Anwaltsgerichtshof München Urteil, 16. Mai 2018 - BayAGH I - 1 - 33/17

16.05.2018
nachgehend
Bundesgerichtshof, AnwZ (Brfg) 46/18, 10.04.2019

Gericht

Anwaltsgerichtshof München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist im Kostenausspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulassungsfähigkeit des Klägers zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt.

Der Kläger wurde am 15.09.2005 zur Rechtsanwaltschaft und gleichzeitig als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht München und bei dem Landgericht München I zugelassen. Am 23.09.2005 wurde er in die Listen der beim Amtsgericht München und beim Landgericht München I zugelassenen Rechtsanwälte eingetragen. Seit dem 15.09.2011 ist der Kläger bei der ... Versicherungsmakler GmbH auf der Basis des Anstellungsvertrags vom 14.09.2011 mit Bestätigung vom 15.09.2011 und mit Nachtrag vom 09.05.2014 in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt, behielt aber weiterhin seine Zulassung als Rechtsanwalt. Vertragsgemäße Aufgabe ist insbesondere die Unterstützung der Kundenbetreuung von Firmenkunden im Bereich SHUK (Sach-, Haft- Unfall- und KFZ-Versicherungen). Am 05.10.2016 wurde zwischen der ... Versicherungsmakler GmbH und dem Kläger mit Wirkung vom 01.01.2016 eine Ergänzungsabrede zum Arbeitsvertrag vom 15.09.2011 betreffend die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) getroffen. Bereits vor seiner Tätigkeit bei der ...-Versicherungsmakler GmbH hatte der Kläger seit seinem zweiten Staatsexamen bei einem Versicherungsmakler gearbeitet und war für diese Tätigkeit von der Deutschen Rentenversicherung Bund von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit worden. Für die streitgegenständliche Tätigkeit lehnte die Deutsche Rentenversicherung Bund den spezifizierten Befreiungsantrag des Klägers ab. Dagegen klagte der Kläger vor dem Sozialgericht München und obsiegte erstinstanzlich. Seit 2013 ruht das diesbezügliche Berufungsverfahren.

Mit Antrag vom 14.03.2016, bei der Beklagten am 18.03.2016 eingegangen, beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihn – zusätzlich zu seiner bestehenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft – zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit bei der ... Versicherungsmakler GmbH zuzulassen.

Nach Anhörung der Deutschen Rentenversicherung Bund und des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.11.2017 (Az.: P 16888) den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit bei der ... Versicherungsmakler GmbH ab. Das Kriterium von § 46 Abs. 3 Nr. 2 BRAO (Erteilung von Rechtsrat) sei nicht erfüllt. Der Rechtsrat müsse dem Arbeitgeber als Mandant des Syndikusrechtsanwalts erteilt werden. Dies sei vorliegend ausweislich der übersandten Stellenbeschreibungen und Stellungnahmen nicht der Fall: Vielmehr würden die Kunden rechtlich beraten. Da die Tätigkeiten für die Kunden des Arbeitgebers und für den Arbeitgeber selbst nicht abgrenzend gewichtet worden seien, könne eine Prägung der Tätigkeit durch die in § 46 Abs. 3 BRAO genannten Merkmale nicht festgestellt werden.

Gegen den ihm am 11.11.2017 zugestellten Bescheid vom 10.11.2017 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 08.12.2017, bei Gericht am 11.12.2017 eingegangen, Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 16.01.2018, bei Gericht am selben Tag eingegangen, begründet.

Der Kläger sei bei der ... Versicherungsmakler GmbH, seiner Arbeitgeberin, als Teamleiter Schaden tätig. Dabei umfasse seine Tätigkeit nicht nur die Bearbeitung von Schäden, sondern er berate seine Arbeitgeberin auch umfangreich direkt rechtlich. Bei ihrer Auffassung, der Kläger nehme keine Rechtsangelegenheiten der Arbeitgeberin wahr, ginge die Beklagte von einem insoweit nicht zutreffenden Verständnis des § 46 Abs. 5 BRAO aus. Die ... Versicherungsmakler GmbH verfüge über die Erlaubnis gemäß § 34 d GewO. Gemäß § 34 d Abs. 1 S. 8 GewO sei von dieser Erlaubnis eine beschränkte Befugnis zur Rechtsberatung umfasst. Eine derartige erlaubte Rechtsberatung, zu der auch die Schadensabwicklung für den Kunden des Versicherungsunternehmens gehöre, nehme der Kläger vor. Dabei seien Kunden der ... Versicherungsmakler GmbH lediglich Unternehmen und keine Verbraucher. § 46 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 BRAO sei vorliegend im Lichte des § 34 d GewO zu verstehen.

