Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 22. Nov. 2017 - L 12 KA 138/15

bei uns veröffentlicht am22.11.2017
vorgehend
Sozialgericht München, S 43 KA 1353/12, 11.05.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Absetzung der GOP 88740 bei mehrfachem Ansatz im Behandlungsfall und die Absetzung der GOP 40100 im Quartal 4/2009 sowie die alleinige Absetzung der GOP 40100 im Quartal 1/2010.

Die Beklagte setzte mit der Richtigstellungsmitteilung vom 19.5.2010 zum Honorarbescheid für das Quartal 4/2009 unter Angabe des Berichtigungskürzels AB0040 („Anzahlbedingung Tag“) die GOP 88740 in 2.561 Fällen mit einem Honorarvolumen von 59.159,10 € ab. Daneben wurde der Ansatz der GOP 40100 unter Angabe des Berichtigungskürzels UV8800 gestrichen, dieser sei neben der Abrechnung der GOP 88740 nicht zulässig. Weitere Absetzungen der GOP 40100 erfolgten unter Angabe der Berichtigungskürzel UV4010 („Die GOP 40100 ist im selben Behandlungsfall nicht neben den GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 […] abrechnungsfähig.“) im Umfang von 12.277,20 € und AB0030 („Anzahlbedingung Fall“).

Der Bevollmächtigte der Klägerin legte am 15.6.2010 Widerspruch gegen den Honorarbescheid und den Richtigstellungsbescheid ein. Die Absetzung der GOP 88740 mit der Angabe der Begründung „Anzahl Bedingungen Tag“ in Höhe von 59.159,10 € sei nicht gerechtfertigt. Es seien jeweils Abstriche aus dem Rachen und aus der Nase vorgenommen, untersucht und abgerechnet worden. Es sei anerkannt, dass bei Verdacht auf Schweinegrippe zwei Abstriche - aus Rachen und Nase -vorgenommen werden müssten, da die Diagnose in einer Vielzahl von Fällen bei nur einem Abstrich nicht stichfest erbracht werden könne. Auch die Anweisungen der KVB und des Gesundheitsamtes würden zwei Abstriche fordern.

Er wandte sich auch gegen die Absetzung der GOP 40100 unter dem Berichtigungskürzel UV4010 in Höhe von 12.277,20 €. Die Absetzung der GOP 40100 sei in 297 Fällen erfolgt, in denen die Bundeswehr oder die Bundespolizei Einsender gewesen sei. Dies sei ungerechtfertigt, da die Bundeswehr nicht Mitglied einer Laborgemeinschaft sein könne. Damit sei der Ansatz der GOP 40100 gerechtfertigt. Auch im Übrigen sei die Streichung der GOP 40100 mit der Begründung UV 4010 nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.9.2012 zurück. Die GOP 88740 enthalte seit dem 1.10.2009 den Zusatz „einmal am Behandlungstag“. Auch mehrere Untersuchungen würden nicht zu einem mehrfachen Ansatz der GOP 88740 berechtigen.

Nach den Anmerkungen im Anschluss an die Leistungslegende der GOP 40100 sei bestimmt, dass die Kostenpauschale 40100 in demselben Behandlungsfall nicht neben den GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 berechnungsfähig sei. Auch die zusätzliche Berechnung einer GOP aus dem Abschnitt 32.3 setze die Ausschlussregelung nicht außer Kraft. Die Abrechnung beruhe nicht darauf, dass Kosten für Versandmaterial o.ä. innerhalb einer Laborgemeinschaft nicht berechnungsfähig seien. Auf der Grundlage der vertraglichen Bestimmungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung würden die vertragsärztlichen Leistungen für die Bundeswehr und die Bundespolizei so vergütet, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen nach der Ersatzkassen-Vergütungsordnung und den ergänzenden Vereinbarung vergüten.

Mit dem Richtigstellungsbescheid vom 18.8.2010 zur Gesamtabrechnung 1/2010 setzte die Beklagte die GOP 40100 in 47 Fällen unter dem Berichtigungskürzel WU4827 mit einem Gesamtvolumen von 122,20 € ab. Zwischen der GOP 88740 und der GOP 40100 bestehe eine Unverträglichkeit je Tag. Darüber hinaus sei die Versandkostenpauschale nach der der GOP 40100 nur einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig, die entsprechende Absetzung unter dem Berichtigungskürzel HO11 würde insgesamt 1.463,80 € betragen. Die Kostenpauschale 40100 sei in demselben Behandlungsfall nicht neben den GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 berechnungsfähig (Berichtigungskürzel ER32). Sie sei durch die GOP 40120 ersetzt worden. Eine Streichung sei in 4.931 Fällen erfolgt, die Berichtigung betrage 10.108,55 €.

Der Bevollmächtigte der Klägerin legte am 9.9.2010 Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal 1/2010 ein. Die Streichung der Kostenpauschale 40100 sei nicht nachprüfbar. Es werde darauf hingewiesen, dass Bundeswehr und Bundespolizei nicht Mitglied der Laborgemeinschaft seien und deshalb die Streichung der GOP 40100 nicht gerechtfertigt sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.9.2012 zurück. Die GOP 88740 vergüte den Nukleinsäurenachweis von Influenza A/H1N1 mit Amplifikationsverfahren (PCR) ohne weitere Subtypisierung, inklusive der Kosten für den Transport des Untersuchungsmaterials und die Übermittlung des Untersuchungsergebnisses. Die GOP 40100 sei daneben nicht gesondert berechnungsfähig.

Nach der Präambel zu Kapitel 40.3 sei die Versandpauschale nach Nr. 40100 nur einmal im Behandlungsfall und nur von dem Arzt, dem der Überweisungsauftrag zur Probenuntersuchung erteilt wurde, berechnungsfähig. Werde die Auftragsleistung von dem annehmenden Arzt ganz oder teilweise zur Durchführung an einen anderen Arzt weiterüberwiesen, sei die Nr. 40100 in demselben Behandlungsfall für die Weitergabe weder vom weitergebenden noch vom annehmenden Arzt berechnungsfähig. Behandlungsfall sei die gesamte von der derselben Arztpraxis innerhalb desselben Kalendervierteljahres an demselben Versicherten ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse vorgenommene Behandlung. Auch das Vorliegen mehrerer Überweisungsscheine setze die Regelung des Behandlungsfalles nach den Bundesmantelverträgen nicht außer Kraft. Die Kostenpauschale für Versandmaterial könne daher nur einmal im Behandlungsfall berechnet werden.

Nach den Anmerkungen im Anschluss an die Leistungslegende der GOP 40100 sei bestimmt, dass die Kostenpauschale 40100 in demselben Behandlungsfall nicht neben den GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 berechnungsfähig sei. Bei der Abrechnungsbearbeitung sei zunächst eine Umsetzung in die GOP 40120 erfolgt. Da auch deren Leistungsinhalt nicht erfüllt sei, sei mit dem Honorarbescheid 4/2010 auch eine Absetzung der GOP 40120 vorgenommen worden.

Die Klägerin, vertreten durch den Bevollmächtigten, erhob am 15.10.2012 Klage zum Sozialgericht München und wandte sich gegen die Richtigstellungen der Beklagten bzgl. der GOP 88740 und 40100 in den Quartalen 4/2009 und 1/2010. Zur Begründung der Klage wurde vorgetragen, dass klägerseits Abstriche aus Nase und Rachen untersucht und abgerechnet worden seien. Diese Vorgehensweise habe der Vorgabe des RKI und eines Informationsblattes des Gesundheitsamtes entsprochen. Die Notwendigkeit der Untersuchungen von Abstrichen aus Nase und Rachen sei medizinisch anerkannt, da in mindestens 30% der Fälle bei nur einem Abstrich keine sichere Diagnose möglich sei. Diese Vorgaben des RKI seien durch den Beschluss vom 7.10.2009 rückwirkend korrigiert worden. Rechtswidrig sei auch, dass in den 23,10 € pro Untersuchung nach der GOP 88740 die Kosten für den Transport des Untersuchungsmaterials und die Übermittlung des Untersuchungsergebnisses enthalten seien. Dies sei nicht der Fall und überdies könne der Bewertungsausschuss nicht die Struktur des EBM - Trennung von pauschalen Erstattungskosten und Leistungsziffern - verändern.

Der Klägerbevollmächtigte wies des Weiteren auf das Rundschreiben D3-138/2009 zum Beschluss vom 17.8.2009 hin. Dieser Beschluss habe keine Einschränkung der Abrechenbarkeit auf einmal am Behandlungstag enthalten. Entsprechend der Durchführungsempfehlung des Bewertungsausschusses in seiner 186. Sitzung seien bei der Durchführung die Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes in vollem Umfang zu wahren und die Kosten des Probentransportes zu erstatten. Die Vornahme von zwei Abstrichen und die Durchführung von zwei Untersuchungen seien von der Influenza-Kommission des RKI als Empfehlung herausgegeben worden. Dazu wurden ein Schreiben der KBV vom 24.7.2009 und ein nicht datiertes Schreiben der KVB ebenso wie die Empfehlung des RKI zum Vorgehen bei einem Verdachtsfall beigefügt.

Der Ausschluss der GOP 40100 sei nicht gerechtfertigt. Die Beschlussfassung D 922 (gemeint ist vermutlich B 922 - als Anlage 1 vorgelegte Beschlussfassung zum 17.8.2009) sehe lediglich vor, dass der Transport des Untersuchungsmaterials und die Übermittlung des Befundergebnisses umfasst sein solle. Kosten für das Versandmaterial seien bereits vom Wortlaut her nicht umfasst. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich um eine Epidemie gehandelt habe, sei der Ausschluss nicht gerechtfertigt. Auch die Kosten der weiteren Veranlassung wie der Versand an das Gesundheitsamt seien vom Ausschluss nicht erfasst.

Von Seiten der Beklagten wurde auf die Fassungen der GOP 88740 zum 17.8.2009 und 1.10.2009 hingewiesen. Es sei ab 1.10.2009 eindeutig geregelt, dass die GOP 88740 nur einmal am Behandlungstag berechnungsfähig sei. Auf die Anzahl der Abstriche komme es nicht an. Die Empfehlungen des RKI seien den Partnern der Bundesmantelverträge bekannt. Im Zusammenhang mit dem Nachweis von Influenzaviren gebe es auch den Hinweis des RKI, dass dem Material aus der Nase der Vorzug zu geben sei. Hinweise auf eine willkürliche Beschlussfassung seien nicht ersichtlich. Im Übrigen habe die Klägerin in sehr vielen Fällen die GOP 88740 nur einmal am Tag abgerechnet, was gegen die Annahme spreche, dass immer zwei Abstriche am Tag genommen worden seien.

Bei der GOP 40100 als Kostenpauschale für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial einschließlich der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen sei die Abrechenbarkeit auf einmal im Behandlungsfall beschränkt. Nach dem EBM sei diese Kostenpauschale in demselben Behandlungsfall auch nicht neben den GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 berechnungsfähig. Im Quartal 4/2009 sei die Berichtigung der GOP 40100 zum einen wegen des mehrmaligen Ansatzes im Behandlungsfall und zum anderen wegen der Abrechnung neben GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 (GOP 32025 bis 32152) erfolgt. Lediglich in 18 Fällen sei die Absetzung wegen der Abrechnung neben der GOP 88740 am gleichen Tag erfolgt (Prüfregel UV8800).

Auch im Quartal 1/2010 sei die Absetzung der GOP 40100 vor allem wegen des mehrfachen Ansatzes im Behandlungsfall bzw. des Ansatzes neben GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 erfolgt. Lediglich in 47 Fällen beruhe die Absetzung auf der Abrechnung neben der GOP 88740 (Prüfregel WU4827).

Die Diagnostik der Schweineinfluenza und deren Abrechnung hätten einem Anpassungsprozess unterlegen. Dies ergebe sich auch aus den vom Klägervertreter vorgelegten Unterlagen. Insbesondere die vom Klägervertreter benannte Durchführungsempfehlung des Bewertungsausschusses in seiner 186. Sitzung sei durch den Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 195. Sitzung mit Wirkung zum 17.8.2009 abgelöst worden. In dem als Anlage 4 vorgelegten Schreiben der KBV werde zudem darauf hingewiesen, dass die Thematik einer hohen Dynamik unterliege und davon ausgegangen werde, dass fortlaufend Änderungen zum diagnostischen Verfahren folgen werden. Die Empfehlung des RKI vom 26.4.2009, auf welche sich die Klägerseite beziehe, könne deshalb nicht als absolut und abschließend gesehen werden. Auch könne aus dieser Empfehlung nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass die GOP 88740 zweimal am Behandlungstag berechnungsfähig sein müsse. Zum Zeitpunkt der Empfehlung habe es die GOP 88740 und 88741 noch nicht gegeben. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Bewertungsausschuss bei der Beschränkung der Abrechnung auf einmal am Behandlungstag seinen Gestaltungsspielraum überschritten hätte. Ebenso sei es möglich, die Kosten für den Transport des Untersuchungsmaterials und für die Übermittlung des Befundes in die GOP 88740 zu inkludieren. Da die GOP 88740 bereits die Transport- und Übermittlungskosten beinhalte, sei der Ausschluss der Abrechnung der GOP 40100 neben der GOP 88740 nicht zu beanstanden.

Das Sozialgericht München wies die Klage mit Urteil vom 11.5.2015 ab. Die Beklagte habe die für sie verbindlichen Vorgaben des Bewertungsausschusses zu den GOP 88740 und 40100 sowie die Regelungen der Bundesmantelverträge korrekt umgesetzt. Fachliche Empfehlungen könnten die Vorgaben des EBM nicht aushebeln. Die am 26.10.2009 beschlossene, zum 1.10.2009 rückwirkende Änderung der GOP 88740, dass diese nur einmal am Tag abrechenbar sei, sei zulässig und kein Fall verbotener Rückwirkung. Die Kosten für den Transport des Untersuchungsmaterials seien von der GOP 88740 mit abgedeckt.

Der Bevollmächtigte der Klägerin legte am 18.8.2015 Berufung ein und trug zur Begründung vor, die Bekanntgabe des Beschlusses, welcher die Einschränkung „einmal am Behandlungstag“ enthielt, sei erst am 12.12.2012 im Deutschen Ärzteblatt erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin die Leistungen bereits erbracht und ihr gesamtes System darauf eingestellt. Es würde eine unzulässige Rückwirkung vorliegen.

Die Beklagte habe auch gegen den Vertrauensschutz verstoßen. Das Robert-Koch-Institut habe mit Schreiben vom 26.4.2009 empfohlen, zwei Abstriche - aus Rachen und Nase - zu nehmen und zu untersuchen. Dieser Empfehlung habe sich die Beklagte mit Rundschreiben an alle Vertragsärzte in Bayern und das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit mit Schreiben im Schreiben vom 30.4.2009 angeschlossen. Es gebe keine spätere Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, in der von der Notwendigkeit von zwei Abstrichen Abstand genommen würde.

Die Frage, ob die Untersuchung von zwei Abstrichen zur sicheren Diagnosestellung notwendig sei, habe das Sozialgericht nicht selbst beurteilen können. Es hätte daher eine Stellungnahme des Robert-Koch-Instituts oder ein Sachverständigengutachten einholen müssen.

Die Beklagte führte im Schriftsatz vom 25.9.2015 aus, dass die rückwirkende Änderung der GOP 88740 mit der Einschränkung „nur einmal am Behandlungstag abrechnungsfähig“ zulässig gewesen sei. Bereits im Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 195. Sitzung am 17.8.2009 hätten sich der Bewertungsausschuss und seine Trägerorganisationen vorbehalten, diesen Beschluss weiter anzupassen, „soweit insbesondere von Seiten des Robert-Koch-Instituts (RKI) neue Erkenntnisse zur (Ausschluss-)Diagnostik und Therapie der neuen Grippe vorgelegt werden“.

Der ausdrückliche Vorbehalt habe eine Änderung des Beschlusses ermöglicht, ohne dass Vertrauensschutzgesichtspunkte beachtet werden müssten. Auf die Rechtsprechung zur Rückwirkung komme es nicht an. In jedem Fall liege ein Fall zulässiger, unechter Rückwirkung vor. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beschlusses vom 7.10.2009 sei die Abrechnung für das Quartal 4/2009 noch nicht erstellt gewesen. Die Änderung betreffe lediglich die Höhe der Vergütung und nicht die Leistungserbringung an sich.

Auch bei Annahme einer echten Rückwirkung sei diese zulässig, da der Kläger nicht damit rechnen durfte, dass der Beschluss aus der 195. Sitzung des Bewertungsausschusses unverändert bleibe. Dies ergebe sich aus dem Vorbehalt im Beschluss selbst und der Tatsache, dass das Thema Schweineinfluenza einer großen Dynamik unterlag und laufenden Anpassungen unterworfen war.

Die Änderung habe sich für den Kläger im Übrigen nur gering ausgewirkt. Bei der GOP 88740 habe es sich um eine spezielle Leistung gehandelt, die nur vom 17.8.2009 bis 31.12.2010 abrechenbar gewesen sei. Ab dem Quartal 1/2010 sei die GOP 88740 durch den Kläger nur noch in geringem Umfang abgerechnet worden. Im Quartal 4/2009 würde die auf die GOP 88740 entfallende Richtigstellung einen Anteil von nur 4,58% des abgerechneten Gesamthonorars ausmachen.

Dem Bewertungsausschuss stehe ein weiter Gestaltungsspielraum zu, den dieser nicht verletzt habe. Aus den von Klägerseite vorgelegten Unterlagen sei auch nicht die Verpflichtung zur Entnahme eines Abstrichs aus Nase und Rachen zu entnehmen. Die Empfehlungen des RKI vom 26.4.2009 aus der Anfangszeit der Schweineinfluenza würden sich auf den Influenza-Schnelltest beziehen. Es sei ein gestuftes Vorgehen mit einer ggf. erforderlichen Bestätigungsdiagnostik empfohlen worden. Die GOP 88740 sei erst später eingeführt worden und habe einen anderen Leistungsinhalt. Aus der Empfehlung des RKI vom 26.4.2009 könne daher nicht auf die zwingende zweimalige Abrechnung der GOP 88740 am Behandlungstag geschlossen werden.

