Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Der 1969 geborene Kläger hatte zunächst keine Ausbildung abgeschlossen und wurde dann von Sept. 1991 bis Juli 1994 als Radio- und Fernsehtechniker umgeschult. Diesen Beruf übte er letztmals im Jahr 2000 aus, anschließend war er als Maschineneinsteller in einem Kunststoff verarbeitenden Betrieb tätig. Seit 1995 war ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 zuerkannt.
Nach Implantation einer Hüfttotalendoprothese (TEP) rechts im Mai 2002 erfolgte eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik H.. Ein Antrag auf eine weitere - vorfristige - Rehabilitationsmaßnahme wurde nach Begutachtung durch Frau Dr.D. im November 2002 abgelehnt. Ab 30.01.2003 wurde der Kläger wegen starker Hüft- und Rückenschmerzen bis zum 08.02.2003 stationär in der Fachklinik E. behandelt. Eine Anschlussheilbehandlung erfolgte vom 13.02.2003 bis 06.03.2003 in der F.-Klinik Bad W.. Im dortigen Reha-Entlassungs-bericht vom 04.04.2003 wurde bei den Diagnosen Rückenschmerzen und Coxarthrose eine Einsatzfähigkeit für mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von Zwangshaltungen und häufigem Bücken als gegeben angesehen.
Am 12.02.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Er legte ein Attest der Orthopädin Dr.H. vom 03.02.2004 vor, die folgende Diagnosen aufführte: Z. n. Endoprothese des rechten Hüftgelenks bei Z.n. Coxarthrose durch einen Morbus Perthes, Z.n. nach Revision des rechten Hüftgelenks aufgrund von Ossifikationen, Radikulopathie L5 links durch intraforaminale Bandscheibenprotrusion L4/L5 links, Bandscheibenprolaps L5/S1. Der Kläger könne keine Tätigkeiten mit längerem Stehen, mit Zwangshaltungen oder längeren Gehstrecken mehr ausüben.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Kläger am 18.03.2004 durch den Internisten Dr. M. untersucht, der ein zusätzliches orthopädisches Gutachten als erforderlich ansah. Am 05.04.2004 wurde der Kläger daraufhin durch den Chirurgen Dr. P. untersucht. Dieser stellte eine Fehlhaltung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen an der Halswirbelsäule mit Bewegungsschmerzen an Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule bei zusätzlicher Bandscheibenvorwölbung mit Schmerzsymptomatik und geringer Funktionseinschränkung sowie eine Coxalgie und Funktionseinschränkung rechts nach TEP-Implantation 5/02, Entfernung heterotoper Ossifikationen 11/03 und anschließender Radiatio sowie eine Gonalgie rechts fest. Die Fehlhaltung der Wirbelsäule sei nicht gravierend und eindeutig akute wurzelneuralgische Beschwerden lägen nicht vor. Der Kläger könne noch vollschichtig leichte, zeitweise mittelschwere Arbeiten jeweils in nicht überwiegend einseitiger Körperhaltung bzw. im Wechselrhythmus ohne häufiges Klettern oder Steigen und ohne häufige Überkopfarbeiten ausüben.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.05.2004 eine Rentengewährung ab und verwies den Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Der Widerspruch des Klägers vom 17.05.2004 wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2004 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger mit Telefax am 23.07.2004 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Das Sozialgericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dr.N., Dr.K. und Dr.H. eingeholt. Ein ärztliches Sachverständigen-Gutachten hat es zunächst durch den Orthopäden Dr.M. erstellen lassen, der den Kläger am 25.01.2005 untersucht hat. Dabei hat er das Verhalten des Klägers als bewusstseinsnah demonstrativ beschrieben; die von ihm angegebene körperliche Schonung passe nicht zur Beschwielung der Hände und dem Bewegungsverhalten in Alltagssituationen. Folgende Gesundheitsstörungen hat er beim Kläger festgestellt:
1. Coxarthrose rechts nach Morbus Perthes, Z.n. operativer Versorgung mit einer Hybrid-Endoprothese mit ausreichendem funktionellen Ergebnis.
2. LWS-Beschwerden ohne funktionelle und neurologische Defizite bei Bandscheibendegeneration.
3. Angegebene Schultergelenkbeschwerden links.
4. Z.n. arthroskopischen Kniegelenkeingriffen ohne Funktionsdefizit.
Ein Beckenschiefstand werde nicht hinreichend ausgeglichen, erforderlich sei eine Schuh-erhöhung von 15 bis 20 mm. Der Kläger könne noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein und leichte und mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus ohne ständiges schweres Heben und Tragen verrichten. Ausscheiden würden Arbeiten in monotonen Zwangshaltungen, insbesondere vornüber geneigt oder gebückt oder ausschließlich stehend, sowie unfallgefährdete Arbeitsplätze und ständiges Begehen von Treppen oder Leitern.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist ein Gutachten beim Orthopäden Dr.S. eingeholt worden, der den Kläger am 18.05.2005 untersucht hat. Die Gesundheitsstörungen des Klägers hat er folgendermaßen beschrieben:
1. Hüft-TEP (Hybrid) mit Übervarisierung und pertrochantärer Verkalkung und Belastungseinschränkung.
2. Fehlstatisches Lumbalsyndrom mit Bandscheibenvorfall L4/5 bei relativer Spinalkanalstenose.
3. Schulterimpingement links bei Supraspinatussehnenirritation.
4. Kniegelenksinstabilität bds. mit retropatellarer Symptomatik und Gonarthrose.
5. Coxarthrose links beginnend.
6. Somatoforme Schmerzkrankheit.
7. Cervicalsyndrom mit C8-Syndrom links.
Schmerztabletten und Spritzen würden nach Angaben des Klägers bei Bedarf zum Einsatz kommen. Auf unterschiedliche Schmerzmedikation habe der Kläger seinem Bericht zufolge wiederholt mit Kreislaufbeschwerden reagiert, weshalb er diese jeweils selbst abgesetzt habe. Durch die Schmerzgenese sei eine psychische Alteration vorhanden.
Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Heben und Tragen, ohne Bücken, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten unter Vermeidung von Kälte, Nässe und Zugluft durchführen. Linksseitig seien Überkopfarbeiten nur eingeschränkt durchführbar. Tätigkeiten in kniender und hockender Position könnten nicht durchgeführt werden. Das häufige Besteigen von Leitern und Gerüsten sei nicht zumutbar. Am Stück seien dem Kläger nur Sitzphasen von maximal einer halben Stunde möglich. Insgesamt könne der Kläger mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig sein, jedoch weniger als 6 Stunden. Eine Besserung könne nach Ablauf von 2 bis 3 Jahren erreicht werden.
Zu dem Gutachten hat am 22.07.2005 der Vorgutachter Dr.P. von der sozialmedizinischen Begutachtungsstelle der Beklagten Stellung genommen: Die von Dr.S. beschriebene deutliche Lockerung der Innen- und Außenbänder bds. sei im Gutachten des Dr.M. nicht festgestellt gewesen und in Ermangelung zwischenzeitlich belegter Veränderungen auch nicht nachvollziehbar. Wurzelirritationen seien nicht festgestellt worden, die Schmerzsymptomatik an der linken Schulter sei bereits im Vorgutachten berücksichtigt worden. Ein Leistungsbild von weniger als 6 Stunden unter Beachtung der Einschränkungen der Arbeitsbedingungen sei nicht nachvollziehbar. Die in den Vordergrund gestellte Schmerzkrankheit sei vorrangig durch einen Nervenarzt mit Zusatzbezeichnung Psychotherapie zu begutachten, weshalb den fachfremden Ausführungen des Dr.S. und dem darauf gegründeten Leistungsbild nicht gefolgt werden solle.
Daraufhin hat das Sozialgericht die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.O. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Diese hat den Kläger am 29.08.2005 untersucht und in ihrem Gutachten vom 04.09.2005 ausgeführt, dass auf neurologischem Fachgebiet keine neuen Erkenntnisse vorliegen würden, jedoch ein spinales Engesyndrom ausgeschlossen werden könne. Es werde eine Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen angenommen. Eine relevante Depression könne nicht bestätigt werden. Auffällig sei, dass der Kläger kaum an therapeutischen Maßnahmen teilnehme und sich mit der Einnahme peripher wirksamer Analgetika begnüge. Bezogen auf das nervenärztliche Fachgebiet könne der Kläger unter eigener zumutbarer Willensanstrengung durch konsequente nervenärztliche oder schmerztherapeutische Behandlung die Hinderungsgründe überwinden und eine zumutbare Tätigkeit ausüben. Die schmerztherapeutischen Möglichkeiten - z.B. der Einsatz Schmerz distanzierender Substanzen - seien längst nicht ausgeschöpft. Eine vollständige Schmerzfreiheit, deren Erreichen nicht sicher in Aussicht zu stellen sei, sei im Übrigen auch nicht Voraussetzung für einen Einsatz im Erwerbsleben. Einschränkungen über die orthopädisch festgestellten qualitativen Eingrenzungen hinaus würden nicht vorliegen.
Auf neuerlichen Antrag des Klägers nach § 109 SGG ist ein Gutachten des Neurologen Prof. Dr.F. eingeholt worden, das dieser am 15.03.2006 unter Mitwirkung von Frau Dr.S. erstellt hat. Er hat eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei vorhandener Hüft-TEP, Impingementsyndrom der linken Schulter und diskretem Hinterstrangsymptom diagnostiziert. Weiter sei eine depressive Verstimmtheit zu beobachten gewesen, während Wahrnehmung, Mnestik und kognitive Funktionen unbeeinträchtigt gewesen seien. Aufgrund des anhaltenden somatoformen Schmerzsyndroms sei seit mindestens 07.10.2004 eine Erwerbstätigkeit dem Kläger nicht mehr möglich, wobei es nicht unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in einem Zeitraum von 9 Jahren behoben werden könne.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 27.04.2006 mitgeteilt, dass sie dem Gutachten nicht folge, und hat sich hierzu auf ärztliche Stellungnahmen der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.B. vom 19.04.2006 sowie des Med.Dir. F. H. vom 25.04.2006 berufen. Diese haben darauf hingewiesen, dass keine näheren Angaben zum Tagesablauf des Klägers erhoben worden seien und somit auch angebliche Einschränkungen in den Alltagsaktivitäten nicht nachzuvollziehen seien. Die Schmerzmedikation sei schon nach den übermittelten Angaben nicht ausreichend. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne Nachtschicht im Wechselrhythmus täglich mindestens 6 Stunden ausüben.
Zu dem Gutachten des Prof. Dr.F. hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme der Dr.O. erbeten, die am 09.05.2006 darauf hingewiesen hat, dass in dem neurologischen Gutachten psychiatrische und psychodynamische Zusammenhänge zu wenig erfasst seien; in ihren eigenen Untersuchungen habe sich eine Einschränkung der Alltagskompetenz des Klägers nicht bestätigen lassen. Das Gutachten des Prof. Dr.F. übernehme weitgehend ungeprüft die Selbstbeurteilung des Klägers. Die kritischen Anmerkungen der Dr.B. seien berechtigt.
Nach einer erneuten Operation des Klägers am rechten Hüftgelenk im Oktober 2007 ist vom 05.11.2007 bis 10.12.2007 eine Anschluss-Rehabilitation in der B.-Klinik F. erfolgt. Im dortigen Entlassungsbericht vom 10.12.2007 sind als Diagnosen aufgeführt:
1. Rückläufige Bewegungs- und Belastungsschmerzen bei Pfannenlockerung bei Z.n. Hüft-TEP rechts 2002 wegen Coxarthrose bei Morbus Perthes und Z.n. Pfannen- und Kopfwechsel rechtes Hüftgelenk 10/2007.
