Arbeitsgericht Herne Urteil, 09. Sept. 2014 - 3 Ca 203/14
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 180.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2014 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
3. Der Streitwert wird auf 360.000,00 € festgesetzt.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über eine Karenzentschädigung sowie über von der Beklagten im Wege der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzansprüche.
3Die Beklagte ist Trägerin des Klinikums W mit Standorten in N und S als Rechtsnachfolgerin der Stadt N einerseits und des Knappschaftskrankenhauses in S andererseits.
4Der Kläger war bei der Beklagten Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie am Standort N bis zum 31.12.2013. Am 26.09.2013 schlossen die Parteien eine Vereinbarung bezüglich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zum 31.12.2013 (Bl. 32 – 41 der Gerichtsakten).
5In diesem Aufhebungsvertrag finden sich u. a. folgende Regelungen:
6„§ 1
7Beendigungstermin und Freistellungsoption
8(1) Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Veranlassung der W GmbH aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 31.12.2013 beendet wird (nachfolgend „Beendigungstermin“).
9(2) Während der Restlaufzeit des Dienstvertrages ist die W GmbH berechtigt, die Stelle des Chefarztes der Abteilung Unfallchirurgie mit einer Ankündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende anderweitig mit einem Nachfolger zu besetzen, frühestens jedoch mit Wirkung zum 01.11.2013. Sofern die W GmbH von diesem Optionsrecht Gebrauch macht, wird die gesamte Verantwortung der Abteilung Unfallchirurgie der W GmbH auf den neuen Chefarzt übertragen.
10(3) Im vorstehenden Fall ist der Arzt im Zeitpunkt der Übernahme der Verantwortung für die Abteilung durch seinen Nachfolger unter Anrechnung etwaiger Urlaubs- und Freizeitansprüche einseitig bis zum Beendigungstermin von der Dienstleistung unwiderruflich freizustellen (nachfolgende „Freistellungstermin“).
11(4) Ungeachtet der o. g. Freistellung werden etwaig bestehende Urlaubs- und Freizeitansprüche des Arztes bis zum 31.12.2013 unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange in natura gewährt werden. Sofern die Gewährung des Urlaubs in natura nicht möglich ist, werden die restlichen Urlaubsansprüche finanziell abgegolten.
12…
13§ 3
14Verpflichtung zur Dienstleistung
15(1) Bis zum Beendigungstermin gem. § 1 Abs. 1 dieser Vereinbarung bzw. bis zum etwaigen Freistellungstermin gem. § 1 Abs. 3 dieser Vereinbarung bleibt der Arzt zur Erbringung seiner vertraglich geschuldeten Dienstleistung verpflichtet. Der Arzt wird weiterhin seine gesamte Arbeitskraft dem Wohle der W GmbH und der Klinik für Unfallchirurgie auf Basis des Dienstvertrages nebst Nebentätigkeitserlaubnis und Nutzungsvertrag vom 16.12.2004 widmen und seine gesamte fachliche und persönliche Arbeitsleistung bestmöglich für den Erfolg der Klinik einsetzen. Sofern der Arzt bis zum Beendigungstermin gem. § 1 Abs. 1 dieser Vereinbarung die vertraglich geschuldete Dienstleistung zu erbringen hat, wird es sein Ziel sein, die Anzahl der Casemixpunkte für das 4. Quartal 2013 entsprechend der Casemixpunktanzahl wie im 4. Quartal 2012 mit einer maximalen Abweichung von – 2 % zu erreichen.
16(2) Der Arzt verpflichtet sich zudem, die von ihm geleitete Klinik für Unfallchirurgie bis zum Beendigungstermin bzw. bis zum etwaigen Freistellungstermin ordentlich und ordnungsgemäß an seinen Nachfolger in der Position des Leiters der Klinik zu übergeben (benannt von der W GmbH) und diesen – soweit erforderlich – in sein Aufgabengebiet und die abteilungsinternen Abläufe einzuarbeiten.
