Arbeitsgericht Nürnberg Endurteil, 26. Aug. 2016 - 12 Ca 978/16

bei uns veröffentlicht am26.08.2016

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger mit Datum vom 4.12.2015 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 4.094 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Abmahnung. Der Kläger ist seit dem 5.5.1980 zuletzt als Verkehrsmeister bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von 4.094,00 € beschäftigt. Zu seinen Aufgaben zählt die Planung und Umsetzung von Baumaßnahmen, wozu auch die Vereinbarung von Terminen mit internen und externen Stellen gehört.

Seit 1.11.2013 gilt bei der Beklagten eine „Betriebsvereinbarung zum Umgang mit Informations- und Kommunikationsanlagen“ (Bl. 8 ff. d.A.). Diese regelt in Abschnitt I ihren sachlichen und persönlichen Geltungsbereich. In sachlicher Hinsicht lautet die Regelung, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung:

§ 1 Sachlicher Geltungsbereich

Diese Betriebsvereinbarung enthält grundsätzliche Bestimmungen und Richtlinien zum Umgang mit Infomations- und Kommunikationsanlagen (IuK-Anlagen). IuK-Anlagen im Sinne dieser Regelung sind alle bei der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft zur Verfügung gestellten Dienste sowie die Endgeräte zu deren Nutzung.

Abschnitt II (Grundsätze) lautet auszugsweise, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung:

§ 3 Dienstliche Nutzung

Die zur Verfügung gestellten IuK-Anlagen sind grundsätzlich für dienstliche Zwecke bestimmt. Dienstlichen Zwecken dienen alle Tätigkeiten, die die Arbeitnehmer in Erfüllung ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit für den Arbeitgeber erledigen. Der Arbeitgeber hat dabei Zugang zu allen relevanten dienstlichen Informationen. […]

§ 4 Einwilligung in die Nutzungsbedingungen bei Privatnutzung

(1) Die private Nutzung von dienstlich überlassenen IuK-Anlagen ist nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer eine individuelle Einwilligung in die Nutzungsbedingungen (Nutzungsvereinbarung, vgl. Anlage 1) unterzeichnet. Diese wird in der Personalakte dokumentiert.

(2) Die Nutzungsbedingungen sind in den folgenden Abschnitten III und IV geregelt.

Die Abschnitte III und IV betreffen die Nutzungsbedingungen für die Privatnutzung sowie Kontrollen durch den Arbeitgeber. Abschnitt V enthält eine salvatorische Klausel sowie Schlussbestimmungen zum Inkrafttreten und zur Beendigung der Betriebsvereinbarung und zu ihrer Fortschreibung sowie einen Verweis auf die Anlagen.

Bei der Beklagten wird die Bürosoftware Microsoft Office eingesetzt, die unter anderem die Möglichkeit der Terminverwaltung in einem persönlichen Kalender bietet. Außerdem nutzt die Beklagte die Funktion sog. Gruppenkalender, auf die mehrere Personen Zugriff haben. Im November 2015 richtete die Beklagte einen Gruppenkalender „Tram“ ein. Am 24.11.2015 wies der Gruppenleiter des Klägers die Verkehrsmeister Baumaßnahmen/Sonderverkehre, unter ihnen den Kläger, an, den Gruppenkalender „Tram“ für die Verwaltung der betrieblichen Termine zu nutzen. In einem Gespräch am selben Tag wiederholte der Gruppenleiter diese Aufforderung; der Kläger lehnte dies ab. In einem weiteren Gespräch am 30.11.2015 hielt der Kläger an seiner Ablehnung fest.

Mit Schreiben vom 4.12.2015 (Bl. 6 f. d.A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung, weil er sich entgegen der erteilten Anweisung weigere, geschäftliche Termine in den Funktionskalender „Tram“ einzutragen. Der Kläger sei verpflichtet, Weisungen seiner Führungskraft Folge zu leisten. Mit seiner Arbeitsverweigerung habe er seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt.

Mit seiner am 24.2.2016 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen diese Abmahnung. Er meint, die Anweisung zur Nutzung des Funktionskalenders verletze den Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil nur wenige bestimmte und nicht alle Mitarbeiter der Beklagten dieses System nutzen sollten. Die Einführung des Kalendersystems sei jedenfalls unverhältnismäßig, da er anstehende Termine im Falle der Arbeitsunfähigkeit auch per Fax übermitteln könne; in dringenden betrieblichen Fällen könne die Beklagte die Informationen seines persönlichen Kalenders nach der Betriebsvereinbarung auch ohne sein Einverständnis einsehen.

Darüber hinaus vertritt der Kläger die Auffassung, das Kalendersystem sei in rechtswidriger Weise eingeführt worden, da das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht beachtet worden sei.

Die Weisung sei daher ebenfalls rechtswidrig, infolgedessen liege der Abmahnung eine falsche rechtliche Bewertung zugrunde. Sie sei deshalb zu widerrufen und aus seiner Personalakte zu entfernen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, die ihm mit Datum vom 4.12.2015 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und aus seiner Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt für sich ein legitimes Interesse an der Kenntnis von betrieblichen Terminen des Klägers in Anspruch. Zweck der Maßnahme sei keine Kontrolle des Klägers. Eine Einsichtnahme in den Kalender des Klägers im Verhinderungsfall sei technisch aufwendig und schon deshalb kein gleich geeignetes Mittel.

