Tenor

I. Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1 werden das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20. Juli 2016 und die Bescheide vom 2. Januar 2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2015 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger die Tätigkeit als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1 in der Zeit vom 5. September 2013 bis 31. Dezember 2014 nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausübte und insoweit nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1 und Berufungsklägerin.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers hinsichtlich seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 (Berufungsklägerin) als Kurierfahrer in der Zeit vom 05.09.2013 bis zum 31.12.2014.

Der Kläger machte sich 2001 als Kurierfahrer selbstständig und meldete ein Gewerbe an. In der Zeit von 15.12.2001 bis 14.06.2002 bezog er einen Existenzgründungszuschuss (vgl. Bescheid der Agentur für Arbeit vom 24.01.2002). Laut Bescheid des zuständigen Rentenversicherungsträgers vom 06.03.2002 unterlag er nicht der Rentenversicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), weil er, so die Begründung, auf Dauer und im Wesentlichen für mehr als einen Auftraggeber tätig sei. Am 20.05.2013 und am 26.06.2013 erwarb er im Namen seiner Firma für 5400 € und für 7000 € zwei gebrauchte Pkw (Ford Focus), nachdem er bereits am 05.03.2012 für 5350 € einen gebrauchten OPEL Combo für den Kurierdienst gekauft hatte.

Am 24.09.2013 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1, ein rechtlich selbstständiges Tochterunternehmen der Mediengruppe O., einen unbefristeten Beförderungsvertrag zur Auslieferung von Druckerzeugnissen (F.T., außerdem überregionale (Tages-) Zeitungen, Prospekte, Kataloge, Briefsendungen). Nach § 1 Satz 1 dieses Vertrags übernimmt der Auftragnehmer ab 05.09.2013 als selbstständiger Unternehmer die Beförderung (Abholung und Zustellung) aller vom Auftraggeber beauftragen Zustellobjekte auf den vereinbarten Touren durch Einsatz geeigneter Fahrzeuge und geeignetem Fahrpersonal. Dabei erbringt er die Leistung in eigener Verantwortung (Satz 2). Des Weiteren obliegt ihm die Verkehrssicherungspflicht für alle im Zusammenhang mit der Leistungserbringung stehenden Tätigkeiten (Satz 3).

Die Beigeladene zu 1 (Auftraggeber) ist im Konzern für den Transport der Pressedruckerzeugnisse und Briefsendungen zuständig (Organisation, Planung und Durchführung der Zustelldienste), während in einem weiteren rechtlich selbstständigen Tochterunternehmen der Mediengruppe O. etwa 1400 Zeitungsausträger/ Zusteller angestellt sind. Im streitigen Zeitraum hatte die Beigeladene zu 1 außer dem Geschäftsführer fünf Beschäftigte und vier weitere Mitarbeiter, die die Tagesdisposition, Tourenplanung und Abrechnung mit den Fahrern erledigten und nachts auch Ansprechpartner für die Fahrer waren. Sie hatten sich beispielsweise darum zu kümmern, wenn ein Fahrer nicht gekommen war, Zeitungspakete einem Fahrer falsch zugeordnet waren oder kurzfristige Tourenänderungen wegen Erkrankung eines Zustellers erforderlich wurden. Angestellte Fahrer hatte die Beigeladene zu 1 nicht.

Aufgabe des Klägers war es, die versandfertig kommissionierte Ware an der Rampe in der Druckerei abzuholen und an die Zeitungsausträger auszuliefern bzw. bei deren Adressen abzulegen. Außerdem hatte er Briefrückläufer am Ende einer Tour an der vertraglich bestimmten Stelle abzugeben. Ihm wurden von der Beigeladenen zu 1 keine Arbeitsmittel wie etwa Fahrzeuge, Navigationsgeräte, Kommunikationsgeräte oder Software zur Verfügung gestellt. Er war verpflichtet, das Beförderungsgut von Montag bis Freitag spätestens um 01.25 Uhr und am Samstag um 01.55 Uhr abzuholen. Die Tour umfasste ein bestimmtes Gebiet, das von den Disponenten der Beigeladenen zu 1 so zugeschnitten worden war, dass das Beförderungsgut innerhalb von zwei bis drei Stunden ausgefahren werden konnte. Der Kläger kannte die in seinem Gebiet anzufahrenden Adressen. Über die konkrete Ausgestaltung der Tour konnte er frei entscheiden. Eine Umstellung der üblichen Route konnte beispielsweise wegen der Witterung, wegen einer Straßenbaustelle oder wegen einer Ablagenänderung erforderlich werden. Auch ohne ausdrückliche Regelung im schriftlichen Beförderungsvertrag waren sich die Vertragspartner darüber einig, dass die Zeitungen morgens bis 6.00 Uhr bei den Kunden abgeliefert sein mussten und insoweit Fahrer und Zusteller (ohne Beteiligung der Beigeladenen zu 1) kooperieren mussten. Die Zeitungsausträger im Gebiet des Klägers hatten in der Regel dessen Handynummer.

Pro Tour (Tour F.) erhielt der Kläger 122 € zuzüglich Mehrwertsteuer, wobei mit diesem Entgelt seine Leistungen vollständig abgegolten waren, insbesondere das Be- und Entladen, Fahrzeit, Kraftstoffe, Straßenbenutzungsgebühren sowie der Mehraufwand bei Verspätungen und größeren Mengen und Gewichten mit Ausnahme von Übergewichten über 1,2 Tonnen bei Zeitungen, Prospekten und Anzeigenblättern. Die Höhe des Entgelts beruhte auf einer Einigung der Vertragspartner, nachdem die Beigeladene zu 1 ein entsprechendes Angebot über eine Tourensoftware ermittelt und unterbreitet hatte und der Kläger nach Testung der Tour seine Entgeltvorstellungen eingebracht hatte.

Der Kläger war berechtigt, zur Ausführung der Aufträge Subunternehmer auf eigene Kosten einzusetzen, wobei dies der Beigeladenen zu 1 vorher mitzuteilen war. Den Erläuterungen der Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung zufolge diente die Mitteilungspflicht dem Zweck, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1 wussten, wem die Zeitungspakete in der Nacht zu übergeben sind. Außerdem war die Mitteilung, welcher andere Unternehmer für die Tour eingesetzt werde, auch wegen der Briefsendungen und der insoweit gebotenen Maßnahmen zur Wahrung des Postgeheimnisses notwendig. Der Kläger war verpflichtet, zuverlässiges und geeignetes Fahrpersonal für die Leistungsdurchführung einzusetzen. Gegenüber der Beigeladenen zu 1 blieb der Kläger auch bei Einsatz von Subunternehmern für die ordnungsgemäße Ausführung der Aufträge und die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Beförderungsvertrag verantwortlich. Selbstständige Kurierdienste übernahmen im streitgegenständlichen Zeitraum mehrfach Fahrten des Klägers und stellten ihm die Fahrten in Rechnung. Die Einweisung der vom Kläger beauftragten Fahrer in die Tour samt der anzufahrenden Adressen erfolgte in der Weise, dass ein solcher Fahrer vor Übernahme eines Auftrags den Kläger auf dessen Tour und auf dessen Kosten begleitete.

Der Kläger war verpflichtet, Fehler wie Falsch- oder Fehllieferungen unverzüglich, in eigener Verantwortung und auf eigene Kosten zu beheben. Außerdem sah der Beförderungsvertrag für den Fall, dass der Kläger seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen sollte, eine Haftung dergestalt vor, dass die Beigeladene zu 1 auf Kosten des Klägers eine „Sonder- oder Ersatzfahrt“ veranlassen konnte. Daneben sollte eine Aufwandsentschädigung in Höhe eines Tagesvergütungssatzes und eine Vertragsstrafe in Höhe von 2500 € fällig werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf den Beförderungsvertrag Bezug genommen (§ 2 Beförderungsauftrag, Beförderungspflichten; § 3 Vergütung; § 4 Rechnungsstellung und Zahlungsziel; § 5 Laufdauer und Kündigung; § 6 Allgemeine Voraussetzungen/ Grundsätze; § 7 Sonstiges; § 8 Postgeheimnis, Datenschutz, Betriebsgeheimnisse; § 9 Haftung; § 10 Sonstiges, salvatorische Klausel; Anlage 1 Vergütungsvereinbarung; Anlage 2.1 Zustellobjekte; Anlage 2.2 Übernahmezeitpunkt; Anlage 2.3 Übergabe und Rückgabe Briefe).

Der Kläger warb für seinen Kurierdienst insbesondere über Inserate und auf seinen Fahrzeugen. Zwei seiner Fahrzeuge nutzte er ausschließlich geschäftlich und auch für die streitgegenständliche Tätigkeit. Außerdem hatte er Betriebskosten und Unterhalt für die Fahrzeuge sowie die Rechnungen der „Ersatzfahrer“ zu begleichen. Er stellte seiner Firma Fahrzeugstellplätze zur Verfügung. Er verfügte über Betriebsmittel wie z.B. Büro, Handy, Computer. Er leistete den Beitrag zur Industrie- und Handelskammer und führte den Versicherungsbeitrag zur Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen ab.

Der Kläger stellte mit einem Formularantrag vom 25.07.2014 (Eingang 30.07.2014) Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich der seit dem 05.09.2013 für die Beigeladene zu 1 ausgeübten Tätigkeit und gab an, dass er für mehrere Auftraggeber tätig sei. Er beantwortete die Fragen der Beklagten und übersandte die angeforderten Unterlagen (z.B. Rechnungen an die Beigeladene zu 1 und an weitere Auftraggeber, Rechnungen seiner Subunternehmer). Auch die Beigeladene zu 1 beantwortete die Fragen der Beklagten.

Nach Durchführung eines Anhörungsverfahrens stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 02.01.2015 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 fest, dass die Tätigkeit als Kurierfahrer/ Postzusteller bei der Beigeladenen zu 1 seit 05.09.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und seit 05.09.2013 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Zur Begründung führte sie aus, dass die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwiegen würden. Das Vertragsverhältnis sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Der Auftraggeber gäbe über das Zustellgebiet feste Fahrtouren vor. Der Kläger dürfe mit den Auslieferungskunden die Modalitäten der Lieferung nicht selbst festlegen. Dem Kläger vorgegeben seien der Umfang und der Zustellungstermin der anzuliefernden Beförderungsobjekte. Er erhalte feste örtliche und zeitliche Vorgaben zur Abholung und Ausgabe des Beförderungsguts. Der Auftraggeber könne die Eignung von gegebenenfalls eingesetzten Mitarbeitern/ Subunternehmen kontrollieren und behalte sich deren Ablehnung vor. Die Preise würden vom Auftraggeber festgelegt. Der Kläger werde vorwiegend persönlich tätig. Für eine selbstständige Tätigkeit würden der Einsatz eines eigenen Fahrzeugs bei der Durchführung des Auftrags und die Behebung von Falsch- und Fehllieferungen auf eigene Kosten sprechen. Bei Kurierfahrern sei das Vorhandensein eines Kraftfahrzeugs zwingende Voraussetzung. Eine selbstständige Tätigkeit könne aber nicht allein am Merkmal eines eigenen Fahrzeugs festgemacht werden, weil der wirtschaftliche Erwerb eines solchen Fahrzeugs nicht so hoch sei, dass ein mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könnte. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt. Somit trage der Kläger kein unternehmerisches Risiko. Ein Spielraum für eine im Wesentlichen freie Ausgestaltung der Tätigkeit sei hier nicht gegeben. Die Gestaltungsmöglichkeit erschöpfe sich in der Annahme oder Ablehnung eines vom Auftraggeber nach dessen Bedürfnissen ausgearbeiteten Auftrags.

Nachdem der Kläger der Beklagten mitgeteilt hatte, dass er ab 01.01.2015 einen Angestellten habe, der auch für diesen Auftrag eingesetzt werde, wurden die Bescheide vom 02.01.2015 mit Bescheiden vom 24.04.2015 jeweils für die Zeit ab 01.01.2015 zurückgenommen. Ab 01.01.2015, so die Begründung, würden die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit überwiegen.

Der Widerspruch des Klägers wurde im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2015 zurückgewiesen. Entscheidungserheblich sei hier, dass der Kläger hinsichtlich der Abholung und der Auslieferung der Sendungen an vom Auftraggeber vorgegebene Abholorte und -zeiten sowie Bereitstellungszeiten gebunden sei. Sendungsrückläufe habe er jeweils am Tourenende am vom Auftraggeber bestimmten Ort abzugeben. In diesem Rahmen stelle er dem Auftraggeber seine Arbeitszeit zur Verfügung und könne nicht mehr frei über die Arbeitszeit verfügen. Ein wesentlicher über das Maß eines abhängig Beschäftigten hinausgehender eigener Entscheidungsspielraum sei nicht erkennbar. Es fehle auch an einem erheblichen Unternehmerrisiko.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 16.09.2015 Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Er habe für das zu beurteilende Auftragsverhältnis zwei Fahrzeuge eingesetzt, die ausschließlich geschäftlich genutzt worden seien. Für die private Nutzung stünden vier private Fahrzeuge zur Verfügung. Er habe ein erhebliches Unternehmerrisiko gehabt durch die Nutzung von zwei Fahrzeugen incl. Unterhaltskosten, eigene Betriebsmittel (Büro, Handy, Computer, usw.), Beiträge für die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung, für die IHK, für die GEZ Gewerbe und für den Einsatz eines selbstständigen Unternehmers für Fahrten. Durch Einsätze eines Subunternehmers sei seine Arbeitszeit frei verfügbar gewesen. Der Klage beigefügt ist u.a. ein Veranlagungsbescheid der Berufsgenossenschaft Verkehr vom 01.01.2011.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.07.2016 abgewiesen. Der Kläger habe zwar die vertraglich vereinbarten Transportleistungen mit selbst erworbenen Fahrzeugen erbracht, dies führe aber nicht zu einem Unternehmerrisiko im Sinn der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, da zum einen der wirtschaftliche Aufwand des Klägers für den Erwerb der beiden Fahrzeugen nach den vorgelegten Kaufverträgen nicht so hoch gewesen sei, dass hierin ein mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könne, und da zum anderen der Kläger außer dieser Investition in die eigenen Fahrzeuge keinerlei weitere Investitionen getätigt habe und kein weiteres Risiko auf sich genommen habe. Dies gelte umso mehr, als es sich bei den gekauften Fahrzeugen auch nicht um Neuwagen, sondern um günstige Gebrauchtwagen gehandelt habe, so dass jedenfalls keine vergleichsweise höhere Investition erfolgt sei als es auch bei abhängig beschäftigten Arbeitnehmern üblich sei, die ein eigenes Fahrzeug für den Weg zur Arbeitsstätte einsetzten. Eindeutig gegen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos spreche auch, dass eine Pauschalvergütung von 122 € pro Tour vereinbart worden sei, der Erfolg des Einsatzes der Arbeitskraft also nicht ungewiss gewesen sei. Der Kläger sei auch wesentlich stärker in die betrieblichen Abläufe der Beigeladenen eingebunden gewesen als der Frachtführer gemäß §§ 407 ff. Handelsgesetzbuch (HGB). Sein Tagesablauf sei durch die vereinbarten Übernahmezeitpunkte vorstrukturiert gewesen und es sei aufgrund der Tatsache, dass jeweils eine bestimmte feste Tour zu fahren gewesen sei, kein erheblicher Gestaltungsspielraum bei der Arbeits- und Toureneinteilung verblieben. Es liege auch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1 vor. Denn es seien sowohl hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsorts als auch hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung der Tätigkeit eigene Gestaltungsspielräume im Sinn einer selbstständigen Tätigkeit nicht vorhanden. Ort, Zeit sowie Art und Weise der Ausführung der Tätigkeit hätten sich bereits aus dem Beförderungsvertrag nebst Anlagen ergeben. Der Kläger habe sich nach diesen Vorgaben richten müssen. Seine Gestaltungsmöglichkeit würde sich in der Berechtigung erschöpfen, zur Durchführung der Aufträge weitere Unternehmer auf eigene Kosten einzusetzen. Der Kläger habe die Tätigkeit in eigenen Fahrzeugen, also in einem durch die Beigeladene zu 1 zugewiesenen Dienstort verrichtet, so dass eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation und die betrieblichen Abläufe der Beigeladenen zu 1 vorliege. Der Kläger sei auch weisungsabhängig tätig gewesen. Sein Zustellgebiet sei räumlich durch den Tourenplan festgelegt gewesen. Das Recht des Klägers, die vertragliche Leistung nach vorheriger Mitteilung an die Beigeladenen zu 1 durch andere erbringen zu lassen, sei ebenfalls kein entscheidender Gesichtspunkt, da er diese Möglichkeit nur selten genutzt habe, wie sich aus den Rechnungen ergäbe. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung würden trotz der Nutzung eigener Fahrzeuge und trotz der Verpflichtung des Klägers, Falsch- und Fehllieferungen auf eigene Kosten zu beheben, überwiegen.