2. Chronisch rezidivierende Lumboischialgien bds. bei Recessusstenose L4/5 links und Bandscheibenprotrusion L5/S1.
3. Rezidivierendes Schmerzsyndrom der Brustwirbelsäule bei Bandscheibenvorfall Th7/8.
4. Schmerzsyndrom linke Schulter bei Impingement.
Der Kläger sei wegen der noch andauernden Rekonvaleszenz derzeit noch nicht arbeitsfähig. Nach ca. 3 Monaten sei eine Einsatzfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen in allen Schichtdienstformen im Umfang von täglich 6 Stunden und mehr möglich. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten überwiegend in Zwangshaltungen, mit langen Fußwegen, auf Leitern, Treppen und Gerüsten, mit repetitiven Erschütterungen, mit Belastungen des Schulter-Arm-Systems sowie mit Exposition gegenüber Nässe, Kälte und Zugluft.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2008 vorgetragen, dass die Ursache seiner Beschwerden vom Nervus cutaneus femoralis im Rahmen einer Meralgia paraesthetica ausgehen könne und in wenigen Tagen eine Vorstellung bei einem Neurochirurgen zur Prüfung einer OP-Indikation erfolgen würde. Neben der Rentengewährung hat der Kläger hilfsweise die Einholung weiterer Gutachten auf neurologischem, neurochirurgischem und orthopädischem Fachgebiet beantragt sowie weiter hilfsweise die Bewilligung solcher Gutachten nach § 109 SGG.
Mit Urteil vom 18.04.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht belegt. Den Gutachten des Dr.M. und der Dr.O. sei zu folgen, während die Ausführungen des Dr.S. und des Prof. Dr.F. nicht überzeugen könnten; dort werde die Selbstbeurteilung des Klägers unkritisch übernommen. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei nach den Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen nicht erforderlich, der weiter hilfsweise gestellte Antrag nach § 109 SGG habe ebenfalls nicht bewilligt werden müssen, da das Gericht dem Anspruch des Klägers aus § 109 SGG bereits nachgekommen gewesen sei.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger per Telefax am 02.06.2008 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er hat u.a. eine Bescheinigung des Prof. Dr.A. und des Dr.D. von der Orthopädisch-unfallchirurgischen Klinik des Krankenhauses R. vom 31.07.2008 vorgelegt, wonach der Kläger auf Grund multipler Bandscheibenschäden sowie Gefühlsstörungen und heterotopen Ossifikationen an der rechten Hüfte mit gehbehindernder Beschwerdesymptomatik derzeit bis auf Weiteres zu 100 % erwerbsunfähig sei. In einem parallelen Arztbrief dieser Ärzte vom 24.07.2008 ist ausgeführt worden, dass der Kläger nicht in der Lage sei, größere Strecken zu Fuß zurückzulegen und aufgrund der multiplen Gesundheitsstörungen arbeitsunfähig sei.
Die Beklagte hat am 12.02.2009 durch Dr.H. zu den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen dahingehend Stellung genommen, dass keine nennenswerte Befundpro-gredienz aufgezeigt worden sei. Der Senat hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten R. J., Dr.N., Dr.R. und Dr.K. eingeholt und ärztliche Unterlagen vom Krankenhaus R. und von der berufsgenossenschaftlichen M. beigezogen.
Die Beklagte hat dem Senat mitgeteilt, dass sie den Kläger in einem parallelen Verfahren bezüglich Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erneut untersuchen lassen wolle. Nachdem der Kläger allerdings am 16.11.2009 an der Wirbelsäule operiert worden war, ist der vorgesehene Untersuchungstermin jedoch nicht zustande gekommen. Vielmehr ist vom 30.11.2009 bis 21.12.2009 eine erneute Anschlussheilbehandlung in der B.-Klinik F. erfolgt.
Dort sind bei Entlassung folgende Diagnosen beschrieben worden:
1. Lumboischialgie links bei foraminaler Enge und Recessuseinengung L4/L5 links.
2. Z.n. knöcherner Dekompression L4/5 11/2009.
3. Z.n. Bandscheibenoperation L4/L5 links 3/2009.
4. Z.n. nach Hüft-TEP-Implantation rechts 2002, Entfernung periartikulärer Ossifikationen 2003 und Pfannenwechsel 2007.
5. Reaktive Depression.
Der Kläger sei noch für eine Rekonvaleszenzzeit von ca. 3 Monaten arbeitsunfähig. Für die Tätigkeit als Maschineneinsteller sei er nicht mehr einsetzbar. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten zeitweise im Stehen und Gehen, überwiegend im Sitzen in Tagesschicht und auf durchschnittlichem kognitivem Niveau sollten ihm wieder möglich sein. Überwiegende Zwangshaltungen, überwiegende Expositionen gegen Nässe, Kälte, Zugluft, längere Fußwege sowie repetitive Erschütterungen seien zu vermeiden.
Der Kläger hat im Folgenden darauf hingewiesen, dass ihm auf Grund der Vielfalt der teils schwerwiegenden Einschränkungen der Arbeitsbedingungen der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen sei.
Nach Vorlage radiologischer Befunde vom Juni 2010 hat die Beklagte unter Berufung auf Dr.S. am 12.07.2010 einen stabilen, zum Teil auch rückläufigen Befund beim Kläger angenommen und die bisherige sozialmedizinische Leistungsbeurteilung weiterhin für zutreffend angesehen.
Der Senat hat ein Gutachten beim Direktor der Orthopädischen Klinik im Asklepios-Klinikum E-Stadt, Prof. Dr.Dr.E., eingeholt, der in seinem Gutachten vom 27.12.2010 die wesentlichen Gesundheitsstörungen des Klägers folgendermaßen beschrieben hat:
1. Z.n. Endoprothesenimplantation in das rechte Hüftgelenk mit bereits erfolgtem Pfannen- und Kopfwechsel bei fortbestehender Bewegungseinschränkung.