Die Betriebsvereinbarung vom 1.11.2013 verwende einen sehr weiten Begriff der IuK-Anlage. Da die Nutzung der Endgeräte wie Computer und Laptop ohne Software keinen Sinn ergebe, falle zumindest Standard-Bürosoftware, also auch Microsoft Office, unter die Vereinbarung. Eine besondere Schutzbedürftigkeit des Klägers sei auch nicht ersichtlich, zumal die Beklagte unstreitig die Verwendung eines Papierkalenders anordnen könnte. Zudem verwende auch der Betriebsrat einen elektronischen Gruppenkalender.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 495 Abs. 1, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle der Güteverhandlung vom 22.3.2016 sowie der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 26.8.2016 Bezug genommen.

Gründe

A.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG eröffnet. Das Arbeitsgericht Nürnberg ist gemäß §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig, da die Beklagte ihren Sitz in Nürnberg hat.

B.

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Die Kammer versteht den klägerischen Antrag auf Rücknahme und Entfernung der Abmahnung der Personalakte als einheitliches Begehren. Rücknahme und Entfernung sind keine separaten Handlungen; vielmehr verlangt der Kläger die Rücknahme der Abmahnung aufgrund ihrer Rechtswidrigkeit; diese Abmahnung manifestiert sich in der Entfernung.

II. Ein solcher Rücknahme- und Entfernungsanspruch steht dem Kläger zu.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die erkennende Kammer folgt, kann der Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen (BAG 27.11.2008 - 2 AZR 675/07 - NZA 2009, 842; BAG 22.02.2001 - 6 AZR 398/99 - EzBAT BAT § 11 Nr. 10; BAG 27.11.1985 - 5 AZR 101/84 - NZA 1986, 227). Bei der Abmahnung handelt es sich um die Ausübung eines arbeitsvertraglichen Gläubigerrechts durch den Arbeitgeber. Als Gläubiger der Arbeitsleistung weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rügefunktion). Zugleich fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, wenn ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion) (BAG 27.11.2008 - 2 AZR 675/07 - NZA 2009, 842; BAG 15.07.1992 -7 AZR 466/91 - NZA 1993, 220). Eine solche missbilligende Äußerung des Arbeitgebers in Form einer Abmahnung ist geeignet, den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen und seinem Persönlichkeitsrecht zu beeinträchtigen. Deshalb kann der Arbeitnehmer die Beseitigung dieser Beeinträchtigung verlangen, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält oder auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, wenn sie sie statt eines konkret bezeichneten Fehlverhaltens nur pauschale Vorwürfe enthält oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, sowie wenn kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht (BAG 27.11.2008 - 2 AZR 675/07 - NZA 2009, 842 m.w.N.).

2. Die Abmahnung vom 4.12.2015 beruht auf einer unrichtigen rechtlichen Bewertung. Die Weisung zur Benutzung des Gruppenkalenders ist nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 Satz 1 GewO gedeckt, weil die Einführung des Gruppenkalen-dersystems ohne die erforderliche Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 GewO erfolgte.

a) Die Nutzung der Gruppenkalenderfunktion bedarf der Mitbestimmung des Betriebsrats. Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat dieser mitzubestimmen bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die technische Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Eine solche Einrichtung stellt auch der Gruppenkalender dar, den der Kläger nach dem Willen der Beklagten verwenden soll.

§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dient dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen und Gefahren durch die Möglichkeit der jederzeitigen Leistungs- und Verhaltenskontrolle aufgrund der Technisierung sowie den damit verbundenen Überwachungsdruck. Die Gefahren der technischen Überwachung liegen vor allem darin begründet, dass praktisch dauernd und ununterbrochen eine große Anzahl von Daten erhoben werden kann. Die technisierte Ermittlung von Verhaltens- und Leistungsdaten ist darüber hinaus für den Arbeitnehmer in vielen Fällen nicht wahrnehmbar, seine Abwehrreaktionen und -mechanismen gegen eine Überwachung und Kontrolle sind hierdurch ausgeschaltet. Der Arbeitnehmer kann sich der Beobachtung durch technische Geräte, die Informationen ermitteln sollen, praktisch nicht entziehen. Auf technischem Wege ermittelte Informationen werden regelmäßig aufgezeichnet und festgehalten mit der Folge, dass sie stets verfügbar bleiben. All diese Umstände bergen die Gefahr in sich, dass in Persönlichkeitsbereiche des Arbeitnehmers eingedrungen wird, die einer nichttechnischen Überwachung nicht zugänglich sind, und dass der Arbeitnehmer zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht wird, der er sich nicht entziehen kann (BAG 14.9.1984 - 1 ABR 23/82 - BAGE 46, 367).

Mit Blick auf diesen Normzweck kommt es nach der zutreffenden h.M. nicht auf eine Kontrollabsicht des Arbeitgebers an. Zur Überwachung bestimmt ist eine technische Einrichtung dann, wenn diese aufgrund des verwendeten Programmes Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebt und aufzeichnet unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die durch die technische Einrichtung erfassten und festgehaltenen Verhaltens- und Leistungsdaten auch auswerten oder zu Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will. Das gilt auch, wenn die leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten nicht auf technischem Wege (durch die Einrichtung selbst) gewonnen werden, sondern dem System zum Zwecke der Speicherung und Verarbeitung eingegeben werden müssen (BAG 14.9.1984 - 1 ABR 23/82 - BAGE 46, 367; BAG 14.11.2006 - 1 ABR 4/06 - BAGE 120, 146; Löwisch/Kaiser, BetrVG, 6. Aufl. 2010, § 87 Rn. 137 m.w.N.).