Hinsichtlich der GOP 40100 verwies die Beklagte auf die Bestimmungen des EBM und wiederholte den erstinstanzlichen Vortrag.

Von Klägerseite wird mit Schriftsatz vom 13.10.2015 geltend gemacht, die Auffassung der Beklagten, dass der Bewertungsausschuss nicht zwingend an die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts gebunden gewesen wäre, berücksichtige nicht, dass es sich bei der Schweinegrippe um eine dem Bundesseuchengesetz unterliegende Seuche gehandelt habe. Die Auffassung der Beklagten würde dazu führen, dass medizinisch zwingende, nach Bundesseuchengesetz vorzunehmende und vom RKI vorgegebene Diagnostik von einem juristisch besetzten Gremium einfach unter Vergütungsgesichtspunkten willkürlich geändert werden könnte. Dies könne nicht richtig sein und zeige, dass der Bewertungsausschuss den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum falsch ausgeübt habe.

Die Beklagte führte mit Schriftsatz vom 22.12.2015 aus, die Tatsache, dass die Schweingrippe dem Bundesseuchengesetz unterliege, habe keinen Einfluss auf die Frage der Abrechnung der Leistung. Abrechnungsgrundlage sei der EBM, unabhängig davon, ob die Krankheit dem Infektionsschutzgesetz unterliege oder nicht. Die Frage der Diagnostik sei nicht mit der Frage der Abrechnung gleichzusetzen.

Es werde darauf hingewiesen, dass der Kläger in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen die GOP 88740 nur einmal am Behandlungstag abgerechnet habe. Dies zeige, dass nicht generell zwei Proben bei einem Patienten genommen worden seien. Im RKI-Ratgeber für Ärzte, Stand 20.12.2013, werde zur Diagnostik der Schweinegrippe ausgeführt, dass Abstriche aus der Nase eine höhere Sensitivität als Proben aus dem Rachenraum hätten.

Mit weiterem Schriftsatz vom 11.1.2016 wird von Klägerseite vorgetragen, dass der Vorbehalt im Beschluss des Bewertungsausschusses zur Aufnahme der GOP 88740 in den EBM die rückwirkende Abrechnungseinschränkung nicht decke. Der Vorbehalt stelle nur auf neue Erkenntnisse zur Ausschluss-Diagnostik seitens des RKI ab, solche hätte es aber bei dem Beschluss zur Einschränkung der Abrechnung nicht gegeben. Im Übrigen sei durch Frau Dr. L. B. S. vom Robert-Koch-Institut sogar die Empfehlung ausgesprochen worden, drei Abstriche vorzunehmen.

Die Beklagte wiederholte und vertiefte mit Schriftsatz vom 9.3.2016 ihre bisherige Argumentation und regte an, den Bewertungsausschuss zum Verfahren beizuladen.

Die Klägerin stellt die Anträge aus der Berufungsschrift vom 13.8.2015:

1. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.5.2015, zugestellt am 5.8.2015, Az. S 43 KA 1353/12 wird aufgehoben.

2. Die Richtigstellungsbescheide vom 19.5.2010 (4/09) und vom 18.8.2010 (1/10) in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.9.2012 sind aufzuheben.

Die Beklagte wird verurteilt, die in den Quartalen 4/09 und 1/10 abgesetzten Leistungen gemäß 88740 und 40100 der Klägerin - einen Betrag von 65.939,90 € - zu vergüten.

3. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen mit den Az. S 43 KA 1353/12 und L 12 KA 138/15. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Gründe

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum überwiegenden Teil statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der abgesetzten streitgegenständlichen GOP in den Quartalen 4/2009 und 1/2010.

Die Berufung war insoweit nicht zulässig, als die Klägerin mit dem gestellten Antrag auch die Vergütung der mit Richtigstellungsbescheiden für die Quartale 4/2009 und 1/2010 abgesetzten GOP begehrte, deren Absetzung nicht mit den Widersprüchen gegen die Richtigstellungsmitteilung vom 19.5.2010 (Quartal 4/2009) und den Richtigstellungsbescheid vom 18.8.2010 (Quartal 1/2010) angegriffen wurde (Absetzung GOP 40100 neben GOP 88740 mit Kürzel UV8800 und Absetzung GOP 40100 wegen mehrfacher Abrechnung im Behandlungsfall mit Kürzel AB0030, jeweils im Quartal 4/2009).

I.

Rechtsgrundlage der von der Beklagten vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen ist § 106a Abs. 2 S. 1 Halbsatz SGB V (in der bis 31.12.2016 gültigen Fassung). Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, d.h. im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen und satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht und abgerechnet worden sind (BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 6 KA 20/13 R - m.w.N.).

1. Die Beklagte hat mit der Richtigstellungsmitteilung vom 19.5.2010 für das Quartal 4/2009 und dem Richtigstellungsbescheid vom 18.8.2010 für das Quartal 1/2010 zu Recht festgestellt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung der GOP 88740 mehrfach am Behandlungstag und auf Vergütung der GOP 40100 neben der GOP 88740, neben Leistungen des Abschnitte 32.21 bis 32.2.7 sowie mehrmals am Behandlungstag hat.

a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der GOP 88740 mehrfach am Behandlungstag.

Die GOP 88740 hatte ab 1.10.2009 folgenden Inhalt:

„Nukleinsäurenachweis von neuer Influenza A/H1N1 (Schweineinfluenza) mittels Amplifikationsverfahren (PCR) ohne weitere Subtypisierung, inklusive Kosten für den Transport des Untersuchungsmaterials und die Übermittlung des Untersuchungsergebnisses für diese Untersuchung einmal am Behandlungstag 23,10 €.“

Die Klägerin kann aus der Durchführungsempfehlung des Bewertungsausschusses in seiner 186. Sitzung zum 1.5.2009, aus dem Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 195. Sitzung vom 13.8.2009 oder den Empfehlungen des RKI vom 26.4.2009 keine mehrfache Vergütung der GOP 88740 am Behandlungstag ableiten.

a) Für die Labordiagnostik der „neuen Influenza“ galt zunächst eine Durchführungsempfehlung des Bewertungsausschusses aus der 186. Sitzung zur Kostenerstattung im Rahmen der Diagnostik bei konkreten Verdachtsfällen der Infektion mit der sogenannten neuen Grippe (Schweinegrippe) zum 1.5.2009. Danach sollte bei klinischem Verdacht auf eine Infektion mit Influenza A/H1N1 sowie Vorliegen epidemologischer Kriterien, die eine Erkrankung wahrscheinlich machen, in der Praxis ein Infuenzaschnelltest vorgenommen werden. Die Kosten des Schnelltestes seien auf Basis der Kostenerstattung durch die Krankenkasse des Patienten auf Basis einer GOÄ-Rechnung analog Ziffer 4668 mit 1,15fachen Satz in Höhe von 22,12 € zu übernehmen. Sofern im konkreten Krankheitsverdachtsfall in der Praxis kein Schnelltest verfügbar war, sollte die entnommene Probe schnellstmöglich an ein Labor mit der Möglichkeit eines labordiagnostischen Virusnachweises gesendet werden, wobei die Kosten des Probentransportes in Höhe von 2,60 € ebenfalls im Rahmen der Kostenerstattung zu vergüten wären.

b) Der Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 195. Sitzung am 13.8.2009 löste diese Durchführungsempfehlung ab, die zum 16.8.2009 außer Kraft trat. Zum Nachweis der neuen Influenza wurde eine PCR-Untersuchung als Gebührenordnungsposition, nach dem Beschluss der Partner der Bundesmantelverträge die GOP 88740, eingeführt. Diese GOP sollte vom 17.8.2009 bis 31.12.2010 abrechenbar sein. Am 17.8.2009 wurde durch die Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Ersatzkassen und die Partner des Bundesmantelvertrages ein schriftlicher Beschluss über die Aufnahme von Kostenpauschalen im Rahmen der Diagnostik der Infektion mit der neuen Influenza A/H1N1 (Schweineinfluenza) in die E-GO bzw. den BMV-Ä mit Wirkung zum 17.8.2009 bis 31.12.2010 gefasst. In dieser Beschlussfassung war die Einschränkung „einmal am Behandlungstag“ nicht enthalten.

c) Das Schreiben des RKI vom 26.4.2009, 18:25 Uhr ist vom Kl. als (nicht bezeichnete) Anlage zum Schriftsatz vom 23.11.2015 vorgelegt worden. Danach sollten bei Personen mit Verdacht auf Infektionen mit dem neuartigen Schweinegrippevirus Proben sowohl aus dem Rachen als auch aus der Nase entnommen werden. Unter „Abnahme von Proben für spezifischen Test auf A/H1N1 (z.B. durch PCR)“ wird ausgeführt:

„Liegt bei einem Verdachtsfall auf Schweinegrippe ein positiver Nachweis auf Influenza-A vor, so ist (ggf. nochmals) eine Probe jeweils aus Rachen und Nase abzunehmen.“

Nach dem Schreiben sollte diese nochmalige Probenentnahme erfolgen, wenn sich bei dem durchgeführten Schnelltest der Verdacht auf eine Influenza-A-Infektion ergab.

Im sozialgerichtlichen Verfahren war klägerseits das Schreiben des RKI vom 26.4.2009, 17:40 Uhr vorgelegt worden. In diesem Schreiben wird einleitend dargestellt, dass die Empfehlungen für die Anfangsphase des Auftretens von Fällen mit Schweinegrippe gelten, so lange die Inzidenz niedrig ist. Bei Verdachtsfällen sollen Abstriche aus beiden Nasenlöchern (alternativ Abnahme von Nasenspülflüssigkeit) und aus dem Rachen genommen werden und ein Schnelltest auf Influenza-A mit einer Probe aus einem der Nasenlöcher durchgeführt werden. Sollte der Test positiv auf Influenza-A sein oder negativ sein, sollen die zweite Nasenabstrich- und die Rachenabstrichprobe an ein Labor geschickt werden, das in der Lage ist, eine Diagnostik auf Influenza-Subtypen durchzuführen.

d) Am 7.10.2009 wurde durch die Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Ersatzkassen und gleichlautend durch die Partner des Bundesmantelvertrages schriftlich eine Änderung der Leistungslegende der GOP 88740 und 88741 im Rahmen der Diagnostik der Infektion mit der neuen Influenza (Schweineinfluenza) beschlossen und der Leistungsinhalt um den Zusatz „einmal am Behandlungstag“ ergänzt. Diese Beschlüsse wurden im Deutschen Ärzteblatt vom 4.12.2009 veröffentlicht.

e) Aus den von Klägerseite vorgelegten Empfehlungen des RKI ergibt sich, dass die Forderung nach mehreren Abstrichen insbesondere die in den Anfangszeiten der Schweinegrippe vorgenommene gestufte Diagnostik mit Influenza-Schnelltests (in der ärztlichen Praxis) und einer Bestätigungsdiagnostik im Labor, die auch die Subtypisierung einschloss, betraf. Dem entspricht auch die Durchführungsempfehlung des Bewertungsausschusses in seiner 186. Sitzung.

Mit dem Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 195. Sitzung wird aber nicht mehr eine gestufte Diagnostik mit Schnelltest in der Praxis und PCR im Labor vorgesehen, sondern grundsätzlich die PCR im Labor (GOP 88740) und nur in Ausnahmefällen der Schnelltest in der Praxis (GOP 88741). Daher kann die Klägerin aus den Empfehlungen des RKI vom 26.4.2009 keine mehrfache Vergütung des Nukleinsäurenachweises von neuer Influenza A/H1N1 (Schweineinfluenza) mittels Amplifikationsverfahren (PCR) am Behandlungstag ableiten. Die unter dem Gesichtspunkt des Infektionsschutzes abgegebenen Empfehlungen des RKI begründen keine bindenden Vorgaben für den Umfang der Vergütung in der vertragsärztlichen Versorgung. Aufgabe des RKI ist nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG; vom Klägerbevollmächtigten als Bundesseuchengesetz bezeichnet), Konzeptionen zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen zu entwickeln. Eine ggf. unter infektionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten erforderliche Subtypisierung und die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erforderliche Diagnostik der Schweinegrippe sind unterschiedliche Fragestellungen. Zu berücksichtigen ist, dass in der vertragsärztlichen Versorgung die Therapie im Vordergrund steht und die Diagnostik zum Zwecke der anschließenden Therapie erfolgt. Die Maßnahmen nach dem IfSG dienen nach § 1 Abs. 1 dem Zweck, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Die im Rahmen des IfSG erforderliche Diagnostik ist auch nach den Regelungen des IfSG zu finanzieren (§ 69 IfSchG) und nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung.

b) Der schriftliche Beschluss der Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Ersatzkassen und gleichlautend der Partner des Bundesmantelvertrages vom 7.10.2009 ist nicht wegen einer unzulässigen Rückwirkung rechtswidrig.

Eine echte Rückwirkung liegt nur vor, wenn eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreift. Von unechter Rückwirkung ist auszugehen, wenn eine Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, indem sie Rechtspositionen nachträglich entwertet. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Bekanntmachung der Norm (BSG, Urteil vom 29.11.2006, Az. B 6 KA 42/05 R, Rn. 14).

In honorarrechtlichen Angelegenheiten der vertragsärztlichen Versorgung liegt ein abgeschlossener Sachverhalt nur vor, wenn die Honorarabrechnung des streitbefangenen Quartals vor der Änderung der für die Honorierung maßgeblichen Vorschriften lag. Ein konkreter Honoraranspruch entsteht erst nach Prüfung sämtlicher von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen. Erst mit der Honorarfestsetzung konkretisiert sich der bis dahin nur allgemeine Anspruch auf Honorarteilhabe zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 15 mit weiteren Nw.)

Hier ist vom Vorliegen einer unechten Rückwirkung auszugehen, weil die Beschränkung der Abrechenbarkeit der GOP 88740 noch vor der Abrechnung des Quartals 4/2009 beschlossen (7.10.2009) und im Deutschen Ärzteblatt (vom 4.12.2009) bekannt gemacht wurde.

Die unechte Rückwirkung ist zulässig, wenn ausreichende Gemeinwohlgründe sie erfordern und das schutzwürdige Vertrauen der Betroffenen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage nicht überwiegt (BSG, a.a.O., Rn. 19 mit Verweis auf die einschlägigen Entscheidungen des BVerfG).

Hier fehlt es bereits an schutzwürdigem Vertrauen in den Fortbestand der ursprünglichen Bedingungen für die Abrechnung der GOP 88740. Denn der Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 195. Sitzung enthielt einen ausdrücklichen Änderungsvorbehalt, soweit insbesondere von Seiten des RKI neue Erkenntnisse zur (Ausschluss-)Diagnostik und Therapie der neuen Influenza vorgelegt werden. Die Klägerin kann daraus keinen Vertrauensschutz dergestalt ableiten, dass Änderungen in der Abrechenbarkeit der neu eingeführten GOP 88740 aufgrund anderer Umstände als neuer Erkenntnisse zur (Ausschluss-)Diagnostik und Therapie der neuen Influenza unzulässig wären. Aufgrund des Vorbehaltes war stets mit Änderungen zu rechnen, so dass sich ein schutzwürdiges Vertrauen nicht bilden konnte.

Ausreichende Gemeinwohlgründe bestehen in der Finanzierbarkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. Die GOP 88740 wurde außerhalb der Gesamtvergütung vergütet.

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Vergütung GOP 40100 neben der GOP 88740, neben Leistungen der Abschnitte 32.21 bis 32.2.7 sowie mehrmals am Behandlungstag.

Die GOP 40100 hatte in den Quartalen 4/2009 und 1/2010 folgenden Wortlaut:

Kostenpauschale für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial, ggf. auch von infektiösem Untersuchungsmaterial, einschl. der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen der

– Laboratoriumsdiagnostik, ggf. einschl. der Kosten für die Übermittlung der Gebührenordnungspositionen und der Höhe der Kostenüberwiesener kurativ-ambulanter Auftragsleitungen des Abschnitts 32.3,

– Histologie,

– Zytologie,

– Zytogenetik und Molekulargenetik, einmal im Behandlungsfall 2,60 €

Die Kostenpauschale 40100 ist in demselben Behandlungsfall nicht neben Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 berechnungsfähig.

a) Der Ausschluss der Abrechnung der GOP 40100 neben der Abrechnung der GOP 88740 ergibt sich aus Abschnitt 2.1.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM, 2. Absatz. Danach ist eine GOP nicht berechnungsfähig, wenn deren obligate und - sofern vorhanden - fakultative Leistungsinhalte vollständig Bestandteil einer anderen berechneten Gebührenordnungsposition sind.

Kosten für den Transport des Untersuchungsmaterials und die Übermittlung des Untersuchungsergebnisses für diese Untersuchung sind bereits Inhalt der GOP 88740 und damit nicht gesondert berechnungsfähig.

Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten steht es dem Bewertungsausschuss auch frei, Kosten für Versandmaterial, Versand etc. zum Inhalt der jeweiligen Untersuchungsleistung zu machen, statt die Abrechnung einer Versandkostenpauschale vorzusehen. Eine Überschreitung des dem Bewertungsausschuss zustehenden weiten Gestaltungsermessens ist nicht ersichtlich.

