Anwaltsgerichtshof NRW Urteil, 30. Sept. 2016 - 1 AGH 49/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.000 €
1
Tatbestand
2I.
3Der Kläger ist Mitglied der beklagten Rechtsanwaltskammer.
4Mit Schreiben vom 22.10.2015, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und dem Kläger am 23.10.2015 zugestellt, teilte die Beklagte dem Kläger unter anderem auf dessen Anfrage vom 12.05.2014 mit, dass ihr Vorstand nach Verhandlung in der Sitzung vom 7.10.2015 beschlossen habe, ihn auf folgendes belehrend hinzuweisen:
5„Der von Ihnen verwendete Briefkopf als Rechtsanwalt mit den Angaben „Büro C“ und „Büro L“ mit und ohne den Zusatz „c/o Dr. V2“ als Gesellschaft und die entsprechende Nennung dieser Angaben auf Ihrer Homepage www.dr-V.de ist nicht mit dem anwaltlichen Berufsrecht vereinbar und daher die Verwendung von ihnen zukünftig zu unterlassen.“
6Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger unter der Adresse L-X- Ring 27-29, ##### L, eine Zweigstelle eingerichtet und diese entsprechend gemeldet habe. Nach seinen eigenen Angaben handele es sich um eine Adresse in einem Bürocenter, das nicht regelmäßig besetzt sei und wo auch keine eigenen Mitarbeiter des Klägers beschäftigt würden und auch dauerhaft keine eigenen Büroräume zur Verfügung stünden. Den Briefbogen seiner Kanzlei gestalte der Kläger unterschiedlich und verwende unterschiedliche Briefbögen. Im Internetauftritt der Kanzlei würden die gleichen Angaben verwandt. Gegenstand dieser Belehrung sei der Briefbogen, wie ihn der Kläger unter anderem im Schreiben vom 30.7.2014 an die Beklagte verwendet habe. Hinzu komme der Internetauftritt, wie er sich auf der Startseite und der Seite „Standorte“ dargestellt und zuletzt am 20.10.2015 von der Beklagten abgerufen worden sei. Er verwende dort folgende Angaben:
7Büro C
8T-Straße
9##### C
10Telefon …
11Telefax …
12Büro L
13„c/o Dr. V2“als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)
14L-X-Ring 27-29
15##### L
16Telefon …
17Telefax …
18Zum Teil werde von dem Kläger der Hinweis „c/o Dr. V2“ als Gesellschaft nicht verwendet. Die von ihm gewählte Formulierung „Büro L“ verstoße gegen das anwaltliche Berufsrecht, weil es sich um eine irreführende Werbung handele. Da es sich nach den eigenen Angaben des Klägers bei dem „Büro L“ um eine Zweigstelle seiner Einzelkanzlei handele, müsse auf einem Briefkopf und im Internet deutlich werden, dass es sich um eine Zweigstelle und nicht um einen weiteren Kanzleisitz handele. Dies gelte insbesondere, weil es sich bei dem Kläger um einen Einzelanwalt handele. Die Bezeichnung „Büro L“ vermittle dem rechtsuchenden Publikum den Eindruck, es werde ein weiterer Kanzleisitz in L unterhalten. Es sei dem Kläger als Einzelanwalt auch gar nicht möglich, an verschiedenen Standorten gleichwertige Kanzleisitze bzw. Büros zu unterhalten. Es werde aber durch die Bezeichnung „Büro L“ und „Büro C“ der irreführende Eindruck erweckt, dass an diesen Standorten eine physische Präsenz vorhanden sei. Das Vorhandensein einer bloßen Kommunikationsmöglichkeit reiche nicht aus und berechtige den Kläger nicht, den Begriff „Büro“ zu verwenden. Etwas anderes gelte nur für Kanzleien, an denen an verschiedenen Standorten verschiedene Rechtsanwälte tätig seien. Darüber hinaus werde durch die Angabe von zwei Büros der Eindruck einer Größe erweckt und das Vorhandensein von weiteren Kanzleisitzen vermittelt, was jedoch nicht den Tatsachen entspreche. Durch die Verwendung des Wortes „Büro“ liege ein Verstoß gegen das Erfordernis der Kenntlichmachung einer Zweigstelle vor. Nach außen werde der Eindruck erweckt, es handele sich bei den zwei Büros um personell vollwertige und in der Erreichbarkeit vergleichbare Kanzleisitze. Bei der Zweigstelle und der Hauptstelle handele es sich jedoch vielmehr um Niederlassungen der Kanzlei, die sich danach unterschieden, in welcher der Rechtsanwalt seine berufliche Tätigkeit ihrem Schwerpunkt nach entfalte. Im Hinblick auf die Ansicht des AGH NRW in seinem Urteil vom 17.4.2015 – 1 AGH 38/14 -, in dem zwischen Hauptsitz und Standort unterschieden werde, sollte eine Abstufung in Gestalt der Unterscheidung zwischen „Hauptsitz“ und weiteren Standorten/ Zweigstellen erfolgen, damit nicht der Eindruck erweckt werde, dass alle Standorte gleichrangig seien. Deshalb handele es sich bei dem Standort des Klägers in L nicht um ein Büro, sondern um eine klassische Zweigstelle, die auch als solche kenntlich gemacht werden müsse. Dies ergebe sich auch aus der Vorschrift des § 10 Abs. 1 BORA, die vom Ausweis des konkreten Kanzleisitzes des jeweiligen Anwaltes ausgehe. Hinzu komme noch, dass bei dem Kläger zusätzlich die Angabe „c/o Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ verwendet werde. Damit werde auch gegen den Verschwiegenheitsgrundsatz eines Rechtsanwaltes verstoßen. Hier werde als Kanzleisitz eine Adresse eines Rechtsanwaltes als ein gewerbliches Unternehmen, das auch keine Rechtsanwaltsgesellschaft sei, angegeben. Damit sei für den Rechtsverkehr nicht sicher, was mit den dort getätigten Anrufen/Briefen etc. geschehe. Einem Rechtsanwalt sei die berufliche Zusammenarbeit in Form einer Sozietät mit nichtsozietätsfähigen Berufen untersagt. Hier werde aber genau der Eindruck erweckt, dass der Kläger als Anwalt eine Kanzlei in den Räumen eines gewerblichen Unternehmens unterhalte.
19Zum Klageantrag Ziffer 1 a trägt der Kläger wie folgt vor:
20Er habe mit Schreiben vom 24.10.2015 bei der Beklagten angefragt, ob sie statt der Bezeichnung „Büro“ die Bezeichnung „Office“ für unbedenklich erachten würde. Mit Schreiben vom 28.10.2015 habe die Beklagte ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass auch die Bezeichnung „Office“ anstelle von „Büro“ unstatthaft sei. Die Beklagte habe dies ausdrücklich mit der Einlassung verbunden, dass er „natürlich die Möglichkeit [habe], gegen den belehrenden Hinweis zu klagen“. Hierbei habe es sich um mehr als nur um eine „invitatio“ gehandelt, sondern um eine implizite Aufforderung. Es bestehe somit auch über die Verwendung des Begriffs „Office“ ein feststellungsfähiger Streit zwischen den Parteien.
21Offensichtlich sei es so, dass die Beklagte verkannt habe, dass - wie von § 5 TMG vorgeschrieben - sein Internetauftritt von einem Impressum begleitet werde, bei dem es heiße „der Hauptsitz der Kanzlei ist C“. Dies sei als Klarstellung ausreichend. Denn soweit ein Rechtsanwalt zu Pflichtangaben verpflichtet sei, genüge es, wenn er diese ins Impressum seines Internetauftritts aufnehme, soweit er sich damit nicht in Widerspruch zu anderen Angaben setze, wovon allerdings auch die Beklagte nicht ausgehe. Auch sei auf jeder Seite seines Internetauftritts ein Link zum Impressum vorhanden, wo die Besucher sämtliche der geschuldeten Pflichtangaben vorfänden. Eine irreführende Werbung liege in dem Internetauftritt daher nicht, da sich jeder Besucher anhand des Impressums zutreffend informieren könne.
22Auch irre die Beklagte in der Betrachtung, dass es sich bei seiner Zweigstelle in L nicht um ein vollwertiges „Büro“ handele; sämtliche Essentialien einer Anwaltsniederlassung seien in den L Räumlichkeiten gewahrt. Es treffe auch nicht zu, dass die L Niederlassung „nicht regelmäßig besetzt“ sei; auch sei dieses Kriterium für eine Niederlassung eines Rechtsanwaltes nicht maßgeblich. Es handele sich um eine Niederlassung in einem Bürocenter bei der S GmbH & Co. KG. Die „Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt), die als sein Bürodienstleister fungiere, habe dort ein „virtuelles Büro“ angemietet. Diese überlasse die von ihr angemietete Einrichtung an seine, des Klägers, Kanzlei. Bundesweit machten viele Rechtsanwälte von der Möglichkeit eines „virtual Office“ Gebrauch.
23Die Beklagte wende die Entscheidung des Senats vom 17.04.2015 (1 AGH 38/14) falsch an, da der Senat dort gerade keine Pflicht zur Unterscheidung zwischen „Hauptstelle“ und „Zweigstelle“ gefordert habe. Die dort gegebene Fallgestaltung sei mit der hier gegebenen nicht vergleichbar.
24Zum Klageantrag Ziffer 1 b trägt der Kläger wie folgt vor:
25Die Auffassung der Beklagten, dass durch die Angabe zur Niederlassung in L „c/o „Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ gegen den Verschwiegenheitsgrundsatz eines Rechtsanwaltes verstoßen würde, sei abwegig. Seine von der Beklagten genehmigte und dem Senat bekannte und nicht beanstandete Nebentätigkeit in der „Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ fungiere für seine Kanzlei als Servicedienstleister und zur Absicherung eventuell gewerblicher Nebeneinnahmen, damit diese seine freiberuflichen Einkünfte steuerrechtlich nicht „infizierten“. Außerdem könne er über diese „V2“ Berufsausbildung betreiben, ohne auf das Berufsbild von Rechtsanwaltsfachangestellten festgelegt zu sein. Wenn der Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der „V2“ - wie hier - Rechtsanwalt sei, an dessen Adresse von Mandanten Post zugestellt werden solle, sei nicht nachzuvollziehen, warum eine Lockerung der Verschwiegenheitspflicht drohe. Die „V2“ beschäftige neben ihm kein Personal. Als Rechtsanwalt unterliege er jedoch in Bezug auf seine Mandate der berufsrechtlich und strafrechtlich sanktionierten Schweigepflicht. Es sei deshalb keine Konstellation vorstellbar, in der er als „V2“ Geschäftsführer von Mandanten etwas erfahren könnte, was nicht auch zugleich seine aus dem anwaltlichen Berufsrecht gegründete Schweigepflicht tangieren würde. Ein solcher Fall würde auch nicht eintreten, sollte die „V2“ zukünftig Personal beschäftigen. Diese wäre dann, da die „V2“ Bürodienstleister für die Kanzlei sei, beruflicher Gehilfe des Rechtsanwaltes. Die Beklagte habe seine Nebentätigkeit als „V2“ Geschäftsführer ausdrücklich genehmigt in voller Kenntnis aller Umstände. Des Weiteren legt der Kläger ausführlich dar, dass seine „V2“ keineswegs eine „bloße Spielerei“ sei, wozu der Kläger ausführlich auf die Entwicklung der deutschen Wirtschaft seit 2009 und eine Alkoholfahrt einer seiner Auszubildenden verweist. Er sei auf sein Modell „doch auch etwas stolz“ und wolle es sich daher nicht einfach verbieten lassen, da er es sich selbständig ausgedacht habe.
26Zum Vorliegen eines Feststellungsinteresses zum Klageantrag Ziffer 1 verweist der Kläger auf Veröffentlichungen in der Literatur (Deckenbrock AnwBl. 2015, 365; Quaas BRAK-Mit. 2014, 2; Kleine-Cosack AnwBl. 2009, 619). Die Beklagte bedrohe ihn mit einem Anschuldigungsverfahren vor der Generalstaatsanwaltschaft. Um diesen Schritt zu vermeiden, habe er ein Interesse an gerichtlicher Feststellung.
27Zum Hilfsantrag Ziffer 2 trägt der Kläger wie folgt vor:
28Hilfsweise für den Fall, dass der Senat die Sachurteilsvoraussetzungen der Feststellungsklage verneinen sollte, greift der Kläger den Bescheid mit der Anfechtungsklage an. Es sei das Anliegen der Beklagten unausgesprochen Besonderheiten für den „Anwaltsstand“ zu kultivieren. Indem sie eine restriktive Handhalbung einnehme, möchte sie wohl eine Art Abgrenzung von bloßen Gewerbetreibenden erreichen. Die Daseinsberechtigung der Anwaltschaft werde jedoch langfristig nicht dadurch gesichert, dass sie sich selber Verbote und Beschränkungen auferlege, die über ihre Symbolik und Choreografie hinaus inhaltlich keinen Sinn ergäben und lediglich der Brauchtumspflege dienten. Die Herrenriege in den Kammervorständen könnte ihn ggf. bremsen; aufhalten könnten sie die jüngeren Kollegen jedoch nicht, neue Ideen zu entwickeln bzw. Anleihen bei der „gewerblichen Wirtschaft“ zu tätigen.
29Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 14.01.2016 folgende Anträge angekündigt hat
301. festzustellen, dass die Angabe „Mitglied der Dr. H oder alternativ „Mitgliedsunternehmen der Dr. H im Außenauftritt seiner Rechtsanwaltskanzlei (z.B. Homepage, Briefpapier) nicht mit anwaltlichem Berufsrecht unvereinbar und die Verwendung dieser Bezeichnungen von ihm zukünftig nicht zu unterlassen sei,
312. hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihn darüber zu bescheiden, ob die Angabe „Mitglied der Dr. H oder alternativ „Mitgliedsunternehmen der Dr. H im Außenauftritt seiner Rechtsanwaltskanzlei (z.B. Homepage, Briefpapier) nicht mit anwaltlichem Berufsrecht unvereinbar und die Verwendung dieser Bezeichnungen von ihm zukünftig nicht zu unterlassen sei,
32hat der Senat mit Beschluss vom 23.02.2016 das Verfahren zur gesonderten Entscheidung in dem Verfahren 1 AGH 11/16 abgetrennt.
33Der Kläger beantragt,
341. festzustellen, dass
35a) die auf seinem Briefkopf (Anlage K1, Seite 6) und in seinem Internetauftritt unter der Adresse www.dr-V.de (Anlage K1, S. 7) verwendete Bezeichnung „Büro C“ und „Büro L“, alternativ „Office C“ und „Office L“, zu den Niederlassungen seiner Kanzlei,
36b) der in seinem Briefkopf (Anlage K1, Seite 6) zur Zweigstelle seiner Kanzlei in Köln verwendete Adresszusatz „c/o Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“
37nicht mit dem anwaltlichen Berufsrecht unvereinbar und die Verwendung dieser Bezeichnungen in seinen Außenauftritten zukünftig nicht zu unterlassen ist,
382.
39hilfsweise zu 1.), den belehrenden Hinweis der Beklagten vom 22.10.2015,
40Az. III Abt. 163/2014 (Anlage K1), aufzuheben.
41Im Hinblick auf seinen Vortrag, dass eine Umfirmierung von „Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ auf „V2 Legal Services als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ erfolgen werde, hatte der Kläger zunächst mit Schriftsatz vom 22.03.2016 einen weiteren Antrag angekündigt, von dessen Stellung der Kläger jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wieder Abstand genommen hat.