Gegen dieses dem Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 am 22.08.2016 zugestellte Urteil hat die Beigeladene zu 1 am 22.09.2016 Berufung einlegen lassen. Nach dem Hinweis, dass andere Zusteller, die mit dem Kläger völlig vergleichbar seien, im Rahmen von Statusfeststellungsverfahren als selbstständig anerkannt worden seien, ist dargelegt worden, dass der Kläger aus wirtschaftlichen Gründen gebrauchte Fahrzeuge neuen Fahrzeugen vorziehe, da bei dieser Tätigkeit der Verschleiß sehr hoch sei. Für die Tätigkeit als Zusteller sei ein Fahrzeug das Hauptarbeitsmittel. Ein Zusteller benötige keine Warenlager, keine Büros und keine sonstigen Betriebsmittel. Prägend sei vielmehr der Einsatz des eigenen Transportfahrzeugs. Für den Kläger stelle die Pauschalvergütung eine günstigere Regelung dar als eine konkrete Abrechnung nach Kilometern oder nach Stundenaufwand. Denn er könne bei „Schnellarbeitung“ der Tour größere Gewinne einfahren. Nicht nachvollziehbar sei das Argument, dass der Kläger wesentlich stärker in die betrieblichen Abläufe der Beigeladenen eingebunden sei als ein Frachtführer nach HGB. Von einer weisungsabhängigen Tätigkeit könne bei Weitem nicht gesprochen werden.

Die Beigeladene zu 1 beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.07.2016 sowie die Bescheide der Beklagten vom 02.01.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger die Tätigkeit als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1 in der Zeit vom 05.09.2013 bis 31.12.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübte und insoweit nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und auf ihren Vortrag im bisherigen Verfahren verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beigeladenen zu 1 ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.07.2016 zu Unrecht abgewiesen.

Streitgegenstand sind die Bescheide der Beklagten gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 vom 02.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2015. Unter Berücksichtigung der Änderungsbescheide vom 24.04.2015 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1, mit denen für die Zeit ab 01.01.2015 eine Rücknahme erfolgte, traf die Beklagte die Feststellung, dass der Kläger die Tätigkeit als Kurierfahrer/ Postzusteller bei der Beigeladenen zu 1 in der Zeit von 05.09.2013 bis 31.12.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe und für dieses Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat im Rahmen der statthaften Anfechtungs- und Feststellungsklage Anspruch auf Aufhebung dieser Bescheide und auf Feststellung, dass die streitgegenständliche Tätigkeit nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag.

Rechtsgrundlage der Statusentscheidung ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV; die Beklagte entscheidet im Anfrageverfahren auf Antrag, ob eine Tätigkeit versicherungspflichtig in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird oder als selbstständige Tätigkeit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Die Entscheidung, ob gegen Entgelt tätige Personen versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzesbuch Drittes Buch), ist auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 SGB IV zu treffen. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2).

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt „Beschäftigung“ voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann vornehmlich bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Eine selbstständige Tätigkeit ist demgegenüber durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen, und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen, wobei für die Beurteilung grundsätzlich von den vertraglichen Vereinbarungen auszugehen ist. Die Gerichte haben alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festzustellen, in ihrer Tragweite zu gewichten, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht einzustellen und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abzuwägen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 Juris Rn. 21; Urteil vom 14.03.2018, B 12 KR 3/17 R, Juris Rn. 12 f.; ähnlich § 611a Bürgerliches Gesetzbuch in der seit 01.04.2017 geltenden Fassung).

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger nicht in persönlicher Abhängigkeit von der Beigeladenen zu 1 tätig war und die streitgegenständliche Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit zu qualifizieren ist. Ausgangspunkt der Beurteilung sind die Vereinbarungen des Klägers und der Beigeladenen zu 1 im Beförderungsvertrag vom 24.09.2013 samt Anlagen, ergänzt durch die stillschweigende Übereinkunft der Beteiligten hinsichtlich des Zeitpunkts der Zustellung des Beförderungsguts. Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses dazu im Widerspruch stehen könnte, bestehen nicht.

Gewichtige Merkmale sprechen für die Einordnung der streitgegenständlichen Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit. Für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses gibt es nur wenige Indizien. Der Kläger war nicht in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1 eingebunden (1.) und jedenfalls im Wesentlichen nicht weisungsgebunden tätig (2.). Ein gewisses Unternehmerrisiko kann ihm bei Ausübung der Kuriertätigkeit nicht abgesprochen werden (3.). Diese das Gesamtbild der Arbeitsleistung bereits prägenden Merkmale werden durch weitere Indizien ergänzt, die den Charakter der streitgegenständlichen Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit unterstreichen (4.).

1. Ein starkes Indiz für die Qualifizierung der Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit ist die fehlende Eingliederung des Klägers in die Arbeits- und Betriebsorganisation der Beigeladenen zu 1. Der Senat kann keinerlei Gesichtspunkte erkennen, die auf eine solche Eingliederung hinweisen würden. Der Kläger war weder in das Informations- und Datennetz der Beigeladenen zu 1 eingebunden, noch hatte er einen Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1, noch verwendete er von der Beigeladenen zu 1 gestellte Arbeitsmittel, noch arbeitete er mit Personal der Beigeladenen zu 1 zusammen, noch hatte er Berichtspflichten gegenüber der Beigeladenen zu 1, noch unterlag er bei seiner Beförderungstätigkeit einer irgendwie gearteten Kontrolle durch die Beigeladene zu 1. Er trat im Rechts- und Geschäftsverkehr auch nicht im Namen der Beigeladenen zu 1 auf. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil ist die Frage des Gestaltungsspielraums des Klägers bei der Durchführung der streitgegenständlichen Tätigkeit weniger relevant hinsichtlich der Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation als vielmehr für die Frage der Weisungsgebundenheit gegenüber der Beigeladenen zu 1.

2. Der Kläger unterlag bei der Ausführung der streitgegenständlichen Tätigkeit im Wesentlichen nicht dem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1. Die Details seiner Kuriertätigkeit waren nämlich bereits vertraglich festgelegt. Soweit Leistungspflichten bereits vertraglich konkretisiert sind, ist für einseitige Weisungen des Arbeitgebers von vornherein kein Raum.

Die Beklagte und das Sozialgericht stützen sich allerdings zur Begründung der gegenteiligen Auffassung gerade auf die detaillierten Vereinbarungen im Beförderungsvertrag wie etwa genaue Festlegung des Beförderungsguts, örtliche und zeitliche Vorgaben zur Abholung und Ausgabe des Beförderungsguts, vorgegebener Zustellungstermin, festgelegtes Zustellgebiet und werten diese Vorgaben als Ausdruck der Weisungsunterworfenheit des Klägers. Dabei wird verkannt, dass ein arbeitsrechtliches Weisungsrecht überhaupt nur dort bestehen kann, wo gar keine oder nicht hinreichend präzise vertraglichen Regelungen zu Ort, Zeit und Inhalt der zu erledigenden Arbeiten bestehen. Das Weisungsrecht ist nämlich das Recht des Arbeitgebers, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Leistungspflichten des Arbeitnehmers einseitig durch Weisungen konkretisieren zu können (vgl. Griese in Personalbuch 2017, 24. Auflage 2017, Stichwort „Weisungsrecht“ Rn. 1). Gesetzlich niedergelegt ist dies in § 106 Satz 1 Gewerbeordnung, wonach der Arbeitgeber das Recht hat, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Dieser rechtliche Aspekt ist auch im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Prüfung, ob eine Beschäftigung vorliegt, zu beachten, da die Definition von Beschäftigung in § 7 Abs. 1 SGB IV ausdrücklich an das Arbeitsverhältnis und an eine Tätigkeit nach Weisungen anknüpft. Das BSG stellte bereits 1979 klar, dass schon im Voraus im Vertrag festgelegte Umstände nicht Gegenstand des Weisungsrechts sein können (vgl. Urteil vom 04.04.1979, 12 RK 37/77 Juris Rn. 15). In einem weiteren höchstrichterlichen Urteil aus dem Jahr 1980 ging es um die Frage der selbstständigen Tätigkeit von Zeitungsfahrern. Hier urteilte das BSG, dass allein aus der Tatsache, dass die Zeitungsfahrer aufgrund vertraglicher Vereinbarungen verpflichtet sind, bei der Übernahme, Beförderung und Auslieferung der Zeitungen und Zeitschriften sich an im Voraus festgelegte Zeiten und Fahrtrouten zu halten, nicht auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden könne (vgl. Urteil vom 27.11.1980, Az: 8a RU 74/79, Juris Leitsatz; darauf Bezug nehmend Urteile des Landessozialgerichts -LSGBaden-Württemberg vom 29.09.2015, L 11 R 3559/14, Juris Rn. 30, und vom 23.02.2016, L 11 R 2091/13, Juris Rn. 23). Solche ein Weisungsrecht ausschließende „Rahmenvorgaben“ können auch dann Bedeutung haben, wenn die Rahmenvorgaben nicht auf konkreten vertraglichen Regelungen beruhen, sondern einer übernommenen Dienstleistung immanent sind bzw. aus der Natur der Sache folgen (vgl. BSG, Urteile vom 27.11.1980, 8a RU 26/80, Juris Rn. 95, und vom 14.03.2018, B 12 KR 3/17 R, Juris Rn. 15). Als derartige Selbstverständlichkeit kann hier die Zustellung der Tageszeitungen bereits frühmorgens verstanden werden, wobei es auf diesen Aspekt wegen der Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 über den Zustellzeitpunkt nicht entscheidend ankommt.

Der Umstand, dass der Kläger eine feststehende Gebietstour zu fahren hatte, war vertraglich vereinbart (Anlage 1, Tour F.), so dass diesbezüglich ein Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1 nicht bestehen konnte. Nicht vertraglich geregelt waren allerdings die vom Kläger anzufahrenden und gegebenenfalls wechselnden Adressen der Zeitungsausträger. Insoweit war durchaus Raum für konkrete Weisungen der Beigeladenen zu 1, was sich insbesondere dann zeigte, wenn sich eine „Ablagenänderung“ ergeben hatte, was der Kläger nach Mitteilung durch die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1 zu beachten hatte. Nach Auffassung des Senats ist aber ein auf diese Frage eingeschränktes Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1 nicht ausreichend, um das Gesamtbild der Arbeitsleistung zu bestimmen, zumal wenn zahlreiche weitere Gesichtspunkte gegen eine abhängige Beschäftigung sprechen.

3. Der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1 war mit einem Unternehmerrisiko verbunden. Im Rahmen der Entscheidung über das Gesamtbild der Tätigkeit berücksichtigt der Senat allerdings, dass das Unternehmerrisiko des Klägers nicht besonders stark ausgeprägt war, was insbesondere daran liegt, dass er seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzte.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es insoweit darauf an, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, ob also der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel ungewiss ist. Hinzu kommt, dass ein unternehmerisches Risiko nur dann ein starkes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüber stehen (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2015, B 12 KR 17/13 R, Juris Rn. 27). Mit einer Investition von über 10.000 € (netto) für zwei gebrauchte Fahrzeuge wenige Monate vor Beginn der streitgegenständlichen Tätigkeit, die im Rahmen dieser Tätigkeit auch eingesetzt wurden, war der Kläger das Risiko eines Kapitalverlustes eingegangen. Wenn er die Fahrzeuge bei Ausbleiben weiterer Aufträge hätte verkaufen müssen, wäre sein Verkaufserlös mit Sicherheit geringer gewesen als der von ihm aufgewendete Kaufpreis. Diesem unternehmerischen Risiko stand auch eine größere Freiheit des Klägers in der Gestaltung der nächtlichen Touren gegenüber. Er konnte nämlich den konkreten Verlauf der jeweiligen Tour selbst bestimmen, was beim Auftreten von Änderungen wie beispielsweise einer Verkehrsbehinderung oder der Auswechslung einer anzufahrenden Adresse eine Rolle spielen konnte. Bei entsprechendem organisatorischem Geschick hatte er die Möglichkeit, Zeit und damit Arbeitskraft einzusparen.

Dass sein wirtschaftliches Risiko wegen des Kaufs gebrauchter Kraftfahrzeuge nicht groß genug gewesen wäre, wie das Sozialgericht hervorgehoben hat, ist für den Senat kein gewichtiges Gegenargument. Denkbar ist zwar, dass einer solchen Überlegung in Fallkonstellationen mit vielen Indizien für eine abhängige Beschäftigung größere Aufmerksamkeit zu schenken ist. In der hier vorliegenden Fallgestaltung ist diesem Aspekt aber keine streitentscheidende Bedeutung zuzumessen.

Ausdruck eines Unternehmerrisikos ist es weiter, dass der Kläger vertraglich verpflichtet war, bei seiner Tour aufgetretene Fehler unverzüglich nach Bekanntwerden in eigener Verantwortung zu beheben und bekannt gewordene Fehlmengen oder Falschbelieferungen auf eigene Kosten nachzuliefern (§ 2 Nr. 8 des Beförderungsvertrags). Weiter zeigt sich ein unternehmerisches Risiko darin, dass er für den Fall der Nichterfüllung seiner (Beförderungs-) Pflicht die Kosten einer „Sonder- oder Ersatzfahrt“ übernehmen musste (§ 9 Nr. 3 Satz 1 des Beförderungsvertrags) und ihm eine Vertragsstrafe in Höhe von 2500 € (Satz 2) drohte.

Dass der Kläger am Markt als Unternehmer auftrat, zeigte sich daran, dass er für seinen Kurierdienst insbesondere durch Inserate und auf seinen Fahrzeugen warb. Er hatte mehrere Auftraggeber und gewann durch Aquisition immer wieder neue Auftraggeber hinzu.

Ein nur mittelgradig ausgeprägtes Unternehmerrisiko nimmt der Senat allerdings deswegen an, weil der Kläger seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzte. Er hatte nämlich nach Durchführung einer Tour einen sicheren Entgeltanspruch. Ein Vergütungsrisiko trug er nur insoweit, als er die Kosten eines Ersatzfahrers tragen musste und auch tatsächlich trug, wenn er die Leistung nicht selbst erbringen konnte oder wollte, z.B. wegen Krankheit oder Urlaub. Zu bedenken ist andererseits auch, dass er nicht nach Arbeitszeit bezahlt wurde, sondern nach einer Pauschale, mit der alle Leistungen wie insbesondere Be- und Entladen, Fahrzeit, Kraftstoffe, Straßenbenutzungsgebühren, Mehraufwand bei Verspätungen und Mehraufwand grundsätzlich auch bei größeren Mengen und Gewichten abgegolten waren.

4. Weitere Indizien bestätigen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Tätigkeit um eine selbstständige Tätigkeit handelte.

Der Kläger schuldete nicht wie ein Arbeitnehmer die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft in einem bestimmten Umfang, sondern wie ein Werkunternehmer den Erfolg der pünktlichen Auslieferung, was die pünktliche Abholung des Beförderungsguts voraussetzte (vgl. BSG, Urteil vom 27.11.1980, 81 RU 26/80, Juris Rn. 92, 94). Die vertraglich geschuldete Beförderungstätigkeit ist dabei durchaus mit der Tätigkeit eines Frachtführers im Sinn der §§ 407 ff. HGB vergleichbar.

Der Kläger und die Beigeladene zu 1 ermittelten die Höhe des Entgelts für die Touren im Wege von Vertragsverhandlungen.

Der Kläger war nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet, wie dies im Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis der Fall ist (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2015, B 12 KR 17/13 R, Juris Rn. 22). Vielmehr war er berechtigt, zur Ausführung der Aufträge weitere Unternehmen auf eigene Kosten einzusetzen (§ 2 Nr. 3 des Beförderungsvertrags). Von diesem Recht machte er wiederholt Gebrauch, wie die Rechnungen seiner Subunternehmer vom 28.09.2013 (Touren am 07.09.2013, 13.09.,14.09., 20.09., 21.09.), vom 19.10.2013 (Touren am 12.10.2013, 19.10.2013), vom 30.11.2013 (Touren am 09.11.2013, 30.11.2013), vom 29.07.2014 (fünf Sonderfahrten im Juli 2014) und vom 26.08.2014 (fünf Sonderfahrten im August 2014) belegen.

Dieser Würdigung steht nicht entgegen, dass er der Beigeladenen zu 1 den Einsatz eines Subunternehmers vorher mitteilen musste. Ein Recht der Beigeladenen zu 1, den jeweiligen Subunternehmer des Klägers abzulehnen, war mit dieser Mitteilungspflicht nämlich nicht verbunden. Die Mitteilung, welcher andere Unternehmer für die Tour eingesetzt werde, war wegen der Briefsendungen und der insoweit gebotenen Maßnahmen zur Wahrung des Postgeheimnisses notwendig (vgl. dazu § 8 des Beförderungsvertrags). Außerdem wurde über diese Information sichergestellt, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1 wussten, wem die Zeitungspakete in der Nacht zu übergeben sind.

Der Kläger hatte weder Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall noch Anspruch auf bezahlten Urlaub.

Anders als die Beklagte sieht der Senat kein Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung darin, dass der Beförderungsvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden war.