Demnach unterliegt die Einführung und Benutzung des Gruppenkalenders „Tram“ ohne Weiteres der Mitbestimmung des Betriebsrats. Der Kalender ist digital gespeichert und hält Daten zur Arbeitsleistung des Klägers, nämlich seine Terminplanung, dauerhaft fest. Er ermöglicht damit die technische Auswertung dieser Leistungsdaten unabhängig davon, dass die Beklagte erklärt, sie habe an einer Auswertung und Kontrolle kein Interesse.

b) Die Betriebspartner haben über die Einführung und Benutzung des Kalenders auch keine mitbestimmte Regelung getroffen. Die Betriebsvereinbarung vom 1.11.2013 erfasst diese Form der Kalendernutzung nicht.

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 12.4.2011 - 1 AZR 412/09 -BAGE 137, 300; Richardi, BetrVG, 15. Aufl. 2016, § 87 Rn. 115 Löwisch/Ka/ser § 77 Rn. 31 m.w.N.).

bb) Der weite Wortlaut des § 3 der Betriebsvereinbarung vom 1.11.2013 erfasst auch die Nutzung eines Gruppenkalenders („Dienstlichen Zwecken dienen alle Tätigkeiten, die die Arbeitnehmer in Erfüllung ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit für den Arbeitgeber erledigen. Der Arbeitgeber hat dabei Zugang zu allen relevanten dienstlichen Informationen.“). Insoweit verweist die Beklagte mit Recht darauf, dass nach § 1 der Betriebsvereinbarung alle bei der Beklagten zur Verfügung gestellten Dienste sowie die Endgeräte zu deren Nutzung der Betriebsvereinbarung unterliegen.

cc) Der systematische Gesamtzusammenhang der Vorschriften der Betriebsvereinbarung lässt jedoch erkennen, dass deren Regelungsgegenstand nicht die Verwendung der von der Beklagten eingesetzten Software im Rahmen der Arbeitsleistung, sondern die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für eine private Nutzung der dienstlichen IuK-Anlagen. So stellt § 3 erkennbar lediglich den Grundsatz klar, dass die zur Verfügung gestellten IuK-Anlagen für dienstliche Zwecke bestimmt sind und deshalb grundsätzlich dem Zugriff des Arbeitgebers unterliegen. Alle folgenden Vorschriften (§§ 4-16) betreffen die private Nutzung der IuK-Anlagen.

dd) Eine ausdrückliche Regelung zum Zweck der Betriebsvereinbarung existiert nicht. Die Regelung in § 3 legt die Vermutung nahe, dass die Betriebspartner davon ausgegangen sind, dass die dienstliche Nutzung der IuK-Anlagen zulässig ist. Das entbindet sie aber nicht vom Erfordernis, hierzu konkret eine mitbestimmte Regelung zu treffen. Insoweit folgt die Kammer den Einlassungen der Klägervertreterin im Kammertermin am 26.8.2016. Aus einer allgemein gehaltenen Feststellung, dass IuK-Anlagen dienstlichen Zwecken dienen und der Arbeitgeber dabei Zugriff auf alle relevanten dienstlichen Informationen hat, kann nicht der Rückschluss gezogen werden, der Betriebsrat habe damit der Nutzung jeglicher Software im Betrieb zugestimmt.

Auch eine auf die Nutzung von Standard-Bürosoftware begrenzte Zustimmung lässt sich hieraus entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entnehmen. Gegen eine derart weite Interpretation der Betriebsvereinbarung sprechen neben dem bereits erörterten Gesamtzusammenhang der Regelung vor allem Bestimmtheitsgründe. Die Abgrenzung, was von der Einigung noch erfasst sein soll und was nicht, würde damit dem Anwender oder den Gerichten überantwortet. Die Betriebspartner hätten dann aber unzulässigerweise den Gegenstand der Betriebsvereinbarung nicht hinreichend bestimmt.

c) Technische Kontrolleinrichtungen, über deren Einführung und/oder Benutzung der Betriebsrat entgegen § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht mitbestimmt hat, müssen die Arbeitnehmer nicht bedienen oder verwenden (Fitting § 87 Rn. 256; Richardi § 87 Rn. 533; D/K/K/W/Klebe § 87 Rn. 166; Löwisch/Kaiser § 87 Rn. 145). Die fehlende Mitbestimmung des Betriebsrats macht die darauf gerichtete Weisung des Arbeitgebers per se unbillig und damit rechtswidrig (vgl. Staudinger/Rieble § 315 Rn. 205 f.).

Infolgedessen ist auch die Abmahnung vom 4.12.2015 rechtswidrig, da sie zu Unrecht von der Wirksamkeit der Weisung an den Kläger ausgeht, den Gruppenkalender zu verwenden.

d) Auf die Frage der Gleichbehandlung oder der Unverhältnismäßigkeit der Weisung kommt es damit nicht mehr an, obgleich die Kammer die Auffassung des Klägers insoweit nicht teilt und davon ausgeht, dass die Beklagte nicht gehindert wäre, auf der Grundlage einer mitbestimmten Regelung eine entsprechende Anweisung zu erteilen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

D.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG. Der Streitwert wird gemäß § 3 ZPO in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit mit einem Bruttomonatsgehalt des Klägers festgesetzt.

E.