Auch aus den Meldepflichten nach §§ 6 und 7 IfSG kann kein Anspruch auf eine Vergütung der GOP 40100 neben der GOP 88740 abgeleitet werden. Soweit nach oder auf der Grundlage von Vorschriften des IfSchG eine Meldung an das Gesundheitsamt, ggf. mit Weitergabe der Proben zur weiteren Untersuchung, erforderlich war, ergibt sich der Anspruch auf Erstattung der damit in Zusammenhang stehenden Kosten aus § 69 IfSchG.

b) Der Ausschluss der Abrechnung der GOP 40100 neben Leistungen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 ergibt sich aus dem Wortlaut der GOP 40100 und ist durch das BSG mit Urteil vom 16.12.2015, Az. B 6 KA 39/15 R als rechtmäßig erachtet worden, auf welches der Senat verweist.

c) Dass die GOP 40100 nicht mehrmals am Behandlungstag oder mehrmals im Behandlungsfall abrechnungsfähig ist, ergibt sich bereits aus der Beschränkung „einmal im Behandlungsfall“. Es ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage sich ein Vergütungsanspruch der Klägerin für den mehrfachen Ansatz der GOP 40100 im Behandlungsfall ergeben sollte. Auch ist hierzu von Seiten der Klägerin keinerlei Vortrag erfolgt.

II.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

III.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Infektionsschutzgesetz - IfSG | § 6 Meldepflichtige Krankheiten


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Infektionsschutzgesetz - IfSG | § 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern


(1) Namentlich ist bei folgenden Krankheitserregern, soweit nicht anders bestimmt, der direkte oder indirekte Nachweis zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen:1.Adenoviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis im Konj

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(1) Das Robert Koch-Institut ist die nationale Behörde zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen. Dies schließt die Entwicklung und Durchführung epidemiologischer

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14. November 2012 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Laborleistungen, die die Klägerin, ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) am Universitätsklinikum, auf Überweisung von Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums erbracht hat.

2

Das klagende MVZ, das seit dem Quartal II/2005 mit drei angestellten Ärzten - zwei Allgemeinmedizinern und einem Laborarzt - an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, wird in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) geführt. Alleiniger Gesellschafter der GmbH ist das Universitätsklinikum D an der Technischen Universität D Bereits seit dem 1.1.2001 waren die Hochschulambulanzen des genannten Universitätsklinikums gemäß § 117 SGB V zur ambulanten ärztlichen Behandlung gesetzlich Krankenversicherter in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang ermächtigt. Die Vergütung erfolgte in Form von Fallpauschalen bei gleichzeitiger Festlegung von Fallzahlobergrenzen.

3

Mit Honorarbescheid vom 25.10.2005 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar der Klägerin für das Quartal II/2005 auf 9552,94 Euro fest. Bei der Berechnung dieses Honorars waren alle Laborleistungen, die die Klägerin auf Überweisung des Universitätsklinikums erbracht hatte (1825 Fälle) von der Honorarforderung abgesetzt worden. Zur Begründung dieser Berichtigung verwies die Beklagte auf einen Beschluss ihres Vorstandes, wonach Eingriffe in die Gesamtvergütung durch Überweisung aus dem Universitätsklinikum an das MVZ unterbunden werden sollten. Es bestehe der Verdacht, dass das MVZ vorrangig mit dem Ziel gegründet worden sei, aufgrund besserer Abrechnungsmöglichkeiten Leistungen in den vertragsärztlichen Bereich zu verschieben. Die Prüfung der Abrechnung des MVZ habe diesen Gestaltungsmissbrauch bestätigt.

4

Dem dagegen eingelegten Widerspruch half die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.5.2006 insoweit ab, als Laborleistungen, die nicht auf Überweisung der nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen, sondern auf Überweisung von aus Sicherstellungsgründen ermächtigten Ärzten und Einrichtungen des Universitätsklinikums erbracht worden waren, nachvergütet wurden. Soweit die auf Überweisung der nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen erbrachten Leistungen von der Honorarforderung der Klägerin abgesetzt worden waren, wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass die nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen nicht befugt seien, Teilleistungen auf vertragsärztliche Leistungserbringer zu verlagern, weil dies Sinn und Zweck des Hochschulambulanzvertrages zuwiderlaufe. Zudem seien Überweisungen durch eine ermächtigte Krankenhausfachambulanz gemäß § 24 Abs 2 Satz 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)/§ 27 Abs 2 Satz 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) unzulässig, wenn die betreffenden Leistungen auch in der Einrichtung selbst oder in verselbstständigten Organisationseinheiten desselben Krankenhauses erbracht werden könnten. Dies sei hier der Fall, weil die Laborleistungen von dem Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin des Universitätsklinikums erbracht werden könnten. Klage und Berufung der Klägerin waren ohne Erfolg (Urteil des SG vom 28.7.2010, Urteil des LSG vom 14.11.2012). Das LSG hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

5

Gemäß § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä seien Überweisungen durch eine ermächtigte Krankenhausfachambulanz nicht zulässig, wenn die betreffenden Leistungen in dieser Einrichtung oder in Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten desselben Krankenhauses erbracht werden könnten. Zu den "ermächtigten Krankenhausfachambulanzen" im Sinne dieser Bestimmung gehörten auch die Hochschulambulanzen, die nach § 117 Abs 1 SGB V zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten ermächtigt seien. Bei den Hochschulambulanzen handele es sich um Einrichtungen zur ambulanten Behandlung von Patienten und damit um Ambulanzen. Die Hochschulambulanzen befänden sich an zugelassenen Krankenhäusern und sie seien auch fachspezifisch, nämlich nach medizinischen Fachgebieten gegliedert. Damit wiesen Hochschulambulanzen alle Merkmale einer "Krankenhausfachambulanz" auf. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Begriff der ermächtigten Krankenhausfachambulanz nicht untrennbar mit den fortbestehenden Einrichtungen des DDR-Gesundheitswesens nach § 311 Abs 2 SGB V verbunden. Zwar tauche in dieser Vorschrift der Begriff der Fachambulanz neben denjenigen der "Poliklinik" und des "Ambulatoriums" auf. Bei den erwähnten Fachambulanzen handele es sich jedoch nicht um "ermächtigte Krankenhausfachambulanzen" iS des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 3 EKV-Ä, weil diese Fachambulanzen nicht aufgrund einer Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnähmen, sondern kraft Gesetzes zugelassen seien. Die genannte Regelung des BMV-Ä/EKV-Ä erfasse nach ihrem klaren Wortlaut dagegen nur "ermächtigte" Fachambulanzen an Krankenhäusern. Damit gelte das Überweisungsverbot gerade nicht für die Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V. Die Bundesmantelverträge differenzierten genau zwischen Ermächtigung und Zulassung. Der 1995 eingeführte § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä ähnele zwar einer für das Beitrittsgebiet geschaffenen Übergangsvorschrift, nach der Überweisungen durch Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V nicht zulässig gewesen seien, wenn diese Leistungen in den Einrichtungen erbracht werden konnten. Diese Übergangsvorschrift sei jedoch nicht in die seit 1995 geltende Fassung der Bundesmantelverträge übernommen worden. Lediglich mit der Wendung "Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten desselben Krankenhauses" nehme § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä auf § 311 Abs 2 SGB V Bezug. Daraus lasse sich jedoch nicht ableiten, dass unter die "ermächtigten Krankenhausfachambulanzen" nur fortbestehende Einrichtungen des DDR-Gesundheitswesens fielen.

6

Selbst wenn die davon abweichende Auffassung der Klägerin zuträfe, würde das zu keinem für sie günstigeren Ergebnis führen, weil sich die Hochschulklinik, die Alleingesellschafterin des klagenden MVZ sei, im Beitrittsgebiet befinde. Nach der Rechtsprechung des BSG seien die von Hochschulen getragenen Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V Hochschulambulanzen iS des § 117 Abs 1 SGB V. Daraus sei zu folgern, dass umgekehrt auch Hochschulambulanzen Fachambulanzen seien. Auch der erkennbare Zweck der genannten Regelung im BMV-Ä/EKV-Ä spreche für diese Auslegung. Die Einrichtungen sollten dazu angehalten werden, alle bei einem Versicherten im Krankheitsfall erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Leistungen, die sie tatsächlich erbringen könnten und rechtlich erbringen dürften, selbst zu erbringen. Das in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä geregelte Überweisungsverbot sei mit höherrangigem Recht und insbesondere dem Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Dass die Laborleistungen, die die Klägerin auf Überweisung des Hochschulklinikums erbracht habe, auch durch das Universitätsklinikum selbst, nämlich das Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin hätten erbracht werden können, sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Diese Hochschulambulanz sei zur Erbringung der Laborleistungen auch berechtigt gewesen. Die Unzulässigkeit der Überweisungen müsse die Klägerin gegen sich gelten lassen. Die ordnungsgemäße Überweisung sei Grundvoraussetzung für einen Honoraranspruch. Zwar führe nicht jede unzulässige Überweisung dazu, dass der ausführende Arzt bzw die ausführenden Einrichtungen von der Abrechnung einer gleichwohl erbrachten Leistung ausgeschlossen sei. Der ausführende Arzt sei aber jedenfalls verpflichtet, die vertragsärztliche Verordnung auf Vollständigkeit und Plausibilität zu prüfen. Im vorliegenden Fall sei die Unzulässigkeit der Überweisung für die Klägerin aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Beherrschung durch die Trägerin der überweisenden Hochschulambulanz erkennbar gewesen und die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen.

7

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Entgegen der Auffassung des LSG gelte das Überweisungsverbot des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä nicht für Hochschulambulanzen. Hochschulambulanzen seien keine Krankenhausfachambulanzen im Sinne der genannten Vorschriften der Bundesmantelverträge. Das ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte und Entwicklung des § 311 Abs 2 SGB V. In der Fassung des Jahres 1990 hätten die Bundesmantelverträge kein Überweisungsverbot für ermächtigte Einrichtungen vorgesehen. Im Zuge der Wiedervereinigung sei erstmals eine Einschränkung der Überweisungsbefugnis für Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V in die Bundesmantelverträge(§ 6 der Übergangsregelungen) aufgenommen worden. Diese Übergangsregelung sei mit Wirkung zum 1.1.1995 durch § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä abgelöst worden. Anders als die bis zum Ende des Jahres 1994 geltende Übergangsregelung beziehe sich die seit dem 1.1.1995 geltende Vorschrift nicht auf alle von § 311 Abs 2 SGB V erfassten selbstständigen (Polikliniken, Ambulatorien) und unselbstständigen (Krankenhausfachambulanzen) Einrichtungen, sondern nur noch auf die Krankenhausfachambulanzen. Entgegen der Auffassung des LSG folge auch aus der Rechtsprechung des BSG nicht, dass Hochschulambulanzen iS des § 117 SGB V zugleich Fachambulanzen nach § 311 Abs 2 SGB V seien. Selbst wenn mit dem LSG davon auszugehen wäre, dass es sich bei der Hochschulambulanz um eine Krankenhausfachambulanz iS des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä handeln würde, würde das Überweisungsverbot hier nicht eingreifen, weil weder die ermächtigte Hochschulambulanz noch die in den genannten Vorschriften der Bundesmantelverträge genannten verselbstständigten Einrichtungen (Polikliniken, Ambulatorien) die Laborleistungen erbringen könnten. Zudem sei das Überweisungsverbot in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä nicht mit höherrangigem Recht vereinbar, weil es an einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung fehle.

8

Die Absetzung der auf Überweisung der Hochschulambulanzen erbrachten Laborleistungen von der Honorarforderung sei zudem rechtswidrig, weil sie als Empfängerin der Überweisung ein Überweisungsverbot nicht gegen sich gelten lassen müsse. Überweisungen der Hochschulambulanz an Vertragsärzte oder MVZen seien bis zum Jahr 2012 von der Beklagten nicht beanstandet worden. Unter diesen Umständen habe sie nicht damit rechnen müssen, dass die Überweisungen der Hochschulambulanzen von der Beklagten als unzulässig zurückgewiesen würden.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen LSG vom 14.11.2012 sowie das Urteil des SG Dresden vom 28.7.2010 aufzuheben, den Honorarbescheid vom 25.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.5.2006 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die auf Überweisung der Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums erbrachten Laborleistungen zu vergüten.

10

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt des angefochtenen Urteils. Auch die Entstehungsgeschichte des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä spreche für die Auslegung des LSG. Die zum 1.1.1995 eingeführte bundesmantelvertragliche Regelung beziehe sich auf ermächtigte Einrichtungen. § 311 Abs 2 SGB V sehe jedoch bereits in der seit dem 1.1.1993 geltenden Fassung vor, dass die dort genannten Fachambulanzen kraft Gesetzes zur ambulanten Versorgung zugelassen seien.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist in dem Sinne begründet, dass das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen ist. Ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die auf Überweisung der nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen erbrachten Laborleistungen zu vergüten, kann aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden.

13

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 , insofern in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 11 RdNr 13, zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen, mwN). Gegenstand der Prüfung sind die Abrechnungen der "Vertragsärzte". Über § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V erstreckt sich diese auch auf MVZen.

14

2. Entgegen der Auffassung des LSG kann die Honorarabrechnung der Klägerin nicht mit der Begründung als unrichtig angesehen werden, dass die den erbrachten Leistungen zu Grunde liegenden Überweisungen durch die Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums gegen Bestimmungen der Bundesmantelverträge verstoßen würden. Inhalt und Voraussetzung von Überweisungen durch Vertragsärzte sind Gegenstand des § 24 BMV-Ä/§ 27 EKV-Ä. In Übereinstimmung mit § 95 Abs 4 Satz 2 SGB V, der die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung auf Ermächtigte erstreckt, regelt § 4 Abs 1 Satz 2 BMV-Ä/§ 8 Abs 3 EKV-Ä in der im Jahr 2005 geltenden Fassung(seit 1.10.2013: § 4 Abs 1 Satz 3 BMV-Ä), dass die in den Bundesmantelverträgen für Ärzte getroffenen Regelungen ua für ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist. Danach sind die in § 24 BMV-Ä/§ 27 EKV-Ä getroffenen Regelungen zu Überweisungen auch auf ermächtigte Hochschulambulanzen iS des § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V zu beziehen. Daraus folgt einerseits, dass nicht nur zugelassene Vertragsärzte, sondern auch ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen einschließlich der ermächtigten Hochschulambulanzen im Jahr 2005 grundsätzlich zur Überweisung berechtigt waren. Andererseits mussten diese die sich aus den vertraglichen Bestimmungen zur ärztlichen Überweisung ergebenden Beschränkungen gegen sich gelten lassen.

15

a. Die in den Bundesmantelverträgen getroffenen Regelungen zu Überweisungen sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage unwirksam. Das LSG hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die gesetzliche Grundlage in § 82 Abs 1 SGB V findet. Danach vereinbart die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen (seit der Änderung durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378: mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen) den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge. Der inhaltliche Rahmen dieser Verträge ergibt sich aus dem gesetzlichen Auftrag in § 72 Abs 2 SGB V. Danach ist die vertragsärztliche Versorgung ua durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. § 82 Abs 1 SGB V kann als gesetzliche Grundlage für Vereinbarungen der Partner der Bundesmantelverträge nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, dass die Regelung nicht hinreichend bestimmt sei und dass es deshalb an der notwendigen demokratischen Legitimation für die Regelung eines Überweisungsvorbehaltes fehlen würde. Die Kriterien des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG sind hier nicht anwendbar. Dessen Vorgabe, dass Ermächtigungsgrundlagen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt sein müssen, betrifft Rechtsverordnungen, aber nicht Vereinbarungen der Partner der Bundesmantelverträge und Regelungen in den Bewertungsmaßstäben. Daher bedarf es für die im SGB V vorgesehene Normsetzung durch Verträge keiner gemäß Art 80 Abs 1 Satz 2 GG eng umrissenen gesetzlichen Grundlage (BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 21 ff). Das steht allerdings einer Anwendung der in Art 80 Abs 1 Satz 2 GG genannten Maßstäbe bei der Bestimmung des Gestaltungsspielraums des untergesetzlichen Normgebers insbesondere bei Regelungen mit intensiverem Bezug zu Grundrechten nicht generell entgegen. Dem entsprechend hat der Senat im Rahmen der Prüfung von auf § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9 iVm § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V beruhenden Bestimmungen der Bedarfsplanungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) die gesetzlichen Ermächtigungen darauf hin untersucht, ob sie Inhalt Zweck und Ausmaß der vom GBA zu treffenden Entscheidungen in ausreichendem Maße vorgeben und die wesentlichen Fragen selbst regeln(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 35). Die in dem entschiedenen Fall zu beurteilenden Bestimmungen zur Bedarfsplanung haben einen intensiven Bezug zur grundrechtlich geschützten Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung; ein vergleichbarer Grundrechtsbezug besteht nicht bei den Regelungen des BMV-Ä, die Überweisungen zum Gegenstand haben.

16

Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist auch § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä in der seit dem 1.10.2013 geltenden Fassung (vgl DÄ 2013, A-1809). Danach sind Überweisungen durch ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen und ermächtigte Ärzte nur noch zulässig, soweit die Ermächtigung dies vorsieht; in der Ermächtigung sind die von der Überweisungsbefugnis umfassten Leistungen festzulegen. Auf diese Neufassung des BMV-Ä kommt es indes für die Beurteilung der Frage, ob die streitgegenständlichen Leistungen im Quartal II/2005 im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften erbracht und abgerechnet worden sind, nicht an. Im Übrigen soll die Neuregelung jedenfalls nach Auffassung der KÄBV nur für die ab dem 1.10.2013 neu ermächtigten Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen gelten (vgl DÄ 2013, A-2104). In der hier maßgebenden vor dem 1.10.2013 geltenden Fassung enthielt der BMV-Ä/EKV-Ä keine Vorschriften, die einer Überweisung durch die Hochschulambulanz an das klagende MVZ entgegensteht.

17

b. Das LSG hat sich zur Begründung seiner davon abweichenden Auffassung, nach der die Überweisungen der Hochschulambulanzen an die Klägerin nicht zulässig gewesen seien, auf § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä in der hier maßgebenden vom 1.1.1995 (BMV-Ä, DÄ 1995 A-625, 632) bzw vom 1.7.1994 (EKV-Ä, DÄ 1994, A-1967, 1975) bis zum 30.9.2013 geltenden Fassung gestützt. Danach sind Überweisungen "durch eine ermächtigte Krankenhausfachambulanz" nicht zulässig, wenn die betreffenden Leistungen "in dieser Einrichtung erbracht werden können oder in Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten desselben Krankenhauses erbracht werden." Diese Regelung schränkt jedoch nicht die Überweisung durch Hochschulambulanzen, sondern allein die Überweisung durch "Krankenhausfachambulanzen" ein. Hochschulambulanzen werden in § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V legal definiert als Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken, die auf Verlangen von Hochschulen oder Hochschulkliniken zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen zu ermächtigen sind. Diese Hochschulambulanzen sind keine Krankenhausfachambulanzen iS des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä.