2. Z.n. Bandscheibenoperation im Segment L4/L5 3/2009 mit Reizung des Nerven L5 links ohne sensible oder objektivierbare motorische Ausfälle.
3. Reizung des Nervus ulnaris im Sulcus links ohne motorische Ausfälle.
Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich ausüben. Ideal wären Arbeiten im Wechselrhythmus ohne ständiges schweres Heben und Tragen. Zwangshaltungen sollten vermieden werden, ebenso Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und Fließbandarbeiten. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben.
Der Senat hat Anfang 2011 nochmals aktuelle Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dr.N. und Dr.H. eingeholt. Hierzu hat Dr.S. vom ärztlichen Dienst der Beklagten am 01.04.2011 Stellung genommen und ausgeführt, dass auch in Anbetracht der aktuellen ärztlichen Unterlagen eine Leistungsfähigkeit des Klägers mit täglich 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich sei.
Der Kläger hat sodann nach § 109 SGG ergänzende Stellungnahmen des Prof. Dr.F. und des Dr.S. zu den bisher eingeholten Gutachten und Stellungnahmen beantragt, die der Senat in Auftrag gegeben hat:
Prof. Dr.F. hat am 24.11.2011 ausgeführt, dass er in der Darlegung der Frau Dr.O. eine Bagatellisierung des chronischen Schmerzsyndroms sehe. Der orthopädische Befund aus dem Gutachten des Prof. Dr.Dr.E. werde nicht angezweifelt, da er nicht dem Fachgebiet entspreche. Es erfolge jedoch keine hinreichende Auseinandersetzung mit der chronischen Schmerzstörung, die von Prof. Dr.Dr.E. als somatoforme Schmerzstörung dem Fachgebiet der Psychiatrie zugewiesen worden sei.
Dr.S. hat am 07.05.2012 ausgeführt, dass die gutachterliche Aussage, wonach sich aus orthopädischer Sicht allein keine Berentung ergebe, zum Teil auch aus seiner Sicht bestätigt werden könne. Prof. Dr.Dr.E. setze sich jedoch mit den psychosozialen Folgen mangelhaft auseinander. Das Leistungsvermögen des Klägers habe sich nicht verändert. Er sei nach wie vor nur noch unter 3 Stunden täglich belastbar. Die Wegefähigkeit sei nunmehr eingeschränkt; Veränderungen würden seit Dezember 2010 vorliegen.
Zu diesen ergänzenden Stellungnahmen hat Dr.S. vom ärztlichen Dienst der Beklagten am 07.12.2011 bzw. am 05.06.2012 Stellung genommen. Er hat ausgeführt, dass seitens des ärztlichen Dienstes nach Einholung der neurologischen Begutachtung bei Prof. Dr.F. im März 2006 die Einholung eines psychiatrisch-psychologischen Gutachtens nicht für notwendig erachtet worden sei, nachdem eine nervenärztliche Begutachtung der Dr.O. vorgelegen hatte. Die angenommene anhaltende somatoforme Schmerzstörung habe sich nicht bestätigen lassen. Die somatischen Gesundheitsstörungen würden eine Minderung des Leistungsvermögens im Erwerbsleben in quantitativem Umfang nicht begründen. Aus psychosomatischer Sicht könne möglicherweise eine Verschlechterung eingetreten sein, was in einer nochmaligen Begutachtung auf psychiatrischem Fachgebiet festgestellt werden könne.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme beim Gutachter Prof. Dr.Dr.E. eingeholt, die dieser am 02.11.2012 erstellt hat. Das von Dr.S. beschriebene chronische Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule könne ohne weitere Untersuchungen des Klägers so nicht attestiert werden. Eine effektive Reduktion der Wegstrecke auf unter 4 mal 500 m täglich sei nicht als belegt anzusehen.
Auf Anforderung des Senates hat die Beklagte einen Versicherungsverlauf des Klägers zum seinerzeit aktuellen Stand (Februar 2013) vorgelegt. Darin sind erstmalig Pflichtbeitragszeiten im September 1985 verzeichnet. Zuletzt ist eine Pflichtbeitragszeit aus Leistungen der Arbeitsverwaltung im April 2005 angegeben. In den letzten 36 Kalendermonaten vor diesem Monat, d.h. zumindest ab April 2002 sind durchgehend Pflichtversicherungszeiten bestätigt. Im Anschluss daran sind noch Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug bis zum 04.11.2007 verzeichnet. In der Zeit ab dem 01.12.2008 bis zum 31.12.2012 wurde eine geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt; für das dort erzielte Arbeitsentgelt hat ausschließlich der Arbeitgeber den Pauschalbeitrag entrichtet.
Der Kläger hat beantragt, die im Verfahren tätigen Gutachter im Termin zur mündlichen Verhandlung zu hören. Ihm wurde daraufhin vom Senat aufgegeben, bis 06.05.2013 mitzuteilen, welche Sachverständige zu welchen Fragen und ggf. in welcher Reihenfolge gehört werden sollen. Mit Schreiben vom 06.05.2013 hat der Bevollmächtigte des Klägers die Fragen übermittelt, die an Prof. Dr.F. und/oder an Dr.S. gestellt werden sollen. Weitere Fragen könnten erst in der Verhandlungssituation präzisiert werden. Prof. Dr.F. hat mitgeteilt, dass er vorschlage, dass an Stelle von ihm Frau Oberärztin Dr.R. geladen werde, die mit ihm das Gutachten gefertigt habe. Die Klägerseite und die Beklagte haben ihr Einverständnis damit erklärt.