Es ist kein Grund gegeben, die Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG gesondert zuzulassen. Die Beklagte kann nach Maßgabe folgender RechtsmittelbelehrungBerufung einlegen.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Apr. 2011 - 1 AZR 412/09

bei uns veröffentlicht am 12.04.2011

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. April 2009 - 17 Sa 1522/08 - teilweise aufgehoben.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Arbeitsgericht Nürnberg Endurteil, 26. Aug. 2016 - 12 Ca 978/16.

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 21. Feb. 2017 - 7 Sa 441/16

bei uns veröffentlicht am 21.02.2017

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.08.2016 ‒ 12 Ca 978/16 ‒ wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Referenzen

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen Vorschriften des Buches 1, aus den nachfolgenden besonderen Bestimmungen und aus der Verfassung der Amtsgerichte sich Abweichungen ergeben.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. April 2009 - 17 Sa 1522/08 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. September 2008 - 1 Ca 3987/08 - teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 18.304,00 Euro nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2008 zu zahlen.

3. Im Übrigen werden die Revision und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine variable Erfolgsvergütung.

2

Der Kläger war seit August 1999 bei der beklagten Bank zuletzt als Firmenkundenbetreuer beschäftigt. Er kündigte das Arbeitsverhältnis mit der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende zum Ablauf des 30. Juni 2008. Aufgrund einer anschließend getroffenen Aufhebungsvereinbarung schied der Kläger zum Ende des Geschäftsjahres 2007/2008 am 31. März 2008 aus.

3

Nach § 3 des Arbeitsvertrags vom 6. März 2001 erhielt der Kläger ein Festgehalt von 8.000,00 DM sowie ein 13. Monatsgehalt, das bei Eintritt bzw. Austritt im laufenden Kalenderjahr zeitanteilig zu zahlen war. Weiter heißt es in § 3 des Arbeitsvertrags:

        

Variable Erfolgsvergütung (VE)

        

Die nach Beendigung eines Geschäftsjahres von der Bank an Sie auszuzahlende variable Erfolgsvergütung erfolgt gemäß der entsprechenden Betriebsvereinbarung auf der Grundlage einer individuell festgelegten Zielgröße (Ziel-VE). In Ihrem Falle setzten wir für das erste volle Geschäftsjahr Ihrer Tätigkeit eine Ziel-VE in Höhe von DM 7.200,-- … brutto fest. ...

        

Abgeltung/Ausschluß

        

Mit der Zahlung der vereinbarten Bezüge ist die Leistung von Mehrarbeit abgegolten. …“

4

Die zwischen dem Gesamtbetriebsrat und dem Vorstand abgeschlossene Betriebsvereinbarung „Variable Erfolgsvergütung“ vom 20. Februar 2001 (BV VE) lautet:

        

„Präambel

        

…       

        

Mit dieser neuen VE-Regelung wird die Ausrichtung aller Aktivitäten auf die geschäftspolitischen Ziele verstärkt, eine nachhaltige adäquate Risiko- und Qualitätssteuerung erreicht und der vernetzte Vertrieb forciert. Wir erwarten hierdurch eine Mobilisierung aller Potentiale der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter … dadurch, dass hervorragende Leistungen auch entsprechend honoriert werden können. …

        

§ 2     

Ziel-VE

                 

Grundlage der variablen Erfolgsvergütung ist eine individuelle Ziel-VE, die jedem Mitarbeiter im voraus genannt wird. …

                 

…       

                 

Die Ist-VE wird jeweils mit den Bezügen für den Monat Juli ausgezahlt, wenn der Mitarbeiter die mit ihm vereinbarten Ziele erreicht und der Geschäftsverlauf der Bank - bezogen auf die Ergebnisplanung - den Erwartungen entspricht.“

5

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1, Satz 4 BV VE vereinbaren die Führungskraft und der Mitarbeiter für das anstehende Geschäftsjahr drei bis fünf Ziele, die quantitative und qualitative Zielgrößen aus den in der BV VE genannten Zielbereichen abdecken sollen. Die erfolgsabhängige Vergütung (Ist-VE) ergibt sich aus der Multiplikation der individuellen Ziel-VE, einem aufgrund der individuellen Zielerreichung festgesetzten Leistungsfaktor sowie dem Ergebnisfaktor, der sich nach einer von der Beklagten zu bestimmenden „Performance des Konzerns“ errechnet.

6

Weiter heißt es in der BV VE:

        

§ 8   

Ausnahmen

                 

Eine Ist-VE kommt nicht zur Auszahlung, wenn der Mitarbeiter unterjährig durch Kündigung ausscheidet oder bis zum Auszahlungstag das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Bei Austritt durch Erreichen der Altersgrenze oder Vorruhestand sowie bei Mutterschutz-/Erziehungsurlaub und Erwerbsunfähigkeit kommt die Ist-VE pro rata temporis zur Auszahlung.

                 

…       

                 

In Fällen eines unterjährigen Eintritts erfolgt die Zahlung der Ist-VE pro rata temporis entsprechend der persönlichen Zielerreichung.“

7

Nach einer Bezügemitteilung vom 12. Juni 2007 betrug das monatliche Fixgehalt des Klägers 6.160,00 Euro brutto sowie die Ziel-VE für das Geschäftsjahr 2007/2008 16.000,00 Euro brutto. Der Kläger, der im Geschäftsjahr 2007/2008 einen Leistungsfaktor von 1,43 erreichte, verlangte von der Beklagten die Zahlung einer variablen Erfolgsvergütung iHv. 22.880,00 Euro, was diese unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 BV VE ablehnte.

