem Zeitpunkt infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist, lässt sich anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von Dr. J am 5.11.2009 durchgeführten ambulanten Untersuchung davon ausgegangen, dass der Flankenschnitt zu einer Vorwölbung der Bauchwand im kranialen Bereich iS einer partiellen Parese geführt hat. Damit ist lediglich festgestellt, dass jedenfalls am 5.11.2009 der Gesundheitserstschaden entstanden war. Ein davor liegender Zeitpunkt der Entstehung der Bauchwandparese wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Diesen wird das LSG daher noch zu klären haben.

35

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.