42Die Beklagte beantragt,
43die Klage abzuweisen.
44Sie hält den Feststellungsantrag für unzulässig und den Anfechtungsantrag für unbegründet. Sie steht auf dem Standpunkt, dass ein Einzelanwalt nicht mehrere Büros unterhalten könne, die gleichberechtigt nebeneinander stünden.
45Entscheidungsgründe
46Die Klage des Klägers hat keinen Erfolg.
471.
48Die Hauptanträge des Klägers sind unzulässig.
491.1.
50Soweit der Kläger in seinem Hauptantrag zu Ziffer 1a) die Vereinbarkeit mit dem anwaltlichen Berufsrecht hinsichtlich der von ihm verwendeten Bezeichnungen „Büro Cl“ und „Büro L“ mittels der erhobenen Feststellungsklage festgestellt wissen will, ist dies die genaue Negation der seitens der Beklagten mit missbilligender Belehrung vom 22.10.2015 zum Ausdruck gebrachten Unvereinbarkeit mit dem anwaltlichen Berufsrecht hinsichtlich dieser Bezeichnungen. Dem Kläger steht die Möglichkeit offen, gegen die missbilligende Belehrung vom 22.10.2015 Anfechtungsklage zu erheben; mit seinem Hilfsantrag hat er von dieser Möglichkeit auch in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Der Kläger kann durch diese Anfechtungsklage Rechtsschutz in zumindest gleichem Umfang und mit gleicher Effektivität erreichen. Die gleichwohl erhobene Feststellungsklage scheitert somit an der Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 VwGO.
511.2.
52Soweit der Kläger in seinem Hauptantrag zu Ziffer 1a) die Vereinbarkeit mit dem anwaltlichen Berufsrecht hinsichtlich der von ihm nicht verwendeten Bezeichnungen „Office C“ und „Office L“ festgestellt wissen will, ist sein Feststellungsantrag ebenfalls unzulässig.
53Der Auffassung des Klägers, dieser Feststellungsantrag sei als vorbeugende Feststellungsklage zulässig, kann nicht gefolgt werden. Der Vortrag des Klägers lässt schon nicht erkennen, dass er die Verwendung der Bezeichnung „Office“ tatsächlich ernsthaft in Betracht zieht. Zu dem Inhalt seines Schreibens an die Beklagte vom 24.10.2015 hat er allein vorgetragen, dass er darin eine Vergleichslösung mit der Beklagten habe „ausprobieren wollen“, ob man sich auf die Bezeichnung „Office“ einigen könne. Zwar hat ein Geschäftsführer der Beklagten mit E-Mail vom 28.10.2015 die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Bezeichnung „Office“ nur um eine Übersetzung des Wortes „Büro“ ins Englische handele, was an der in dem Bescheid vom 22.10.2015 vertretenen Rechtsauffassung nichts ändere. Jedoch handelt es sich um eine weitere missbilligende Belehrung bei dieser E-Mail vom 28.10.2015 offenkundig nicht; als eine solche hat der Kläger diese E-Mail auch ersichtlich nicht verstanden. Damit ist ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits bereits schon nicht in der erforderlichen Weise konkretisiert bzw. individualisiert, dass ein Nichtbestehen oder Bestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden könnte. Auch nach der von dem Kläger zitierten Literaturauffassung ist ein Konkretisierungsgrad entsprechend dem Niveau einer missbilligenden Belehrung zu fordern, woran es hier fehlt. Überzeugend zieht die von dem Kläger selbst angeführte Literaturauffassung aus diesem Erfordernis die Schlussfolgerung, dass ein entsprechendes Schreiben einer Rechtsanwaltskammer als Belehrungsbescheid bereits angreifbar sei, so dass im Ergebnis die Rechtsfigur einer vorbeugenden Feststellungsklage für Fragen des anwaltlichen Berufsrechtes als entbehrlich erscheine. Hinzu kommt, dass das darüber hinaus erforderliche Rechtsschutzbedürfnis hier nicht gegeben ist. Selbst wenn man dies bejahen wollte, wenn der Anwalt ansonsten „dem Damoklesschwert in Form eines drohenden berufsrechtlichen Verfahrens“ nicht entgehen könne (so die vom Kläger zitierte Literaturauffassung, könnte hier ein Feststellungsinteresse nicht angenommen werden. Denn auch nach Deckenbrock (AnwBl. 2015, 365, 371 ff) ist ein durch ein Interesse des Rechtsanwalt an Dispositionssicherheit begründetes Rechtschutzbedürfnis nur dann gegeben, wenn es die beklagte Rechtsanwaltskammer ablehnt, von der ihr offenstehenden Möglichkeit einer Verbotsverfügung Gebrauch zu machen oder sich ein solches Einschreiten noch nicht abzeichnet (a.a.O. S. 373). Hier ist eine solche Konstellation nicht gegeben: Hier ist nicht erkennbar, dass die Beklagte es abgelehnt hätte, dem Kläger einen belehrenden Hinweis zu erteilen.
54Soweit der Kläger in der E-Mail eines Geschäftsführers der Beklagten vom 28.10.2015 „mehr als nur eine invitatio“ , nämlich eine Aufforderung zur Klageerhebung sehen will, so stellt dies ein offenkundiges Missverständnis in doppelter Hinsicht dar: Denn die Äußerung, dass der Kläger „natürlich“ die Möglichkeit habe, gegen den belehrenden Hinweis zu klagen, bezieht sich dem Sinn nach allein auf den im Einleitungssatz genannten belehrenden Hinweis der Beklagten vom 22.10.2015. Darüber hinaus ist in dieser E-Mail bei verständiger Würdigung keineswegs die Aufforderung enthalten, Äußerungen innerhalb dieser E-Mail im Wege der vorbeugenden Feststellungsklage zum Gegenstand eines Verfahrens vor dem Anwaltsgerichtshof zu machen.
55Soweit der Kläger schließlich in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Beklagte ihm mit einem Anschuldigungsverfahren vor der Generalstaatsanwaltschaft gedroht habe, ist dem dort in Bezug genommenen Schreiben der Beklagten vom 22.10.2015 schon nicht zu entnehmen, dass die Beklagte eine solche „Drohung“ gegenüber dem Kläger im hier gegebenen Zusammenhang zum Ausdruck gebracht hätte.
561.3.
57Soweit der Kläger in seinem Hauptantrag zu Ziffer 1b) die Vereinbarkeit mit dem anwaltlichen Berufsrecht hinsichtlich des von ihm verwendeten Adresszusatzes „c/o Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ festgestellt wissen will, ist sein Feststellungsantrag ebenfalls unzulässig.
58Die Vereinbarkeit des von ihm verwendeten Adresszusatzes „c/o Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ mit dem anwaltlichen Berufsrecht, die der Kläger mit seiner Feststellungsklage festgestellt haben will, ist auch hier die genaue Negation der seitens der Beklagten mit missbilligender Belehrung vom 22.10.2015 zum Ausdruck gebrachten Unvereinbarkeit mit dem anwaltlichen Berufsrecht hinsichtlich dieses Adresszusatzes. Auch hier gilt, dass dem Kläger die Möglichkeit offen steht, gegen die missbilligende Belehrung vom 22.10.2015 Anfechtungsklage zu erheben; mit seinem Hilfsantrag hat er von dieser Möglichkeit auch in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Der Kläger kann durch diese Anfechtungsklage Rechtsschutz in zumindest gleichem Umfang und mit gleicher Effektivität erreichen. Die gleichwohl erhobene Feststellungsklage scheitert auch insoweit somit an der Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 VwGO.
592.
60Der Hilfsantrag des Klägers, gestellt für den – gegebenen – Fall, dass der Senat die Sachurteilsvoraussetzungen der Feststellungsklage verneint, ist unbegründet.
612.1.
62Die Klage des Klägers ist als Anfechtungsklage statthaft (§ 112a Abs. 1, § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 VwGO).
63Nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 und 4 BRAO hat der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die Aufgabe, die Kammermitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren sowie die Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben. Es ist zu Recht anerkannt, dass für die Kammervorstände auch die Möglichkeit besteht, bei berufsrechtswidrigem Verhalten zwischen einfacher Belehrung und Rüge einen sogenannten belehrenden Hinweis bzw. eine missbilligende Belehrung zu erteilen (vgl. BGH Beschluss vom 21.01.2014 AnwZ (Brfg) 67/12; BGH NJW 2012, 3102 Rn. 12; BGH Beschluss vom 24.10.2012 AnwZ (Brfg) 14/12 Rn. 4; Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl., § 73 Rn. 28 ff).
64Belehrende Hinweise bzw. missbilligende Belehrungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.10.2014 – AnwZ (Brfg) 67/13 Rn. 7 = NJW 2015, 45 = BRAK-Mitt. 2015, 45; BGH Urteil vom 03.11.2014 – AnwZ (Brfg) 72/13 Rn. 7 = NJW-RR 2015, 186 = BRAK-Mitt. 2015, 39, zuletzt etwa BGH Beschluss vom 18.07.2016 AnwZ (Brfg) 22/15 Rn. 10) namentlich dann, wenn sie ein Handlungsgebot oder Handlungsverbot aussprechen, als in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingreifende Verwaltungsakte anzusehen, die mit der Anfechtungsklage angefochten werden können.
65Hier hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 22.10.2015 eine – zudem optisch hervorgehobene - Entscheidungsformel verwendet und ein konkret formuliertes Unterlassungsgebot ausgesprochen. Das Schreiben der Beklagten beschränkt sich damit nicht etwa darauf, die Auffassung der Beklagten hinsichtlich des Vorliegens eines Verstoßes zu vermitteln. Vielmehr hat sie sich durch die Entscheidungsformel und die im letzten Satz wiederholte Betonung des Bestehens einer Verpflichtung des Klägers zum Unterlassen, dass sie sich im Vorgriff auf eine bei Zuwiderhandeln ohne Weiteres erfolgende Einleitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens bereits auf eine verbindliche Regelung der aufgeworfenen Fragen festgelegt. Damit ist der Bereich präventiver Hinweise ohne Regelungscharakter verlassen. Für das Vorliegen eines Verwaltungsakts spricht schließlich, dass die Belehrung mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und förmlich zugestellt worden ist.
662.2.
67Die auch im Übrigen zulässige Anfechtungsklage des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.10.2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
68Die Verwendung der Bezeichnung „Büro L“ durch den Kläger ist berufsrechtswidrig, weil es sich hierbei um irreführende Werbung handelt.
69Nach § 6 Abs. 1 BORA darf der Rechtsanwalt über seine Dienstleistung und seine Person informieren, sofern die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind. Eine sachliche Information liegt dann nicht vor, wenn der wiedergegebene Inhalt nicht zutrifft oder geeignet ist, den Empfänger der Information irrezuführen.
70Der Kläger verwendet auf Briefkopf und im Internet unterschiedslos die Formulierung „Büro C“ und „Büro L“. Dies stellt eine Irreführung dar, weil die Unterschiede zwischen den „Büros“ als derartig bedeutsam zu bewerten sind, dass die seitens des Klägers vorgenommene Gleichsetzung nicht gerechtfertigt ist.
71Bei dem „Büro C“ handelt es sich um die angestammten Kanzleiräume, in denen der Kläger seit jeher den Beruf als Rechtsanwalt ausübt; der Kläger selbst bezeichnet C als den „Hauptsitz“ seiner Kanzlei.
72Anders als der Kläger meint, handelt es sich bei seiner Zweigstelle in L um kein vollwertiges Büro. Denn tatsächlich unterhält der Kläger in L kein eigenes Büro in eigenen oder gemieteten Räumen. Bei der angegebenen Anschrift handelt es sich vielmehr um ein Bürocenter der Fa. S L1, bei der nicht etwa der Kläger, sondern die „Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ ein „virtuelles Büro“ angemietet hat. Dabei fungiert die „Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ als Bürodienstleister des Klägers, indem sie vortragsgemäß „die von ihr angemietete Einrichtung“ an die Kanzlei des Klägers überlasse. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt hat, steht er damit in keiner Vertragsbeziehung mit der Fa. S, sondern ausschließlich die eine eigenständige Rechtspersönlichkeit bildende „Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“. Daraus folgt, dass der Kläger selbst in L weder ein reales noch ein virtuelles Büro unterhält. Sein Innehaben eines Büros in L beschränkt sich darauf, der „V2“ entgegengebrachte Leistungen in Empfang zu nehmen. Damit sind die vom Kläger für das „Büro L“ angegebene Anschrift sowie die angegebenen Nummern für Telefon und Fax solche, die die Fa. S der „V2“ – und nicht dem Kläger – zur Nutzung überlassen hat. Hierzu hat der Kläger vor dem Senat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Fa. S der „V2“ eine Weitervermietung untersagt hat. Damit gibt der Kläger eine Anschrift und Kommunikationsmöglichkeiten an, die nicht ihm, sondern einer „V2“ zur Verfügung gestellt werden. Von dem Internetauftritt und dem Briefkopf geht, soweit dort unterschiedslos die „Büros“ in C und L erwähnt werden, eine Irreführung aus, weil der Kläger selbst in L weder ein Büro noch eine Büronutzungsmöglichkeit vorhält.
73Anders als der Kläger meint, entfällt eine Irreführung für den Bereich des Internets nicht dadurch, dass es im Impressum des Internetauftritts des Klägers heißt (vgl. Bl. 34 oben GA):
74„V.i.S.d. § 5 TMG:
75Rechtsanwalt Dr. S2, Kontaktdaten
76Der Hauptsitz der Kanzlei ist C“
77Abgesehen davon, dass eine solche Angabe im Impressum des Internetauftritts des Klägers eine von dem von ihm verwendeten Briefkopf ausgehende Irreführung nicht aufheben oder geringer erscheinen lassen könnte, ist eine solche Wirkung auch für den Bereich des Internetauftritts zu verneinen. Denn der Kläger räumt selbst ein, dass auf der „landingpage“ ein solcher Hinweis gerade nicht enthalten ist. Die bloße Möglichkeit von dieser Seite aus das Impressum aufzurufen, schließt eine von dieser „landingpage“ ausgehende Irreführung nicht aus. Dies schon deshalb nicht, weil die Wirkung der Eingangsseite von der bloßen Möglichkeit, die Impressumsseite anzuklicken und dort die Pflichtangaben nach dem Telemediengesetz nachzulesen, nicht berührt wird. Der Kläger hat selbst keine textliche Verknüpfung seiner Angaben zu den „Büros“ und dem Impressum hergestellt. Deshalb erschließt sich eine solche Verknüpfung auch nicht für den Besucher der Eingangsseite. Überdies lässt auch die Impressumsangabe nicht erkennen, dass dem Kläger selbst unmittelbar eine Raum- und Kommunikationsmittelnutzungsmöglichkeit nicht eingeräumt ist.
78Die Irreführung entfällt für den Bereich der Verwendung von Briefköpfen nicht dadurch, dass der Kläger teilweise auf dem Briefkopf zu der Angabe „Büro L“ den Zusatz „c/o Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ hinzugefügt hat. Denn der Zusatz „c/o“ wird herkömmlicherweise als bloße Zustellungsanweisung angesehen, die im postalischen Schriftverkehr der Erleichterung der Zustellung dient. Damit ist dieser Zusatz nicht geeignet, die vorerwähnte Irreführung in der gebotenen Klarheit entfallen zu lassen. Denn dem Betrachter eines solchen Briefkopfes des Klägers wird damit nicht vor Augen geführt, dass der Kläger in L an der angegeben Anschrift weder über ein eigenes Büro noch über eine ihm selbst seitens des Betreibers des Bürocenters eingeräumte Büronutzungsmöglichkeit verfügt.
