Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Apr. 2015 - 1 AZR 223/14

ECLI:ECLI:DE:BAG:2015:140415.U.1AZR223.14.0
bei uns veröffentlicht am14.04.2015

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 27. November 2013 - 8 Sa 381/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über einen Nachteilsausgleich.

2

Die Beklagte ist eine zum Konzern Süddeutsche Zeitung gehörende Zeitungsvertriebsgesellschaft. Ihr Unternehmensgegenstand bestand darin, im Gebiet der Landeshauptstadt München für die Verlage Münchner Zeitungsverlag und Süddeutsche Zeitung deren Zeitungen auszutragen und vergleichbare Dienstleistungen auszuführen. Sie beschäftigte etwa 40 Arbeitnehmer, ua. den als schwerbehinderten Menschen anerkannten Kläger als Zeitungszusteller gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 750,00 Euro.

3

Einziger Auftraggeber der Beklagten war die Süddeutsche Zeitung Logistik GmbH (SZL GmbH), eine 100%ige Tochter der Süddeutsche Zeitung GmbH. Nachdem diese den Dienstleistungsauftrag zum 29. Februar 2012 gekündigt hatte, beschlossen die Gesellschafterinnen der Beklagten - die H GmbH und die Süddeutsche Zeitung GmbH - am 12. Januar 2012, den Geschäftsbetrieb zum Ablauf des 29. Februar 2012 einzustellen und den Betrieb stillzulegen. Ab dem 1. März 2012 wurden die Zusteller nicht mehr beschäftigt. Seit diesem Zeitpunkt führt die ZVM GmbH die Zustellungen aus.

4

Der Vorsitzende einer von der Beklagten und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat errichteten Einigungsstelle zu den Themen „Interessenausgleich und Sozialplan“ stellte in der Sitzung am 27. April 2012 das Scheitern des Versuchs fest, sich auf einen Interessenausgleich zu einigen. Am 28. April 2012 kündigte die Beklagte die Arbeitsverhältnisse sämtlicher bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme des Klägers. Gegenüber diesem sprach sie die Kündigung nach erteilter Zustimmung des Integrationsamts am 23. Mai 2012 zum 31. Dezember 2012 aus.

5

Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen die Kündigung gewandt und eine Stilllegung des Betriebs in Abrede gestellt; dieser sei vielmehr auf die ZVM GmbH übergegangen. Nach Abweisung der Kündigungsschutzklage durch das Arbeitsgericht hat er mit seiner Berufung hilfsweise einen Nachteilsausgleichsanspruch geltend gemacht.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Nachteilsausgleich iSd. § 113 BetrVG in Höhe von 13.500,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

8

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers mit einem am 27. November 2013 verkündeten Urteil zurückgewiesen. Mit seiner auf die Abweisung des Antrags auf Nachteilsausgleich beschränkten Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Der von ihm geltend gemachte absolute Revisionsgrund liegt nicht vor. Das Landesarbeitsgericht hat auch in der Sache zu Recht erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Nachteilsausgleich hat.

10

I. Entgegen der Auffassung der Revision unterliegt das Berufungsurteil nicht bereits deshalb der Aufhebung nach § 562 ZPO, weil die erkennende Berufungskammer im Hinblick auf den vom Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung und vor Verkündung des Urteils eingereichten Schriftsatz vom 7. November 2013 über diesen und über die Frage einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Wege einer Telefonkonferenz beraten und entschieden hat. Hierin liegt weder der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG) noch ein Verstoß gegen § 193 Abs. 1, § 194 GVG.

11

1. Ein absoluter Revisionsgrund iSv. § 547 Nr. 1 ZPO ist gegeben, wenn das Landesarbeitsgericht nicht unter Mitwirkung derjenigen Richter, die an der letzten mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, geprüft hat, ob nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangene Schriftsätze der Parteien gemäß § 156 ZPO Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gaben. Selbst wenn ein solcher nachgereichter Schriftsatz bei der Entscheidung über das Urteil keine Beachtung mehr finden kann, weil das Urteil nach abschließender Beratung und Abstimmung bereits gefällt (§ 309 ZPO) war, hat das Gericht bis zur Urteilsverkündung eingehende Schriftsätze zur Kenntnis zu nehmen und eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu prüfen. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren haben im Fall eines nachgereichten Schriftsatzes die ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung über eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mitzuwirken (vgl. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 14 ff.; 18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - Rn. 4 ff., BAGE 129, 89). Ist dies nicht der Fall, wird der Prozesspartei, die den Schriftsatz verfasst hat, der gesetzliche Richter entzogen (vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - Rn. 7, BAGE 129, 89). Bei einem hierin liegenden Verfahrensmangel iSd. § 547 Nr. 1 ZPO wird unwiderleglich vermutet, dass er entscheidungserheblich ist.

12

2. Aus § 193 Abs. 1 GVG ergibt sich, dass die Entscheidung eines Kollegialgerichts auf einer Beratung und Abstimmung der zur Entscheidung berufenen Richter beruhen muss. § 194 GVG bestimmt die bei der Beratung und Abstimmung einzuhaltende Verfahrensweise. Die mündliche Beratung im Beisein sämtlicher beteiligter Richter ist dabei die Regel (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 72/10 - Rn. 63; BGH 20. April 2012 - LwZR 5/11 - Rn. 8). In geeigneten Fällen kann eine Nachberatung im Wege einer Telefonkonferenz zulässig sein, bei welcher unter der Leitung des Vorsitzenden jeder Teilnehmer von seinem Telefonapparat zeitgleich mit jedem anderen Teilnehmer kommunizieren kann und alle Teilnehmer die gesamte Kommunikation mithören. Voraussetzung ist, dass alle beteiligten Richter mit dieser Verfahrensweise einverstanden sind und sichergestellt ist, dass jederzeit in eine mündliche Beratung im Beisein aller Richter eingetreten werden kann, falls ein Richter dies wünscht oder ein neuer Gesichtspunkt es erfordert (BAG 26. März 2015 - 2 AZR 417/14 - Rn. 12 mwN; BGH 29. November 2013 - BLw 4/12 - Rn. 33). Die Telefonkonferenz vermag die mündliche Beratung bei gleichzeitiger Anwesenheit aller beteiligten Richter allerdings nicht zu ersetzen. Sie kann nur neben diese treten, wie etwa bei der Beratung über einen nachträglich eingegangenen Schriftsatz. Die erstmalige Beratung als einzige Grundlage für die Entscheidung in der Hauptsache muss zwingend im Beisein sämtlicher beteiligter Richter stattfinden (vgl. BAG 26. März 2015 - 2 AZR 417/14 - aaO; BGH 29. November 2013 - BLw 4/12 - aaO).

13

3. Eine Rechtsverletzung iSv. § 73 ArbGG, § 547 Nr. 1 ZPO ist vom Revisionsgericht wegen § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO nur zu beachten, wenn die Revision (auch) auf sie gestützt wird (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1057/12 - Rn. 13, BAGE 146, 257). Der Revisionsführer muss darlegen, dass der gerügte absolute Revisionsgrund tatsächlich vorliegt. Das setzt die Angabe von Tatsachen voraus, aus denen sich der behauptete Verfahrensmangel ergeben soll. Handelt es sich dabei um gerichtsinterne Vorgänge, muss der Revisionsführer zumindest aufzeigen, dass er eine zweckentsprechende Aufklärung versucht hat (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 72/10 - Rn. 58). Auch bei der Beanstandung, ein Urteil sei entgegen § 193 Abs. 1, § 194 GVG nicht aufgrund geheimer Beratung und Abstimmung der zur Entscheidung berufenen Richter ergangen, muss die hierin liegende Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will.

14

4. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Art und Weise, in welcher das Berufungsgericht über den nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz des Klägers beraten hat, rechtlich nicht zu beanstanden.

15

a) Ausweislich des handschriftlichen Vermerks des Vorsitzenden des Berufungsgerichts vom 25. November 2013 hat die Kammer in der Besetzung der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2013 „per Telefonkonferenz“ am 25. November 2013 über den zuvor den ehrenamtlichen Richtern zugeleiteten Schriftsatz des Klägers vom 7. November 2013 beraten und beschlossen, „daß die Wiedereröffnung nicht veranlaßt, sondern die niedergelegte Entscheidung zu verkünden ist“.

16

b) Die Beratung über den nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz im Wege der am 25. November 2013 abgehaltenen Telefonkonferenz des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, die an der letzten mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, war zulässig. Es handelte sich um eine bloße Nachberatung. Sie hat die mündliche Beratung der Richter nicht ersetzt, sondern ist - im Hinblick auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers - nur neben sie getreten. Das Fehlen einer mündlichen Beratung über die auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung am 30. Oktober 2013 gefällte, am 27. November 2013 verkündete Entscheidung rügt die Revision nicht. Hiervon ist angesichts der in der Akte dokumentierten und unter der Zeile „München, den 30.10.2013“ vom Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richtern unterzeichneten Urteilsformel auch nicht auszugehen.

17

c) Ohne Erfolg beanstandet die Revision, es sei vom Berufungsgericht weder angegeben, wie die Telefonkonferenz stattgefunden habe, noch ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt gewesen sind. Ein darauf gerichteter Verfahrensmangel ist schon nicht hinreichend dargelegt. Zudem ist in dem Aktenvermerk des Vorsitzenden der Berufungskammer die Art und Weise der Beratung als „Telefonkonferenz“ dokumentiert. Das drückt eine Beratung aus, bei welcher unter der Leitung des Vorsitzenden jeder Teilnehmer von seinem Telefonapparat zeitgleich mit jedem anderen Teilnehmer kommunizieren kann und alle Teilnehmer die gesamte Kommunikation mithören. Auch das Einverständnis sämtlicher beteiligter Richter mit dieser Art und Weise der Beratung über den nachgereichten Schriftsatz und die Möglichkeit, in eine mündliche Beratung im Beisein aller Richter einzutreten, kommen in einem so gefassten Aktenvermerk zum Ausdruck (vgl. BGH 29. November 2013 - BLw 4/12 - Rn. 35).

18

II. Das Landesarbeitsgericht hat den vom Kläger mit seiner Berufung angebrachten Antrag auf Nachteilsausgleich zu Recht abgewiesen.

19

1. Nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG kann ein Arbeitnehmer vom Unternehmer die Zahlung einer Abfindung verlangen, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden. Der Anspruch aus § 113 Abs. 3 BetrVG dient vornehmlich der Sicherung des sich aus § 111 Satz 1 BetrVG ergebenden Verhandlungsanspruchs des Betriebsrats und schützt dabei mittelbar die Interessen der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer. Er entsteht, sobald der Unternehmer mit der Durchführung der Betriebsänderung begonnen hat, ohne bis dahin einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben (BAG 16. August 2011 - 1 AZR 44/10 - Rn. 9 mwN). Nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG gilt als Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG ua. die Stilllegung des ganzen Betriebs. Dagegen ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Betriebsübergang als solcher keine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG. Er kann eine sein, wenn er sich nicht allein in dem Wechsel des Betriebsinhabers erschöpft, sondern gleichzeitig Maßnahmen ergriffen werden, welche eines oder mehrere der Tatbestandsmerkmale des § 111 BetrVG erfüllen(vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 169/09 - Rn. 33 mwN; 25. Januar 2000 - 1 ABR 1/99 - zu B I 3 der Gründe).

20

2. Der Kläger hat sich - im Zusammenhang mit seiner Kündigungsschutzklage - zwar nur auf einen Betriebsübergang berufen. Zu seinen Gunsten kann aber unterstellt werden, dass die Beklagte ihren Betrieb eines Unternehmens mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern stillgelegt und damit eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 BetrVG durchgeführt hat sowie der Kläger infolge der Stilllegung entlassen worden ist. Jedenfalls hat die Beklagte mit dem Betriebsrat vor der Durchführung der Betriebsänderung einen Interessenausgleich versucht iSv. § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG.

21

a) Der Unternehmer beginnt mit der Durchführung einer Betriebsänderung, wenn er unumkehrbare Maßnahmen ergreift und damit vollendete Tatsachen schafft. Eine Betriebsänderung in Form der Stilllegung besteht in der Aufgabe des Betriebszwecks unter gleichzeitiger Auflösung der Betriebsorganisation für unbestimmte, nicht nur vorübergehende Zeit. Ihre Umsetzung erfolgt, sobald der Unternehmer unumkehrbare Maßnahmen zur Auflösung der betrieblichen Organisation ergreift (BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 25/05 - Rn. 17, BAGE 118, 222). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er die bestehenden Arbeitsverhältnisse zum Zwecke der Betriebsstilllegung kündigt (vgl. BAG 23. September 2003 - 1 AZR 576/02 - zu II 1 c der Gründe mwN, BAGE 107, 347).

22

b) Die Beklagte hat vor dem am 27. April 2012 durch den Vorsitzenden der Einigungsstelle als gescheitert festgestellten Versuch eines Interessenausgleichs keine unumkehrbaren Maßnahmen zur Durchführung der Betriebsänderung ergriffen.

23

aa) Mit dem von ihren Gesellschafterinnen am 12. Januar 2012 gefassten Beschluss hat die Beklagte die Durchführung der Betriebsstilllegung nicht begonnen. Dem Arbeitgeber ist es nicht verwehrt, ohne vorherige Beteiligung des Betriebsrats Entschlüsse zu einer Betriebsänderung zu fassen. Er darf nur ohne Wahrung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats nicht mit deren Durchführung beginnen. § 113 Abs. 3 BetrVG sichert kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats an der unternehmerischen Entscheidung, sondern nur bei deren Umsetzung. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 111 BetrVG setzen sogar voraus, dass der Arbeitgeber konkrete Planungen hinsichtlich einer Betriebsänderung hat, die den Gegenstand der zwischen den Betriebsparteien zu führenden Verhandlungen vorgeben(vgl. BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 25/05 - Rn. 19, BAGE 118, 222). Daher spricht auch die von der Revision vorgebrachte Kenntnis der Beklagten spätestens am 29. Februar 2012 davon, dass die Arbeitsplätze der Mitarbeiter entfallen würden, nicht für das Vorliegen einer unumkehrbaren Maßnahme zur Durchführung der Betriebsänderung.

24

bb) In der tatsächlichen Einstellung der betrieblichen Tätigkeit am 1. März 2012 liegt gleichfalls keine unumkehrbare Maßnahme. Die bloße Einstellung einer Geschäftstätigkeit kann grundsätzlich rückgängig gemacht werden. Anders ist dies ggf. dann zu sehen, wenn ein Arbeitgeber - etwa durch die Veräußerung von Betriebsmitteln - bereits mit der Auflösung der betrieblichen Organisation beginnt (vgl. BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 25/05 - Rn. 20, BAGE 118, 222). Dafür ist hier nichts ersichtlich.

25

cc) Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass die Beklagte die Zusteller ab dem 1. März 2012 nicht mehr beschäftigt hat. In der bloßen Nichtbeschäftigung von Arbeitnehmern liegt keine Auflösung der Betriebsorganisation. Auch eine Freistellung der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht stellt regelmäßig noch keine Durchführung der Betriebsstilllegung dar. Dies gilt jedenfalls, wenn die Freistellung jederzeit widerruflich ist (vgl. BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 25/05 - Rn. 21, BAGE 118, 222). Eine unwiderrufliche Freistellung sämtlicher - oder auch nur eines Großteils der - Arbeitnehmer vor dem Ausspruch der Kündigungen hat der Kläger weder konkret behauptet noch ist sie sonst ersichtlich.

26

dd) Die ab dem 1. März 2012 erfolgte Übernahme des vormals der Beklagten erteilten Zeitungsvertriebsauftrags durch die ZVM GmbH lässt nicht auf die Durchführung der Betriebsstilllegung vor dem Versuch eines Interessenausgleichs schließen. Sie ist der Neuvergabe des Auftrags geschuldet.

27

ee) Nichts anderes folgt aus dem - erstmals in der Revision gehaltenen - Vortrag des Klägers, die Beklagte habe bei einem Antrag auf Zustimmung zu einer beabsichtigten (erneuten) Kündigung eines anderen Arbeitnehmers nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in einem entsprechenden Formular des Integrationsamtes als Betriebsstilllegungszeitpunkt den 29. Februar 2012 angegeben. Zu diesem Zeitpunkt stellte die Beklagte ihre betriebliche Tätigkeit ein. Für einen über diesen Erklärungswert hinausgehenden Schluss auf tatsächliche Umstände gibt das Formular nichts her.

28

ff) Das Vorbringen des Klägers, die Beklagte sei „kein selbständiger Betrieb, sondern Betriebsteil“ der SZL GmbH, lässt nicht auf eine Durchführung der Betriebsänderung vor dem Versuch eines Interessenausgleichs schließen. Die Stilllegung eines einem Unternehmen zuzuordnenden Betriebs„teils“ kann - bezogen auf einen mit einem anderen Unternehmen geführten Gemeinschaftsbetrieb - grundsätzlich die Voraussetzungen einer mitbestimmungspflichtigen Änderung nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG erfüllen(vgl. hierzu BAG 11. November 1997 - 1 ABR 6/97 - zu II der Gründe). Von dem Vorliegen einer interessenausgleichspflichtigen Maßnahme gehen die Parteien aber übereinstimmend aus. Streitig ist allein, ob mit ihrer Durchführung vor dem Interessenausgleichsversuch begonnen worden ist.