Die Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung. Anders als in der ersten Instanz handelt es sich um einen Fall nach § 197a SGG. Wie sich aus dem Kontext des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG ergibt, ist diese Frage jeweils für einen Rechtszug zu klären. Dabei ist auf die Parteirollen im jeweiligen Rechtszug abzustellen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 183 Rn. 10; BSG, Beschluss vom 29.05.2006, B 2 U 391/05 B, Juris Rn. 16; Beschluss vom 13.04.2006, B 12 KR 21/05 B, Juris Rn. 9 a.E.). Hier ist die Beigeladene zu 1 Berufungsklägerin, also Rechtsmittelklägerin, so dass für die Anwendung des § 183 SGG kein Raum ist.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

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(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger ist seit 2006 als Opernchorsänger in verschiedenen Theatern und Opernhäusern mehrwöchig oder tageweise tätig. Er wurde am 23. und 30.12.2011 (krankheitsbedingt) im Opernchor der zu 1. beigeladenen GmbH gegen ein Bruttoentgelt von jeweils 344 Euro eingesetzt. Der Kläger war weder zu allgemeinem Dienst noch zur Chorprobe verpflichtet. Unmittelbar vor seinen Auftritten erhielt er eine kurze szenarische (Sicherheits-)Einweisung und Kenntnis von der musikalischen Strichfassung. Die Aushilfstätigkeit wurde von der Beigeladenen zu 1. aufgrund des Abgrenzungskatalogs für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen als versicherungspflichtige Beschäftigung gemeldet.

2

Der Kläger beantragte im März 2012 die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Beklagte stellte daraufhin fest, dass die Tätigkeit als Opernchoraushilfe am 23. und 30.12.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und insoweit Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Bescheid vom 21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2013).

3

Das SG Kassel hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.9.2014). Das Hessische LSG hat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Er sei nicht im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, sondern lediglich temporär für jeweils eine Vorstellung engagiert worden und dabei nicht als Teil des Ensembles in den Betriebsablauf der Beigeladenen zu 1. eingegliedert gewesen. Eine Gebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Dienstleistung habe lediglich während der jeweiligen Aufführung bestanden. Anders als fest angestellte Opernchorsänger habe er nicht an Proben teilnehmen und sich eigenständig sowie selbstverantwortlich vorbereiten müssen. Den künstlerischen Vorgaben in Form der szenischen Sicherheitseinweisung und Klärung der musikalischen Strichfassung komme nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Rechtsprechung des BSG, die allein durch das Zusammenwirken mehrerer Musiker in einem Ensemble auf eine abhängige Beschäftigung schließe, sei für den vorliegenden Fall nicht zu folgen (Urteil vom 15.12.2016).

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 7 SGB IV. Das LSG beschreibe lediglich die normalen Rahmenbedingungen eines jeden Bühnenkünstlers, der kurzfristig für einen anderen erkrankten Künstler einspringe und deshalb regelmäßig nicht an Proben teilnehmen könne. Nach der Rechtsprechung des BSG stehe weder der Wunsch nach nur vorübergehenden Engagements an verschiedenen Bühnen noch die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Tätigkeitsverrichtung einer abhängigen Beschäftigung entgegen. Auch komme es nicht auf die häusliche Vorbereitung, sondern allein auf die Verhältnisse nach Annahme des jeweiligen Engagements an. An beiden Vorstellungsabenden habe wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble sowie hinsichtlich Maske und Kostüm eine signifikante Weisungsgebundenheit vorgelegen. Der Kläger habe auch kein Unternehmerrisiko getragen. Die nicht individuell ausgehandelte Vergütung sei nicht erfolgs-, sondern zeitbezogen gewährt und eigenes Kapital sei nicht eingesetzt worden. Unabhängig davon hätten einem solchen Risiko keine größere Freiheiten beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft und größere Verdienstchancen gegenübergestanden.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 zurückzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

7

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

8

Die Beigeladene zu 4. hat sich dem Revisionsvorbringen angeschlossen. Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG).

10

Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG sowie die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger am 23. und 30.12.2011 in seiner Tätigkeit als Opernchoraushilfe für die zu 1. beigeladene GmbH nicht aufgrund einer Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war. Der Bescheid der Beklagten vom 21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

11

Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 1 und 2 Nr 1 SGB XI sowie § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006 , § 25 Abs 1 S 1 SGB III in der Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001 ) der Versicherungspflicht. Der Kläger war in diesem Sinn in seiner Tätigkeit als Opernchorsänger für die Beigeladene zu 1. nicht abhängig beschäftigt.

12

Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis(S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 31 RdNr 17 mwN und BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 21 mwN, jeweils auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 4 RdNr 24 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

13

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN).

14

Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Kläger nicht abhängig beschäftigt. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen lediglich Beurteilungshilfen enthält. Daran sind die Sozialgerichte bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall nicht gebunden (BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 12 R 13/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 19 RdNr 20). Nach einer Gesamtschau der vom Berufungsgericht festgestellten, von der Beklagten nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) ist es auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die gegen eine Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen. Der Kläger war gegenüber der Beigeladenen zu 1. nicht weisungsgebunden und nicht in deren Arbeitsorganisation eingegliedert (dazu 1.). Dem steht weder die Rechtsprechung des Senats (dazu 2.) noch ein fehlendes Unternehmerrisiko entgegen (dazu 3.).

15

1. Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. kam ein schriftlicher Vertrag nicht zustande. Vielmehr war mündlich lediglich dessen (krankheitsbedingte) Mitwirkung im Opernchor während zwei bestimmter Aufführungen vereinbart worden. Unabhängig davon wurde der Kläger unmittelbar vor seinen Auftritten szenisch eingewiesen und über die musikalische Strichfassung informiert. Allein diese Umstände lassen weder ein umfassendes Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1. hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Aufführung noch eine mit einem Arbeitnehmer vergleichbare Einbindung in deren Arbeitsorganisation erkennen. Bei einer Mitwirkung an Theateraufführungen ergibt sich wegen den mit der vertraglich vereinbarten Dienstleistung verbundenen Notwendigkeiten sowohl die zeitliche und örtliche Abhängigkeit als auch eine gewisse Vorgabe der künstlerischen Darbietung aus der besonderen Eigenart der Tätigkeit (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 30 mwN). Die Gebundenheit an den Ort der Spielstätte, die festgesetzte Spielzeit und den "groben" Inhalt einer Darbietung ist der Tätigkeit eines Bühnenkünstlers immanent. Hierbei handelt es sich nicht um konkrete arbeitskraftbezogene Weisungen, sondern um Rahmenvorgaben, innerhalb derer die übernommene Dienstleistung zu erbringen ist. Das gilt auch für die von der Beklagten geltend gemachte - vom LSG allerdings nicht festgestellte - Weisungsgebundenheit hinsichtlich Maske und Kostüm.

16

Das Fehlen eines die Tätigkeitsverrichtung betreffenden Weisungsrechts und einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers wird dadurch erhärtet, dass der Kläger nicht verpflichtet war, an Chorproben teilzunehmen, sondern sich eigenverantwortlich auf den Bühnenauftritt vorbereiten konnte. Diesen Gesichtspunkt hat das LSG zu Recht als wesentliches, gegen eine abhängige Beschäftigung sprechendes Indiz berücksichtigt. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass für die Prüfung der Versicherungspflicht grundsätzlich auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (BSG Urteil vom 31.3.2016 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Daraus folgt aber nicht, dass die im Einzelfall vereinbarten oder eine bestimmte Tätigkeit typischerweise charakterisierenden Rahmenbedingungen bei der notwendigen Gesamtschau unbeachtlich wären. Die Annahme des LSG, dass als Arbeitnehmer beschäftigte Opernchorsänger regelmäßig an Chorproben teilnehmen (müssen) und das Fehlen einer solchen Probenpflicht im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung als einer abhängigen Beschäftigung entgegenstehender Umstand zu werten ist, ist daher nicht zu beanstanden. Dass wegen des kurzfristig vereinbarten Auftritts eine Probe möglicherweise - da vom LSG nicht festgestellt - schon zeitlich nicht in Betracht kam, ändert daran nichts. Der Umstand, dass der Kläger kurzfristig und ohne Chorprobe einen erkrankten Sänger ersetzen sollte, bestätigt vielmehr, dass bei ihm nicht die von einem beschäftigten Opernchorsänger geschuldete weisungsgebundene Arbeitskraft, sondern besondere gesangliche, künstlerisch-gestaltende Fähigkeiten und damit eigenständige Gesangs-sowie Darstellerleistungen im Vordergrund seines Bühnenauftritts standen.

17

2. Mit dem hier gefundenen Ergebnis setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem Urteil vom 20.3.2013 (B 12 R 13/10 R - SozR 4-2500 § 7 Nr 19)zu den als "Gäste" beschäftigten Bühnenkünstlern. Danach wurde eine Beschäftigung während einzelner Auftritte ua deshalb angenommen, weil das Weisungsrecht des Theaters "wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble (also mit anderem künstlerischen Personal) über die Festlegung (lediglich) gewisser 'Eckpunkte' der Aufführungen wie deren Beginn und Ende sowie den 'groben' Inhalt der (künstlerischen) Tätigkeit als Sänger, Balletttänzer bzw Schauspieler hinausging". Gerade ein solches über die "Eckpunkte" und den "groben" Inhalt der Auftritte des Klägers hinausgehendes Weisungsrecht hat das LSG nicht festgestellt. Wie bereits ausgeführt wurde, unterlag der Kläger lediglich vereinbarten Rahmenvorgaben, nicht aber konkreten arbeitskraftbezogenen Weisungen durch die Beigeladene zu 1. Unabhängig davon war die im Urteil vom 20.3.2013 beurteilte Tätigkeit durch eine Vielzahl von detaillierten "Vertraglichen Vereinbarungen" gekennzeichnet.

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3. Das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe eigenes Kapital nicht eingesetzt und damit das für eine Selbstständigkeit sprechende Unternehmerrisiko nicht getragen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es eines solchen Unternehmerrisikos überhaupt noch bedarf, wenn schon eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung nicht festzustellen ist. Maßgebliches Kriterium für ein solches Unternehmerrisiko ist zwar die Ungewissheit des Erfolgs des Einsatzes sächlicher oder persönlicher Mittel. Allerdings ist unternehmerisches Tätigwerden bei reinen Dienstleistungen gerade nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien verbunden (BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Das auch bei einer Tätigkeit als Opernchorsänger typische Fehlen solcher Investitionen ist damit kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine (abhängige) Beschäftigung und gegen unternehmerisches Tätigwerden.

19

Auch die Vereinbarung eines festen Honorars spricht nicht als Ausdruck eines fehlenden Unternehmerrisikos zwingend für abhängige Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei reinen Dienstleistungen, anders als bei der Erstellung eines materiellen Produkts, ein erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der Eigenheiten der zu erbringenden Leistung regelmäßig nicht zu erwarten (BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 48 mwN). Dies gilt insbesondere für Bühnenkünstler aufgrund deren künstlerischen, schöpferisch-gestaltenden Tätigkeit, und zwar unabhängig davon, dass die Honorare nicht frei ausgehandelt, sondern entsprechend gebräuchlicher Sätze festgelegt werden (BSG aaO).

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.

(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.

(2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.07.2014 und der Bescheid der Beklagten vom 12.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2012 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 24.463,08 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen iHv 24.463,08 EUR für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010.
Der Kläger betreibt eine Firma im Bereich Schaufenstergestaltung und Messebau. Der 1954 geborene Beigeladene zu 1) ist seit 1978 selbstständig im Bereich Schaufenstergestaltung. Seit Beginn der 90er Jahre war er auch für den Kläger tätig. Schriftliche Verträge gab es nur zu Beginn der Tätigkeit, seit ca Ende der 90er Jahre war der Beigeladene zu 1) aufgrund mündlicher Vereinbarungen für den Kläger tätig. Der Beigeladene zu 1) hat ein Gewerbe für Schaufenstergestaltung angemeldet, welches er ab November 2008 um den Bereich Herstellung und Vertrieb von Süßwaren erweiterte. In den Jahren 2006 bis 2009 erzielte der Beigeladene zu 1) folgende Erlöse aus seiner Tätigkeit:
        
