Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Apr. 2018 - L 16 R 5144/16
Tenor
I. Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1 werden das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20. Juli 2016 und die Bescheide vom 2. Januar 2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2015 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger die Tätigkeit als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1 in der Zeit vom 5. September 2013 bis 31. Dezember 2014 nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausübte und insoweit nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1 und Berufungsklägerin.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.07.2016 sowie die Bescheide der Beklagten vom 02.01.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger die Tätigkeit als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1 in der Zeit vom 05.09.2013 bis 31.12.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübte und insoweit nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
die Berufung zurückzuweisen.
Gründe
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Apr. 2018 - L 16 R 5144/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Apr. 2018 - L 16 R 5144/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Apr. 2018 - L 16 R 5144/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
Tenor
-
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
-
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger ist seit 2006 als Opernchorsänger in verschiedenen Theatern und Opernhäusern mehrwöchig oder tageweise tätig. Er wurde am 23. und 30.12.2011 (krankheitsbedingt) im Opernchor der zu 1. beigeladenen GmbH gegen ein Bruttoentgelt von jeweils 344 Euro eingesetzt. Der Kläger war weder zu allgemeinem Dienst noch zur Chorprobe verpflichtet. Unmittelbar vor seinen Auftritten erhielt er eine kurze szenarische (Sicherheits-)Einweisung und Kenntnis von der musikalischen Strichfassung. Die Aushilfstätigkeit wurde von der Beigeladenen zu 1. aufgrund des Abgrenzungskatalogs für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen als versicherungspflichtige Beschäftigung gemeldet.
- 2
-
Der Kläger beantragte im März 2012 die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Beklagte stellte daraufhin fest, dass die Tätigkeit als Opernchoraushilfe am 23. und 30.12.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und insoweit Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Bescheid vom 21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2013).
- 3
-
Das SG Kassel hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.9.2014). Das Hessische LSG hat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Er sei nicht im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, sondern lediglich temporär für jeweils eine Vorstellung engagiert worden und dabei nicht als Teil des Ensembles in den Betriebsablauf der Beigeladenen zu 1. eingegliedert gewesen. Eine Gebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Dienstleistung habe lediglich während der jeweiligen Aufführung bestanden. Anders als fest angestellte Opernchorsänger habe er nicht an Proben teilnehmen und sich eigenständig sowie selbstverantwortlich vorbereiten müssen. Den künstlerischen Vorgaben in Form der szenischen Sicherheitseinweisung und Klärung der musikalischen Strichfassung komme nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Rechtsprechung des BSG, die allein durch das Zusammenwirken mehrerer Musiker in einem Ensemble auf eine abhängige Beschäftigung schließe, sei für den vorliegenden Fall nicht zu folgen (Urteil vom 15.12.2016).
- 4
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 7 SGB IV. Das LSG beschreibe lediglich die normalen Rahmenbedingungen eines jeden Bühnenkünstlers, der kurzfristig für einen anderen erkrankten Künstler einspringe und deshalb regelmäßig nicht an Proben teilnehmen könne. Nach der Rechtsprechung des BSG stehe weder der Wunsch nach nur vorübergehenden Engagements an verschiedenen Bühnen noch die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Tätigkeitsverrichtung einer abhängigen Beschäftigung entgegen. Auch komme es nicht auf die häusliche Vorbereitung, sondern allein auf die Verhältnisse nach Annahme des jeweiligen Engagements an. An beiden Vorstellungsabenden habe wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble sowie hinsichtlich Maske und Kostüm eine signifikante Weisungsgebundenheit vorgelegen. Der Kläger habe auch kein Unternehmerrisiko getragen. Die nicht individuell ausgehandelte Vergütung sei nicht erfolgs-, sondern zeitbezogen gewährt und eigenes Kapital sei nicht eingesetzt worden. Unabhängig davon hätten einem solchen Risiko keine größere Freiheiten beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft und größere Verdienstchancen gegenübergestanden.
- 5
-
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 zurückzuweisen.
- 6
-
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
- 7
-
Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
- 8
-
Die Beigeladene zu 4. hat sich dem Revisionsvorbringen angeschlossen. Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die zulässige Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG).
- 10
-
Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG sowie die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger am 23. und 30.12.2011 in seiner Tätigkeit als Opernchoraushilfe für die zu 1. beigeladene GmbH nicht aufgrund einer Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war. Der Bescheid der Beklagten vom 21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
- 11
-
Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 1 und 2 Nr 1 SGB XI sowie § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006
, § 25 Abs 1 S 1 SGB III in der Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001 der Versicherungspflicht. Der Kläger war in diesem Sinn in seiner Tätigkeit als Opernchorsänger für die Beigeladene zu 1. nicht abhängig beschäftigt.)
- 12
-
Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis(S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 31 RdNr 17 mwN und BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 21 mwN, jeweils auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG
Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11) . Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 4 RdNr 24 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
- 13
-
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN).
- 14
-
Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Kläger nicht abhängig beschäftigt. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen lediglich Beurteilungshilfen enthält. Daran sind die Sozialgerichte bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall nicht gebunden (BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 12 R 13/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 19 RdNr 20). Nach einer Gesamtschau der vom Berufungsgericht festgestellten, von der Beklagten nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) ist es auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die gegen eine Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen. Der Kläger war gegenüber der Beigeladenen zu 1. nicht weisungsgebunden und nicht in deren Arbeitsorganisation eingegliedert (dazu 1.). Dem steht weder die Rechtsprechung des Senats (dazu 2.) noch ein fehlendes Unternehmerrisiko entgegen (dazu 3.).