79Zudem stellt die seitens des Klägers praktizierte Handhabung einen Verstoß gegen § 2 Abs. 5 Satz 2 BORA dar. Denn tatsächlich nimmt der Kläger die Dienste von Unternehmen in Anspruch, indem er unmittelbar Bürodienstleistungen der „V2“ und mittelbar solche der Fa. S in Anspruch nimmt. Diese Unternehmen erhalten Kenntnis von verschwiegenheitsgeschützten Tatsachen i.S.d. § 2 Abs. 5 Satz 1 BORA allein schon dadurch, dass diese des Kommunikationsvorgangs zwischen Mandant und Anwalt gewahr werden. Der Kläger hat diesen Unternehmen die in § 5 Abs. 2 Satz 2 BORA genannte Pflicht berufsrechtswidrig nicht „auferlegt“.
80Anders als die Beklagte meint liegt darin, dass der Kläger sein „Büro L“ nicht als „Zweigstelle“ kenntlich gemacht hat, keine Berufsrechtswidrigkeit. Der Senat verweist hierzu auf sein Urteil vom 17.04.2015 (1 AGH 38/14 = BRAK-Mitt 2015, 254). Der von der Beklagten angeführten Entscheidung des BGH vom 24.09.2015 (AnwZ (Brfg) 31/15) kann für den hier gegebenen Zusammenhang nichts entnommen werden; dort wurde ein Verstoß gegen § 10 BRAO bejaht, weil ein Briefbogen eine Zuordnung der dort genannten Anwälte zu den Kanzleisitzen nicht erkennen ließ.
813.
82Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 112c, 194 Abs. 1 BRAO, §§ 155 Abs. 1, 167 Abs. 2 VwGO.
83Ein Anlass, die Berufung nach § 124 VwGO, § 112c Abs. 1 BRAO zuzulassen, besteht nicht.
84Weder weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§§ 124a Abs. 1 Satz 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO); die entscheidungserheblichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt.
85Ein Fall der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben, weil das Urteil des Senats tragend weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesverfassungsgerichts oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht.
86Rechtsmittelbelehrung
87Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Heßlerstraße 53, 59065 Hamm, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen,
88- 89
1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
913. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
924. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
935. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
94Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein nach dem Vorstehenden Vertretungsberechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige Vollziehung einer Widerrufsver-fügung angeordnet und die aufschiebende Wirkung weder ganz noch teilweise wiederhergestellt worden ist. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
95Die Festsetzung des Streitwerts ist unanfechtbar.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Anwaltsgerichtshof NRW Urteil, 30. Sept. 2016 - 1 AGH 49/15
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Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 12.09.2014 wird aufgehoben, soweit die Beklagte dem Kläger einen belehrenden Hinweis dahin erteilt hat, dass die Verwendung des Wortes „Standorte“ auf der Homepage der Klägerin gegen das Gebot, eine Zweigstelle ausreichend nach außen kenntlich zu machen, sowie gegen das Verbot der irreführenden Werbung verstoße, letzteres hinsichtlich des Standortes L jedoch nur soweit sich der belehrende Hinweis auf die Zeit ab dem 01.10.2014 bezieht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegen einander aufgehoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicher-heitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Berufung wird für beide Parteien zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
1
Tatbestand
2Die Klägerin zu 2) [im Folgenden: die Klägerin], deren Hauptsitz sich in C befindet, teilte jedenfalls im Februar 2014 auf ihrer Homepage mit: „X vor Ort. Wir sind für Sie da. Der Hauptsitz unserer Kanzlei befindet sich in der Kurstadt C. Außerdem sind wir noch an drei weiteren Standorten für Sie da: in O, L und N“ (vgl. Ausdrucke des Internet-auftritts der Klägerin, ausgedruckt am 05.02.2014 Bl. 2, 4 bis 7 BA). Geschäftsführer der Klägerin ist der Kläger zu 1) [im Folgenden: der Kläger].
3Mit Schreiben vom 17.02.2014 äußerte die Beklagte in einem Schreiben, in dessen Adressfeld es im Anschluss an die Bezeichnung der Klägerin heißt: „Herrn Ge-schäftsführer Rechtsanwalt X persönlich/vertraulich“, dass durch die Angabe der weiteren Standorte der Eindruck einer Größe entstehe und das Vor-handensein von weiteren Kanzleisitzen vermittelt werde, was nicht den Tatsachen entspreche. Dort seien keine Zweigstellen errichtet; vielmehr stelle ein Büroservice-Anbieter die angegebenen Telefonnummern und sein Büro zur Verfügung, so dass dort bei Bedarf Büroräume stunden- oder tageweise angemietet werden könnten. Eine Rechtsanwaltsgesellschaft könne nur Zweigniederlassungen oder auswärtige Sprechtage anbieten; Zweigstellen seien der Beklagten jedoch nicht angezeigt worden.
4Daraufhin teilte die Klägerin in einem seitens des Klägers unterzeichneten, in der „Ich“-Form abgefassten Schreiben vom 31.03.2014 der Beklagten mit, dass es sich bei den weiteren Standorten nicht um Zweigniederlassungen, sondern um Zweig-stellen handele. Der Büroservice beschränke sich auf die Standorte L und N; in O bestünde eine Bürogemeinschaft mit den RAen K pp.. Die Standorte erfüllten alle Kriterien einer Zweigstelle. Die Möglichkeit, Zweigstellen zu unterhalten, führe immer zu dem Eindruck von Größe, so dass keine gegen § 6 BORA verstoßende Werbung vorliege.
5Daraufhin erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2014 adressiert „persönlich/vertraulich“ an den Kläger einen belehrenden Hinweis. Es könne dahinstehen, ob es sich bei den Standorten um Zweigniederlassungen oder um Zweigstellen handele. Handele es sich um Zweigniederlassungen ergäbe sich eine Anzeigepflicht aus § 59 m Abs. 1 Satz 1 BRAO. Im Falle von Zweigstellen ergäbe sich die Anzeigepflicht aus § 27 BRAO. In jedem Fall sei ein Verstoß gegen die Anzeigepflichten gegeben. Ferner läge durch die Verwendung des Wortes „Standort“ ein Verstoß gegen das Erfordernis der Kenntlichmachung einer Zweigstelle vor. Dies verstoße gegen das Verbot der irreführenden Werbung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG, weil nach außen der Eindruck erweckt werde, es handele sich um personell voll-wertige und in der Erreichbarkeit vergleichbare Kanzleisitze. Zudem sei auch ein Verstoß gegen §§ 43 b BRAO, 6 BORA gegeben, da durch die uneingeschränkte Angabe dreier weiterer Standorte der Eindruck von Größe und das Vorhandensein von weiteren personell gleichwertig ausgestalteten Kanzleisitzen vermittelt werde, welche gerade nicht lediglich als Zweigstellen ausgestattet seien. Unter Gesamt-abwägung der angeführten Verstöße erscheine es noch ausreichend in der Sache einen belehrenden Hinweis zu erteilen und von weitergehenden Maßnahmen abzusehen. Beigefügt ist dem Schreiben der Beklagten eine Rechtsmittelbelehrung.
6Dieser Bescheid ist am 12.09.2014 mit einem von der Beklagten formulierten und von dem Kläger unterzeichneten Empfangsbekenntnis zugestellt worden, in dem es heißt: „Hiermit bestätige ich den Erhalt des an mich gerichteten belehrenden Hinweises der … in dem gegen mich eingeleiteten Aufsichtsverfahren zum Az. …“.
7Hiergegen haben sich die Klage des Klägers und der Klägerin gerichtet.
8Sie haben geltend gemacht, dass das Aufsichtsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet worden sei, während sich der belehrende Hinweis allein an den Kläger richte. Der belehrende Hinweis sei deshalb an den falschen Adressaten gegangen, da er sich inhaltlich allein auf die Klägerin beziehe.
9Zwar sei gegenüber der Klägerin noch kein belehrender Hinweis ergangen; da die Klägerin dies jedoch befürchten müsse, wenn die Beklagte die falsche Zustellung bemerke, bestehe auch das Feststellungsinteresse für ihre Klage gerichtet auf die Feststellung, dass die Klägerin zu 2) keine Pflichtverstöße im Sinne des belehrenden Hinweises begangen habe. Ein Hilfsantrag, gerichtet auf Aufhebung des belehrenden Hinweises gegenüber der Klägerin, werde gestellt für den Fall, dass das Gericht den belehrenden Hinweis auch gegenüber der Klägerin als zugestellt erachte.
10Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht gemäß § 27 BRAO sei nicht gegeben. Eine gegenteilige Sichtweise der Beklagten sei mit dem klaren Wortlaut von § 59 m Abs. 2 BRAO und der Entstehungsgeschichte dieser Norm nicht zu vereinbaren.
11Zu einer Kenntlichmachung einer Zweigstelle als einer solchen bestünde keine Verpflichtung. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des BGH vom 16.06.2012
12Az I ZR 74/11. Außerdem werde der Begriff des Standorts von einer Vielzahl von Kanzleien gleich welcher Rechtsform verwendet.
13Die von der Klägerin verwendeten Standorte führten auch nicht zu irreführenden Angaben. Für den Verbraucher sei durchaus die eingeschränkte Erreichbarkeit gewährleistet, da zwangsläufig die Präsenz nicht gleichzeitig an allen Standorten gewährleistet werden könne. Die Auffassung der Beklagten, eine Terminierung und eine Erreichbarkeit eines Anwalts sei vor Ort kurzfristiger und flexibler zu gestalten, treffe nicht zu und werde der vorangeschrittenen Spezialisierung vieler Berufsträger nicht gerecht. Auch würden bei allen überörtlich tätigen Kanzleien vor allem wichtige Berufsträger für mehrere Standorte aufgeführt.
14Ein Verstoß gegen § 6 BORA liege schließlich ebenfalls nicht vor. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten basiere allein auf einem fehlerhaften Verständnis von Zweigstellen iSd § 27 BRAO.
15Nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.02.2015 hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen.
16Der Kläger beantragt,
17den belehrenden Hinweis aufzuheben.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie macht geltend, dass sich das Aufsichtsverfahren allein gegen den Kläger aufgrund seiner Funktion als Geschäftsführer und damit als Organ der Klägerin gerichtet habe. Es gehöre zu dessen Aufgaben, auf die Einhaltung der beruflichen Pflichten zu achten. Die Klägerin sei weder Beschwerdegegnerin im Aufsichts-verfahren noch Adressatin des angefochtenen Bescheids und damit nicht beschwert, so dass ihre Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei.
21In der Sache nimmt die Beklagte Bezug auf ihren Bescheid sowie auf eine in BRAK-Mitt. 2014, 320 veröffentlichte Entscheidung des Landgerichts Hamburg. Auch die von dem Kläger zu verantwortende Homepage der Klägerin werbe mit Städtenamen ohne dort – dies gelte jedenfalls für L und N - physisch vertreten zu sein.
22Entscheidungsgründe
23Die zulässige Klage des Klägers hat teilweise Erfolg.
241.
25Die Klage des Klägers ist als Anfechtungsklage statthaft (§ 112a Abs.1, § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 VwGO).
26Nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 und 4 BRAO hat der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die Aufgabe, die Kammermitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren sowie die Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben. Es ist zu Recht anerkannt, dass für die Kammer-vorstände auch die Möglichkeit besteht, bei berufsrechtswidrigem Verhalten zwischen einfacher Belehrung und Rüge einen sogenannten belehrenden Hinweis bzw. eine missbilligende Belehrung zu erteilen (vgl. BGH Beschluss vom 21.01.2014 AnwZ (Brfg) 67/12; BGH NJW 2012, 3102 Rn. 12; BGH Beschluss vom 24.10.2012 AnwZ (Brfg) 14/12 Rn. 4; Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Aufl., § 73 Rn. 31; Feuerich/ Weyland/Böhnlein a.a.O. § 112a Rn. 24).
27Belehrende Hinweise bzw. missbilligende Belehrungen, sind nach der Recht-sprechung des BGH (Urteil vom 27.10.2014 – AnwZ (Brfg) 67/13 Rn. 7; BGH Urteil vom 03.11.2014 – AnwZ (Brfg) 72/13 Rn. 7) namentlich dann, wenn sie mit einem Handlungsverbot verbunden sind, als in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingreifende Verwaltungsakte anzusehen, die mit der Anfechtungsklage angefochten werden können.
28Zwar hat die Beklagte davon abgesehen, eine Entscheidungsformel zu verwenden; ein konkretes Verbot oder ein Unterlassungsgebot wird nicht formuliert. Der Bescheid beschränkt sich darauf, einen Verstoß gegen die Anzeigepflicht einer Zweigstelle, gegen das Erfordernis der Kenntlichmachung einer Zweigstelle festzustellen sowie einen Hinweis darauf zu geben, dass der Eindruck des Vorhandenseins weiterer personell gleichwertig ausgestatteter Kanzleisitze zu vermitteln.
29Allerdings ist der Bereich präventiver Hinweise ohne Regelungscharakter auch dann verlassen, wenn die Belehrung erkennen lässt, dass sich die Rechtsanwaltskammer im Vorgriff auf eine bei Zuwiderhandeln ohne Weiteres erfolgende Einleitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens bereits auf eine ver-bindliche Regelung der aufgeworfenen Fragen festgelegt hat. Dies ist hier nach dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 12.09.2014 der Fall. Für das Vorliegen eines Verwaltungsakts spricht schließlich, dass die Belehrung mit einer Rechts-mittelbelehrung versehen und förmlich zugestellt worden ist.
302.
31Die Beklagte hat zu Recht den belehrenden Hinweis an den Kläger – und nicht etwa an die frühere Klägerin - gerichtet.
32Ausgangspunkt ist, dass der Vorstand einer Rechtsanwaltskammer nach § 74 Abs. 1 Satz 1 BRAO ein Rügerecht gegenüber Rechtsanwälten hat, die die ihnen obliegen-den Pflichten verletzten. Nach § 59 f Abs. 1 BRAO werden Rechtsanwaltsgesell-schaften von Rechtsanwälten „verantwortlich geführt“; nach § 35 GmbHG vertritt der Geschäftsführer die GmbH. Überdies folgt aus der Zusammenschau der §§ 60 Abs. 1 Satz 3, 74 Abs. 6, 115 c BRAO weitergehend, dass auch solche Geschäfts-führer einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die nicht Rechtsanwälte sind, für ihr Fehl-verhalten im Zusammenhang mit ihrer Geschäftsführertätigkeit zur Verantwortung zu ziehen sind. Da Adressat der verpflichtenden Bestimmungen die Rechtsanwaltsge-sellschaft ist (Henssler/Prütting/Dittmann, 4. Aufl., § 115 c BRAO Rn. 2), jedoch eine Rechtsanwaltsgesellschaft als juristische Person anwaltsgerichtlich nicht belangt werden kann (Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 115 c BRAO Rn. 1; Gaier/Wolf/Göcken/ Zuck, 2. Aufl., § 115 c BRAO Rn. 2 ), ist es allgemein anerkannt, dass sämtliche
33– selbst berufsangehörig oder nicht - Geschäftsführer auf die Einhaltung der der Rechtsanwaltsgesellschaft obliegenden beruflichen Pflichten zu achten haben (Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 74 BRAO Rn. 1; Henssler/Prütting/Hartung, 4. Aufl., § 74 BRAO Rn. 60; aA Lang BRAK-Mitt. 2013, 159 nach dessen Auffassung weder die RA-Gesellschaft noch ihr Geschäftsführer disziplinarrechtlich belangt werden können).