17§ 4
18Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
19(1) Der Arzt verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Dienstvertrages. d. h. 01.01.2014 bis zum 31.12.2014, keine voll-oder teilstationären Patienten als Arzt, Honorar-, Beleg- oder Durchgangsarzt oder auf Grundlage anderweitiger vertraglicher Kooperationsform, sei es entgeltlich oder unentgeltlich, weder mittelbar noch unmittelbar, auch nicht vor- oder nachstationär (§ 115a SGB V), im Umkreis von 15 km Luftlinie zur Q-Klinik in N, sowie im Kreis S zu behandeln. Davon ausgenommen sind Tätigkeiten des Arztes in den Städten F und E.
20(2) Während der Laufzeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots erhält der Arzt eine Karenzentschädigung in Höhe von monatlich € 15.000,00 brutto, mindestens aber die Hälfte der von ihm zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen. Die Versteuerung der Karenzentschädigung obliegt dem Arzt. Die Zahlung der gesamten Karenzentschädigung (= 180.000,00 €) erfolgt vorschüssig und zwar bis zum 10.01.2014. Sie erfolgt per Überweisung bargeldlos auf das der W GmbH bekannte Konto des Arztes. Eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes auf die Karenzentschädigung findet nicht statt, die Anwendbarkeit des § 74c HGB wird abbedungen. Die W GmbH verzichtet auf ihr Recht gem. § 75 a HGB, vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots vorzeitig zu verzichten.
21(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB entsprechend.
22(4) Der Anspruch auf Karenzentschädigung ist vererblich.“
23Mit seiner am 23.01.2014 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 27.01.2014 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Zahlung der Karenzentschädigung in Höhe von 180.000,00 €. Die Beklagte rechnet mit Gegenansprüchen in derselben Höhe auf und erhebt hilfsweise Widerklage über denselben Betrag.
24Der Kläger trägt vor, dass die Beklagte die Karenzentschädigung gemäß § 4 Abs. 3 der Auflösungsvereinbarung vom 26.09.2013 in Höhe von 180.000,00 € nicht an ihn gezahlt habe. Diese hätte bis zum 10.01.2014 gezahlt werden müssen.
25Der von der Beklagten ihm gegenüber behauptete Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Als Angestellter der Beklagten sei er nicht verantwortlich für den Erlös der Beklagten aus seiner Tätigkeit. Er sei weder verantwortlich für die Erreichung eines bestimmten Casemixes noch für die Erzielung eines bestimmten Erlöses. Er habe auch nicht gegen seine vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere nicht gegen eine Verpflichtung zur Einarbeitung eines angeblichen Nachfolgers verstoßen. Alle seiner Abteilung zugewiesenen Patienten seien versorgt worden, kein einziger Patient sei abgewiesen worden. Der Beklagten sei außerdem kein Schaden, schon gar nicht kausal, in der behaupteten Höhe entstanden.
26Die Beklagte habe in der Q-Klinik in N bis zum 31.12.2013 eine selbständige Abteilung für Unfallchirurgie unter seiner Leitung vorgehalten. Diese Abteilung sei auch während des 4. Quartals 2013 voll ausgelastet gewesen. Die zur Verfügung stehenden OP-Kapazitäten seien voll ausgeschöpft, teilweise sogar überschritten worden. Er habe mit seinen Oberärzten ein Leistungsspektrum in der Abteilung für Unfallchirurgie aufgebaut, welches nicht nur die akute Notfallversorgung, sondern viele weithin planbare operative Eingriffe umfasse, so etwa Gelenkersatz von Schulter, Hüfte und Knie. Akquiriert worden seien die Patienten in den von ihm und seinen Oberärzten angebotenen Spezialsprechstunden für Handchirurgie, Ellenbogenchirurgie, Schulterchirurgie, Hüft- und Kniegelenk sowie Fußchirurgie etc. Er habe deshalb seine ihm zur Verfügung gestellten OP-Kapazitäten bereits über Wochen und Monate im Voraus planen können. In seiner Abteilung seien vom Stellenplan ein Chefarzt, drei Oberärzte und sechs Assistenzärzte vorgesehen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe bereits im Mai 2013 mitteilen lassen, dass eine Assistenzarztstelle ersatzlos gestrichen werde. Dies habe sich bereits nachteilig auf die in 2013 erzielbaren Casemixpunkte ausgewirkt. Auf die zugesicherte Mithilfe von Herrn Dr. I, dF Unterstützung er nicht abgelehnt habe, habe