- 15
-
1. Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. kam ein schriftlicher Vertrag nicht zustande. Vielmehr war mündlich lediglich dessen (krankheitsbedingte) Mitwirkung im Opernchor während zwei bestimmter Aufführungen vereinbart worden. Unabhängig davon wurde der Kläger unmittelbar vor seinen Auftritten szenisch eingewiesen und über die musikalische Strichfassung informiert. Allein diese Umstände lassen weder ein umfassendes Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1. hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Aufführung noch eine mit einem Arbeitnehmer vergleichbare Einbindung in deren Arbeitsorganisation erkennen. Bei einer Mitwirkung an Theateraufführungen ergibt sich wegen den mit der vertraglich vereinbarten Dienstleistung verbundenen Notwendigkeiten sowohl die zeitliche und örtliche Abhängigkeit als auch eine gewisse Vorgabe der künstlerischen Darbietung aus der besonderen Eigenart der Tätigkeit (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 30 mwN). Die Gebundenheit an den Ort der Spielstätte, die festgesetzte Spielzeit und den "groben" Inhalt einer Darbietung ist der Tätigkeit eines Bühnenkünstlers immanent. Hierbei handelt es sich nicht um konkrete arbeitskraftbezogene Weisungen, sondern um Rahmenvorgaben, innerhalb derer die übernommene Dienstleistung zu erbringen ist. Das gilt auch für die von der Beklagten geltend gemachte - vom LSG allerdings nicht festgestellte - Weisungsgebundenheit hinsichtlich Maske und Kostüm.
- 16
-
Das Fehlen eines die Tätigkeitsverrichtung betreffenden Weisungsrechts und einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers wird dadurch erhärtet, dass der Kläger nicht verpflichtet war, an Chorproben teilzunehmen, sondern sich eigenverantwortlich auf den Bühnenauftritt vorbereiten konnte. Diesen Gesichtspunkt hat das LSG zu Recht als wesentliches, gegen eine abhängige Beschäftigung sprechendes Indiz berücksichtigt. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass für die Prüfung der Versicherungspflicht grundsätzlich auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (BSG Urteil vom 31.3.2016 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Daraus folgt aber nicht, dass die im Einzelfall vereinbarten oder eine bestimmte Tätigkeit typischerweise charakterisierenden Rahmenbedingungen bei der notwendigen Gesamtschau unbeachtlich wären. Die Annahme des LSG, dass als Arbeitnehmer beschäftigte Opernchorsänger regelmäßig an Chorproben teilnehmen (müssen) und das Fehlen einer solchen Probenpflicht im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung als einer abhängigen Beschäftigung entgegenstehender Umstand zu werten ist, ist daher nicht zu beanstanden. Dass wegen des kurzfristig vereinbarten Auftritts eine Probe möglicherweise - da vom LSG nicht festgestellt - schon zeitlich nicht in Betracht kam, ändert daran nichts. Der Umstand, dass der Kläger kurzfristig und ohne Chorprobe einen erkrankten Sänger ersetzen sollte, bestätigt vielmehr, dass bei ihm nicht die von einem beschäftigten Opernchorsänger geschuldete weisungsgebundene Arbeitskraft, sondern besondere gesangliche, künstlerisch-gestaltende Fähigkeiten und damit eigenständige Gesangs-sowie Darstellerleistungen im Vordergrund seines Bühnenauftritts standen.
- 17
-
2. Mit dem hier gefundenen Ergebnis setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem Urteil vom 20.3.2013 (B 12 R 13/10 R - SozR 4-2500 § 7 Nr 19)zu den als "Gäste" beschäftigten Bühnenkünstlern. Danach wurde eine Beschäftigung während einzelner Auftritte ua deshalb angenommen, weil das Weisungsrecht des Theaters "wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble (also mit anderem künstlerischen Personal) über die Festlegung (lediglich) gewisser 'Eckpunkte' der Aufführungen wie deren Beginn und Ende sowie den 'groben' Inhalt der (künstlerischen) Tätigkeit als Sänger, Balletttänzer bzw Schauspieler hinausging". Gerade ein solches über die "Eckpunkte" und den "groben" Inhalt der Auftritte des Klägers hinausgehendes Weisungsrecht hat das LSG nicht festgestellt. Wie bereits ausgeführt wurde, unterlag der Kläger lediglich vereinbarten Rahmenvorgaben, nicht aber konkreten arbeitskraftbezogenen Weisungen durch die Beigeladene zu 1. Unabhängig davon war die im Urteil vom 20.3.2013 beurteilte Tätigkeit durch eine Vielzahl von detaillierten "Vertraglichen Vereinbarungen" gekennzeichnet.
- 18
-
3. Das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe eigenes Kapital nicht eingesetzt und damit das für eine Selbstständigkeit sprechende Unternehmerrisiko nicht getragen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es eines solchen Unternehmerrisikos überhaupt noch bedarf, wenn schon eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung nicht festzustellen ist. Maßgebliches Kriterium für ein solches Unternehmerrisiko ist zwar die Ungewissheit des Erfolgs des Einsatzes sächlicher oder persönlicher Mittel. Allerdings ist unternehmerisches Tätigwerden bei reinen Dienstleistungen gerade nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien verbunden (BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Das auch bei einer Tätigkeit als Opernchorsänger typische Fehlen solcher Investitionen ist damit kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine (abhängige) Beschäftigung und gegen unternehmerisches Tätigwerden.