29

gg) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht schließlich angenommen, dass der Beginn der Durchführung der Betriebsänderung nicht in der Kündigung des Zustellungsauftrags durch die SZL GmbH zum 29. Februar 2012 liegt. Die Beklagte muss sich diese Kündigung bei dem hier vorliegenden Konzernsachverhalt nicht als „eigene“ Maßnahme zurechnen lassen (vgl. hierzu die Urteile des Senats vom 14. April 2015 in den Parallelverfahren - 1 AZR 794/13 - und - 1 AZR 795/13 -). Die Revision rügt deshalb ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe seine Aufklärungs- und Hinweispflicht nach § 139 ZPO verletzt und hätte die mündliche Verhandlung nach § 156 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO wieder eröffnen müssen, weil es den Kläger nicht auf das Fehlen von Vortrag zur Konzernstruktur und dessen Bedeutung in dem vorliegenden Fall hingewiesen hat.

30

c) Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Die Beklagte hat den Abschluss eines Interessenausgleichs ausreichend versucht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Betriebsparteien über den Abschluss eines Interessenausgleichs verhandelt haben und der Vorsitzende einer hierzu gebildeten Einigungsstelle am 27. April 2012 das Scheitern eines Versuchs des Interessenausgleichs festgestellt hat. Die Kündigungen der Arbeitsverhältnisse, in denen der Beginn der Durchführung der Betriebsstilllegung liegt, sind erst am 28. April 2012 erfolgt.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Dr. Klebe    

        

    Klosterkemper    

                 

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(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.

(2) Das Gericht und ein vom Gericht ernannter Sachverständiger sind nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift. § 73 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

(3) Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt.

(1) Bei der Beratung und Abstimmung dürfen außer den zur Entscheidung berufenen Richtern nur die bei demselben Gericht zu ihrer juristischen Ausbildung beschäftigten Personen und die dort beschäftigten wissenschaftlichen Hilfskräfte zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet.

(2) Ausländische Berufsrichter, Staatsanwälte und Anwälte, die einem Gericht zur Ableistung eines Studienaufenthaltes zugewiesen worden sind, können bei demselben Gericht bei der Beratung und Abstimmung zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet und sie gemäß den Absätzen 3 und 4 verpflichtet sind. Satz 1 gilt entsprechend für ausländische Juristen, die im Entsendestaat in einem Ausbildungsverhältnis stehen.

(3) Die in Absatz 2 genannten Personen sind auf ihren Antrag zur Geheimhaltung besonders zu verpflichten. § 1 Abs. 2 und 3 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547 - Artikel 42) gilt entsprechend. Personen, die nach Satz 1 besonders verpflichtet worden sind, stehen für die Anwendung der Vorschriften des Strafgesetzbuches über die Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 2, Absatz 5 und 6, § 205), Verwertung fremder Geheimnisse (§§ 204, 205), Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, Abs. 3 und 4) sowie Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 355) den für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten gleich.

(4) Die Verpflichtung wird vom Präsidenten oder vom aufsichtsführenden Richter des Gerichts vorgenommen. Er kann diese Befugnis auf den Vorsitzenden des Spruchkörpers oder auf den Richter übertragen, dem die in Absatz 2 genannten Personen zugewiesen sind. Einer erneuten Verpflichtung bedarf es während der Dauer des Studienaufenthaltes nicht. In den Fällen des § 355 des Strafgesetzbuches ist der Richter, der die Verpflichtung vorgenommen hat, neben dem Verletzten antragsberechtigt.

(1) Der Vorsitzende leitet die Beratung, stellt die Fragen und sammelt die Stimmen.

(2) Meinungsverschiedenheiten über den Gegenstand, die Fassung und die Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebnis der Abstimmung entscheidet das Gericht.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Das Urteil kann nur von denjenigen Richtern gefällt werden, welche der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Bei der Beratung und Abstimmung dürfen außer den zur Entscheidung berufenen Richtern nur die bei demselben Gericht zu ihrer juristischen Ausbildung beschäftigten Personen und die dort beschäftigten wissenschaftlichen Hilfskräfte zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet.

(2) Ausländische Berufsrichter, Staatsanwälte und Anwälte, die einem Gericht zur Ableistung eines Studienaufenthaltes zugewiesen worden sind, können bei demselben Gericht bei der Beratung und Abstimmung zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet und sie gemäß den Absätzen 3 und 4 verpflichtet sind. Satz 1 gilt entsprechend für ausländische Juristen, die im Entsendestaat in einem Ausbildungsverhältnis stehen.

(3) Die in Absatz 2 genannten Personen sind auf ihren Antrag zur Geheimhaltung besonders zu verpflichten. § 1 Abs. 2 und 3 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547 - Artikel 42) gilt entsprechend. Personen, die nach Satz 1 besonders verpflichtet worden sind, stehen für die Anwendung der Vorschriften des Strafgesetzbuches über die Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 2, Absatz 5 und 6, § 205), Verwertung fremder Geheimnisse (§§ 204, 205), Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, Abs. 3 und 4) sowie Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 355) den für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten gleich.

(4) Die Verpflichtung wird vom Präsidenten oder vom aufsichtsführenden Richter des Gerichts vorgenommen. Er kann diese Befugnis auf den Vorsitzenden des Spruchkörpers oder auf den Richter übertragen, dem die in Absatz 2 genannten Personen zugewiesen sind. Einer erneuten Verpflichtung bedarf es während der Dauer des Studienaufenthaltes nicht. In den Fällen des § 355 des Strafgesetzbuches ist der Richter, der die Verpflichtung vorgenommen hat, neben dem Verletzten antragsberechtigt.

(1) Der Vorsitzende leitet die Beratung, stellt die Fragen und sammelt die Stimmen.

(2) Meinungsverschiedenheiten über den Gegenstand, die Fassung und die Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebnis der Abstimmung entscheidet das Gericht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
LwZR 5/11 Verkündet am:
20. April 2012
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Landwirtschaftssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Muss das Urteil von den zur Mitwirkung berufenen ehrenamtlichen Richtern nicht unterschrieben
werden, bedarf es bei einer Entscheidungsfindung im Umlaufverfahren
eines aus den Akten ersichtlichen Nachweises ihrer Mitwirkung (Anschluss an Senat,
Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 f.).
BGH, Urteil vom 20. April 2012 - LwZR 5/11 - OLG Zweibrücken
AG Zweibrücken
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche
Verhandlung vom 20. April 2012 durch die Richter Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Czub und die ehrenamtlichen Richter Beer
und Kees

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Landwirtschaftssenat vom 31. März 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit Vertrag vom 20. August 1992 pachtete S. B. , der geschiedene Ehemann der Klägerin, von den Eheleuten F. einen Bauernhof mit Ackerland, Grünland und Wald für die Dauer von 30 Jahren. Ab dem 1. April 1996 war eine jährliche Pacht von (umgerechnet) 12.782,30 € in zwei gleich hohen Raten jeweils am 1. April und 1. Oktober eines Jahres zu zahlen. Nach § 7 war "eine Unterverpachtung" erlaubt. Am 18. Februar 2004 schloss S. B. mit der Klägerin einen Unterpachtvertrag, der inhaltlich auf den Hauptpachtvertrag Bezug nahm. Ohne Zustimmung der Hauptverpächter schloss die Klägerin am 1. Mai 2004 einen weiteren schriftlichen Unterpachtvertrag mit dem Beklagten ab. Darin heißt es u.a.: "3. Vertragsinhalt … Frau B. tritt sämtliche Rechte und Pflichten mit Ausnahme des Kündigungsrechts oder des Rechts auf Aufhebung oder Auflösung aus dem Unterpachtvertrag an Herrn E. ab, welcher die Abtretung annimmt. Insbesondere handelt es sich dabei auch um die Rechte aus einer etwaigen Werterhöhung des Pachtgegenstandes aufgrund baulicher Veränderungen , und zwar auch wegen bereits erfolgter baulicher Veränderungen , soweit diese durch Herrn E. abgegolten wurden. … 5. Pachtzins Der Pachtzins entspricht dem jeweiligen Pachtzins aus dem Hauptvertrag , zuzüglich eines Betrages in Höhe von jeweils 5.000 € bei den nächsten zehn Raten. Nach Zahlung von zehn Raten entspricht der jeweilige Pachtzins dem Betrag des Hauptvertrages. … 8. Zustand, Instandhaltung und Verbesserung sowie Rückgabe des Pachtgegenstandes. Als Übernahmepreis für bisherige Werterhöhungen zahlt Herr E. an Frau B. einen Betrag in Höhe von 50.000 €. …"
2
Diese 50.000 € erbrachte der Beklagte durch Teilzahlung und Verrechnung.
3
Sowohl S. B. als auch die Klägerin wurden nach einer von den Eheleuten F. erklärten fristlosen Kündigung des am 20. August 1992 ge- schlossenen Pachtvertrags rechtskräftig zur Räumung und Herausgabe der Pachtsache verurteilt.
4
Die Klägerin hat von dem Beklagten die Zahlung der in Ziff. 5 des Vertrages vom 1. Mai 2004 vereinbarten Raten von jeweils 5.000 € für die Zeit vom 1. Oktober 2004 bis zum 1. Oktober 2007 (35.000 €) nebst Zinsen verlangt, weil es sich dabei nicht um Pacht, sondern um einen weiteren Übernahmepreis handele. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage die Rückzahlung des bereits geleisteten Übernahmepreises von 50.000 € sowie die Verurteilung der Klägerin zur Zustimmung zur Auszahlung eines von ihm hinterlegten Betrages von 3.368 € verlangt. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht - Landwirtschaftssenat - hat der Klage stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin aus einem mit dem Beklagten in dem Unterpachtvertrag vom 1. Mai 2004 zusätzlich vereinbarten Forderungsverkauf einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Übernahmepreises in der geltend gemachten Höhe. Dem stehe nicht entgegen, dass in Ziff. 8 des Vertrages der Übernahmepreis für die Abtretung des gegenüber den Hauptverpächtern bestehenden Anspruchs auf Wertersatz mit 50.000 € beziffert und insoweit Leistung des Beklagten erfolgt sei. Das dargelegte Schuldverhältnis sei rechtlich als Forderungsverkauf zu einem Betrag von 100.000 € zu be- werten. Die fälschliche Bezeichnung der zweiten 50.000 € durch die Parteien als Pachtzins stehe der rechtlichen Bewertung dieses Betrags als ein in zehn Raten zu erbringender Restkaufpreis nicht entgegen. Dies entspreche dem übereinstimmenden Willen der Parteien, die dies bei ihrer informatischen Anhörung durch den Senat übereinstimmend bekundet hätten. Der Zahlungsverpflichtung des Beklagten könne auch nicht der Umstand entgegengehalten werden, dass der Unterpachtvertrag wegen der wirksamen fristlosen Kündigung des Hauptvertrags seit Juli 2004 beendet sei. Die von dem Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen in Höhe von insgesamt 6.632 € habe keinen Erfolg, da die behaupteten Schadensersatzansprüche nicht substantiiert dargelegt seien.

II.

6
1. Die Revision ist schon deshalb begründet, weil das Berufungsurteil - wie der Beklagte mit Erfolg rügt - unter Verstoß gegen § 193 Abs. 1, § 194 GVG zustande gekommen ist und deshalb der Aufhebung unterliegt (§ 562 ZPO).
7
a) Nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sind auf den Rechtsstreit die bis zum 31. August 2009 geltenden Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (LwVG) anzuwenden.
8
b) Aus der Regelung in § 193 Abs. 1 GVG ergibt sich, dass jede Entscheidung eines Kollegialgerichts auf einer Beratung und Abstimmung der zur Entscheidung berufenen Richter beruhen muss; die hierbei einzuhaltende Verfahrensweise bestimmt § 194 GVG. Die mündliche Beratung im Beisein sämtlicher beteiligter Richter ist die Regel. Ausnahmsweise kommt eine Entscheidung im sogenannten Umlaufverfahren, also die schriftliche Beratung und Abstimmung aufgrund eines Entscheidungsentwurfs, in Betracht, wenn die beteiligten Richter mit diesem Verfahren einverstanden sind (Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 f.).
9
c) Die Schlussberatung des Berufungsgerichts, auf der das Berufungsurteil beruht, war nicht ordnungsgemäß.
10
aa) Der Rechtsstreit betrifft eine Landpachtsache (§ 1 Nr. 1a LwVG). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LwVG aF handelt es sich um eine streitige Landwirtschaftssache , in der das Gesetz die Beteiligung von zwei ehrenamtlichen Richtern in allen Instanzen vorschreibt (§ 2 Abs. 2 LwVG). Das hat das Berufungsgericht zunächst auch beachtet; an der mündlichen Verhandlung haben die ehrenamtlichen Richter mitgewirkt, sie sind im Eingang des Berufungsurteils aufgeführt. An der abschließenden Urteilsberatung haben sie zwar ebenfalls, aber nur zum Teil, mitgewirkt, nämlich in der Weise, dass ihnen auf Verfügung des Vorsitzenden des Berufungsgerichts am 17. März 2011 ein Urteilsentwurf per E-Mail mit der Bitte um Kenntnisnahme und Billigung sowie ggfs. Rückäußerung bei weiterem Beratungsbedarf übersandt worden ist. Auch der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 22. März 2011, der dem Berufungsgericht - mit Einschluss der ehrenamtlichen Richter (Senat, Urteil vom 23. November 2007 - LwZR 5/07, NJW 2008, 580, 581) - Anlass zur Prüfung gegeben hat, ob die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen war (§ 156 ZPO), ist den ehrenamtlichen Richtern - allerdings ohne Anlage - per E-Mail bzw. per Telefax übermittelt worden. Dass sie auch den weiteren nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 29. März 2011, aufgrund dessen das Berufungsgericht - zu Recht - erneut die Notwendigkeit der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geprüft hat, erhalten sollten, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Am 28. März 2011 hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts die Übersendung eines Beschlussentwurfs an die ehrenamtlichen Richter mit der Bitte um Kenntnisnahme und Billigung sowie "baldmögliche" Rückäußerung, auch ob weiterer Beratungsbedarf bestehe, verfügt; am 30. März 2011 hat er zu demselben Zweck die Übersendung eines geänderten Beschlussentwurfs verfügt. Dass die Verfügungen ausgeführt worden sind, ist in den Akten nicht vermerkt. Am 30. März 2011 hat das Berufungsgericht einen Beschluss erlassen, wonach die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Beklagten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gegeben haben. Nach dem Beschlusseingang haben die ehrenamtlichen Richter an der Beschlussfassung mitgewirkt; ihre Unterschriften hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts - unnötigerweise (§ 48 Abs. 1 LwVG, § 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO) - "wegen Ortsabwesenheit" ersetzt.
11
bb) Diese Vorgehensweise entspricht nicht den Vorschriften in §§ 193, 194 GVG. Zwar mögen alle beteiligten Richter mit der schriftlichen Beratung und Abstimmung über das Urteil und damit auch über die Frage der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung einverstanden gewesen sein (vgl. Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 f.). Aber diese Verfahrensweise ist nur dann zulässig, wenn die ehrenamtlichen Richter sämtliche nicht nachgelassene Schriftsätze und den Entscheidungsentwurf rechtzeitig vor der Entscheidungsfindung erhalten, damit sie dazu Stellung nehmen oder ggfs. Beratungsbedarf anmelden können. Das war hier nicht der Fall. Sie sollten den Schriftsatz des Beklagten vom 22. März 2011 nur unvollständig, nämlich ohne Anlage, erhalten. Die Übersendung des Schriftsatzes vom 29. März 2011 ist in den Akten nicht verfügt. Diese enthalten auch keinen Vermerk der Geschäftsstelle über die Ausführung der Verfügungen, aufgrund derer die ehrenamtlichen Richter die Beschlussentwürfe enthalten sollten. Im Übrigen wäre die Übersendung des geänderten Beschlussentwurfs, der offensichtlich die Grundlage des erlassenen Beschlusses war, nicht rechtzeitig. Die Übersendungsverfügung des Vorsitzenden des Berufungsgerichts stammt vom 30. März 2011; der Beschluss trägt dasselbe Datum. Bei einer Übersendung des geänderten Entwurfs per E-Mail bzw. per Telefax hätten die ehrenamtlichen Richter allenfalls wenige Stunden Zeit gehabt, sich mit der Sache zu befassen und sich eine Meinung zu bilden. Die Zeitspanne dafür wäre insbesondere angesichts des Umstands, dass die ehrenamtlichen Richter Landwirte sind, die erfahrungsgemäß – was die ehrenamtlichen Beisitzer des Senats bestätigt haben - tagsüber nicht ständig Zugriff auf eingehende E-Mails oder Telefaxsendungen haben, zu kurz gewesen. Hinzukommt, dass sie bei dieser Art der Beratung - anders als bei der mündlichen Beratung im Beisein sämtlicher beteiligter Richter - bei ihrer Meinungsbildung auf sich allein gestellt gewesen wären und deshalb dafür eine angemessene Zeit benötigt hätten.
12
cc) Unabhängig von den vorstehend genannten Umständen ist das Berufungsurteil deshalb verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil nicht erkennbar ist, dass die ehrenamtlichen Richter den Urteilsentwurf - wie von dem Vorsitzenden des Berufungsgerichts zu Recht verlangt - gebilligt haben. Die Billigung bedeutet das Einverständnis, dass die Entscheidung so, wie entworfen , verkündet werden kann. Darin erschöpft sich ihre Bedeutung bei der hier gewählten Verfahrensweise jedoch nicht. Sie ist nämlich zugleich die Bestätigung dafür, dass die ehrenamtlichen Richter bei der Beratung und Beschlussfassung über die Entscheidung mitgewirkt haben. Diese Mitwirkung kann anders als durch das Festhalten der erklärten Billigung in einer für die Parteien und das Rechtsmittelgericht nachprüfbaren Weise nicht nachgewiesen werden, weil das Urteil nicht von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben wird (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 LwVG).
13
dd) Das Berufungsurteil beruht auf dem Verfahrensfehler. Es ist nicht auszuschließen, dass es anders ausgefallen wäre, wenn das Berufungsgericht in voller Besetzung über den Inhalt der nicht nachgelassenen Schriftsätze des Beklagten beraten und die mündliche Verhandlung wiedereröffnet hätte.
14
2. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:
15
a) Revisionsrechtlich nicht zu bestanden ist die Ansicht des Berufungsgerichts , als Übernahmepreis seien nicht 50.000 €, sondern 100.000 € vereinbart worden.
16
aa) Sie beruht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf sachfremden Erwägungen, sondern auf der von den Parteien bei ihrer Anhörung in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (§ 141 ZPO) übereinstimmend abgegebenen Erklärung, dass bei Abschluss des Unterpachtvertrags eine Abgeltungszahlung des Beklagten in Höhe von insgesamt 100.000 € vereinbart worden sei, wovon 50.000 € sogleich und weitere 50.000 € in zehn Raten à 5.000 € hätten geleistet werden sollen. Dass die Klägerin in der ersten Instanz etwas anderes vorgetragen hat, nämlich dass es sich bei den zehn Raten à 5.000 € um Pachtzins handele, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen , und sie ist in der Berufungsinstanz, außer bei einem - hier nicht abgegebenen - gerichtlichen Geständnis nach § 288 ZPO, nicht an ihr erstinstanzliches Vorbringen gebunden (BGH, Urteil vom 5. Juli 1995 - KZR 15/94, NJW-RR 1995, 1340, 1341). Da die Erklärung der Klägerin inhaltlich mit der des Beklagten übereinstimmt, durfte das Berufungsgericht sie seiner Entscheidung ohne weiteres zugrunde legen.
17
bb) Gleiches gilt für die von dem Beklagten abgegebene Erklärung. Sie steht zwar in Widerspruch zu der in dem Berufungsverfahren erstmals, abweichend von dem erstinstanzlichen Vortrag, von seinem Prozessbevollmächtigten vorgetragenen Behauptung, bei den zehn Raten à 5.000 € handele es sich um einen zusätzlich zu zahlenden Pachtzins und nicht um einen weiteren Teil des Übernahmepreises. Aber den Widerspruch musste das Berufungsgericht nicht aufklären. Es entspricht nämlich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dem Vorbringen der persönlich angehörten Partei in der Regel der Vorrang vor davon abweichendem Vorbringen ihres Prozessbevollmächtigten zu geben ist (Urteil vom 1. März 1957 - VIII ZR 286/56, LM § 141 ZPO Nr. 2; Urteil vom 22. Oktober 1968 - VI ZR 178/67, VersR 1969, 58, 59). Dies gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn - wie hier - die Berichtigung des anwaltlichen Vortrags sofort erfolgt (§ 85 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dass der Beklagte nach dem Vortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22. März 2011 von seiner mündlichen Erklärung wegen eines Missverständnisses bei der Befragung durch das Gericht abgerückt ist, ändert nichts. Diesen Vortrag durfte das Berufungsgericht bei der Entscheidungsfindung ebenso wenig berücksichtigen wie den Vortrag in dem Schriftsatz vom 29. März 2011, weil die Voraussetzungen für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) nicht vorgelegen haben.
18
cc) Schließlich musste das Berufungsgericht die von dem Beklagten benannte Zeugin C. E. nicht vernehmen. Nach den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien bei der mündlichen Anhörung war nicht mehr streitig, wofür der Beklagte die zehn Raten à 5.000 € zahlen sollte. Für eine Beweisaufnahme war insoweit kein Raum.
19
b) Auf Rechtsfehlern beruht allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, der von dem Beklagten mit der hilfsweise erklärten Aufrechnung geltend gemachte Schaden von 3.231 € im Hinblick auf die behauptete Mitverpachtung von Wiesen im Schwarzbachtal sei nicht nachvollziehbar, weil der Beklagte diese Wiesen zumindest zum Teil genutzt habe. Das Berufungsgericht hat die Vereinbarung zwischen dem Beklagten und S. B. nicht richtig ver- standen. Danach durfte der Beklagte die Heuernte aus dem ersten Schnitt behalten , musste dafür jedoch S. B. aus dem zweiten Schnitt 135 Rundballen Heu überlassen. Daraus hat er einen Schaden von 3.132 € errechnet. Unter diesem Gesichtspunkt wird das Berufungsgericht in der neuen Verhandlung die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Forderung prüfen müssen. Der Beklagte erhält dadurch Gelegenheit, die Schadensberechnung zu konkretisieren. Lemke Schmidt-Räntsch Czub
Vorinstanzen:
AG Zweibrücken, Entscheidung vom 03.08.2010 - Lw 2/05 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 31.03.2011 - 4 U 129/10 Lw -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 4/12
vom
29. November 2013
in der Landwirtschaftssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein im gerichtlichen Verfahren in Landwirtschaftssachen ergehender Beschluss muss
nur von den Berufsrichtern, nicht auch von den ehrenamtlichen Richterin unterschrieben
werden.
In geeigneten Ausnahmefällen (hier: Beratung über einen nachträglich eingegangenen
Schriftsatz) kommt die Telefonkonferenz unter gleichzeitiger Teilnahme sämtlicher
beteiligten Richter in der technischen Form einer Konferenzschaltung, bei welcher
unter der Leitung des Vorsitzenden des Spruchkörpers jeder Teilnehmer jederzeit
von seinem Telefonapparat zeitgleich mit jedem anderen Teilnehmer kommunizieren
kann und alle Teilnehmer die gesamte Kommunikation mithören, als zulässige
Art der Beratung in Betracht. Die erstmalige Beratung als einzige Grundlage für die
Entscheidung in der Hauptsache muss jedoch zwingend im Beisein sämtlicher beteiligter
Richter stattfinden.
Ob beim Erbfall trotz des im Grundbuch eingetragenen Hofvermerks die Hofeigenschaft
entfallen war, beurteilt sich danach, ob der Erblasser den landwirtschaftlichen
Betrieb endgültig eingestellt hatte.
BGH, Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 4/12 - OLG Oldenburg
AG Vechta
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am
29. November 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Czub und die ehrenamtlichen Richter Köhler und
Kröger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2012 und die Nachberatung vom 4. September 2012 ergangene Beschluss des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.500.000 €.