343.
35Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs im Ver-waltungsverfahren bestehen nicht. Das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 17.02.2014 ist an den Kläger ausdrücklich in seiner Geschäftsführereigenschaft gerichtet (vgl. die dortige Adressierung). Allerdings heißt es im Text dieses Schreibens „Ihre Homepage“, was nicht auf den Kläger, sondern nur auf die Klägerin zutrifft. Tatsächlich war dem Kläger nicht entgangen, dass sich das Aufsichts-verfahren gegen ihn persönlich richtete. Denn in seiner Stellungnahme vom 31.03.2014 verwendet der Kläger (nicht die frühere Klägerin) die Formulierung „ich mich“. Überdies hatte der Kläger im Klageverfahren umfassende Gelegenheit zur Stellungnahme.
364.
37Die Anfechtungsklage des Klägers hat Erfolg, soweit ihm die Beklagte einen belehrenden Hinweis dahin erteilt hat, dass er durch die Verwendung des Wortes „Standorte“ gegen das Gebot, eine Zweigstelle ausreichend nach außen kenntlich zu machen, verstoßen habe. Der Senat legt den belehrenden Hinweis der Beklagten in diesem Zusammenhang dahin aus, dass die Beklagte mit dem Bemängeln des Fehlens einer „ausreichenden Kenntlichmachung“ zum Ausdruck gebracht hat, dass der Internetauftritt um eine zusätzliche Kenntlichmachung zu ergänzen sei.
38Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2010, 3787 Rn. 28 = BRAK-Mitt. 2010, 267) korrespondiert der Begriff der „Zweigstelle” nach allgemeinem Sprachgebrauch mit dem – im Gesetz nicht verwandten – Begriff der „Hauptstelle”; deshalb bilden die Begriffe „Kanzlei“ und „Zweigstelle“ keine Gegensätze. Bei der Zweigstelle und der Hauptstelle handelt es sich danach (BGH a.a.O. Rn. 28) jeweils um Niederlassungen der „Kanzlei”, die sich danach unterscheiden, in welcher der Rechtsanwalt seine berufliche Tätigkeit ihrem Schwerpunkt nach entfaltet.
39Eine gesetzliche Pflicht, den Zusatz „Zweigstelle“ zu verwenden, sieht die BRAO nicht ausdrücklich vor. Ob sich eine solche Pflicht gleichwohl begründen lässt, ist umstritten (vgl. insoweit den Streitstand bei Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 27 BRAO Rn. 28; Gaier/Wolf/Göcken/Siegmund, 2. Aufl., § 27 BRAO Rn. 93; Henssler/Prütting, 4. Aufl., § 27 BRAO Rn. 24). Die Beklagte steht in dem angefochtenen belehrenden Hinweis (unter II. 2.) selbst auf den Standpunkt, dass die Verwendung des Zusatzes „Zweigstelle“ nicht zwingend erforderlich sei.
40Zur Briefbögengestaltung nach § 10 BORA hat der BGH (NJW 2013, 314 = BRAK-Mitt. 2012, 226) entschieden, dass ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet ist, auf seinen Briefbögen durch Verwendung der Begriffe „Kanzlei“ und „Zweigstelle“ kenntlich zu machen, wo er seine Kanzlei und wo er Zweigstellen unterhält. Er ist danach auch nicht verpflichtet, auf seinen Briefbögen den Standort der Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO anzugeben. Er hat nach dieser Bestimmung auf solchen Briefbögen nur die Anschrift der Zweigstelle und nicht auch die Anschrift der (Haupt-)Kanzlei anzugeben.
41Nach Auffassung des Senats sind diese Grundsätze zur Briefbögengestaltung auf die Gestaltung eines Internetauftritts übertragbar. Nichts spricht dafür, die Angaben auf einer Homepage strengeren Anforderungen zu unterwerfen als die Angaben auf einem Briefbogen. Mit beiden Gestaltungsmitteln tritt der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwaltsgesellschaft in die Öffentlichkeit; sie müssen sich dabei stets an denselben Maßstäben messen lassen.
42Ist der Rechtsanwalt damit rechtlich nicht verpflichtet, seine einzelnen Kanzleisitze als „Kanzlei“ oder „Zweigstelle“ kenntlich zu machen, kann der Klägerin von vorn-herein nicht vorgehalten werden, unterhaltene Zweigstellen seien auf der Homepage nicht ausreichend gekennzeichnet, ohne dass es an dieser Stelle darauf ankäme, ob es sich bei den „Standorten“ der Klägerin um Zweigstellen handelt. Denn die Er-wähnung der Kanzleisitze erfolgt im hier in Rede stehenden Internetauftritt keines-wegs unterschiedslos. Durch die Formulierung „Der Hauptsitz unserer Kanzlei be-findet sich in der Kurstadt C. Außerdem sind wir noch an drei weiteren Standorten für Sie da …:“ ist auf der Homepage eine Differenzierung in der Weise vorgenommen worden, dass eine Abstufung in Gestalt der Unterscheidung zwischen „Hauptsitz“ und „drei weiteren Standorten“ erfolgt ist. Damit erweckt die Internetseite nicht den Eindruck, dass alle vier Standorte gleichrangig seien; vielmehr wird klar, dass C als Hauptsitz herausgehoben ist und dass den weiteren drei Standorten eine geringe Wertigkeit als dem Hauptsitz zukommt.
43Eine weitergehende Kenntlichmachung dieser drei weiteren Standorte als Zweig-stelle ist damit rechtlich von vornherein nicht zu verlangen. Deshalb ist der dies fordernde belehrende Hinweis der Beklagten in jedem Fall zu Unrecht erfolgt. Der angefochtene Beschluss unterliegt deshalb insoweit der Aufhebung.
445.
45Soweit die Beklagte den belehrenden Hinweis erteilt hat, dass die gleichlautende Verwendung des Begriffs des Standorts gegen das Verbot der irreführenden Werbung verstoße, weil nach außen der Eindruck erweckt werde, es handele sich um vollwertige, personell gleichwertig ausgestattete und in der Erreichbarkeit ver-gleichbare Kanzleisitze, gilt folgendes:
465.1.
47Im Hinblick auf die Erörterungen im Senatstermin und die belegten Darlegungen der Kläger im Schriftsatz vom 23.03.2015 ist von folgenden tatsächlichen Umständen auszugehen:
48In O bestand und besteht eine Bürogemeinschaft zwischen der Klägerin und den Rechtsanwälten K, wobei die Klägerin Untermieterin in den Räumen der Rechtsanwälte K ist. Die Zusammenarbeit ist so ausgestaltet, dass insolvenz-rechtliche Mandate, die an diese Rechtsanwälte herangetragen werden, für die Klägerin angenommen werden und ein Termin mit dem Kläger organisiert wird, der dann in dem angemieteten Raum bei den Rechtsanwälten K wahrgenommen wird.
49Im N war für die Klägerin bis zum 31.12.2013 zunächst allein ein Büro-dienstleister tätig. Ab dem 01.01.2014 war die Klägerin Untermieterin in den Kanzleiräumen des Rechtsanwalts Dr. A; der Kläger ist dort jeweils freitags anwesend gewesen. Zum 01.01.2015 ist es zu einer Kanzleiübernahme durch die Klägerin gekommen; Rechtsanwalt Dr. A ist dort ausgeschieden; die anwaltlichen und nichtanwaltlichen Mitarbeiter sind nunmehr Beschäftigte der Klägerin; alleiniger (Haupt-)Mieter sämtlicher Kanzleiräume ist seit Jahresbeginn 2015 die Klägerin.
50In L war für die Klägerin bis zum 30.09.2014 allein ein Bürodienstleister tätig. Nach Kündigung dieses Vertrags im September 2015 ist die Klägerin in L nicht mehr tätig. Seit Oktober 2014 ist für die Klägerin in P ein Bürodienstleister tätig. In den Räumlichkeiten des dortigen Dienstleisters hält die Klägerin einen regelmäßigen Sprechtag ab, und zwar einmal wöchentlich.
51Damit ergibt sich folgende tatsächliche Situation:
52In O bestand und besteht eine Bürogemeinschaft mit dort ansässigen Rechtsanwälten.
53In L war für die Klägerin bis einschließlich September 2014 allein ein Büro-dienstleister tätig. Ab Oktober 2014 ist an dessen Stelle ein Büroservice in P getreten, wobei die Klägerin dort einmal wöchentlich einen Sprechtag abhält.
54In N hat die Klägerin in einer dort untergemieteten Räumlichkeit einmal wöchentlich einen Sprechtag abgehalten.
555.2.
56Anders als die Beklagte meint folgt eine Irreführung nicht bereits daraus, dass für alle auf der Homepage genannten Städte gleichlautend der Begriff des Standorts ver-wendet wird. Denn bereits vorstehend ist dargelegt worden, dass durch die For-mulierung „Der Hauptsitz unserer Kanzlei befindet sich in der Kurstadt C. Außerdem sind wir noch an drei weiteren Standorten für Sie da …:“ auf der Homepage der Klägerin eine Differenzierung in der Weise vorgenommen worden ist, dass eine Abstufung in Gestalt der Unterscheidung zwischen „Hauptsitz“ und „drei weiteren Standorten“ erfolgt ist. Damit erweckt die Internetseite nicht den Eindruck, dass alle vier Standorte gleichrangig seien; vielmehr wird klar, dass C als Hauptsitz herausgehoben ist und dass den weiteren drei Standorten eine geringere Wertigkeit als dem Hauptsitz zukommt. Allerdings findet sich bei den „drei weiteren Standorten“ untereinander keine weitere Unterscheidung, so dass der Internetauftritt der Klägerin somit den Eindruck nahelegt, dass diese „drei weiteren Standorte“ untereinander gleichartig und gleichwertig sind. Allerdings ist der Begriff des Standorts sehr unscharf. Laut duden.de sind Synonyme für Standort Begriffe wie Lage, Lokation, Ort, Platz, Position, Sitz, Stelle und Stellung. Damit ist der Begriff Standort so nichtssagend, dass eine Irreführung allein mit seiner Verwendung nicht verbunden sein könnte.
57Allerdings hat sich die Klägerin auf ihrer Homepage nicht auf die Verwendung des Begriffs des Standorts beschränkt; vielmehr hat sie die Formulierung „… sind wir noch an drei weiteren Standorten für Sie da“ verwendet. Einer solchen Formulierung ist ein weitergehender Aussagegehalt beizumessen als allein dem Begriff des Stand-orts. Denn die erweiterte Formulierung bringt zum Ausdruck, dass eine (physische) Präsenz vorhanden sei. Das Vorhandensein einer bloßen Kommunikationsmög-lichkeit allein reicht nicht aus, um die Aussage eines „da zu sein“ zu rechtfertigen. Sind lediglich Vorkehrungen dafür geschaffen, in zunächst technisch vermittelte und sodann persönliche Kommunikation zu treten, liegt allein die Bereitschaft vor, „da hin zu kommen“. Bei Vorhaltung einer bloßen Gelegenheit zur Kommunikation geht von der Formulierung „sind wir … für Sie da“ eine Irreführung aus.
585.3.
59Daran gemessen und angesichts der oben dargestellten tatsächlichen Verhältnisse ist der belehrende Hinweis der Beklagten, soweit sich dieser auf die Standorte O und N bezieht, zu Unrecht erfolgt; die Klage des Klägers hat deshalb insoweit Erfolg. Hinsichtlich des Standorts L ist die Klage des Klägers begründet, soweit sie sich auf die Zeit ab dem 01.10.2014 bezieht:
60Der Senat hat keinen Zweifel, dass von der Formulierung „sind wir … für Sie da“ keine Irreführung ausgeht, wenn – wie das bezogen auf die Stadt O der Fall war und ist - eine Bürogemeinschaft mit einer vor Ort bestehenden Rechtsanwalts-kanzlei eingegangen wurde. Eine derartige Bürogemeinschaft mit einer örtlichen Kanzlei vermittelt nicht nur eine bloße Kommunikationsmöglichkeit, sondern schafft ein solches Maß von auch physischer Präsenz, dass durch die auf der Homepage der Klägerin verwendete Formulierung eine Irreführung nicht verbunden ist.
61Bezogen auf die Stadt N enthält die von der Klägerin auf ihrer Homepage verwendete Formulierung keine Irreführung. Durch die zum Jahresanfang 2014 erfolgte Anmietung einer Räumlichkeit innerhalb einer örtlich ansässigen Rechts-anwaltskanzlei und regelmäßig einmal wöchentlich abgehaltener Sprechtage liegt auch hier nicht nur die Vorhaltung einer bloßen Kommunikationsmöglichkeit vor, sondern einer ständigen physischen Präsenz. Für die Zeit ab Jahresbeginn 2015 gilt dies umso mehr als es zu diesem Zeitpunkt zu einer Übernahme jener Kanzlei durch die Klägerin gekommen, in deren Räumlichkeiten diese zuvor einen Raum gemietet und ihre Sprechtage abgehalten hatte.
62Bezogen auf die Stadt L bedarf es einer differenzierten Betrachtung: Hier bestand bis einschließlich September 2014 allein ein Büroservice ohne dass die Klägerin dort regelmäßige Sprechtage abgehalten hätte. Damit waren in der Stadt L lediglich Vorkehrungen für eine Kommunikationsgelegenheit getroffen worden ohne dass eine physische Präsenz gegeben war. Bei einer solchen Gestaltung der tatsächlichen Verhältnisse geht von der auf der Homepage der Klägerin verwendeten Formulierung „sind wir … für Sie da“ eine Irreführung aus.
63Für die Zeit ab Anfang Oktober 2014 gilt dies allerdings nicht mehr. Zwar bestand von diesem Zeitpunkt an in der Stadt P ebenfalls ein Büroservice; dort hielt die Klägerin jedoch regelmäßig einmal wöchentlich Sprechtage ab. Durch die nunmehr hinzu getretene physische Präsenz geht von der auf der Homepage der Klägerin verwendeten Formulierung „sind wir … für Sie da“ keine Irreführung aus.
64Damit ergibt sich, dass von der auf der Homepage der Klägerin verwendeten Formulierung zum Zeitpunkt des Erlasses und der Bekanntgabe durch Zustellung des angefochtenen Bescheides eine Irreführung ausging, während dies für den Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Rahmen der Anfechtungsklage des Klägers nicht mehr der Fall war.
65Dies hat zur Folge, dass der belehrende Hinweis zum Zeitpunkt seiner Erteilung gegenüber der Klägerin zutreffend ergangen ist; bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist der belehrende Hinweis zu Unrecht ergangen.
66Damit kommt es darauf an, auf welchen Zeitpunkt für die Beurteilung der Recht-mäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, soweit es sich hierbei um einen belehrenden Hinweis handelt, angesichts eingetretener Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen abzustellen ist. Der Senat beantwortet diese Frage für einen Fall wie den hier in Rede stehenden dahin, dass es auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ankommt.
67Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 190, 187 Rn. 10 = NJW 2011, 3234 = BRAK-Mitt. 2011, 246) bestimmt sich bei Anfechtungsklagen der für die gerichtliche Nachprüfung eines Verwaltungsakts maßgebliche Beurteilungszeitraum nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht. Dieses legt nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Aufhebung eines belastenden Verwaltungs-akts fest, sondern bestimmt auch, zu welchem Zeitpunkt sie erfüllt sein müssen. Daher sind tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen, die erst nach Abschluss des behördlichen Verwaltungsverfahrens oder gar erst nach Beendigung des erst-instanzlichen Gerichtsverfahrens eintreten und die zu einer abweichenden Be-urteilung führen würden, nur dann der jeweiligen gerichtlichen Entscheidung zu Grunde zu legen, wenn das materielle Recht ihre Berücksichtigung zulässt.
68Für verwaltungsbehördliche Rücknahme- oder Widerrufsverfügungen in berufs- oder gewerberechtlichen Zulassungsverfahren folgt aus der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.), dass das materielle Recht regelmäßig den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens als maßgebliche Beurteilungsgrundlage für die gerichtliche Überprüfung vorgibt, weil das materielle Recht in den genannten Fällen ein eigen-ständiges Wiederzulassungsverfahren vorsieht.
69Für Klagen gegen den Widerruf der Gestattung des Führens einer Fachanwalts-bezeichnung ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 2014, 1083 Rn. 9 = BRAK-Mitt. 2014, 212) weder auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Verwaltungsverfahrens noch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachen-verhandlung im gerichtlichen Verfahren abzustellen, sondern auf den Ablauf des jeweiligen Jahres, in dem die nach § 15 Abs. 1 S. 2 FAO in jedem Kalenderjahr aufs Neue zu erfüllende Fortbildungspflicht des Fachanwalts zu erfüllen war.
70Die Frage, auf welchen Zeitpunkt im Falle von Anfechtungsklagen gegen belehrende Hinweise abzustellen ist, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung, soweit ersicht-lich, noch nicht beschäftigt. Bei der Beantwortung dieser Fragestellung ist nach Auf-fassung des Senats von folgenden Erwägungen auszugehen:
71Die Anfechtbarkeit belehrender Hinweise findet seine Grundlage darin, dass der Bereich präventiver Hinweise ohne Regelungscharakter verlassen ist, wenn die Belehrung erkennen lässt, dass sich die Kammer im Vorgriff auf eine bei Zuwider-handeln gegen das Verbot bzw. die Unterlassung ohne Weiteres erfolgende Ein-leitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens bereits auf eine verbindliche Regelung der aufgeworfenen Fragen festgelegt hat (BGH NJW 2015, 72 Rn. 7 = BRAK-Mitt. 2015, 45; vgl. auch Senat BRAK-Mitt. 2014, 207, 208). Diese Festlegung ist die für den betroffenen Rechtsanwalt nachteilige Wirkung, mit der in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingegriffen wird.
72Die Wirkung des belehrenden Hinweises der Beklagten auf einen irreführenden Charakter der auf der Homepage der Klägerin verwendeten Formulierung geht deshalb über einen nur punktuellen Bezug auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses bzw. Bekanntgabe des belehrenden Hinweises hinaus. Vielmehr entwickelt der belehrende Hinweis seiner Natur nach wegen der zum Ausdruck gebrachten Festlegung seitens der Rechtsanwaltskammer für weitere Verfahren Wirkungen auch für die Zukunft. Es ist deshalb ebenso wie bei Verwaltungsakten mit Dauer-wirkung, bei denen die Wirkung nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern während eines bestimmten Zeitraums eintritt (vgl. Posser/Wolff/Decker, 2. Aufl., § 113 VwGO Rn. 22.1 zum Stichwort Dauer-Verwaltungsakt), auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.
73Allerdings ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Bescheid der Beklagten in dem hier in Rede stehenden Umfang zunächst bis Ende September 2014 rechtmäßig gewesen und erst ab Oktober 2014 durch die Veränderung der tatsächlichen Verhält-nisse unrechtmäßig geworden ist. Deshalb kann der belehrende Hinweis der Kam-mer insoweit auch allein für die Zeit ab Oktober 2014 aufgehoben werden; für die Zeit bis Ende September 2014 ist die Anfechtungsklage des Klägers unbegründet und deshalb abzuweisen (vgl. Posser/Wolff/Decker, 2. Aufl., § 113 VwGO Rn. 22.1 zum Stichwort Dauer-Verwaltungsakt; Kopp/Schenke, 20. Aufl., § 113 VwGO Rn. 43).
746.
75Die Klage des Klägers ist schließlich unbegründet, soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass die Beklagte ihm in dem angefochtenen Bescheid den belehrenden Hinweis erteilt hat, dass er gegen das Gebot, der Kammer die Errichtung einer Zweigstelle der Klägerin unverzüglich anzuzeigen, in seiner Eigenschaft als Ge-schäftsführer der Klägerin verstoßen hat.
76Beide Parteien dieses Rechtsstreits gehen übereinstimmend davon aus, dass einer Rechtsanwaltsgesellschaft die Möglichkeit zukommt, eine Zweigstelle errichten zu können; ihre Rechtsstandpunkte unterscheiden sich dadurch, dass die Klageparteien meinen, dass Zweigstellen einer Rechtsanwaltsgesellschaft keinen speziellen Rege-lungen unterlägen, während die Beklagte meint, es gelten die Regelungen über die Zweigstelle nach § 27 Abs. 2 BRAO.
77Der Senat teilt die Auffassung der Parteien, dass auch eine Rechtsanwaltsgesell-schaft eine Zweigstelle errichten kann. Allerdings unterliegt die Rechtsanwaltsgesell-schaft dabei den sich aus den §§ 27 Abs. 2 Satz 1, 59 m Abs. 1 Satz 1 BRAO ergebenden Anforderungen, so dass der Geschäftsführer zur unverzüglichen Anzeige einer Errichtung verpflichtet ist. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
78Ausgangspunkt ist, dass für Rechtsanwaltsgesellschaften nach § 59 m Abs. 2 BRAO die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Zweiten Teils gelten, nicht jedoch die des Zweiten Abschnitts des Zweiten Teils. Dem entsprechen die Ausführungen in der Amtlichen Begründung (BT-Drucks 13/9829 S, 19) zu § 59 m BRAO, wonach die Vorschriften über die Zulassung bei einem Gericht (§§ 18 – 36) für die in der Rechtsanwaltsgesellschaft tätigen Rechtsanwälte, nicht jedoch für die Rechts-anwaltsgesellschaft selbst gelten. Hieraus lässt sich entgegen der Auffassung der Kläger jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Klägerin bei der Errichtung von Zweigstellen von der Anzeigeverpflichtung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO freigestellt sei. Vielmehr spräche dies eher dafür, dass es einer Rechtsanwaltsgesellschaft überhaupt verwehrt sei, Zweigstellen zu errichten.
79Eine solche Schlussfolgerung würde jedoch nicht den rechtlichen Gegebenheiten gerecht. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sich die BRAO mit der Frage, ob und in welchem Umfang eine Rechtsanwaltsgesellschaft Zweigniederlassungen, Zweigstellen bzw. Betriebstätten errichten kann, nicht ausdrücklich befasst. Aus § 13 HGB folgt, dass eine Rechtsanwaltsgesellschaft wie jede andere juristische Person Zweigniederlassungen errichten kann und dabei den handelsrechtlichen Anmel-dungserfordernissen unterliegt. Die Möglichkeit, Zweigniederlassungen zu errichten, kann aber nicht dazu führen, dass der Rechtsanwaltsgesellschaft nicht auch die Möglichkeit zukommt, eine Zweigstelle zu errichten. Denn zu beachten ist, dass zu jenem Zeitpunkt, zu dem § 59 m Abs. 2 BRAO durch das am 07.09.1998 verkündete „Gesetz zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und anderer Gesetze“ (BGBl. I 2600) mit Wirkung zum 01.03.1999 in Kraft trat, noch § 28 Abs. 1 Satz 1 BRAO in der bis zum 31.05.2007 gültigen Fassung galt, nach der ein umfassendes Verbot der Errichtung von Zweigstellen bestand. Zuvor waren gegen das Zweigstellenverbot verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden, die der Senat im Hinblick auf die Art. 3, 12 GG geteilt hatte und die ihm Veranlassung für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG gegeben hatten (Senat BRAK-Mitt. 2006, 177). Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber das Zweigstellenverbot ohne weitere Rechtsgestaltung lediglich aufgehoben hat, ist seit dem 01.06.2007 die Regelung des § 59 m Abs. 2 BRAO verfassungskonform dahin auszulegen, dass die dort unterbliebene Bezugnahme auf § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO der Möglichkeit einer Rechtsanwaltsgesellschaft, eine Zweigstelle zu errichten, nicht entgegen steht (im Ergebnis ebenso Hartung, 5. Aufl., § 5 BORA Rn. 80; Gaier/Wolf/Göcken/Siegmund, 2. Aufl., § 27 BRAO Rn. 80). Denn nur diese Sichtweise wird dem Grundrecht aus Art. 12 GG gerecht, dass der Rechtsanwaltsgesellschaft umfassende Freiheiten zustehen, soweit nicht Einschränkungen auf verfassungsmäßige Weise vorgenom-men worden sind (vgl. in diesem Zusammenhang Gaier/Wolf/Göcken/Siegmund, 2. Aufl., § 27 BRAO Rn. 79c).
80Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen bedingt diese verfassungskonforme Auslegung des § 59 m Abs. 2 BRAO zugleich, dass die gesetzlichen Vorschriften, die für die Errichtung einer Zweigstelle durch einen Rechtsanwalt bzw. einer Zweig-niederlassung durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft gelten, auch für eine seitens einer Rechtsanwaltsgesellschaft errichteten Zweigstelle gelten.
81Denn für die Errichtung von Zweigniederlassungen einer Rechtsanwaltsgesellschaft hat das Gesetz in § 59 m Abs. 1 Satz 1 BRAO eine Mitteilungspflicht gegenüber der Rechtsanwaltskammer installiert, wie sie § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO für den eine Zweigstelle einrichtenden Rechtsanwalt enthält. Dies zeigt, dass nach der gesetz-lichen Konzeption dem Gesichtspunkt einer umgehenden Mitteilung gegenüber der Rechtsanwaltskammer ein hoher Stellenwert zugemessen worden ist. Angesichts des Zwecks der gesetzlich angeordneten Mitteilungspflichten, die Rechtsanwalts-kammern in die Lage zu versetzen, ihre gesetzlichen Aufgaben hinsichtlich der Führung des Rechtsanwaltsverzeichnisses und der Kontrolle im Hinblick auf berufswidriges Verhalten zu erfüllen (vgl. dazu Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 27 BRAO Rn. 8 sowie Feuerich/Weyland/Brüggemann, 8. Aufl., § 59 m BRAO Rn 1), ist es deshalb zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und aus Gründen folge-richtiger systematischer Gesetzesanwendung, dass die Errichtung einer Zweigstelle durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft denselben Mitteilungspflichten unterliegt wie die durch einen Rechtsanwalt errichtete Zweigstelle (a.A.Gaier/Wolf/Göcken/ Siegmund, 2. Aufl., § 27 BRAO Rn. 84).
82Der Annahme einer solchen Anzeigepflicht können die Kläger nicht entgegen setzen, dass § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO allein dem Zweck einer sachgerechten Führung des Rechtsanwaltsverzeichnisses diene und Rechtsanwaltsgesellschaften nicht in dieses Verzeichnis aufzunehmen seien. Es trifft zwar zu, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 31 BRAO von der Vorstellung ausgegangen ist, dass in das Rechtsanwaltsverzeichnis allein natürliche Personen und nicht Rechtsanwalts-gesellschaften aufgenommen werden sollen, weil er für deren Aufnahme kein Bedürfnis zu erkennen vermochte (BT-Drucks. 16/11 385 S. 35; kritisch hierzu Gaier/Wolf/Göcken/Siegmund, 2. Aufl., § 31 BRAO Rn. 26; Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 31BRAO Rn. 19e). Allerdings erschöpft sich der Zweck der Anzeigepflicht des § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO nicht allein in dem Bezug auf die sachgerechte Führung des Rechtsanwaltsverzeichnisses. Nach den Vorstellungen des Gesetz-gebers (BT-Drucks. 16/513 S. 15) dient diese Anzeigepflicht zugleich „der Aufsicht der Rechtsanwaltskammer“.
83Damit hat die Beklagte dem Kläger zutreffend den belehrenden Hinweis erteilt, dass er gegen das Gebot, der Kammer die Errichtung einer Zweigstelle der Klägerin un-verzüglich anzuzeigen, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin ver-stoßen hat. Insoweit erweist sich die Klage des Klägers als unbegründet.
847.
85Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 112 c BRAO, §§ 155, 167 Abs. 2 VwGO,
86 87Der Senat hat die Berufung für beide Parteien wegen grundsätzlicher Bedeutung (§§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 112c Abs. 1 BRAO) zugelassen.
88Rechtsmittelbelehrung
89Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist bei dem Anwalts-gerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Heßlerstraße 53, 59065 Hamm, zu stellen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils ist die Berufung zu begründen. Die Begrün-dung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen.
90Vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmen-gesetzes mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein nach dem Vorstehenden Vertretungsberechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige Vollziehung einer Widerrufsverfügung angeordnet und die aufschiebende Wirkung weder ganz noch teilweise wiederhergestellt worden ist. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
91Die Festsetzung des Streitwerts ist unanfechtbar.
(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:
- 1.
den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den Vertretungsberechtigten und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden, das Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen, - 2.
Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post, - 3.
soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde, - 4.
das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer, - 5.
soweit der Dienst in Ausübung eines Berufs im Sinne von Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. EG Nr. L 19 S. 16), oder im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. EG Nr. L 209 S. 25, 1995 Nr. L 17 S. 20), zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/38/EG der Kommission vom 20. Juni 1997 (ABl. EG Nr. L 184 S. 31), angeboten oder erbracht wird, Angaben über - a)
die Kammer, welcher die Diensteanbieter angehören, - b)
die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat, in dem die Berufsbezeichnung verliehen worden ist, - c)
die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und dazu, wie diese zugänglich sind,
- 6.
in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a des Umsatzsteuergesetzes oder eine Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c der Abgabenordnung besitzen, die Angabe dieser Nummer, - 7.
bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die sich in Abwicklung oder Liquidation befinden, die Angabe hierüber, - 8.
bei audiovisuellen Mediendiensteanbietern die Angabe - a)
des Mitgliedstaats, der für sie Sitzland ist oder als Sitzland gilt sowie - b)
der zuständigen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden.
(2) Weitergehende Informationspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Der Anwaltsgerichtshof entscheidet im ersten Rechtszug über alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nach diesem Gesetz, nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder nach einer Satzung einer Rechtsanwaltskammer oder der Bundesrechtsanwaltskammer, soweit nicht die Streitigkeiten anwaltsgerichtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind (verwaltungsrechtliche Anwaltssachen).
(2) Der Bundesgerichtshof entscheidet über das Rechtsmittel
- 1.
der Berufung gegen Urteile des Anwaltsgerichtshofes, - 2.
der Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes.
(3) Der Bundesgerichtshof entscheidet in erster und letzter Instanz
- 1.