18

Die Bedeutung des Begriffs der Krankenhausfachambulanz erschließt sich entgegen der Auffassung des LSG nicht aus der isolierten Betrachtung der Wortbestandteile "Krankenhaus", "Fach" bzw "fachspezifisch" und "Ambulanz". Vielmehr kann der Sinngehalt nur dem gesamten Wort "Krankenhausfachambulanz", dem Zusammenhang, in dem es verwendet wird, und dem historischen Kontext, in dem diese Regelung in den BMV-Ä eingefügt wurde, entnommen werden.

19

aa. Während die ambulante Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung überwiegend durch niedergelassene Ärzte sichergestellt wurde, waren dafür in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) überwiegend ärztlich geleitete Einrichtungen insbesondere in Gestalt von Polikliniken und Ambulatorien (vgl DDR-Handbuch, 3. Aufl 1985, Band 1 S 557, 560) daneben aber auch Abteilungen von Krankenhäusern zuständig, die als Krankenhausambulanz, Fachambulanz (BSG SozR 3-2500 § 311 Nr 6 S 44; SozR 4-2500 § 311 Nr 1 RdNr 15, 18, 22; BSGE 75, 226, 230 = SozR 3-2500 § 311 Nr 3 S 21) oder auch als Krankenhausfachambulanz (vgl BSG Urteil vom 5.11.1997 - 6 RKa 94/96 - MedR 1998, 227, 229; vgl Wasem, Vom staatlichen zum kassenärztlichen System: eine Untersuchung des Transformationsprozesses der ambulanten ärztlichen Versorgung in Ostdeutschland, 1997, S 83 ff, 99, 203, 251) bezeichnet wurden. Im Unterschied zu Polikliniken und Ambulatorien, die zwar vielfach mit Krankenhäusern institutionell und organisatorisch verbunden waren, aber selbstständige Organisationseinheiten bildeten, waren die Fachambulanzen bzw Krankenhausfachambulanzen den ehemals staatlichen Krankenhäusern in der DDR unmittelbar angegliedert (vgl BSGE 75, 226, 229 f = SozR 3-2500 § 311 Nr 3 S 20; BSG Urteil vom 5.11.1997 - 6 RKa 94/96 - MedR 1998, 227, 229). Daran anknüpfend sah § 2 Krankenkassen-Vertragsgesetz vom 13.9.1990 (GBl DDR 1990 I S 1533) vor, dass neben Kassen(zahn)ärzten auch "Polikliniken und Ambulatorien mit angestellten Fachärzten" zur "Aufrechterhaltung der ambulanten ärztlichen Versorgung … durch bestehende … Gesundheitseinrichtungen" sowie "Fachambulanzen an Krankenhäusern jeglicher Trägerschaft" die ambulante Versorgung in der DDR sicherstellen. Die Vorschriften des Krankenkassen-Vertragsgesetzes vom 13.9.1990 wurden jedoch nicht mehr umgesetzt, sondern durch die weitere politische Entwicklung mit der Wiedervereinigung überholt. Die Übergangsregelung des § 311 Abs 2 Satz 1 SGB V idF des Einigungsvertrages, die eine Zulassung von Gesundheitseinrichtungen aus den neuen Bundesländern kraft Gesetzes vorsah, erfasste - anders als § 2 Krankenkassen-Vertragsgesetz - zunächst ausschließlich Polikliniken und Ambulatorien, nicht jedoch die als Fachambulanzen oder Krankenhausfachambulanzen bezeichneten unselbstständigen Krankenhausabteilungen, die zwar unter den Bedingungen des Gesundheitswesens der DDR ebenfalls ambulante Behandlungen erbrachten, jedoch in organisatorischer und personeller Hinsicht in den Klinikbetrieb eingebunden waren(vgl BSGE 75, 226, 228 ff = SozR 3-2500 § 311 Nr 3 S 19 ff).

20

Bezogen auf die Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V bestimmte § 6 Abs 1 Anhang zum BMV-Ä(DÄ 1991, A-51 f) sowie § 6 Abs 1 Anhang zum EKV-Ä(DÄ 1991, A-138 f) in der ab 1.1.1991 geltenden Fassung, dass Überweisungen nicht zulässig sind, wenn diese Leistungen in diesen Einrichtungen erbracht werden können. Bei den Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V handelt es sich nach § 3 Abs 1 Satz 2 des Anhangs um Polikliniken einschließlich ihrer Außenstellen (zB Dispensaire), selbstständige Polikliniken sowie Polikliniken als verselbstständigte Organisationseinheiten in Krankenhäusern (mit eigenem Haushalts- und Stellenplan, hauptamtlichem Leiter, hauptamtlichen Ärzten).

21

Mit der Novellierung durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) wurde der Anwendungsbereich des § 311 Abs 2 SGB V erweitert, indem diabetologische, nephrologische, onkologische und rheumatologische Ambulanzen mit Dispensaireauftrag in die Übergangsregelung einbezogen wurden(zu Fachambulanzen in kirchlicher Trägerschaft vgl BSGE 74, 64 = SozR 3-2500 § 311 Nr 2; SozR 3-2500 § 311 Nr 5). Der Gesetzesänderung waren Diskussionen auch im Bereich der Ärzteschaft vorausgegangen, in denen Bedenken gegen die Einbeziehung dieser Fachambulanzen in die für das Beitrittsgebiet geltende Übergangsregelung des § 311 Abs 2 SGB V und damit deren Zulassung kraft Gesetzes geäußert und die Auffassung vertreten wurde, dass eine bedarfsabhängige Ermächtigung von Krankenhausfachambulanzen in den neuen Bundesländern ausreichend sei. Dabei wurde der Begriff der Krankenhausfachambulanz soweit ersichtlich ausschließlich mit Bezug auf die Fachambulanzen an Krankenhäusern im Beitrittsgebiet verwendet (vgl zB DÄ 1992, A-1206 mit dem Titel "Krankenhausfachambulanzen, Von Wettbewerb kann keine Rede sein" oder DÄ 1992, A-1936: "Krankenhausfachambulanzen, 'Ein Kuckucksei für niedergelassene Ärzte' "; vgl auch Wasem, Vom staatlichen zum kassenärztlichen System: eine Untersuchung des Transformationsprozesses der ambulanten ärztlichen Versorgung in Ostdeutschland, 1997, S 251 mit Hinweis auf ein Schreiben der KBV an das Bundesministerium für Gesundheit vom 1.8.1991, in dem die Position vertreten wird, dass "Krankenhausfachambulanzen jedweder Trägerschaft … vom Anwendungsbereich des § 311 Abs 2 SGB V ausgenommen seien).

22

Mit Wirkung zum 1.7.1994 (EKV-Ä) bzw zum 1.1.1995 (BMV-Ä) wurden die seit dem 1.1.1991 geltenden Bundesmantelverträge einschließlich der jeweils als Anlage 1 vereinbarten Übergangsregelungen für die neuen Bundesländer durch neue Vereinbarungen abgelöst. Bestandteil dieser Neuregelung waren § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä, die die oben dargestellte Überweisungsbeschränkung für "ermächtigte Krankenhausfachambulanzen" zum Gegenstand hatten. Vor dem Hintergrund insbesondere der Diskussion, die um die Änderung des § 311 Abs 2 SGB V durch das GSG geführt worden war, kann der Begriff der Krankenhausfachambulanz in diesem Zusammenhang nur dahin verstanden werden, dass die unselbstständigen "Fachambulanzen" an den ehemals staatlichen Krankenhäusern in den neuen Bundesländern gemeint waren.

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bb. Für dieses Verständnis spricht auch, dass der Begriff der Krankenhausfachambulanz in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä im Kontext mit "Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten" verwendet wird. Auch das LSG zieht nicht in Zweifel (S 11 f des Urteils), dass diese Wendung auf einen Zusammenhang mit den Gesundheitseinrichtungen der DDR und der dazu im Zuge der Wiedervereinigung getroffenen Übergangsregelung des § 311 Abs 2 SGB V hinweist, in der - vor der Ergänzung um den Begriff der Arztpraxis durch das GSG - dasselbe Begriffspaar verwendet worden war. Mit der Unterscheidung zwischen den (unselbstständigen) Krankenhausfachambulanzen und "Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten" bezieht sich die Regelung deutlich erkennbar auf die aus der DDR bekannten Strukturen im Gesundheitswesen. Hinweise dafür, dass mit dem Begriff der "Poliklinik" hier die früher in Westdeutschland so bezeichneten Hochschulambulanzen gemeint gewesen sein könnten, vermag der Senat dagegen nicht zu erkennen. Ferner sind keine Hinweise dafür ersichtlich, dass die Regelung des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä auf das Urteil vom 28.10.1992 (6 RKa 28/90) reagiert haben könnte, in dem der Senat entschieden hat, dass weder eine gesetzliche noch eine bundesmantelvertragliche Grundlage für eine Einschränkung der Überweisungsbefugnis von Hochschulkliniken (damals: Polikliniken) existiere. Aus Sicht des Senats spricht deshalb alles dafür, dass nicht nur die Begriffe "Polikliniken" und "Ambulatorien", sondern auch der Begriff der "Krankenhausfachambulanz" in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä allein auf die fortbestehenden Einrichtungen aus dem Gesundheitswesen der DDR zu beziehen sind.

24

cc. Auch die Systematik des BMV-Ä/EKV-Ä spricht dagegen, dass der Begriff der Krankenhausfachambulanz im Sinne eines Oberbegriffs verstanden werden könnte, der die Hochschulambulanz nach § 117 SGB V einschließt. Als ein solcher Oberbegriff ist im BMV-Ä/EKV-Ä der Begriff der "ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtung" etabliert (vgl zB § 4 Abs 1 BMV-Ä/§ 8 Abs 1, Abs 3 EKV-Ä). Dieser wird auch in Regelungen verwendet die die Überweisung betreffen (vgl § 24 Abs 1 Satz 1 BMV-Ä/§ 27 Abs 1 Satz 1 EKV-Ä). Dass in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä ein anderer Begriff - nämlich der der Krankenhausfachambulanz - Verwendung findet, spricht dagegen, dass damit das gleiche gemeint ist. Ebenso wenig spricht dafür, den Begriff der Krankenhausfachambulanz als gleichbedeutend mit dem Begriff der Poliklinik (§ 117 Abs 1 SGB V in der vor dem 1.1.2003 geltenden Fassung) oder der Hochschulambulanz (§ 117 Abs 1 in der Fassung des Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBI I 2002, 1412) anzusehen.

25

dd. Zutreffend weist das LSG allerdings darauf hin, dass die Fachambulanzen, auf die sich die Übergangsregelung des § 311 Abs 2 Satz 1 SGB V idF des GSG erstreckt, nicht ermächtigt, sondern seit dem 1.1.1993 kraft Gesetzes zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen waren und dass diese Regelung zum Zeitpunkt der Vereinbarung des BMV-Ä bzw EKV-Ä in der seit 1.1.1995 (BMV-Ä) bzw 1.7.1994 (EKV-Ä) geltenden Fassung bereits in Kraft getreten war. Daraus kann nach Auffassung des Senats jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä mit der Wendung "ermächtigte Krankenhausfachambulanz" keine ehemaligen Einrichtungen des Gesundheitswesens der DDR gemeint sind. So könnte mit der Formulierung dem Umstand Rechnung getragen worden sein, dass sich die Übergangsregelung des § 311 Abs 2 SGB V in der ab dem 1.1.1993 geltenden Fassung nicht auf alle Fachambulanzen erstreckte, sondern ausschließlich auf die diabetologischen, nephrologischen, onkologischen und rheumatologischen Fachambulanzen mit Dispensaireauftrag sowie solche in kirchlicher Trägerschaft (vgl BSGE 75, 226, 227 = SozR 3-2500 § 311 Nr 3 S 18). Fachambulanzen, die nicht unter die Übergangsregelung des § 311 Abs 2 SGB V fielen, wurden teilweise zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt, wobei die Voraussetzungen umstritten waren(vgl Wasem, Vom staatlichen zum kassenärztlichen System: eine Untersuchung des Transformationsprozesses der ambulanten ärztlichen Versorgung in Ostdeutschland, 1997, S 202 f). Aus Sicht des Senats kann jedoch auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Verwendung des Begriffs der Ermächtigung in der Sache unzutreffend war und dass die Vertragsparteien die zum 1.1.1993 in Kraft getretene Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 311 Abs 2 SGB V auf bestimmte Fachambulanzen an Krankenhäusern in den neuen Bundesländern unberücksichtigt gelassen haben. Im vorliegenden Zusammenhang kommt es darauf nicht an. Jedenfalls kann allein aus dem Umstand, dass § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä auf ermächtigte und nicht auf zugelassene Krankenhausfachambulanzen abstellt, nicht der Schluss gezogen werden, dass die Regelung für ermächtigte Hochschulambulanzen iS des § 117 Abs 1 SGB V gelten würde.

26

ee. Entgegen der Auffassung des LSG können auch dem Urteil des Senats vom 26.1.2000 (B 6 KA 47/98 R - SozR 3-2500 § 311 Nr 6) keine Hinweise dafür entnommen werden, dass Hochschulambulanzen als Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 Satz 1 SGB V anzusehen wären. Die genannte Entscheidung des Senats hatte die Frage zum Gegenstand, ob sich die Vergütung von Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V nach den für Hochschulambulanzen geltenden Grundsätzen richtet, wenn Träger einer solchen Fachambulanz eine Hochschule ist. Diese Frage hat der Senat bejaht, damit aber nicht die Aussage verbunden, dass Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V Hochschulambulanzen seien, sondern dargelegt, dass Hochschulen auch Träger von Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V sein können. Dadurch werden diese Einrichtungen jedoch nicht zu Hochschulambulanzen iS des § 117 Satz 1 SGB V. Grundlage der Zulassung von im Beitrittsgebiet bestehenden Fachambulanzen bleibt § 311 Abs 2 SGB V. Erst recht lässt die Entscheidung nicht den vom LSG gezogenen Umkehrschluss zu, dass Hochschulambulanzen damit Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V sein müssten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Senat seine Rechtsprechung, nach der sich die Vergütung von Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V nach den für Hochschulambulanzen (damals: "Polikliniken") geltenden Grundsätzen richtet, nicht auf die - hier maßgebende - seit dem 1.1.2003 geltende Rechtslage übertragen hat (BSG SozR 4-2500 § 311 Nr 1).

27

3. Aus dem Umstand, dass die Bundesmantelverträge in der hier maßgebenden, vor dem 1.10.2013 geltenden Fassung keine Regelung enthalten, die einer Überweisung durch die Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums entgegenstehen, folgt indes nicht notwendig, dass die Überweisungen an das klagende MVZ zulässig waren. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass solche Beschränkungen Inhalt von Verträgen nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V(a.) oder der nach § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V erteilten Ermächtigung(b.) der Hochschulambulanz sind. Ferner kann eine im vorliegenden Zusammenhang relevante Einschränkung der Befugnis zur Überweisung aus einer getroffenen Vereinbarung zur Vergütung der Leistungen des Universitätsklinikums D in pauschalierter Form nach § 120 Abs 3 Satz 1 SGB V folgen(c.). Dazu hat das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht - keine Feststellungen getroffen.

28

a. Gemäß § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V ist der Zulassungsausschuss auf Verlangen von Hochschulen oder Hochschulkliniken verpflichtet, die Hochschulambulanzen zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen zu ermächtigen. Auf die Ermächtigung besteht ein Rechtsanspruch, der nicht von einer Bedarfsprüfung abhängt. Gemäß § 117 Abs 1 Satz 2 SGB V ist die Ermächtigung so zu gestalten, dass die Hochschulambulanzen die Untersuchung und Behandlung in dem für Lehre und Forschung erforderlichen Umfang durchführen können. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die inhaltliche Gestaltung der Ermächtigung und die quantitative Begrenzung allein an den Bedürfnissen von Forschung und Lehre und nicht am Ziel der Sicherstellung einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung auszurichten (vgl BSGE 82, 216, 221 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 37 f; BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 17 f; BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 35; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: September 2013, § 117 SGB V RdNr 7). Das Nähere zur Durchführung der Ermächtigung regeln nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V die KÄVen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen(vor der Änderung durch das GKV-WSG mWv 1.7.2008: Verbänden der Ersatzkassen) gemeinsam und einheitlich durch Vertrag mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken.

29

Auch wenn die nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen allein im Interesse von Forschung und Lehre ermächtigt werden, wirken sie an der Versorgung der Versicherten mit(vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). Die Hochschulen nehmen insoweit Aufgaben der Krankenversorgung wahr (vgl BVerfGE 57, 70, 95 f). Die Leistungen der Hochschulambulanzen stellen auch medizinisch notwendige Behandlungen dar. Bezogen auf den einzelnen Behandlungsfall ist eine Abgrenzung des Forschungs- und Lehranteils nicht möglich (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 8 S 43 f). Die Leistungen der Hochschulambulanzen sind insgesamt Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 20 RdNr 21) und leisten dazu faktisch einen wesentlichen Beitrag (vgl Lauterbach, ua, Bestandsaufnahme der Rolle von Ambulanzen der Hochschulkliniken in Forschung, Lehre und Versorgung an ausgewählten Standorten, Gutachten im Auftrag des BMBF, 2003; Beeretz in: Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein, 2008, S 283 ff; Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Weiterentwicklung der ambulanten Universitätsmedizin in Deutschland vom 2.7.2010, S 24 f, im Internet abrufbar unter http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/10052-10.pdf). Auch Hochschulambulanzen haben ihre Leistungen im Rahmen und nach den Regeln der vertragsärztlichen Versorgung und unter Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst (vgl § 76 Abs 4 SGB V) zu erbringen.