Gründe:


I.

1
Die Mutter der Beteiligten zu 1 bis 3 (im Folgenden: die Erblasserin) erbte 1963 landwirtschaftlichen Grundbesitz, der bis dahin innerhalb der Familie bewirtschaftet worden war, und führte die Bewirtschaftung zunächst unter Mitwirkung eines Verwalters fort. In den 1980er Jahren wurde der landwirtschaftli- che Betrieb eingestellt; die zugehörigen Flächen und Gebäude wurden an Dritte verpachtet bzw. vermietet oder zu landwirtschaftsfremden Zwecken genutzt. Der Grundbesitz blieb im Grundbuch als Hof im Sinne der Höfeordnung eingetragen. 2005 bestimmte die Erblasserin in einer letztwilligen Verfügung, dass der Beteiligte zu 2 ihren „Hof im Sinne der Höfeordnung“ erhalten solle. 2010 verstarb sie.
2
Auf Antrag des Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - festgestellt, dass im Zeitpunkt des Erbfalls ein Hof im Sinne der höferechtlichen Vorschriften vorgelegen habe und der Beteiligte zu 2 Hoferbe geworden sei; die Anträge der Beteiligten zu 1 und 3 auf Feststellung, dass es sich nicht um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe, hat es zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - nach mündlicher Verhandlung festgestellt , dass die betroffenen Grundstücke kein Hof im Sinne der Höfeordnung bildeten und der Beteiligte zu 2 nicht Hoferbe geworden sei. Es hat über einen nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz des Beteiligten zu 2 im Wege einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter beraten. Die Beschwerdeentscheidung ist von den Berufsrichtern, nicht aber von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben.
3
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Beteiligte zu 2 die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen.

II.

4
Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, die durch den im Grundbuch eingetragenen Hofvermerk begründete Vermutung der Hofeigenschaft sei durch die tatsächlichen Umstände widerlegt. Ein aktiver landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne einer landwirtschaftlichen Organisationseinheit sei seit ca. drei Jahrzehn- ten nicht mehr vorhanden. Es liege auch nicht nur eine vorübergehende Einstellung vor; ein „Wiederanspannen“ des landwirtschaftlichen Betriebs unter vertretbaren wirtschaftlichen Bedingungen scheide aus. Die Anforderungen an die Möglichkeit eines Wiederanspannens seien unter Berücksichtigung des Zwecks der Höfeordnung, leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe in bäuerlichen Familien durch Vererbung auf einen einzigen Erben zu erhalten, und im Rahmen verfassungskonformer Auslegung mit Blick auf die Benachteiligung der weichenden Miterben zu bestimmen. Danach könne die Höfeordnung nur zur Anwendung kommen, wenn entweder eine hinreichend leistungsfähige und mithin erhaltenswerte landwirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden sei oder jedenfalls im Zeitpunkt des Erbfalls objektiv hinreichend gesichert erscheine, dass diese von dem Hoferben ohne weiteres wieder hergestellt werden könne und auch tatsächlich hergestellt werde. Es reiche nicht die abstrakte theoretische Möglichkeit, dass in irgendeiner Weise auf dem Grundbesitz noch Landwirtschaft betrieben werden könnte. Das Beschwerdegericht sei nicht davon überzeugt , dass der Beteiligte zu 2 ein - an sich mögliches - Wiederanspannen des Hofes vornehmen werde. Dazu fehle es an den erforderlichen konkreten objektiven und realitätsgerechten Anhaltspunkten für ein sicher zu erwartendes Wiederanspannen und die Wiederherstellung einer selbständigen Betriebseinheit. Eine Eigenbewirtschaftung sei im Vergleich zu der bisherigen Fremdverpachtung unwirtschaftlich. Der Beteiligte zu 2 verfüge über keine praktische landwirtschaftliche Erfahrung und müsse deshalb auf einen Betriebsleiter zurückgreifen. Eine etwaige landwirtschaftliche Familientradition bestehe zumindest seit mehr als drei Jahrzehnten nicht mehr. Soweit der Beteiligte zu 2 auf die Möglichkeit der Betriebsübernahme durch seinen derzeit 14-jährigen Sohn verweise, begegne das ebenfalls Bedenken. Zum einen komme es für die Frage des Wiederanspannens auf die Person des Beteiligten zu 2 an; zum anderen handele es sich lediglich um eine theoretische Möglichkeit.

5
Die Unterzeichnung der Beschwerdeentscheidung durch die Berufsrichter hält das Beschwerdegericht für ausreichend. Die Unterschrift der ehrenamtlichen Richter sei auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) nicht erforderlich.

III.

6
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und nach § 71 FamFG auch im Übrigen zulässig. Dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde mit Blick auf die Frage zugelassen hat, ob die Entscheidung auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden müsse, führt nicht zu einer Beschränkung der Zulassung. Denn eine solche Beschränkung ist nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs möglich, auf den auch die Partei selbst das Rechtsmittel beschränken könnte (st. Rspr., etwa BGH, Beschluss vom 29. Januar 2004 - V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365 f.), nicht hingegen - wie hier - auf eine Verfahrensfrage, die Bedeutung für den gesamten Prozessstoff hat.

IV.

7
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
8
1. Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2 ist es allerdings rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Inhalt der mündlichen Anhörungen der Beteiligten durch das Beschwerdegericht nicht protokolliert worden ist. Vielmehr durfte dieses sich im Protokoll über die mündliche Verhandlung auf die Feststellung beschränken, dass die Anhörungen erfolgten.