2006   
2007   
2008   
2009   
Confiserie
64.161,83 EUR
66.282,53 EUR
69.984,33 EUR
89.939,77 EUR
Deko   
38.940,86 EUR
30.917,55 EUR
23.722,27 EUR
34.682,02 EUR
Vom 17.08.2011 bis 11.01.2012 führte die Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010 durch. In einem Fragebogen der Beklagten zur Tätigkeit für die Klägerin gab der Beigeladene zu 1) unter dem 30.08.2011 an, er sei als Einzelfirma im Bereich der Schauwerbegestaltung tätig. Nähere Arbeitsbedingungen seien nicht festgelegt, eine regelmäßige Arbeitszeit sei nicht vereinbart, die Arbeitszeit habe frei gestaltet werden können. Weisungen hinsichtlich der Arbeit seien erteilt worden, bestimmte Dienstleistungen (T.-Werbung) seien nach vorgeschriebenem Muster zu erbringen gewesen. Die Arbeit sei durch Fotos von Kundenschaufenstern kontrolliert worden. Er sei nicht verpflichtet gewesen, die Arbeiten persönlich auszuführen. An Arbeitsmitteln sei Dekorationsmaterial kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Der Kläger hat die Rechnungen des Beigeladenen zu 1) vorgelegt. Abgerechnet wurden danach jeweils für zwei Kalenderwochen die in Reisebüros (T.) erbrachten Leistungen aufgeschlüsselt nach Anzahl TPP (T. Profi Partner) à 36 EUR und Anzahl ST (Standarddekoration) à 18 EUR, ggf zzgl Anfahrt à 10 EUR, Sonderdekorationen, Logo klein/groß à 1 EUR/3 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Daneben erfolgten vereinzelt Abrechnungen auf Stundenbasis bei Tätigkeit für Banken (Stundensatz 30 EUR).
Mit Schreiben vom 01.12.2011 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen an, da die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) als sozialversicherungspflichtig beurteilt werde. Mit Bescheid vom 12.01.2012 forderte die Beklagte sodann insgesamt 24.463,08 EUR an Beiträgen zur Rentenversicherung und nach dem Arbeitsförderungsrecht sowie Umlagen (U1 und U2) für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010. Das Fehlen von eigenem Kapitaleinsatz und unternehmerischem Risiko spreche für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, Unternehmer- und Haftungsrisiko lägen beim Kläger. Die Arbeitskontrolle zeige, dass der Kläger seine Tätigkeit nicht frei gestalten könne. Das Vorhandensein anderer Auftraggeber des Beigeladenen zu 1) begründe nicht zwangsläufig eine selbstständige Tätigkeit.
Hiergegen legte der Kläger am 23.01.2012 Widerspruch ein. Der Beigeladene zu 1) führe die Tätigkeit nicht nur unter Einsatz eines eigenen Fahrzeugs, sondern auch mit eigenen Betriebsmitteln durch. Abgerechnet werden könnten nur die tatsächlich erbrachten Leistungen, analog wie bei Handwerkern berechne der Beigeladene zu 1) Fahrkostenpauschalen. Der Kläger könne die bei ihm eingehenden Aufträge an Subunternehmer weitergeben. Dem Beigeladenen zu 1) sei die Übernahme der Arbeiten lediglich angeboten worden, er habe die Ausführung ablehnen können. Lediglich als Beleg habe der Beigeladene zu 1) Fotos angefertigt, die der Kläger zur Abrechnung verwendet habe. Für den Kläger sei nicht erkennbar gewesen, ob der Kläger persönlich oder durch Dritte die Arbeiten ausführe. Soweit Materialbeistellungen erfolgt seien, hätten diese vom Endkunden selbst gestammt. Nachdem der Beigeladene zu 1) bereits seit 1992 vom Kläger Aufträge zur Schaufenstergestaltung übernehme und auch anderweitig gewerblich tätig sei, sei nicht nachvollziehbar, weshalb ab 2007 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestehen solle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach Annahme eines Auftrags sei der Beigeladene zu 1) an die Vorgaben des Klägers gebunden gewesen. Wenn er einen Auftrag nicht angenommen habe, seien die Arbeiten durch den Kläger oder dessen Angestellte verrichtet worden. Der Beigeladene zu 1) verrichte somit grundsätzlich die gleichen Arbeiten wie die Beschäftigten des Klägers. Ein unternehmerisches Risiko habe nicht bestanden, die eigene Arbeitskraft sei nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt worden.
Hiergegen richtet sich die am 17.10.2012 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Der Beigeladene zu 1) sei hinsichtlich der erhaltenen Aufträge in seiner Zeiteinteilung frei und nicht in betriebliche Abläufe des Klägers eingebunden gewesen. Sämtliche Fahrten habe der Beigeladene zu 1) mit seinem eigenen Firmenfahrzeug durchgeführt. Die beim Kläger beschäftigten zwei Arbeitnehmer hätten dagegen betriebliche Fahrten mit einem Fahrzeug des Klägers durchgeführt, seien weisungsgebunden und hätten ihre Dienste in eigener Person zu erbringen. Gelegentlich sei es bei dem Beigeladenen zu 1) zu Auftragskollisionen gekommen, so dass er einen Auftrag des Klägers nicht habe annehmen können. Der Beigeladene zu 1) habe mehrere Markennamen auf sich eingetragen, er habe in seiner Unternehmereigenschaft „essbare Erfindungen“ gemacht; die Produkte verkaufe er zu den Markennamen an verschiedene Konditoreien. Der Beigeladene zu 1) habe eine eigene Geschäftsadresse, habe eigene Betriebsmittel genutzt und bei fehlender oder mangelhafter Ausführung der Aufträge wären Gelder in Abzug gebracht worden oder er hätte kein Geld erhalten.
Mit Urteil vom 16.07.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Sozialversicherungsbeiträge nachfordern können, denn der Beigeladene zu 1) unterliege der Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter. Da schriftliche Vereinbarungen nicht vorlägen, richte sich die Beurteilung nach dem tatsächlichen Ablauf. Maßgebendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung sei, dass sich der Aufgabenbereich des Beigeladenen zu 1) nicht wesentlich von dem der angestellten Arbeitnehmer des Klägers unterschieden habe. Der Beigeladene zu 1) sei gegenüber den Kunden nicht persönlich in Kontakt getreten, die Aufträge seien dem Kläger erteilt worden. Dieser sei auch Ansprechpartner der Kunden gewesen. Einzelnen Weisungen habe der Beigeladene zu 1) nicht folgen müssen, die zu dekorierenden Schaufenster seien festgelegt. Zwar habe der Beigeladene zu 1) einen zeitlichen Rahmen von zwei bis drei Wochen zur Verfügung gehabt, in welchem die Dekoration fertig sein sollte, jedoch habe er keinen Einfluss auf Arbeitsort und Art und Weise der Tätigkeit gehabt. Zwar sei dem Kläger nur das Ergebnis wichtig gewesen, jedoch sei die Tätigkeit auch von den angestellten Arbeitnehmern ausgeführt worden, Dekorationsgegenstände seien ebenfalls bereitgestellt worden. Nennenswerte Betriebsmittel habe der Beigeladene zu 1) nicht gehabt. Ein Unternehmerrisiko liege nicht in der Auftragsbeschaffung, denn hier lägen auch bei fehlenden Aufträgen keine Investitionen brach. Hinzu komme, dass der Kläger seine Tätigkeit zumeist – neben einer Pauschale bei den Aufträgen für T. – nach einem festen Stundensatz abgerechnet habe entsprechend dem Zeitaufwand. Dies entspreche einer typischen Entlohnung eines abhängig Beschäftigten. Das Fehlen arbeitnehmertypischer Schutzrechte sein kein Indiz für ein Unternehmerrisiko, da solche Vertragsgestaltungen typisch seien, wenn beide Seiten eine freie Mitarbeit wollten. Unstreitig sei, dass der Beigeladene zu 1) hauptberuflich selbstständig tätig sei. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien daher auch nicht gefordert worden.
10 
Gegen das ihm am 30.07.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.08.2014 eingelegte Berufung des Klägers. Das SG habe beliebig einzelne Punkte, die scheinbar belastend für den Kläger seien, herausgepickt und die sonstigen relevanten Punkte außer Acht gelassen. Der Beigeladene zu 1) habe dem Kläger bei Vertragsanbahnung mitgeteilt, dass er nicht als abhängig Beschäftigter arbeiten könne und wolle, da er mehrere Auftraggeber habe. Angesichts des eigenen, festen Kundenstamms des Beigeladenen zu 1) sei ein Zeitkorridor für die Ausführung von zwei bis drei Wochen vereinbart worden. Die Aufträge habe der Beigeladene zu 1) in Eigenregie und ohne Überwachung ausgeführt. Die vollendeten Werke seien für den Kläger relevant, weshalb der Beigeladene zu 1) diese mit Fotos dokumentiert habe. Dem Beigeladenen zu 1) sei erlaubt gewesen, eigene Werbung zu machen; anders als die abhängig Beschäftigten des Klägers habe er die Ausführung von Aufträgen verweigern können. Es stimme auch nicht, dass die Arbeitnehmerinnen des Klägers die gleichen Arbeiten ausgeübt hätten. Diese hätten weitere Aufgaben gehabt wie Blickfänge grafisch erstellen, Lager aufräumen, Reparaturen oder Anfertigen von individuellem Dekorationsmaterial. Richtig sei, dass dem Kläger bereits von dessen Auftraggebern (T. und verschiedene Banken) diverse Vorgaben gemacht worden seien, an die sich auch der Beigeladene zu 1) habe halten müssen. Bei der vorliegenden Konstellation, dass die Aufträge von den Kunden an den Kläger erteilt worden seien, liege auf der Hand, dass das Haftungsrisiko in dieser Rechtsbeziehung liege und kein direkter Durchgriff auf den Beigeladenen zu 1) möglich sei. Es sei daher nicht nachvollziehbar, was das SG damit meine, dass der Beigeladene zu 1) gegenüber den Kunden des Klägers nicht persönlich in Kontakt getreten sei. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass die Werbematerialien von den Hauptauftraggebern vorgegeben gewesen seien. Hinsichtlich des Unternehmerrisikos müsse man bei Fehlen nennenswerter Betriebsmittel entsprechend der Auffassung des SG ganzen Branchen ein echtes Unternehmerrisiko absprechen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.07.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 12.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2012 aufzuheben.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Das Urteil des SG überzeuge. Dies gelte umso mehr, als der Beigeladene zu 1) nach den Angaben der Ehefrau des Klägers Arbeitnehmer, die wegen Krankheit ausgefallen waren, vertreten habe.
16 
Der Beigeladene zu 1) hat im Erörterungstermin am 19.02.2015 ausgeführt, er sei im Zeitraum 2007 bis 2010 in erster Linie für den Kunden T. tätig gewesen. Für die Dekoration der Reisebüros habe er 2 bis 3 Wochen Zeit gehabt. Von T. habe es Vorgaben einheitlich für ganz Deutschland gegeben, es habe ein bestimmter Blickfang eingesetzt werden müssen. Das von T. gestellte Material habe er aus einem Lager beim Kläger geholt. Für die Abholung des Materials beim Kläger habe er keine Vergütung bekommen; er habe das gesamte Material für eine Kampagne (70 bis 80 Reisebüros) auf einmal geholt und bei sich aufbewahrt, bis der Auftrag ausgeführt gewesen sei. Die Abrechnung sei pauschal erfolgt nach Standarddekorationen (abgekürzt ST) und besonders aufwendigen Dekorationen (abgekürzt TTP), die in besonders umsatzstarken Reisebüros eingesetzt worden seien. Die Pauschale sei unabhängig davon gezahlt worden, wie lange er für die Dekoration benötigt habe. Bei den T.-Reisebüros habe er zudem eine Anfahrtspauschale erhalten, wenn er den Auftrag nicht habe durchführen können etwa wegen Malerarbeiten und umsonst hingefahren sei. Bei den Banken sei die Abrechnung teilweise nach Stunden erfolgt, zB bei Sonderaktionen. Manche Banken hätten Schaufenster von 10 Metern Länge, andere von 50 Metern, die Fenster seien unterschiedlich groß. Über eine Pauschale habe daher schlecht abgerechnet werden können.
17 
Die übrigen Beteiligten haben sich im Verfahren nicht geäußert.
18 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19 
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
20 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 12.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Beigeladene zu 1) war im streitigen Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2010 nicht bei dem Kläger abhängig beschäftigt. Zu Unrecht hat die Beklagte daher Sozialversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1) vom Kläger gefordert.
21 
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p SGB IV. Nach § 28p Abs 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für die Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt werden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht. Zwar entscheidet grundsätzlich gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies gilt aber ausnahmsweise nicht für Entscheidungen im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung.
22 
Betriebsprüfungen durch den Rentenversicherungsträger haben nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur eine Kontrollfunktion. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Sozialversicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Die Entscheidung stellt sich vor diesem Hintergrund als kombinierte - positive oder negative - Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragsnachentrichtung oder Beanstandung dar. Die Besonderheit eines Bescheids nach § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV liegt insoweit darin, dass über das Bestehen von Versicherungspflicht und die daraus resultierende Beitragsnachforderung gemeinsam zu entscheiden ist. Dies unterscheidet das Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht vom Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV (BSG 14.09.2004, B 12 KR 1/04, SozR 4-2400 § 22 Nr 2). Die hier streitigen Beiträge werden als Gesamtsozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber gezahlt (§ 28g Satz 1 und 2, 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV).
23 
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
24 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11 AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl zum Ganzen etwa BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).
25 
Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des BSG seit mindestens 2008, vgl auch hierzu BSG 29.08.2012, aaO).
26 
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung beim Kläger ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht bestanden hat.
27 
Die Tätigkeit als Schaufenstergestalter kann sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis unterscheidet sich - ebenso wie ein Arbeitsverhältnis - von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils befindet (BAG 22.02.1995, 5 AZR 757/93, juris). Dabei sind äußere Umstände wie ein „eigener" Schreibtisch, ein „eigenes" Arbeitszimmer oder die Aufnahme in ein internes Telefonverzeichnis für sich genommen nicht entscheidend (BAG aaO). Vielmehr kommt es in erster Linie darauf an, ob der Mitarbeiter einem Weisungsrecht des Klägers unterworfen war, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann (BAG 20.07.1996, 5 AZR 627/93, BAGE 77, 226; Urteil des Senats vom 16.08.2011, L 11 KR 5459/10).
28 
Ausgangspunkt der versicherungsrechtlichen Beurteilung sind zunächst die mündlich geschlossenen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1). Nach den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben von Kläger und Beigeladenem zu 1) steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger die ihm von seinen Kunden (im Wesentlichen T. und daneben einige Banken) erteilten Aufträge zur Schaufenstergestaltung an den Beigeladenen zu 1) als Subunternehmer vergeben hat. Der Beigeladene zu 1) schuldete eine Werkleistung, nämlich die Erstellung einer bestimmten Dekoration. Diese war insbesondere bei T. schon mit der Auftragsvergabe bis ins Detail vorgegeben, einschließlich der zu verwendenden Materialien. Als Vergütung waren bei T. Pauschalen vereinbart pro Reisebüro, die sich bei Standarddekorationen auf 18 EUR und bei besonders aufwendigen Dekorationen auf 36 EUR beliefen sowie weitere Pauschalen für Fensterbeklebungen und für vergebliche Anfahrten bei Unmöglichkeit der Leistungserbringung aus Gründen, die beim Kunden lagen. Die Pauschalen wurden unabhängig davon bezahlt, wie lange der Beigeladene zu 1) für die Ausführung tatsächlich benötigte. Aus den Rechnungen ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1), wenn er für den Kläger tätig war, wöchentlich im Schnitt ungefähr 35 Reisebüros dekorierte. Für Dekorationen bei Banken war ein fester Stundensatz vereinbart. Dieser belief sich nach den vorliegenden Rechnungen 2007 auf 28,12 EUR und 2009 auf 30 EUR. In den übrigen Jahren wurden keine entsprechenden Leistungen abgerechnet, 2009 belief sich die einzige Rechnung (Dekoration vom 21.12.2009 in der B. Bank, G.) auf insgesamt 380,53 EUR. Der Senat geht daher davon aus, dass ganz überwiegend Gegenstand der Tätigkeit die Dekoration von Reisebüros mit Pauschalvergütung war. Nach den übereinstimmenden Angaben von Kläger und Beigeladenem zu 1) war die persönliche Leistungserbringung durch den Beigeladenen zu 1) dabei nicht geschuldet.
29 
Diese Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) spricht für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Unerheblich ist allerdings, dass der Kläger und der Beigeladene zu 1) kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen wollten. Die Wertung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit kann ebenso wenig wie das Bestehen und Nichtbestehen von Sozialversicherungspflicht vertraglich vereinbart werden (Senatsurteil vom 21.10.2014, L 11 R 487/13).
30 
Der Beigeladene zu 1) war nicht weisungsgebunden. Hinsichtlich der zeitlichen Einteilung der Tätigkeit war er innerhalb des vereinbarten Korridors von zwei bis drei Wochen völlig frei. Die Arbeitsorte beim Endkunden waren bereits mit der Auftragsvergabe festgelegt. Einzelweisungen hinsichtlich der Art und Weise der Tätigkeit sind nicht erfolgt und waren auch nicht erforderlich, weil der vom Beigeladenen zu 1) geschuldete Leistungsumfang bereits mit der Auftragsannahme vorab vereinbart wurde. Der konkrete Inhalt wurde insbesondere bei Dekorationen für T. ganz genau festgelegt, da der Kunde T. auf ein bundesweit einheitliches Erscheinungsbild im Rahmen der Corporate Identity Wert legt. Umstände, die bereits im Voraus vertraglich festgelegt sind, begründen aber idR kein Weisungsrecht des Auftraggebers (vgl BSG 04.04.1979, 12 RK 37/77, juris zur Verpflichtung eines Orchestermusikers, eine Tracht zu tragen und ein bestimmtes Instrument zu spielen). Der Beigeladene zu 1) war auch in keiner Weise in betriebliche Abläufe des Klägers eingebunden. Er holte dort im Rahmen einer Werbekampagne lediglich einmal aus dem Lager das Material ab und arbeitete dann ohne weitere Berührungspunkte mit dem Betrieb des Klägers seinen Auftrag ab. Das Vorliegen einer Endkontrolle durch die vom Beigeladenen zu 1) an den Kläger übersandten Fotos der fertigen Dekorationen ist einer laufenden Überwachung nicht vergleichbar, sondern entspricht der Abnahme eines Werkes. Wie im Erörterungstermin ausgeführt wurde, benötigte der Kläger die Fotos für seine Abrechnungen gegenüber T..
31 
Die dem Beigeladenen zu 1) eingeräumte Möglichkeit, sich zur Erfüllung seiner Aufgaben anderer Personen zu bedienen, stellt ebenfalls eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (BSG 17.12.2014, B 12 R 13/13 R, SozR 4-2600 § 28p Nr 4).
32 
Der Beigeladene zu 1) hat auch ein gewisses unternehmerisches Risiko getragen. Maßgebend ist insoweit das einzelne Auftragsverhältnis, weshalb es ohne Bedeutung ist, dass der Beigeladene zu 1) vor und nach Abwicklung eines Auftragsverhältnisses das Risiko einer Beschäftigung trägt. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG 12.12.1990, 11 RAr 73/90, juris; BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Erhebliche eigene Betriebsmittel hat der Beigeladene zu 1) nicht eingesetzt. Insoweit ist allerdings als branchenspezifisch zu berücksichtigen, dass Tätigkeiten im Bereich der Schaufenstergestaltung generell betriebsmittelarm sind. Für die Ausführung eines Auftrags war nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) angesichts des vom Kunden zur Verfügung gestellten Materials nicht mehr als ein Hammer und Stecknadeln erforderlich. Daneben hat der Beigeladene zu 1) jedoch immerhin ein eigenes betriebliches Fahrzeug genutzt und er verfügt über eine eigene Betriebsstätte, an der er zB das gesamte Werbematerial für eine Aktion gelagert hat. Die Entlohnung erfolgte in der Regel auch nicht nach einem festen Stundensatz, wie dies für Arbeitnehmer typisch ist, sondern pauschal. Da ein Erfolg im Rahmen eines Werkvertrags geschuldet war, hing es von der Tüchtigkeit des Beigeladenen zu 1) ab, welchen Verdienst er durch den Einsatz seiner Arbeitskraft erreichen konnte.
33 
Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist allerdings, dass vertraglich keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der (hier fehlenden) Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG 24.10.1978, 12 RK 58/76, SozR 2200 § 1227 Nr 19).
34 
Soweit die Beklagte ganz wesentlich darauf abstellt, dass der Beigeladene zu 1) auch Arbeitnehmer des Klägers im Krankheitsfall vertreten habe, spricht dies im konkreten Fall nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Zwar hat der Kläger angegeben, dass der Beigeladene zu 1) auch angefragt worden sei, ob er kurzfristig tätig werden könne, wenn Mitarbeiter wegen Krankheit ausgefallen seien. Dies wäre jedoch nur dann ein Hinweis auf eine abhängige Beschäftigung, wenn der Beigeladene zu 1) tatsächlich auch die gleichen Tätigkeiten verrichtet hätte, wie die angestellten Mitarbeiterinnen und in gleicher Weise in den Betrieb eingegliedert gewesen wäre. Genau dies war jedoch nicht der Fall. Zudem hatten die Mitarbeiterinnen weitere Aufgaben, etwa die Erstellung von individuell von Kunden geforderten Dekorationen, Reparatur defekter Dekorationsartikel und Ordnung des Lagers. Insbesondere mussten sie auch das von T. angelieferte Material sortieren, während der Beigeladene zu 1) das vorbereitete Material nur abgeholt hat. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den glaubhaften Angaben der Beteiligten.
35 
In der Gesamtabwägung überwiegen nach alledem die Gesichtspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Eine Grundlage für die von der Beklagten erhobene Beitragsnachforderung ist damit nicht gegeben.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen tragen gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 162 Abs 3 VwGO ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Kosten aus Billigkeit der Beklagten als unterliegende Beteiligte aufzuerlegen, weil die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 197a Rn 29 mwN).
37 
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach § 197a SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz und entspricht der streitigen Nachforderung.
38 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).