30

Daraus folgt, dass Hochschulambulanzen die Möglichkeit haben müssen, Patienten zu überweisen, wenn sie zB erforderliche diagnostische Untersuchungen nicht selbst erbringen können oder dürfen. Dies entspricht im Übrigen der berufsrechtlichen Verpflichtung, rechtzeitig andere Ärzte hinzuzuziehen oder ihnen den Patienten zur Fortsetzung der Behandlung zu überweisen, soweit dies für die Diagnostik und Therapie erforderlich ist (vgl Abschnitt C Nr 2 Musterberufsordnung 1997, entsprechend Abschnitt B § 7 Abs 3 Musterberufsordnung 1997 in der Fassung der Beschlüsse des 114. Deutschen Ärztetages 2011). Ferner besteht die Möglichkeit, dass bestimmte Leistungen durch den niedergelassenen Arzt kostengünstiger erbracht werden können. Soweit Labordiagnostik durch einen Arzt für Laboratoriumsmedizin erbracht wird, folgt die Erforderlichkeit einer Überweisung im Übrigen aus dem Umstand, dass ua diese Arztgruppe gemäß § 13 Abs 4 BMV-Ä nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann.

31

Gleichwohl können Überweisungen von Hochschulambulanzen auch im Hinblick auf die Ausrichtung der Ermächtigung an den Bedürfnissen von Forschung und Lehre Beschränkungen unterworfen werden. So kann in den Verträgen nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V geregelt werden, dass Leistungen, die intern, also durch die Hochschule bzw deren ermächtigte Hochschulambulanzen erbracht werden können, nicht durch Überweisung auf zugelassene Ärzte oder MVZen verlagert werden dürfen. Soweit der Senat mit Urteil vom 28.10.1992 (6 RKa 28/90) entschieden hat, dass die Befugnis von Hochschulambulanzen (nach damaliger Terminologie: "Polikliniken") zur Überweisung an zugelassene Ärzte durch den Poliklinikvertrag (heute: Hochschulambulanzvertrag nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V) nicht wirksam beschränkt werden können, hält er daran nicht mehr fest. Die Entscheidung ist zu der Rechtslage unter Geltung der RVO ergangen. Ob die Rechtsprechung auf die Rechtslage unter Geltung des zum 1.1.1989 in Kraft getretenen SGB V übertragen werden kann, hat der Senat in seiner damaligen Entscheidung ausdrücklich offengelassen (aaO, Juris RdNr 27). Auch für die vorliegende Entscheidung kommt es darauf nicht an. Jedenfalls können die in dem Urteil vom 28.10.1992 entwickelten Maßstäbe nicht auf die Rechtslage seit der grundlegenden Neufassung der §§ 117, 120 SGB V mit dem FPG zum 1.1.2003 übertragen werden.

32

Die Leistungen der Hochschulambulanzen werden seit dem 1.1.2003 unmittelbar von den Krankenkassen und nicht mehr von der KÄV aus der Gesamtvergütung bezahlt. Bei Leistungen, die von einer Hochschulambulanz veranlasst werden, hängt die Vergütungspflicht der Krankenkasse davon ab, ob Einrichtungen der Hochschule selbst ("intern") oder ob andere zugelassene oder ermächtigte Ärzte oder Institutionen außerhalb der Hochschule ("extern") beauftragt werden. Der Pauschalierung nach § 120 Abs 3 Satz 1 SGB V können nur die Leistungen unterfallen, die "von den Hochschulambulanzen" erbracht werden, also nur die intern veranlassten Leistungen. Davon können Anreize ausgehen, möglichst viele Leistungen, die in der jeweils behandelnden Ambulanz nicht selbst erbracht werden können, extern zu veranlassen, um die Pauschalen nicht für die Kosten dieser Leistungen "einsetzen" zu müssen. Diese Anreize werden noch stärker, wenn der externe Überweisungsempfänger - wie hier - ein Tochterunternehmen der Hochschule ist, so dass es wirtschaftlich gesehen zu einer Zusatzvergütung - Pauschale und vertragsärztliches Honorar - kommen kann. Darauf durften die Vertragspartner des Hochschulambulanzvertrages nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V auch schon im Jahr 2005 reagieren und vorgeben, in welchem Umfang Überweisungen an Leistungserbringer außerhalb der Hochschule oder Hochschulklinik zulässig sind. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf an, ob die einzelne Laboruntersuchung für Zwecke der Lehre notwendig ist. Dass der Forschungs- und Lehranteil jeder einzelnen Leistung konkret bestimmt werden kann, ist nicht erforderlich. Jedenfalls soweit "banale" Laboruntersuchungen im stationären Bereich der Universitätsklinik nicht in hinreichender Anzahl anfallen, müssen diese durch Hochschulambulanzen erbracht werden können, schon weil die dort studierenden oder weiterzubildenden Personen auch Erfahrungen mit der Durchführung solcher Untersuchungen machen müssen.

33

Zu der Frage, ob die Überweisung der streitgegenständlichen Laboruntersuchungen durch Regelungen des Hochschulambulanzvertrages ausgeschlossen sind, hat das LSG Feststellungen nicht getroffen. Nach dem Vorbringen der Beteiligten besteht allerdings Anlass zu Zweifeln, ob in dem hier maßgebenden Zeitraum überhaupt ein wirksamer Vertrag nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V bestanden hat. Notwendiger Partner eines solchen Vertrages ist die KÄV. Soweit für den hier maßgebenden Zeitraum lediglich ein Vertrag der Hochschule mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen ohne Beteiligung der KÄV zustande gekommen sein sollte, kann es sich dabei um eine Vergütungsvereinbarung iS des § 120 Abs 2 Satz 2 SGB V, nicht jedoch um eine wirksame Vereinbarung zur Durchführung der nach § 117 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V erteilten Ermächtigung handeln.

34

b. Indes kann sich eine wirksame Einschränkung der Berechtigung zur Überweisung von Leistungen an externe Leistungserbringer außerhalb des Universitätsklinikums auch aus dem Inhalt der Ermächtigung nach § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V selbst ergeben. Für die Zeit seit dem 1.10.2013 folgt dies bereits aus der Neufassung des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä, der die Zulässigkeit von Überweisungen davon abhängig macht, dass die Ermächtigung dies vorsieht. In dem hier maßgebenden Quartal II/2005 war die Überweisung durch ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen zwar noch nicht von einer positiven Regelung in der Ermächtigung abhängig. Jedenfalls für Hochschulambulanzen konnten jedoch bereits Einschränkungen der Befugnis zur Überweisung in der Ermächtigung wirksam geregelt werden. Das folgt zum einen aus § 117 Abs 1 Satz 2 SGB V. Danach ist die Ermächtigung so zu gestalten, dass die Hochschulambulanzen die Untersuchung und Behandlung der in § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Personen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang durchführen können. Zum anderen schreibt § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V den Abschluss von Verträgen vor, in denen das Nähere zur Durchführung der Ermächtigung zu regeln ist, ohne einen - der Vorgängerregelung des § 368n Abs 3 Satz 7 RVO in der bis zum 31.12.1988 geltenden Fassung entsprechenden - Konfliktregelungsmechanismus für den Fall vorzusehen, dass der Vertrag nicht zu Stande kommt (Grühn in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 117 RdNr 11; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: September 2008: § 117 RdNr 5). § 89 SGB V bezieht sich nicht auf dreiseitige Verträge wie die Verträge nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V, an denen Vertragspartner beteiligt sind, die durch die Mitglieder dieser Schiedsstelle nicht repräsentiert werden können(vgl Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: September 2008, § 89 RdNr 5). Die Landesschiedsstelle nach § 114 SGB V entscheidet nur in den ihr nach dem SGB V zugewiesenen Aufgaben(§ 114 Abs 1 Satz 2 SGB V) - zu denen die Vereinbarung nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V - nicht gehört. Daher muss die Möglichkeit bestehen, die erforderlichen Regelungen unmittelbar in die Ermächtigung aufzunehmen. Das LSG wird deshalb auch zu prüfen haben, ob die der Hochschulklinik erteilte Ermächtigung Regelungen enthält, die einer Überweisung von Laborleistungen an die Klägerin entgegengestanden haben.

35

c. Einschränkungen der Berechtigung zur externen Überweisung können sich ferner aus dem Inhalt der Vergütungsvereinbarung nach § 120 Abs 2 Satz 2 SGB V ergeben. Nach § 120 Abs 3 Satz 1 SGB V kann die Vergütung von Leistungen ua der Hochschulambulanzen pauschaliert werden. Von der Möglichkeit der Pauschalierung wird in der Praxis regelmäßig Gebrauch gemacht. Derartige Pauschalierungen können bezogen auf die davon umfassten Leistungen wie ein Überweisungsverbot wirken. Wenn etwa für Laboruntersuchungen, die von der behandelnden Ambulanz zwar nicht selbst, wohl aber hochschulintern erbracht werden können und dürfen, Bestandteil der Pauschale für den Behandlungsfall sind, versteht es sich von selbst, dass die damit verbundene Abgeltungswirkung dieser Pauschale nicht dadurch umgangen werden kann, dass ein Teil der bereits pauschal vergüteten Leistung extern überwiesen wird. Insofern gilt nichts Anderes als für Leistungen, die mit einer Fallpauschale nach dem DRG-Fallpauschalensystem abgegolten sind und die deshalb nicht Gegenstand der Ermächtigung eines Arztes zu einer ambulanten Behandlung sein können (vgl BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 9).

36

Soweit die Überweisung von Laborleistungen an das MVZ nicht bereits durch den Hochschulambulanzvertrag oder aufgrund des Inhalts der Ermächtigung der Hochschulambulanzen ausgeschlossen ist, kommt es demnach für die Entscheidung darauf an, ob die an die Klägerin überwiesenen Laborleistungen Gegenstand einer Pauschale waren, die die Hochschulambulanz gegenüber den Krankenkassen abgerechnet hat. Das kann der Senat in dem für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Umfang nicht klären. Es steht schon nicht fest, ob der in den Akten enthaltene für die Jahre 2001 und 2002 geschlossene Hochschulambulanzvertrag auch im Jahr 2005 fort galt. Zudem kann nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht ausgeschlossen werden, dass der Vertrag einvernehmlich teilweise anders praktiziert worden ist, als es sich nach dem Wortlaut der Regelungen aufdrängt. Das könnte der Fall sein, wenn die Beklagte die externe Überweisung von Laborleistungen, die auch intern hätten erbracht werden können, erst dann beanstandet hat, als klar war, dass diese Überweisungen ausschließlich der Klägerin, also einer Tochter der Hochschulkliniken, zu Gute gekommen sind. Deshalb hält es der Senat hier für tunlich iS des § 170 Abs 2 Satz 2 SGG, den Rechtstreit an das LSG zur Klärung der vertraglichen Lage und gegebenenfalls der tatsächlich einvernehmlich praktizierten Umsetzung des Vertrags an das LSG zurückzuverweisen.

37

4. Der Senat stimmt dem LSG ausdrücklich dahingehend zu, dass der Klägerin kein Vergütungsanspruch zusteht, wenn die Überweisungen für Laborleistungen durch die Hochschulambulanzen nicht rechtmäßig waren. Die rechtliche und wirtschaftliche Verflechtung des Hochschulklinikums und der Klägerin schließt es aus, dass sich die Klägerin darauf berufen könnte, nicht gewusst zu haben, dass die Hochschulambulanzen nicht an sie überweisen durften. Insoweit liegen die Dinge hier deutlich anders als in dem am 28.10.1992 (6 RKa 28/90) vom Senat entschiedenen Fall. Dieses Urteil wird vor allem von der Erwägung getragen, dass die Radiologen, an die die Patienten überwiesen worden waren, keinen Anlass hatten, an der Rechtmäßigkeit der Überweisung zu zweifeln und dass deren Vertrauen deshalb zu schützen ist. Die Situation eines von der Hochschule gegründeten MVZ ist damit nicht vergleichbar.

38

5. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Das Robert Koch-Institut ist die nationale Behörde zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen. Dies schließt die Entwicklung und Durchführung epidemiologischer und laborgestützter Analysen sowie Forschung zu Ursache, Diagnostik und Prävention übertragbarer Krankheiten ein. Es arbeitet mit den jeweils zuständigen Bundesbehörden, den zuständigen Landesbehörden, den nationalen Referenzzentren, weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen und Fachgesellschaften zusammen. Auf dem Gebiet der Zoonosen und mikrobiell bedingten Lebensmittelvergiftungen sind das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das Bundesinstitut für Risikobewertung, sofern es sich um Aufgaben der Risikobewertung handelt, und das Friedrich-Loeffler-Institut zu beteiligen. Auf Ersuchen der zuständigen obersten Landesgesundheitsbehörde kann das Robert Koch-Institut den zuständigen Stellen bei Maßnahmen zur Überwachung, Verhütung und Bekämpfung von bedrohlichen übertragbaren Krankheiten, auf Ersuchen mehrerer zuständiger oberster Landesgesundheitsbehörden auch länderübergreifend, Amtshilfe leisten. Soweit es zur Erfüllung dieser Amtshilfe erforderlich ist, darf es personenbezogene Daten verarbeiten. Beim Robert Koch-Institut wird eine Kontaktstelle für den öffentlichen Gesundheitsdienst der Länder eingerichtet, die die Amtshilfe nach Satz 5 und die Zusammenarbeit mit den zuständigen Landesbehörden und die Zusammenarbeit bei der Umsetzung des elektronischen Melde- und Informationssystems nach § 14 innerhalb der vom gemeinsamen Planungsrat nach § 14 Absatz 1 Satz 8 getroffenen Leitlinien koordiniert.

(1a) Das Bundesministerium für Gesundheit legt dem Deutschen Bundestag nach Beteiligung des Bundesrates bis spätestens zum 31. März 2021 einen Bericht zu den Erkenntnissen aus der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie vor. Der Bericht beinhaltet Vorschläge zur gesetzlichen, infrastrukturellen und personellen Stärkung des Robert Koch-Instituts sowie gegebenenfalls zusätzlicher Behörden zur Erreichung des Zwecks dieses Gesetzes.

(2) Das Robert Koch-Institut

1.
erstellt im Benehmen mit den jeweils zuständigen Bundesbehörden für Fachkreise als Maßnahme des vorbeugenden Gesundheitsschutzes Richtlinien, Empfehlungen, Merkblätter und sonstige Informationen zur Vorbeugung, Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung übertragbarer Krankheiten,
2.
wertet die Daten zu meldepflichtigen Krankheiten und meldepflichtigen Nachweisen von Krankheitserregern, die ihm nach diesem Gesetz und nach § 11 Absatz 5, § 16 Absatz 4 des IGV-Durchführungsgesetzes übermittelt worden sind, infektionsepidemiologisch aus,
3.
stellt die Ergebnisse der infektionsepidemiologischen Auswertungen den folgenden Behörden und Institutionen zur Verfügung:
a)
den jeweils zuständigen Bundesbehörden,
b)
dem Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr,
c)
den obersten Landesgesundheitsbehörden,
d)
den Gesundheitsämtern,
e)
den Landesärztekammern,
f)
dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen,
g)
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung,
h)
dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und
i)
der Deutschen Krankenhausgesellschaft,
4.
veröffentlicht die Ergebnisse der infektionsepidemiologischen Auswertungen periodisch und
5.
unterstützt die Länder und sonstigen Beteiligten bei ihren Aufgaben im Rahmen der epidemiologischen Überwachung nach diesem Gesetz.

(3) Das Robert Koch-Institut arbeitet zu den in § 1 Absatz 1 genannten Zwecken mit ausländischen Stellen und supranationalen Organisationen sowie mit der Weltgesundheitsorganisation und anderen internationalen Organisationen zusammen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit stärkt es deren Fähigkeiten, insbesondere einer möglichen grenzüberschreitenden Ausbreitung von übertragbaren Krankheiten vorzubeugen, entsprechende Gefahren frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zur Verhinderung einer möglichen grenzüberschreitenden Weiterverbreitung einzuleiten. Die Zusammenarbeit kann insbesondere eine dauerhafte wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Einrichtungen in Partnerstaaten, die Ausbildung von Personal der Partnerstaaten sowie Unterstützungsleistungen im Bereich der epidemiologischen Lage- und Risikobewertung und des Krisenmanagements umfassen, auch verbunden mit dem Einsatz von Personal des Robert Koch-Institutes im Ausland. Soweit es zur Abwendung von Gefahren von Dritten und zum Schutz von unmittelbar Betroffenen im Rahmen der frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von bedrohlichen übertragbaren Krankheiten, der Unterstützung bei der Ausbruchsuntersuchung und -bekämpfung, der Kontaktpersonennachverfolgung oder der medizinischen Evakuierung von Erkrankten und Ansteckungsverdächtigen erforderlich ist, darf das Robert Koch-Institut im Rahmen seiner Aufgaben nach den Sätzen 1 bis 3 personenbezogene Daten verarbeiten.