9
a) Nach § 15 Abs. 5 LwVG, § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO sind die Aussagen der vernommenen Parteien im Protokoll festzustellen. Das betrifft jedoch grundsätzlich nur die Aussagen im Rahmen einer Beweisaufnahme (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. Juni 1963 - IV ZR 273/62, BGHZ 40, 84, 86), nicht hingegen - wie hier - die bloße Anhörung der Beteiligten nach § 33 Abs. 1 FamFG (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1988 - IVb ZR 27/88, FamRZ 1989, 157, 158 zu § 141 ZPO).
10
b) Ausnahmsweise ist auch der Inhalt einer Parteianhörung zu protokollieren , wenn sie als Beweis verwertet, also wie eine Parteiaussage gewürdigt wird (BGH, Urteil vom 27. November 1968 - IV ZR 675/68, NJW 1969, 428, 429). Das ist hier entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2 nicht der Fall. Die Beschwerdeentscheidung gibt lediglich tatsächliche Angaben des Beteiligten zu 2 über die derzeitigen Miet- und Pachteinnahmen wieder; das Beschwerdegericht unterstellt sie als zutreffend, unterzieht die Angaben selbst also keiner Beweiswürdigung. Es hat sie lediglich zur Sachaufklärung herangezogen , wie es dem Sinn und Zweck der Anhörung nach § 33 FamFG entspricht. Dass das Beschwerdegericht das Ergebnis dieser Sachaufklärung - nämlich jährliche Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ca. 34.000 Euro - im Rahmen der Gesamtwürdigung als Indiz gegen die Wahrscheinlichkeit eines Wiederanspannens verwertet, ändert daran nichts.
11
c) Soweit der Beteiligte zu 2 die inhaltliche Richtigkeit der von dem Beschwerdegericht wiedergegebenen Angaben in Zweifel zieht, handelt es sich nicht um eine Frage der Protokollierungspflicht. Diese tatsächlichen Feststellungen sind vielmehr im Rechtsbeschwerdeverfahren bindend (§ 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO). Die Bindungswirkung hätte der Beteiligte zu 2 nur durch einen Berichtigungsantrag entspre- chend § 320 ZPO beseitigen können. Zwar ist § 320 ZPO in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich nicht anwendbar (vgl. BTDrucks. 16/6308, S. 197); ausnahmsweise ist aber ein Berichtigungsantrag auch dort zulässig, soweit - wie vorliegend - Sachvortrag aus der mündlichen Verhandlung verwertet worden ist (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 42 Rn. 23; zur früheren Rechtslage nach § 18 FGG: BayObLGZ 1965, 137, 139, und 1989, 51, 52; zur entsprechenden Anwendung des § 320 ZPO auf Beschlüsse i.S.d. § 329 ZPO vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - IX ZB 175/09, WM 2010, 976, 977).
12
2. Ebenso wenig rechtlich zu beanstanden ist, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts nur von den Berufsrichtern und nicht auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben ist.
13
a) Ob Beschlüsse, die im gerichtlichen Verfahren in Landwirtschaftssachen ergehen, auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden müssen, ist umstritten. Zum Teil wird die Unterschrift aller an einem Beschluss beteiligten Richter und damit auch der ehrenamtlichen Richter für erforderlich gehalten (OLG Zweibrücken, RdL 2012, 152 f.; Ernst, LwVG, 8. Aufl., § 9 Rn. 67; ders., RdL 2012, 144). Zur Begründung wird angeführt, dass nach § 9 LwVG in Angelegenheiten des § 1 Nr. 1 und Nr. 2 bis 6 LwVG die Regelung des § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG sinngemäß Anwendung finde; danach sei ein Beschluss zu unterschreiben, und zwar bei einem Kollegialgericht von allen Richtern einschließlich der ehrenamtlichen Richter. Die Gegenmeinung legt die Verweisung in § 9 LwVG im Wege teleologischer Reduktion dahingehend aus, dass sich das Unterschriftserfordernis auf die Berufsrichter beschränke (OLG Brandenburg, FGPrax 2012, 281, 282; im Ergebnis auch Keidel/MeyerHolz , FamFG, 17. Aufl., § 38 Rn. 78a; Schulte-Bunert/Weinreich/Oberheim, FamFG, 3. Aufl., § 38 Rn. 47; Rüntz in Bahrenfuss, FamFG, § 38 Rn. 12).
14
b) Die letztgenannte Ansicht ist richtig.
15
aa) Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (LwVG) vom 21. Juli 1953 (BGBl. I S. 667) gab es für die Britische Zone und in allen Landesverordnungen, die zur Durchführung des Kontrollratsgesetzes Nr. 45 über die Aufhebung der Erbhofgesetze und die Einführung neuer Bestimmungen über land- und forstwirtschaftliche Grundstücke vom 20. Februar 1947 (Amtsblatt des Kontrollrates S. 256) erlassen wurden, Vorschriften darüber, welche Gerichtspersonen die in diesen Verfahren ergehenden Beschlüsse zu unterschreiben hatten. Nach § 21 Abs. 3 der in der Britischen Zone geltenden Verfahrensordnung für Landwirtschaftssachen (LVO) vom 2. Dezember 1947 (Verordnungsblatt für die Britische Zone S. 157) war der Beschluss bei dem Amtsgericht von dem Amtsrichter, bei dem Oberlandesgericht von dem Vorsitzenden und den beamteten Richtern zu unterzeichnen. Nahezu alle anderen Durchführungsverordnungen enthielten inhaltsgleiche Regelungen , nach denen der Beschluss des Landwirtschaftsgerichts von dem Vorsitzenden und die Beschlüsse des Beschwerdegerichts von den beamteten Richtern zu unterzeichnen waren (§ 46 Abs. 3, § 47 Abs. 5 der Badischen DVO vom 11. Dezember 1948 [Badisches GVBl. S. 217]; § 33 Abs. 3, § 35 Abs. 3 der AusführungsVO Württemberg-Baden vom 16. Juli 1947 [RegBl. WürttembergBaden S. 63]; § 49 Abs. 3, § 50 Abs. 5 des AusführungsG WürttembergHohenzollern vom 2. Mai 1949 [RegBl. Württemberg-Hohenzollern S. 143]; § 31 Abs. 3, § 33 Abs. 3 BremDVO vom 19. Juli 1948 [BremGBl. S. 119]; § 31 Abs. 3, § 33 Abs. 3 HessDVO vom 11. Juli 1947 [HessGVBl. S. 44] und § 47 Abs. 3, § 48 Abs. 6 der DVO RP vom 11. Dezember 1948 [GVBl. RP S. 447]). Lediglich nach § 19 Abs. 3 der BayDVO (BayGVBl. 1947, S. 180) musste der Beschluss von dem Vorsitzenden und den Beisitzern unterschrieben werden.
16
bb) Mit Inkrafttreten des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen am 1. Oktober 1953 sind die genannten Vorschriften außer Kraft getreten (§ 60 Abs. 2 LwVG). Das Gesetz enthielt keine der Verfahrensordnung für Landwirtschaftssachen und den Durchführungsverordnungen vergleichbaren Bestimmungen über die Unterzeichnung von Entscheidungen in Landwirtschaftssachen. In § 21 Abs. 1 LwVG war lediglich festgelegt, dass das Gericht durch begründeten Beschluss entscheidet. Im Übrigen waren die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sinngemäß anzuwenden (§ 9 LwVG). In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 28. Oktober 1952 (BT-Drucks. I/3819, S. 28) heißt es zu § 21 LwVG u.a.: „Über die Form der gerichtlichen Entscheidung enthält das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Bestimmung. In Landwirtschaftssachen lässt sich jedoch eine solche Bestimmung nicht ganz entbehren. Im Anschluss an die bisher geltenden Vorschriften bestimmt Absatz 1 daher, dass das Gericht durch begründeten Be- schluss entscheidet… Weitere Vorschriften über die äußere Form des Beschlusses, die in manchen bisher geltenden Bestimmungen enthalten sind, sind als entbehrlich nicht aufgenommen. Insbesondere bedarf es keiner Hervorhebung , dass die Unterzeichnung der Beschlüsse durch die landwirtschaftlichen Beisitzer nicht erforderlich ist, da im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine dem § 315 ZPO entsprechende Vorschrift gilt.“
17
In Rechtsprechung und Literatur bestand in der Folgezeit nur Unstimmigkeit darüber, ob aufgrund der Verweisung in § 9 LwVG alle Berufsrichter die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts unterzeichnen müssen (vgl. OLG Oldenburg, NdsRpfleger 1956, 198; Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl., § 21 Rn. 10; Pritsch, LwVG, § 21, S. 260; Wöhrmann/Herminghausen, LwVG, § 21 Rn. 11; Keidel/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., Vorb. §§ 8 bis 18 Rn. 19; Keidel /Sternal, FGG, 15. Aufl., § 25 Rn. 33; Briesemeister in Jansen, FGG, 3. Aufl., § 25 Rn. 34; Schlegelberger, FGG, 7. Aufl., § 26 Rn. 18). Einigkeit bestand je- doch darüber, dass jedenfalls die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter nicht erforderlich waren (Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl., § 21 Rn. 10; Pritsch, LwVG, § 21, S. 260; Wöhrmann/Herminghausen, LwVG, § 21 Rn. 11; Keidel/ Sternal, FGG, 15. Aufl., § 25 Rn. 33).
18
cc) Eine teilweise Änderung der Rechtslage erfolgte durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 8. November 1985 (BGBl. I S. 2065), welches die Zuständigkeit der Landwirtschaftsgerichte auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten in Landpachtsachen erweiterte (§ 1 Abs. 1 Nr. 1a LwVG). Durch die gleichzeitige Einführung der Regelung in § 48 Abs. 1 Satz 1 LwVG fand auf solche streitigen Landwirtschaftssachen die Zivilprozessordnung Anwendung. Damit galt in diesen Fällen auch die Vorschrift des § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO, nach der ein Urteil von den Richtern zu unterschreiben ist, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben. Danach waren die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter jedenfalls in diesen Verfahren zunächst erforderlich.
19
dd) Mit dem Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) wurde die Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 LwVG um den zweiten Halbsatz ergänzt, wonach die Vorschrift des § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO mit der Maßgabe gilt, dass es der Unterschriften der ehrenamtlichen Richter nicht bedarf. Damit stellte der Gesetzgeber sicher, dass die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter wieder in sämtlichen Landwirtschaftssachen entbehrlich waren. In der Begründung zu dieser Ergänzung (BT-Drucks. 11/3621, S. 62) heißt es: „In Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist es nicht er- forderlich, dass die ehrenamtlichen Richter Entscheidungen, an denen sie mitwirken, unterschreiben.... Dies gilt jedoch nicht in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 1 Nr. 1a LwVG, für die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 8. November 1985 (BGBl. I S. 2065) das Prozessgericht zuständig war.
Hier entscheidet das Landwirtschaftsgericht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LwVG nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. Nach § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind Urteile von den Richtern, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, also auch von den ehrenamtlichen Richtern, zu unterschreiben. Anders als im Strafverfahren (§ 275 Abs. 2 Satz 3 StPO) und in den Verfahren der anderen Gerichtszweige … gibt es keine Vor- schrift, die von diesem Erfordernis befreit. Dies hat bei Landwirtschaftsgerichten zu Schwierigkeiten geführt, weil die ehrenamtlichen Richter im allgemeinen weder im Gericht noch am Sitz des Gerichts anwesend sind, wenn das Urteil abgesetzt worden ist, ohne dass sie deshalb im Sinne des § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO verhindert sind zu unterschreiben. Das Gericht muss deshalb nicht selten die Akten oder den Urteilsentwurf versenden oder die ehrenamtlichen Richter bitten, eigens zur Unterzeichnung des Urteils an den Ort des Gerichts zu reisen. Die Unterzeichnung des Urteils durch die ehrenamtlichen Richter ist im Verfahren in Landwirtschaftssachen ebenso wenig erforderlich wie im Strafverfahren und in den anderen Gerichtszweigen. Im Interesse der Verfahrenserleichterung soll § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO deshalb in den streitigen Landwirtschaftssachen nur mit der Maßgabe anzuwenden sein, dass es der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter nicht bedarf.“
20
ee) Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (FamFG; BGBl. I S. 2586), welches am 1. September 2009 in Kraft getreten ist, enthält in § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG die ausdrückliche Regelung, dass ein Beschluss zu unterschreiben ist. Daneben wurde der Wortlaut der Verweisung in § 9 LwVG angepasst, so dass nunmehr in den in § 1 Nr. 1 und Nr. 2 bis 6 LwVG genannten Angelegenheiten die Vorschriften dieses Gesetzes (statt des bisherigen FGG) sinngemäß anzuwenden sind, soweit das Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen nichts anderes bestimmt. Aus dieser Verweisung folgt aber nicht zwingend, dass die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter bei Beschlüssen in Landwirtschaftssachen erforderlich sind. Vielmehr ergibt die an den üblichen Methoden orientierte Auslegung (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2004, 2007 f.) der Bestimmungen in § 9 LwVG, § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG, dass ein Beschluss in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten auch weiterhin nicht von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden muss.
21
(1) In § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG werden die Personen, die den Beschluss unterschreiben müssen, nicht benannt. In der Entwurfsbegründung zu der Vorschrift heißt es allerdings, dass eine Kollegialentscheidung alle Richter zu unterschreiben haben, die daran mitgewirkt haben (BT-Drucks. 16/6308, S. 195). Eine Einschränkung für ehrenamtliche Richter fehlt. Der Vorschrift muss deshalb entnommen werden, dass die Unterschriften der an der Entscheidung beteiligten Richter erforderlich sind, also aller Mitglieder des Kollegiums (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 38 Rn. 78; Schulte-Bunert/ Weinreich/Oberheim, FamFG, 3. Aufl., § 38 Rn. 47; Rüntz in Bahrenfuss, FamFG, § 38 Rn. 12; Gottwald in Bassenge/Roth, FamFG 12. Aufl., § 38 Rn. 8; Bork/Jacoby/Schwab-Elzer, FamFG, § 38 Rn. 47; Horndasch/Viefhues/Reinken, FamFG, 2. Aufl., § 38 Rn. 10; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 2. Aufl., § 38 Rn. 23; aA Simon in Kemper/Schreiber, FamFG, 2. Aufl., § 38 Rn. 12). Damit liegt keine planwidrige Regelungslücke vor, die geschlossen werden muss (anders OLG Brandenburg, FGPrax 2012, 281, 282).
22
(2) Jedoch ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Regelung über die Verweisung in § 9 LwVG für die darin genannten Angelegenheiten nicht beabsichtigt hat. § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG ist daher im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass die ehrenamtlichen Richter in diesen Angelegenheiten ergangene Beschlüsse nicht unterschreiben müssen.
23
(a) Die teleologische Reduktion einer Vorschrift - auch entgegen deren Wortlaut - ist dann eine anerkannte Auslegungsmethode und verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber nicht alle Konsequenzen der von ihm gewählten Gesetzesfassung bedacht hat und ihre wortgetreue Anwendung das gesetzgeberische Ziel deutlich verfehlen würde (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 185/06, BGHZ 173, 116 Rn. 31 mwN; BVerfG, NJW 1997, 2230 f. mwN). So verhält es sich hier. Die allgemeine Regelung des § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG soll mit der Unterschriftsleistung eine Abgrenzung des Beschlusses von einem bloßen Entwurf ermöglichen (BT-Drucks. 16/6308, S. 195). Dieses Ziel ist in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten auch dann nicht gefährdet, wenn nur die Berufsrichter und nicht auch die ehrenamtlichen Richter einen Beschluss unterschreiben. Insoweit besteht kein Unterschied zu Urteilen, bei denen die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter nicht erforderlich sind (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LwVG). Das Unterschriftserfordernis bei Beschlüssen widerspricht vielmehr dem Ziel der Verfahrenserleichterung, welches der Grund für die Einführung der Regelung in § 48 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LwVG war (siehe vorstehend unter dd). Denn die mit der Unterschriftsleistung der ehrenamtlichen Richter verbundenen praktischen Schwierigkeiten bestehen bei Beschlüssen und Urteilen in gleicher Weise.
24
(b) Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber die bisherige einheitliche Rechtslage, nach der die Entscheidungen in Landwirtschaftssachen nicht der Unterschriften der ehrenamtlichen Richter bedurften, aufgeben und ein solches Unterschriftserfordernis für Beschlüsse in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten einführen wollte (vgl. OLG Brandenburg, FGPrax 2012, 281, 282). Dies wird durch die Begründung zu der Regelung in § 9 LwVG deutlich, nach welcher die redaktionelle Änderung der Verweisung lediglich als Anpassung aufgrund der geänderten Gesetzesbezeichnung vorgenommen wurde (BT-Drs. 16/6308, S. 195). Weitere Folgen aufgrund der Verweisung hat der Gesetzgeber offensichtlich weder erkannt noch bedacht. Wenn er die Entbehrlichkeit der Unterschriften der ehrenamtlichen Richter in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten hätte aufgeben wollen, hätte es nahegelegen , dies auf Urteile zu erstrecken. Denn es besteht kein Erfordernis, höhere formelle Anforderungen an die in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten ergangenen Beschlüsse zu stellen als sie für streitige, unter Anwendung der Zivilprozessordnung zu entscheidende Landwirtschaftssachen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LwVG gelten (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 38 Rn. 78a; insoweit auch Ernst, LwVG, 8. Aufl., § 9 Rn. 67).
25
3. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Art und Weise, in welcher das Beschwerdegericht über den nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz des Beteiligten zu 2 beraten hat. Das Abhalten einer Telefonkonferenz war in diesem Fall zulässig.
26
a) Aus § 193 Abs. 1 GVG ergibt sich, dass jede Entscheidung eines Kollegialgerichts auf einer Beratung und Abstimmung der zur Entscheidung berufenen Richter beruhen muss. Zwar kann eine Nachberatung im Fall der Verhinderung eines Richters unter Umständen auch ohne den verhinderten Richter erfolgen (zur Beratung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, wenn über ein Urteil bereits abgestimmt, es aber noch nicht verkündet war, vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2002 - V ZR 357/00, NJW 2002, 1426, 1427 f., Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 192 GVG Rn. 1). Eine Verhinderung - insbesondere der ehrenamtlichen Richter - ist hier aber nicht festgestellt; vielmehr ist über den nachträglich eingegangenen Schriftsatz unter ihrer Einbeziehung beraten worden.
27
b) § 194 GVG bestimmt die bei der Beratung und Abstimmung einzuhaltende Verfahrensweise. Innerhalb der dadurch vorgegebenen Grenzen ist die Gestaltung der Beratung dem Gericht überlassen, wobei sich der Vorsitzende im Rahmen seiner Leitungsbefugnis regelmäßig von Zweckmäßigkeitserwägungen leiten lassen wird (Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 194 GVG Rn. 5; vgl. auch BGH, Urteil vom 24. Juli 1990 - 5 StR 221/89, NJW 1991, 50, 52). Unerlässlich ist die gegenseitige Verständigung der Gerichtsmitglieder, die in einer äußerlich wahrnehmbaren Weise zu erfolgen hat, so dass etwa die bloße stillschweigende Duldung der Entscheidungsverkündung nicht ausreicht (BGH, Urteil vom 25. Juni 1992 - 4 StR 265/92, NJW 1992, 3182; RGSt 42, 85, 87). Allerdings ist die Verständigung an keine Form gebunden; ihre Art ist der Kritik der Prozessbeteiligten entzogen (BGH, Urteil vom 24. Juli 1990 - 5 StR 221/89, NJW 1991, 50, 52 zur Beratungsdauer; RGSt 42, 85, 87).
28
c) Die mündliche Beratung im Beisein sämtlicher beteiligten Richter ist die Regel. Dem gleichstehen dürfte eine Beratung im Wege der Videokonferenz , also bei gleichzeitiger Ton- und Bildübertragung, wie sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme zugelassen ist (§ 32 Abs. 3 FamFG, § 128a Abs. 1 und 2 ZPO). Ausnahmsweise kommen aus Zweckmäßigkeitsgründen auch vereinfachte Formen der Beratung und Abstimmung in Betracht, etwa - über einfache Fragen - durch kurze, formlose Verständigung im Sitzungssaal (BGH, Beschluss vom 31. Juli 1992 - 3 StR 200/92, NJW 1992, 3181 f.; Urteil vom 14. Juli 1971 - 3 StR 73/71, BGHSt 24, 170, 171; RGSt 42, 85, 86 - jeweils zur Frage, ob nachträgliche Erkenntnisse aus der weiteren Verhandlung das zuvor beratene Ergebnis in Frage stellen; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 193 Rn. 32) oder durch Entscheidung im sogenannten Umlaufverfahren , also durch schriftliche Beratung und Abstimmung aufgrund eines Entscheidungsentwurfs (Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 Rn. 8; Versäumnisurteil vom 24. April 2009 - LwZR 3/08, juris Rn. 8 [insoweit nicht in GuT 2010, 110 abgedruckt]; BVerwG, NJW 1992, 257; BSG, Beschluss vom 11. Februar 2000 - B 2 U 324/99, juris Rn. 6 [für Entscheidungen nach § 153 Abs. 4 SGG, an denen ausschließlich Berufsrichter beteiligt sind]; ausdrücklich beschränkt auf Berufsrichter Keller in: MeyerLadewig /Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 61 Rn. 9a; ablehnend zum Umlaufverfahren insgesamt: Papsthart, DRiZ 1971, 18 f.; Künzl, ZZP 104 (1991), 150, 187 [bezogen auf ehrenamtliche Richter]). Voraussetzung ist, dass die beteilig- ten Richter mit dem vereinfachten Verfahren einverstanden sind (Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, aaO) und damit sichergestellt ist, dass jederzeit in eine mündliche Beratung im Beisein sämtlicher beteiligten Richter eingetreten werden kann, falls einer von ihnen dies wünscht oder ein neuer Gesichtspunkt es erfordert.