Der Kläger beantragt:

  • 1.Der Bescheid der Beklagten vom 10.11.2017 – Aktenzeichen P 16888 – wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) gem. §§ 46 Abs. 2, 46 a BRAO für die von dem Kläger ausgeübte Tätigkeit bei der... Versicherungsmakler GmbH aufgrund des Antrags vom 14.03.2016 zuzulassen.

  • 3.Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, über den Antrag vom 14.03.2016 neu anhand der Auffassung des AGH zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Antrag des Klägers auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt sei zu Recht abgelehnt worden.

Zu Unrecht berufe sich der Kläger auf die Rechtsprechung, die zu klassischen „Schadensjuristen“ eines Versicherungsunternehmens ergangen sei. Eine solche Tätigkeit übe der Kläger, der in großem Umfang Kunden seiner Arbeitgeberin berate und vertrete, gerade nicht aus.

Die Betreuung von Kunden der Arbeitgeberin falle nicht unter § 46 Abs. 5 S. 1 BRAO, wie sich sowohl aus dem klaren Gesetzeswortlaut als auch aus der Gesetzesbegründung ergebe.

Hinzu komme, dass die rechtsberatende Tätigkeit des Klägers gegenüber Kunden der Arbeitgeberin vor dem Hintergrund des § 7 Nr. 8 BRAO und des § 4 RDG als problematisch erscheine.

Soweit der Kläger behaupte, die Arbeitgeberin auch umfangreich direkt rechtlich zu beraten, fehle es an Angaben zur Gewichtung einzelner Tätigkeiten.

Der Kläger repliziert, § 7 Nr. 8 BRAO sei dogmatisch in diesem Fall überhaupt nicht anwendbar. Zudem berate der Kläger alleine seinen Arbeitgeber und damit im Auftrag des Arbeitgebers dessen Kunden. Der Kläger könne also in keinen Fall der Interessenkollision geraten.

Mit Beschluss vom 13.12.2017 wurde die Deutsche Rentenversicherung Bund zum Verfahren beigeladen.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, auf die den Kläger betreffenden Personal- und Zulassungsakten der Beklagten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2018.

Gründe

I.

Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden, § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO i.V.m. §§ 112 c Abs. 1, 215 Abs. 3 BRAO. Gemäß Art. 15 Abs. 2 BayAGVwGO war ein Vorverfahren nach § 68 VwGO nicht durchzuführen.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet und war abzuweisen. Der streitgegenständliche Bescheid vom 10.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO analog.

1. Die Voraussetzungen dafür, den Kläger als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) gem. §§ 46 Abs. 2, 46 a BRAO für die von ihm ausgeübte Tätigkeit bei der... Versicherungsmakler GmbH aufgrund des Antrags vom 14.03.2016 zuzulassen, liegen nicht vor.

2. a. Die anwaltliche Tätigkeit des Klägers ist nicht durch Tätigkeiten im Sinne von § 46 Abs. 3 Nrn. 1 bis 4 BRAO geprägt, die direkt gegenüber seiner Arbeitgeberin ausgeübt werden, insbesondere nicht durch die direkte rechtliche Beratung der ...-Versicherungsmakler GmbH. Davon ist der Senat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der informatorischen Anhörung des Klägers überzeugt.

b. Eine Prägung des Beschäftigungsverhältnisses durch die anwaltliche Tätigkeit liegt vor, wenn sie im Rahmen des Anstellungsverhältnisses eindeutig den Schwerpunkt der ausgeübten Tätigkeit ausmacht und die Tätigkeit beherrscht. Hiervon kann dann ausgegangen werden, wenn die anwaltliche Tätigkeit mehr als die Hälfte der Arbeitszeit in Anspruch nimmt (vgl. AGH Hamm Urteil vom 24.11.2017 – 1 AGH 1/17, AnwBl Online 2018, 416 unter 2).

c. Bereits nach seinem eigenen Vortrag in der Anlage zum Schriftsatz vom 08.05.2018, der in der Sitzung vom 16.05.2018 übergeben wurde, beträgt die arbeitgeberbezogene Anwaltstätigkeit nur 34 % und prägt damit die Gesamttätigkeit des Klägers für die ... Versicherungsmakler GmbH nicht.

Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass dieser Prozentsatz nach der Überzeugung des Senats noch wesentlich niedriger anzusetzen ist. Nach dem Arbeitsvertrag vom 14.09.2011 wird der Kläger „ab dem 15.09.2011 für unser Haus als Mitarbeiter in den Sparten SUH-K tätig sein“. Aus der Stellenbeschreibung vom 14.09.2011 ergibt sich, dass er dort insbesondere zur Unterstützung der Betreuung von Firmenkunden tätig ist. Dies wird in der Stellenbeschreibung vom 05.03.2012 und in der Tätigkeitbeschreibung vom 14.03.2016 bestätigt. Bei seiner Anhörung hat der Kläger seine Tätigkeitsbeschreibung dadurch eingeleitet, dass er Leiter des Schadensbüros sei und alle Schadensfälle bearbeite, also auch die der Schwestergesellschaften. Dass die Beratung des Arbeitgebers darin liegt, dass der Kläger die Kunden der ...-Versicherungsmakler GmbH, also die Versicherungsnehmer berät, bringt der Kläger im Schriftsatz vom 08.05.2018 (dort S. 2 drittletzter Absatz, Bl. 33 d.A.) selbst nochmals auf den Punkt. Von den 34 % „arbeitgebereigenen Rechtsfragen“ entfällt daher ein Großteil nochmals auf „kundenbezogene Rechtsfragen“, und zwar unabhängig davon, ob man die Auffassung des Klägers teilt, das Aushandeln von Versicherungsbedingungen mit Versicherungen falle – als Hauptposten – unter die „arbeitgebereigenen Rechtsfragen“. Insgesamt ist der Senat davon überzeugt, dass die anwaltlichen Tätigkeiten des Klägers, auf die gute 70 % seiner Arbeitszeit entfallen, weit überwiegend in der unmittelbaren Beratung der (Firmen)Kunden der ...-Versicherungsmakler GmbH bestehen.

3. Aus dem Wortlaut (§ 46 Abs. 5 und Abs. 3 Nr. 2, § 46 a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BRAO) und der Systematik des Gesetzes sowie der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/5201) ergibt sich eindeutig, dass als Syndikusrechtsanwalt nur derjenige zugelassen werden kann, dessen anwaltliche Tätigkeit und hier insbesondere die Erteilung von Rechtsrat sich – abgesehen von den hier nicht einschlägigen Ausnahmen des § 46 Abs. 5 S. 2 BRAO – sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers bezieht (Anwaltsgerichtshof Koblenz Urteil vom 11.08.2017 – 1 AGH 17/16, juris Rn. 39 ff). Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut: Gemäß § 46 a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BRAO muss die Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entsprechen. Gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 BRAO muss der Syndikusrechtsanwalt für seinen Arbeitgeber anwaltlich tätig sein. Gemäß § 46 Abs. 3 BRAO liegt eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des § 46 Abs. 2 S. 1 BRAO nur vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch die in § 46 Abs. 3 Ziff. 1 bis 4 aufgeführten Tätigkeiten und Merkmale geprägt ist. Die Erteilung von Rechtsrat gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 2 BRAO bezieht sich dabei nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 46 Abs. 5 S. 1 BGB auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers; die Ausnahmen des § 46 Abs. 5 S. 2 BRAO liegen hier nicht vor. Bereits die Gesetzesbegründung zu § 46 BRAO n.F. sieht die Aufgabe des Unternehmenssyndikusrechtsanwalts darin, seinem Arbeitgeber in dessen eigenen Angelegenheiten als Rechtsberater zur Seite zu stehen (vgl. BT-Drs. 18/5201, S. 18 vorletzter Absatz); die in § 46 Abs. 5 S. 2 BRAO geregelte Tätigkeit dessen, der seine Arbeitskraft dazu verwendet, um im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses zu einem Verband Rechtsrat an dessen Mitglieder in deren Rechtsangelegenheiten zu erteilen, liegt hier unstreitig nicht vor. Die grundsätzliche Beschränkung der anwaltlichen Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts auf die Beratung und Vertretung seines Arbeitgebers wird auch an weiteren Stellen der Gesetzesbegründung hervorgehoben (vgl. BT-Drs. 18/5201, S. 21 dritter Absatz, S. 26 vorletzter Absatz, S. 28 dritter und vorletzter Absatz; S. 29 insb. zweiter Absatz und vor allem S. 30/31). Auch die Systematik der Neuregelung der BRAO führt zu diesem Ergebnis. Das Kriterium der Tätigkeit für den Arbeitgeber erschließt sich nämlich auch aus der Regelung des § 46 Abs. 2 S. 1 BRAO. Der Regelung des § 46 Abs. 5 S. 2 (und dort insbesondere der Nummern 2 und 3) BRAO hätte es nicht bedurft, wenn Rechtsdienstleistungen des Arbeitsgebers gegenüber seinen Kunden generell zugleich Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers im Sinne des § 46 Abs. 5 S. 1 BRAO wären. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes, der Gesetzessystematik und des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers, wonach sich die anwaltliche Tätigkeit und hier insbesondere die Erteilung von Rechtsrat auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers bezieht, kommt schließlich auch eine ergänzende Auslegung des § 46 Abs. 5 S. 2 BRAO dahingehend, dass auch die Tätigkeit des Klägers von § 46 Abs. 5 S. 1 BRAO umfasst wird, nicht in Betracht.

4. Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht im Hinblick auf § 231 Abs. 4 b SGB VI.

a. Nach § 231 Abs. 4 b SGB VI wirkt eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 01.01.2016 geltenden Fassung erteilt wurde, auf Antrag vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird. Sie wirkt nach der genannten Bestimmung auch vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an, wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand. Die Befreiung wirkt frühestens ab dem 01.04.2014. Sie wirkt jedoch auch für Zeiten vor dem 01.04.2014, wenn für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden. Der Antrag auf rückwirkende Befreiung kann nur bis zum Ablauf des 01.04.2016 gestellt werden.

b. Ob § 231 Abs. 4 b SGB VI aus Gründen der Gleichstellung dahin auszulegen ist, dass auch solchen Personen eine rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu erteilen ist, die ihre – befreiungsfähige – Syndikustätigkeit beendet haben, bevor sie als Syndikusrechtsanwalt nach neuem Recht zugelassen werden konnten, kann dahinstehen. Selbst wenn dies zu verneinen sein sollte, hat ein Bewerber grundsätzlich keine rentenversicherungsrechtlichen Nachteile zu befürchten. Soweit nach der am 03.04.2014 ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der vor dem 01.01.2016 geltenden Rechtslage bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern beschäftigte Rechtsanwälte nicht gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien waren (vgl. BSG Urteil vom 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R, NJW 2014, 2743 unter 6 = Rn. 28 ff.), haben zumindest Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung – bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde – ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidung (BSG a.a.O. Rn. 58).

c. Auch wenn der Kläger nicht Inhaber einer auf seine ab dem 15.09.2011 ausgeübte Tätigkeit bezogenen Befreiungsentscheidung ist, sondern sein diesbezügliches sozialgerichtliches Berufungsverfahren derzeit ruht, besteht keine verfassungswidrige „Lücke“ zwischen dem anwaltlichen Berufsrecht und dem Sozialrecht. Zwar sieht das anwaltliche Berufsrecht in der Zeit einer vorübergehenden berufsfremden Tätigkeit keine Erstzulassung als Syndikusrechtsanwalt vor, während im Unterschied hierzu das Sozialrecht eine durchgehende Befreiung von der Versicherungspflicht ermöglicht. Etwaige berufsrechtliche Nachteile (keine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt) werden jedoch durch das Sozialrecht und seine Regelungen zur Kontinuität der Befreiung von der Versicherungspflicht in der Regel aufgefangen (vgl. insgesamt zu II 4 BGH Urteil vom 29.01.2018 – AnwZ (Brfg) 12/17, WM 2018, 445 unter I 2 c insb. Rn. 26 ff).

5. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob gegen die Einbeziehung der Tätigkeit des Klägers in den Anwendungsbereich von § 46 Abs. 5 BRAO – wie die Beklagte im Schriftsatz vom 08.02.2018 (dort unter Ziffer II 3) meint – auch unter dem Gesichtspunkt des § 4 RDG Bedenken bestehen (vgl. BGH Urteil vom 14.01.2016 – I ZR 107/14, NJW-RR 2016, 1056 unter II 2 c = Rn. 31/35).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 167 VwGO, 709 S. 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 194 Abs. 2 BRAO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung waren nicht gegeben, § 124 Abs. 2 VwGO.