(1) Namentlich ist zu melden:

1.
der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf die folgenden Krankheiten:
a)
Botulismus,
b)
Cholera,
c)
Diphtherie,
d)
humane spongiforme Enzephalopathie, außer familiär-hereditärer Formen,
e)
akute Virushepatitis,
f)
enteropathisches hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS),
g)
virusbedingtes hämorrhagisches Fieber,
h)
Keuchhusten,
i)
Masern,
j)
Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis,
k)
Milzbrand,
l)
Mumps,
m)
Pest,
n)
Poliomyelitis,
o)
Röteln einschließlich Rötelnembryopathie,
p)
Tollwut,
q)
Typhus abdominalis oder Paratyphus,
r)
Windpocken,
s)
zoonotische Influenza,
t)
Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19),
u)
durch Orthopockenviren verursachte Krankheiten,
1a.
die Erkrankung und der Tod in Bezug auf folgende Krankheiten:
a)
behandlungsbedürftige Tuberkulose, auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt,
b)
Clostridioides-difficile-Infektion mit klinisch schwerem Verlauf; ein klinisch schwerer Verlauf liegt vor, wenn
aa)
der Erkrankte zur Behandlung einer ambulant erworbenen Clostridioides-difficile-Infektion in eine medizinische Einrichtung aufgenommen wird,
bb)
der Erkrankte zur Behandlung der Clostridioides-difficile-Infektion oder ihrer Komplikationen auf eine Intensivstation verlegt wird,
cc)
ein chirurgischer Eingriff, zum Beispiel Kolektomie, auf Grund eines Megakolons, einer Perforation oder einer refraktären Kolitis erfolgt oder
dd)
der Erkrankte innerhalb von 30 Tagen nach der Feststellung der Clostridioides-difficile-Infektion verstirbt und die Infektion als direkte Todesursache oder als zum Tode beitragende Erkrankung gewertet wurde,
2.
der Verdacht auf und die Erkrankung an einer mikrobiell bedingten Lebensmittelvergiftung oder an einer akuten infektiösen Gastroenteritis, wenn
a)
eine Person betroffen ist, die eine Tätigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 ausübt,
b)
zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird,
3.
der Verdacht einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung,
4.
die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers,
5.
der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod, in Bezug auf eine bedrohliche übertragbare Krankheit, die nicht bereits nach den Nummern 1 bis 4 meldepflichtig ist.
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, 3 bis 8, § 9 Absatz 1, 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(2) Dem Gesundheitsamt ist über die Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe i hinaus zu melden, wenn Personen an einer subakuten sklerosierenden Panenzephalitis infolge einer Maserninfektion erkranken oder versterben. Dem Gesundheitsamt ist über die Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a Buchstabe a hinaus zu melden, wenn Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose erkrankt sind, eine Behandlung verweigern oder abbrechen. Die Meldung nach den Sätzen 1 und 2 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(3) Nichtnamentlich ist das Auftreten von zwei oder mehr nosokomialen Infektionen zu melden, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, 3 oder 5, § 10 Absatz 1 zu erfolgen.

(1) Namentlich ist bei folgenden Krankheitserregern, soweit nicht anders bestimmt, der direkte oder indirekte Nachweis zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen:

1.
Adenoviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis im Konjunktivalabstrich
2.
Bacillus anthracis
3.
Bordetella pertussis, Bordetella parapertussis
3a.
humanpathogene Bornaviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis
4.
Borrelia recurrentis
5.
Brucella sp.
6.
Campylobacter sp., darmpathogen
6a.
Candida auris; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Blut oder anderen normalerweise sterilen Substraten
6b.
Chikungunya-Virus
7.
Chlamydia psittaci
8.
Clostridium botulinum oder Toxinnachweis
9.
Corynebacterium spp., Toxin bildend
10.
Coxiella burnetii
10a.
Dengue-Virus
11.
humanpathogene Cryptosporidium sp.
12.
Ebolavirus
13.
a)
Escherichia coli, enterohämorrhagische Stämme (EHEC)
b)
Escherichia coli, sonstige darmpathogene Stämme
14.
Francisella tularensis
15.
FSME-Virus
16.
Gelbfiebervirus
17.
Giardia lamblia
18.
Haemophilus influenzae; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor oder Blut
19.
Hantaviren
20.
Hepatitis-A-Virus
21.
Hepatitis-B-Virus; Meldepflicht für alle Nachweise
22.
Hepatitis-C-Virus; Meldepflicht für alle Nachweise
23.
Hepatitis-D-Virus; Meldepflicht für alle Nachweise
24.
Hepatitis-E-Virus
25.
Influenzaviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis
26.
Lassavirus
27.
Legionella sp.
28.
humanpathogene Leptospira sp.
29.
Listeria monocytogenes; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten sowie aus Abstrichen von Neugeborenen
30.
Marburgvirus
31.
Masernvirus
31a.
Middle-East-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (MERS-CoV)
32.
Mumpsvirus
33.
Mycobacterium leprae
34.
Mycobacterium tuberculosis/africanum, Mycobacterium bovis; Meldepflicht für den direkten Erregernachweis sowie nachfolgend für das Ergebnis der Resistenzbestimmung; vorab auch für den Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum
35.
Neisseria meningitidis; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen Substraten
36.
Norovirus
36a.
Orthopockenviren
36b.
Plasmodium spp.
37.
Poliovirus
38.
Rabiesvirus
38a.
Respiratorische Synzytial Viren
39.
Rickettsia prowazekii
40.
Rotavirus
41.
Rubellavirus
42.
Salmonella Paratyphi; Meldepflicht für alle direkten Nachweise
43.
Salmonella Typhi; Meldepflicht für alle direkten Nachweise
44.
Salmonella, sonstige
44a.
Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (SARS-CoV) und Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2
(SARS-CoV-2)
45.
Shigella sp.
45a.
Streptococcus pneumoniae; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, Gelenkpunktat oder anderen normalerweise sterilen Substraten
46.
Trichinella spiralis
47.
Varizella-Zoster-Virus
48.
Vibrio spp., humanpathogen; soweit ausschließlich eine Ohrinfektion vorliegt, nur bei Vibrio cholerae
48a.
West-Nil-Virus
49.
Yersinia pestis
50.
Yersinia spp., darmpathogen
50a.
Zika-Virus und sonstige Arboviren
51.
andere Erreger hämorrhagischer Fieber
52.
der direkte Nachweis folgender Krankheitserreger:
a)
Staphylococcus aureus, Methicillin-resistente Stämme; Meldepflicht nur für den Nachweis aus Blut oder Liquor
b)
Enterobacterales bei Nachweis einer Carbapenemase-Determinante oder mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber Carbapenemen außer bei natürlicher Resistenz; Meldepflicht nur bei Infektion oder Kolonisation
c)
Acinetobacter spp. bei Nachweis einer Carbapenemase-Determinante oder mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber Carbapenemen außer bei natürlicher Resistenz; Meldepflicht nur bei Infektion oder Kolonisation.
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3, 4 oder Absatz 4, § 9 Absatz 1, 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(2) Namentlich sind in Bezug auf Infektionen und Kolonisationen Nachweise von in dieser Vorschrift nicht genannten Krankheitserregern zu melden, wenn unter Berücksichtigung der Art der Krankheitserreger und der Häufigkeit ihres Nachweises Hinweise auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit bestehen. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3 oder Absatz 4, § 9 Absatz 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(3) Nichtnamentlich ist bei folgenden Krankheitserregern der direkte oder indirekte Nachweis zu melden:

1.
Treponema pallidum
2.
HIV
3.
Echinococcus sp.
4.
Toxoplasma gondii; Meldepflicht nur bei konnatalen Infektionen
5.
Neisseria gonorrhoeae,
6.
Chlamydia trachomatis, sofern es sich um einen der Serotypen L1 bis L3 handelt.
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3 oder Absatz 4, § 10 Absatz 2 zu erfolgen.

(4) Bei Untersuchungen zum direkten Nachweis des Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2) mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik ist das Untersuchungsergebnis nichtnamentlich zu melden. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3 oder Absatz 4, § 10 Absatz 3 zu erfolgen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 1. September 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung für das Quartal II/2009.

2

Die Klägerin ist ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit labormedizinischem Schwerpunkt. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) berichtigte die Honoraranforderungen der Klägerin für das Quartal II/2009 in 294 Behandlungsfällen hinsichtlich der Gebührenposition (GOP) 40100 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) in Höhe von 7784,40 Euro. Nach einer zum 1.4.2009 in die Leistungslegende der Kostenpauschale aufgenommenen Anmerkung sei die Pauschale im selben Behandlungsfall nicht (mehr) neben GOPen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 EBM-Ä berechnungsfähig (Honorarbescheid vom 14.10.2009). Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18.3.2010).

3

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 7.8.2013 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, der Klägerin "die wegen der gleichzeitigen Erbringung von Leistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM-Ä im selben Behandlungsfall gestrichenen Kostenpauschalen 40100 EBM-Ä nachzuvergüten". Die Klägerin habe in den Mischfällen, in denen gleichzeitig Basis- und Speziallaborleistungen erbracht worden seien, einen Anspruch auf Honorierung der abgerechneten Kostenpauschalen 40100 EBM-Ä. Zwar sei der Wortlaut des Abrechnungsausschlusses in der Anmerkung zu der GOP eindeutig und beziehe sich auf jeden Behandlungsfall, in dem neben Spezial- auch Basislaborleistungen erbracht worden seien; der Ausschluss verstoße aber gegen höherrangiges Recht (Art 12 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG). Sachliche Gründe dafür, einen Berechnungsausschluss über die Behandlungsfälle hinaus auszudehnen, in denen der Laborfacharzt ausschließlich Basislaborleistungen erbracht habe, seien nicht zu erkennen.

4

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung des SG sei die Beklagte berechtigt, die von der Klägerin im Quartal II/2009 abgerechneten Kostenpauschalen 40100 EBM-Ä auch in den Behandlungsfällen sachlich-rechnerisch zu berichtigen, in denen im MVZ gleichzeitig Basis- und Speziallaborleistungen erbracht worden seien. Aus dem Wortlaut der Anmerkung zur Kostenpauschale 40100 EBM-Ä ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Pauschale im selben Behandlungsfall neben Basislaborleistungen nicht berechnungsfähig sei. Eine Beschränkung der Ausschlussregelung auf Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Basislaborleistungen erbracht werden, lasse sich der Leistungslegende nicht entnehmen. Sofern die Berechnungsfähigkeit der Pauschale in Mischfällen (weiterhin) gewollt gewesen wäre, hätte es nahegelegen, den Zusatz "in dem ausschließlich Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 erbracht werden" in die Anmerkung aufzunehmen.

5

Bestätigt werde das Ergebnis durch systematische Gesichtspunkte. Auch den in einem inneren Zusammenhang mit der Pauschale stehenden GOP des Kapitels V EBM-Ä lasse sich ein Hinweis auf eine nur beschränkte Gültigkeit der dort normierten Ausschlussregelungen nicht entnehmen.

6

Entgegen der Auffassung des SG sei der Ausschluss der Berechnungsfähigkeit der Kostenpauschale 40100 EBM-Ä in Mischfällen auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere stelle er keine gleichheitswidrige Benachteiligung der Ärzte dar, die in Speziallaboren tätig seien. Er sei eine Reaktion der Bundesmantelvertragspartner auf die Auswirkungen der Laborreform 2008 gewesen. Mit dieser Reform habe der Bewertungsausschuss (BewA) ua beabsichtigt, die bis dahin über Laborgemeinschaften zu erzielenden Gewinne - die dort für Laborleistungen anfallenden Kosten hätten regelmäßig unterhalb der von den KÄVen dafür gezahlten Honorare gelegen - durch eine Begrenzung auf die Erstattung der tatsächlich anfallenden Kosten und die Einführung einer Direktabrechnung einzusparen und stattdessen für die Aufwertung einzelner Basislaborleistungen zu nutzen. Damit sei der Betrieb einer Laborgemeinschaft finanziell unattraktiv(er) geworden; entsprechend würden seitdem (Basis-)Laborleistungen vermehrt bei Laborfachärzten angefordert. Zwar habe sich durch diese Entwicklung das Volumen der insgesamt angeforderten Basis- und Speziallaborleistungen nicht wesentlich verändert, es seien aber die Fallzahlen der Laborfachärzte deutlich angestiegen, wobei mit dieser Mengenentwicklung auch ein erheblicher Zuwachs bei der für die Übersendung von Untersuchungsmaterial bzw Untersuchungsergebnissen abrechenbaren Kostenpauschale 40100 EBM-Ä zu verzeichnen gewesen sei. Dieser Entwicklung durch eine Überarbeitung der Kostenpauschale entgegenzuwirken, sei ein erkennbar sachgerechter Gesichtspunkt und berechtige die Bundesmantelvertragspartner dazu, insoweit die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen neu zu justieren. Unter Berücksichtigung der weiten Regelungskompetenz hätten die Vertragspartner auch den Gesichtspunkt, dass ohne eine Einbeziehung der Mischfälle in den Abrechnungsausschluss der Pauschale die damit erhoffte Kostenreduzierung zumindest nicht dauerhaft hätte sichergestellt werden können, berücksichtigen dürfen.

7

Durch die Aufnahme des Abrechnungsausschlusses in die Kostenpauschale 40100 EBM-Ä sei auch keine Minderheit benachteiligt worden. Die Kostenpauschale sei im Wesentlichen nur für Laborfachärzte und Pathologen berechnungsfähig. Dabei seien aber alle zur Berechnung der Pauschale berechtigten Fachärzte gleichermaßen von dem Abrechnungsausschluss betroffen; in der entsprechenden Anmerkung werde nicht auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ärztlichen Gruppe abgestellt. Maßgeblich sei allein, dass im selben Behandlungsfall keine Basislaborleistungen erbracht und abgerechnet worden seien.

8

Der Abrechnungsausschluss führe weder zu einer auf die Gruppe der Laborfachärzte bezogenen Diskriminierung noch treffe die Behauptung zu, dass der Ausschluss einen ersatzlosen Wegfall der durch die Versendung von Untersuchungsmaterial bzw Untersuchungsergebnissen entstehenden Kosten zur Folge habe. Sollten ausschließlich Speziallaborleistungen erbracht werden, erhalte der Laborfacharzt für die Übersendung des Untersuchungsmaterials einmal im Behandlungsfall eine Kostenerstattung in Höhe von 2,60 Euro. Benötige der überweisende Arzt hingegen zusätzlich noch eine oder mehrere Basislaborleistungen, könne der Laborfacharzt für die ihm entstehenden Kosten bei der Übersendung des Untersuchungsmaterials die - ggf mehrfach abrechenbaren - allgemeinen und für die Übersendung bzw den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bestehenden Kostenpauschalen nach der Abschnitt 40.4 EBM-Ä geltend machen. Die Kostenerstattung liege dann - je nach Gewicht der Übersendung - zwischen 0,55 Euro (Unterlagen bis 20 g) und 2,20 Euro (Unterlagen bis 1000 g). Damit bestimme der überweisende Arzt durch Art und Umfang der angeforderten Laborleistungen letztlich nur über die Höhe (und nicht über einen ersatzlosen Wegfall) der pauschalierten Kostenerstattung für die Übersendung von Untersuchungsmaterial.

9

Dies führe schließlich auch nicht zu einer unangemessen niedrigen Vergütung vertragsärztlicher Leistungen. Das ergebe sich schon daraus, dass es nach der Laborreform 2008 bedingt durch die Auflösung von Laborgemeinschaften zu einem deutlichen Anstieg der Fallzahlen bei den Laborfachärzten und damit bei dieser Arztgruppe zu einer entsprechenden Erhöhung des Vergütungsniveaus für die Erbringung von Basis- und/oder Speziallaborleistungen gekommen sei. Demgegenüber könne die mit dem Abrechnungsausschluss (auch) in Mischfällen einhergehende Minderung bei der Kostenerstattung vernachlässigt werden. Im Übrigen könne eine sich daraus ergebende Unangemessenheit im Vergütungsniveau der Laborfachärzte durch die Sozialgerichte erst dann beanstandet werden, wenn dadurch die Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgung mangels eines ausreichenden Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre. Anhaltspunkte dafür seien aber angesichts des von der Beklagten hier berichtigten Honorarumfangs, der insgesamt nur 0,76 vH der der Klägerin im Quartal II/2009 nach Abzug der Verwaltungskosten vergüteten Honorarsumme betrage, nicht einmal im Ansatz zu erkennen.

10

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die die Erstreckung des Abrechnungsausschlusses auf Mischfälle für rechtswidrig hält. Nach der Einführung der Direktabrechnung der Laborgemeinschaften sowie die Begrenzung der Kostenerstattungen für die Leistungen der Laborgemeinschaften auf die tatsächlich entstandenen Kosten, habe sich ein Teil der Laborgemeinschaften aufgelöst. Die Zahl der von Laborärzten erbrachten Leistungen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä habe dadurch zugenommen. Zur zusätzlichen Abrechnung der GOP 40100 EBM-Ä habe es allein dann kommen können, wenn zusätzliche Behandlungsfälle ausschließlich mit Leistungen des Allgemeinlabors angefallen seien. Durch die zusätzliche Überweisung zur Durchführung von Leistungen des Allgemeinlabors neben Speziallaborleistungen könnten wegen des pauschalierenden Charakters der nur einmal im Behandlungsfall abrechenbaren GOP keine zusätzlichen Abrechnungen der GOP 40100 EBM-Ä anfallen. Folge der Neufassung sei, dass die Erbringung zusätzlicher Leistungen, die mit zusätzlichen Kosten verbunden seien, zum Wegfall der gesamten Kostenerstattung führe. Die Zahl der vergüteten Kostenpauschalen ab dem Quartal II/2009 sei deutlich unter die bis zum Quartal III/2008 vergütete Zahl abgesunken. Die Leistungsmenge des Allgemein- und des Speziallabors sei infolge der Laborreform aber nicht signifikant gesunken oder gestiegen. Der Anteil der Ausgaben für Laborleistungen an der Gesamtvergütung sei in den letzten Jahren stetig zurückgegangen. Die Veränderungsraten für die Laborausgaben hätten nicht nur um 3 % unter der Steigerung der ärztlichen Vergütung gelegen, sondern auch unter der Grundlohnentwicklung.

