Arbeitsgericht Herne Anerkenntnisurteil, 07. Juli 2015 - 3 Ca 684/15
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 0,02 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 0,01 € seit dem 01.02.2015 und aus weiteren 0,01 € seit dem 01.03.2015 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
4. Der Streitwert wird auf 89,78 € festgesetzt.
5. Die Berufung wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über Vergütung im Rahmen des Mindestlohns.
3Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 15.08.2006 als Servicekraft im Restaurant beschäftigt und arbeitet monatlich 84,5 Stunden. Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 09.08.2006 (Bl. 28 – 32 d.A.) findet auf das Arbeitsverhältnis kein Tarifvertrag Anwendung. § 4 des Arbeitsvertrages lautet, soweit vorliegend von Interesse, wie folgt:
4„Die Weihnachtsgratifikation und das zusätzliche Urlaubsgeld werden nach unserer innerbetrieblich üblichen Regelung vergütet.
5Die Weihnachtsgratifikation, das zusätzliche Urlaubsgeld oder sonstige Sonderzuwendungen sind jederzeit widerrufliche, freiwillige Leistungen des Arbeitgebers und begründen, auch bei wiederholter Zahlung, keinen Rechtsanspruch.
6Bei Ausscheiden des Mitarbeiters aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch bis zum einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres, ist die Weihnachtsgratifikation in voller Höhe zurückzuzahlen.“
7Am 13.12.2010 schlossen die Parteien sodann eine Änderungsvereinbarung (Bl. 20 d.A.). Die von beiden Parteien unterzeichnete Änderungsvereinbarung lautet, soweit vorliegend relevant, wie folgt:
8„Umstellung auf Jahresgehälter ab 01.01.2011
9Sehr geehrte Frau H,
10wir möchten zur Vereinfachung der Zahlungsweise die bisherigen, jährlichen Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) auf 12 gleiche Monatsbeträge umstellen.
11Für Sie hat dies den Vorteil, dass Ihnen diese Zahlungen bereits zu 1/12 jeden Monat zur Verfügung stehen. Außerdem würden auch etwaige Zusatzbedingungen für die jährlichen Sonderzahlungen entfallen.
12Deswegen bitten wir Sie nunmehr direkt um Ihre Zustimmung für folgende Änderung ab 1.1.2011:
13„Die bisherigen jährlichen Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, ggf. Urlaubsgeld) werden anteilig zu 1/12 monatlich gezahlt, so dass Sie ab 1.1.2011 eine entsprechend höhere, gleichmäßige monatliche Grundvergütung erhalten. Wir sind uns einig, dass ab 1.1.2011 etwaige Ansprüche auf jährliche Sonderzahlungen nicht mehr bestehen.“
14In den Lohnabrechnungen der Klägerin für die Monate Januar und Februar 2015 (Bl. 3 und 4 d.A.) ist ein Grundgehalt in Höhe von 676,91 € brutto ausgewiesen, ein weiteres Grundgehalt mit der Bezeichnung „1/12 JL“ in Höhe von 26,62 € brutto und ein weiteres Grundgehalt mit der Bezeichnung „1/12 UG“ in Höhe von 14,71 € brutto.
15Mit ihrer am 11.02.2015 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 13.03.2015 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von 89,78 € brutto nebst Zinsen für die Monate Januar und Februar 2015.
16Sie trägt vor, dass im Hinblick auf ihre monatliche Arbeitszeit von 84,5 Stunden sich im Hinblick auf den Mindestlohn von 8,50 € brutto eine Vergütung in Höhe von 718,25 € als Grundlohn errechne. Das von der Beklagten weiterhin gezahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeld könne auf diesen Betrag nicht angerechnet werden. Monatlich errechne sich daher eine Differenz in Höhe von 44,89 € brutto. Nach dem Arbeitsvertrag seien die Sonderzahlungen jederzeit einseitig frei widerruflich, daran habe auch die Vereinbarung vom 13.12.2010 nichts geändert, da die Beklagte diese selbst damit begründet habe, dass die Umstellung von jährliche auf monatliche Zahlung zur Vereinfachung der Zahlungsweise geschehen solle. Da es sich um eine Weihnachtsgratifikation handele, sei es gerade eine Zahlung, die keine Gegenleistung für die durch den Arbeitnehmer geleistete Arbeit darstelle. Mit der Weihnachtsgratifikation solle auch eine gewisse Betriebstreue entlohnt werden. Hierfür spreche insbesondere die Regelung des § 4 Abs. 5 des Arbeitsvertrages, wonach eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe, wenn ein Mitarbeiter bis zum 31. März des Folgejahres aus dem Unternehmen ausscheide. Auch bei dem Urlaubsgeld handele es sich um eine Zahlung, der auf Seiten des Arbeitnehmers keine Gegenleistung gegenüber stehe.