8

Mit seiner am 14. Juli 2008 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass sich ein Anspruch auf die variable Erfolgsvergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008 bereits aus dem Arbeitsvertrag ergebe. Der in § 8 Abs. 1 BV VE enthaltene Anspruchsausschluss sei unwirksam. Die Vorschrift enthalte eine überraschende Klausel und stelle darüber hinaus eine unangemessene Benachteiligung der durch Kündigung ausscheidenden Arbeitnehmer dar. Angesichts seiner individuellen Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende bewirke die Vorschrift eine unzulässige Kündigungserschwernis. § 8 Abs. 1 BV VE verstoße zudem gegen § 75 Abs. 1 BetrVG; bei der erfolgsabhängigen Vergütung handele es sich um Entgelt im engeren Sinne, das der Disposition der Betriebsparteien entzogen sei.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.880,00 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat behauptet, der Ergebnisfaktor sei wegen des schlechten Betriebsergebnisses nur auf 0,8 festgesetzt worden, sodass dem Kläger allenfalls 18.304,00 Euro zustünden.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist überwiegend begründet. Der Kläger hat Anspruch auf eine variable Erfolgsvergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008 iHv. 18.304,00 Euro.

13

I. Der Anspruch auf die Zahlung der variablen Erfolgsvergütung folgt aus § 2 BV VE.

14

1. Nach dieser Vorschrift ist Grundlage der variablen Erfolgsvergütung die von der Beklagten mitzuteilende Ziel-VE, die mit dem individuellen Leistungsfaktor (§ 5 BV VE) und dem vom Unternehmenserfolg abhängigen Ergebnisfaktor (§ 6 BV VE) zu multiplizieren ist. Entsprechend dem unstreitigen Parteivorbringen errechnet sich die variable Erfolgsvergütung des Klägers ausgehend von der im Schreiben vom 12. Juni 2007 mitgeteilten individuellen Ziel-VE von 16.000,00 Euro sowie einem Leistungsfaktor von 1,43 und dem Ergebnisfaktor für das Geschäftsjahr 2007/2008 von 0,8 mit 18.304,00 Euro. Ein weitergehender, auf der Grundlage eines Ergebnisfaktors von 1,0 zu errechnender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Dieser ist dem Vortrag der Beklagten, wonach der Ergebnisfaktor in diesem Geschäftsjahr wegen ihrer schwierigen wirtschaftlichen Lage lediglich 0,8 betragen hat, zuletzt nicht mehr entgegengetreten, sodass diese Tatsache nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.

15

2. Die in § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BV VE enthaltene Stichtagsregelung, wonach eine variable Erfolgsvergütung nicht zur Auszahlung kommt, wenn das Arbeitsverhältnis bis zum Auszahlungstag gekündigt wird, steht dem Anspruch nicht entgegen. Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht nicht vereinbar.

16

a) § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BV VE bestimmt, dass die variable Erfolgsvergütung an solche Arbeitnehmer nicht ausgezahlt wird, die im laufenden Geschäftsjahr unterjährig durch Kündigung ausscheiden. Hingegen erfasst der 2. Halbs. nur Arbeitsverhältnisse, die durch den Arbeitnehmer zwischen dem Ende des Geschäftsjahres bis zum Auszahlungstag gekündigt werden. Die Verwendung des Passivs „gekündigt wird“ lässt zwar offen, von welcher Arbeitsvertragspartei die Kündigung ausgeht. Doch sprechen die Regelungssystematik sowie das darin zum Ausdruck kommende Interesse der Beklagten, eine Eigenkündigung zu verhindern oder zumindest zu erschweren, dafür, dass die Betriebsparteien die Stichtagsregelung nur an eine vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung knüpfen wollten und eine solche des Arbeitgebers als auszahlungsunschädlich betrachten.

17

b) Die in § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BV VE enthaltene Stichtagsregelung unterfällt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG. Sie betrifft weder einen Verteilungsgrundsatz nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG noch regelt sie die Auszahlung des Arbeitsentgelts nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG. Dieser Mitbestimmungstatbestand erfasst die Umstände bei der Auszahlung des Arbeitsentgelts (Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 426; Fitting 25. Aufl. § 87 Rn. 179). Dazu gehören die Voraussetzungen, unter denen der Entgeltanspruch untergeht, nicht.

18

c) Die Betriebsparteien konnten den in der BV VE begründeten Anspruch auf eine variable Erfolgsvergütung nicht vom Bestehen eines vom Arbeitnehmer ungekündigten Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig machen. § 88 BetrVG erlaubt den damit verbundenen Entzug verdienten Arbeitsentgelts nicht. Darüber hinaus erweist sich die hierdurch bewirkte Beschränkung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Arbeitsplatzwahlfreiheit des Arbeitnehmers als unverhältnismäßig.

19

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können die Betriebsparteien durch Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen. Das Betriebsverfassungsgesetz geht nach seiner Konzeption von einer grundsätzlich umfassenden Kompetenz der Betriebsparteien zur Regelung materieller und formeller Arbeitsbedingungen aus (grundlegend BAG GS 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C I 2 der Gründe, BAGE 63, 211). Dies folgt insbesondere aus § 77 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BetrVG. Zwar dient diese Regelung in erster Linie der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie. Zugleich zeigt sie aber, dass der Gesetzgeber dort, wo die Tarifvertragsparteien ihre Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen nicht wahrnehmen oder den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen zulassen, von einer Regelungskompetenz der Betriebsparteien ausgeht. Hierfür spricht ferner, dass freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG nicht auf die dort ausdrücklich genannten Gegenstände beschränkt sind, sondern, wie sich aus dem Wort „insbesondere“ ergibt, auch über andere Gegenstände möglich sein sollen(BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 14, BAGE 120, 308).