über Klagen, die Entscheidungen betreffen, die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz oder die Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof getroffen hat oder für die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz oder die Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof zuständig ist, - 2.
über die Nichtigkeit von Wahlen und Beschlüssen der Bundesrechtsanwaltskammer und der Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof.
(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.
(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.
(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Der Vorstand hat die ihm durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. Ihm obliegen auch die der Rechtsanwaltskammer in diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse. Er hat die Belange der Kammer zu wahren und zu fördern.
(2) Dem Vorstand obliegt insbesondere,
- 1.
die Mitglieder der Kammer in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren; - 2.
auf Antrag bei Streitigkeiten unter den Mitgliedern der Kammer zu vermitteln; dies umfasst die Befugnis, Schlichtungsvorschläge zu unterbreiten; - 3.
auf Antrag bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedern der Kammer und ihren Auftraggebern zu vermitteln; dies umfasst die Befugnis, Schlichtungsvorschläge zu unterbreiten; - 4.
die Erfüllung der den Mitgliedern der Kammer obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben; - 5.
Rechtsanwälte für die Ernennung zu Mitgliedern des Anwaltsgerichts und des Anwaltsgerichtshofes vorzuschlagen; - 6.
Vorschläge gemäß §§ 107 und 166 der Bundesrechtsanwaltskammer vorzulegen; - 7.
der Kammerversammlung über die Verwaltung des Vermögens jährlich Rechnung zu legen; - 8.
Gutachten zu erstatten, die eine Landesjustizverwaltung, ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde des Landes anfordert; - 9.
bei der Ausbildung und Prüfung der Studierenden und der Referendare mitzuwirken, insbesondere qualifizierte Arbeitsgemeinschaftsleiter und die anwaltlichen Mitglieder der juristischen Prüfungsausschüsse vorzuschlagen.
(3) In Beschwerdeverfahren setzt der Vorstand die Person, die die Beschwerde erhoben hatte von seiner Entscheidung in Kenntnis. Die Mitteilung erfolgt nach Abschluss des Verfahrens einschließlich des Einspruchsverfahrens und ist mit einer kurzen Darstellung der wesentlichen Gründe für die Entscheidung zu versehen. § 76 Absatz 1 bleibt unberührt. Die Mitteilung ist nicht anfechtbar.
(4) Der Vorstand kann die in Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Nr. 1 bis 3 und Absatz 3 bezeichneten Aufgaben einzelnen Mitgliedern des Vorstandes übertragen.
(5) Beantragt bei Streitigkeiten zwischen einem Mitglied der Rechtsanwaltskammer und seinem Auftraggeber der Auftraggeber ein Vermittlungsverfahren, so wird dieses eingeleitet, ohne dass es der Zustimmung des Mitglieds bedarf. Ein Schlichtungsvorschlag ist nur verbindlich, wenn er von beiden Seiten angenommen wird.
(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:
- 1.
den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den Vertretungsberechtigten und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden, das Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen, - 2.
Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post, - 3.
soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde, - 4.
das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer, - 5.
soweit der Dienst in Ausübung eines Berufs im Sinne von Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. EG Nr. L 19 S. 16), oder im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. EG Nr. L 209 S. 25, 1995 Nr. L 17 S. 20), zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/38/EG der Kommission vom 20. Juni 1997 (ABl. EG Nr. L 184 S. 31), angeboten oder erbracht wird, Angaben über - a)
die Kammer, welcher die Diensteanbieter angehören, - b)
die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat, in dem die Berufsbezeichnung verliehen worden ist, - c)
die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und dazu, wie diese zugänglich sind,
- 6.
in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a des Umsatzsteuergesetzes oder eine Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c der Abgabenordnung besitzen, die Angabe dieser Nummer, - 7.
bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die sich in Abwicklung oder Liquidation befinden, die Angabe hierüber, - 8.
bei audiovisuellen Mediendiensteanbietern die Angabe - a)
des Mitgliedstaats, der für sie Sitzland ist oder als Sitzland gilt sowie - b)
der zuständigen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden.
(2) Weitergehende Informationspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 12.09.2014 wird aufgehoben, soweit die Beklagte dem Kläger einen belehrenden Hinweis dahin erteilt hat, dass die Verwendung des Wortes „Standorte“ auf der Homepage der Klägerin gegen das Gebot, eine Zweigstelle ausreichend nach außen kenntlich zu machen, sowie gegen das Verbot der irreführenden Werbung verstoße, letzteres hinsichtlich des Standortes L jedoch nur soweit sich der belehrende Hinweis auf die Zeit ab dem 01.10.2014 bezieht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegen einander aufgehoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicher-heitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Berufung wird für beide Parteien zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
1
Tatbestand
2Die Klägerin zu 2) [im Folgenden: die Klägerin], deren Hauptsitz sich in C befindet, teilte jedenfalls im Februar 2014 auf ihrer Homepage mit: „X vor Ort. Wir sind für Sie da. Der Hauptsitz unserer Kanzlei befindet sich in der Kurstadt C. Außerdem sind wir noch an drei weiteren Standorten für Sie da: in O, L und N“ (vgl. Ausdrucke des Internet-auftritts der Klägerin, ausgedruckt am 05.02.2014 Bl. 2, 4 bis 7 BA). Geschäftsführer der Klägerin ist der Kläger zu 1) [im Folgenden: der Kläger].
3Mit Schreiben vom 17.02.2014 äußerte die Beklagte in einem Schreiben, in dessen Adressfeld es im Anschluss an die Bezeichnung der Klägerin heißt: „Herrn Ge-schäftsführer Rechtsanwalt X persönlich/vertraulich“, dass durch die Angabe der weiteren Standorte der Eindruck einer Größe entstehe und das Vor-handensein von weiteren Kanzleisitzen vermittelt werde, was nicht den Tatsachen entspreche. Dort seien keine Zweigstellen errichtet; vielmehr stelle ein Büroservice-Anbieter die angegebenen Telefonnummern und sein Büro zur Verfügung, so dass dort bei Bedarf Büroräume stunden- oder tageweise angemietet werden könnten. Eine Rechtsanwaltsgesellschaft könne nur Zweigniederlassungen oder auswärtige Sprechtage anbieten; Zweigstellen seien der Beklagten jedoch nicht angezeigt worden.
4Daraufhin teilte die Klägerin in einem seitens des Klägers unterzeichneten, in der „Ich“-Form abgefassten Schreiben vom 31.03.2014 der Beklagten mit, dass es sich bei den weiteren Standorten nicht um Zweigniederlassungen, sondern um Zweig-stellen handele. Der Büroservice beschränke sich auf die Standorte L und N; in O bestünde eine Bürogemeinschaft mit den RAen K pp.. Die Standorte erfüllten alle Kriterien einer Zweigstelle. Die Möglichkeit, Zweigstellen zu unterhalten, führe immer zu dem Eindruck von Größe, so dass keine gegen § 6 BORA verstoßende Werbung vorliege.
5Daraufhin erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2014 adressiert „persönlich/vertraulich“ an den Kläger einen belehrenden Hinweis. Es könne dahinstehen, ob es sich bei den Standorten um Zweigniederlassungen oder um Zweigstellen handele. Handele es sich um Zweigniederlassungen ergäbe sich eine Anzeigepflicht aus § 59 m Abs. 1 Satz 1 BRAO. Im Falle von Zweigstellen ergäbe sich die Anzeigepflicht aus § 27 BRAO. In jedem Fall sei ein Verstoß gegen die Anzeigepflichten gegeben. Ferner läge durch die Verwendung des Wortes „Standort“ ein Verstoß gegen das Erfordernis der Kenntlichmachung einer Zweigstelle vor. Dies verstoße gegen das Verbot der irreführenden Werbung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG, weil nach außen der Eindruck erweckt werde, es handele sich um personell voll-wertige und in der Erreichbarkeit vergleichbare Kanzleisitze. Zudem sei auch ein Verstoß gegen §§ 43 b BRAO, 6 BORA gegeben, da durch die uneingeschränkte Angabe dreier weiterer Standorte der Eindruck von Größe und das Vorhandensein von weiteren personell gleichwertig ausgestalteten Kanzleisitzen vermittelt werde, welche gerade nicht lediglich als Zweigstellen ausgestattet seien. Unter Gesamt-abwägung der angeführten Verstöße erscheine es noch ausreichend in der Sache einen belehrenden Hinweis zu erteilen und von weitergehenden Maßnahmen abzusehen. Beigefügt ist dem Schreiben der Beklagten eine Rechtsmittelbelehrung.
6Dieser Bescheid ist am 12.09.2014 mit einem von der Beklagten formulierten und von dem Kläger unterzeichneten Empfangsbekenntnis zugestellt worden, in dem es heißt: „Hiermit bestätige ich den Erhalt des an mich gerichteten belehrenden Hinweises der … in dem gegen mich eingeleiteten Aufsichtsverfahren zum Az. …“.
7Hiergegen haben sich die Klage des Klägers und der Klägerin gerichtet.
8Sie haben geltend gemacht, dass das Aufsichtsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet worden sei, während sich der belehrende Hinweis allein an den Kläger richte. Der belehrende Hinweis sei deshalb an den falschen Adressaten gegangen, da er sich inhaltlich allein auf die Klägerin beziehe.
9Zwar sei gegenüber der Klägerin noch kein belehrender Hinweis ergangen; da die Klägerin dies jedoch befürchten müsse, wenn die Beklagte die falsche Zustellung bemerke, bestehe auch das Feststellungsinteresse für ihre Klage gerichtet auf die Feststellung, dass die Klägerin zu 2) keine Pflichtverstöße im Sinne des belehrenden Hinweises begangen habe. Ein Hilfsantrag, gerichtet auf Aufhebung des belehrenden Hinweises gegenüber der Klägerin, werde gestellt für den Fall, dass das Gericht den belehrenden Hinweis auch gegenüber der Klägerin als zugestellt erachte.
10Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht gemäß § 27 BRAO sei nicht gegeben. Eine gegenteilige Sichtweise der Beklagten sei mit dem klaren Wortlaut von § 59 m Abs. 2 BRAO und der Entstehungsgeschichte dieser Norm nicht zu vereinbaren.
11Zu einer Kenntlichmachung einer Zweigstelle als einer solchen bestünde keine Verpflichtung. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des BGH vom 16.06.2012
12Az I ZR 74/11. Außerdem werde der Begriff des Standorts von einer Vielzahl von Kanzleien gleich welcher Rechtsform verwendet.
13Die von der Klägerin verwendeten Standorte führten auch nicht zu irreführenden Angaben. Für den Verbraucher sei durchaus die eingeschränkte Erreichbarkeit gewährleistet, da zwangsläufig die Präsenz nicht gleichzeitig an allen Standorten gewährleistet werden könne. Die Auffassung der Beklagten, eine Terminierung und eine Erreichbarkeit eines Anwalts sei vor Ort kurzfristiger und flexibler zu gestalten, treffe nicht zu und werde der vorangeschrittenen Spezialisierung vieler Berufsträger nicht gerecht. Auch würden bei allen überörtlich tätigen Kanzleien vor allem wichtige Berufsträger für mehrere Standorte aufgeführt.
14Ein Verstoß gegen § 6 BORA liege schließlich ebenfalls nicht vor. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten basiere allein auf einem fehlerhaften Verständnis von Zweigstellen iSd § 27 BRAO.
15Nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.02.2015 hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen.
16Der Kläger beantragt,
17den belehrenden Hinweis aufzuheben.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie macht geltend, dass sich das Aufsichtsverfahren allein gegen den Kläger aufgrund seiner Funktion als Geschäftsführer und damit als Organ der Klägerin gerichtet habe. Es gehöre zu dessen Aufgaben, auf die Einhaltung der beruflichen Pflichten zu achten. Die Klägerin sei weder Beschwerdegegnerin im Aufsichts-verfahren noch Adressatin des angefochtenen Bescheids und damit nicht beschwert, so dass ihre Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei.
21In der Sache nimmt die Beklagte Bezug auf ihren Bescheid sowie auf eine in BRAK-Mitt. 2014, 320 veröffentlichte Entscheidung des Landgerichts Hamburg. Auch die von dem Kläger zu verantwortende Homepage der Klägerin werbe mit Städtenamen ohne dort – dies gelte jedenfalls für L und N - physisch vertreten zu sein.
22Entscheidungsgründe
23Die zulässige Klage des Klägers hat teilweise Erfolg.
241.
25Die Klage des Klägers ist als Anfechtungsklage statthaft (§ 112a Abs.1, § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 VwGO).
26Nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 und 4 BRAO hat der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die Aufgabe, die Kammermitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren sowie die Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben. Es ist zu Recht anerkannt, dass für die Kammer-vorstände auch die Möglichkeit besteht, bei berufsrechtswidrigem Verhalten zwischen einfacher Belehrung und Rüge einen sogenannten belehrenden Hinweis bzw. eine missbilligende Belehrung zu erteilen (vgl. BGH Beschluss vom 21.01.2014 AnwZ (Brfg) 67/12; BGH NJW 2012, 3102 Rn. 12; BGH Beschluss vom 24.10.2012 AnwZ (Brfg) 14/12 Rn. 4; Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Aufl., § 73 Rn. 31; Feuerich/ Weyland/Böhnlein a.a.O. § 112a Rn. 24).
27Belehrende Hinweise bzw. missbilligende Belehrungen, sind nach der Recht-sprechung des BGH (Urteil vom 27.10.2014 – AnwZ (Brfg) 67/13 Rn. 7; BGH Urteil vom 03.11.2014 – AnwZ (Brfg) 72/13 Rn. 7) namentlich dann, wenn sie mit einem Handlungsverbot verbunden sind, als in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingreifende Verwaltungsakte anzusehen, die mit der Anfechtungsklage angefochten werden können.
28Zwar hat die Beklagte davon abgesehen, eine Entscheidungsformel zu verwenden; ein konkretes Verbot oder ein Unterlassungsgebot wird nicht formuliert. Der Bescheid beschränkt sich darauf, einen Verstoß gegen die Anzeigepflicht einer Zweigstelle, gegen das Erfordernis der Kenntlichmachung einer Zweigstelle festzustellen sowie einen Hinweis darauf zu geben, dass der Eindruck des Vorhandenseins weiterer personell gleichwertig ausgestatteter Kanzleisitze zu vermitteln.
29Allerdings ist der Bereich präventiver Hinweise ohne Regelungscharakter auch dann verlassen, wenn die Belehrung erkennen lässt, dass sich die Rechtsanwaltskammer im Vorgriff auf eine bei Zuwiderhandeln ohne Weiteres erfolgende Einleitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens bereits auf eine ver-bindliche Regelung der aufgeworfenen Fragen festgelegt hat. Dies ist hier nach dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 12.09.2014 der Fall. Für das Vorliegen eines Verwaltungsakts spricht schließlich, dass die Belehrung mit einer Rechts-mittelbelehrung versehen und förmlich zugestellt worden ist.
302.
31Die Beklagte hat zu Recht den belehrenden Hinweis an den Kläger – und nicht etwa an die frühere Klägerin - gerichtet.