- 19
-
Auch die Vereinbarung eines festen Honorars spricht nicht als Ausdruck eines fehlenden Unternehmerrisikos zwingend für abhängige Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei reinen Dienstleistungen, anders als bei der Erstellung eines materiellen Produkts, ein erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der Eigenheiten der zu erbringenden Leistung regelmäßig nicht zu erwarten (BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 48 mwN). Dies gilt insbesondere für Bühnenkünstler aufgrund deren künstlerischen, schöpferisch-gestaltenden Tätigkeit, und zwar unabhängig davon, dass die Honorare nicht frei ausgehandelt, sondern entsprechend gebräuchlicher Sätze festgelegt werden (BSG aaO).
- 20
-
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.
(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
(2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.07.2014 und der Bescheid der Beklagten vom 12.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2012 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 24.463,08 EUR festgesetzt.
Tatbestand
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
Entscheidungsgründe
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
|
Gründe
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
|
Tenor
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.04.2013 sowie der Bescheid vom 05.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 und des Bescheides vom 06.03.2013 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei dem Beigeladenen vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren trägt die Beklagte. Im Übrigen haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Entscheidungsgründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Gründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Tenor
-
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
-
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger ist seit 2006 als Opernchorsänger in verschiedenen Theatern und Opernhäusern mehrwöchig oder tageweise tätig. Er wurde am 23. und 30.12.2011 (krankheitsbedingt) im Opernchor der zu 1. beigeladenen GmbH gegen ein Bruttoentgelt von jeweils 344 Euro eingesetzt. Der Kläger war weder zu allgemeinem Dienst noch zur Chorprobe verpflichtet. Unmittelbar vor seinen Auftritten erhielt er eine kurze szenarische (Sicherheits-)Einweisung und Kenntnis von der musikalischen Strichfassung. Die Aushilfstätigkeit wurde von der Beigeladenen zu 1. aufgrund des Abgrenzungskatalogs für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen als versicherungspflichtige Beschäftigung gemeldet.
- 2
-
Der Kläger beantragte im März 2012 die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Beklagte stellte daraufhin fest, dass die Tätigkeit als Opernchoraushilfe am 23. und 30.12.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und insoweit Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Bescheid vom 21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2013).
- 3
-
Das SG Kassel hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.9.2014). Das Hessische LSG hat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Er sei nicht im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, sondern lediglich temporär für jeweils eine Vorstellung engagiert worden und dabei nicht als Teil des Ensembles in den Betriebsablauf der Beigeladenen zu 1. eingegliedert gewesen. Eine Gebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Dienstleistung habe lediglich während der jeweiligen Aufführung bestanden. Anders als fest angestellte Opernchorsänger habe er nicht an Proben teilnehmen und sich eigenständig sowie selbstverantwortlich vorbereiten müssen. Den künstlerischen Vorgaben in Form der szenischen Sicherheitseinweisung und Klärung der musikalischen Strichfassung komme nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Rechtsprechung des BSG, die allein durch das Zusammenwirken mehrerer Musiker in einem Ensemble auf eine abhängige Beschäftigung schließe, sei für den vorliegenden Fall nicht zu folgen (Urteil vom 15.12.2016).
- 4
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 7 SGB IV. Das LSG beschreibe lediglich die normalen Rahmenbedingungen eines jeden Bühnenkünstlers, der kurzfristig für einen anderen erkrankten Künstler einspringe und deshalb regelmäßig nicht an Proben teilnehmen könne. Nach der Rechtsprechung des BSG stehe weder der Wunsch nach nur vorübergehenden Engagements an verschiedenen Bühnen noch die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Tätigkeitsverrichtung einer abhängigen Beschäftigung entgegen. Auch komme es nicht auf die häusliche Vorbereitung, sondern allein auf die Verhältnisse nach Annahme des jeweiligen Engagements an. An beiden Vorstellungsabenden habe wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble sowie hinsichtlich Maske und Kostüm eine signifikante Weisungsgebundenheit vorgelegen. Der Kläger habe auch kein Unternehmerrisiko getragen. Die nicht individuell ausgehandelte Vergütung sei nicht erfolgs-, sondern zeitbezogen gewährt und eigenes Kapital sei nicht eingesetzt worden. Unabhängig davon hätten einem solchen Risiko keine größere Freiheiten beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft und größere Verdienstchancen gegenübergestanden.
- 5
-
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 zurückzuweisen.
- 6
-
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
- 7
-
Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
- 8
-
Die Beigeladene zu 4. hat sich dem Revisionsvorbringen angeschlossen. Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die zulässige Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG).
- 10
-
Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG sowie die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger am 23. und 30.12.2011 in seiner Tätigkeit als Opernchoraushilfe für die zu 1. beigeladene GmbH nicht aufgrund einer Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war. Der Bescheid der Beklagten vom 21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
- 11
-
Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 1 und 2 Nr 1 SGB XI sowie § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006
, § 25 Abs 1 S 1 SGB III in der Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001 der Versicherungspflicht. Der Kläger war in diesem Sinn in seiner Tätigkeit als Opernchorsänger für die Beigeladene zu 1. nicht abhängig beschäftigt.)
- 12
-
Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis(S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 31 RdNr 17 mwN und BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 21 mwN, jeweils auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG
Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11) . Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 4 RdNr 24 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
- 13
-
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN).
- 14
-
Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Kläger nicht abhängig beschäftigt. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen lediglich Beurteilungshilfen enthält. Daran sind die Sozialgerichte bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall nicht gebunden (BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 12 R 13/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 19 RdNr 20). Nach einer Gesamtschau der vom Berufungsgericht festgestellten, von der Beklagten nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) ist es auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die gegen eine Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen. Der Kläger war gegenüber der Beigeladenen zu 1. nicht weisungsgebunden und nicht in deren Arbeitsorganisation eingegliedert (dazu 1.). Dem steht weder die Rechtsprechung des Senats (dazu 2.) noch ein fehlendes Unternehmerrisiko entgegen (dazu 3.).