Der Kläger hat vorgetragen, dass sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert habe, und hat Arztbriefe des MVZ L-Stadt aus dem September 2012, des Krankenhauses R. aus dem Oktober 2012 und der Neurologin Dr.W. vom Juni 2013 vorgelegt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung des Senats am 30.09.2013 hat der Kläger auf Nachfrage angegeben, dass er von Januar 2013 bis zum 07.07.2013 einen Arbeitsvertrag gehabt habe, der auf ein halbes Jahr befristet gewesen sei. Er habe dabei versicherungspflichtig 8 Stunden am Tag als Anwendungstechniker im Außendienst gearbeitet. Ab Mai 2013 seien wiederholt Zeiten der Arbeitsunfähigkeit angefallen und ab dem 26.06.2013 sei er auf Dauer arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Die Beschäftigung habe er nur durch die Einnahme stärkster Schmerzmittel bewältigen können. Weiter hat der Kläger angegeben, dass er sich im Jahre 2008 - am Anfang - bei der Arbeitsagentur L-Stadt habe arbeitsuchend melden wollen; ihm sei dort gesagt worden, dass er bei einem unter dreistündigen Leistungsvermögen nicht als arbeitsuchend geführt werden könne.
Der Sachverständige Dr.S. hat bei seiner Anhörung im Termin vom 30.09.2013 ausgeführt, dass die Angaben zur Schmerzmedikation des Klägers in seinem Gutachten vom 18.05.2005 auf den Angaben des Klägers bzw. dem Schmerzfragebogen beruht hätten; eine Blutuntersuchung zur Ermittlung oder Absicherung sei nicht erfolgt. Auch seien bei seinen Untersuchungen Schmerzangaben seitens des Klägers erfolgt und beim Entkleiden seien Ausweichbewegungen zu beobachten gewesen. Hinzuweisen sei auch darauf, dass am Oberschenkel rechts eine Muskelminderung von etwa 11 cm habe festgestellt werden können. Für die sozialmedizinische Bewertung seien die fehlende Belastbarkeit des Hüftgelenkes und die glaubhaft angegebenen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule maßgebend gewesen. Die Beschwerden bzw. Schmerzen im Bereich der Knie und der Halswirbelsäule würden nicht isoliert zu einem unter 6-stündigen Leistungsvermögen führen, seien aber im Rahmen einer Summierung der einzelnen Beschwerden und Schmerzen heranzuziehen. Nach den vorgelegten neueren Unterlagen sei von einer Verschlechterung der Beweglichkeit der Hüftgelenke rechts und links auszugehen.
Die als sachverständige Zeugin gehörte Frau Dr.R. hat im Termin vom 30.09.2013 dargelegt, dass sie an der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr.F. nach Aktenlage im November 2011, nicht jedoch an der Gutachten-erstellung vom 15.03.2006 und damit auch nicht an der zugehörigen Untersuchung mitgewirkt habe. Nach der Aktenlage sei von einer zuverlässigen Feststellung des Schmerzsyndroms bzw. der somatoformen Schmerzstörung beim Kläger durch Dr.S. und Prof. Dr.F. auszugehen, weil die Angaben des Klägers im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle nachgeprüft worden seien. Hierzu würden zum Beispiel Erkenntnisse aus der Befragung zum Tagesablauf eingesetzt werden; eine Überprüfung der Schmerzmedikation durch Blutspiegelbestimmungen gehöre nicht zum medizinischen Standard bei Schmerzpatienten.
Da Frau Dr.R. den Kläger nicht selbst untersucht hatte, ist der Verhandlungstermin vertagt worden. Prof. Dr.F. hat auf nochmalige Nachfrage am 04.12.2013 ergänzend zu den Fragen der Klägerseite Stellung genommen: Lähmungserscheinungen beim Kläger seien bei der Untersuchung 2005 nicht festgestellt worden. Ein chronisches Schmerzsyndrom sei auf Grund der glaubwürdigen Angaben des Klägers und der vorhandenen Plausibilität damals bejaht worden. An der damaligen Einschätzung, dass damit ein Leistungsvermögen von weniger als 3 Stunden täglich einhergehe, werde festgehalten.
Die Klägerseite führt aus, dass eine Besserungswahrscheinlichkeit für die Erkrankung des Klägers unwahrscheinlich sei und Therapiemöglichkeiten nicht zur Verfügung gestanden hätten, so dass dem Kläger mangelnde Mitwirkung nicht vorgehalten werden könne.
Die Beteiligten haben am 08.04.2014 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.04.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 04.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.04.2008 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Beklagtenakte und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rentengewährung wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.
Ein Anspruch auf die vom Kläger begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass er als Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gelten, hätte der Kläger für aktuelle medizinische Leistungsfälle nicht mehr erfüllt, weil bei ihm nach November 2007 erst wieder und ausschließlich für die Zeit von Januar 2013 bis Juli 2013 rentenrechtlich relevante Zeiten belegt sind. Die in den Jahren dazwischen vom Kläger ausgeübte geringfügige Beschäftigung war nicht mit dem Verzicht auf Versicherungsfreiheit verbunden gewesen (d.h. es ist keine sog. Beitragsaufstockung erfolgt gewesen), so dass aus ihr keine Pflichtbeitragszeiten vorliegen. Auch sogenannte Streckungstatbestände, die in § 43 Abs. 4 SGB VI gesetzlich normiert sind, haben nach Dezember 2007 nicht mehr vorgelegen. Zu diesem Zeitpunkt wurde zwar bereits das laufende Rentenverfahren betrieben; ein Absehen vom Erfordernis fortlaufender Pflichtbeiträge unter Anwendung von § 241 Abs. 2 SGB VI kommt jedoch nicht in Betracht, weil der Kläger 1984 noch nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte und damit sich nicht auf diese Vertrauensschutzvorschrift berufen kann. Die aktuell angefallenen sieben Monate Pflichtbeitragszeiten reichen nicht aus, um die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erneut zu erfüllen. Selbst wenn der Kläger eine fehlerhafte Beratung durch die Agentur für Arbeit zu Beginn des Jahres 2008 belegen könnte - für sich genommen ist die Auskunft, dass bei einer Einsatzfähigkeit von weniger als 3 Stunden täglich keine Arbeitslosigkeit im rechtlichen Sinn bestehen könne, allerdings ohnehin nicht falsch -, käme auch über einen eventuellen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, Stand April 2011, vor § 38 SGB I, Rn. 30 ff) wegen Fehlberatung die Zuerkennung einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nicht in Betracht, weil Arbeitslosigkeit voraussetzt, dass der Betroffene den Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit tatsächlich zur Verfügung gestanden hat, was nicht nachträglich durch eine rechtliche Fiktion ersetzt werden kann (vgl. z.B. BSG, Urt. v. 19.03.1986, Az. 7 RAr 48/84; Urt. des LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 12.09.2013, Az. L 1 R 352/12 - jeweils zitiert nach juris).