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(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu versagen,

1.
wenn die antragstellende Person nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrecht verwirkt hat;
2.
wenn die antragstellende Person infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt;
3.
wenn die antragstellende Person durch rechtskräftiges Urteil aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen ist;
4.
wenn gegen die antragstellende Person im Verfahren über die Richteranklage auf Entlassung oder im Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst in der Rechtspflege rechtskräftig erkannt worden ist;
5.
wenn die antragstellende Person sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das sie unwürdig erscheinen läßt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben;
6.
wenn die antragstellende Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft;
7.
wenn die antragstellende Person aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben;
8.
wenn die antragstellende Person eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann;
9.
wenn die antragstellende Person sich im Vermögensverfall befindet; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der antragstellenden Person eröffnet oder die antragstellende Person in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist;
10.
wenn die antragstellende Person Richter, Beamter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit ist, es sei denn, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben ehrenamtlich wahrnimmt oder dass ihre Rechte und Pflichten auf Grund der §§ 5, 6, 8 und 36 des Abgeordnetengesetzes oder entsprechender Rechtsvorschriften ruhen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nur, wenn seit Rechtskraft der Entscheidung noch keine acht Jahre verstrichen sind. Ein Fristablauf nach Satz 2 lässt die Anwendbarkeit des Satzes 1 Nummer 5 unberührt.

Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, dürfen nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird. Eine solche Gefährdung ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil aufgrund eines Vertrags mit einem Prozessfinanzierer Berichtspflichten gegenüber dem Prozessfinanzierer bestehen.

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu versagen,

1.
wenn die antragstellende Person nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrecht verwirkt hat;
2.
wenn die antragstellende Person infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt;
3.
wenn die antragstellende Person durch rechtskräftiges Urteil aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen ist;
4.
wenn gegen die antragstellende Person im Verfahren über die Richteranklage auf Entlassung oder im Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst in der Rechtspflege rechtskräftig erkannt worden ist;
5.
wenn die antragstellende Person sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das sie unwürdig erscheinen läßt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben;
6.
wenn die antragstellende Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft;
7.
wenn die antragstellende Person aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben;
8.
wenn die antragstellende Person eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann;
9.
wenn die antragstellende Person sich im Vermögensverfall befindet; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der antragstellenden Person eröffnet oder die antragstellende Person in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist;
10.
wenn die antragstellende Person Richter, Beamter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit ist, es sei denn, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben ehrenamtlich wahrnimmt oder dass ihre Rechte und Pflichten auf Grund der §§ 5, 6, 8 und 36 des Abgeordnetengesetzes oder entsprechender Rechtsvorschriften ruhen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nur, wenn seit Rechtskraft der Entscheidung noch keine acht Jahre verstrichen sind. Ein Fristablauf nach Satz 2 lässt die Anwendbarkeit des Satzes 1 Nummer 5 unberührt.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

Fällt das Vereinsvermögen an den Fiskus, so finden die Vorschriften über eine dem Fiskus als gesetzlichem Erben anfallende Erbschaft entsprechende Anwendung. Der Fiskus hat das Vermögen tunlichst in einer den Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwenden.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

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In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25. November 2016 (1 AGH 50/16) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Beigeladene ist seit dem 28. Oktober 1992 im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Anstellungsvertrag vom 27. November/2. Dezember 1991 wurde er zum 1. Januar 1992 als Sachbearbeiter in der Rechtsabteilung der B.           Krankenversicherung a.G., der heutigen G.    Krankenversicherung AG (Arbeitgeberin) eingestellt. Mit Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 17. Februar 1997 wurde er mit Wirkung ab dem 1. Januar 1997 von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung befreit. Der Beigeladene wurde mit Wirkung vom 1. September 2011 als Spezialist in der Gruppe "Allgemeine Leistung / BRE / Regress / Rückforderung" seiner Arbeitgeberin eingesetzt. Seit dem 12. März 2014 ist er Vorsitzender des Betriebsrats des Hauptbetriebs der G.    Krankenversicherung AG K.   und für die Dauer der Ausübung dieses Amtes von seiner Tätigkeit als Unternehmensjurist vollumfänglich freigestellt.