29
d) Nicht ausreichend ist hingegen die telefonische Abfrage der Einzelmeinungen der zur Entscheidung berufenen Richter (Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 Rn. 8; Versäumnisurteil vom 24. April 2009 - LwZR 3/08, juris Rn. 8 [insoweit nicht in GuT 2010, 110 abgedruckt]; BSG, NJW 1971, 2096 mit zust. Anm. Peters, SGb 1972, 321; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 193 Rn. 3, § 194 Rn. 4; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 194 GVG Rn. 5; Wieczorek/Schütze/Schreiber, ZPO, 3. Aufl., § 193 GVG Rn. 3, § 194 GVG Rn. 4; Germelmann/Matthes/Prütting/ Germelmann, AGG, 7. Aufl., § 60 Rn. 16; Künzl, ZZP 104 (1991), 150, 187; aA MünchKommZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 194 GVG Rn. 6; Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 194 GVG Rn. 1: telefonische Abstimmung ausnahmsweise möglich), also das Herbeiführen der Abstimmung im Wege von Einzeltelefonaten.
30
e) Die Zulässigkeit von Telefonkonferenzen unter gleichzeitiger Teilnahme sämtlicher beteiligten Richter in der technischen Form einer Konferenzschaltung , bei welcher unter der Leitung des Vorsitzenden jeder Teilnehmer jederzeit von seinem Telefonapparat zeitgleich mit jedem anderen Teilnehmer kommunizieren kann und alle Teilnehmer die gesamte Kommunikation mithören , ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang offen geblieben (Senat , Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 f. Rn. 8; Versäumnisurteil vom 24. April 2009 - LwZR 3/08, juris Rn. 8 [insoweit nicht in GuT 2010, 110 abgedruckt]; für die Zulässigkeit: Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 194 GVG Rn. 1; Ernst, LwVG, 8. Aufl., § 48 Rn. 7; wohl auch Kissel/ Mayer, GVG, 7. Aufl., § 193 Rn. 3 aE; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 61 Rn. 9a). Der Senat entscheidet diese Frage nunmehr dahin , dass die Beratung im Wege der Telefonkonferenz mittels Konferenzschaltung jedenfalls bei der Beratung über einen nachträglich eingegangenen Schriftsatz zulässig sein kann.
31
(aa) Die Telefonkonferenz in der technischen Form einer Konferenzschaltung zeichnet sich dadurch aus, dass alle beteiligten Richter unter der Leitung des Vorsitzenden gleichzeitig miteinander kommunizieren und auf diese Weise ihre Argumente austauschen können (vgl. dazu Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 Rn. 8; Versäumnisurteil vom 24. April 2009 - LwZR 3/08, juris Rn. 8 [insoweit nicht in GuT 2010, 110 abgedruckt]; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 193 Rn. 3 aE; Keller in: MeyerLadewig /Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 61 Rn. 9a; allgemein zum Aspekt des gleichzeitigen Austauschs: Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 192 Rn. 4, 193 Rn. 1; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 193 GVG Rn. 2; Rüping, NStZ 1991, 193 f.; Kleinknecht, GA 1961, 45, 49). Die Gefahr bleibender Missverständnisse durch einzelne Hör- oder Übertragungsfehler ist im gemeinsamen Gespräch unter mehreren Beteiligten geringer als beim bloßen Abrufen der Auffassungen durch Einzeltelefonate. Die Telefonkonferenz kommt damit der mündlichen Beratung in Anwesenheit aller Beteiligten sehr nahe.
32
(bb) Dass - wie der Beteiligte zu 2 geltend macht - die Kommunikation innerhalb der mündlichen Beratung im Beisein aller Richter durch zusätzliche Mimik und Gestik unterstützt wird, erscheint demgegenüber nicht entscheidend. Damit lässt sich der Inhalt der Beratung nicht maßgeblich beeinflussen. Ob und inwieweit durch Körpersprache Zustimmung, zusätzlicher Erörterungsbedarf oder Verständnisschwierigkeiten signalisiert werden, hängt so stark von den Ausdrucksformen der einzelnen Richterpersönlichkeit ab, dass Gestik und Mimik nicht zu den unverzichtbaren Bestandteilen der Beratung gezählt werden können. Das zeigt sich eindrucksvoll in dem Fall der - grundsätzlich zulässigen - Beteiligung eines blinden Richters (dazu BVerfG, NJW 1992, 2075).
33
(cc) In geeigneten Ausnahmefällen kommt somit die Telefonkonferenz als zulässige Art der Beratung in Betracht. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass alle beteiligten Richter einverstanden sind und sichergestellt ist, dass jederzeit in eine mündliche Beratung im Beisein aller Richter eingetreten werden kann, falls ein Richter dies wünscht oder ein neuer Gesichtspunkt es erfordert. Weitere Voraussetzung ist, dass durch technische Vorkehrungen die gleichzeitige Kommunikation sämtlicher Teilnehmer unter der Leitung des Vorsitzenden des Kollegialgerichts ermöglicht wird (Konferenzschaltung). Schließlich darf die Beratung im Wege der Telefonkonferenz nicht die mündliche Beratung im Beisein aller Richter ersetzen, sondern nur neben diese treten wie in dem Fall der Beratung über einen nachträglich eingegangenen Schriftsatz. Die erstmalige Beratung als einzige Grundlage für die Entscheidung in der Hauptsache muss zwingend im Beisein sämtlicher beteiligten Richter stattfinden.
34
(dd) Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2 ergibt sich nichts anderes aus der Rechtsprechung des Senats, wonach bei einer Entscheidung, die im Umlaufverfahren ergeht und von den ehrenamtlichen Richtern nicht unterschrieben wird (§ 48 Abs. 1 Satz 2 LwVG), deren erklärte Billigung in einer für die Parteien und das Rechtsmittelgericht nachprüfbaren Weise festgehalten werden muss (Senat, Urteil vom 20. April 2012 - LwZR 5/11, NJW-RR 2012, 879, 880 Rn. 12). In dem Regelfall der mündlichen Beratung im Beisein sämtlicher Richter folgt deren Billigung - auch die der nicht unterschreibenden ehrenamtlichen Richter - aus dem Umstand, dass die Entscheidungsfindung unmittelbar auf dieser Beratung beruht. In dem Sonderfall des schriftlichen Umlauf- verfahrens kommt die Billigung der Berufsrichter durch deren Unterschrift unter der Entscheidung zum Ausdruck; zum Nachweis der Billigung der nicht unterschreibenden ehrenamtlichen Richter bedarf es hingegen im Umlaufverfahren eines anderen Nachweises ihrer Mitwirkung an der Entscheidungsfindung, nämlich einer entsprechenden Verlautbarung in den Akten. Bei der Beratung im Wege der Telefonkonferenz kann sich die Tatsache der Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter ebenfalls nur durch eine Verlautbarung in den Akten ergeben.
35
f) Nach alledem ist das von dem Beschwerdegericht gewählte Verfahren rechtlich nicht zu beanstanden. Aus dem Aktenvermerk des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012 ergibt sich, dass an diesem Tag der nach der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz „im Rahmen einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter nachberaten“ wurde. In diesem Vermerk kommen die Art und Weise der Beratung, das Einverständnis sämtlicher beteiligten Richter damit und deren Mitwirkung an der Beratung hinreichend zum Ausdruck. Dem kann der Beteiligte zu 2 nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass an der Nachberatung entgegen § 192 GVG nicht alle zur Entscheidung berufenen Richter mitgewirkt hätten und die Abstimmungsreihenfolge nach § 197 GVG verletzt worden sei. Die Behauptung, einer der ehrenamtlichen Richter sei telefonisch erst einige Tage nach der Telefonkonferenz erreicht worden, ist neuer Tatsachenvortrag, welcher in der Rechtsbeschwerdeinstanz hier ausnahmsweise zulässig ist. Die Feststellung in der Beschwerdeentscheidung, wonach der nachträglich eingegangene Schriftsatz vor der Beschlussfassung mit beiden ehrenamtlichen Richtern beraten worden ist, ist nämlich für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend im Sinne von § 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO, weil insoweit nicht das mündliche Parteivorbringen (§§ 314, 320 ZPO), sondern das bloße Prozessgeschehen betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 - VII ZR 135/82, NJW 1983, 2030, 2032). Jedoch kommt dieser Feststellung die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde entsprechend § 418 ZPO zu (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 - VII ZR 135/82, aaO). Diese Beweiskraft wird verstärkt durch den Aktenvermerk des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012, wonach der Schriftsatz an diesem Tag „im Rahmen einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter nachberaten“ worden ist. Die bloße Behauptung eines abweichenden Geschehensablaufs - noch dazu ohne jede Glaubhaftmachung - vermag diese Beweiswirkung nicht zu erschüttern.
36
g) Ohne Erfolg macht der Beteiligte zu 2 geltend, nicht alle beteiligten Richter, nämlich die ehrenamtlichen, hätten den nachträglich eingegangenen Schriftsatz rechtzeitig vor der Entscheidungsfindung erhalten, damit sie dazu Stellung nehmen oder gegebenenfalls Beratungsbedarf anmelden konnten. Zum einen betrifft die Verfügung des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012, nach welcher Ablichtungen des Schriftsatzes „an übrige Beteiligte“ übersandt werden sollten, ersichtlich nicht die Übersendung an die ehrenamtlichen Richter. Denn sie gehören nicht zu den Beteiligten. Zum anderen ist es bei der Beratung im Wege der Telefonkonferenz über einen nachgereichten Schriftsatz - anders als bei der Entscheidungsfindung im Umlaufverfahren (siehe Senat, Urteil vom 20. April 2012 - LwZR 5/11, NJW-RR 2012, 879, 880 Rn. 11) - nicht notwendig, dass der Schriftsatz sämtlichen beteiligten Richtern vorher vorliegt. Denn insoweit ist die Situation nicht anders als bei der Beratung im Beisein aller Richter, in welcher der Berichterstatter oder der Vorsitzende des Kollegialgerichts den Inhalt eines solchen Schriftsatzes vorträgt, ohne dass dieser den übrigen Richtern vorher zugegangen ist.
37
h) Schließlich rügt der Beteiligte zu 2 ebenfalls erfolglos, dass den ehrenamtlichen Richtern kein geänderter Entscheidungsentwurf übermittelt wurde, sie die endgültige Entscheidung also nicht billigen konnten. Beide Erfordernisse - Übersendung und Billigung eines Entscheidungsentwurfs - sind nur bei der schriftlichen Beratung und Abstimmung über die Entscheidung im Wege des Umlaufverfahrens notwendig (siehe Senat, Urteil vom 20. April 2012 - LwZR 5/11, aaO). Bei der Beratung und Beschlussfassung im Wege der Telefonkonferenz erübrigt sich diese Vorgehensweise wegen der Möglichkeit der gleichzeitigen verbalen Kommunikation zwischen sämtlichen Teilnehmern.
38
4. In der Sache hat die Entscheidung des Beschwerdegerichts jedoch keinen Bestand. Rechtsfehlerhaft verneint es die Hofeigenschaft und die Hoferbenstellung des Beteiligten zu 2.
39
a) Das Beschwerdegericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass die Hofeigenschaft auch bei fortbestehendem Hofvermerk entfallen kann, wenn keine landwirtschaftliche Besitzung mehr vorhanden ist (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BLw 2/99, NJW-RR 2000, 292). Maßgeblich ist insoweit, ob die landwirtschaftliche Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls bereits auf Dauer aufgelöst war (Senat, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BLw 2/99, NJW-RR 2000, 292; Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156; Beschluss vom 13. Mai 1982 - V BLw 20/81, BGHZ 84, 78, 84; vgl. auch Senat, Beschluss vom 23. November 2012 - BLw 12/11, FamRZ 2013, 622 Rn. 35; OLG Hamm, RdL 2007, 97, 98; Lange/ Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Aufl., § 1 Rn. 101; Faßbender in: Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 115). Ob das der Fall ist, ist weitgehend eine Frage tatrichterlicher Würdigung, die von dem Rechtsbeschwerdegericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Beschwerdegericht sachlich-rechtlich den richtigen Ansatzpunkt gewählt und die notwendigen Tatsachen verfahrensfehlerfrei festgestellt hat (Senat, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BLw 2/99, NJW-RR 2000, 292; Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156; Beschluss vom 13. Mai 1982 - V BLw 20/81, BGHZ 84, 78, 84). In diesem Rahmen ist die Beschwerdeentscheidung jedoch zu beanstanden.
40
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kommt es bei der Beurteilung, ob die landwirtschaftliche Betriebseinheit dauerhaft aufgelöst war, nämlich nicht entscheidend darauf an, ob eine Wiederherstellung des landwirtschaftlichen Betriebs durch den potentiellen Hoferben hinreichend sicher zu erwarten ist. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Oktober 1984 (1 BvL 17/80, juris Rn. 45), auf welche sich das Beschwerdegericht stützt, gibt dafür nichts her. Denn an dieser Stelle gibt das Bundesverfassungsgericht nur die Stellungnahme des Deutschen Bauernverbandes wieder , die es in dem Verfahren eingeholt hatte. Die Hofeigenschaft ist vielmehr von der Person des möglichen Hoferben unabhängig; entscheidend ist, ob der Erblasser den Betrieb im Zeitpunkt des Erbfalls endgültig eingestellt hatte. Hierzu hat das Beschwerdegericht bisher keine ausreichenden, sondern widersprüchliche Feststellungen getroffen. Zum einen meint es, es liege nicht nur eine vorübergehende Betriebseinstellung mit der Möglichkeit einer jederzeitigen Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebs vor, sondern es sei ein endgültiger , dauerhafter Fortfall der landwirtschaftlichen Betriebseinheit anzunehmen (S. 10 Abs. 3 der angefochtenen Entscheidung). Zum anderen hält es in dem nächsten Satz ein Wiederanspannen des Hofes für möglich.
41
c) Nur ein nach dem Willen des Erblassers lediglich vorübergehend ruhender („entspannter“) Betrieb kann wiederaufgenommen („wiederangespannt“) werden, nicht hingegen ein bereits dauerhaft aufgelöster (Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht , 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 142, 144; Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 41; zu dem Ausnahmefall des Rückgängigmachens der Hofaufgabe zu Lebzeiten des Erblassers vgl. Senat, Beschluss vom 28. September 2000 - BLw 13/00, juris Rn. 5; OLG Celle, RdL 2000, 193, 194; OLG Hamm, AUR 2006, 243, 245; Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143; Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 47). Keinesfalls kann eine landwirtschaftliche Besitzung, die ihre Eigenschaft als Hof im Zeitpunkt des Erbfalls bereits verloren hat, dennoch als Sondervermögen nach höferechtlichen Grundsätzen vererbt werden (Senat, Beschluss vom 14. Mai 1987 - BLw 29/85, FamRZ 1988, 497, 498; Beschluss vom 17. Oktober 2011 - BLw 7/11, juris Rn. 13). Daran ändert sich auch dann nichts, wenn im Zeitpunkt des Erbfalls (wieder) ein potentieller Hoferbe zur Verfügung steht, der zur Wiederaufnahme des Hofs bereit und in der Lage ist.
42
d) Hat der Erblasser hingegen in objektiv nachvollziehbarer Weise den Betrieb lediglich vorübergehend eingestellt, wird der Hof auch dann nach Maßgabe der Vorschriften der Höfeordnung vererbt, wenn der Hoferbe den Betrieb nicht wieder aufnehmen will (Faßbender in: Faßbender/Hötzel/ von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 115). In diesem Fall folgt aus der Verfehlung des eigentlichen Zwecks der Sondererbfolge, nämlich der Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe als Einheit, gegebenenfalls ein erhöhter Ausgleichsanspruch der weichenden Miterben (§ 13 HöfeO).
43
e) Ob ein möglicher Hoferbe im Zeitpunkt des Erbfalls tatsächlich willens und in der Lage ist, den Betrieb wieder anzuspannen, ist eine Frage der - hier nicht maßgeblichen - Wirtschaftsfähigkeit im Sinne des § 6 Abs. 6 HöfeO (Senat , Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156). Für die Beurteilung der Hofeigenschaft im Zeitpunkt des Erbfalls ist die Frage nicht maßgeblich (Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143 f.; vgl. auch Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 46). Sie ist objektiv zu beurteilen und kann nicht unterschiedlich nach der Person des möglichen Hoferben bejaht oder verneint werden (Senat, Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156). Zwar kann sich der Umstand, dass ein zur Wiederanspannung des Betriebs bereiter Hoferbe zur Verfügung steht, mittelbar auch auf die Hofeigenschaft auswirken - nämlich dann, wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten objektiv nachvollziehbar zu erkennen gegeben hat, dass er ein Wiederanspannen des Betriebs gerade mit Blick auf diesen Hoferben erwartet (vgl. auch Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143; Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 47 zum Rückgängigmachen der Hofaufgabe zu Lebzeiten des Erblassers). Dann kann auch im Rahmen der tatrichterlichen Prüfung, ob eine bloß vorübergehende Betriebseinstellung vorlag, ob also der Erblasser in objektiv nachvollziehbarer Weise von einer zukünftigen Wiederaufnahme ausging, berücksichtigt werden, ob das Vorhandensein eines geeigneten Hoferben diese Vorstellungen des Erblassers objektiv stützte. Maßgeblich bleibt auch dann die Sicht des Erblassers, nicht aber - wie von dem Beschwerdegericht angenommen - die Person des potentiellen Hoferben.
44
f) Die Frage nach dem Bestehen und dem Wegfall der Betriebseinheit lässt sich nicht isoliert aufgrund einer einzigen Tatsache beantworten. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Tatsachen (Senat, Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156). Indizien können etwa der bauliche Zustand der Hofstelle, die über Jahrzehnte andauernde Stücklandverpachtung der Grundstücke, die lang andauernde Bewirtschaftungsaufgabe durch den Erblasser und dessen Wille, den ehemaligen Hof aufzuteilen, sein (Senat, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BLw 2/99, NJW-RR 2000, 292 f.; Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156; Beschluss vom 13. Mai 1982 - V BLw 20/81, BGHZ 84, 78, 83 f.).
45
g) Ein maßgeblicher Gesichtspunkt ist der Wille des Erblassers, dass von seiner Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden kann oder soll (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 28. September 2000 - BLw 13/00, juris Rn. 4 aE; Beschluss vom 22. November 1956 - V BLw 42/56, RdL 1957, 43, 44; Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143). Ein solcher Wille wird gegebenenfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Verhältnisse indiziert, zumal die auf eine Auflösung des Hofes hinweisenden Umstände zumeist ohnehin auf den Willen des Hofeigentümers zurückgehen (Senat, Beschluss vom 29. März 2001 - BLw 20/00, RdL 2005, 180, 181; Beschluss vom 28. September 2000 - BLw 13/00, juris Rn. 4 aE; vgl. auch Senat, Beschluss vom 28. April 1995 BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156; OLG Hamm, RdL 2007, 97, 98). Allerdings kann der bloße Wille des Erblassers, seinen Grundbesitz trotz Betriebseinstellung weiter als Hof zu behandeln und nach höferechtlichen Grundsätzen zu vererben, dann nicht entscheidend sein, wenn die Voraussetzungen der Hofeigenschaft nach § 1 HöfeO objektiv entfallen sind, wenn also im Zeitpunkt des Erbfalls bei realistischer Betrachtungsweise keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Betrieb in Zukunft wieder aufgenommen werden könnte (OLG Oldenburg, FamRZ 2010, 1274, 1276; OLG Celle, RdL 2012, 50, 52 [die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung hat der Senat als unzulässig verworfen: Beschluss vom 17. Oktober 2011 - BLw 7/11, juris]; Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 3. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143; Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 47; vgl. auch BVerfGE 67, 348, 368 f.).
46
5. Nach alledem hat die Beschwerdeentscheidung keinen Bestand. Sie ist aufzuheben (§ 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 74 Abs. 5 FamFG). Die Sache ist zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurück zu verweisen, damit es die Frage, ob die Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls dauerhaft aufgelöst war, anhand der vorstehend aufgezeigten rechtlichen Grundsätze erneut prüfen kann.