32Ausgangspunkt ist, dass der Vorstand einer Rechtsanwaltskammer nach § 74 Abs. 1 Satz 1 BRAO ein Rügerecht gegenüber Rechtsanwälten hat, die die ihnen obliegen-den Pflichten verletzten. Nach § 59 f Abs. 1 BRAO werden Rechtsanwaltsgesell-schaften von Rechtsanwälten „verantwortlich geführt“; nach § 35 GmbHG vertritt der Geschäftsführer die GmbH. Überdies folgt aus der Zusammenschau der §§ 60 Abs. 1 Satz 3, 74 Abs. 6, 115 c BRAO weitergehend, dass auch solche Geschäfts-führer einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die nicht Rechtsanwälte sind, für ihr Fehl-verhalten im Zusammenhang mit ihrer Geschäftsführertätigkeit zur Verantwortung zu ziehen sind. Da Adressat der verpflichtenden Bestimmungen die Rechtsanwaltsge-sellschaft ist (Henssler/Prütting/Dittmann, 4. Aufl., § 115 c BRAO Rn. 2), jedoch eine Rechtsanwaltsgesellschaft als juristische Person anwaltsgerichtlich nicht belangt werden kann (Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 115 c BRAO Rn. 1; Gaier/Wolf/Göcken/ Zuck, 2. Aufl., § 115 c BRAO Rn. 2 ), ist es allgemein anerkannt, dass sämtliche
33– selbst berufsangehörig oder nicht - Geschäftsführer auf die Einhaltung der der Rechtsanwaltsgesellschaft obliegenden beruflichen Pflichten zu achten haben (Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 74 BRAO Rn. 1; Henssler/Prütting/Hartung, 4. Aufl., § 74 BRAO Rn. 60; aA Lang BRAK-Mitt. 2013, 159 nach dessen Auffassung weder die RA-Gesellschaft noch ihr Geschäftsführer disziplinarrechtlich belangt werden können).
343.
35Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs im Ver-waltungsverfahren bestehen nicht. Das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 17.02.2014 ist an den Kläger ausdrücklich in seiner Geschäftsführereigenschaft gerichtet (vgl. die dortige Adressierung). Allerdings heißt es im Text dieses Schreibens „Ihre Homepage“, was nicht auf den Kläger, sondern nur auf die Klägerin zutrifft. Tatsächlich war dem Kläger nicht entgangen, dass sich das Aufsichts-verfahren gegen ihn persönlich richtete. Denn in seiner Stellungnahme vom 31.03.2014 verwendet der Kläger (nicht die frühere Klägerin) die Formulierung „ich mich“. Überdies hatte der Kläger im Klageverfahren umfassende Gelegenheit zur Stellungnahme.
364.
37Die Anfechtungsklage des Klägers hat Erfolg, soweit ihm die Beklagte einen belehrenden Hinweis dahin erteilt hat, dass er durch die Verwendung des Wortes „Standorte“ gegen das Gebot, eine Zweigstelle ausreichend nach außen kenntlich zu machen, verstoßen habe. Der Senat legt den belehrenden Hinweis der Beklagten in diesem Zusammenhang dahin aus, dass die Beklagte mit dem Bemängeln des Fehlens einer „ausreichenden Kenntlichmachung“ zum Ausdruck gebracht hat, dass der Internetauftritt um eine zusätzliche Kenntlichmachung zu ergänzen sei.
38Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2010, 3787 Rn. 28 = BRAK-Mitt. 2010, 267) korrespondiert der Begriff der „Zweigstelle” nach allgemeinem Sprachgebrauch mit dem – im Gesetz nicht verwandten – Begriff der „Hauptstelle”; deshalb bilden die Begriffe „Kanzlei“ und „Zweigstelle“ keine Gegensätze. Bei der Zweigstelle und der Hauptstelle handelt es sich danach (BGH a.a.O. Rn. 28) jeweils um Niederlassungen der „Kanzlei”, die sich danach unterscheiden, in welcher der Rechtsanwalt seine berufliche Tätigkeit ihrem Schwerpunkt nach entfaltet.
39Eine gesetzliche Pflicht, den Zusatz „Zweigstelle“ zu verwenden, sieht die BRAO nicht ausdrücklich vor. Ob sich eine solche Pflicht gleichwohl begründen lässt, ist umstritten (vgl. insoweit den Streitstand bei Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 27 BRAO Rn. 28; Gaier/Wolf/Göcken/Siegmund, 2. Aufl., § 27 BRAO Rn. 93; Henssler/Prütting, 4. Aufl., § 27 BRAO Rn. 24). Die Beklagte steht in dem angefochtenen belehrenden Hinweis (unter II. 2.) selbst auf den Standpunkt, dass die Verwendung des Zusatzes „Zweigstelle“ nicht zwingend erforderlich sei.
40Zur Briefbögengestaltung nach § 10 BORA hat der BGH (NJW 2013, 314 = BRAK-Mitt. 2012, 226) entschieden, dass ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet ist, auf seinen Briefbögen durch Verwendung der Begriffe „Kanzlei“ und „Zweigstelle“ kenntlich zu machen, wo er seine Kanzlei und wo er Zweigstellen unterhält. Er ist danach auch nicht verpflichtet, auf seinen Briefbögen den Standort der Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO anzugeben. Er hat nach dieser Bestimmung auf solchen Briefbögen nur die Anschrift der Zweigstelle und nicht auch die Anschrift der (Haupt-)Kanzlei anzugeben.
41Nach Auffassung des Senats sind diese Grundsätze zur Briefbögengestaltung auf die Gestaltung eines Internetauftritts übertragbar. Nichts spricht dafür, die Angaben auf einer Homepage strengeren Anforderungen zu unterwerfen als die Angaben auf einem Briefbogen. Mit beiden Gestaltungsmitteln tritt der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwaltsgesellschaft in die Öffentlichkeit; sie müssen sich dabei stets an denselben Maßstäben messen lassen.
42Ist der Rechtsanwalt damit rechtlich nicht verpflichtet, seine einzelnen Kanzleisitze als „Kanzlei“ oder „Zweigstelle“ kenntlich zu machen, kann der Klägerin von vorn-herein nicht vorgehalten werden, unterhaltene Zweigstellen seien auf der Homepage nicht ausreichend gekennzeichnet, ohne dass es an dieser Stelle darauf ankäme, ob es sich bei den „Standorten“ der Klägerin um Zweigstellen handelt. Denn die Er-wähnung der Kanzleisitze erfolgt im hier in Rede stehenden Internetauftritt keines-wegs unterschiedslos. Durch die Formulierung „Der Hauptsitz unserer Kanzlei be-findet sich in der Kurstadt C. Außerdem sind wir noch an drei weiteren Standorten für Sie da …:“ ist auf der Homepage eine Differenzierung in der Weise vorgenommen worden, dass eine Abstufung in Gestalt der Unterscheidung zwischen „Hauptsitz“ und „drei weiteren Standorten“ erfolgt ist. Damit erweckt die Internetseite nicht den Eindruck, dass alle vier Standorte gleichrangig seien; vielmehr wird klar, dass C als Hauptsitz herausgehoben ist und dass den weiteren drei Standorten eine geringe Wertigkeit als dem Hauptsitz zukommt.
43Eine weitergehende Kenntlichmachung dieser drei weiteren Standorte als Zweig-stelle ist damit rechtlich von vornherein nicht zu verlangen. Deshalb ist der dies fordernde belehrende Hinweis der Beklagten in jedem Fall zu Unrecht erfolgt. Der angefochtene Beschluss unterliegt deshalb insoweit der Aufhebung.
445.
45Soweit die Beklagte den belehrenden Hinweis erteilt hat, dass die gleichlautende Verwendung des Begriffs des Standorts gegen das Verbot der irreführenden Werbung verstoße, weil nach außen der Eindruck erweckt werde, es handele sich um vollwertige, personell gleichwertig ausgestattete und in der Erreichbarkeit ver-gleichbare Kanzleisitze, gilt folgendes:
465.1.
47Im Hinblick auf die Erörterungen im Senatstermin und die belegten Darlegungen der Kläger im Schriftsatz vom 23.03.2015 ist von folgenden tatsächlichen Umständen auszugehen:
48In O bestand und besteht eine Bürogemeinschaft zwischen der Klägerin und den Rechtsanwälten K, wobei die Klägerin Untermieterin in den Räumen der Rechtsanwälte K ist. Die Zusammenarbeit ist so ausgestaltet, dass insolvenz-rechtliche Mandate, die an diese Rechtsanwälte herangetragen werden, für die Klägerin angenommen werden und ein Termin mit dem Kläger organisiert wird, der dann in dem angemieteten Raum bei den Rechtsanwälten K wahrgenommen wird.
49Im N war für die Klägerin bis zum 31.12.2013 zunächst allein ein Büro-dienstleister tätig. Ab dem 01.01.2014 war die Klägerin Untermieterin in den Kanzleiräumen des Rechtsanwalts Dr. A; der Kläger ist dort jeweils freitags anwesend gewesen. Zum 01.01.2015 ist es zu einer Kanzleiübernahme durch die Klägerin gekommen; Rechtsanwalt Dr. A ist dort ausgeschieden; die anwaltlichen und nichtanwaltlichen Mitarbeiter sind nunmehr Beschäftigte der Klägerin; alleiniger (Haupt-)Mieter sämtlicher Kanzleiräume ist seit Jahresbeginn 2015 die Klägerin.
50In L war für die Klägerin bis zum 30.09.2014 allein ein Bürodienstleister tätig. Nach Kündigung dieses Vertrags im September 2015 ist die Klägerin in L nicht mehr tätig. Seit Oktober 2014 ist für die Klägerin in P ein Bürodienstleister tätig. In den Räumlichkeiten des dortigen Dienstleisters hält die Klägerin einen regelmäßigen Sprechtag ab, und zwar einmal wöchentlich.
51Damit ergibt sich folgende tatsächliche Situation:
52In O bestand und besteht eine Bürogemeinschaft mit dort ansässigen Rechtsanwälten.
53In L war für die Klägerin bis einschließlich September 2014 allein ein Büro-dienstleister tätig. Ab Oktober 2014 ist an dessen Stelle ein Büroservice in P getreten, wobei die Klägerin dort einmal wöchentlich einen Sprechtag abhält.
54In N hat die Klägerin in einer dort untergemieteten Räumlichkeit einmal wöchentlich einen Sprechtag abgehalten.
555.2.
56Anders als die Beklagte meint folgt eine Irreführung nicht bereits daraus, dass für alle auf der Homepage genannten Städte gleichlautend der Begriff des Standorts ver-wendet wird. Denn bereits vorstehend ist dargelegt worden, dass durch die For-mulierung „Der Hauptsitz unserer Kanzlei befindet sich in der Kurstadt C. Außerdem sind wir noch an drei weiteren Standorten für Sie da …:“ auf der Homepage der Klägerin eine Differenzierung in der Weise vorgenommen worden ist, dass eine Abstufung in Gestalt der Unterscheidung zwischen „Hauptsitz“ und „drei weiteren Standorten“ erfolgt ist. Damit erweckt die Internetseite nicht den Eindruck, dass alle vier Standorte gleichrangig seien; vielmehr wird klar, dass C als Hauptsitz herausgehoben ist und dass den weiteren drei Standorten eine geringere Wertigkeit als dem Hauptsitz zukommt. Allerdings findet sich bei den „drei weiteren Standorten“ untereinander keine weitere Unterscheidung, so dass der Internetauftritt der Klägerin somit den Eindruck nahelegt, dass diese „drei weiteren Standorte“ untereinander gleichartig und gleichwertig sind. Allerdings ist der Begriff des Standorts sehr unscharf. Laut duden.de sind Synonyme für Standort Begriffe wie Lage, Lokation, Ort, Platz, Position, Sitz, Stelle und Stellung. Damit ist der Begriff Standort so nichtssagend, dass eine Irreführung allein mit seiner Verwendung nicht verbunden sein könnte.
57Allerdings hat sich die Klägerin auf ihrer Homepage nicht auf die Verwendung des Begriffs des Standorts beschränkt; vielmehr hat sie die Formulierung „… sind wir noch an drei weiteren Standorten für Sie da“ verwendet. Einer solchen Formulierung ist ein weitergehender Aussagegehalt beizumessen als allein dem Begriff des Stand-orts. Denn die erweiterte Formulierung bringt zum Ausdruck, dass eine (physische) Präsenz vorhanden sei. Das Vorhandensein einer bloßen Kommunikationsmög-lichkeit allein reicht nicht aus, um die Aussage eines „da zu sein“ zu rechtfertigen. Sind lediglich Vorkehrungen dafür geschaffen, in zunächst technisch vermittelte und sodann persönliche Kommunikation zu treten, liegt allein die Bereitschaft vor, „da hin zu kommen“. Bei Vorhaltung einer bloßen Gelegenheit zur Kommunikation geht von der Formulierung „sind wir … für Sie da“ eine Irreführung aus.
585.3.
59Daran gemessen und angesichts der oben dargestellten tatsächlichen Verhältnisse ist der belehrende Hinweis der Beklagten, soweit sich dieser auf die Standorte O und N bezieht, zu Unrecht erfolgt; die Klage des Klägers hat deshalb insoweit Erfolg. Hinsichtlich des Standorts L ist die Klage des Klägers begründet, soweit sie sich auf die Zeit ab dem 01.10.2014 bezieht:
60Der Senat hat keinen Zweifel, dass von der Formulierung „sind wir … für Sie da“ keine Irreführung ausgeht, wenn – wie das bezogen auf die Stadt O der Fall war und ist - eine Bürogemeinschaft mit einer vor Ort bestehenden Rechtsanwalts-kanzlei eingegangen wurde. Eine derartige Bürogemeinschaft mit einer örtlichen Kanzlei vermittelt nicht nur eine bloße Kommunikationsmöglichkeit, sondern schafft ein solches Maß von auch physischer Präsenz, dass durch die auf der Homepage der Klägerin verwendete Formulierung eine Irreführung nicht verbunden ist.
61Bezogen auf die Stadt N enthält die von der Klägerin auf ihrer Homepage verwendete Formulierung keine Irreführung. Durch die zum Jahresanfang 2014 erfolgte Anmietung einer Räumlichkeit innerhalb einer örtlich ansässigen Rechts-anwaltskanzlei und regelmäßig einmal wöchentlich abgehaltener Sprechtage liegt auch hier nicht nur die Vorhaltung einer bloßen Kommunikationsmöglichkeit vor, sondern einer ständigen physischen Präsenz. Für die Zeit ab Jahresbeginn 2015 gilt dies umso mehr als es zu diesem Zeitpunkt zu einer Übernahme jener Kanzlei durch die Klägerin gekommen, in deren Räumlichkeiten diese zuvor einen Raum gemietet und ihre Sprechtage abgehalten hatte.
62Bezogen auf die Stadt L bedarf es einer differenzierten Betrachtung: Hier bestand bis einschließlich September 2014 allein ein Büroservice ohne dass die Klägerin dort regelmäßige Sprechtage abgehalten hätte. Damit waren in der Stadt L lediglich Vorkehrungen für eine Kommunikationsgelegenheit getroffen worden ohne dass eine physische Präsenz gegeben war. Bei einer solchen Gestaltung der tatsächlichen Verhältnisse geht von der auf der Homepage der Klägerin verwendeten Formulierung „sind wir … für Sie da“ eine Irreführung aus.
63Für die Zeit ab Anfang Oktober 2014 gilt dies allerdings nicht mehr. Zwar bestand von diesem Zeitpunkt an in der Stadt P ebenfalls ein Büroservice; dort hielt die Klägerin jedoch regelmäßig einmal wöchentlich Sprechtage ab. Durch die nunmehr hinzu getretene physische Präsenz geht von der auf der Homepage der Klägerin verwendeten Formulierung „sind wir … für Sie da“ keine Irreführung aus.