Aus dem vorliegenden Versicherungsverlauf ergibt sich somit, dass der Kläger letztmals für einen im Dezember 2009 eingetretenen medizinischen Leistungsfall die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt gehabt hätte. Bei selbstverständlich taggenauer Berechnung beinhaltet der entsprechende 5-Jahreszeitraum zunächst die Monate Dezember 2004 bis Dezember 2009. Da in diesem Zeitraum 31 Monate mit Anrechnungszeiten zu berücksichtigen sind (Mai 2005 bis November 2007 - der Monat April 2005 weist zwar ebenfalls eine Anrechnungszeit auf, ist aber bereits vorrangig als Beitragsmonat berücksichtigt), verlängert sich nach § 43 Abs. 4 SGB VI der maßgebliche Zeitraum um diese 31 Monate und umfasst somit die Zeit von Mai 2002 bis Dezember 2009. In diesem Zeitraum sind 36 Monate - und damit die erforderliche Anzahl - mit Pflichtbeiträgen belegt (Mai 2002 bis April 2005). Bei einem im Januar 2010 eingetretenen medizinischen Leistungsfall würde dagegen der verlängerte 5-Jahreszeitraum nur bis Juni 2002 zurückreichen und damit nur 35 Monate Pflichtbeitragszeiten beinhalten. Bei noch späteren medizinischen Leistungsfällen sinkt die Anzahl der Beitragsmonate noch weiter ab.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Voraussetzungen hat der Kläger zur Überzeugung des Senats weder aktuell - jedenfalls nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen - erfüllt, noch in der Vergangenheit erfüllt gehabt. Dies ist zur Überzeugung des Senats aus den gutachterlichen Äußerungen des Prof. Dr.Dr.E. und der Dr.O. wie auch aus den Ausführungen des Rehabilitations-Entlassungsberichtes der B.-Klinik F. zu entnehmen, die durch die Gutachten des Dr.S. und des Prof. Dr.F. nicht widerlegt sind.
Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Auch eine derartige zeitliche Einschränkung ist beim Kläger nicht belegt. Nach den Feststellungen des Gutachters Prof. Dr.Dr.E. im Berufungsverfahren, denen sich der Senat anschließt, liegen beim Kläger zwar qualitative, nicht aber quantitative Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben vor. Die sozialmedizinische Beurteilung orientiert sich dabei an der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt; eine konkrete Verweisungstätigkeit muss seitens der Beklagten im Regelfall nicht benannt werden. Da beim Kläger nach den ärztlichen Feststellungen der genannten Gutachter an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes keine zeitliche Einschränkung auf weniger als 6 Stunden festzustellen ist, sind auch die medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen von teilweiser Erwerbsminderung nicht unmittelbar erfüllt.
Die Leistungsfähigkeit des Klägers stellt sich - zumindest für die Zeit bis Ende Dezember 2009 - folgendermaßen dar: Er ist noch in der Lage (gewesen), zumindest eine leichte - zeitweise auch eine mittelschwere - Tätigkeit täglich 6 Stunden oder länger auszuüben. Die Tätigkeit sollte im Wechselrhythmus möglich sein; ständiges schweres Heben und Tragen sind ausgeschlossen. Zu vermeiden sind Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, repetitive Erschütterungen, Fließbandarbeit und überwiegende Exposition gegen Kälte, Nässe und Zugluft. Auch sollte die Arbeit möglichst nicht an laufenden Maschinen, nicht in Nacht- und Wechselschicht, ohne besondere Lärmeinwirkung, ohne besondere Unfallgefährdung und ohne besonderen Zeitdruck oder Verantwortung möglich sein. Ein Einsatz des Klägers in der Tätigkeit als Maschineneinsteller ist damit - jedenfalls zumindest seit Ende 2009 - aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen.
Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit stützt sich der Senat wesentlich auf das überzeugende gerichtsärztliche Sachverständigengutachten des Prof. Dr.Dr.E., den Rehabilitationsentlassungsbericht der letzten Rehabilitationsmaßnahme in F. und das in erster Instanz eingeholte Gutachten der Nervenärztin Dr.O.. Weitgehend in Übereinstimmung dazu stehen auch das Gutachten des Dr.M. und das Gutachten des Dr.P. aus dem Verwaltungsverfahren.
In dem vom Kläger anfänglich vorgelegten Attest der Orthopädin Dr.H. wurden nur Einschränkungen der Arbeitsbedingungen gefordert; dies steht damit ebenfalls nicht im Gegensatz zu den gutachterlichen Feststellungen. Die Arztbriefe des Prof. Dr.A. aus dem Juli 2008 sind nicht überzeugend und stimmig, weil sie teilweise undifferenziert einen abweichenden Anknüpfungspunkt gegenüber den rentenrechtlichen Vorschriften wählen: Die sozialmedizinische Beurteilung wird nämlich an der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit orientiert (Arbeitsunfähigkeit) oder zumindest wird nicht deutlich, dass ein dauerhaftes Leistungsbild zum Einsatzvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abgegeben werden soll.