V.

47
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 19 Buchst. a, § 20 Buchst. b HöfeVfO.
Stresemann Lemke Czub

Vorinstanzen:
AG Vechta, Entscheidung vom 16.09.2011 - 2 Lw 85/11 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 04.09.2012 - 10 W 22/11 -

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Sie kann nicht auf die Gründe des § 72b gestützt werden.

(2) § 65 findet entsprechende Anwendung.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Bei der Beratung und Abstimmung dürfen außer den zur Entscheidung berufenen Richtern nur die bei demselben Gericht zu ihrer juristischen Ausbildung beschäftigten Personen und die dort beschäftigten wissenschaftlichen Hilfskräfte zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet.

(2) Ausländische Berufsrichter, Staatsanwälte und Anwälte, die einem Gericht zur Ableistung eines Studienaufenthaltes zugewiesen worden sind, können bei demselben Gericht bei der Beratung und Abstimmung zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet und sie gemäß den Absätzen 3 und 4 verpflichtet sind. Satz 1 gilt entsprechend für ausländische Juristen, die im Entsendestaat in einem Ausbildungsverhältnis stehen.

(3) Die in Absatz 2 genannten Personen sind auf ihren Antrag zur Geheimhaltung besonders zu verpflichten. § 1 Abs. 2 und 3 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547 - Artikel 42) gilt entsprechend. Personen, die nach Satz 1 besonders verpflichtet worden sind, stehen für die Anwendung der Vorschriften des Strafgesetzbuches über die Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 2, Absatz 5 und 6, § 205), Verwertung fremder Geheimnisse (§§ 204, 205), Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, Abs. 3 und 4) sowie Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 355) den für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten gleich.

(4) Die Verpflichtung wird vom Präsidenten oder vom aufsichtsführenden Richter des Gerichts vorgenommen. Er kann diese Befugnis auf den Vorsitzenden des Spruchkörpers oder auf den Richter übertragen, dem die in Absatz 2 genannten Personen zugewiesen sind. Einer erneuten Verpflichtung bedarf es während der Dauer des Studienaufenthaltes nicht. In den Fällen des § 355 des Strafgesetzbuches ist der Richter, der die Verpflichtung vorgenommen hat, neben dem Verletzten antragsberechtigt.

(1) Der Vorsitzende leitet die Beratung, stellt die Fragen und sammelt die Stimmen.

(2) Meinungsverschiedenheiten über den Gegenstand, die Fassung und die Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebnis der Abstimmung entscheidet das Gericht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 4/12
vom
29. November 2013
in der Landwirtschaftssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein im gerichtlichen Verfahren in Landwirtschaftssachen ergehender Beschluss muss
nur von den Berufsrichtern, nicht auch von den ehrenamtlichen Richterin unterschrieben
werden.
In geeigneten Ausnahmefällen (hier: Beratung über einen nachträglich eingegangenen
Schriftsatz) kommt die Telefonkonferenz unter gleichzeitiger Teilnahme sämtlicher
beteiligten Richter in der technischen Form einer Konferenzschaltung, bei welcher
unter der Leitung des Vorsitzenden des Spruchkörpers jeder Teilnehmer jederzeit
von seinem Telefonapparat zeitgleich mit jedem anderen Teilnehmer kommunizieren
kann und alle Teilnehmer die gesamte Kommunikation mithören, als zulässige
Art der Beratung in Betracht. Die erstmalige Beratung als einzige Grundlage für die
Entscheidung in der Hauptsache muss jedoch zwingend im Beisein sämtlicher beteiligter
Richter stattfinden.
Ob beim Erbfall trotz des im Grundbuch eingetragenen Hofvermerks die Hofeigenschaft
entfallen war, beurteilt sich danach, ob der Erblasser den landwirtschaftlichen
Betrieb endgültig eingestellt hatte.
BGH, Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 4/12 - OLG Oldenburg
AG Vechta
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am
29. November 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Czub und die ehrenamtlichen Richter Köhler und
Kröger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2012 und die Nachberatung vom 4. September 2012 ergangene Beschluss des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.500.000 €.

Gründe:


I.

1
Die Mutter der Beteiligten zu 1 bis 3 (im Folgenden: die Erblasserin) erbte 1963 landwirtschaftlichen Grundbesitz, der bis dahin innerhalb der Familie bewirtschaftet worden war, und führte die Bewirtschaftung zunächst unter Mitwirkung eines Verwalters fort. In den 1980er Jahren wurde der landwirtschaftli- che Betrieb eingestellt; die zugehörigen Flächen und Gebäude wurden an Dritte verpachtet bzw. vermietet oder zu landwirtschaftsfremden Zwecken genutzt. Der Grundbesitz blieb im Grundbuch als Hof im Sinne der Höfeordnung eingetragen. 2005 bestimmte die Erblasserin in einer letztwilligen Verfügung, dass der Beteiligte zu 2 ihren „Hof im Sinne der Höfeordnung“ erhalten solle. 2010 verstarb sie.
2
Auf Antrag des Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - festgestellt, dass im Zeitpunkt des Erbfalls ein Hof im Sinne der höferechtlichen Vorschriften vorgelegen habe und der Beteiligte zu 2 Hoferbe geworden sei; die Anträge der Beteiligten zu 1 und 3 auf Feststellung, dass es sich nicht um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe, hat es zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - nach mündlicher Verhandlung festgestellt , dass die betroffenen Grundstücke kein Hof im Sinne der Höfeordnung bildeten und der Beteiligte zu 2 nicht Hoferbe geworden sei. Es hat über einen nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz des Beteiligten zu 2 im Wege einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter beraten. Die Beschwerdeentscheidung ist von den Berufsrichtern, nicht aber von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben.
3
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Beteiligte zu 2 die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen.

II.

4
Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, die durch den im Grundbuch eingetragenen Hofvermerk begründete Vermutung der Hofeigenschaft sei durch die tatsächlichen Umstände widerlegt. Ein aktiver landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne einer landwirtschaftlichen Organisationseinheit sei seit ca. drei Jahrzehn- ten nicht mehr vorhanden. Es liege auch nicht nur eine vorübergehende Einstellung vor; ein „Wiederanspannen“ des landwirtschaftlichen Betriebs unter vertretbaren wirtschaftlichen Bedingungen scheide aus. Die Anforderungen an die Möglichkeit eines Wiederanspannens seien unter Berücksichtigung des Zwecks der Höfeordnung, leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe in bäuerlichen Familien durch Vererbung auf einen einzigen Erben zu erhalten, und im Rahmen verfassungskonformer Auslegung mit Blick auf die Benachteiligung der weichenden Miterben zu bestimmen. Danach könne die Höfeordnung nur zur Anwendung kommen, wenn entweder eine hinreichend leistungsfähige und mithin erhaltenswerte landwirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden sei oder jedenfalls im Zeitpunkt des Erbfalls objektiv hinreichend gesichert erscheine, dass diese von dem Hoferben ohne weiteres wieder hergestellt werden könne und auch tatsächlich hergestellt werde. Es reiche nicht die abstrakte theoretische Möglichkeit, dass in irgendeiner Weise auf dem Grundbesitz noch Landwirtschaft betrieben werden könnte. Das Beschwerdegericht sei nicht davon überzeugt , dass der Beteiligte zu 2 ein - an sich mögliches - Wiederanspannen des Hofes vornehmen werde. Dazu fehle es an den erforderlichen konkreten objektiven und realitätsgerechten Anhaltspunkten für ein sicher zu erwartendes Wiederanspannen und die Wiederherstellung einer selbständigen Betriebseinheit. Eine Eigenbewirtschaftung sei im Vergleich zu der bisherigen Fremdverpachtung unwirtschaftlich. Der Beteiligte zu 2 verfüge über keine praktische landwirtschaftliche Erfahrung und müsse deshalb auf einen Betriebsleiter zurückgreifen. Eine etwaige landwirtschaftliche Familientradition bestehe zumindest seit mehr als drei Jahrzehnten nicht mehr. Soweit der Beteiligte zu 2 auf die Möglichkeit der Betriebsübernahme durch seinen derzeit 14-jährigen Sohn verweise, begegne das ebenfalls Bedenken. Zum einen komme es für die Frage des Wiederanspannens auf die Person des Beteiligten zu 2 an; zum anderen handele es sich lediglich um eine theoretische Möglichkeit.

5
Die Unterzeichnung der Beschwerdeentscheidung durch die Berufsrichter hält das Beschwerdegericht für ausreichend. Die Unterschrift der ehrenamtlichen Richter sei auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) nicht erforderlich.

III.

6
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und nach § 71 FamFG auch im Übrigen zulässig. Dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde mit Blick auf die Frage zugelassen hat, ob die Entscheidung auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden müsse, führt nicht zu einer Beschränkung der Zulassung. Denn eine solche Beschränkung ist nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs möglich, auf den auch die Partei selbst das Rechtsmittel beschränken könnte (st. Rspr., etwa BGH, Beschluss vom 29. Januar 2004 - V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365 f.), nicht hingegen - wie hier - auf eine Verfahrensfrage, die Bedeutung für den gesamten Prozessstoff hat.

IV.

7
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
8
1. Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2 ist es allerdings rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Inhalt der mündlichen Anhörungen der Beteiligten durch das Beschwerdegericht nicht protokolliert worden ist. Vielmehr durfte dieses sich im Protokoll über die mündliche Verhandlung auf die Feststellung beschränken, dass die Anhörungen erfolgten.