Gründe

19 
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
20 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 12.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Beigeladene zu 1) war im streitigen Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2010 nicht bei dem Kläger abhängig beschäftigt. Zu Unrecht hat die Beklagte daher Sozialversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1) vom Kläger gefordert.
21 
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p SGB IV. Nach § 28p Abs 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für die Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt werden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht. Zwar entscheidet grundsätzlich gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies gilt aber ausnahmsweise nicht für Entscheidungen im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung.
22 
Betriebsprüfungen durch den Rentenversicherungsträger haben nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur eine Kontrollfunktion. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Sozialversicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Die Entscheidung stellt sich vor diesem Hintergrund als kombinierte - positive oder negative - Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragsnachentrichtung oder Beanstandung dar. Die Besonderheit eines Bescheids nach § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV liegt insoweit darin, dass über das Bestehen von Versicherungspflicht und die daraus resultierende Beitragsnachforderung gemeinsam zu entscheiden ist. Dies unterscheidet das Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht vom Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV (BSG 14.09.2004, B 12 KR 1/04, SozR 4-2400 § 22 Nr 2). Die hier streitigen Beiträge werden als Gesamtsozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber gezahlt (§ 28g Satz 1 und 2, 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV).
23 
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
24 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11 AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl zum Ganzen etwa BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).
25 
Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des BSG seit mindestens 2008, vgl auch hierzu BSG 29.08.2012, aaO).
26 
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung beim Kläger ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht bestanden hat.
27 
Die Tätigkeit als Schaufenstergestalter kann sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis unterscheidet sich - ebenso wie ein Arbeitsverhältnis - von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils befindet (BAG 22.02.1995, 5 AZR 757/93, juris). Dabei sind äußere Umstände wie ein „eigener" Schreibtisch, ein „eigenes" Arbeitszimmer oder die Aufnahme in ein internes Telefonverzeichnis für sich genommen nicht entscheidend (BAG aaO). Vielmehr kommt es in erster Linie darauf an, ob der Mitarbeiter einem Weisungsrecht des Klägers unterworfen war, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann (BAG 20.07.1996, 5 AZR 627/93, BAGE 77, 226; Urteil des Senats vom 16.08.2011, L 11 KR 5459/10).
28 
Ausgangspunkt der versicherungsrechtlichen Beurteilung sind zunächst die mündlich geschlossenen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1). Nach den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben von Kläger und Beigeladenem zu 1) steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger die ihm von seinen Kunden (im Wesentlichen T. und daneben einige Banken) erteilten Aufträge zur Schaufenstergestaltung an den Beigeladenen zu 1) als Subunternehmer vergeben hat. Der Beigeladene zu 1) schuldete eine Werkleistung, nämlich die Erstellung einer bestimmten Dekoration. Diese war insbesondere bei T. schon mit der Auftragsvergabe bis ins Detail vorgegeben, einschließlich der zu verwendenden Materialien. Als Vergütung waren bei T. Pauschalen vereinbart pro Reisebüro, die sich bei Standarddekorationen auf 18 EUR und bei besonders aufwendigen Dekorationen auf 36 EUR beliefen sowie weitere Pauschalen für Fensterbeklebungen und für vergebliche Anfahrten bei Unmöglichkeit der Leistungserbringung aus Gründen, die beim Kunden lagen. Die Pauschalen wurden unabhängig davon bezahlt, wie lange der Beigeladene zu 1) für die Ausführung tatsächlich benötigte. Aus den Rechnungen ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1), wenn er für den Kläger tätig war, wöchentlich im Schnitt ungefähr 35 Reisebüros dekorierte. Für Dekorationen bei Banken war ein fester Stundensatz vereinbart. Dieser belief sich nach den vorliegenden Rechnungen 2007 auf 28,12 EUR und 2009 auf 30 EUR. In den übrigen Jahren wurden keine entsprechenden Leistungen abgerechnet, 2009 belief sich die einzige Rechnung (Dekoration vom 21.12.2009 in der B. Bank, G.) auf insgesamt 380,53 EUR. Der Senat geht daher davon aus, dass ganz überwiegend Gegenstand der Tätigkeit die Dekoration von Reisebüros mit Pauschalvergütung war. Nach den übereinstimmenden Angaben von Kläger und Beigeladenem zu 1) war die persönliche Leistungserbringung durch den Beigeladenen zu 1) dabei nicht geschuldet.
29 
Diese Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) spricht für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Unerheblich ist allerdings, dass der Kläger und der Beigeladene zu 1) kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen wollten. Die Wertung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit kann ebenso wenig wie das Bestehen und Nichtbestehen von Sozialversicherungspflicht vertraglich vereinbart werden (Senatsurteil vom 21.10.2014, L 11 R 487/13).
30 
Der Beigeladene zu 1) war nicht weisungsgebunden. Hinsichtlich der zeitlichen Einteilung der Tätigkeit war er innerhalb des vereinbarten Korridors von zwei bis drei Wochen völlig frei. Die Arbeitsorte beim Endkunden waren bereits mit der Auftragsvergabe festgelegt. Einzelweisungen hinsichtlich der Art und Weise der Tätigkeit sind nicht erfolgt und waren auch nicht erforderlich, weil der vom Beigeladenen zu 1) geschuldete Leistungsumfang bereits mit der Auftragsannahme vorab vereinbart wurde. Der konkrete Inhalt wurde insbesondere bei Dekorationen für T. ganz genau festgelegt, da der Kunde T. auf ein bundesweit einheitliches Erscheinungsbild im Rahmen der Corporate Identity Wert legt. Umstände, die bereits im Voraus vertraglich festgelegt sind, begründen aber idR kein Weisungsrecht des Auftraggebers (vgl BSG 04.04.1979, 12 RK 37/77, juris zur Verpflichtung eines Orchestermusikers, eine Tracht zu tragen und ein bestimmtes Instrument zu spielen). Der Beigeladene zu 1) war auch in keiner Weise in betriebliche Abläufe des Klägers eingebunden. Er holte dort im Rahmen einer Werbekampagne lediglich einmal aus dem Lager das Material ab und arbeitete dann ohne weitere Berührungspunkte mit dem Betrieb des Klägers seinen Auftrag ab. Das Vorliegen einer Endkontrolle durch die vom Beigeladenen zu 1) an den Kläger übersandten Fotos der fertigen Dekorationen ist einer laufenden Überwachung nicht vergleichbar, sondern entspricht der Abnahme eines Werkes. Wie im Erörterungstermin ausgeführt wurde, benötigte der Kläger die Fotos für seine Abrechnungen gegenüber T..
31 
Die dem Beigeladenen zu 1) eingeräumte Möglichkeit, sich zur Erfüllung seiner Aufgaben anderer Personen zu bedienen, stellt ebenfalls eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (BSG 17.12.2014, B 12 R 13/13 R, SozR 4-2600 § 28p Nr 4).
32 
Der Beigeladene zu 1) hat auch ein gewisses unternehmerisches Risiko getragen. Maßgebend ist insoweit das einzelne Auftragsverhältnis, weshalb es ohne Bedeutung ist, dass der Beigeladene zu 1) vor und nach Abwicklung eines Auftragsverhältnisses das Risiko einer Beschäftigung trägt. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG 12.12.1990, 11 RAr 73/90, juris; BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Erhebliche eigene Betriebsmittel hat der Beigeladene zu 1) nicht eingesetzt. Insoweit ist allerdings als branchenspezifisch zu berücksichtigen, dass Tätigkeiten im Bereich der Schaufenstergestaltung generell betriebsmittelarm sind. Für die Ausführung eines Auftrags war nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) angesichts des vom Kunden zur Verfügung gestellten Materials nicht mehr als ein Hammer und Stecknadeln erforderlich. Daneben hat der Beigeladene zu 1) jedoch immerhin ein eigenes betriebliches Fahrzeug genutzt und er verfügt über eine eigene Betriebsstätte, an der er zB das gesamte Werbematerial für eine Aktion gelagert hat. Die Entlohnung erfolgte in der Regel auch nicht nach einem festen Stundensatz, wie dies für Arbeitnehmer typisch ist, sondern pauschal. Da ein Erfolg im Rahmen eines Werkvertrags geschuldet war, hing es von der Tüchtigkeit des Beigeladenen zu 1) ab, welchen Verdienst er durch den Einsatz seiner Arbeitskraft erreichen konnte.
33 
Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist allerdings, dass vertraglich keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der (hier fehlenden) Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG 24.10.1978, 12 RK 58/76, SozR 2200 § 1227 Nr 19).
34 
Soweit die Beklagte ganz wesentlich darauf abstellt, dass der Beigeladene zu 1) auch Arbeitnehmer des Klägers im Krankheitsfall vertreten habe, spricht dies im konkreten Fall nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Zwar hat der Kläger angegeben, dass der Beigeladene zu 1) auch angefragt worden sei, ob er kurzfristig tätig werden könne, wenn Mitarbeiter wegen Krankheit ausgefallen seien. Dies wäre jedoch nur dann ein Hinweis auf eine abhängige Beschäftigung, wenn der Beigeladene zu 1) tatsächlich auch die gleichen Tätigkeiten verrichtet hätte, wie die angestellten Mitarbeiterinnen und in gleicher Weise in den Betrieb eingegliedert gewesen wäre. Genau dies war jedoch nicht der Fall. Zudem hatten die Mitarbeiterinnen weitere Aufgaben, etwa die Erstellung von individuell von Kunden geforderten Dekorationen, Reparatur defekter Dekorationsartikel und Ordnung des Lagers. Insbesondere mussten sie auch das von T. angelieferte Material sortieren, während der Beigeladene zu 1) das vorbereitete Material nur abgeholt hat. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den glaubhaften Angaben der Beteiligten.
35 
In der Gesamtabwägung überwiegen nach alledem die Gesichtspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Eine Grundlage für die von der Beklagten erhobene Beitragsnachforderung ist damit nicht gegeben.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen tragen gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 162 Abs 3 VwGO ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Kosten aus Billigkeit der Beklagten als unterliegende Beteiligte aufzuerlegen, weil die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 197a Rn 29 mwN).
37 
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach § 197a SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz und entspricht der streitigen Nachforderung.
38 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.04.2013 sowie der Bescheid vom 05.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 und des Bescheides vom 06.03.2013 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei dem Beigeladenen vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren trägt die Beklagte. Im Übrigen haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 beim Kläger sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Der 1955 geborene Kläger ergänzte am 25.08.1994 sein schon bislang bestehendes Gewerbe um Transporte im genehmigungsfreien Verkehr. Er ist seit 26.11.1999 im Besitz einer Lizenz für grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr (Gemeinschaftslizenz). Ab 01.01.2002 übernahm er vom Beigeladenen, der als sog Sofa-Spediteur Frachtaufträge vermittelte, sehr häufig Frachtaufträge von und zum Flughafen S.. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen. Für die Ausführung benutzte er ausschließlich sein eigenes Fahrzeug. Dabei bekam er jeweils am Abend des Vortages oder im Laufe des Vormittags Frachtaufträge mit einzelnen oder auch mehreren Frachtstücken vom Beigeladenen angeboten. Im Auftrag war vorgegeben, ab wann das Frachtstück zur Abholung beim Kunden oder am Flughafen bereitstand. Handelte es sich um eine Fahrt zum Flughafen, musste der Kläger die Fracht bis 18:00 Uhr am Flughafen abgeben. Der Kläger stellte mit den Aufträgen des Beigeladenen und gegebenenfalls Aufträgen anderer Auftraggeber eine Tagestour für die Fahrt zum Flughafen zusammen. Er schloss eine eigene Frachtführerversicherung ab. Die Vergütung erfolgte auf der Grundlage der Tarifliste des Beigeladenen, die vor Beginn des ersten Auftrags vom Kläger akzeptiert worden war. Die Höhe der Vergütung richtete sich nach der Entfernung vom Flughafen (nach Zonen) und dem Gewicht des Frachtstücks. Die Firma des Beigeladenen wurde zum 31.12.2011 aufgegeben. Laut Handelregisterauszug (AG Stuttgart, HRB ...) wurde zum 01.01.2012 die F. Transport GmbH gegründet, die fortan die Frachtaufträge vermittelte. Ab 2011 war die Ehefrau des Klägers bei ihm für Buchhaltung und Schreibarbeiten als Arbeitnehmerin angestellt. Vorher arbeitete sie unentgeltlich im Betrieb mit.
Am 13.01.2009 beantragte der Beigeladene die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers. Mit Schreiben vom 13.07.2009 hörte die Beklagte den Kläger und den Beigeladenen bezüglich einer beabsichtigten Feststellung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung an. Mit Bescheid vom 05.08.2009 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Transportfahrer beim Beigeladenen seit dem 01.01.2002 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Im anschließenden Widerspruchsverfahren erstellte die Sachbearbeiterin der Beklagten eine Entscheidungsvorlage, wonach sie vorschlug, aufgrund des Vorliegens von selbstständiger Tätigkeit den Widersprüchen bei voller Kostentragung abzuhelfen. Ein Vorgesetzter der Sachbearbeiterin lehnte die Abhilfe unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R, ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.08.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Ort, Zeit, Art und Weise der Ausführung der Tätigkeiten des Klägers sich bereits aus dem übertragenen Auftrag ergeben hätten. Ein Spielraum für eine im Wesentlichen freie Ausgestaltung der Tätigkeit sei nicht gegeben. Auch wenn eine Person, wie hier, die Merkmale eines Frachtführers im Sinne des HGB aufweise, sei durch eine Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände zu ermitteln, ob gegebenenfalls nicht dennoch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege.
Gegen die Entscheidung hat der Kläger am 10.08.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Mit Bescheid vom 06.03.2013 hat die Beklagte den Bescheid vom 05.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 dahingehend abgeändert, dass in der vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 ausgeübten Beschäftigung als Transportfahrer beim Beigeladenen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.04.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Möglichkeit der Ablehnung von Aufträgen, der Einsatz eines eigenen Fahrzeugs, für das ein Leasingvertrag vom Kläger abgeschlossen worden sei, und das Vorliegen einer eigenen Transport- und Haftpflichtversicherung sowie die Gewerbeanmeldung für eine selbständige Tätigkeit sprechen würden. Für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spreche dagegen, dass die Tätigkeit des Klägers aufgrund von Verträgen und Vereinbarungen des Beigeladenen mit seinen Kunden (Spediteuren am Flughafen) ausgeübt werde. Der Kläger selbst besorge sich dort keine Aufträge. Er habe keine Mitarbeiter oder Hilfskräfte. Arbeitsbeginn und Arbeitsinhalt seien durch die Aufträge des Beigeladenen bestimmt. Der Kläger habe vorgegebene Vordrucke, so genannte Auftragsbelege, vom Beigeladenen zu verwenden. Das Entgelt werde nicht im Einzelfall verhandelt, denn es gebe eine einheitliche Vergütung aller Nachunternehmer über eine vorgegebene Liste des Beigeladenen. Der Kläger sei tatsächlich in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert gewesen. Die Indizien einer abhängigen Beschäftigung würden in der Gesamtwürdigung überwiegen.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 22.04.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 15.05.2013 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 01.02.2016 erörtert.
Der Kläger ist der Ansicht, dass er die Tätigkeit als selbstständiger Unternehmer ausgeübt habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.04.2013 sowie den Bescheid vom 05.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 und des Bescheides vom 06.03.2013 aufzuheben und festzustellen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit bei dem Beigeladenen vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
13 
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
14 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft, zulässig und begründet.
16 
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 05.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 und des Bescheides vom 06.03.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger übte seine Tätigkeit für den Beigeladenen vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit aus und unterlag deshalb nicht der Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung in der Gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
17 
Nach § 7a SGB IV in der hier anzuwendenden, seit 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr 1 des 2. SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I S 2933) können die Beteiligten - dies sind im vorliegenden Fall der Kläger und der Beigeladene - schriftlich eine Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund (Beklagte) beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (Abs 1 Satz 1). Nach Abs 4 muss die Beklagte den Beteiligten mitteilen, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, die Tatsachen bezeichnen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und den Beteiligten Gelegenheit geben, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern.
18 
Die Beklagte hat auf den vom Beigeladenen gestellten Antrag als zuständige Behörde entschieden und dabei das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren eingehalten. Sie hat insbesondere nicht gegen die Anhörungspflicht nach § 7a Abs 4 SGB IV iVm § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verstoßen. Sie hat vor Erlass des angefochtenen Bescheides die beabsichtigte Entscheidung und die entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt. Der Kläger hatte (ebenso wie der Beigeladene) Gelegenheit, weitere Tatsachen und ergänzende rechtliche Gesichtspunkte vorzubringen. Die Beklagte hat auch keine (unzulässige) Elementenfeststellung vorgenommen. Mit dem Bescheid vom 06.03.2013 hat sie die Anforderungen an eine Statusfeststellung (auch hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes) erfüllt, die das BSG in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat (Urteil vom 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17; Urteil vom 04.06.2009, B 12 R 6/08 R). Sie hat ausdrücklich entschieden, dass für die Tätigkeit des Klägers beim Beigeladenen Versicherungspflicht in sämtlichen Zeigen der Sozialversicherung besteht. Zutreffend hat die Beklagte auch den Zeitraum der Feststellung gewählt. Denn unter Würdigung des gesamten Akteninhalt sowie nach Auswertung der Eintragungen im Handelsregister des Amtsgerichts Stuttgart, HRB ..., steht für den Senat fest, dass der Beigeladene seinen als Einzelfirma inhabergeführten Betrieb bezüglich der Vermittlung von Frachtaufträgen (Sofa-Spediteur) erst zum 31.12.2011 aufgegeben hat. Denn die F. Transport GmbH, die fortan die Vermittlung übernommen hat, wurde erst am 31.11.2011 gegründet.