- 15
-
1. Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. kam ein schriftlicher Vertrag nicht zustande. Vielmehr war mündlich lediglich dessen (krankheitsbedingte) Mitwirkung im Opernchor während zwei bestimmter Aufführungen vereinbart worden. Unabhängig davon wurde der Kläger unmittelbar vor seinen Auftritten szenisch eingewiesen und über die musikalische Strichfassung informiert. Allein diese Umstände lassen weder ein umfassendes Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1. hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Aufführung noch eine mit einem Arbeitnehmer vergleichbare Einbindung in deren Arbeitsorganisation erkennen. Bei einer Mitwirkung an Theateraufführungen ergibt sich wegen den mit der vertraglich vereinbarten Dienstleistung verbundenen Notwendigkeiten sowohl die zeitliche und örtliche Abhängigkeit als auch eine gewisse Vorgabe der künstlerischen Darbietung aus der besonderen Eigenart der Tätigkeit (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 30 mwN). Die Gebundenheit an den Ort der Spielstätte, die festgesetzte Spielzeit und den "groben" Inhalt einer Darbietung ist der Tätigkeit eines Bühnenkünstlers immanent. Hierbei handelt es sich nicht um konkrete arbeitskraftbezogene Weisungen, sondern um Rahmenvorgaben, innerhalb derer die übernommene Dienstleistung zu erbringen ist. Das gilt auch für die von der Beklagten geltend gemachte - vom LSG allerdings nicht festgestellte - Weisungsgebundenheit hinsichtlich Maske und Kostüm.
- 16
-
Das Fehlen eines die Tätigkeitsverrichtung betreffenden Weisungsrechts und einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers wird dadurch erhärtet, dass der Kläger nicht verpflichtet war, an Chorproben teilzunehmen, sondern sich eigenverantwortlich auf den Bühnenauftritt vorbereiten konnte. Diesen Gesichtspunkt hat das LSG zu Recht als wesentliches, gegen eine abhängige Beschäftigung sprechendes Indiz berücksichtigt. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass für die Prüfung der Versicherungspflicht grundsätzlich auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (BSG Urteil vom 31.3.2016 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Daraus folgt aber nicht, dass die im Einzelfall vereinbarten oder eine bestimmte Tätigkeit typischerweise charakterisierenden Rahmenbedingungen bei der notwendigen Gesamtschau unbeachtlich wären. Die Annahme des LSG, dass als Arbeitnehmer beschäftigte Opernchorsänger regelmäßig an Chorproben teilnehmen (müssen) und das Fehlen einer solchen Probenpflicht im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung als einer abhängigen Beschäftigung entgegenstehender Umstand zu werten ist, ist daher nicht zu beanstanden. Dass wegen des kurzfristig vereinbarten Auftritts eine Probe möglicherweise - da vom LSG nicht festgestellt - schon zeitlich nicht in Betracht kam, ändert daran nichts. Der Umstand, dass der Kläger kurzfristig und ohne Chorprobe einen erkrankten Sänger ersetzen sollte, bestätigt vielmehr, dass bei ihm nicht die von einem beschäftigten Opernchorsänger geschuldete weisungsgebundene Arbeitskraft, sondern besondere gesangliche, künstlerisch-gestaltende Fähigkeiten und damit eigenständige Gesangs-sowie Darstellerleistungen im Vordergrund seines Bühnenauftritts standen.
- 17
-
2. Mit dem hier gefundenen Ergebnis setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem Urteil vom 20.3.2013 (B 12 R 13/10 R - SozR 4-2500 § 7 Nr 19)zu den als "Gäste" beschäftigten Bühnenkünstlern. Danach wurde eine Beschäftigung während einzelner Auftritte ua deshalb angenommen, weil das Weisungsrecht des Theaters "wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble (also mit anderem künstlerischen Personal) über die Festlegung (lediglich) gewisser 'Eckpunkte' der Aufführungen wie deren Beginn und Ende sowie den 'groben' Inhalt der (künstlerischen) Tätigkeit als Sänger, Balletttänzer bzw Schauspieler hinausging". Gerade ein solches über die "Eckpunkte" und den "groben" Inhalt der Auftritte des Klägers hinausgehendes Weisungsrecht hat das LSG nicht festgestellt. Wie bereits ausgeführt wurde, unterlag der Kläger lediglich vereinbarten Rahmenvorgaben, nicht aber konkreten arbeitskraftbezogenen Weisungen durch die Beigeladene zu 1. Unabhängig davon war die im Urteil vom 20.3.2013 beurteilte Tätigkeit durch eine Vielzahl von detaillierten "Vertraglichen Vereinbarungen" gekennzeichnet.
- 18
-
3. Das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe eigenes Kapital nicht eingesetzt und damit das für eine Selbstständigkeit sprechende Unternehmerrisiko nicht getragen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es eines solchen Unternehmerrisikos überhaupt noch bedarf, wenn schon eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung nicht festzustellen ist. Maßgebliches Kriterium für ein solches Unternehmerrisiko ist zwar die Ungewissheit des Erfolgs des Einsatzes sächlicher oder persönlicher Mittel. Allerdings ist unternehmerisches Tätigwerden bei reinen Dienstleistungen gerade nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien verbunden (BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Das auch bei einer Tätigkeit als Opernchorsänger typische Fehlen solcher Investitionen ist damit kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine (abhängige) Beschäftigung und gegen unternehmerisches Tätigwerden.