9
a) Nach § 15 Abs. 5 LwVG, § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO sind die Aussagen der vernommenen Parteien im Protokoll festzustellen. Das betrifft jedoch grundsätzlich nur die Aussagen im Rahmen einer Beweisaufnahme (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. Juni 1963 - IV ZR 273/62, BGHZ 40, 84, 86), nicht hingegen - wie hier - die bloße Anhörung der Beteiligten nach § 33 Abs. 1 FamFG (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1988 - IVb ZR 27/88, FamRZ 1989, 157, 158 zu § 141 ZPO).
10
b) Ausnahmsweise ist auch der Inhalt einer Parteianhörung zu protokollieren , wenn sie als Beweis verwertet, also wie eine Parteiaussage gewürdigt wird (BGH, Urteil vom 27. November 1968 - IV ZR 675/68, NJW 1969, 428, 429). Das ist hier entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2 nicht der Fall. Die Beschwerdeentscheidung gibt lediglich tatsächliche Angaben des Beteiligten zu 2 über die derzeitigen Miet- und Pachteinnahmen wieder; das Beschwerdegericht unterstellt sie als zutreffend, unterzieht die Angaben selbst also keiner Beweiswürdigung. Es hat sie lediglich zur Sachaufklärung herangezogen , wie es dem Sinn und Zweck der Anhörung nach § 33 FamFG entspricht. Dass das Beschwerdegericht das Ergebnis dieser Sachaufklärung - nämlich jährliche Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ca. 34.000 Euro - im Rahmen der Gesamtwürdigung als Indiz gegen die Wahrscheinlichkeit eines Wiederanspannens verwertet, ändert daran nichts.
11
c) Soweit der Beteiligte zu 2 die inhaltliche Richtigkeit der von dem Beschwerdegericht wiedergegebenen Angaben in Zweifel zieht, handelt es sich nicht um eine Frage der Protokollierungspflicht. Diese tatsächlichen Feststellungen sind vielmehr im Rechtsbeschwerdeverfahren bindend (§ 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO). Die Bindungswirkung hätte der Beteiligte zu 2 nur durch einen Berichtigungsantrag entspre- chend § 320 ZPO beseitigen können. Zwar ist § 320 ZPO in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich nicht anwendbar (vgl. BTDrucks. 16/6308, S. 197); ausnahmsweise ist aber ein Berichtigungsantrag auch dort zulässig, soweit - wie vorliegend - Sachvortrag aus der mündlichen Verhandlung verwertet worden ist (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 42 Rn. 23; zur früheren Rechtslage nach § 18 FGG: BayObLGZ 1965, 137, 139, und 1989, 51, 52; zur entsprechenden Anwendung des § 320 ZPO auf Beschlüsse i.S.d. § 329 ZPO vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - IX ZB 175/09, WM 2010, 976, 977).
12
2. Ebenso wenig rechtlich zu beanstanden ist, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts nur von den Berufsrichtern und nicht auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben ist.
13
a) Ob Beschlüsse, die im gerichtlichen Verfahren in Landwirtschaftssachen ergehen, auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden müssen, ist umstritten. Zum Teil wird die Unterschrift aller an einem Beschluss beteiligten Richter und damit auch der ehrenamtlichen Richter für erforderlich gehalten (OLG Zweibrücken, RdL 2012, 152 f.; Ernst, LwVG, 8. Aufl., § 9 Rn. 67; ders., RdL 2012, 144). Zur Begründung wird angeführt, dass nach § 9 LwVG in Angelegenheiten des § 1 Nr. 1 und Nr. 2 bis 6 LwVG die Regelung des § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG sinngemäß Anwendung finde; danach sei ein Beschluss zu unterschreiben, und zwar bei einem Kollegialgericht von allen Richtern einschließlich der ehrenamtlichen Richter. Die Gegenmeinung legt die Verweisung in § 9 LwVG im Wege teleologischer Reduktion dahingehend aus, dass sich das Unterschriftserfordernis auf die Berufsrichter beschränke (OLG Brandenburg, FGPrax 2012, 281, 282; im Ergebnis auch Keidel/MeyerHolz , FamFG, 17. Aufl., § 38 Rn. 78a; Schulte-Bunert/Weinreich/Oberheim, FamFG, 3. Aufl., § 38 Rn. 47; Rüntz in Bahrenfuss, FamFG, § 38 Rn. 12).
14
b) Die letztgenannte Ansicht ist richtig.
15
aa) Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (LwVG) vom 21. Juli 1953 (BGBl. I S. 667) gab es für die Britische Zone und in allen Landesverordnungen, die zur Durchführung des Kontrollratsgesetzes Nr. 45 über die Aufhebung der Erbhofgesetze und die Einführung neuer Bestimmungen über land- und forstwirtschaftliche Grundstücke vom 20. Februar 1947 (Amtsblatt des Kontrollrates S. 256) erlassen wurden, Vorschriften darüber, welche Gerichtspersonen die in diesen Verfahren ergehenden Beschlüsse zu unterschreiben hatten. Nach § 21 Abs. 3 der in der Britischen Zone geltenden Verfahrensordnung für Landwirtschaftssachen (LVO) vom 2. Dezember 1947 (Verordnungsblatt für die Britische Zone S. 157) war der Beschluss bei dem Amtsgericht von dem Amtsrichter, bei dem Oberlandesgericht von dem Vorsitzenden und den beamteten Richtern zu unterzeichnen. Nahezu alle anderen Durchführungsverordnungen enthielten inhaltsgleiche Regelungen , nach denen der Beschluss des Landwirtschaftsgerichts von dem Vorsitzenden und die Beschlüsse des Beschwerdegerichts von den beamteten Richtern zu unterzeichnen waren (§ 46 Abs. 3, § 47 Abs. 5 der Badischen DVO vom 11. Dezember 1948 [Badisches GVBl. S. 217]; § 33 Abs. 3, § 35 Abs. 3 der AusführungsVO Württemberg-Baden vom 16. Juli 1947 [RegBl. WürttembergBaden S. 63]; § 49 Abs. 3, § 50 Abs. 5 des AusführungsG WürttembergHohenzollern vom 2. Mai 1949 [RegBl. Württemberg-Hohenzollern S. 143]; § 31 Abs. 3, § 33 Abs. 3 BremDVO vom 19. Juli 1948 [BremGBl. S. 119]; § 31 Abs. 3, § 33 Abs. 3 HessDVO vom 11. Juli 1947 [HessGVBl. S. 44] und § 47 Abs. 3, § 48 Abs. 6 der DVO RP vom 11. Dezember 1948 [GVBl. RP S. 447]). Lediglich nach § 19 Abs. 3 der BayDVO (BayGVBl. 1947, S. 180) musste der Beschluss von dem Vorsitzenden und den Beisitzern unterschrieben werden.
16
bb) Mit Inkrafttreten des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen am 1. Oktober 1953 sind die genannten Vorschriften außer Kraft getreten (§ 60 Abs. 2 LwVG). Das Gesetz enthielt keine der Verfahrensordnung für Landwirtschaftssachen und den Durchführungsverordnungen vergleichbaren Bestimmungen über die Unterzeichnung von Entscheidungen in Landwirtschaftssachen. In § 21 Abs. 1 LwVG war lediglich festgelegt, dass das Gericht durch begründeten Beschluss entscheidet. Im Übrigen waren die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sinngemäß anzuwenden (§ 9 LwVG). In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 28. Oktober 1952 (BT-Drucks. I/3819, S. 28) heißt es zu § 21 LwVG u.a.: „Über die Form der gerichtlichen Entscheidung enthält das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Bestimmung. In Landwirtschaftssachen lässt sich jedoch eine solche Bestimmung nicht ganz entbehren. Im Anschluss an die bisher geltenden Vorschriften bestimmt Absatz 1 daher, dass das Gericht durch begründeten Be- schluss entscheidet… Weitere Vorschriften über die äußere Form des Beschlusses, die in manchen bisher geltenden Bestimmungen enthalten sind, sind als entbehrlich nicht aufgenommen. Insbesondere bedarf es keiner Hervorhebung , dass die Unterzeichnung der Beschlüsse durch die landwirtschaftlichen Beisitzer nicht erforderlich ist, da im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine dem § 315 ZPO entsprechende Vorschrift gilt.“
17
In Rechtsprechung und Literatur bestand in der Folgezeit nur Unstimmigkeit darüber, ob aufgrund der Verweisung in § 9 LwVG alle Berufsrichter die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts unterzeichnen müssen (vgl. OLG Oldenburg, NdsRpfleger 1956, 198; Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl., § 21 Rn. 10; Pritsch, LwVG, § 21, S. 260; Wöhrmann/Herminghausen, LwVG, § 21 Rn. 11; Keidel/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., Vorb. §§ 8 bis 18 Rn. 19; Keidel /Sternal, FGG, 15. Aufl., § 25 Rn. 33; Briesemeister in Jansen, FGG, 3. Aufl., § 25 Rn. 34; Schlegelberger, FGG, 7. Aufl., § 26 Rn. 18). Einigkeit bestand je- doch darüber, dass jedenfalls die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter nicht erforderlich waren (Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl., § 21 Rn. 10; Pritsch, LwVG, § 21, S. 260; Wöhrmann/Herminghausen, LwVG, § 21 Rn. 11; Keidel/ Sternal, FGG, 15. Aufl., § 25 Rn. 33).
18
cc) Eine teilweise Änderung der Rechtslage erfolgte durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 8. November 1985 (BGBl. I S. 2065), welches die Zuständigkeit der Landwirtschaftsgerichte auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten in Landpachtsachen erweiterte (§ 1 Abs. 1 Nr. 1a LwVG). Durch die gleichzeitige Einführung der Regelung in § 48 Abs. 1 Satz 1 LwVG fand auf solche streitigen Landwirtschaftssachen die Zivilprozessordnung Anwendung. Damit galt in diesen Fällen auch die Vorschrift des § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO, nach der ein Urteil von den Richtern zu unterschreiben ist, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben. Danach waren die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter jedenfalls in diesen Verfahren zunächst erforderlich.
19
dd) Mit dem Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) wurde die Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 LwVG um den zweiten Halbsatz ergänzt, wonach die Vorschrift des § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO mit der Maßgabe gilt, dass es der Unterschriften der ehrenamtlichen Richter nicht bedarf. Damit stellte der Gesetzgeber sicher, dass die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter wieder in sämtlichen Landwirtschaftssachen entbehrlich waren. In der Begründung zu dieser Ergänzung (BT-Drucks. 11/3621, S. 62) heißt es: „In Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist es nicht er- forderlich, dass die ehrenamtlichen Richter Entscheidungen, an denen sie mitwirken, unterschreiben.... Dies gilt jedoch nicht in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 1 Nr. 1a LwVG, für die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 8. November 1985 (BGBl. I S. 2065) das Prozessgericht zuständig war.
Hier entscheidet das Landwirtschaftsgericht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LwVG nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. Nach § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind Urteile von den Richtern, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, also auch von den ehrenamtlichen Richtern, zu unterschreiben. Anders als im Strafverfahren (§ 275 Abs. 2 Satz 3 StPO) und in den Verfahren der anderen Gerichtszweige … gibt es keine Vor- schrift, die von diesem Erfordernis befreit. Dies hat bei Landwirtschaftsgerichten zu Schwierigkeiten geführt, weil die ehrenamtlichen Richter im allgemeinen weder im Gericht noch am Sitz des Gerichts anwesend sind, wenn das Urteil abgesetzt worden ist, ohne dass sie deshalb im Sinne des § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO verhindert sind zu unterschreiben. Das Gericht muss deshalb nicht selten die Akten oder den Urteilsentwurf versenden oder die ehrenamtlichen Richter bitten, eigens zur Unterzeichnung des Urteils an den Ort des Gerichts zu reisen. Die Unterzeichnung des Urteils durch die ehrenamtlichen Richter ist im Verfahren in Landwirtschaftssachen ebenso wenig erforderlich wie im Strafverfahren und in den anderen Gerichtszweigen. Im Interesse der Verfahrenserleichterung soll § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO deshalb in den streitigen Landwirtschaftssachen nur mit der Maßgabe anzuwenden sein, dass es der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter nicht bedarf.“
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ee) Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (FamFG; BGBl. I S. 2586), welches am 1. September 2009 in Kraft getreten ist, enthält in § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG die ausdrückliche Regelung, dass ein Beschluss zu unterschreiben ist. Daneben wurde der Wortlaut der Verweisung in § 9 LwVG angepasst, so dass nunmehr in den in § 1 Nr. 1 und Nr. 2 bis 6 LwVG genannten Angelegenheiten die Vorschriften dieses Gesetzes (statt des bisherigen FGG) sinngemäß anzuwenden sind, soweit das Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen nichts anderes bestimmt. Aus dieser Verweisung folgt aber nicht zwingend, dass die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter bei Beschlüssen in Landwirtschaftssachen erforderlich sind. Vielmehr ergibt die an den üblichen Methoden orientierte Auslegung (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2004, 2007 f.) der Bestimmungen in § 9 LwVG, § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG, dass ein Beschluss in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten auch weiterhin nicht von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden muss.
21
(1) In § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG werden die Personen, die den Beschluss unterschreiben müssen, nicht benannt. In der Entwurfsbegründung zu der Vorschrift heißt es allerdings, dass eine Kollegialentscheidung alle Richter zu unterschreiben haben, die daran mitgewirkt haben (BT-Drucks. 16/6308, S. 195). Eine Einschränkung für ehrenamtliche Richter fehlt. Der Vorschrift muss deshalb entnommen werden, dass die Unterschriften der an der Entscheidung beteiligten Richter erforderlich sind, also aller Mitglieder des Kollegiums (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 38 Rn. 78; Schulte-Bunert/ Weinreich/Oberheim, FamFG, 3. Aufl., § 38 Rn. 47; Rüntz in Bahrenfuss, FamFG, § 38 Rn. 12; Gottwald in Bassenge/Roth, FamFG 12. Aufl., § 38 Rn. 8; Bork/Jacoby/Schwab-Elzer, FamFG, § 38 Rn. 47; Horndasch/Viefhues/Reinken, FamFG, 2. Aufl., § 38 Rn. 10; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 2. Aufl., § 38 Rn. 23; aA Simon in Kemper/Schreiber, FamFG, 2. Aufl., § 38 Rn. 12). Damit liegt keine planwidrige Regelungslücke vor, die geschlossen werden muss (anders OLG Brandenburg, FGPrax 2012, 281, 282).
22
(2) Jedoch ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Regelung über die Verweisung in § 9 LwVG für die darin genannten Angelegenheiten nicht beabsichtigt hat. § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG ist daher im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass die ehrenamtlichen Richter in diesen Angelegenheiten ergangene Beschlüsse nicht unterschreiben müssen.
23
(a) Die teleologische Reduktion einer Vorschrift - auch entgegen deren Wortlaut - ist dann eine anerkannte Auslegungsmethode und verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber nicht alle Konsequenzen der von ihm gewählten Gesetzesfassung bedacht hat und ihre wortgetreue Anwendung das gesetzgeberische Ziel deutlich verfehlen würde (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 185/06, BGHZ 173, 116 Rn. 31 mwN; BVerfG, NJW 1997, 2230 f. mwN). So verhält es sich hier. Die allgemeine Regelung des § 38 Abs. 3 Satz 2 FamFG soll mit der Unterschriftsleistung eine Abgrenzung des Beschlusses von einem bloßen Entwurf ermöglichen (BT-Drucks. 16/6308, S. 195). Dieses Ziel ist in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten auch dann nicht gefährdet, wenn nur die Berufsrichter und nicht auch die ehrenamtlichen Richter einen Beschluss unterschreiben. Insoweit besteht kein Unterschied zu Urteilen, bei denen die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter nicht erforderlich sind (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LwVG). Das Unterschriftserfordernis bei Beschlüssen widerspricht vielmehr dem Ziel der Verfahrenserleichterung, welches der Grund für die Einführung der Regelung in § 48 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LwVG war (siehe vorstehend unter dd). Denn die mit der Unterschriftsleistung der ehrenamtlichen Richter verbundenen praktischen Schwierigkeiten bestehen bei Beschlüssen und Urteilen in gleicher Weise.
24
(b) Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber die bisherige einheitliche Rechtslage, nach der die Entscheidungen in Landwirtschaftssachen nicht der Unterschriften der ehrenamtlichen Richter bedurften, aufgeben und ein solches Unterschriftserfordernis für Beschlüsse in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten einführen wollte (vgl. OLG Brandenburg, FGPrax 2012, 281, 282). Dies wird durch die Begründung zu der Regelung in § 9 LwVG deutlich, nach welcher die redaktionelle Änderung der Verweisung lediglich als Anpassung aufgrund der geänderten Gesetzesbezeichnung vorgenommen wurde (BT-Drs. 16/6308, S. 195). Weitere Folgen aufgrund der Verweisung hat der Gesetzgeber offensichtlich weder erkannt noch bedacht. Wenn er die Entbehrlichkeit der Unterschriften der ehrenamtlichen Richter in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten hätte aufgeben wollen, hätte es nahegelegen , dies auf Urteile zu erstrecken. Denn es besteht kein Erfordernis, höhere formelle Anforderungen an die in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten ergangenen Beschlüsse zu stellen als sie für streitige, unter Anwendung der Zivilprozessordnung zu entscheidende Landwirtschaftssachen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LwVG gelten (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 38 Rn. 78a; insoweit auch Ernst, LwVG, 8. Aufl., § 9 Rn. 67).
25
3. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Art und Weise, in welcher das Beschwerdegericht über den nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz des Beteiligten zu 2 beraten hat. Das Abhalten einer Telefonkonferenz war in diesem Fall zulässig.
26
a) Aus § 193 Abs. 1 GVG ergibt sich, dass jede Entscheidung eines Kollegialgerichts auf einer Beratung und Abstimmung der zur Entscheidung berufenen Richter beruhen muss. Zwar kann eine Nachberatung im Fall der Verhinderung eines Richters unter Umständen auch ohne den verhinderten Richter erfolgen (zur Beratung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, wenn über ein Urteil bereits abgestimmt, es aber noch nicht verkündet war, vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2002 - V ZR 357/00, NJW 2002, 1426, 1427 f., Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 192 GVG Rn. 1). Eine Verhinderung - insbesondere der ehrenamtlichen Richter - ist hier aber nicht festgestellt; vielmehr ist über den nachträglich eingegangenen Schriftsatz unter ihrer Einbeziehung beraten worden.
27
b) § 194 GVG bestimmt die bei der Beratung und Abstimmung einzuhaltende Verfahrensweise. Innerhalb der dadurch vorgegebenen Grenzen ist die Gestaltung der Beratung dem Gericht überlassen, wobei sich der Vorsitzende im Rahmen seiner Leitungsbefugnis regelmäßig von Zweckmäßigkeitserwägungen leiten lassen wird (Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 194 GVG Rn. 5; vgl. auch BGH, Urteil vom 24. Juli 1990 - 5 StR 221/89, NJW 1991, 50, 52). Unerlässlich ist die gegenseitige Verständigung der Gerichtsmitglieder, die in einer äußerlich wahrnehmbaren Weise zu erfolgen hat, so dass etwa die bloße stillschweigende Duldung der Entscheidungsverkündung nicht ausreicht (BGH, Urteil vom 25. Juni 1992 - 4 StR 265/92, NJW 1992, 3182; RGSt 42, 85, 87). Allerdings ist die Verständigung an keine Form gebunden; ihre Art ist der Kritik der Prozessbeteiligten entzogen (BGH, Urteil vom 24. Juli 1990 - 5 StR 221/89, NJW 1991, 50, 52 zur Beratungsdauer; RGSt 42, 85, 87).
28
c) Die mündliche Beratung im Beisein sämtlicher beteiligten Richter ist die Regel. Dem gleichstehen dürfte eine Beratung im Wege der Videokonferenz , also bei gleichzeitiger Ton- und Bildübertragung, wie sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme zugelassen ist (§ 32 Abs. 3 FamFG, § 128a Abs. 1 und 2 ZPO). Ausnahmsweise kommen aus Zweckmäßigkeitsgründen auch vereinfachte Formen der Beratung und Abstimmung in Betracht, etwa - über einfache Fragen - durch kurze, formlose Verständigung im Sitzungssaal (BGH, Beschluss vom 31. Juli 1992 - 3 StR 200/92, NJW 1992, 3181 f.; Urteil vom 14. Juli 1971 - 3 StR 73/71, BGHSt 24, 170, 171; RGSt 42, 85, 86 - jeweils zur Frage, ob nachträgliche Erkenntnisse aus der weiteren Verhandlung das zuvor beratene Ergebnis in Frage stellen; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 193 Rn. 32) oder durch Entscheidung im sogenannten Umlaufverfahren , also durch schriftliche Beratung und Abstimmung aufgrund eines Entscheidungsentwurfs (Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 Rn. 8; Versäumnisurteil vom 24. April 2009 - LwZR 3/08, juris Rn. 8 [insoweit nicht in GuT 2010, 110 abgedruckt]; BVerwG, NJW 1992, 257; BSG, Beschluss vom 11. Februar 2000 - B 2 U 324/99, juris Rn. 6 [für Entscheidungen nach § 153 Abs. 4 SGG, an denen ausschließlich Berufsrichter beteiligt sind]; ausdrücklich beschränkt auf Berufsrichter Keller in: MeyerLadewig /Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 61 Rn. 9a; ablehnend zum Umlaufverfahren insgesamt: Papsthart, DRiZ 1971, 18 f.; Künzl, ZZP 104 (1991), 150, 187 [bezogen auf ehrenamtliche Richter]). Voraussetzung ist, dass die beteilig- ten Richter mit dem vereinfachten Verfahren einverstanden sind (Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, aaO) und damit sichergestellt ist, dass jederzeit in eine mündliche Beratung im Beisein sämtlicher beteiligten Richter eingetreten werden kann, falls einer von ihnen dies wünscht oder ein neuer Gesichtspunkt es erfordert.