19 
Die Entscheidung der Beklagten ist aber inhaltlich unrichtig. Der Kläger unterlag in seiner Fahrertätigkeit für den Beigeladenen nicht der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Sozialversicherung. Denn er war als selbstständiger Unternehmer tätig.
20 
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeit-raum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Nach § 7 Abs 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111,257 mwN).
21 
Nach den genannten Grundsätzen überwiegen zur Überzeugung des Senats in der Zusammen-schau aller Aspekte die Einzelaspekte, die für eine selbstständige Frachtführertätigkeit sprechen.
22 
Ein schriftlicher Vertrag über die Tätigkeit des Klägers liegt nicht vor. Nach den Feststellungen des Senats auf der Grundlage der Akten und insbesondere des Vorbringens der Beteiligten übernahm der Kläger ab 01.01.2002 vom Beigeladenen, der als Spediteur Frachtaufträge (insbesondere Luftfracht) vermittelte, fast täglich Frachtaufträge von und zum Flughafen Stuttgart. Für die Ausführung benutzte er ausschließlich sein eigenes Fahrzeug, das von ihm geleast worden war. Dabei bekam er jeweils am Abend des Vortages oder im Laufe des Vormittags für den laufenden Tag Frachtaufträge mit einzelnen oder auch mehreren Frachtstücken vom Beigeladenen angeboten. Im Auftrag war vorgegeben, ab wann das Frachtstück zur Abholung beim Kunden oder am Flughafen bereitstand. Handelte es sich um eine Fahrt zum Flughafen, musste der Kläger die Fracht bis 18:00 Uhr am Flughafen abgeben. Der Kläger stellte mit den Aufträgen des Beigeladenen und gegebenenfalls Aufträgen anderer Auftraggeber eine Tagestour für die Fahrt zum Flughafen zusammen. Täglich war aufgrund der Fahrstrecke von ca 500 km nur eine Tour möglich. Der Kläger haftete gegenüber dem Beigeladenen und gegenüber dem Kunden (§ 437 HGB) für einen Schaden am Frachtgut und schloss deshalb eine eigene Frachtführerversicherung ab. Die Vergütung des Klägers erfolgte auf der Grundlage der Tarifliste des Beigeladenen, die vor Beginn des ersten Auftrags vom Kläger akzeptiert worden war. Die Höhe der Vergütung richtete sich nach der Entfernung vom Flughafen (nach Zonen) und dem Gewicht des Frachtstücks. Der Kläger ist seit 26.11.1999 im Besitz einer Lizenz für grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr (Gemeinschaftslizenz). Ab 2011 war die Ehefrau des Klägers bei ihm für Buchhaltung und Schreibarbeiten als Arbeitnehmerin angestellt. Vorher arbeitete sie unentgeltlich im Betrieb mit.
23 
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine Frachtführertätigkeit im Sinne der §§ 407 ff HGB. Der Kläger unterlag weder einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Beigeladenen noch war er in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert. Vielmehr waren die konkreten Zeiten, zu denen das Frachtgut bei den Kunden abgeholt bzw dem Kunden zugestellt werden musste, bereits im vom Beigeladenen dem Kläger angebotenen Frachtauftrag selbst festgelegt. Umstände, die bereits im Voraus vertraglich festgelegt sind, begründen aber idR kein Weisungsrecht des Auftraggebers (vgl Senatsurteil vom 29.09.2015, L 11 R 3559/14 mwN). Übernahm der Kläger einen solchen Frachtauftrag oder auch mehrere davon, wenn eine Kombination aufgrund der Größe des Autos und des Gewichts möglich war, war er bezüglich der Fahrtroute, der tatsächlichen Durchführung, der eventuellen Kombination mit anderen Aufträgen anderer Auftraggeber und der konkreten Zeitplanung völlig frei.
24 
Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit spricht entscheidend der Umstand, dass der Kläger die Fahrten mit seinem eigenen Fahrzeug durchführte, er auch bei einer Tour zum oder vom Flughafen mehrere Aufträge mehrerer Auftragnehmer zusammenfassen konnte und auch zusammenfasste, soweit dies zeitlich und gewichtsmäßig möglich war, und für die ordnungsgemäße Ablieferung der Fracht gem § 437 HGB selbst haftete (vgl zu einem ähnlich gelagerten Fall auch Senatsurteil vom 05.11.2013, L 11 R 4053/12). Zudem konnte er Aufträge jederzeit ablehnen. Der Kläger war im Besitz einer Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr, so dass er jedenfalls aus Rechtsgründen nicht an einer selbstständige Tätigkeit gehindert war. Dieser Umstand ist nach den eigenen Beurteilungskriterien der Beklagten zum Frachtführer/Unterfrachtführer (Bl 120 Verwaltungsakte) als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit zu werten. Anders als die Beklagte meint, ist der Sachverhalt, der dem Urteil des BSG vom 11.03.2009 (B 12 KR 21/07 R) zu Grunde liegt, mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Im Gegensatz zum dortigen Fall eines Paketzustellers mit einem definierten Zustellbezirk und engen Zeitvorgaben auch untertags sowie zwischenzeitlichen Weisungen bezüglich der Abholung von Waren bei Kunden ist der Kläger hier in seiner Tätigkeit keinen engeren Bindungen unterworfen, als jenen, die bereits nach dem HGB gesetzlich vorgesehen sind.
25 
Der Kläger trug auch ein erhebliches Unternehmerrisiko. Entscheidend für das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos ist insoweit, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des finanziellen Verlusts oder der Möglichkeit eines Gewinns eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes sächlicher oder persönlicher Mittel also ungewiss ist (vgl LSG Sachsen 04.03.2014, L 5 R 425/12 unter Hinweis auf BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R). So liegt der Fall hier. Der Kläger ist bzgl seiner Transporttätigkeiten mit laufenden Fixkosten belastet (ua Leasingsgebühren für das Fahrzeug, Versicherungsbeiträge für Frachtführer-Versicherung, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, Finanzierung der Schulungen für die Luftfrachtsicherheit, ab 2011 Arbeitsentgelt für seine bei ihm entgeltlich beschäftigte Ehefrau). Es besteht demnach grundsätzlich die Gefahr des finanziellen Verlustes und nicht nur das Risiko der fehlenden Einkommenserzielung. Auf der anderen Seite war es dem Kläger möglich, geschickt verschiedene Aufträge vom Beigeladenen oder auch anderen Auftraggebern zu kombinieren, um sein Kraftfahrzeug gewinnbringend auszulasten. Dabei übersieht der Senat nicht, dass zu Beginn der Tätigkeit fast ausschließlich Aufträge vom Beigeladenen übernommen worden sind, denn auch dann gelten diese Grundsätze.
26 
Zudem spricht die konkrete Vergütung für ein relevantes Unternehmerrisiko und daher für eine selbstständige Tätigkeit. Denn die Vergütung erfolgte je Frachtstück, wobei für die Höhe der Vergütung die Entfernung des Kunden (Spedition) vom Flughafen S. und das Gewicht des Frachtstücks entscheidend war. Dem Kläger war es deshalb möglich, durch eine geschickte Kombination von Aufträgen die Gesamtvergütung pro Tour und damit den Umsatz selbst zu beeinflussen. Auf der anderen Seite trug er auch das Risiko, bei nur wenigen (oder sogar nur einem) leichten oder einem sperrigen Frachtstück keine weiteren Aufträge kombinieren zu können und deshalb für eine Tour auch nur eine geringere Vergütung bei gleichbleibenden fixen und variablen Kosten zu erhalten. Die Verwendung der vom Beigeladenen vorgegebenen Tarifliste spricht nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit, da die Verwendung von AGB auch zwischen selbstständigen Unternehmern üblich ist.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Kläger ist Versicherter iSd § 183 SGG. Zum Kreis der Versicherten iSd § 183 SGG gehören alle Personen, deren Versicherteneigenschaft ein Versicherungsträger festgestellt hat, also auch Personen, die sich mit Rechtsbehelfen gegen eine solche Feststellung wenden (BSG 05.10.2006, B 10 LW 5/05 R, SozR 4-1500 § 83 Nr 4; Sächsisches LSG 14.07.2011, L 7 KR 199/09 B, juris).
28 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
15 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft, zulässig und begründet.
16 
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 05.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 und des Bescheides vom 06.03.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger übte seine Tätigkeit für den Beigeladenen vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit aus und unterlag deshalb nicht der Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung in der Gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
17 
Nach § 7a SGB IV in der hier anzuwendenden, seit 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr 1 des 2. SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I S 2933) können die Beteiligten - dies sind im vorliegenden Fall der Kläger und der Beigeladene - schriftlich eine Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund (Beklagte) beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (Abs 1 Satz 1). Nach Abs 4 muss die Beklagte den Beteiligten mitteilen, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, die Tatsachen bezeichnen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und den Beteiligten Gelegenheit geben, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern.
18 
Die Beklagte hat auf den vom Beigeladenen gestellten Antrag als zuständige Behörde entschieden und dabei das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren eingehalten. Sie hat insbesondere nicht gegen die Anhörungspflicht nach § 7a Abs 4 SGB IV iVm § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verstoßen. Sie hat vor Erlass des angefochtenen Bescheides die beabsichtigte Entscheidung und die entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt. Der Kläger hatte (ebenso wie der Beigeladene) Gelegenheit, weitere Tatsachen und ergänzende rechtliche Gesichtspunkte vorzubringen. Die Beklagte hat auch keine (unzulässige) Elementenfeststellung vorgenommen. Mit dem Bescheid vom 06.03.2013 hat sie die Anforderungen an eine Statusfeststellung (auch hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes) erfüllt, die das BSG in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat (Urteil vom 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17; Urteil vom 04.06.2009, B 12 R 6/08 R). Sie hat ausdrücklich entschieden, dass für die Tätigkeit des Klägers beim Beigeladenen Versicherungspflicht in sämtlichen Zeigen der Sozialversicherung besteht. Zutreffend hat die Beklagte auch den Zeitraum der Feststellung gewählt. Denn unter Würdigung des gesamten Akteninhalt sowie nach Auswertung der Eintragungen im Handelsregister des Amtsgerichts Stuttgart, HRB ..., steht für den Senat fest, dass der Beigeladene seinen als Einzelfirma inhabergeführten Betrieb bezüglich der Vermittlung von Frachtaufträgen (Sofa-Spediteur) erst zum 31.12.2011 aufgegeben hat. Denn die F. Transport GmbH, die fortan die Vermittlung übernommen hat, wurde erst am 31.11.2011 gegründet.
19 
Die Entscheidung der Beklagten ist aber inhaltlich unrichtig. Der Kläger unterlag in seiner Fahrertätigkeit für den Beigeladenen nicht der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Sozialversicherung. Denn er war als selbstständiger Unternehmer tätig.
20 
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeit-raum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Nach § 7 Abs 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111,257 mwN).
21 
Nach den genannten Grundsätzen überwiegen zur Überzeugung des Senats in der Zusammen-schau aller Aspekte die Einzelaspekte, die für eine selbstständige Frachtführertätigkeit sprechen.
22 
Ein schriftlicher Vertrag über die Tätigkeit des Klägers liegt nicht vor. Nach den Feststellungen des Senats auf der Grundlage der Akten und insbesondere des Vorbringens der Beteiligten übernahm der Kläger ab 01.01.2002 vom Beigeladenen, der als Spediteur Frachtaufträge (insbesondere Luftfracht) vermittelte, fast täglich Frachtaufträge von und zum Flughafen Stuttgart. Für die Ausführung benutzte er ausschließlich sein eigenes Fahrzeug, das von ihm geleast worden war. Dabei bekam er jeweils am Abend des Vortages oder im Laufe des Vormittags für den laufenden Tag Frachtaufträge mit einzelnen oder auch mehreren Frachtstücken vom Beigeladenen angeboten. Im Auftrag war vorgegeben, ab wann das Frachtstück zur Abholung beim Kunden oder am Flughafen bereitstand. Handelte es sich um eine Fahrt zum Flughafen, musste der Kläger die Fracht bis 18:00 Uhr am Flughafen abgeben. Der Kläger stellte mit den Aufträgen des Beigeladenen und gegebenenfalls Aufträgen anderer Auftraggeber eine Tagestour für die Fahrt zum Flughafen zusammen. Täglich war aufgrund der Fahrstrecke von ca 500 km nur eine Tour möglich. Der Kläger haftete gegenüber dem Beigeladenen und gegenüber dem Kunden (§ 437 HGB) für einen Schaden am Frachtgut und schloss deshalb eine eigene Frachtführerversicherung ab. Die Vergütung des Klägers erfolgte auf der Grundlage der Tarifliste des Beigeladenen, die vor Beginn des ersten Auftrags vom Kläger akzeptiert worden war. Die Höhe der Vergütung richtete sich nach der Entfernung vom Flughafen (nach Zonen) und dem Gewicht des Frachtstücks. Der Kläger ist seit 26.11.1999 im Besitz einer Lizenz für grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr (Gemeinschaftslizenz). Ab 2011 war die Ehefrau des Klägers bei ihm für Buchhaltung und Schreibarbeiten als Arbeitnehmerin angestellt. Vorher arbeitete sie unentgeltlich im Betrieb mit.
23 
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine Frachtführertätigkeit im Sinne der §§ 407 ff HGB. Der Kläger unterlag weder einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Beigeladenen noch war er in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert. Vielmehr waren die konkreten Zeiten, zu denen das Frachtgut bei den Kunden abgeholt bzw dem Kunden zugestellt werden musste, bereits im vom Beigeladenen dem Kläger angebotenen Frachtauftrag selbst festgelegt. Umstände, die bereits im Voraus vertraglich festgelegt sind, begründen aber idR kein Weisungsrecht des Auftraggebers (vgl Senatsurteil vom 29.09.2015, L 11 R 3559/14 mwN). Übernahm der Kläger einen solchen Frachtauftrag oder auch mehrere davon, wenn eine Kombination aufgrund der Größe des Autos und des Gewichts möglich war, war er bezüglich der Fahrtroute, der tatsächlichen Durchführung, der eventuellen Kombination mit anderen Aufträgen anderer Auftraggeber und der konkreten Zeitplanung völlig frei.
24 
Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit spricht entscheidend der Umstand, dass der Kläger die Fahrten mit seinem eigenen Fahrzeug durchführte, er auch bei einer Tour zum oder vom Flughafen mehrere Aufträge mehrerer Auftragnehmer zusammenfassen konnte und auch zusammenfasste, soweit dies zeitlich und gewichtsmäßig möglich war, und für die ordnungsgemäße Ablieferung der Fracht gem § 437 HGB selbst haftete (vgl zu einem ähnlich gelagerten Fall auch Senatsurteil vom 05.11.2013, L 11 R 4053/12). Zudem konnte er Aufträge jederzeit ablehnen. Der Kläger war im Besitz einer Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr, so dass er jedenfalls aus Rechtsgründen nicht an einer selbstständige Tätigkeit gehindert war. Dieser Umstand ist nach den eigenen Beurteilungskriterien der Beklagten zum Frachtführer/Unterfrachtführer (Bl 120 Verwaltungsakte) als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit zu werten. Anders als die Beklagte meint, ist der Sachverhalt, der dem Urteil des BSG vom 11.03.2009 (B 12 KR 21/07 R) zu Grunde liegt, mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Im Gegensatz zum dortigen Fall eines Paketzustellers mit einem definierten Zustellbezirk und engen Zeitvorgaben auch untertags sowie zwischenzeitlichen Weisungen bezüglich der Abholung von Waren bei Kunden ist der Kläger hier in seiner Tätigkeit keinen engeren Bindungen unterworfen, als jenen, die bereits nach dem HGB gesetzlich vorgesehen sind.
25 
Der Kläger trug auch ein erhebliches Unternehmerrisiko. Entscheidend für das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos ist insoweit, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des finanziellen Verlusts oder der Möglichkeit eines Gewinns eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes sächlicher oder persönlicher Mittel also ungewiss ist (vgl LSG Sachsen 04.03.2014, L 5 R 425/12 unter Hinweis auf BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R). So liegt der Fall hier. Der Kläger ist bzgl seiner Transporttätigkeiten mit laufenden Fixkosten belastet (ua Leasingsgebühren für das Fahrzeug, Versicherungsbeiträge für Frachtführer-Versicherung, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, Finanzierung der Schulungen für die Luftfrachtsicherheit, ab 2011 Arbeitsentgelt für seine bei ihm entgeltlich beschäftigte Ehefrau). Es besteht demnach grundsätzlich die Gefahr des finanziellen Verlustes und nicht nur das Risiko der fehlenden Einkommenserzielung. Auf der anderen Seite war es dem Kläger möglich, geschickt verschiedene Aufträge vom Beigeladenen oder auch anderen Auftraggebern zu kombinieren, um sein Kraftfahrzeug gewinnbringend auszulasten. Dabei übersieht der Senat nicht, dass zu Beginn der Tätigkeit fast ausschließlich Aufträge vom Beigeladenen übernommen worden sind, denn auch dann gelten diese Grundsätze.
26 
Zudem spricht die konkrete Vergütung für ein relevantes Unternehmerrisiko und daher für eine selbstständige Tätigkeit. Denn die Vergütung erfolgte je Frachtstück, wobei für die Höhe der Vergütung die Entfernung des Kunden (Spedition) vom Flughafen S. und das Gewicht des Frachtstücks entscheidend war. Dem Kläger war es deshalb möglich, durch eine geschickte Kombination von Aufträgen die Gesamtvergütung pro Tour und damit den Umsatz selbst zu beeinflussen. Auf der anderen Seite trug er auch das Risiko, bei nur wenigen (oder sogar nur einem) leichten oder einem sperrigen Frachtstück keine weiteren Aufträge kombinieren zu können und deshalb für eine Tour auch nur eine geringere Vergütung bei gleichbleibenden fixen und variablen Kosten zu erhalten. Die Verwendung der vom Beigeladenen vorgegebenen Tarifliste spricht nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit, da die Verwendung von AGB auch zwischen selbstständigen Unternehmern üblich ist.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Kläger ist Versicherter iSd § 183 SGG. Zum Kreis der Versicherten iSd § 183 SGG gehören alle Personen, deren Versicherteneigenschaft ein Versicherungsträger festgestellt hat, also auch Personen, die sich mit Rechtsbehelfen gegen eine solche Feststellung wenden (BSG 05.10.2006, B 10 LW 5/05 R, SozR 4-1500 § 83 Nr 4; Sächsisches LSG 14.07.2011, L 7 KR 199/09 B, juris).
28 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger ist seit 2006 als Opernchorsänger in verschiedenen Theatern und Opernhäusern mehrwöchig oder tageweise tätig. Er wurde am 23. und 30.12.2011 (krankheitsbedingt) im Opernchor der zu 1. beigeladenen GmbH gegen ein Bruttoentgelt von jeweils 344 Euro eingesetzt. Der Kläger war weder zu allgemeinem Dienst noch zur Chorprobe verpflichtet. Unmittelbar vor seinen Auftritten erhielt er eine kurze szenarische (Sicherheits-)Einweisung und Kenntnis von der musikalischen Strichfassung. Die Aushilfstätigkeit wurde von der Beigeladenen zu 1. aufgrund des Abgrenzungskatalogs für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen als versicherungspflichtige Beschäftigung gemeldet.