64Damit ergibt sich, dass von der auf der Homepage der Klägerin verwendeten Formulierung zum Zeitpunkt des Erlasses und der Bekanntgabe durch Zustellung des angefochtenen Bescheides eine Irreführung ausging, während dies für den Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Rahmen der Anfechtungsklage des Klägers nicht mehr der Fall war.
65Dies hat zur Folge, dass der belehrende Hinweis zum Zeitpunkt seiner Erteilung gegenüber der Klägerin zutreffend ergangen ist; bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist der belehrende Hinweis zu Unrecht ergangen.
66Damit kommt es darauf an, auf welchen Zeitpunkt für die Beurteilung der Recht-mäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, soweit es sich hierbei um einen belehrenden Hinweis handelt, angesichts eingetretener Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen abzustellen ist. Der Senat beantwortet diese Frage für einen Fall wie den hier in Rede stehenden dahin, dass es auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ankommt.
67Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 190, 187 Rn. 10 = NJW 2011, 3234 = BRAK-Mitt. 2011, 246) bestimmt sich bei Anfechtungsklagen der für die gerichtliche Nachprüfung eines Verwaltungsakts maßgebliche Beurteilungszeitraum nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht. Dieses legt nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Aufhebung eines belastenden Verwaltungs-akts fest, sondern bestimmt auch, zu welchem Zeitpunkt sie erfüllt sein müssen. Daher sind tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen, die erst nach Abschluss des behördlichen Verwaltungsverfahrens oder gar erst nach Beendigung des erst-instanzlichen Gerichtsverfahrens eintreten und die zu einer abweichenden Be-urteilung führen würden, nur dann der jeweiligen gerichtlichen Entscheidung zu Grunde zu legen, wenn das materielle Recht ihre Berücksichtigung zulässt.
68Für verwaltungsbehördliche Rücknahme- oder Widerrufsverfügungen in berufs- oder gewerberechtlichen Zulassungsverfahren folgt aus der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.), dass das materielle Recht regelmäßig den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens als maßgebliche Beurteilungsgrundlage für die gerichtliche Überprüfung vorgibt, weil das materielle Recht in den genannten Fällen ein eigen-ständiges Wiederzulassungsverfahren vorsieht.
69Für Klagen gegen den Widerruf der Gestattung des Führens einer Fachanwalts-bezeichnung ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 2014, 1083 Rn. 9 = BRAK-Mitt. 2014, 212) weder auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Verwaltungsverfahrens noch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachen-verhandlung im gerichtlichen Verfahren abzustellen, sondern auf den Ablauf des jeweiligen Jahres, in dem die nach § 15 Abs. 1 S. 2 FAO in jedem Kalenderjahr aufs Neue zu erfüllende Fortbildungspflicht des Fachanwalts zu erfüllen war.
70Die Frage, auf welchen Zeitpunkt im Falle von Anfechtungsklagen gegen belehrende Hinweise abzustellen ist, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung, soweit ersicht-lich, noch nicht beschäftigt. Bei der Beantwortung dieser Fragestellung ist nach Auf-fassung des Senats von folgenden Erwägungen auszugehen:
71Die Anfechtbarkeit belehrender Hinweise findet seine Grundlage darin, dass der Bereich präventiver Hinweise ohne Regelungscharakter verlassen ist, wenn die Belehrung erkennen lässt, dass sich die Kammer im Vorgriff auf eine bei Zuwider-handeln gegen das Verbot bzw. die Unterlassung ohne Weiteres erfolgende Ein-leitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens bereits auf eine verbindliche Regelung der aufgeworfenen Fragen festgelegt hat (BGH NJW 2015, 72 Rn. 7 = BRAK-Mitt. 2015, 45; vgl. auch Senat BRAK-Mitt. 2014, 207, 208). Diese Festlegung ist die für den betroffenen Rechtsanwalt nachteilige Wirkung, mit der in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingegriffen wird.
72Die Wirkung des belehrenden Hinweises der Beklagten auf einen irreführenden Charakter der auf der Homepage der Klägerin verwendeten Formulierung geht deshalb über einen nur punktuellen Bezug auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses bzw. Bekanntgabe des belehrenden Hinweises hinaus. Vielmehr entwickelt der belehrende Hinweis seiner Natur nach wegen der zum Ausdruck gebrachten Festlegung seitens der Rechtsanwaltskammer für weitere Verfahren Wirkungen auch für die Zukunft. Es ist deshalb ebenso wie bei Verwaltungsakten mit Dauer-wirkung, bei denen die Wirkung nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern während eines bestimmten Zeitraums eintritt (vgl. Posser/Wolff/Decker, 2. Aufl., § 113 VwGO Rn. 22.1 zum Stichwort Dauer-Verwaltungsakt), auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.
73Allerdings ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Bescheid der Beklagten in dem hier in Rede stehenden Umfang zunächst bis Ende September 2014 rechtmäßig gewesen und erst ab Oktober 2014 durch die Veränderung der tatsächlichen Verhält-nisse unrechtmäßig geworden ist. Deshalb kann der belehrende Hinweis der Kam-mer insoweit auch allein für die Zeit ab Oktober 2014 aufgehoben werden; für die Zeit bis Ende September 2014 ist die Anfechtungsklage des Klägers unbegründet und deshalb abzuweisen (vgl. Posser/Wolff/Decker, 2. Aufl., § 113 VwGO Rn. 22.1 zum Stichwort Dauer-Verwaltungsakt; Kopp/Schenke, 20. Aufl., § 113 VwGO Rn. 43).
746.
75Die Klage des Klägers ist schließlich unbegründet, soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass die Beklagte ihm in dem angefochtenen Bescheid den belehrenden Hinweis erteilt hat, dass er gegen das Gebot, der Kammer die Errichtung einer Zweigstelle der Klägerin unverzüglich anzuzeigen, in seiner Eigenschaft als Ge-schäftsführer der Klägerin verstoßen hat.
76Beide Parteien dieses Rechtsstreits gehen übereinstimmend davon aus, dass einer Rechtsanwaltsgesellschaft die Möglichkeit zukommt, eine Zweigstelle errichten zu können; ihre Rechtsstandpunkte unterscheiden sich dadurch, dass die Klageparteien meinen, dass Zweigstellen einer Rechtsanwaltsgesellschaft keinen speziellen Rege-lungen unterlägen, während die Beklagte meint, es gelten die Regelungen über die Zweigstelle nach § 27 Abs. 2 BRAO.
77Der Senat teilt die Auffassung der Parteien, dass auch eine Rechtsanwaltsgesell-schaft eine Zweigstelle errichten kann. Allerdings unterliegt die Rechtsanwaltsgesell-schaft dabei den sich aus den §§ 27 Abs. 2 Satz 1, 59 m Abs. 1 Satz 1 BRAO ergebenden Anforderungen, so dass der Geschäftsführer zur unverzüglichen Anzeige einer Errichtung verpflichtet ist. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
78Ausgangspunkt ist, dass für Rechtsanwaltsgesellschaften nach § 59 m Abs. 2 BRAO die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Zweiten Teils gelten, nicht jedoch die des Zweiten Abschnitts des Zweiten Teils. Dem entsprechen die Ausführungen in der Amtlichen Begründung (BT-Drucks 13/9829 S, 19) zu § 59 m BRAO, wonach die Vorschriften über die Zulassung bei einem Gericht (§§ 18 – 36) für die in der Rechtsanwaltsgesellschaft tätigen Rechtsanwälte, nicht jedoch für die Rechts-anwaltsgesellschaft selbst gelten. Hieraus lässt sich entgegen der Auffassung der Kläger jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Klägerin bei der Errichtung von Zweigstellen von der Anzeigeverpflichtung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO freigestellt sei. Vielmehr spräche dies eher dafür, dass es einer Rechtsanwaltsgesellschaft überhaupt verwehrt sei, Zweigstellen zu errichten.
79Eine solche Schlussfolgerung würde jedoch nicht den rechtlichen Gegebenheiten gerecht. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sich die BRAO mit der Frage, ob und in welchem Umfang eine Rechtsanwaltsgesellschaft Zweigniederlassungen, Zweigstellen bzw. Betriebstätten errichten kann, nicht ausdrücklich befasst. Aus § 13 HGB folgt, dass eine Rechtsanwaltsgesellschaft wie jede andere juristische Person Zweigniederlassungen errichten kann und dabei den handelsrechtlichen Anmel-dungserfordernissen unterliegt. Die Möglichkeit, Zweigniederlassungen zu errichten, kann aber nicht dazu führen, dass der Rechtsanwaltsgesellschaft nicht auch die Möglichkeit zukommt, eine Zweigstelle zu errichten. Denn zu beachten ist, dass zu jenem Zeitpunkt, zu dem § 59 m Abs. 2 BRAO durch das am 07.09.1998 verkündete „Gesetz zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und anderer Gesetze“ (BGBl. I 2600) mit Wirkung zum 01.03.1999 in Kraft trat, noch § 28 Abs. 1 Satz 1 BRAO in der bis zum 31.05.2007 gültigen Fassung galt, nach der ein umfassendes Verbot der Errichtung von Zweigstellen bestand. Zuvor waren gegen das Zweigstellenverbot verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden, die der Senat im Hinblick auf die Art. 3, 12 GG geteilt hatte und die ihm Veranlassung für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG gegeben hatten (Senat BRAK-Mitt. 2006, 177). Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber das Zweigstellenverbot ohne weitere Rechtsgestaltung lediglich aufgehoben hat, ist seit dem 01.06.2007 die Regelung des § 59 m Abs. 2 BRAO verfassungskonform dahin auszulegen, dass die dort unterbliebene Bezugnahme auf § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO der Möglichkeit einer Rechtsanwaltsgesellschaft, eine Zweigstelle zu errichten, nicht entgegen steht (im Ergebnis ebenso Hartung, 5. Aufl., § 5 BORA Rn. 80; Gaier/Wolf/Göcken/Siegmund, 2. Aufl., § 27 BRAO Rn. 80). Denn nur diese Sichtweise wird dem Grundrecht aus Art. 12 GG gerecht, dass der Rechtsanwaltsgesellschaft umfassende Freiheiten zustehen, soweit nicht Einschränkungen auf verfassungsmäßige Weise vorgenom-men worden sind (vgl. in diesem Zusammenhang Gaier/Wolf/Göcken/Siegmund, 2. Aufl., § 27 BRAO Rn. 79c).
80Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen bedingt diese verfassungskonforme Auslegung des § 59 m Abs. 2 BRAO zugleich, dass die gesetzlichen Vorschriften, die für die Errichtung einer Zweigstelle durch einen Rechtsanwalt bzw. einer Zweig-niederlassung durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft gelten, auch für eine seitens einer Rechtsanwaltsgesellschaft errichteten Zweigstelle gelten.
81Denn für die Errichtung von Zweigniederlassungen einer Rechtsanwaltsgesellschaft hat das Gesetz in § 59 m Abs. 1 Satz 1 BRAO eine Mitteilungspflicht gegenüber der Rechtsanwaltskammer installiert, wie sie § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO für den eine Zweigstelle einrichtenden Rechtsanwalt enthält. Dies zeigt, dass nach der gesetz-lichen Konzeption dem Gesichtspunkt einer umgehenden Mitteilung gegenüber der Rechtsanwaltskammer ein hoher Stellenwert zugemessen worden ist. Angesichts des Zwecks der gesetzlich angeordneten Mitteilungspflichten, die Rechtsanwalts-kammern in die Lage zu versetzen, ihre gesetzlichen Aufgaben hinsichtlich der Führung des Rechtsanwaltsverzeichnisses und der Kontrolle im Hinblick auf berufswidriges Verhalten zu erfüllen (vgl. dazu Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 27 BRAO Rn. 8 sowie Feuerich/Weyland/Brüggemann, 8. Aufl., § 59 m BRAO Rn 1), ist es deshalb zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und aus Gründen folge-richtiger systematischer Gesetzesanwendung, dass die Errichtung einer Zweigstelle durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft denselben Mitteilungspflichten unterliegt wie die durch einen Rechtsanwalt errichtete Zweigstelle (a.A.Gaier/Wolf/Göcken/ Siegmund, 2. Aufl., § 27 BRAO Rn. 84).
82Der Annahme einer solchen Anzeigepflicht können die Kläger nicht entgegen setzen, dass § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO allein dem Zweck einer sachgerechten Führung des Rechtsanwaltsverzeichnisses diene und Rechtsanwaltsgesellschaften nicht in dieses Verzeichnis aufzunehmen seien. Es trifft zwar zu, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 31 BRAO von der Vorstellung ausgegangen ist, dass in das Rechtsanwaltsverzeichnis allein natürliche Personen und nicht Rechtsanwalts-gesellschaften aufgenommen werden sollen, weil er für deren Aufnahme kein Bedürfnis zu erkennen vermochte (BT-Drucks. 16/11 385 S. 35; kritisch hierzu Gaier/Wolf/Göcken/Siegmund, 2. Aufl., § 31 BRAO Rn. 26; Feuerich/Weyland, 8. Aufl., § 31BRAO Rn. 19e). Allerdings erschöpft sich der Zweck der Anzeigepflicht des § 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO nicht allein in dem Bezug auf die sachgerechte Führung des Rechtsanwaltsverzeichnisses. Nach den Vorstellungen des Gesetz-gebers (BT-Drucks. 16/513 S. 15) dient diese Anzeigepflicht zugleich „der Aufsicht der Rechtsanwaltskammer“.
83Damit hat die Beklagte dem Kläger zutreffend den belehrenden Hinweis erteilt, dass er gegen das Gebot, der Kammer die Errichtung einer Zweigstelle der Klägerin un-verzüglich anzuzeigen, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin ver-stoßen hat. Insoweit erweist sich die Klage des Klägers als unbegründet.
847.
85Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 112 c BRAO, §§ 155, 167 Abs. 2 VwGO,
86 87Der Senat hat die Berufung für beide Parteien wegen grundsätzlicher Bedeutung (§§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 112c Abs. 1 BRAO) zugelassen.
88Rechtsmittelbelehrung
89Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist bei dem Anwalts-gerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Heßlerstraße 53, 59065 Hamm, zu stellen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils ist die Berufung zu begründen. Die Begrün-dung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen.
90Vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmen-gesetzes mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein nach dem Vorstehenden Vertretungsberechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige Vollziehung einer Widerrufsverfügung angeordnet und die aufschiebende Wirkung weder ganz noch teilweise wiederhergestellt worden ist. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
91Die Festsetzung des Streitwerts ist unanfechtbar.
Die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft kann ausgesetzt werden, wenn gegen die antragstellende Person ein Verfahren wegen des Verdachts einer Straftat anhängig ist, in dem der Tatvorwurf eine Verurteilung erwarten lässt, die eine Versagung der Zulassung zur Folge haben würde.
(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.
(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.
(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.
(1) Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 des Gerichtskostengesetzes. Er wird von Amts wegen festgesetzt.
(2) In Verfahren, die Klagen auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder deren Rücknahme oder Widerruf betreffen, ist ein Streitwert von 50 000 Euro anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.
(3) Die Festsetzung ist unanfechtbar; § 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes bleibt unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.
(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.
(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.