29
d) Nicht ausreichend ist hingegen die telefonische Abfrage der Einzelmeinungen der zur Entscheidung berufenen Richter (Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 Rn. 8; Versäumnisurteil vom 24. April 2009 - LwZR 3/08, juris Rn. 8 [insoweit nicht in GuT 2010, 110 abgedruckt]; BSG, NJW 1971, 2096 mit zust. Anm. Peters, SGb 1972, 321; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 193 Rn. 3, § 194 Rn. 4; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 194 GVG Rn. 5; Wieczorek/Schütze/Schreiber, ZPO, 3. Aufl., § 193 GVG Rn. 3, § 194 GVG Rn. 4; Germelmann/Matthes/Prütting/ Germelmann, AGG, 7. Aufl., § 60 Rn. 16; Künzl, ZZP 104 (1991), 150, 187; aA MünchKommZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 194 GVG Rn. 6; Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 194 GVG Rn. 1: telefonische Abstimmung ausnahmsweise möglich), also das Herbeiführen der Abstimmung im Wege von Einzeltelefonaten.
30
e) Die Zulässigkeit von Telefonkonferenzen unter gleichzeitiger Teilnahme sämtlicher beteiligten Richter in der technischen Form einer Konferenzschaltung , bei welcher unter der Leitung des Vorsitzenden jeder Teilnehmer jederzeit von seinem Telefonapparat zeitgleich mit jedem anderen Teilnehmer kommunizieren kann und alle Teilnehmer die gesamte Kommunikation mithören , ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang offen geblieben (Senat , Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 f. Rn. 8; Versäumnisurteil vom 24. April 2009 - LwZR 3/08, juris Rn. 8 [insoweit nicht in GuT 2010, 110 abgedruckt]; für die Zulässigkeit: Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 194 GVG Rn. 1; Ernst, LwVG, 8. Aufl., § 48 Rn. 7; wohl auch Kissel/ Mayer, GVG, 7. Aufl., § 193 Rn. 3 aE; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 61 Rn. 9a). Der Senat entscheidet diese Frage nunmehr dahin , dass die Beratung im Wege der Telefonkonferenz mittels Konferenzschaltung jedenfalls bei der Beratung über einen nachträglich eingegangenen Schriftsatz zulässig sein kann.
31
(aa) Die Telefonkonferenz in der technischen Form einer Konferenzschaltung zeichnet sich dadurch aus, dass alle beteiligten Richter unter der Leitung des Vorsitzenden gleichzeitig miteinander kommunizieren und auf diese Weise ihre Argumente austauschen können (vgl. dazu Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 Rn. 8; Versäumnisurteil vom 24. April 2009 - LwZR 3/08, juris Rn. 8 [insoweit nicht in GuT 2010, 110 abgedruckt]; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 193 Rn. 3 aE; Keller in: MeyerLadewig /Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 61 Rn. 9a; allgemein zum Aspekt des gleichzeitigen Austauschs: Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 192 Rn. 4, 193 Rn. 1; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 193 GVG Rn. 2; Rüping, NStZ 1991, 193 f.; Kleinknecht, GA 1961, 45, 49). Die Gefahr bleibender Missverständnisse durch einzelne Hör- oder Übertragungsfehler ist im gemeinsamen Gespräch unter mehreren Beteiligten geringer als beim bloßen Abrufen der Auffassungen durch Einzeltelefonate. Die Telefonkonferenz kommt damit der mündlichen Beratung in Anwesenheit aller Beteiligten sehr nahe.
32
(bb) Dass - wie der Beteiligte zu 2 geltend macht - die Kommunikation innerhalb der mündlichen Beratung im Beisein aller Richter durch zusätzliche Mimik und Gestik unterstützt wird, erscheint demgegenüber nicht entscheidend. Damit lässt sich der Inhalt der Beratung nicht maßgeblich beeinflussen. Ob und inwieweit durch Körpersprache Zustimmung, zusätzlicher Erörterungsbedarf oder Verständnisschwierigkeiten signalisiert werden, hängt so stark von den Ausdrucksformen der einzelnen Richterpersönlichkeit ab, dass Gestik und Mimik nicht zu den unverzichtbaren Bestandteilen der Beratung gezählt werden können. Das zeigt sich eindrucksvoll in dem Fall der - grundsätzlich zulässigen - Beteiligung eines blinden Richters (dazu BVerfG, NJW 1992, 2075).
33
(cc) In geeigneten Ausnahmefällen kommt somit die Telefonkonferenz als zulässige Art der Beratung in Betracht. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass alle beteiligten Richter einverstanden sind und sichergestellt ist, dass jederzeit in eine mündliche Beratung im Beisein aller Richter eingetreten werden kann, falls ein Richter dies wünscht oder ein neuer Gesichtspunkt es erfordert. Weitere Voraussetzung ist, dass durch technische Vorkehrungen die gleichzeitige Kommunikation sämtlicher Teilnehmer unter der Leitung des Vorsitzenden des Kollegialgerichts ermöglicht wird (Konferenzschaltung). Schließlich darf die Beratung im Wege der Telefonkonferenz nicht die mündliche Beratung im Beisein aller Richter ersetzen, sondern nur neben diese treten wie in dem Fall der Beratung über einen nachträglich eingegangenen Schriftsatz. Die erstmalige Beratung als einzige Grundlage für die Entscheidung in der Hauptsache muss zwingend im Beisein sämtlicher beteiligten Richter stattfinden.
34
(dd) Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2 ergibt sich nichts anderes aus der Rechtsprechung des Senats, wonach bei einer Entscheidung, die im Umlaufverfahren ergeht und von den ehrenamtlichen Richtern nicht unterschrieben wird (§ 48 Abs. 1 Satz 2 LwVG), deren erklärte Billigung in einer für die Parteien und das Rechtsmittelgericht nachprüfbaren Weise festgehalten werden muss (Senat, Urteil vom 20. April 2012 - LwZR 5/11, NJW-RR 2012, 879, 880 Rn. 12). In dem Regelfall der mündlichen Beratung im Beisein sämtlicher Richter folgt deren Billigung - auch die der nicht unterschreibenden ehrenamtlichen Richter - aus dem Umstand, dass die Entscheidungsfindung unmittelbar auf dieser Beratung beruht. In dem Sonderfall des schriftlichen Umlauf- verfahrens kommt die Billigung der Berufsrichter durch deren Unterschrift unter der Entscheidung zum Ausdruck; zum Nachweis der Billigung der nicht unterschreibenden ehrenamtlichen Richter bedarf es hingegen im Umlaufverfahren eines anderen Nachweises ihrer Mitwirkung an der Entscheidungsfindung, nämlich einer entsprechenden Verlautbarung in den Akten. Bei der Beratung im Wege der Telefonkonferenz kann sich die Tatsache der Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter ebenfalls nur durch eine Verlautbarung in den Akten ergeben.
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f) Nach alledem ist das von dem Beschwerdegericht gewählte Verfahren rechtlich nicht zu beanstanden. Aus dem Aktenvermerk des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012 ergibt sich, dass an diesem Tag der nach der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz „im Rahmen einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter nachberaten“ wurde. In diesem Vermerk kommen die Art und Weise der Beratung, das Einverständnis sämtlicher beteiligten Richter damit und deren Mitwirkung an der Beratung hinreichend zum Ausdruck. Dem kann der Beteiligte zu 2 nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass an der Nachberatung entgegen § 192 GVG nicht alle zur Entscheidung berufenen Richter mitgewirkt hätten und die Abstimmungsreihenfolge nach § 197 GVG verletzt worden sei. Die Behauptung, einer der ehrenamtlichen Richter sei telefonisch erst einige Tage nach der Telefonkonferenz erreicht worden, ist neuer Tatsachenvortrag, welcher in der Rechtsbeschwerdeinstanz hier ausnahmsweise zulässig ist. Die Feststellung in der Beschwerdeentscheidung, wonach der nachträglich eingegangene Schriftsatz vor der Beschlussfassung mit beiden ehrenamtlichen Richtern beraten worden ist, ist nämlich für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend im Sinne von § 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO, weil insoweit nicht das mündliche Parteivorbringen (§§ 314, 320 ZPO), sondern das bloße Prozessgeschehen betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 - VII ZR 135/82, NJW 1983, 2030, 2032). Jedoch kommt dieser Feststellung die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde entsprechend § 418 ZPO zu (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 - VII ZR 135/82, aaO). Diese Beweiskraft wird verstärkt durch den Aktenvermerk des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012, wonach der Schriftsatz an diesem Tag „im Rahmen einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter nachberaten“ worden ist. Die bloße Behauptung eines abweichenden Geschehensablaufs - noch dazu ohne jede Glaubhaftmachung - vermag diese Beweiswirkung nicht zu erschüttern.
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g) Ohne Erfolg macht der Beteiligte zu 2 geltend, nicht alle beteiligten Richter, nämlich die ehrenamtlichen, hätten den nachträglich eingegangenen Schriftsatz rechtzeitig vor der Entscheidungsfindung erhalten, damit sie dazu Stellung nehmen oder gegebenenfalls Beratungsbedarf anmelden konnten. Zum einen betrifft die Verfügung des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012, nach welcher Ablichtungen des Schriftsatzes „an übrige Beteiligte“ übersandt werden sollten, ersichtlich nicht die Übersendung an die ehrenamtlichen Richter. Denn sie gehören nicht zu den Beteiligten. Zum anderen ist es bei der Beratung im Wege der Telefonkonferenz über einen nachgereichten Schriftsatz - anders als bei der Entscheidungsfindung im Umlaufverfahren (siehe Senat, Urteil vom 20. April 2012 - LwZR 5/11, NJW-RR 2012, 879, 880 Rn. 11) - nicht notwendig, dass der Schriftsatz sämtlichen beteiligten Richtern vorher vorliegt. Denn insoweit ist die Situation nicht anders als bei der Beratung im Beisein aller Richter, in welcher der Berichterstatter oder der Vorsitzende des Kollegialgerichts den Inhalt eines solchen Schriftsatzes vorträgt, ohne dass dieser den übrigen Richtern vorher zugegangen ist.
37
h) Schließlich rügt der Beteiligte zu 2 ebenfalls erfolglos, dass den ehrenamtlichen Richtern kein geänderter Entscheidungsentwurf übermittelt wurde, sie die endgültige Entscheidung also nicht billigen konnten. Beide Erfordernisse - Übersendung und Billigung eines Entscheidungsentwurfs - sind nur bei der schriftlichen Beratung und Abstimmung über die Entscheidung im Wege des Umlaufverfahrens notwendig (siehe Senat, Urteil vom 20. April 2012 - LwZR 5/11, aaO). Bei der Beratung und Beschlussfassung im Wege der Telefonkonferenz erübrigt sich diese Vorgehensweise wegen der Möglichkeit der gleichzeitigen verbalen Kommunikation zwischen sämtlichen Teilnehmern.
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4. In der Sache hat die Entscheidung des Beschwerdegerichts jedoch keinen Bestand. Rechtsfehlerhaft verneint es die Hofeigenschaft und die Hoferbenstellung des Beteiligten zu 2.
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a) Das Beschwerdegericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass die Hofeigenschaft auch bei fortbestehendem Hofvermerk entfallen kann, wenn keine landwirtschaftliche Besitzung mehr vorhanden ist (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BLw 2/99, NJW-RR 2000, 292). Maßgeblich ist insoweit, ob die landwirtschaftliche Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls bereits auf Dauer aufgelöst war (Senat, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BLw 2/99, NJW-RR 2000, 292; Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156; Beschluss vom 13. Mai 1982 - V BLw 20/81, BGHZ 84, 78, 84; vgl. auch Senat, Beschluss vom 23. November 2012 - BLw 12/11, FamRZ 2013, 622 Rn. 35; OLG Hamm, RdL 2007, 97, 98; Lange/ Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Aufl., § 1 Rn. 101; Faßbender in: Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 115). Ob das der Fall ist, ist weitgehend eine Frage tatrichterlicher Würdigung, die von dem Rechtsbeschwerdegericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Beschwerdegericht sachlich-rechtlich den richtigen Ansatzpunkt gewählt und die notwendigen Tatsachen verfahrensfehlerfrei festgestellt hat (Senat, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BLw 2/99, NJW-RR 2000, 292; Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156; Beschluss vom 13. Mai 1982 - V BLw 20/81, BGHZ 84, 78, 84). In diesem Rahmen ist die Beschwerdeentscheidung jedoch zu beanstanden.
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b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kommt es bei der Beurteilung, ob die landwirtschaftliche Betriebseinheit dauerhaft aufgelöst war, nämlich nicht entscheidend darauf an, ob eine Wiederherstellung des landwirtschaftlichen Betriebs durch den potentiellen Hoferben hinreichend sicher zu erwarten ist. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Oktober 1984 (1 BvL 17/80, juris Rn. 45), auf welche sich das Beschwerdegericht stützt, gibt dafür nichts her. Denn an dieser Stelle gibt das Bundesverfassungsgericht nur die Stellungnahme des Deutschen Bauernverbandes wieder , die es in dem Verfahren eingeholt hatte. Die Hofeigenschaft ist vielmehr von der Person des möglichen Hoferben unabhängig; entscheidend ist, ob der Erblasser den Betrieb im Zeitpunkt des Erbfalls endgültig eingestellt hatte. Hierzu hat das Beschwerdegericht bisher keine ausreichenden, sondern widersprüchliche Feststellungen getroffen. Zum einen meint es, es liege nicht nur eine vorübergehende Betriebseinstellung mit der Möglichkeit einer jederzeitigen Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebs vor, sondern es sei ein endgültiger , dauerhafter Fortfall der landwirtschaftlichen Betriebseinheit anzunehmen (S. 10 Abs. 3 der angefochtenen Entscheidung). Zum anderen hält es in dem nächsten Satz ein Wiederanspannen des Hofes für möglich.
41
c) Nur ein nach dem Willen des Erblassers lediglich vorübergehend ruhender („entspannter“) Betrieb kann wiederaufgenommen („wiederangespannt“) werden, nicht hingegen ein bereits dauerhaft aufgelöster (Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht , 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 142, 144; Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 41; zu dem Ausnahmefall des Rückgängigmachens der Hofaufgabe zu Lebzeiten des Erblassers vgl. Senat, Beschluss vom 28. September 2000 - BLw 13/00, juris Rn. 5; OLG Celle, RdL 2000, 193, 194; OLG Hamm, AUR 2006, 243, 245; Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143; Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 47). Keinesfalls kann eine landwirtschaftliche Besitzung, die ihre Eigenschaft als Hof im Zeitpunkt des Erbfalls bereits verloren hat, dennoch als Sondervermögen nach höferechtlichen Grundsätzen vererbt werden (Senat, Beschluss vom 14. Mai 1987 - BLw 29/85, FamRZ 1988, 497, 498; Beschluss vom 17. Oktober 2011 - BLw 7/11, juris Rn. 13). Daran ändert sich auch dann nichts, wenn im Zeitpunkt des Erbfalls (wieder) ein potentieller Hoferbe zur Verfügung steht, der zur Wiederaufnahme des Hofs bereit und in der Lage ist.
42
d) Hat der Erblasser hingegen in objektiv nachvollziehbarer Weise den Betrieb lediglich vorübergehend eingestellt, wird der Hof auch dann nach Maßgabe der Vorschriften der Höfeordnung vererbt, wenn der Hoferbe den Betrieb nicht wieder aufnehmen will (Faßbender in: Faßbender/Hötzel/ von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 115). In diesem Fall folgt aus der Verfehlung des eigentlichen Zwecks der Sondererbfolge, nämlich der Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe als Einheit, gegebenenfalls ein erhöhter Ausgleichsanspruch der weichenden Miterben (§ 13 HöfeO).
43
e) Ob ein möglicher Hoferbe im Zeitpunkt des Erbfalls tatsächlich willens und in der Lage ist, den Betrieb wieder anzuspannen, ist eine Frage der - hier nicht maßgeblichen - Wirtschaftsfähigkeit im Sinne des § 6 Abs. 6 HöfeO (Senat , Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156). Für die Beurteilung der Hofeigenschaft im Zeitpunkt des Erbfalls ist die Frage nicht maßgeblich (Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143 f.; vgl. auch Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 46). Sie ist objektiv zu beurteilen und kann nicht unterschiedlich nach der Person des möglichen Hoferben bejaht oder verneint werden (Senat, Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156). Zwar kann sich der Umstand, dass ein zur Wiederanspannung des Betriebs bereiter Hoferbe zur Verfügung steht, mittelbar auch auf die Hofeigenschaft auswirken - nämlich dann, wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten objektiv nachvollziehbar zu erkennen gegeben hat, dass er ein Wiederanspannen des Betriebs gerade mit Blick auf diesen Hoferben erwartet (vgl. auch Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143; Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 47 zum Rückgängigmachen der Hofaufgabe zu Lebzeiten des Erblassers). Dann kann auch im Rahmen der tatrichterlichen Prüfung, ob eine bloß vorübergehende Betriebseinstellung vorlag, ob also der Erblasser in objektiv nachvollziehbarer Weise von einer zukünftigen Wiederaufnahme ausging, berücksichtigt werden, ob das Vorhandensein eines geeigneten Hoferben diese Vorstellungen des Erblassers objektiv stützte. Maßgeblich bleibt auch dann die Sicht des Erblassers, nicht aber - wie von dem Beschwerdegericht angenommen - die Person des potentiellen Hoferben.
44
f) Die Frage nach dem Bestehen und dem Wegfall der Betriebseinheit lässt sich nicht isoliert aufgrund einer einzigen Tatsache beantworten. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Tatsachen (Senat, Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156). Indizien können etwa der bauliche Zustand der Hofstelle, die über Jahrzehnte andauernde Stücklandverpachtung der Grundstücke, die lang andauernde Bewirtschaftungsaufgabe durch den Erblasser und dessen Wille, den ehemaligen Hof aufzuteilen, sein (Senat, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BLw 2/99, NJW-RR 2000, 292 f.; Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156; Beschluss vom 13. Mai 1982 - V BLw 20/81, BGHZ 84, 78, 83 f.).
45
g) Ein maßgeblicher Gesichtspunkt ist der Wille des Erblassers, dass von seiner Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden kann oder soll (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 28. September 2000 - BLw 13/00, juris Rn. 4 aE; Beschluss vom 22. November 1956 - V BLw 42/56, RdL 1957, 43, 44; Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143). Ein solcher Wille wird gegebenenfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Verhältnisse indiziert, zumal die auf eine Auflösung des Hofes hinweisenden Umstände zumeist ohnehin auf den Willen des Hofeigentümers zurückgehen (Senat, Beschluss vom 29. März 2001 - BLw 20/00, RdL 2005, 180, 181; Beschluss vom 28. September 2000 - BLw 13/00, juris Rn. 4 aE; vgl. auch Senat, Beschluss vom 28. April 1995 BLw 73/94, NJW-RR 1995, 1155, 1156; OLG Hamm, RdL 2007, 97, 98). Allerdings kann der bloße Wille des Erblassers, seinen Grundbesitz trotz Betriebseinstellung weiter als Hof zu behandeln und nach höferechtlichen Grundsätzen zu vererben, dann nicht entscheidend sein, wenn die Voraussetzungen der Hofeigenschaft nach § 1 HöfeO objektiv entfallen sind, wenn also im Zeitpunkt des Erbfalls bei realistischer Betrachtungsweise keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Betrieb in Zukunft wieder aufgenommen werden könnte (OLG Oldenburg, FamRZ 2010, 1274, 1276; OLG Celle, RdL 2012, 50, 52 [die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung hat der Senat als unzulässig verworfen: Beschluss vom 17. Oktober 2011 - BLw 7/11, juris]; Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 3. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 143; Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 47; vgl. auch BVerfGE 67, 348, 368 f.).
46
5. Nach alledem hat die Beschwerdeentscheidung keinen Bestand. Sie ist aufzuheben (§ 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 74 Abs. 5 FamFG). Die Sache ist zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurück zu verweisen, damit es die Frage, ob die Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls dauerhaft aufgelöst war, anhand der vorstehend aufgezeigten rechtlichen Grundsätze erneut prüfen kann.

V.

47
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 19 Buchst. a, § 20 Buchst. b HöfeVfO.
Stresemann Lemke Czub

Vorinstanzen:
AG Vechta, Entscheidung vom 16.09.2011 - 2 Lw 85/11 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 04.09.2012 - 10 W 22/11 -

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Der Beirat für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen wählt aus den ihm angehörenden Mitgliedern von Seiten der Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Organisationen behinderter Menschen jeweils für die Dauer eines Jahres eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden und eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter. Im Übrigen gilt § 189 entsprechend.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.