- 19
-
Auch die Vereinbarung eines festen Honorars spricht nicht als Ausdruck eines fehlenden Unternehmerrisikos zwingend für abhängige Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei reinen Dienstleistungen, anders als bei der Erstellung eines materiellen Produkts, ein erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der Eigenheiten der zu erbringenden Leistung regelmäßig nicht zu erwarten (BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 48 mwN). Dies gilt insbesondere für Bühnenkünstler aufgrund deren künstlerischen, schöpferisch-gestaltenden Tätigkeit, und zwar unabhängig davon, dass die Honorare nicht frei ausgehandelt, sondern entsprechend gebräuchlicher Sätze festgelegt werden (BSG aaO).
- 20
-
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.
Tenor
-
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
-
Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. die außergerichtlichen Kosten im Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" wegen Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war.
- 2
-
Der 1976 geborene Beigeladene zu 1. war bis 30.9.2004 als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und in der sozialen Pflegeversicherung (sPV) versichert. Seit 1.10.2003 war er auf der Basis eines am 25.9.2003 zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Klägerin (A. GmbH, künftig einheitlich Klägerin) geschlossenen "Projektvertrages" im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" tätig. Durch den Vertrag wurde er "beauftragt", Leistungen in Bezug auf die "Auftragsnummer A 95/002, Projekt D., Dispo und Service bei M." - einer Elektronik-Verbrauchermarktkette - zu erbringen. Nach dem Projektvertrag war der Beigeladene zu 1. in der Wahl des Zeitpunkts zur Leistungserbringung generell frei und vereinbarte selbst den Tag und Zeitpunkt seines Besuchs mit den zuständigen Mitarbeitern des Handels. Im Einzelnen galt nach dem Vertrag weiter ua Folgendes: Der Beigeladene zu 1. konnte die vertraglich geschuldete Leistung auch durch Dritte erbringen lassen. Bei Verhinderung (wie Überlastung, Krankheit oder Urlaub) hatte er selbst für eine Vertretung zu sorgen. Der Beigeladene zu 1. erhielt einen pauschalen Besuchspreis in Höhe von 15 Euro pro Markt, inklusive Fahrtkosten sowie pro Besuch und nachgewiesener Bestellung ab dem 36. bestellten Produkt eine Stückprämie von 0,40 Euro. Die Abrechnung erfolgte monatlich unter Ausweisung von Mehrwertsteuer und Angabe der Umsatzsteuernummer des Beigeladenen zu 1. Die Vereinbarung war jederzeit mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich kündbar. Der Beigeladene zu 1. durfte auch für andere, ähnlich geartete Auftraggeber tätig werden. Er haftete für Schäden, die aus der verzögerten Erledigung resultierten, es sei denn, er hatte die Verzögerung oder Verhinderung nicht zu vertreten; in vollem Umfang haftete er auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen (Mitarbeiter, beauftragte Personen, Unternehmen).
- 3
-
In Ausführung des Projektvertrages besuchte der Beigeladene zu 1. regelmäßig bestimmte Verbrauchermärkte, um dort Original Handy-Zubehör adäquat zu platzieren. Dazu gehörten ua die Sorge um die Aktualität der Ware, Bestellung und Retourenabwicklung, Personalschulung über Neuerungen sowie Verhandlungen mit den Markt-Abteilungsleitern über Durchführung, Art und Menge der Bestellungen. Gegenüber der Klägerin erstellte er fortlaufend Rechnungen und einen Bericht bei Abschluss der Tätigkeit. Er verfügte an eigenen Arbeitsmitteln ua über einen PKW und einen Laptop sowie eine Büroeinrichtung und Internetanschluss. Vom 1.6. bis 31.12.2004 war der Beigeladene zu 1. neben seiner Tätigkeit für die Klägerin für ein weiteres Unternehmen als "Assistant Trainer (Promotion, Abverkauf)" tätig. Insoweit stellte der beklagte Rentenversicherungsträger auf seinen Antrag hin fest, dass er diese Tätigkeit als Selbstständiger ausübe.
- 4
-
Der Beigeladene zu 1. beantragte im Januar 2005 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich seiner Tätigkeit für die Klägerin. Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006 und durch weitere Bescheide gegenüber der Klägerin fest, dass er die Tätigkeit in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 im Rahmen einer Beschäftigung ausübe bzw in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei.
- 5
-
Das von der Klägerin dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum nicht sozialversicherungspflichtig tätig gewesen sei (Urteil vom 10.2.2011). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte durch Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010 festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 wegen der Tätigkeit für die Klägerin nicht in der GKV und in der sPV versicherungspflichtig war und ein entsprechendes - angenommenes - Teilanerkenntnis abgegeben. Das LSG hat die darüber hinausgehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung überwögen bei dem Beigeladenen zu 1. die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände. Der Projektvertrag enthalte überwiegend Regelungen, die dafür sprächen. Nach den Umständen und Ermittlungen fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses auf selbstständiger Basis nur formal vereinbart worden sei. Es habe sich nicht um bloße untergeordnete Regalauffülltätigkeiten gehandelt, sondern um einen um gestalterische Elementen erweiterten Aufgabenkreis. Die Rahmenbedingungen (Warenwirtschaftsturnus; konkrete Verbrauchermärkte) seien nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei zudem auch für andere Auftraggeber tätig und berechtigt gewesen, Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Betriebliche Sachzwänge, Mitteilungspflichten, die Möglichkeit einer Qualitätskontrolle durch die Klägerin sowie die Verpflichtung, Interessenkollisionen beim Einsatz Dritter bzw bei weiteren Aufträgen zu vermeiden, relativierten sich dadurch, dass auch klassische Selbstständige ähnlichen Pflichten unterlägen. Insgesamt sei der Beigeladene zu 1. als für mehrere Auftraggeber tätiger "Solo-Selbstständiger" anzusehen (Urteil vom 23.5.2013).