11

Die Leistungslegende der GOP 40100 EBM-Ä sei in dem Sinne auszulegen, dass der Abrechnungsausschluss nur Fälle der ausschließlichen Erbringung von Leistungen des Allgemeinlabors erfasse. Das ergäben der eindeutige Wortlaut, Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte des Abrechnungsausschlusses, der gerade Kostensteigerungen durch Verlagerung von Leistungen des Allgemeinlabors habe entgegenwirken sollen. Beschränke man den Abrechnungsausschluss nicht auf die Fälle der ausschließlichen Erbringung von Leistungen des Allgemeinlabors, sei er mit Art 12 und 3 GG unvereinbar. Ein sachlicher Grund, Mischfälle anders zu behandeln als Fälle, in denen ausschließlich Leistungen des Speziallabors erbracht würden, bestehe nicht. Das Ziel der Vermeidung von Mehrkosten vermöge nur den Ausschluss der Abrechenbarkeit in Behandlungsfällen zu rechtfertigen, in denen ausschließlich Leistungen des Allgemeinlabors abgerechnet würden. Da Leistungen des Speziallabors zu keinem Zeitpunkt über eine Laborgemeinschaft beziehbar gewesen seien, könnten durch die zusätzliche Überweisung von Leistungen des Allgemeinlabors keine zusätzlichen Kosten entstehen. Nach den Angaben der Beigeladenen zu 2. habe primär die Anzahl der Aufträge mit isolierten Leistungen des Allgemeinlabors zugenommen (um 234 %). Soweit die Beklagte und die Beigeladene zu 2. argumentierten, in den Leistungen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä seien Logistikkosten enthalten, treffe dies, wie sich aus Nr 7.1 der Allgemeinen Bestimmungen zum EBM-Ä ergebe, nicht zu. Dementsprechend hätte bis zur Änderung der Leistungslegende der GOP 40100 EBM-Ä jeder Laborarzt auch bei Leistungen des Allgemeinlabors die Versandpauschale abrechnen können. Unstreitig enthielten die Leistungen des Speziallabors keine Logistikkosten. Eine Kompensation erfolge nicht und könne den Abrechnungsausschluss auch nicht rechtfertigen. Eine Kompensation für den Ausschluss der GOP 40100 EBM-Ä durch Logistikkosten in Höhe von 0,04 Euro könne höchstens dann erfolgen, wenn in sehr großem Umfang Leistungen des Speziallabors erbracht würden. Die Kostenpauschalen des Abschnitts 40.4 EBM-Ä könnten nur für die Übermittlung laboratoriumsdiagnostischer Untersuchungsergebnisse berechnet werden und erfassten nicht die mit der GOP 40100 EBM-Ä abgegoltenen Kosten für Versandmaterial, Versandgefäße usw. Die GOP 40120 EBM-Ä sei mit 0,55 Euro bewertet, sodass eine Kompensation erst bei dem mehrfachen Ansatz der Pauschale eintreten könne. Das Argument, es solle kein Anreiz entstehen, neben Basislaborleistungen zusätzlich Speziallaborleistungen anzufordern, könne den Abrechnungsausschluss nicht rechtfertigen. Der auftraggebende Arzt habe kein Interesse daran, eine Speziallaborleistung zusätzlich zu einer Allgemeinlaborleistung in Auftrag zu geben. Die Kosten der als Auftragsleistungen erbrachten Laboruntersuchungen würden nach Abschnitt 32.3 EBM-Ä auf sein Laborbudget angerechnet, dessen Überschreitung Auswirkungen auf den Wirtschaftlichkeitsbonus der Praxis nach Nr 32001 EBM-Ä hätte. Wie sich aus den Auswertungen des Beigeladenen zu 1. ergebe, habe die Laborreform auch keine Auswirkungen auf die Leistungsmenge gehabt. Zur Steuerung des Leistungsanforderungsverhaltens des auftraggebenden Arztes sei der Ausschluss ungeeignet.

12

Soweit mit dem Erhalt regionaler Versorgungsstrukturen argumentiert werde, könne dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Dass Laborgemeinschaften einen regionaleren Bezug hätten als Laborarztpraxen, sei bereits nicht ersichtlich. Ebenso wenig sei ein Kausalzusammenhang zwischen der Streichung der Kostenpauschale und dem Erhalt regionaler Laborgemeinschaften ersichtlich. Für den auftraggebenden Arzt bestehe kein Anlass, auf finanzielle Folgen der Erteilung von Untersuchungsaufträgen Rücksicht zu nehmen. Als Mittel zur Beeinflussung der Entscheidung des auftraggebenden Arztes bleibe nur die Gewährung verbotener Vorteile. Auf ein kollektiv rechtswidriges Verhalten dürfe aber nicht gesetzt werden.

13

Schließlich stelle der Abrechnungsausschluss eine unzulässige Diskriminierung einer zur Erbringung dieser Leistung berechtigten Arztgruppe dar. Wie mit dem Verbot, Basislaborleistungen auf Überweisung zu erbringen, das der Senat als rechtswidrig qualifiziert habe, werde mit dem Abrechnungsausschluss in unzulässiger Weise mittelbar in den Zulassungsstatus eingegriffen. Soweit das LSG auf die erhoffte Kostenreduzierung hinweise, fehle es an einem inneren sachlichen Zusammenhang zwischen dem Regelungsziel und dem Anknüpfungspunkt. Der Abrechnungsausschluss in Mischfällen sei auch unverhältnismäßig. Obwohl die Laborärzte zur Leistungserbringung verpflichtet seien und durch die zusätzliche Anforderung von Allgemeinlaborleistungen zusätzliche Kosten entstünden, würden sie finanziell bestraft. Zur Vermeidung von Mehrkosten sei die Erstreckung des Abrechnungsausschlusses auf Mischfälle auch nicht erforderlich. Der Ausschluss sei schließlich unzumutbar, weil er zu einer erheblichen Reduzierung der Kostenerstattung führe, obwohl zusätzlicher Logistikaufwand anfalle. Die Laborärzte verlören auch jede Planungssicherheit. Bis zum Ende eines Quartals sei unklar, ob sie bei Erbringung einer Speziallaborleistung die GOP 40100 EBM-Ä abrechnen können oder nicht. Der Laborarzt würde in der Regel finanziell besser stehen, wenn er die Leistungen aus dem Allgemeinlabor nicht abrechnen würde, weil sie meistens unter der mit 2,60 Euro dotierten Kostenpauschale vergütet würden. Das sei jedoch vertragsarztrechtlich unzulässig. Ein rechtmäßiger Zustand könne nur durch Nachvergütung der Mischfälle herbeigeführt werden.

14

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 1. September 2015 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Hannover vom 7. August 2013 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen aufzuheben und das Urteil des SG Hannover unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides für das Quartal II/2009 und des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2010 zu verpflichten, über die Vergütung der Kostenpauschale Nr 40100 in diesem Quartal nach einer Neuregelung erneut zu entscheiden.

15

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

16

Sie hält, ebenso wie die Beigeladenen, das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das LSG hat die Klage auf die Berufung der Beklagten zu Recht abgewiesen. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung hinsichtlich der Kostenpauschale der GOP 40100 EBM-Ä für das Quartal III/2009 ist nicht zu beanstanden.

18

1. Eine Beiladung des BewA ist nicht notwendig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht in Verfahren, in denen die Wirksamkeit einer für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsnorm umstritten ist, keine Notwendigkeit, die an der Normsetzung Beteiligten beizuladen (vgl zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12; zu Beiladungsfragen bei Streit um die Wirksamkeit einer Regelung des EBM-Ä s zuletzt Urteil des Senats vom 28.10.2015 - B 6 KA 42/14 R - RdNr 21, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6; Nr 25 RdNr 11; § 85 Nr 39 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 11; Nr 8 RdNr 13). Es liegt lediglich ein Fall einfacher Beiladung vor. Eine einfache Beiladung der Partner der Bundesmantelverträge, nicht aber des BewA als Vertragsorgan, ist, wenn eine Bestimmung des bundesrechtlichen EBM-Ä den Kern des Rechtsstreits bildet, im Regelfall sachgerecht (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6; Nr 25 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 13). Im Übrigen kommt neben der - hier erfolgten - Beiladung der Partner der Bundesmantelverträge die einfache Beiladung des BewA regelmäßig nicht in Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 28).

19

2. Die Beklagte hat den Honorarbescheid der Klägerin zu Recht sachlich-rechnerisch richtiggestellt, soweit in Mischfällen die Kostenpauschale der GOP 40100 EBM-Ä abgerechnet worden war.

20

a) Gemäß § 106a Abs 1 SGB V prüfen die KÄVen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Teilsatz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 , insoweit in der Folgezeit unverändert) ist die Beklagte berechtigt und verpflichtet, die vom Vertragsarzt eingereichten Honorarforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf richtigzustellen. Die Voraussetzungen hierfür lagen vor. Die Abrechnung der Klägerin war unrichtig, soweit sie die GOP 40100 EBM-Ä neben Leistungen des Abschnitts 32.2.1 bis 32.2.7 EBM-Ä abgerechnet hat.

21

Die GOP 40100 EBM-Ä lautete im Quartal II/2009 wie folgt:
"Kostenpauschale für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial, ggf. auch von infektiösem Untersuchungsmaterial, einschl. der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen der
- Laboratoriumsdiagnostik, ggf. einschl. der Kosten für die Übermittlung der Gebührenordnungspositionen und der Höhe der Kosten überwiesener kurativ-ambulanter Auftragsleistungen des Abschnitts 32.3,
- Histologie,
- Zytologie,
- Zytogenetik und Molekulargenetik,
einmal im Behandlungsfall 2,60 €.
Die Kostenpauschale 40100 ist in demselben Behandlungsfall nicht neben Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 berechnungsfähig."

22

b) Der der GOP 40100 EBM-Ä zum 1.4.2009 hinzugefügte Abrechnungsausschluss ist formell rechtmäßig. Er ist von den dafür zuständigen Partnern des Bundesmantelvertrages beschlossen worden. Dass die in § 50 Ersatzkassenvertrag-Ärzte vorgesehene Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Ersatzkassen die Anmerkung formuliert hat, ist insofern unschädlich. Wie sich aus der Veröffentlichung (DÄ 2008, PP, 542) ergibt, hat die Arbeitsgemeinschaft die Formulierung zwar vorbereitet, die Partner des Bundesmantelvertrags haben aber die Regelung in ihren Willen aufgenommen. Der Beschluss der Bundesmantelvertragspartner war gleichlautend mit dem Beschluss der Arbeitsgemeinschaft. Dass die Partner des Bundesmantelvertrags und nicht der BewA die Kostenpauschalen festgesetzt haben, ist nicht zu beanstanden (vgl BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 34/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - RdNr 34 unter Hinweis auf BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 30). Begründet hat der Senat dies (aaO) für den Fall der Modifizierung der Bewertungen der Kostenerstattungen und Kostenpauschalen durch Regelungen der Honorarverteilung aufgrund von Vorgaben des BewA damit, dass der BewA nach § 87 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V im EBM-Ä den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, "in Punkten ausgedrücktes" Verhältnis zueinander zu bestimmen hatte. Dementsprechend hat der Senat die Vertragspartner auf Bundesebene generell auch für berechtigt gehalten, ergänzende Regelungen zu einzelnen Abrechnungspositionen zu treffen (vgl BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 30 unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 29). Erst durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz) vom 16.7.2015 (BGBl I 1211) wurde § 87 Abs 1 Satz 1 SGB V dahin ergänzt, dass durch den BewA ein EBM-Ä "einschließlich der Sachkosten" zu vereinbaren ist(vgl dazu auch BT-Drucks 18/4095 S 93 zu § 87). Damit liegt nunmehr die Zuständigkeit für die Formulierung von Kostenpauschalen allein beim BewA.

23

Die Regelung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil zum Zeitpunkt der Publikation der Beschluss von den Partnern des Bundesmantelvertrages noch nicht unterschrieben war. Nach der Rechtsprechung des Senats ist zwar für das Zustandekommen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach § 56 SGB X die Schriftform vorgeschrieben, die nach § 61 Satz 2 SGB X iVm § 126 BGB auch die Unterzeichnung des Vertragstextes erfordert. Sofern aber die Willensbildung zum Zeitpunkt der Bekanntgabe abgeschlossen ist und der publizierte Text der tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt unterzeichneten Vereinbarung entspricht, was hier nicht in Frage gestellt wird, steht die fehlende Unterzeichnung einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe nicht entgegen (vgl BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 20). Es ist nicht zu beanstanden, dass in dieser Situation im Interesse der Betroffenen eine Veröffentlichung bereits vor dem formellen Abschluss der Vereinbarung erfolgte.

24

c) Der Abrechnungsausschluss umfasst auch sog Mischfälle, in denen sowohl Leistungen des Allgemein- als auch des Speziallabors erbracht wurden.

25

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 21 unter Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - also in der Regel des BewA gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen(etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse oder Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Diese Grundsätze gelten auch für Kostenerstattungstatbestände, sofern sie eine Pauschalerstattung vorsehen (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 57/98 R - Juris RdNr 14 = MedR 2000, 201, 202; BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 6; BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 34; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13). Die Anmerkung zu einer Position des EBM-Ä hat denselben Rang wie die Leistungslegende (BSG Beschluss vom 11.12.2013 - B 6 KA 37/13 B - Juris RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 16; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 13 ff) und ist daher auch wie diese auszulegen.

26

Bei der GOP 40100 EBM-Ä handelt es sich um einen pauschalen Kostenerstattungstatbestand. Sie ist nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt, der mit der Versendung der einzelnen Laborprobe verbunden ist, sondern beinhaltet eine umfassende Kostenpauschale für den Komplex Versendung von Untersuchungsmaterial einschließlich Untersuchungsergebnisse (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 16; so bereits zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung Nr 7103 EBM-Ä aF: BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 12 ff; BSG Beschluss vom 23.5.2007 - B 6 KA 91/06 B - Juris RdNr 6; BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 57/98 R - MedR 2000, 201; BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 6, 9). Mit ihrem Ansatz ist der gesamte Versendungsaufwand des Laborarztes im Zusammenhang mit der Versendung von Untersuchungsmaterial und Berichten abgegolten. Dem Laborarzt werden mit der GOP 40100 EBM-Ä nicht die tatsächlich entstehenden Kosten erstattet, sondern ein hiervon unabhängiger Pauschalbetrag, der sich auch dann nicht erhöht, wenn in einem Quartal mehrere Gewebeproben eines Patienten zu transportieren sind (vgl BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 14; BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 9 zu Nr 7103 EBM-Ä aF). Nach den im Urteil des Senats vom 11.10.2006 zur Neuregelung der Vergütung von Laborleistungen zum 1.7.1999 beispielhaft dargestellten Abrechnungsergebnissen der dortigen Klägerin (BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 53) machten die Erstattungen für Versandmaterial und Porto etwa 10 % des vertragsärztlichen Umsatzes der Laborärzte aus. Das entspricht den Aussagen im Honorarbericht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für das Quartal III/2012 (http://www.kbv.de/html/index.php, Aufruf 8.12.2015), wonach im Bundesdurchschnitt ein Betrag in Höhe von 1,21 Euro je Behandlungsfall auf die Kostenpauschalen des Kapitels 40 EBM-Ä entfiel. Dafür war insbesondere die GOP 40100 EBM-Ä verantwortlich. Es war dies der zweitgrößte Anteil am Honorarumsatz je Behandlungsfall nach den Leistungen des Kapitels 32 EBM-Ä, auf die im Bundesdurchschnitt 21,81 Euro entfielen (S 98 aaO).

27

aa) Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut werden vom Abrechnungsausschluss auch Mischfälle erfasst, in denen Leistungen des Basis- und des Speziallabors abgerechnet werden. Nicht berechnungsfähig ist die Kostenpauschale nach ihrem Wortlaut "neben" GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 EBM-Ä. Die Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 EBM-Ä enthalten die allgemeinen Laboratoriumsuntersuchungen mit Ausnahme der Laborpauschalen im Zusammenhang mit präventiven Leistungen, die sich - ab Quartal IV/2009 - im Abschnitt 32.2.8 EBM-Ä finden. Die Kostenpauschale ist mithin nicht abrechenbar, wenn in demselben Behandlungsfall eine Leistung des Allgemeinlabors abgerechnet wird. Der Abrechnungsausschluss gilt nicht nur für den Fall, dass ausschließlich Leistungen des Allgemeinlabors abgerechnet werden. Ein solches einschränkendes Verständnis lässt der Wortlaut nicht zu. Der Ausschluss knüpft vielmehr allein an die Abrechnung einer GOP aus den Leistungen des Allgemeinlabors an. Eine Unterscheidung zwischen Fällen, in denen ausschließlich Leistungen des Allgemeinlabors abgerechnet werden und Fällen, in denen Leistungen des Allgemeinlabors und des Speziallabors abgerechnet werden, wird nicht getroffen.

28

bb) Unabhängig davon, dass nach dem eindeutigen Wortlaut kein Raum mehr für eine entstehungsgeschichtliche Auslegung ist, würde eine solche zu keinem anderen Ergebnis führen. Nach dem Willen der Partner des Bundesmantelvertrags sollte der Abrechnungsausschluss dazu dienen, der Mengenentwicklung bei der Abrechnung der Kostenpauschale entgegenzuwirken. Es entstand nach der Einführung der Direktabrechnung durch die Laborreform ein Anreiz zu einer Leistungsverlagerung, die tatsächlich stattgefunden hat (vgl dazu Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.1.2015 zu GOP 40100 S 4; Imbeck, Direktabrechnung durch Laborgemeinschaften, MedR 2009, 10, 11) und von der Klägerin selbst treffend dargestellt wird. Das Ziel der Einführung der Direktabrechnung durch die Laborgemeinschaft und die gleichzeitig eingeführte Begrenzung der Vergütung auf die der Laborgemeinschaft tatsächlich entstandenen Kosten bestand wesentlich darin, sog Kick-Back-Modelle zu unterbinden (vgl DÄ 2008, A-1654) und den behandelnden Ärzten trotzdem nicht vollständig die Möglichkeit zu nehmen, Laborleistungen über ihre Laborgemeinschaft zu beziehen (vgl dazu BSG SozR 4-5540 § 25 Nr 1 RdNr 26). Die Entwicklung der Laborgemeinschaften war zuvor nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese zunehmend von Laborärzten betreut wurden, die in den Laboren die medizinische Führung und das wirtschaftliche Risiko übernahmen (vgl BSG aaO unter Hinweis auf Halbe/Keller in Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, Stand November 2015, C 1800 RdNr 10, 55; vgl auch bereits BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 6). Im Zusammenhang damit entwickelten sich offenbar nicht nur in Einzelfällen sog Kick-Back-Modelle, bei denen die von Laborärzten betreuten Laborgemeinschaften ihren Mitgliedern allgemeine Laboruntersuchungen zu Preisen anboten, die niedriger waren als die Vergütung, die die Untersuchung veranlassenden Mitglieder der Laborgemeinschaft gegenüber der für sie zuständigen KÄV abrechnen konnten. Im Gegenzug konnten die die Laborgemeinschaft betreuenden Laborärzte damit rechnen, dass die Mitglieder der Laborgemeinschaft Leistungen des Speziallabors, die sie nicht selbst und auch nicht über die Laborgemeinschaft erbringen und abrechnen durften, an sie überwiesen (vgl DÄ 2008, A-1654 f).