20

bb) Allerdings unterliegt die aus § 88 BetrVG folgende Regelungsbefugnis der Betriebsparteien Binnenschranken. Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB findet zwar bei Betriebsvereinbarungen keine Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB statt. Doch sind die Betriebsparteien beim Abschluss ihrer Vereinbarungen gemäß § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BetrVG an die Grundsätze von Recht und Billigkeit gebunden und damit auch zur Wahrung der grundrechtlich geschützten Freiheitsrechte verpflichtet. Dazu gehört die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Arbeitnehmer.

21

cc) Die von den Betriebsparteien zu wahrenden Grundsätze des Rechts erstrecken sich auf die geltende Rechtsordnung, die das Arbeitsverhältnis gestaltet und auf dieses einwirkt (ErfK/Kania 11. Aufl. § 75 BetrVG Rn. 5; Fitting § 75 Rn. 25). Dazu zählt auch § 611 Abs. 1 BGB, nach dem der Arbeitgeber zur Erbringung der vereinbarten Gegenleistung verpflichtet ist, soweit der vorleistungsverpflichtete Arbeitnehmer seinerseits die ihm obliegende Arbeitsleistung erbracht hat. Die Auszahlung verdienten Entgelts ist daher nicht von der Erfüllung weiterer Zwecke abhängig (MüArbR/Krause 3. Aufl. Bd. 1 § 54 Rn. 14). Diese gesetzliche Wertung bindet auch die Betriebsparteien.

22

(1) Bei der in der BV VE geregelten erfolgsabhängigen Vergütung handelt es sich um Arbeitsentgelt, das vom Arbeitnehmer durch die Erbringung einer Arbeitsleistung im Bezugszeitraum verdient wird und dessen Höhe von der Erreichung der mit ihm vereinbarten Ziele abhängt. Dies folgt aus dem Wortlaut und der Regelungssystematik der BV VE.

23

(a) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 874/08 - Rn. 31, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 23).

24

(b) Für den ausschließlichen Entgeltcharakter der in der BV VE geregelten erfolgsabhängigen Vergütung spricht schon der Wortlaut der ihr vorangestellten Präambel. Danach haben die Betriebsparteien mit dem Abschluss der BV VE die Erwartung verbunden, alle Potentiale der Mitarbeiter dadurch zu mobilisieren, dass hervorragende Leistungen auch entsprechend honoriert werden. Auch aus der Regelungssystematik folgt, dass die erfolgsabhängige Vergütung eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Erreichung der mit den Mitarbeitern vereinbarten Ziele ist. So hängt die Höhe der variablen Erfolgsvergütung ua. von der persönlichen Arbeitsleistung der Mitarbeiter im jeweiligen Geschäftsjahr ab. Nach den § 2 BV VE zugrunde liegenden Einzelparametern bestimmt sich die Zahlung nach einer individuellen Ziel-VE, einem Leistungsfaktor sowie dem Ergebnisfaktor, der sich nach dem wirtschaftlichen Erfolg der Beklagten in dem jeweils maßgeblichen Geschäftsjahr richtet. Der Leistungsfaktor ist Ausdruck der individuellen Leistung des Mitarbeiters gemessen am Zielerreichungsgrad der mit ihm persönlich vereinbarten Ziele (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BV VE). Er bemisst sich nach einer zwischen den Arbeitsvertragsparteien abzuschließenden Zielvereinbarung und nicht nach der einseitigen Festlegung von Zielen, die von der Beklagten in Ausübung ihres Direktionsrechts einseitig bestimmt werden können. Die Vereinbarung der Ziele erfolgt unter Berücksichtigung der persönlichen Leistungsmöglichkeiten des Mitarbeiters (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BV VE).

25

(2) Solche Vergütungsbestandteile, die vom Erreichen von persönlichen Zielen und dem Unternehmenserfolg abhängen, sind keine anlass- oder stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen des Arbeitgebers, sondern unmittelbare Gegenleistung für eine vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung, die dieser als Arbeitsentgelt für den vereinbarten Zeitraum erhält (Schaub/Linck 13. Aufl. § 77 Rn. 6; ähnl. ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 504). Für Sonderzuwendungen, mit denen sich der Arbeitgeber zB an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen der Arbeitnehmer beteiligt oder mit denen eine vergangenheits- sowie zukunftsbezogene Betriebstreue honoriert werden soll, ist kennzeichnend, dass diese ohne Bezug zu einer Vereinbarung über die Qualität oder die Quantität der individuellen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbracht werden. Demgegenüber bezweckt eine erfolgsabhängige Vergütung gerade eine Leistungssteigerung des Arbeitnehmers durch die Förderung seiner Motivation (BAG 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 25, BAGE 125, 147). Sie dient - je nach Ausgestaltung der Zielvereinbarung - entweder als besonderer Anreiz für die Erreichung des vertraglich festgelegten Leistungsziels oder allgemein der Erzielung von überdurchschnittlichen Arbeitsergebnissen im Bezugszeitraum. Ein in dieser Weise ausgestalteter Vergütungsbestandteil wird daher als Gegenleistung für die gemäß der Zielvereinbarung erbrachte Arbeitsleistung geschuldet (BAG 12. Dezember 2007 -  10 AZR 97/07 - Rn. 48, aaO; BSG 23. März 2006 - B 11a AL 29/05 R - SozR 4-4300 § 183 Nr. 6). Diese synallagmatische Verbindung wird nicht durch die Abhängigkeit der Höhe der variablen Erfolgsvergütung von einem Unternehmensergebnis im maßgeblichen Bezugszeitraum in Frage gestellt. Denn auch Leistungen, die an den Unternehmenserfolg geknüpft sind (wie zB Tantiemen, Gewinnbeteiligungen), werden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt (vgl. BAG 8. September 1998 - 9 AZR 273/97 - zu II 3 a der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 214 = EzA BGB § 611 Tantieme Nr. 2).