- 6
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das LSG im Rahmen der Gesamtwürdigung den für die Tätigkeit maßgeblichen Bestimmungen des Projektvertrages, die nur dem Wortlaut nach auf eine selbstständige Tätigkeit zielten, uneingeschränkt Vorrang gewährt. Die tatsächlichen Umstände bei der Durchführung der einzelnen Aufträge, die für eine weitgehende Weisungsabhängigkeit und Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin sprächen, habe das LSG nur nachrangig berücksichtigt. Die Feststellungen zur Tätigkeit umschrieben letztlich nur die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten". Die Ansicht des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, als nicht abhängige Beschäftigung ausgeübt werden könnte. Der Beigeladene zu 1. sei aber in den Arbeitsprozess der Klägerin eingegliedert gewesen, indem er nach Annahme eines Einzelauftrags der Klägerin zu deren Vertragspartnern gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach den Vorgaben der Klägerin auszuführen. Hinweise auf ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestünden nicht. Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis - von der kein Gebrauch gemacht worden sei - stelle allein kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit dar. Feststellungen des LSG entsprächen teilweise nicht den Tatsachen, soweit es die Gewährung von Kilometergeld und Fahrkosten für den Besuch weiter entfernter Märkte anbelange. Eine Entlohnung mittels Besuchspauschale und Stückprämie spreche nicht indiziell für eine selbstständige Tätigkeit. Umständen wie Rechnungsstellung, Kündigungsmöglichkeit, oder die Möglichkeit einer Tätigkeit für weitere Auftraggeber komme ebenfalls keine indizielle Wirkung im Hinblick auf Selbstständigkeit zu.
- 7
-
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 8
-
Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
- 9
-
Beide verteidigen das angefochtene Urteil.
- 10
-
Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge, die Beigeladenen zu 2., 3. und 6. schließen sich der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung an.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers ist unbegründet.
- 12
-
Revisionsrechtlich beanstandungsfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund einer Beschäftigung bei der klagenden GmbH als Arbeitgeberin feststellte.
- 13
-
1. Gegenstand des Rechtsstreits sind - nach Annahme des Teilanerkenntnisses der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim LSG durch die Klägerin - der Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006, beide wiederum geändert durch die Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010, soweit darin die Beklagte die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" für die Klägerin aufgrund Beschäftigung in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung und danach vom 1.10.2004 bis 24.5.2005 in allen Zweigen der Sozialversicherung feststellte. Der Bescheid vom 2.2.2010 hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht besteht) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 2.2.2010 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt hat (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13). Zu Recht hat das LSG auch den ausschließlich gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheid vom 11.3.2010 als Gegenstand des Revisionsverfahrens angesehen, weil er ausdrücklich als "Bescheid" den früheren Bescheid vom 2.2.2010 änderte, auch wenn dies nur wegen einer teilweisen offensichtlichen Unrichtigkeit erfolgte. Soweit das LSG darüber hinaus - von den Beteiligten unbeanstandet gelassen - entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).
- 14
-
2. Das LSG ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den von ihm für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1. in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht wegen Beschäftigung versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war.
- 15
-
a) In den Jahren 2003 bis 2005, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).
- 16
-
b) Das LSG hat diese allgemeinen rechtlichen Maßstäbe im Ausgangspunkt zutreffend herangezogen und begründet, dass und warum die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände hier nicht überwiegen, sondern die Abwägung insgesamt zu einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. führt. Die zentralen Feststellungen des LSG zum Inhalt des Projektvertrages (dazu aa), die von der Beklagten nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen wurden, sowie die hierzu nicht in Widerspruch stehende tatsächliche Umsetzung des Vertrages (dazu bb) rechtfertigen in dem hier (ausschließlich) zu beurteilenden Fall die Annahme des LSG, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht als Beschäftigter versicherungspflichtig war. Anders als Ausführungen der Beklagten und auch des LSG andeuten, geht es vorliegend allerdings nicht darum, eine "allgemeine" sozialversicherungsrechtliche Beurteilung für ein bestimmtes neues Berufsbild im Rahmen von "Merchandising/Rackjobbing" vorzunehmen (dazu cc). Schließlich ist auch ein Unternehmerrisiko beim Beigeladenen zu 1. anzunehmen (dazu dd).
- 17
-
aa) Rechtlicher Ausgangspunkt für die Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist zunächst die zwischen Klägerin und Beigeladenen zu 1. bestehende Vertragslage. Hierzu hat das LSG - ohne dass dies zu beanstanden wäre - angenommen, dass der für die vorliegende Tätigkeit maßgebende Projektvertrag nach seinem Gepräge überwiegend Regelungen enthält, die für eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnend sind. So war der Beigeladene zu 1. in zeitlicher Hinsicht weitgehend frei, war berechtigt, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen und hatte bei seiner Verhinderung für eine Vertretung zu sorgen. Als Entlohnung erhielt er eine Kombination aus Besuchspauschale und erfolgsabhängiger Stückprämie, und durfte auch - was teilweise tatsächlich erfolgte - noch für weitere ähnliche Auftraggeber tätig werden. Zwar hat das LSG auch festgestellt, dass die Klägerin über einen Adressenbestand von rund 75 "Lieferanten" verfügte, mit denen häufig sogenannte "Rahmenverträge" bestanden. Die Existenz eines zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1. bestehenden Rahmenvertrages hat das LSG hingegen nicht festgestellt.