die Abteilung vergeblich gewartet. Zuletzt hätte sich die Anzahl der Assistenzärzte durch Urlaub und Krankheit auf durchschnittlich drei Assistenzärzte verringert. Im Übrigen seien die Fallzahlen sowie die Casemixpunkte in 2013 insgesamt und nicht nur im letzten Quartal niedriger als im Vergleich zu den Vorjahren gewesen. Dass die Schließung der Abteilung für Unfallchirurgie in N zum 31.12.2013 diese Entwicklung zudem beschleunigt habe, sei nicht weiter verwunderlich, ihm jedoch nicht vorzuwerfen. Aufgrund der bevorstehenden Schließung der Abteilung für Unfallchirurgie hätten sich natürlich die zuweisenden Ärzte als auch die Patienten umorientiert. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass der leitende Oberarzt Dr. I1 ab dem 19.11.2013 bis zum Jahresende krankheitsbedingt ausgefallen sei und insoweit auf seine Spezialsprechstunde, über die ein Großteil der Patienten habe akquiriert werden können, nicht mehr habe anbieten können. Die Beklagte habe keinen Vertreter für Herrn Dr. I1 zur Verfügung gestellt. Es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass er die von der Beklagten seinerzeit gewünschte Regelung zur Erreichung einer bestimmten Casemixpunktzahl im 4. Quartal 2013 abgelehnt habe. Die Parteien hätten sich deshalb in dem Aufhebungsvertrag auf die Absichtserklärung geeinigt.
27Die Beklagte habe jedenfalls keinen Patienten benannt, der von dem Kläger abgewiesen worden sei. Seine Abteilung sei auch nicht als selbständige Einheit verlegt und fortgeführt worden, sondern habe als solche in N geschlossen werden sollen. Aus diesem Grunde habe auch die Chefarztstelle entfallen sollen und durch einen oberärztlichen Bereichsleiter in S ersetzt werden sollen. Es habe deshalb auch keinen Nachfolger für ihn als Chefarzt der Abteilung für Unfallchirurgie gegeben. Bereits deshalb habe er auch niemanden einarbeiten können. Die von Herrn Prof. C1 betriebene Abteilung habe insoweit auch keine Änderungen zu verzeichnen gehabt, weil sie bereits vor der Umstrukturierung Unfallchirurgie betrieben habe. Ihm sei nicht mitgeteilt worden, dass er Herrn Prof. C1 als seinen Nachfolger nach außen hin hätte benennen sollen. Die Beklagte selbst habe auch eine Nachfolge durch Herrn Prof. C1 nicht kommuniziert. Die niedergelassenen Ärzte im Einzugsgebiet der Q-Klinik N hätten jedenfalls keine Informationen diesbezüglich erhalten. Im Hinblick auf die Expertise von Herrn Prof. C1 auch auf dem Gebiet der Unfallchirurgie sei es auch vollkommen lebensfremd, dass er Herrn Prof. C1 zur Operation hätte hinzuholen sollen, um diesen in Operationstechniken einzuarbeiten. Herr Prof. C1 dürfte im Übrigen auch sämtlichen niedergelassenen Chirurgen und Hausärzten, die ihre Patienten mit allgemein- und viszeralchirurgischen Krankheitsbildern ohnehin bereits zu diesem überwiesen hätten, hinreichend bekannt sein, da die beiden Krankenhäuser nur sechs Kilometer auseinander liegen. Eine Unterstützung durch den Oberarzt Dr. I sei ihm sehr willkommen gewesen, sei ihm jedoch nicht gewährt worden, obwohl er diesen ab dem 01.12.2013 eingeplant habe. Er habe hierauf auch Herrn W1 mehrmals angesprochen. Jedenfalls aber habe er mangels Personalbefugnis nicht einfach so auf Herrn Dr. I zurückgreifen können. Schließlich sei es nicht er, der den Assistenzärzten Urlaub gewähre, genehmige oder bewillige, sondern die Beklagte durch die Personalabteilung. Er könne allenfalls einen Urlaubsantrag eines ärztlichen Mitarbeiters befürworten. Im Übrigen seien andere Ärzte erst später erkrankt, nachdem die Urlaubsbewilligungen erteilt gewesen seien. Soweit ihm selbst für einige Tage im Dezember 2013 Urlaub genehmigt worden sei, habe die Beklagte auch keine Anstalten gemacht, die Genehmigung dieses Urlaubs zu widerrufen. Erst am 17.12.2013 habe Herr W1 ihn während seines Urlaubes angerufen, um zu fragen, wie die Rufbereitschaftsdienste zur Aufrechterhaltung der Patientenversorgung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeiten besetzt werden könnten. Er habe daraufhin erklärt, dass durch den Rufbereitschaftsdienst der Facharztstandard gewährleistet werden müsse. Ausschließlich die Besetzung der Rufbereitschaftsdienste sei thematisiert worden.