2

Der Kläger beantragte im März 2012 die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Beklagte stellte daraufhin fest, dass die Tätigkeit als Opernchoraushilfe am 23. und 30.12.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und insoweit Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Bescheid vom 21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2013).

3

Das SG Kassel hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.9.2014). Das Hessische LSG hat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Er sei nicht im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, sondern lediglich temporär für jeweils eine Vorstellung engagiert worden und dabei nicht als Teil des Ensembles in den Betriebsablauf der Beigeladenen zu 1. eingegliedert gewesen. Eine Gebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Dienstleistung habe lediglich während der jeweiligen Aufführung bestanden. Anders als fest angestellte Opernchorsänger habe er nicht an Proben teilnehmen und sich eigenständig sowie selbstverantwortlich vorbereiten müssen. Den künstlerischen Vorgaben in Form der szenischen Sicherheitseinweisung und Klärung der musikalischen Strichfassung komme nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Rechtsprechung des BSG, die allein durch das Zusammenwirken mehrerer Musiker in einem Ensemble auf eine abhängige Beschäftigung schließe, sei für den vorliegenden Fall nicht zu folgen (Urteil vom 15.12.2016).

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 7 SGB IV. Das LSG beschreibe lediglich die normalen Rahmenbedingungen eines jeden Bühnenkünstlers, der kurzfristig für einen anderen erkrankten Künstler einspringe und deshalb regelmäßig nicht an Proben teilnehmen könne. Nach der Rechtsprechung des BSG stehe weder der Wunsch nach nur vorübergehenden Engagements an verschiedenen Bühnen noch die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Tätigkeitsverrichtung einer abhängigen Beschäftigung entgegen. Auch komme es nicht auf die häusliche Vorbereitung, sondern allein auf die Verhältnisse nach Annahme des jeweiligen Engagements an. An beiden Vorstellungsabenden habe wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble sowie hinsichtlich Maske und Kostüm eine signifikante Weisungsgebundenheit vorgelegen. Der Kläger habe auch kein Unternehmerrisiko getragen. Die nicht individuell ausgehandelte Vergütung sei nicht erfolgs-, sondern zeitbezogen gewährt und eigenes Kapital sei nicht eingesetzt worden. Unabhängig davon hätten einem solchen Risiko keine größere Freiheiten beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft und größere Verdienstchancen gegenübergestanden.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 zurückzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

7

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

8

Die Beigeladene zu 4. hat sich dem Revisionsvorbringen angeschlossen. Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG).

10

Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG sowie die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger am 23. und 30.12.2011 in seiner Tätigkeit als Opernchoraushilfe für die zu 1. beigeladene GmbH nicht aufgrund einer Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war. Der Bescheid der Beklagten vom 21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

11

Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 1 und 2 Nr 1 SGB XI sowie § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006 , § 25 Abs 1 S 1 SGB III in der Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001 ) der Versicherungspflicht. Der Kläger war in diesem Sinn in seiner Tätigkeit als Opernchorsänger für die Beigeladene zu 1. nicht abhängig beschäftigt.

12

Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis(S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 31 RdNr 17 mwN und BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 21 mwN, jeweils auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 4 RdNr 24 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

13

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN).

14

Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Kläger nicht abhängig beschäftigt. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen lediglich Beurteilungshilfen enthält. Daran sind die Sozialgerichte bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall nicht gebunden (BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 12 R 13/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 19 RdNr 20). Nach einer Gesamtschau der vom Berufungsgericht festgestellten, von der Beklagten nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) ist es auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die gegen eine Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen. Der Kläger war gegenüber der Beigeladenen zu 1. nicht weisungsgebunden und nicht in deren Arbeitsorganisation eingegliedert (dazu 1.). Dem steht weder die Rechtsprechung des Senats (dazu 2.) noch ein fehlendes Unternehmerrisiko entgegen (dazu 3.).

15

1. Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. kam ein schriftlicher Vertrag nicht zustande. Vielmehr war mündlich lediglich dessen (krankheitsbedingte) Mitwirkung im Opernchor während zwei bestimmter Aufführungen vereinbart worden. Unabhängig davon wurde der Kläger unmittelbar vor seinen Auftritten szenisch eingewiesen und über die musikalische Strichfassung informiert. Allein diese Umstände lassen weder ein umfassendes Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1. hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Aufführung noch eine mit einem Arbeitnehmer vergleichbare Einbindung in deren Arbeitsorganisation erkennen. Bei einer Mitwirkung an Theateraufführungen ergibt sich wegen den mit der vertraglich vereinbarten Dienstleistung verbundenen Notwendigkeiten sowohl die zeitliche und örtliche Abhängigkeit als auch eine gewisse Vorgabe der künstlerischen Darbietung aus der besonderen Eigenart der Tätigkeit (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 30 mwN). Die Gebundenheit an den Ort der Spielstätte, die festgesetzte Spielzeit und den "groben" Inhalt einer Darbietung ist der Tätigkeit eines Bühnenkünstlers immanent. Hierbei handelt es sich nicht um konkrete arbeitskraftbezogene Weisungen, sondern um Rahmenvorgaben, innerhalb derer die übernommene Dienstleistung zu erbringen ist. Das gilt auch für die von der Beklagten geltend gemachte - vom LSG allerdings nicht festgestellte - Weisungsgebundenheit hinsichtlich Maske und Kostüm.

16

Das Fehlen eines die Tätigkeitsverrichtung betreffenden Weisungsrechts und einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers wird dadurch erhärtet, dass der Kläger nicht verpflichtet war, an Chorproben teilzunehmen, sondern sich eigenverantwortlich auf den Bühnenauftritt vorbereiten konnte. Diesen Gesichtspunkt hat das LSG zu Recht als wesentliches, gegen eine abhängige Beschäftigung sprechendes Indiz berücksichtigt. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass für die Prüfung der Versicherungspflicht grundsätzlich auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (BSG Urteil vom 31.3.2016 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Daraus folgt aber nicht, dass die im Einzelfall vereinbarten oder eine bestimmte Tätigkeit typischerweise charakterisierenden Rahmenbedingungen bei der notwendigen Gesamtschau unbeachtlich wären. Die Annahme des LSG, dass als Arbeitnehmer beschäftigte Opernchorsänger regelmäßig an Chorproben teilnehmen (müssen) und das Fehlen einer solchen Probenpflicht im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung als einer abhängigen Beschäftigung entgegenstehender Umstand zu werten ist, ist daher nicht zu beanstanden. Dass wegen des kurzfristig vereinbarten Auftritts eine Probe möglicherweise - da vom LSG nicht festgestellt - schon zeitlich nicht in Betracht kam, ändert daran nichts. Der Umstand, dass der Kläger kurzfristig und ohne Chorprobe einen erkrankten Sänger ersetzen sollte, bestätigt vielmehr, dass bei ihm nicht die von einem beschäftigten Opernchorsänger geschuldete weisungsgebundene Arbeitskraft, sondern besondere gesangliche, künstlerisch-gestaltende Fähigkeiten und damit eigenständige Gesangs-sowie Darstellerleistungen im Vordergrund seines Bühnenauftritts standen.

17

2. Mit dem hier gefundenen Ergebnis setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem Urteil vom 20.3.2013 (B 12 R 13/10 R - SozR 4-2500 § 7 Nr 19)zu den als "Gäste" beschäftigten Bühnenkünstlern. Danach wurde eine Beschäftigung während einzelner Auftritte ua deshalb angenommen, weil das Weisungsrecht des Theaters "wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble (also mit anderem künstlerischen Personal) über die Festlegung (lediglich) gewisser 'Eckpunkte' der Aufführungen wie deren Beginn und Ende sowie den 'groben' Inhalt der (künstlerischen) Tätigkeit als Sänger, Balletttänzer bzw Schauspieler hinausging". Gerade ein solches über die "Eckpunkte" und den "groben" Inhalt der Auftritte des Klägers hinausgehendes Weisungsrecht hat das LSG nicht festgestellt. Wie bereits ausgeführt wurde, unterlag der Kläger lediglich vereinbarten Rahmenvorgaben, nicht aber konkreten arbeitskraftbezogenen Weisungen durch die Beigeladene zu 1. Unabhängig davon war die im Urteil vom 20.3.2013 beurteilte Tätigkeit durch eine Vielzahl von detaillierten "Vertraglichen Vereinbarungen" gekennzeichnet.

18

3. Das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe eigenes Kapital nicht eingesetzt und damit das für eine Selbstständigkeit sprechende Unternehmerrisiko nicht getragen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es eines solchen Unternehmerrisikos überhaupt noch bedarf, wenn schon eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung nicht festzustellen ist. Maßgebliches Kriterium für ein solches Unternehmerrisiko ist zwar die Ungewissheit des Erfolgs des Einsatzes sächlicher oder persönlicher Mittel. Allerdings ist unternehmerisches Tätigwerden bei reinen Dienstleistungen gerade nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien verbunden (BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Das auch bei einer Tätigkeit als Opernchorsänger typische Fehlen solcher Investitionen ist damit kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine (abhängige) Beschäftigung und gegen unternehmerisches Tätigwerden.

19

Auch die Vereinbarung eines festen Honorars spricht nicht als Ausdruck eines fehlenden Unternehmerrisikos zwingend für abhängige Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei reinen Dienstleistungen, anders als bei der Erstellung eines materiellen Produkts, ein erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der Eigenheiten der zu erbringenden Leistung regelmäßig nicht zu erwarten (BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 48 mwN). Dies gilt insbesondere für Bühnenkünstler aufgrund deren künstlerischen, schöpferisch-gestaltenden Tätigkeit, und zwar unabhängig davon, dass die Honorare nicht frei ausgehandelt, sondern entsprechend gebräuchlicher Sätze festgelegt werden (BSG aaO).

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. die außergerichtlichen Kosten im Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" wegen Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war.

2

Der 1976 geborene Beigeladene zu 1. war bis 30.9.2004 als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und in der sozialen Pflegeversicherung (sPV) versichert. Seit 1.10.2003 war er auf der Basis eines am 25.9.2003 zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Klägerin (A. GmbH, künftig einheitlich Klägerin) geschlossenen "Projektvertrages" im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" tätig. Durch den Vertrag wurde er "beauftragt", Leistungen in Bezug auf die "Auftragsnummer A 95/002, Projekt D., Dispo und Service bei M." - einer Elektronik-Verbrauchermarktkette - zu erbringen. Nach dem Projektvertrag war der Beigeladene zu 1. in der Wahl des Zeitpunkts zur Leistungserbringung generell frei und vereinbarte selbst den Tag und Zeitpunkt seines Besuchs mit den zuständigen Mitarbeitern des Handels. Im Einzelnen galt nach dem Vertrag weiter ua Folgendes: Der Beigeladene zu 1. konnte die vertraglich geschuldete Leistung auch durch Dritte erbringen lassen. Bei Verhinderung (wie Überlastung, Krankheit oder Urlaub) hatte er selbst für eine Vertretung zu sorgen. Der Beigeladene zu 1. erhielt einen pauschalen Besuchspreis in Höhe von 15 Euro pro Markt, inklusive Fahrtkosten sowie pro Besuch und nachgewiesener Bestellung ab dem 36. bestellten Produkt eine Stückprämie von 0,40 Euro. Die Abrechnung erfolgte monatlich unter Ausweisung von Mehrwertsteuer und Angabe der Umsatzsteuernummer des Beigeladenen zu 1. Die Vereinbarung war jederzeit mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich kündbar. Der Beigeladene zu 1. durfte auch für andere, ähnlich geartete Auftraggeber tätig werden. Er haftete für Schäden, die aus der verzögerten Erledigung resultierten, es sei denn, er hatte die Verzögerung oder Verhinderung nicht zu vertreten; in vollem Umfang haftete er auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen (Mitarbeiter, beauftragte Personen, Unternehmen).

3

In Ausführung des Projektvertrages besuchte der Beigeladene zu 1. regelmäßig bestimmte Verbrauchermärkte, um dort Original Handy-Zubehör adäquat zu platzieren. Dazu gehörten ua die Sorge um die Aktualität der Ware, Bestellung und Retourenabwicklung, Personalschulung über Neuerungen sowie Verhandlungen mit den Markt-Abteilungsleitern über Durchführung, Art und Menge der Bestellungen. Gegenüber der Klägerin erstellte er fortlaufend Rechnungen und einen Bericht bei Abschluss der Tätigkeit. Er verfügte an eigenen Arbeitsmitteln ua über einen PKW und einen Laptop sowie eine Büroeinrichtung und Internetanschluss. Vom 1.6. bis 31.12.2004 war der Beigeladene zu 1. neben seiner Tätigkeit für die Klägerin für ein weiteres Unternehmen als "Assistant Trainer (Promotion, Abverkauf)" tätig. Insoweit stellte der beklagte Rentenversicherungsträger auf seinen Antrag hin fest, dass er diese Tätigkeit als Selbstständiger ausübe.

4

Der Beigeladene zu 1. beantragte im Januar 2005 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich seiner Tätigkeit für die Klägerin. Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006 und durch weitere Bescheide gegenüber der Klägerin fest, dass er die Tätigkeit in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 im Rahmen einer Beschäftigung ausübe bzw in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei.