- 18
-
bb) Dem angefochtenen Urteil können auch (gerade noch) hinreichende Feststellungen zur tatsächlichen Umsetzung der Vertragslage entnommen werden. Das LSG hat - insbesondere gestützt auf gerichtliche Anhörungen des Beigeladenen zu 1. im Klage- und Berufungsverfahren - festgestellt, dass Anhaltspunkte dafür fehlten, dass die vertraglichen Regelungen nur formal vereinbart worden waren und dass hinsichtlich der Erwerbstätigkeit tatsächlich etwas ganz anderes praktiziert wurde. Nach den vertraglichen Vereinbarungen und ihrer tatsächlichen Umsetzung sind damit keine gewichtigen Umstände ersichtlich, die gesamtschauend den Ausschlag für eine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs 1 S 2 SGB IV geben könnten.
- 19
-
(1) Der Beigeladene zu 1. war nach den Feststellungen des LSG weitgehend weisungsfrei in dem Sinne, dass die zeitlichen und örtlichen Rahmenbedingungen gerade nicht Ausfluss eines Direktionsrechts - wie im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - waren.
- 20
-
(2) Der Beigeladene zu 1. war - unbeschadet des Umstandes, dass er Dienstleistungen im Rahmen eines von der Klägerin mitgetragenen Gesamtvermarktungskonzepts erbrachte - nicht in einem relevanten Maß in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert, was sich ua in seiner vertraglichen Pflicht zeigt, im Falle seiner Verhinderung selbst für eine Vertretung zu sorgen. Er hatte nur auf betriebliche Sachzwänge der Klägerin und deren Kunden Rücksicht zu nehmen und unterlag insoweit lediglich Mitteilungspflichten und Qualitätskontrollen (zum Charakter von - eine Selbstständigkeit nicht ausschließenden - Dokumentationspflichten vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 20). Dem standen weitreichende Freiheiten des Beigeladenen zu 1. beim "Ob und Wie" der Erbringung der Tätigkeit mit eigenen gestalterischen Elementen gegenüber, die etwa über diejenigen eines klassischen Regalauffüllers hinausgingen. Das LSG hat insoweit zB auf Seite 15/16 seines Urteils dargelegt, dass dem Beigeladenen zu 1. - ähnlich wie anderen Vertragspartnern der Klägerin - die Entscheidung über die Präsentation der Produkte oblag, dass er Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung festzulegen hatte. Seine Tätigkeit habe gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente enthalten. Diese Tätigkeit habe sich im Rahmen eines Konzepts vollzogen, dass der Tatsache Rechnung getragen habe, dass Hersteller von Unterhaltungselektronik und IT-Produkten zunehmend dazu übergegangen seien, die Präsentation ihrer Waren nicht mehr den Betreibern von Märkten und Warenhäusern selbst zu überlassen, sondern sie - die Hersteller - es selbst in der Hand hätten, welche Verkaufs- bzw Regalflächen ihnen zur Verfügung gestellt würden. Hierzu bedienten sie sich insoweit spezieller Dienstleister (hier der Klägerin), um ihre Waren zeitnah und umsatzorientiert zu positionieren und möglichst werbewirksam zu präsentieren. In dieses Gesamtkonzept sei dann auch der Beigeladene zu 1. in der beschriebenen Weise eingebunden gewesen.
- 21
-
(3) Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. vertraglich berechtigt war, Dritte in die Auftragserledigung einzubeziehen, durfte vom LSG als Indiz für seine selbstständige Tätigkeit gewertet werden, auch wenn davon seitens des Beigeladenen zu 1. tatsächlich kein Gebrauch gemacht wurde.
- 22
-
(a) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30). Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung des BAG die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Da nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. Ein ihm auf diese Weise zustehender eigener Gestaltungsspielraum spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Vor diesem Hintergrund hat das LSG rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Möglichkeit der Einschaltung Dritter ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist.
- 23
-
(b) Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. Ausdrücklich rügt die Beklagte - ohne Benennung einer konkreten Verfahrensvorschrift - eine "Verletzung der Grundsätze der freien Beweiswürdigung" durch einen vermeintlichen Rückgriff des LSG auf Erkenntnisse in einem anderen Verfahren. Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt die Beklagte aber ebenso wenig wie etwa einen Verstoß des LSG gegen Denkgesetze. Darüber hinaus ist nach der Revisionsbegründung nichts Hinreichendes dafür ersichtlich, dass das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl hierzu allgemein Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, S 467, Kap IX, RdNr 330; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 23 jeweils mwN), dass sich also im Rahmen einer Gesamtabwägung aller maßgebenden Indizien das Ergebnis zum Nachteil der Klägerin verschiebt. Die Beklagte bezieht ihre Rüge ausdrücklich nur auf die Feststellungen des LSG zur "Ernsthaftigkeit" der Vertragsregelung bezüglich der Auftragserledigung durch Dritte. Tatsächlich beziehen sich die Ausführungen des LSG zu dem Parallelverfahren auch nur auf den Aspekt der "Ernsthaftigkeit dieser Regelung". Die zugrundliegende Feststellung des Vorliegens einer entsprechenden vertraglichen Regelung über die Möglichkeit der Einschaltung Dritter und die Feststellung ihrer Nichtumsetzung in der Praxis sind hiervon jedoch in keiner Weise betroffen. Vielmehr handelt es sich bei der Frage der vom LSG problematisierten "Ernsthaftigkeit" der Regelung um eine hypothetische Einwendung gegen die zugrundeliegenden Feststellungen zum Vertragsinhalt. Mithin hätte es - jedenfalls bei einem Hinwegdenken der aus dem Parallelverfahren gewonnenen Erkenntnisse - der Beklagten oblegen, darzutun, dass die Vertragsbestimmung nur "formal" bzw zum Schein (vgl § 117 Abs 1 BGB) getroffen wurde, um den vom LSG bejahten indiziellen Charakter der Vertragsbestimmung nachhaltig zu erschüttern. Dem wird das Revisionsvorbringen jedoch nicht gerecht: Die Beklagte führt zum einen lediglich ihre abweichende rechtliche Auffassung an, wonach es sich bei der Vertragsregelung um eine Vertretungsregelung handele. Zum anderen argumentiert sie spekulativ in der Weise, dass sie ausführt, der Beigeladene zu 1. hätte einer Hilfskraft "vermutlich" seine gesamte Vergütung überlassen müssen. Das alles reicht insbesondere nicht aus, um einen entscheidungserheblichen - dh mit Auswirkung auf einen der Beklagten günstigen Urteilstenor - Verstoß gegen die Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung im Sinne von § 128 Abs 1 SGG bejahen zu können(vgl zu den sich insoweit stellenden Anforderungen allgemein Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 128 RdNr 4 ff mit umfangreichen Nachweisen).