28Der Kläger beantragt,
29die Beklagte zu verurteilen, an ihn 180.000,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.01.2014 zu zahlen.
30Die Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen
32und hilfsweise im Wege der Widerklage,
33den Kläger zu verurteilen, an sie 180.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2014 zu zahlen.
34Der Kläger beantragt,
35die Widerklage abzuweisen.
36Die Beklagte trägt vor, dass sie mit Gegenansprüchen in Höhe von 180.000,00 € aufrechne und hilfsweise Widerklage erhebe. Sowohl die Aufrechnung als auch die Widerklage würden auf Schadensersatzansprüchen in einer Gesamthöhe von 463.474,14 € gründen, die sie zunächst teilweise in der durch Aufrechnung und Widerklageantrag bezifferten Höhe geltend mache. Hintergrund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages sei der Umstand gewesen, dass der Kläger es abgelehnt habe, nach dem betriebsbedingten Wegfall seiner Chefarztposition in der Q-Klinik N als leitender Oberarzt im Knappschaftskrankenhaus S im Bereich Unfallchirurgie unter dem dortigen Chefarzt Prof. Dr. C1 zu arbeiten. Bei der Verhandlung des Aufhebungsvertrages habe ihre Priorität stets darauf gelegen, dass der Kläger seine Arbeitsleistung bis zum Jahresende im Hinblick auf die zu erreichenden Casemixpunkte ordentlich erbringe. Dies manifestiere sich in § 3 der Aufhebungsvertragsregelung. Zum anderen sei für sie von Bedeutung gewesen, dass der Kläger seinen Nachfolger Prof. Dr. C1 während des 4. Quartals 2013 in die Tätigkeit der Klinik für Unfallchirurgie einarbeite. Im Rahmen der Verhandlungen zu dem Aufhebungsvertrag hätten die Parteien zwar letztlich keine Garantie zu den Casemixpunkten in dem Aufhebungsvertrag aufgenommen. Entgegen der Darstellung des Klägers habe aber auch nicht nur eine bloße Absichtserklärung in dem Sinne aufgenommen werden sollen, nach der der Kläger sein Bestes gebe, das Casemixziel zu erreichen. Der Aufhebungsvertrag beinhalte dementsprechend in § 3 das Casemixziel nicht als bloße Absichtserklärung, sondern binde dieses vielmehr an konkrete, vom Kläger zu erfüllende Vertragspflichten an. Nicht nur in § 3 Abs. 1, sondern auch in Abs. 2 des Aufhebungsvertrages würden die Verpflichtungen des Klägers weiter konkretisiert.
37Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 des Aufhebungsvertrages habe die Anzahl der Casemixpunkte für das 4. Quartal 2013 maximal um – 2 % im Vergleich zu der Anzahl der Casemixpunkte im 4. Quartal 2012 abweichen dürfen. Dieses Ziel habe der Kläger klar verfehlt. Im 4. Quartal 2012 habe die Casemixpunktzahl bei einer Fallzahl von 527 insgesamt 510, 340 Punkte betragen, im 4. Quartal 2013 sei dagegen nur noch eine eingebrochene Fallzahl von 368 und eine Casemixpunktzahl von 347,542 Punkten zu verzeichnen gewesen. Dies sei ein Minus von 152,6092 Casemixpunkten. Da jeder Casemixpunkt einen Wert von 3.037,00 € habe, belaufe sich der reale Verlust, den der Kläger im 4. Quartal 2013 erwirtschaftet habe, 463.474,14 €. Im Oktober 2013 habe die Fallzahl 125 betragen, im Oktober 2012 156. Im November 2013 habe die Fallzahl 151 betragen, im November 2012 178. Im Dezember 2013 habe die Fallzahl 92 betragen, im Dezember 2012 193.
38Entgegen seiner Verpflichtung habe der Kläger Herrn Prof. Dr. C1 nicht eingearbeitet. Dieser habe durch den Kläger an sämtliche Abläufe, organisatorischen Fragen und Interna der Klinik für Unfallchirurgie herangeführt werden und an Operationen und Behandlungen teilnehmen bzw. - soweit möglich - diese selbst durchführen sollen. Eine Einarbeitung in diesem Sinne sei für sie auch deshalb Geschäftsgrundlage gewesen, weil Herr Prof. Dr. C1 nun nachfolgend auch den leitenden Oberarzt Herrn Dr. I würde einarbeiten müssen. Diese Einarbeitungskette habe der Kläger mit seiner Verweigerungshaltung durchbrochen.
39Außerdem habe der Kläger im Rahmen der ordnungsgemäßen Einarbeitung und Übergabe Herrn Prof. Dr. C1 nach außen hin als seinen Nachfolger benennen und ihm die Kontakte zu den niedergelassenen Hausärzten und Chirurgen im Einzugsgebiet der Klinik ermöglichen sollen. Der Kläger habe es aber sogar beharrlich abgelehnt, dass Herr Prof. Dr. C1 die Klinik für Unfallchirurgie auch nur betrete. Mit Schreiben vom 16.10.2013 an Herrn I2 habe der Kläger es strikt verweigert, dass Herr Prof. Dr. C1 ab Dezember 2013 in der Abteilung Unfallchirurgie Operationen durchführe und im Zusammenhang mit unfallchirurgischer Tätigkeit eingesetzt werde. Gleiches habe er auch in Bezug auf den leitenden Oberarzt Dr. I formuliert, es sei denn, dass schriftlich geregelt werde, dass dieser ihm und seinem eigenen leitenden Oberarzt Dr. I1 unterstellt sei. In einem Schreiben an den Krankenhausleiter W1 vom 17.10.2013 habe der Kläger wiederholt, dass er die Einschaltung von Herrn Prof. Dr. C1 grundsätzlich ablehne. Die Verweigerung der Einbindung von Herrn Prof. Dr. C1 und Herrn Dr. I habe sich vor allem im Dezember 2013 fatal auf die erzielten Casemixzahlen ausgewirkt, da der Kläger fast den gesamten Monat im Urlaub gewesen sei und sein leitender Oberarzt Dr. I1 arbeitsunfähig gewesen sei. Außerdem habe der Kläger die Klinik im Dienstalltag nicht ordnungsgemäß organisiert. Die Abteilung habe im 4. Quartal 2013 in einem solchen Ausmaß arbeitsunfähigkeitsbedingte Ausfälle der Ärzte zu verzeichnen gehabt, dass der Kläger den Urlaub dieser Mitarbeiter aus betrieblichen Gründen nicht hätte genehmigen dürfen. Auch der Kläger selbst sei vom 11.12.2013 bis zum 30.12.2013 in den Urlaub gegangen, obwohl Herr Dr. I1 ab dem 19.11.2013 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Er habe sich nicht veranlasst gesehen, seinen Urlaub abzubrechen. Dem Kläger sei der aktuelle Stand seiner Casemixpunkte im 4. Quartal 2013 durchgehend wöchentlich zugemailt worden. In einem Telefonat am 17.12.2013 habe Herr W1 dem Kläger die Personalsituation geschildert. Dieser habe mitgeteilt, dass er in Süddeutschland im Urlaub sei. Herr W1 habe ihn aufgefordert, dass er im Hinblick auf die Krankmeldungen von Herrn Dr. I1 und Herrn Dr. C2 seinen Urlaub abzubrechen und nach N zurückzukommen. Diese habe der Kläger verweigert. Dem Kläger sei daher vorzuwerfen, dass er gerade absichtlich seiner Verantwortung als Chefarzt seiner Abteilung ab Mitte November 2013 nicht mehr nachgekommen sei.