17Die Klägerin beantragt,
18die Beklagte zu verurteilen, an sie 89,78 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in Höhe von 44,89 € seit dem 01.02.2015 sowie aus weiteren 44,89 € seit dem 01.03.2015 zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie trägt vor, dass die Auszahlung des Urlaubsgeldes und des Weihnachtsgeldes unwiderruflich als monatliche Teilzahlung gemäß der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 13.12.2010 erfolge. Insgesamt werde durch die Zahlung ein Stundenlohn in Höhe von des gesetzlichen Mindestlohnes von exakt 8,50 € brutto erreicht. Die unwiderruflich gezahlten Leistungen in Form von Weihnachts- und Urlaubsgeld seien auf den Mindestlohn anzurechnen, so dass der Mindestlohnanspruch der Klägerin erfüllt sei. Nach der Gesetzesbegründung, wie er sich aus der Bundestagsdrucksache 18/1558, Seite 67, ergebe, sei es der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, dass bei der Frage der Anrechnung von Leistungen nach dem Mindestlohngesetz auf die Rechtsprechung zum tariflichen Mindestlohn nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz zurückgegriffen werde. Nach dieser Rechtsprechung seien indes anteilig und unwiderruflich ausgezahlte Leistungen auf den Mindestlohn anrechenbar. Funktion und Zweck des Weihnachts- und Urlaubsgeldes sei vorliegend einzig und allein die Vergütung der Arbeitsleistung der Klägerin. Sie habe die Zahlungen ausnahmslos und nach der identischen Berechnungsmethode an alle Mitarbeiter, unabhängig von der Leistung, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und anderen individuellen Faktoren ausgezahlt. Die Widerruflichkeit des Weihnachtsgeldes und des Urlaubsgeldes sei zwar in dem Arbeitsvertrag vom 09.08.2006 vereinbart worden. Diese Widerruflichkeit sei jedoch durch die Zusatzvereinbarung vom 13.12.2010 aufgehoben worden, wie sich bereits aus der Zusatzvereinbarung selbst ergebe. Denn die Formulierung: „Außerdem würden auch etwaige Zusatzbedingungen entfallen“ sowie „gleichmäßige monatliche Grundvergütung“ ließen lediglich den Schluss zu, dass eine Widerruflichkeit fortan nicht mehr vereinbart sein sollte. Gerade aus der Formulierung „höhere monatliche Grundvergütung erhalten solle“ ergebe sich klar und deutlich, dass es sich bei den zusätzlichen Zahlungen um Vergütungsbestandteile als Gegenleistung für die Arbeitsleistung handeln solle. Da außerdem vereinbart worden sei, dass etwaige Ansprüche auf jährliche Sonderzahlungen nicht mehr bestünden, solle eine Belohnung der Betriebstreue ab diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht mehr erfolgen. Sinn und Zweck des Mindestlohngesetzes sei es darüber hinaus, die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhaltes zu ermöglichen. Das Mindestlohngesetz verfolge nicht den Ansatz, dass der Grundlohn 8,50 € brutto pro Stunde betragen müsse.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24I.
25Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.
261. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Betrages von 0,02 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 0,01 € seit dem 01.02.2015 und aus weiteren 0,01 € seit dem 01.03.2015.
27Dieser Betrag ergibt sich daraus, dass – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – die Klägerin monatlich 84,5 Stunden zu leisten hat und sich insoweit im Hinblick auf den Mindestlohn in Höhe von 8,50 € brutto ein Betrag in Höhe von 718,24 € brutto errechnet. Aus den von der Beklagten für die Monate Januar und Februar 2015 abgerechneten Beträgen ergibt sich indes eine Vergütung in Höhe von insgesamt 718,24 € brutto und somit ein Betrag in Höhe von 0,01 € zu wenig. Dieser Betrag war der Klägerin daher zuzusprechen.
28Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
292. Im Übrigen war die Klage hingegen abzuweisen. Die von der Beklagten geleisteten Beträge bezüglich des Weihnachtsgeldes und des Urlaubsgeldes in Höhe von 26,62 € brutto sowie 14,71 € brutto dürfen auf den der Klägerin gemäß § 1 Abs. 1 Mindestlohngesetz zustehenden Mindestlohn angerechnet werden.
30Nach der Gesetzesbegründung zum Mindestlohngesetz sind Leistungen wie Weihnachtsgeld oder zusätzliches Urlaubsgeld als Bestandteil des Mindestlohns zu werten, wenn diese Zahlungen monatlich und unwiderruflich ausgezahlt werden. In der Gesetzesbegründung erläutert der Gesetzgeber insoweit die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie des Bundesarbeitsgerichtes zum Arbeitnehmerentsendegesetz und dem insoweit geltenden Mindestlohn. Gemäß der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 14.04.2005 (C-341/02 – Kommission/Deutschland) können Leistungen wie Weihnachtsgeld oder zusätzliches Urlaubsgeld dann als Bestandteil des Mindestlohns gewertet werden, wenn der Arbeitnehmer den auf die Entsendezeit entfallenen anteiligen Betrag jeweils dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt erhält. Nach der Gesetzesbegründung sind diese zur Entsenderichtlinie aufgestellten Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs auf den allgemein gesetzlichen Mindestlohn zu übertragen und müssen insoweit für das Mindestlohngesetz ebenfalls gelten (vgl. BT-Drucksache 18/1558, S. 67; so auch Viethen: Mindestlohn für alle: materiell-rechtliche Probleme der Neuregelung, NZA Beilage 2014, 143, 146).
31Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die zuvor jährlich ausgezahlten Beträge von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld seit der Vereinbarung der Parteien vom 13.12.2010 monatlich ausgezahlt werden. Nach Auffassung der Kammer konnte in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Widerruflichkeit der Weihnachtsgeld- und Urlaubsgeldzahlungen, die in dem ursprünglichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 09.08.2006 vereinbart war, durch die Vereinbarung vom 13.12.2010 aufgehoben worden ist. Denn selbst wenn man sich auf den rechtlichen Standpunkt stellen wollte, dass die Widerruflichkeit dieser Sonderzahlungen weiterhin auch bei monatlicher Auszahlung fortbesteht, ändert diese an der Rechtslage nach Auffassung der Kammer nichts. Denn soweit die Leistung zum Fälligkeitszeitraum monatlich gezahlt wird, wird sie bereits dadurch unwiderruflich, dass der Arbeitgeber nur mit dieser Zahlung den Mindestlohnanspruch erfüllt. Damit bleibt die Zahlung mindestlohnrelevant und eine etwaige Rückzahlungsklausel kann sich deshalb auf den Gehaltsbestandteil nicht mehr beziehen (so Sitthard: Das MiLoG – Ein Ausblick auf die Folgen und anstehende Weichenstellungen, NZA 2014, 951, 952). Nach Auffassung der Kammer ist durch die monatliche Auszahlung von anteiligem Weihnachts- und Urlaubsgeld jedenfalls dem Arbeitgeber die Möglichkeit verwehrt, eine etwaige Rückforderung dieser anteilig ausgezahlten Sonderzahlungen vorzunehmen. Ebenso wenig könnte sich die Beklagte als Arbeitgeberin auf § 4 Abs. 6 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 09.08.2006 berufen und bei Ausscheiden der Klägerin bis zum 31. März des Folgejahres die anteilige Weihnachtsgratifikation jeweils zurückfordern. Auch insoweit wäre aus den gleichen Gründen eine Rückforderungsmöglichkeit nicht gegeben. Einer Anrechnung auf den Mindestlohn stehen diese Klauseln daher nicht entgegen.
32Nach Auffassung der Kammer haben die anteiligen Urlaubsgeld- und Weihnachtsgeldzahlungen der Beklagten auch Entgeltcharakter und weisen deshalb einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung auf. Sie sind insofern auch „Lohn im eigentlichen Sinne“ und deshalb mindestlohnrelevant. Dies wird nach Auffassung der Kammer aus der Änderungsvereinbarung der Parteien vom 13.12.2010 hinreichend deutlich. In dieser Vereinbarung haben die Parteien vereinbart, dass die Klägerin die bisher jährlich gewährten Sonderzahlungen von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld anteilig zu einem 1/12 monatlich ausgezahlt erhält und deshalb ab 01.01.2011 eine „entsprechend höhere, gleichmäßige monatliche Grundvergütung“ erhält. Aus Sicht der Kammer geht aus dieser Formulierung mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass die monatliche Grundvergütung der Klägerin nunmehr höher sein sollte, da die zu einem 1/12 ausgezahlten bisherigen jährlichen Sonderzahlungen in diese Grundvergütung einfließen. Allein der Umstand, dass die Weihnachtsgeldzahlungen und Urlaubsgeldzahlungen in den Lohnabrechnungen der Beklagten noch gesondert ausgewiesen werden, ändert nach Auffassung der Kammer an diesem Umstand nichts. Insbesondere ist hierbei zu berücksichtigen, dass sie in den Lohnabrechnungen jeweils auch als Grundgehalt bezeichnet werden, wenn auch mit dem Zusatz „1/12 JL“ bzw. „1/12 UG“. Da es sich jedenfalls um Vergütung handelt, ist der erforderliche Entgeltcharakter ohne Weiteres gegeben.
33Nach alledem können die Urlaubsgeld- und Weihnachtsgeldzahlungen, die von der Beklagten monatlich an die Klägerin ausgezahlt werden, auf den Mindestlohn angerechnet werden.
34II.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
36Die Streitwertfestsetzung basiert auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3, 5 ZPO. Zugrunde gelegt wurde der Wert der Klageforderung.
37Die Berufung war nach § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.