- 24
-
(4) Es ist auch nicht ersichtlich und wird von der Beklagten nicht formell gerügt, dass das LSG bestimmte im Fall des Beigeladenen zu 1. bedeutsame, als Indizien in Betracht kommende Umstände unzureichend ermittelt oder in ihrer Tragweite in die nötige Gesamtabwägung dazu, ob (abhängige) Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt, nicht eingestellt hätte.
- 25
-
cc) Die in der Revisionsbegründung der Beklagten aus dem angefochtenen Urteil hergeleitete pauschale Einschätzung, die rechtliche Beurteilung des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, nicht in (abhängiger) Beschäftigung ausgeübt werde, erscheint bei alledem nicht gerechtfertigt. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ausschließlich eine konkrete, durch bestimmte Sachverhaltsgegebenheiten und ein spezifisches vertragliches Regelwerk geprägte Tätigkeit des Beigeladenen zu 1., deren rechtliche Einordnung der Senat nach den Maßstäben des Revisionsrechts zu überprüfen hat. Auch die Annahme der Beklagten, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sei letztlich derjenigen eines kaufmännischen Angestellten vergleichbar, trägt im Ergebnis revisionsrechtlich nicht. Die Beklagte weist insoweit zwar zu Recht auf die - nach wie vor aktuelle - Rechtsprechung des BSG hin, wonach auch Dienste höherer Art im Rahmen einer Beschäftigung geleistet werden können, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29 mwN). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist jedoch - wie unter 2 b) bb) dargelegt - nach den Feststellungen des LSG gerade durch eine weitgehende Weisungsfreiheit und ein überwiegendes Nichteingebundensein in die Arbeitsorganisation der Klägerin geprägt. Wenn die Beklagte der nach den Umständen des Falles gewonnenen Überzeugung der Vorinstanzen zu den bestimmenden Elementen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht folgen wollte bzw will, hätte sie insoweit im Revisionsverfahren näher zu spezifizierende Verfahrensrügen anbringen bzw bereits in den Tatsacheninstanzen ggf Beweisanträge dazu stellen müssen. Die Beklagte hat aber zB auch keinen konkreten Ermittlungsbedarf dazu aufgezeigt, dass es sich bei den konkreten vom Beigeladenen zu 1. erledigten Arbeiten um genau solche gehandelt habe, die zuvor bzw gleichzeitig ebenso durch andere Personen in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wurden (vgl zur insoweit notwendigen Unterscheidbarkeit beider Erwerbsformen zB BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 14/10 R - Juris RdNr 26).
- 26
-
dd) Auch das Vorbringen der Beklagten, es lägen keine Anhaltspunkte für ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1. vor, führt schließlich nicht zum Erfolg der Revision.
- 27
-
Nach den vom 12. Senat des BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, dh, ob der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Die Feststellungen des LSG machen die Annahme eines in diesem Sinne verstandenen Unternehmerrisikos revisionsgerichtlich nachvollziehbar, weil der Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung seiner Arbeitskraft bei der Durchführung des Projektvertrages das Risiko des Ausfalls seines Verdienstes trug. Nach dem vom LSG festgestellten Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen erhielt er nämlich eine pauschale Vergütung sowie zusätzliche umsatz- und damit erfolgsabhängige Stückprämien dafür, dass er Verbrauchermärkte aufsuchte. Der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft war somit insbesondere aufgrund der erfolgsbezogenen Vergütungsteile im Einzelnen durchaus ungewiss. Der Belastung mit dem Ausfallrisiko standen hinsichtlich der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft auch größere Freiheiten und Erwerbschancen gegenüber wie sie im Regelfall in einem Arbeitsverhältnis nicht gleichermaßen anzutreffen sind. Der Beigeladene zu 1. konnte den Einsatz seiner Arbeitskraft in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise sehr weitreichend selbst steuern, indem er zB durch die Art und Weise der Arbeitsausführung die Dauer seiner Besuche in den Märkten bestimmen konnte und in der Lage war, durch die ihm obliegende Präsentation der Produkte deren Absatz zu beeinflussen und so seine Verdienstchancen zu erhöhen.
- 28
-
3. Nach alledem unterlag der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 nicht der Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.