29

(1) Da mithin die durch diese Modelle geschaffene Möglichkeit der Gewinnerzielung durch den Betrieb von Laborgemeinschaften infolge der Direktabrechnung gegenüber der für den Sitz der Laborgemeinschaft zuständigen KÄV wegfiel, fand eine Verlagerung der Leistungen des Allgemeinlabors zu fachärztlichen Laboren statt. Dass hiermit eine vermehrte Abrechnung der GOP 40100 EBM-Ä, die bis zum 31.3.2009 für Laborärzte uneingeschränkt auch neben Leistungen des Allgemeinlabors ansetzbar war, einherging, liegt auf der Hand. Bei einer gleichbleibenden Menge an Laborleistungen stand dem die steuernde Wirkung von Laborbudget und Wirtschaftlichkeitsbonus nicht entgegen (vgl dazu BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13). Deutlich belegt wird dies durch die von der Klägerin vorgelegten Statistiken des GKV-Spitzenverbandes vom 20.3.2012. Danach ist die Abrechnungshäufigkeit der GOP 40100 EBM-Ä in den Quartalen IV/2008 und I/2009 stark angestiegen und nach Einfügung der streitigen Anmerkung zum Quartal II/2009 deutlich gesunken. Der Zielsetzung, der Mengenentwicklung bei der Abrechnung der GOP 40100 EBM-Ä entgegenzuwirken und gleichzeitig weiterhin Anreize für die Durchführung von Leistungen des Allgemeinlabors in der Vertragsarztpraxis oder der Laborgemeinschaft zu setzen, entspricht es, wenn jedwede Erbringung von Leistungen des Allgemeinlabors - isoliert oder in Kombination mit Leistungen des Speziallabors - die Abrechenbarkeit der Kostenpauschale ausschließt. Zwar hätte bereits der Ausschluss allein für Leistungen des Allgemeinlabors eine mengenbegrenzende Wirkung gehabt. Abgesehen davon, dass dies bereits in der Leistungslegende ("Auftragsleistungen des Abschnitts 32.3") angelegt ist, wäre die Steuerung der Abrechnungshäufigkeit der GOP 40100 EBM-Ä aber nicht in gleichem Maße gegeben gewesen. Der Beigeladene zu 1. weist insofern zu Recht darauf hin, dass in diesem Fall ein Anreiz bestanden hätte, eine weitere Leistung des Speziallabors zu erbringen und auf diese Weise die Abrechnungsfähigkeit der Kostenpauschale herbeizuführen. Dies ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil Laborärzte ausschließlich auf Überweisung tätig werden. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Laborärzte trotz ihrer Bindung an den Überweisungsauftrag in gewissen Grenzen den Umfang der von ihnen erbrachten Leistungen selbst (mit)bestimmen können (vgl BSG Beschluss vom 28.10.2009 - B 6 KA 15/09 B - unter Hinweis auf BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 50; zuletzt BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 34/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - Juris RdNr 54).

30

(2) Soweit die Beigeladenen weiter vortragen, es habe durch den Abrechnungsausschluss eine Doppelabrechnung verhindert werden sollen, überzeugt dies nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass in den GOP für Leistungen des Allgemein- und Speziallabors Kosten für Versand- und Transportkosten enthalten sind. Nach Ziffer 7.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä sind in den GOP - soweit nichts anderes bestimmt ist - enthalten: Versand- und Transportkosten, ausgenommen jene, die bei Versendung von Arztbriefen (…) und im Zusammenhang mit Versendungen im Rahmen der Langzeit-EKG-Diagnostik, Laboratoriumsuntersuchungen, Zytologie, Histologie, Zytogenetik und Molekulargenetik, Strahlendiagnostik, Anwendung radioaktiver Substanzen sowie der Strahlentherapie entstehen. Da der Begriff der "Laboratoriumsuntersuchungen" die Leistungen des Kapitels 32 EBM-Ä umfasst, ist nach dieser Regelung in keiner GOP dieses Kapitels ein Kostenanteil für Transport und Versand enthalten. Die Existenz der Kostenpauschale, die vor der Neuregelung zum 1.4.2009 von Laborärzten auch neben Leistungen des Allgemeinlabors abgerechnet werden durfte, bestätigt diesen Befund. Ansonsten müsste davon ausgegangen werden, dass die Vertragspartner seit 1998 bewusst eine Doppelabrechnung hingenommen hätten. Soweit die Beigeladenen vortragen, in den GOP des Allgemeinlabors seien 8 Pfennig "Logistikkosten" einkalkuliert, ist im Übrigen bereits nicht klar, welche Kosten damit umfasst sind. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass damit auch die Transportkosten gemeint waren, konnte es zu einer Doppelabrechnung allenfalls hinsichtlich der Kosten für das Allgemeinlabor kommen. Da unstreitig in den GOP des Speziallabors keine Transport- und Versandkosten enthalten sind, schied insoweit eine Doppelabrechnung beim Ansatz der Kostenpauschale 40100 EBM-Ä aus. Angesichts des "Logistikkostenanteils" von 8 Pfennig und der Bewertung der GOP 40100 EBM-Ä mit 2,60 Euro geht der Abrechnungsausschluss außerdem deutlich über die Beseitigung einer etwaigen Doppelberechnung hinaus.

31

(3) Ebensowenig verfängt der Gesichtspunkt, es hätten regionale Versorgungsstrukturen erhalten werden sollen. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass Laborgemeinschaften in aller Regel genauso überregional aufgestellt sind wie Laborarztpraxen. Bei der Verteilung von Laborleistungen, die regelmäßig ohne Patientenkontakt erbracht werden, geht es auch unter versorgungspolitischen Gesichtspunkten nicht um den Erhalt ortsnaher Gemeinschaften oder Praxen.

32

cc) Auch eine systematische Auslegung würde nicht zu dem Ergebnis führen, dass in Mischfällen eine Abrechnung der Nr 40100 EBM-Ä möglich ist. Die Systematik der GOP des Abschnitts 40 EBM-Ä - Kostenpauschalen - gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Abrechnungsausschluss nur isoliert abgerechnete Leistungen des Allgemeinlabors betrifft.

33

dd) Schließlich steht der Auffassung der Klägerin der Grundsatz entgegen, wonach die Gerichte grundsätzlich nicht mit punktuellen Entscheidungen in das Gefüge des EBM-Ä eingreifen dürfen (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 35 unter Hinweis auf BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4; BSGE 58, 35, 37 f = SozR 5557 Nr 1 Nr 1 S 3 f; BSG Urteil vom 5.5.1988 - 6 RKa 13/87 - Juris RdNr 13; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 22; BSG Beschluss vom 21.10.1992 - 6 BKa 2/92 - Juris RdNr 6; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214). Dem System autonomer Festlegung der Leistungsbewertungen entspricht die Anerkennung eines weiten Regelungsspielraums, der von den Gerichten zu respektieren ist. Ausnahmen davon kommen nach der Rechtsprechung des Senats nur in seltenen Fällen in Betracht, in denen die zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 35 unter Hinweis auf BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214 f). Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Selbstverwaltungsorgane bei dem ihnen aufgetragenen Interessenausgleich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, indem sie etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung willkürlich benachteiligt haben (BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN). Die Gestaltungsfreiheit des Normgebers besteht grundsätzlich auch im Bereich der Kosten (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 15 RdNr 24). Die Gerichte haben nicht darüber zu entscheiden, ob eine Regelung versorgungspolitisch uneingeschränkt sinnvoll ist (vgl BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 42/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - Juris RdNr 38), sondern allein darüber, ob der Normgeber bei seiner Gestaltung die ihm durch das Gesetz gesetzten Grenzen eingehalten hat. Das ist hier der Fall. Der Abrechnungsausschluss der GOP 40100 EBM-Ä verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

34

(1) Ein rechtswidriger Eingriff in die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Klägerin liegt nicht vor. Mit dem Abrechnungsausschluss in Mischfällen wird der Laborarzt nicht in unzulässiger Weise an der Durchführung von Leistungen des Allgemeinlabors gehindert, sondern nur der Kombination von Allgemein- und Speziallabor zum Zweck der Abrechnung der Kostenpauschale entgegengewirkt. Anders als bei dem vom Senat beanstandeten Überweisungsverbot für Basislaboruntersuchungen (BSGE 78, 91 = SozR 3-5540 § 25 Nr 2) hindert der Abrechnungsausschluss der GOP 40100 EBM-Ä den Laborarzt weder rechtlich noch tatsächlich, Leistungen des Allgemeinlabors zu erbringen. Diese können vielmehr weiterhin an den Laborarzt überwiesen werden und werden ihm auch weiterhin vergütet. Tatsächlich hat, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, eine Verlagerung der Leistungen des Allgemeinlabors auf die laborärztlichen Praxen stattgefunden. Im Zusammenhang mit der ausschließlichen Erbringung von Leistungen des Allgemeinlabors reklamiert die Klägerin die Kostenpauschale ausdrücklich auch nicht.

35

Der Abrechnungsausschluss führt nicht dazu, dass Leistungen der Laborärzte nicht angemessen vergütet würden. Im Hinblick auf die vorrangige Funktionszuweisung an den BewA nach § 87 SGB V, den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und ihre Punktzahlen zu bestimmen - bzw im hier noch maßgeblichen Zeitraum - an die Partner der Bundesmantelverträge für die Bestimmung von Kostensätzen, sowie an die Vertragsparteien der Gesamtverträge, nach Maßgabe des § 85 Abs 3 SGB V aF die Gesamtvergütungen zu bemessen, kann das Niveau von Vergütungen erst dann von den Gerichten im Hinblick auf § 72 Abs 2 SGB V iVm Art 12 Abs 1 GG beanstandet werden, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichenden finanziellen Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre(vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 39; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 20; BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr 21, RdNr 16; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 127 f, 140; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 23 ff; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 26 RdNr 27; BSGE 78, 191, 199 = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 10; BSGE 75, 187, 189 f = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 6 f; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 5 f mwN). Anhaltspunkte für eine solche Situation sind nicht ersichtlich. Der Vortrag der Klägerin, die Veränderungsrate der Ausgaben für die Vergütung von Laborleistungen habe im Zeitraum von 2007 bis 2011 um über 3 % unter der Steigerung der Ausgaben der GKV für ärztliche Leistungen und unter der Grundlohnsummenentwicklung gelegen, ist nicht geeignet, eine solche Gefährdung zu indizieren. Das zeigt nicht zuletzt der Anstieg der Ausgaben im Bereich Labor in diesem Zeitraum um 6,13 %, womit zwar die Veränderungsrate der ärztlichen Vergütung insgesamt von 9,5 % deutlich, der Wert der Grundlohnentwicklung von 6,57 % aber nur geringfügig unterschritten wurde. Da die Vergütung nicht für jede Leistung kostendeckend sein muss und sich die Frage der Kostendeckung auch nicht auf die bei einem einzelnen Arzt anfallenden Kosten beziehen kann, ergibt sich selbst aus einer etwaigen Kostenunterdeckung bei einzelnen Leistungen kein zwingender Grund für eine bestimmte Auslegung des Gebührentatbestandes (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 39; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 6).

36

Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass die Regelung bei einer Gesamtabwägung (vgl BVerfGE 101, 331, 347) die Grenze des Zumutbaren nicht überschreitet und insgesamt verhältnismäßig ist. Ihre Eignung und Erforderlichkeit im Hinblick auf das angestrebte Ziel und damit letztlich die Sicherung der Wirtschaftlichkeit und Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung (vgl dazu zuletzt BSGE 115, 235 = SozR 4-2500 § 135 Nr 21 RdNr 32 mwN) ergeben sich aus den zur Entstehungsgeschichte dargelegten Erwägungen. Die Honorareinbußen durch den Abrechnungsausschluss in Mischfällen sind bereits deshalb begrenzt, weil die Pauschale der GOP 40100 EBM-Ä weiterhin abrechenbar ist bei Leistungen des Speziallabors. Die wirtschaftliche Bedeutung wird auch am Verhältnis der hier streitigen Kürzungssumme von ca 23 000 Euro zum Gesamthonorar der Klägerin im streitbefangenen Quartal von ca 1 052 000 Euro deutlich. Die Honorareinbußen werden zudem gemindert durch die Verlagerung von Leistungen des Allgemeinlabors in die fachärztlichen Laborpraxen. Zu einem gewissen Anteil erfolgt darüber hinaus eine Kompensation des Abrechnungsausschlusses durch eine vermehrte Abrechenbarkeit der GOP 40120 EBM-Ä (so auch SG Marburg Urteil vom 18.4.2012 - S 12 KA 166/11 - Juris RdNr 32). Diese GOP, die nicht neben der GOP 40100 EBM-Ä abgerechnet werden darf, beinhaltet eine Kostenpauschale für die Versendung bzw den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 g (zB im Postdienst Standardbrief) oder für die Übermittlung eines Telefax ("kleine" Portopauschale vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 15). Zwar kann nach dem auch hier maßgeblichen Wortlaut nur der Transport von schriftlichen Unterlagen über diese GOP abgerechnet werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28), was nur einen Teil der von der GOP 40100 EBM-Ä abgedeckten Leistungen ausmacht. Auch ist die GOP 40120 lediglich mit 55 Cent bewertet. Die Portopauschale kann jedoch, anders als die GOP 40100 EBM-Ä, mehrfach im Behandlungsfall abgerechnet werden. Die Klägerin weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass bei einer vollständigen Kompensation die Rechtfertigung für den Abrechnungsausschluss in Frage gestellt würde.

37

(2) Der Abrechnungsausschluss verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Dieser ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl BVerfGE 133, 377 RdNr 76; BVerfGE 131, 239, 256; BVerfGE 126, 400, 418; BVerfGE 124, 199, 219 f; BVerfGE 110, 274, 291; BVerfGE 109, 96, 123 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 69; BVerfGE 107, 205, 213 = SozR 4-2500 § 10 Nr 1 RdNr 31; BVerfGE 100, 195, 205; BVerfGE 95, 39, 45; BVerfGE 87, 1, 36 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 7; BVerfGE 84, 133, 157; BVerfGE 85, 191, 210; BVerfGE 55, 72, 88). Dabei ist eine strenge Prüfung vorzunehmen, wenn verschiedene Personengruppen ungleich behandelt werden (zu den Stufen der Prüfungsintensität vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl 2014, Art 3 RdNr 20 ff), während bei der Ungleichbehandlung von Sachverhalten eine großzügigere Prüfung geboten ist.

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Bei der von der Klägerin geltend gemachten Ungleichbehandlung handelt es sich um eine solche Ungleichbehandlung von Sachverhalten, denn der Abrechnungsausschluss knüpft nicht an Personenmerkmale an. Eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung von Laborärzten mit Laborgemeinschaften scheidet bereits deshalb aus, weil es an der Vergleichbarkeit der beiden Gruppen fehlt. Laborgemeinschaften sind Gemeinschaftseinrichtungen von Vertragsärzten, die dem Zweck dienen, laboratoriumsmedizinische Analysen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä regelmäßig in einer gemeinschaftlich genutzten Betriebsstätte zu erbringen (vgl § 1 Nr 14a, § 25 Abs 3 und 4a Bundesmantelvertrag-Ärzte). Laborgemeinschaften dürfen damit lediglich Leistungen des Allgemeinlabors abrechnen, sodass Mischfälle bei ihnen nicht auftreten können. Es werden hier keine Personen, sondern vielmehr Sachverhalte ungleich behandelt: Einerseits die Abrechnung von Leistungen ausschließlich des Speziallabors und andererseits die kumulative Abrechnung von Leistungen des Spezial- und des Allgemeinlabors. Nach dem deshalb hier anzulegenden "Willkürmaßstab" (vgl BVerfGE 118, 1, 26 f; BVerfGE 60, 329, 346; BVerfGE 55, 72, 89) ist die Ungleichbehandlung dieser Sachverhalte aus den oben genannten Gründen nicht zu beanstanden. Sachlicher Grund für den Abrechnungsausschluss auch bei Mischfällen war die Kostendämpfung gerade im Hinblick auf die Abrechnung der Kostenpauschale. Zur Absicherung dieses vor dem Hintergrund des in der vertragsärztlichen Versorgung geltenden Wirtschaftlichkeitsgebots (vgl dazu zuletzt SozR 4-2500 § 106 Nr 53) legitimen Ziels sowie der damit verbundenen Intention, dass Leistungen des Allgemeinlabors weiterhin in Laborgemeinschaften kostengünstig durchgeführt werden sollten, war die Einbeziehung von Mischfällen in den Abrechnungsausschluss sachlich gerechtfertigt. Ansonsten hätte ein Anreiz für die fachärztlichen Laborpraxen bestanden, in Fällen, in denen Leistungen des Allgemeinlabors selbst zu erbringen waren, durch die gleichzeitige Abrechnung von Speziallaborleistungen den Abrechnungsausschluss zu umgehen.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO); eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da sie keine Anträge gestellt haben.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.