40Im Hinblick auf die Umstrukturierungen und insbesondere die Neuorientierung der Klinik für Unfallchirurgie hätte eine Neueinstellung, wie der Kläger meine, keinen Sinn gemacht. Es hätte ihm jedoch freigestanden, etwaige Engpässe durch die Tätigkeit von Herrn Dr. I, vor allem aber durch den Einsatz von Prof. Dr. C1 aufzufangen. Der Kläger hätte es zu jeder Zeit selbst in der Hand gehabt, die Genehmigung eines einmal bewilligten Urlaubs wieder zurückzuziehen. Dem Kläger sei von vorne herein bekannt gewesen, dass Herr Prof. Dr. C1 vom 01.01.2014 bis zum 31.03.2014 die kommissarische Leitung der Klinik für Unfallchirurgie übernehmen, also dort ebenfalls als Chefarzt tätig werden und für die Abteilung verantwortlich sein sollte. Als künftiger kommissarischer Leiter der Klinik für Unfallchirurgie sei Herr Prof. Dr. C1 auch intern vorgestellt worden, wie der Kläger selbst in dem zur Gerichtsakte gereichten Schreiben vom 16.10.2013 bestätige. Damit sei die Verpflichtung des Klägers, Herrn Prof. Dr. C1 einzuarbeiten, ausgelöst gewesen. Außerdem sei es im Rahmen seiner Organisationspflicht stets Aufgabe des Klägers gewesen, durch Unterschrift auf den Urlaubsanträgen zu bestätigen, dass während der Abwesenheit des urlaubsbeantragenden Arztes die Patientenversorgung nicht beeinträchtigt werde. Die Personalabteilung folge stets der Bewilligung des Klägers, der mit seiner Unterschrift bestätige, dass die Dienste sichergestellt seien. Für den Fall, dass erst zeitlich nachfolgend Arbeitsunfähigkeiten eingetreten seien, hätte der Kläger die Ärzte auffordern müssen, den Urlaub abzubrechen.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
42Entscheidungsgründe
43I.
44Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung in Höhe von 180.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2014 gegen die Beklagte.
45Die zulässige Widerklage ist unbegründet. Ein Schadensersatzanspruch steht der Beklagten gegen den Kläger nicht zu.
461. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung in Höhe von 180.000,00 € nebst Zinsen gegen die Beklagte.
47Dieser Anspruch folgt aus § 4 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages der Parteien vom 26.09.2013.
48a) Gemäß § 4 Abs. 1 des Aufhebungsvertrages hat sich der Kläger verpflichtet, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Dienstverhältnisses keine voll- oder teilstationären Patienten im Umkreis von 15 Kilometer Luftlinie zur Q-Klinik in N sowie im Kreis S zu behandeln. Gemäß § 4 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages erhält der Kläger während der Laufzeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes eine Karenzentschädigung in Höhe von 15.000,00 € brutto pro Monat, mindestens aber die Hälfte der von ihm zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen. Die Zahlung der gesamten Karenzentschädigung (= 180.000,00 €) erfolgt gemäß Satz 3 der Regelung vorschüssig bis zum 10.01.2014. In Satz 5 der Regelung ist darüber hinaus vereinbart, dass eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes auf die Karenzentschädigung nicht stattfindet und die Anwendbarkeit des § 74 c HGB abbedungen wird. Aus dieser Regelung folgt die vertragliche Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger spätestens bis zum 10.01.2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 180.000,00 € auszuzahlen. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte bislang nicht nachgekommen.