5

Das von der Klägerin dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum nicht sozialversicherungspflichtig tätig gewesen sei (Urteil vom 10.2.2011). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte durch Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010 festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 wegen der Tätigkeit für die Klägerin nicht in der GKV und in der sPV versicherungspflichtig war und ein entsprechendes - angenommenes - Teilanerkenntnis abgegeben. Das LSG hat die darüber hinausgehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung überwögen bei dem Beigeladenen zu 1. die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände. Der Projektvertrag enthalte überwiegend Regelungen, die dafür sprächen. Nach den Umständen und Ermittlungen fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses auf selbstständiger Basis nur formal vereinbart worden sei. Es habe sich nicht um bloße untergeordnete Regalauffülltätigkeiten gehandelt, sondern um einen um gestalterische Elementen erweiterten Aufgabenkreis. Die Rahmenbedingungen (Warenwirtschaftsturnus; konkrete Verbrauchermärkte) seien nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei zudem auch für andere Auftraggeber tätig und berechtigt gewesen, Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Betriebliche Sachzwänge, Mitteilungspflichten, die Möglichkeit einer Qualitätskontrolle durch die Klägerin sowie die Verpflichtung, Interessenkollisionen beim Einsatz Dritter bzw bei weiteren Aufträgen zu vermeiden, relativierten sich dadurch, dass auch klassische Selbstständige ähnlichen Pflichten unterlägen. Insgesamt sei der Beigeladene zu 1. als für mehrere Auftraggeber tätiger "Solo-Selbstständiger" anzusehen (Urteil vom 23.5.2013).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das LSG im Rahmen der Gesamtwürdigung den für die Tätigkeit maßgeblichen Bestimmungen des Projektvertrages, die nur dem Wortlaut nach auf eine selbstständige Tätigkeit zielten, uneingeschränkt Vorrang gewährt. Die tatsächlichen Umstände bei der Durchführung der einzelnen Aufträge, die für eine weitgehende Weisungsabhängigkeit und Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin sprächen, habe das LSG nur nachrangig berücksichtigt. Die Feststellungen zur Tätigkeit umschrieben letztlich nur die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten". Die Ansicht des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, als nicht abhängige Beschäftigung ausgeübt werden könnte. Der Beigeladene zu 1. sei aber in den Arbeitsprozess der Klägerin eingegliedert gewesen, indem er nach Annahme eines Einzelauftrags der Klägerin zu deren Vertragspartnern gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach den Vorgaben der Klägerin auszuführen. Hinweise auf ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestünden nicht. Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis - von der kein Gebrauch gemacht worden sei - stelle allein kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit dar. Feststellungen des LSG entsprächen teilweise nicht den Tatsachen, soweit es die Gewährung von Kilometergeld und Fahrkosten für den Besuch weiter entfernter Märkte anbelange. Eine Entlohnung mittels Besuchspauschale und Stückprämie spreche nicht indiziell für eine selbstständige Tätigkeit. Umständen wie Rechnungsstellung, Kündigungsmöglichkeit, oder die Möglichkeit einer Tätigkeit für weitere Auftraggeber komme ebenfalls keine indizielle Wirkung im Hinblick auf Selbstständigkeit zu.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Beide verteidigen das angefochtene Urteil.

10

Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge, die Beigeladenen zu 2., 3. und 6. schließen sich der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung an.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers ist unbegründet.

12

Revisionsrechtlich beanstandungsfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund einer Beschäftigung bei der klagenden GmbH als Arbeitgeberin feststellte.

13

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind - nach Annahme des Teilanerkenntnisses der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim LSG durch die Klägerin - der Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006, beide wiederum geändert durch die Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010, soweit darin die Beklagte die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" für die Klägerin aufgrund Beschäftigung in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung und danach vom 1.10.2004 bis 24.5.2005 in allen Zweigen der Sozialversicherung feststellte. Der Bescheid vom 2.2.2010 hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht besteht) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 2.2.2010 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt hat (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13). Zu Recht hat das LSG auch den ausschließlich gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheid vom 11.3.2010 als Gegenstand des Revisionsverfahrens angesehen, weil er ausdrücklich als "Bescheid" den früheren Bescheid vom 2.2.2010 änderte, auch wenn dies nur wegen einer teilweisen offensichtlichen Unrichtigkeit erfolgte. Soweit das LSG darüber hinaus - von den Beteiligten unbeanstandet gelassen - entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).

14

2. Das LSG ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den von ihm für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1. in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht wegen Beschäftigung versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war.

15

a) In den Jahren 2003 bis 2005, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

16

b) Das LSG hat diese allgemeinen rechtlichen Maßstäbe im Ausgangspunkt zutreffend herangezogen und begründet, dass und warum die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände hier nicht überwiegen, sondern die Abwägung insgesamt zu einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. führt. Die zentralen Feststellungen des LSG zum Inhalt des Projektvertrages (dazu aa), die von der Beklagten nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen wurden, sowie die hierzu nicht in Widerspruch stehende tatsächliche Umsetzung des Vertrages (dazu bb) rechtfertigen in dem hier (ausschließlich) zu beurteilenden Fall die Annahme des LSG, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht als Beschäftigter versicherungspflichtig war. Anders als Ausführungen der Beklagten und auch des LSG andeuten, geht es vorliegend allerdings nicht darum, eine "allgemeine" sozialversicherungsrechtliche Beurteilung für ein bestimmtes neues Berufsbild im Rahmen von "Merchandising/Rackjobbing" vorzunehmen (dazu cc). Schließlich ist auch ein Unternehmerrisiko beim Beigeladenen zu 1. anzunehmen (dazu dd).

17

aa) Rechtlicher Ausgangspunkt für die Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist zunächst die zwischen Klägerin und Beigeladenen zu 1. bestehende Vertragslage. Hierzu hat das LSG - ohne dass dies zu beanstanden wäre - angenommen, dass der für die vorliegende Tätigkeit maßgebende Projektvertrag nach seinem Gepräge überwiegend Regelungen enthält, die für eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnend sind. So war der Beigeladene zu 1. in zeitlicher Hinsicht weitgehend frei, war berechtigt, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen und hatte bei seiner Verhinderung für eine Vertretung zu sorgen. Als Entlohnung erhielt er eine Kombination aus Besuchspauschale und erfolgsabhängiger Stückprämie, und durfte auch - was teilweise tatsächlich erfolgte - noch für weitere ähnliche Auftraggeber tätig werden. Zwar hat das LSG auch festgestellt, dass die Klägerin über einen Adressenbestand von rund 75 "Lieferanten" verfügte, mit denen häufig sogenannte "Rahmenverträge" bestanden. Die Existenz eines zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1. bestehenden Rahmenvertrages hat das LSG hingegen nicht festgestellt.

18

bb) Dem angefochtenen Urteil können auch (gerade noch) hinreichende Feststellungen zur tatsächlichen Umsetzung der Vertragslage entnommen werden. Das LSG hat - insbesondere gestützt auf gerichtliche Anhörungen des Beigeladenen zu 1. im Klage- und Berufungsverfahren - festgestellt, dass Anhaltspunkte dafür fehlten, dass die vertraglichen Regelungen nur formal vereinbart worden waren und dass hinsichtlich der Erwerbstätigkeit tatsächlich etwas ganz anderes praktiziert wurde. Nach den vertraglichen Vereinbarungen und ihrer tatsächlichen Umsetzung sind damit keine gewichtigen Umstände ersichtlich, die gesamtschauend den Ausschlag für eine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs 1 S 2 SGB IV geben könnten.

19

(1) Der Beigeladene zu 1. war nach den Feststellungen des LSG weitgehend weisungsfrei in dem Sinne, dass die zeitlichen und örtlichen Rahmenbedingungen gerade nicht Ausfluss eines Direktionsrechts - wie im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - waren.

20

(2) Der Beigeladene zu 1. war - unbeschadet des Umstandes, dass er Dienstleistungen im Rahmen eines von der Klägerin mitgetragenen Gesamtvermarktungskonzepts erbrachte - nicht in einem relevanten Maß in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert, was sich ua in seiner vertraglichen Pflicht zeigt, im Falle seiner Verhinderung selbst für eine Vertretung zu sorgen. Er hatte nur auf betriebliche Sachzwänge der Klägerin und deren Kunden Rücksicht zu nehmen und unterlag insoweit lediglich Mitteilungspflichten und Qualitätskontrollen (zum Charakter von - eine Selbstständigkeit nicht ausschließenden - Dokumentationspflichten vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 20). Dem standen weitreichende Freiheiten des Beigeladenen zu 1. beim "Ob und Wie" der Erbringung der Tätigkeit mit eigenen gestalterischen Elementen gegenüber, die etwa über diejenigen eines klassischen Regalauffüllers hinausgingen. Das LSG hat insoweit zB auf Seite 15/16 seines Urteils dargelegt, dass dem Beigeladenen zu 1. - ähnlich wie anderen Vertragspartnern der Klägerin - die Entscheidung über die Präsentation der Produkte oblag, dass er Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung festzulegen hatte. Seine Tätigkeit habe gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente enthalten. Diese Tätigkeit habe sich im Rahmen eines Konzepts vollzogen, dass der Tatsache Rechnung getragen habe, dass Hersteller von Unterhaltungselektronik und IT-Produkten zunehmend dazu übergegangen seien, die Präsentation ihrer Waren nicht mehr den Betreibern von Märkten und Warenhäusern selbst zu überlassen, sondern sie - die Hersteller - es selbst in der Hand hätten, welche Verkaufs- bzw Regalflächen ihnen zur Verfügung gestellt würden. Hierzu bedienten sie sich insoweit spezieller Dienstleister (hier der Klägerin), um ihre Waren zeitnah und umsatzorientiert zu positionieren und möglichst werbewirksam zu präsentieren. In dieses Gesamtkonzept sei dann auch der Beigeladene zu 1. in der beschriebenen Weise eingebunden gewesen.

21

(3) Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. vertraglich berechtigt war, Dritte in die Auftragserledigung einzubeziehen, durfte vom LSG als Indiz für seine selbstständige Tätigkeit gewertet werden, auch wenn davon seitens des Beigeladenen zu 1. tatsächlich kein Gebrauch gemacht wurde.

22

(a) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30). Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung des BAG die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Da nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. Ein ihm auf diese Weise zustehender eigener Gestaltungsspielraum spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Vor diesem Hintergrund hat das LSG rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Möglichkeit der Einschaltung Dritter ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist.

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(b) Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. Ausdrücklich rügt die Beklagte - ohne Benennung einer konkreten Verfahrensvorschrift - eine "Verletzung der Grundsätze der freien Beweiswürdigung" durch einen vermeintlichen Rückgriff des LSG auf Erkenntnisse in einem anderen Verfahren. Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt die Beklagte aber ebenso wenig wie etwa einen Verstoß des LSG gegen Denkgesetze. Darüber hinaus ist nach der Revisionsbegründung nichts Hinreichendes dafür ersichtlich, dass das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl hierzu allgemein Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, S 467, Kap IX, RdNr 330; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 23 jeweils mwN), dass sich also im Rahmen einer Gesamtabwägung aller maßgebenden Indizien das Ergebnis zum Nachteil der Klägerin verschiebt. Die Beklagte bezieht ihre Rüge ausdrücklich nur auf die Feststellungen des LSG zur "Ernsthaftigkeit" der Vertragsregelung bezüglich der Auftragserledigung durch Dritte. Tatsächlich beziehen sich die Ausführungen des LSG zu dem Parallelverfahren auch nur auf den Aspekt der "Ernsthaftigkeit dieser Regelung". Die zugrundliegende Feststellung des Vorliegens einer entsprechenden vertraglichen Regelung über die Möglichkeit der Einschaltung Dritter und die Feststellung ihrer Nichtumsetzung in der Praxis sind hiervon jedoch in keiner Weise betroffen. Vielmehr handelt es sich bei der Frage der vom LSG problematisierten "Ernsthaftigkeit" der Regelung um eine hypothetische Einwendung gegen die zugrundeliegenden Feststellungen zum Vertragsinhalt. Mithin hätte es - jedenfalls bei einem Hinwegdenken der aus dem Parallelverfahren gewonnenen Erkenntnisse - der Beklagten oblegen, darzutun, dass die Vertragsbestimmung nur "formal" bzw zum Schein (vgl § 117 Abs 1 BGB) getroffen wurde, um den vom LSG bejahten indiziellen Charakter der Vertragsbestimmung nachhaltig zu erschüttern. Dem wird das Revisionsvorbringen jedoch nicht gerecht: Die Beklagte führt zum einen lediglich ihre abweichende rechtliche Auffassung an, wonach es sich bei der Vertragsregelung um eine Vertretungsregelung handele. Zum anderen argumentiert sie spekulativ in der Weise, dass sie ausführt, der Beigeladene zu 1. hätte einer Hilfskraft "vermutlich" seine gesamte Vergütung überlassen müssen. Das alles reicht insbesondere nicht aus, um einen entscheidungserheblichen - dh mit Auswirkung auf einen der Beklagten günstigen Urteilstenor - Verstoß gegen die Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung im Sinne von § 128 Abs 1 SGG bejahen zu können(vgl zu den sich insoweit stellenden Anforderungen allgemein Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 128 RdNr 4 ff mit umfangreichen Nachweisen).

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(4) Es ist auch nicht ersichtlich und wird von der Beklagten nicht formell gerügt, dass das LSG bestimmte im Fall des Beigeladenen zu 1. bedeutsame, als Indizien in Betracht kommende Umstände unzureichend ermittelt oder in ihrer Tragweite in die nötige Gesamtabwägung dazu, ob (abhängige) Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt, nicht eingestellt hätte.

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cc) Die in der Revisionsbegründung der Beklagten aus dem angefochtenen Urteil hergeleitete pauschale Einschätzung, die rechtliche Beurteilung des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, nicht in (abhängiger) Beschäftigung ausgeübt werde, erscheint bei alledem nicht gerechtfertigt. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ausschließlich eine konkrete, durch bestimmte Sachverhaltsgegebenheiten und ein spezifisches vertragliches Regelwerk geprägte Tätigkeit des Beigeladenen zu 1., deren rechtliche Einordnung der Senat nach den Maßstäben des Revisionsrechts zu überprüfen hat. Auch die Annahme der Beklagten, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sei letztlich derjenigen eines kaufmännischen Angestellten vergleichbar, trägt im Ergebnis revisionsrechtlich nicht. Die Beklagte weist insoweit zwar zu Recht auf die - nach wie vor aktuelle - Rechtsprechung des BSG hin, wonach auch Dienste höherer Art im Rahmen einer Beschäftigung geleistet werden können, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29 mwN). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist jedoch - wie unter 2 b) bb) dargelegt - nach den Feststellungen des LSG gerade durch eine weitgehende Weisungsfreiheit und ein überwiegendes Nichteingebundensein in die Arbeitsorganisation der Klägerin geprägt. Wenn die Beklagte der nach den Umständen des Falles gewonnenen Überzeugung der Vorinstanzen zu den bestimmenden Elementen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht folgen wollte bzw will, hätte sie insoweit im Revisionsverfahren näher zu spezifizierende Verfahrensrügen anbringen bzw bereits in den Tatsacheninstanzen ggf Beweisanträge dazu stellen müssen. Die Beklagte hat aber zB auch keinen konkreten Ermittlungsbedarf dazu aufgezeigt, dass es sich bei den konkreten vom Beigeladenen zu 1. erledigten Arbeiten um genau solche gehandelt habe, die zuvor bzw gleichzeitig ebenso durch andere Personen in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wurden (vgl zur insoweit notwendigen Unterscheidbarkeit beider Erwerbsformen zB BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 14/10 R - Juris RdNr 26).

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dd) Auch das Vorbringen der Beklagten, es lägen keine Anhaltspunkte für ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1. vor, führt schließlich nicht zum Erfolg der Revision.

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Nach den vom 12. Senat des BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, dh, ob der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Die Feststellungen des LSG machen die Annahme eines in diesem Sinne verstandenen Unternehmerrisikos revisionsgerichtlich nachvollziehbar, weil der Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung seiner Arbeitskraft bei der Durchführung des Projektvertrages das Risiko des Ausfalls seines Verdienstes trug. Nach dem vom LSG festgestellten Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen erhielt er nämlich eine pauschale Vergütung sowie zusätzliche umsatz- und damit erfolgsabhängige Stückprämien dafür, dass er Verbrauchermärkte aufsuchte. Der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft war somit insbesondere aufgrund der erfolgsbezogenen Vergütungsteile im Einzelnen durchaus ungewiss. Der Belastung mit dem Ausfallrisiko standen hinsichtlich der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft auch größere Freiheiten und Erwerbschancen gegenüber wie sie im Regelfall in einem Arbeitsverhältnis nicht gleichermaßen anzutreffen sind. Der Beigeladene zu 1. konnte den Einsatz seiner Arbeitskraft in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise sehr weitreichend selbst steuern, indem er zB durch die Art und Weise der Arbeitsausführung die Dauer seiner Besuche in den Märkten bestimmen konnte und in der Lage war, durch die ihm obliegende Präsentation der Produkte deren Absatz zu beeinflussen und so seine Verdienstchancen zu erhöhen.

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3. Nach alledem unterlag der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 nicht der Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung.

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4. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren beruht auf § 193 SGG.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.