26

(3) Der Anspruch auf die variable Erfolgsvergütung nach der BV VE entsteht mit Ablauf des monatlichen Leistungszeitraums. Sie wird in den einzelnen Monaten anteilig verdient, jedoch aufgespart und am vereinbarten Fälligkeitstag ausgezahlt (BAG 21. April 2010 - 10 AZR 178/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 45). Dies folgt aus ihrer Einbindung in das vertragliche Synallagma und der Regelung in § 8 Abs. 1, Abs. 3 BV VE für die dort bestimmten Fälle des vorzeitigen Ausscheidens und des unterjährigen Eintritts. In diesen haben die Betriebsparteien ausdrücklich die Entstehung des Anspruchs „pro rata temporis“ festgelegt.

27

(4) Entstandene Ansprüche auf Arbeitsentgelt für eine bereits erbrachte Arbeitsleistung können von den Betriebsparteien nicht unter die auflösende Bedingung des Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag nach Ablauf des Leistungszeitraums gestellt werden.

28

Nach § 611 Abs. 1 BGB ist der Arbeitgeber als Dienstgeber zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Der Arbeitnehmer soll über die vom Arbeitgeber versprochene Gegenleistung disponieren und seine Lebensgestaltung daran ausrichten können, wenn er seinerseits die geschuldete Leistung vollständig erbracht hat. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die eigentliche Grundvergütung, sondern auch für besondere Entgeltbestandteile, die gleichermaßen in das Synallagma eingebundene Leistungen darstellen (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 20, BAGE 122, 182). Hierfür ist es auch unerheblich, ob der Vergütungsanspruch monatlich entsteht, an längere Abrechnungszeiträume gebunden ist oder die Arbeitsleistung von einem bestimmten Leistungserfolg abhängig ist. Ein gesetzlicher Ausnahmetatbestand, der vorsieht, dass der Arbeitnehmer die durch seine Arbeit verdiente Gegenleistung nur behalten darf, wenn er über den Zeitraum hinaus, in dem das Arbeitsentgelt verdient worden ist, dem Unternehmen angehört, existiert nicht. Diese Wertungen haben auch die Betriebsparteien nach § 75 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG bei ihrer Rechtssetzung zu beachten, wenn sie eine Regelung über Vergütungsbestandteile treffen, die von einer Arbeitsleistung des Arbeitnehmers abhängig sind. Die Stichtagsregelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BV VE wird dem nicht gerecht. Sie entspricht in ihrer Wirkung einer auflösenden Bedingung, durch die dem vorleistungspflichtigen Kläger der Anspruch auf die Gegenleistung rückwirkend entzogen wird, wenn dieser nach Ablauf des Geschäftsjahres, aber vor dem Auszahlungstag der variablen Erfolgsvergütung sein Arbeitsverhältnis selbst kündigt.

29

dd) Darüber hinaus ist die in der Stichtagsregelung enthaltene auflösende Bedingung auch deswegen unwirksam, weil sie die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers übermäßig beschränkt. Sie hält der gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand.

30

(1) Die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nach Art. 12 Abs. 1 GG schützt mit der Freiheit der Arbeitsplatzwahl auch den Entschluss des einzelnen Arbeitnehmers, an welcher Stelle er dem gewählten Beruf nachgehen möchte. Dies umfasst seine Entscheidung, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in einem gewählten Beruf beizubehalten oder aufzugeben (BVerfG 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133). In dieses Freiheitsrecht dürfen die Betriebsparteien nicht in unverhältnismäßiger Weise eingreifen. Daher muss eine die Arbeitsplatzwahlfreiheit beschränkende Regelung geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Geeignet ist die Regelung, wenn mit ihrer Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann. Erforderlich ist sie, wenn kein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung steht. Angemessen ist sie, wenn sie verhältnismäßig im engeren Sinn erscheint. Es bedarf hier einer Gesamtabwägung zwischen der Intensität des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe; die Grenze der Zumutbarkeit darf nicht überschritten werden (BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 24, BAGE 120, 308).