Die medizinischen Feststellungen des Gutachters Dr.S. auf orthopädischem Fachgebiet differieren nur in wenigen Punkten zu denen des Prof. Dr.Dr.E.. Soweit Dr.S. sozialmedizinisch eine gewisse zeitliche Einschränkung auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes annimmt (weniger als 6 Stunden täglich), führt er dies in allererster Linie auf Einschränkungen des Klägers durch das vorhandene Schmerzgeschehen bzw. das Zusammenspiel der Beeinträchtigungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet zurück. Die psychischen Beschwerden - insbesondere das Schmerzsyndrom - sind zur Überzeugung des Senats aber weder in ihrer Stärke so bestätigt worden, noch hinreichend breit und längerfristig therapiert worden. Die Angaben des Klägers, die Dr.S. seiner Beurteilung zum Schmerzgeschehen zu Grunde gelegt hat, sind nicht hinreichend hinterfragt worden und allein die kurz erwähnten Ausweichbewegungen beim Entkleiden reichen für eine objektive Bestätigung nicht aus. An anderer Stelle werden wiederholt Diskrepanzen zwischen den Angaben des Klägers bezüglich Beeinträchtigungen durch das Schmerzgeschehen und Beobachtungen in der Untersuchungssituation berichtet. Die ärztlichen Bescheinigungen überzeichnen die Beeinträchtigungen des Klägers, wenn sie sich unreflektiert auf die Angaben des Klägers stützen. Eine zeitliche Einschränkung der Einsatzfähigkeit des Klägers an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes lässt sich deshalb mit dem Gutachten des Dr. S. nicht begründen.
Zu erwähnen ist auch, dass die vom Gutachter anfänglich in den Raum gestellte Besserungsaussicht in einem Zeitraum von bis zu 3 Jahren in der späteren ergänzenden Stellungnahme nicht näher thematisiert wird. Eine deutliche Verbesserung der Gesundheit des Klägers ist aus den ärztlichen Unterlagen jedoch nicht erkennbar, so dass keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass beim Kläger für einen abgegrenzten Zeitraum in der Vergangenheit - rechnerisch 2005 bis 2008 - etwa ein Rentenanspruch bestanden hätte, der später wieder weggefallen wäre. Die Zusammenschau der von Dr.S. ursprünglich erstellten Prognose und seiner späteren Feststellungen in der ergänzenden Stellungnahme liefert eher Anhaltspunkte dafür, dass die Therapiemöglichkeiten zur Schmerzbehandlung in der Zwischenzeit nicht ausgeschöpft worden sind.
Die Feststellungen des Prof. Dr.F. widerlegen nicht die sozialmedizinische Beurteilung der nervenärztlichen Gutachterin Dr.O.. Die Darlegungen zu neurologischen Gesundheitsstörungen weichen nicht erheblich von denen ab, die von anderen Ärzten benachbarter somatischer Fachrichtungen (etwa der Orthopädie) beschrieben worden sind. Prof. Dr.F. sieht den Schwerpunkt der sozialmedizinischen Einschränkungen vielmehr durch die beim Kläger angenommene Schmerzfehlverarbeitung und deren psychische Begleiterscheinungen begründet. Zwar hat auch die fachpsychiatrische Gutachterin Dr.O. von psychischen Beeinträchtigungen berichtet, die der Kläger angegeben hat; sie hat aber nachvollziehbar herausgearbeitet, dass zwischen diesen subjektiven Einschätzungen des Klägers und der objektiven Situation sowie den psychiatrischen Untersuchungsergebnissen eine nicht vollständig medizinisch erklärbare Differenz verbleibt, die aus ihrer Sicht einer subjektiven Überbetonung seitens des Klägers zuzuordnen ist. Die von Prof. Dr.F. seiner sozialmedizinischen Beurteilung zu Grunde gelegten Angaben des Klägers zur Schmerzmedikation wurden nicht hinreichend geprüft und damit nicht objektiviert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Blutspiegelbestimmung in diesem Zusammenhang medizinischer Standard ist oder nicht; der Nachweis der tatsächlichen Durchführung einer bestimmten Schmerzmedikation, wie er durch eine solche Blutspiegelbestimmung möglich gewesen wäre, ist jedenfalls nicht erfolgt. Soweit in den späteren Nachfragen beim Sachverständigen eine Objektivierung durch Angaben zum Tagesverlauf als hinreichend bestätigt angesehen werden soll, steht dem entgegen, dass aus dem Gutachten des Prof. Dr.F. nur eine rudimentäre Beschreibung des Tagesablaufs des Klägers erkennbar wird; allein aus der geschilderten Aufgabe des vom Kläger früher hobbymäßig betriebenen Tauchens kann aus Sicht des Senats keinesfalls ein hinreichender Beleg für die behauptete schwerwiegende Auswirkung des Schmerzsyndroms angenommen werden. Das Gutachten des Prof. Dr.F. ist darüber hinaus in der Aktenauswertung relativ wenig präzise: So wird etwa in der zentralen Frage, ab wann die von ihm angenommene quantitative Einschränkung des Klägers belegt sei, ein Datum in den Raum gestellt, dessen Zustandekommen nicht näher begründet worden ist. Soweit man vermuten darf, dass auf einen Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr.M. vom 07.04. 2001, der den Kläger seinerzeit neu in seine Behandlung aufgenommen und eine chronisch-rezidivierende Ischialgie diagnostiziert hatte, inhaltlich Bezug genommen werden soll, wäre übersehen worden, dass die Untersuchung bei Dr.M. tatsächlich am 06.04.2001 erfolgt war; ein anderer Bezugspunkt war für den Senat nicht erkennbar.