49b) Dieser Anspruch ist auch nicht durch Aufrechnung gemäß §§ 387, 389 BGB erloschen. Die Beklagte hat die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Karenzentschädigung mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von insgesamt 463.474,14 €, die sie zunächst auf 180.000,00 € begrenze, erklärt.
50Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen den Kläger kann nach Auffassung der Kammer vorliegend jedoch nicht angenommen werden.
51aa) Ein Schadensersatzanspruch ist zunächst nicht aufgrund eines Verstoßes des Klägers aus seinen Verpflichtungen aus dem Aufhebungsvertrag ersichtlich. In § 3 Abs. 1 des Aufhebungsvertrages ist geregelt, dass der Kläger bis zum 31.12.2013 respektive bis zum etwaigen Freistellungstermin zur Erbringung seiner vertraglich geschuldeten Dienstleistung verpflichtet bleibt. Weiterhin wird geregelt, dass er weiterhin seine gesamte Arbeitskraft der Beklagten zur Verfügung stelle und seine gesamte fachliche und persönliche Arbeitsleistung bestmöglich für den Erfolg der Klinik einsetzen werde. In Satz 3 der Regelung gemäß § 3 Abs. 1 des Aufhebungsvertrages ist festgelegt, dass es Ziel des Klägers sein werde, die Anzahl der Casemixpunkte für das 4. Quartal 2013 entsprechend der Casemixpunktzahl wie im 4. Quartal 2013 mit einer maximalen Abweichung von – 2 % zu erreichen.
52Mit der Formulierung „wird es sein Ziel sein“ haben die Parteien eine sogenannte Zielvereinbarung getroffen. Der Kläger schuldete demzufolge sein Bemühen, entsprechende Casemixpunktzahlen zu erreichen, jedoch nicht den entsprechenden Erfolg. Bereits aus diesem Grund kann § 3 Abs. 2 S. 3 des Aufhebungsvertrages nicht Grundlage für einen Schadensersatzanspruch der Beklagten sein.
53Darüber hinaus ist nach Auffassung der Kammer nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine alleinige Verantwortlichkeit des Klägers für ein etwaiges Absinken der Casemixpunktzahlen im 4. Quartal 2013 angenommen werden kann. Denn im Hinblick auf die Fallzahlen respektive Casemixpunktzahlen eines Krankenhauses sind nach Auffassung der Kammer vielfältige Faktoren zu berücksichtigen. Für ein besonderes Absinken der Zahlen im Monat Dezember 2013 gegenüber dem Monat Dezember 2012 ist es sicherlich auch zu berücksichtigen, dass die Öffentlichkeit und etwaige Patienten darüber informiert waren, dass die unfallchirurgische Abteilung des Standortes N geschlossen werde. Bereits aufgrund dieses Umstandes dürften nach Auffassung der Kammer viele Patienten davon Abstand genommen haben, geplante Operationen in diesem Krankenhaus durchführen zu lassen. Jedenfalls aber schuldete der Kläger der Beklagten nicht die Erbringung von einer bestimmten Anzahl von Casemixpunkten, so dass darauf eine Schadensersatzforderung der Beklagten nicht basieren kann.