31

(2) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BV VE kommt die am Ende des Geschäftsjahres verdiente variable Erfolgsvergütung nicht zur Auszahlung, wenn der Arbeitnehmer zwar bis zum Ende des Geschäftsjahres in einem Arbeitsverhältnis steht, dieses aber bis zum Auszahlungstag selbst gekündigt hat. Eine solche Regelung bewirkt der Sache nach, dass die Beklagte entgegen § 611 Abs. 1 BGB keine Vergütung für die vom Kläger nach Maßgabe der Zielvereinbarung geleisteten Dienste erbringen muss. Sie dient ihrem Interesse, einen Arbeitnehmer über das Ende des Geschäftsjahres bis zum Auszahlungstag an der selbst gewählten Aufgabe seines Arbeitsverhältnisses zu hindern. Dies wird durch die § 8 Abs. 1 Satz 2 BV VE zugrunde liegende Gruppenbildung verdeutlicht. Danach erhalten Beschäftigte, die durch Erreichen der Altersgrenze oder Vorruhestand ausscheiden, die variable Erfolgsvergütung im Austrittsjahr zeitanteilig, obwohl es an einem bestehenden Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag fehlt und sie durch ihre Arbeitsleistung wegen ihres unterjährigen Ausscheidens nur für einen Teil des Geschäftsjahres zum wirtschaftlichen Ergebnis der Beklagten beitragen. Ebenso behalten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BV VE Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis nach Beendigung des Geschäftsjahres bis zum Auszahlungszeitpunkt durch einen Aufhebungsvertrag beenden oder die aufgrund einer Kündigung der Beklagten ausscheiden, den Anspruch auf die variable Erfolgsvergütung. Eine solche Regelung begünstigt Arbeitnehmer, die zwar zum Auszahlungstag nicht mehr in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen, für deren Weiterbeschäftigung es aber entweder an einem betrieblichen Interesse der Beklagten fehlt oder bei denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - wie bei dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags - mit ihrem Einverständnis erfolgt ist. Auch dies lässt erkennen, dass es den Betriebsparteien bei der in § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BV VE enthaltenen Stichtagsregelung vor allem darum geht, Arbeitnehmer von einem Leistungsbezug auszuschließen, die eine Eigenkündigung ausgesprochen haben und bei denen die damit verbundene Beendigung der Vertragsbeziehung und der hierdurch ermöglichte Arbeitgeberwechsel den Interessen der Beklagten widerspricht.

32

(3) Die Stichtagsregelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BV VE ist zwar grundsätzlich geeignet, einen Anreiz zu schaffen, den Arbeitnehmer zu veranlassen, eine an sich statthafte Kündigungsmöglichkeit auszuschlagen und noch einen weiteren Zeitraum im Unternehmen zu verbleiben. Es kann auch zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass eine solche Regelung erforderlich ist, weil ihr kein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit des betroffenen Arbeitnehmers weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung steht, um diesen an der Arbeitsplatzaufgabe zu hindern.

33

Die Vorenthaltung einer bereits verdienten Arbeitsvergütung ist aber stets ein unangemessenes Mittel, die selbst bestimmte Arbeitsplatzaufgabe zu verzögern oder zu verhindern. Mit ihr sind Belastungen für den Arbeitnehmer verbunden, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen eines Arbeitgebers nicht zu rechtfertigen sind. Die BV VE betrifft typischerweise einen Personenkreis, dessen Kündigungsfrist abweichend von § 622 Abs. 2 BGB für beide Vertragsparteien verlängert ist. Im Fall des Klägers beträgt die Kündigungsfrist sechs Monate, in anderen gerichtsbekannten Fällen drei Monate zum Quartalsende. Um entsprechend der Regelungen der BV VE die Auszahlung der variablen Erfolgsvergütung beanspruchen zu können, führt das zu einer Bindung bis zum Ablauf des nächsten Geschäftsjahres, jedenfalls aber zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Jahresende, um die im vorangegangenen Geschäftsjahr verdiente variable Erfolgsvergütung nicht zu verlieren. Für die durch die Stichtagsregelung bewirkte Bindung - auch soweit ihr lediglich die in § 622 Abs. 2 BGB geregelten Kündigungsfristen zugrunde liegen - erbringt die Beklagte keine gesonderte Leistung. Vielmehr wird jene ausschließlich durch die Auszahlung von Entgelt honoriert, das der Kläger durch das Erreichen der mit ihm vereinbarten Ziele bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr verdient hat. Die damit verbundene Beschränkung der Arbeitsplatzwahlfreiheit berücksichtigt daher völlig einseitig die Interessen der Beklagten am Verbleib des Klägers und ihr Bedürfnis, einen aus ihrer Sicht unerwünschten Wechsel, ggf. zu einem Wettbewerber, zumindest zu verzögern oder gar zu verhindern. Die damit einhergehenden Belastungen für den Kläger, der letztlich auf verdientes Entgelt verzichten muss, um einen in seinem Interesse liegenden Arbeitsplatzwechsel unter Einhaltung der vereinbarten oder der gesetzlichen Kündigungsfristen vornehmen zu können, sind angesichts eines Interesses der Beklagten an der Einhaltung von Betriebstreue, ohne hierfür eigene Aufwendungen erbringen zu müssen, unverhältnismäßig.

34

II. Auf die zwischen den Parteien streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Fragen nach weiteren Anspruchsgrundlagen kommt es nicht mehr an. Dies gilt insbesondere für die Annahme des Landesarbeitsgerichts, wonach sich die im Arbeitsvertrag enthaltene Vereinbarung über die „auszuzahlende variable Erfolgsvergütung“ in einer bloßen Bezugnahme auf die in der BV VE getroffenen Regelungen erschöpft. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die von den Betriebsparteien in § 8 BV VE vorgenommene Gruppenbildung für den Leistungsausschluss des Arbeitgebers den Anforderungen des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes(§ 75 Abs. 1 BetrVG) genügt.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Rath    

        

    Olaf Kunz    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.