Für die Beurteilung, ob der Nachweis einer schweren und unüberwindbaren psychischen Gesundheitsstörung geführt werden konnte, ist als zusätzlicher Aspekt zu beachten, dass insbesondere fachpsychiatrische und psychotherapeutische Behandlungen beim Kläger nach den vorliegenden Unterlagen nicht konsequent, längerfristig und abgestimmt mit einer multimodalen Schmerztherapie durchgeführt worden sind. Dem Kläger wird dabei nicht eine Verletzung der in den §§ 62 und 63 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verankerten Mitwirkungspflichten vorgehalten - schließlich hat die Beklagte keine förmliche Aufforderung zur Vornahme bestimmter Untersuchungen und/oder Behandlungen getätigt gehabt. Vielmehr geht es darum, dass für die Frage des Nachweises einer Unüberwindbarkeit einer psychischen Störung selbst bei ärztlicher Unterstützung aus Sicht des Senats - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil vom 12.09.1990 (Az. 5 RJ 88/89 - zitiert nach juris) - eine entsprechende konsequente, aber dann erfolglos gebliebene Behandlung Voraussetzung ist. Oder anders ausgedrückt, im Rahmen der Würdigung der verschiedenen Hinweise auf das Vorhandensein einer bedeutsamen und nicht überwindbaren psychischen Störung lässt sich aus einer Nichtwahrnehmung zumutbarer Behandlungsoptionen ein Indiz für einen fehlenden Leidensdruck entnehmen. Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Durchführung von Therapiemaßnahmen teilweise auch an fehlenden Ressourcen gescheitert sei und dies deshalb keinen Rückschluss auf fehlende Therapiebereitschaft zulasse, ist darauf hinzuweisen, dass der Senat nicht zum Ergebnis gekommen ist, dass ausschließlich wegen der Nichtausschöpfung von Therapieoptionen eine ansonsten bestehende quantitative Erwerbsminderung nicht berücksichtigt werden dürfe, sondern lediglich bei der Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände auf den zusätzlichen Aspekt eines nicht nachgewiesenen besonderen Leidensdruckes hingewiesen hat, der mit einem beim Kläger aus Sicht des Senates noch nutzbaren Restleistungsvermögen korrespondiert.
Eine dauerhafte zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sieht der Senat entsprechend diesen Ausführungen weder zum Zeitpunkt der Untersuchung bei Prof. Dr.F. im Dezember 2005 noch zu einem späteren Zeitpunkt als belegt an.
Die Tatsache, dass der Kläger im Jahr 2013 für mehr als 6 Monate in Vollzeit beschäftigt war, erlaubt aus Sicht des Senats allerdings keinen unmittelbaren Rückschluss für den Rechtsstreit. Der Kläger hat die Tätigkeiten nach seinen Angaben nur unter schwerster Schmerzmedikation und vermutlich dann sogar unter Gefährdung der Restgesundheit - Fahren unter Medikamenteneinfluss - ausgeübt. Dabei handelte es sich einerseits um deutlich mehr als nur einen Arbeitsversuch, andererseits ist die dauerhafte Reintegration des Klägers ins Erwerbsleben nicht gelungen, sondern es sind erneut Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu verzeichnen gewesen. Letztendlich darf dabei aber nicht übersehen werden, dass der Kläger eine Tätigkeit ausgeübt hat, die wegen der Nichteinhaltung der qualitativen Einschränkung deutlich nicht zu den Tätigkeitsbereichen gehört hat, in denen der Kläger von den ärztlichen Sachverständigen Prof. Dr.Dr.E. und Dr.O. für einsatzfähig angesehen worden war.
Soweit der Kläger davon ausgeht, dass jedenfalls ab Dezember 2010 eine teilweise oder volle Erwerbsminderung vorgelegen hätte und dies seitens der Beklagten zu Unrecht so nicht nachvollzogen würde, und weitere ärztliche Ermittlungen angeregt hat, musste der Senat diese Sachermittlungen nicht veranlassen, da es auf sie nicht ankommt, nachdem bei einem eventuellen Leistungsfall, der zu diesem Zeitpunkt oder später eingetreten wäre, bereits aus versicherungsrechtlichen Gründen eine Rentengewährung nicht in Betracht kommen würde.
Soweit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in einigen speziellen Fällen (sogenannten Katalogfällen) auch bei einer an sich 6-stündigen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gleichwohl eine volle Erwerbsminderung vorliegen kann (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 43 SGB VI Rn. 37 m.w.N.), führt dies im Fall des Klägers ebenfalls nicht zu einer Rentengewährung. Hierzu wären in einem ersten Schritt zunächst die Voraussetzungen dafür zu prüfen, ob von der Beklagten ausnahmsweise konkrete Verweisungstätigkeiten benannt werden müssten. Im Rahmen der weiteren Prüfung müsste sich dann herausstellen, dass die benannten Verweisungstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen sämtlich nicht ohne zeitliche Einschränkung dem Kläger zugemutet werden könnten.
Ein derartiger Ausnahmefall liegt beim Kläger jedoch nicht vor. Weder lassen sich die Gesundheitsstörungen des Klägers als schwere spezifische Behinderung wie etwa eine - ggf. funktionale - Einarmigkeit einordnen, noch besteht beim Kläger eine Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen. Nach den aus Sicht des Senates maßgeblichen - oben dargestellten - gutachterlichen Feststellungen tritt zu der Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten insbesondere noch eine Einschränkung hinsichtlich nervlich belastender Arbeitsplätze hinzu, ohne dass insgesamt jedoch ungewöhnliche Einschränkungen vorliegen würden. Eine Summierung solcher Einschränkungen ist damit erst recht nicht gegeben. Die verbleibenden Tätigkeitsbereiche sind nach wie vor hinreichend breit gestreut, so dass die Beklagte keine konkreten Tätigkeiten aufzählen musste, auf die der Kläger zu verweisen wäre.
Der Kläger gehört nach seinem Geburtsjahrgang nicht zu dem von § 240 Abs 1 Nr 1 SGB VI erfassten Personenkreis, weil er nach dem 01.01.1961 geboren ist. Die Gewährung einer - ohnehin vorliegend nicht beantragten - teilweisen Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit ist daher ausgeschlossen. Dass der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschineneinsteller aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, ist daher rechtlich ohne Belang.
Somit hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils sind im Ergebnis nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.