54bb) Aber auch im Hinblick auf die weiteren von der Beklagten behaupteten Pflichtverletzungen des Klägers lässt sich ein Schadensersatzanspruch nicht begründen. Die Beklagte trägt insoweit vor, dass der Kläger es versäumt habe, entgegen § 3 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages Herrn Prof. Dr. C1 als seinen Nachfolger einzuarbeiten. Gemäß § 3 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages hat sich der Kläger verpflichtet, die von ihm geleitete Klinik für Unfallchirurgie bis zum Beendigungstermin ordentlich und ordnungsgemäß an seinen Nachfolger in der Position des Leiters der Klinik zu übergeben (benannt von der W GmbH) und diesen, soweit erforderlich, in sein Aufgabengebiet und die abteilungsinternen Abläufe einzuarbeiten. Aus Sicht der Kammer konnte insoweit letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei Herrn Prof. Dr. C1 um den ordnungsgemäß benannten Nachfolger in der Position des Leiters der Klinik handelte, ob im Hinblick auf dF Sachverstand eine Einarbeitung überhaupt erforderlich war und hätte durchgeführt werden müssen bzw. ob und welche abteilungsinternen Abläufe diesem hätten mitgeteilt werden müssen. Denn selbst wenn man entsprechende Pflichten des Klägers annehmen würde und weiterhin annehmen würde, dass der Kläger diesbezüglich seine Pflichten verletzt hätte, so ist aus Sicht der Kammer nicht erkennbar, inwieweit eine entsprechend unterstellte Pflichtverletzung kausal zu einem Schaden bei der Beklagten geführt haben könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass bei einem aus Sicht der Beklagten ordnungsgemäßen Verhalten des Klägers gegenüber Herrn Prof. Dr. C1 und einer entsprechenden Einbindung in die Abläufe mehr Patienten hätten Operationen im 4. Quartal 2013, insbesondere im Monat Dezember 2013, durchführen lassen. Es ist nicht ersichtlich, dass bei Anwesenheit und Einarbeitung von Herrn Prof. Dr. C1 die Fallzahlen sowie die Casemixpunktzahlen höher gelegen hätten. Insofern mangelt es bereits an der erforderlichen Kausalität einer Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch.
55Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
562. Die deshalb zur Entscheidung durch die Kammer angefallene Widerklage ist zulässig aber unbegründet.
57Wie soeben dargelegt, steht der Beklagten ein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
58II.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
60Die Streitwertfestsetzung basiert auf § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 3, 5 ZPO, § 45 Abs. 1 GKG. Zugrunde gelegt wurde der Wert der Forderungen von Klage und Widerklage.
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Referenzen - Gesetze
(1) Das Krankenhaus kann bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um
- 1.
die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten (vorstationäre Behandlung) oder - 2.
im Anschluß an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (nachstationäre Behandlung).
(2) Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt. Die nachstationäre Behandlung darf sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung nicht überschreiten. Die Frist von 14 Tagen oder drei Monaten kann in medizinisch begründeten Einzelfällen im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt verlängert werden. Kontrolluntersuchungen bei Organübertragungen nach § 9 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes dürfen vom Krankenhaus auch nach Beendigung der nachstationären Behandlung fortgeführt werden, um die weitere Krankenbehandlung oder Maßnahmen der Qualitätssicherung wissenschaftlich zu begleiten oder zu unterstützen. Eine notwendige ärztliche Behandlung außerhalb des Krankenhauses während der vor- und nachstationären Behandlung wird im Rahmen des Sicherstellungsauftrags durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte gewährleistet. Das Krankenhaus hat den einweisenden Arzt über die vor- oder nachstationäre Behandlung sowie diesen und die an der weiteren Krankenbehandlung jeweils beteiligten Ärzte über die Kontrolluntersuchungen und deren Ergebnis unverzüglich zu unterrichten. Die Sätze 2 bis 6 gelten für die Nachbetreuung von Organspendern nach § 8 Abs. 3 Satz 1 des Transplantationsgesetzes entsprechend.
(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und der Landesausschuß des Verbandes der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam und im Benehmen mit der kassenärztlichen Vereinigung die Vergütung der Leistungen mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Die Vergütung soll pauschaliert werden und geeignet sein, eine Verminderung der stationären Kosten herbeizuführen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam geben im Benehmen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Empfehlungen zur Vergütung ab. Diese gelten bis zum Inkrafttreten einer Vereinbarung nach Satz 1. Kommt eine Vereinbarung über die Vergütung innerhalb von drei Monaten nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zur Aufnahme der Verhandlungen aufgefordert hat, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf Antrag einer Vertragspartei oder der zuständigen Landesbehörde die Vergütung fest.
(1) Der Handlungsgehilfe muß sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Ist der Gehilfe durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden, seinen Wohnsitz zu verlegen, so tritt an die Stelle des Betrags von einem Zehntel der Betrag von einem Viertel. Für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe kann der Gehilfe eine Entschädigung nicht verlangen.
(2) Der Gehilfe ist verpflichtet, dem Prinzipal auf Erfordern über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen.
Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.