2

Mit Schreiben vom 24. Februar 2016 beantragte der Beigeladene unter Beifügung einer von ihm und seiner Arbeitgeberin unterzeichneten Tätigkeitsbeschreibung bei der Beklagten die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Im weiteren Verlauf des Zulassungsverfahrens legte er eine neue Tätigkeitsbeschreibung vom 3. Mai 2016 sowie eine - ebenfalls von ihm und seiner Arbeitgeberin unterzeichnete - ergänzende Erklärung vom 14./15. Juni 2016 vor. Die Beklagte ließ mit Bescheid vom 22. Juni 2016 den Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt gemäß § 46 Abs. 2 BRAO bei der G.     Krankenversicherung AG zur Rechtsanwaltschaft zu.

3

Auf die hiergegen gerichtete Klage der Rentenversicherungsträgerin hat der Anwaltsgerichtshof den Bescheid vom 22. Juni 2016 aufgehoben und die Berufung zugelassen. Nach Auffassung des Anwaltsgerichtshofs lagen zum Zeitpunkt des Bescheides die Voraussetzungen für die Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt gemäß § 46a Abs. 1, § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO nicht vor. Zwar entspreche die vom Beigeladenen - jedenfalls bis zum 12. März 2014 - ausgeübte Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Abs. 3 BRAO. Er übe die anwaltliche Tätigkeit, für die er die Syndikuszulassung beantragt habe, jedoch tatsächlich nicht aus, da er seit dem 12. März 2014 für seine Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender von seiner eigentlichen Tätigkeit freigestellt sei. Aus dem Wortlaut von § 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BRAO sowie der Gesetzesbegründung zu § 46 BRAO ergebe sich eine tätigkeitsbezogene Definition des Syndikusrechtsanwalts dahingehend, dass der ganz eindeutige Schwerpunkt der ausgeübten Tätigkeit im anwaltlichen Bereich liegen müsse und für eine Zulassung aufgrund einer abstrakten, ehemals ausgeübten oder in der Zukunft gegebenenfalls wieder auszuübenden Tätigkeit kein Raum sei.

4

Auch die Systematik der Neuregelung der Bundesrechtsanwaltsordnung führe zu diesem Ergebnis. Wenn der Syndikusrechtsanwalt nach § 46b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BRAO jede wesentliche Änderung der Tätigkeit innerhalb des Arbeitsverhältnisses unverzüglich anzuzeigen habe und die Rechtsanwaltskammer tätigkeitsbezogene Änderungen des Arbeitsverhältnisses zum Anlass nehmen müsse, über den Widerruf der Zulassung zu entscheiden, lasse sich auch daraus schließen, dass es nicht auf eine abstrakte oder ehemalige Tätigkeit, sondern ausschließlich auf die aktuell ausgeübte Tätigkeit ankomme.

5

Aus der in § 6 Abs. 5 SGB VI bestimmten Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht auf eine andere, im Voraus zeitlich begrenzte versicherungspflichtige Tätigkeit und dem gemäß § 78 Satz 2 BetrVG für Betriebsratsmitglieder geltenden Benachteiligungsverbot folge nichts anderes. Letzteres stelle lediglich einen subjektiven Schutzanspruch des Betriebsratsmitglieds gegenüber seinem Arbeitgeber, nicht aber gegenüber Zulassungs- und Aufsichtsbehörden dar. Selbst wenn man dies anders im Sinne eines universellen Schutzanspruchs mit Verfassungsrang gegenüber jedweder Benachteiligung sehen wolle, sei eine verfassungskonforme Auslegung von § 46 BRAO nicht möglich, da sie zu dem Wortlaut der Norm und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde.

Entscheidungsgründe

I.

6

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

7

1. Die gegen den Zulassungsbescheid der Beklagten vom 22. Juni 2016 gerichtete Klage ist zulässig. Die Klägerin ist als Träger der Rentenversicherung aufgrund der in § 46a Abs. 2 Satz 4 BRAO vorgesehenen Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt (vgl. Fraktionsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte, BT-Drucks. 18/5201, S. 34). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage gegeben.

8

a) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BVerwGE 121, 1, 3; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., Vorb § 40 Rn. 38). Es fehlt daher für Klagen, deren Erfolg die Rechtsstellung des Klägers nicht verbessern kann (BVerwGE 78, 85, 91; Eyermann/Rennert, VwGO, 14. Aufl., Vor §§ 40-53 Rn. 16). Im Zweifel ist das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen (BVerwG aaO).

9

b) Durch den mit der Klage angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2016 wird die Rechtsstellung der Klägerin berührt. Diese ist gemäß § 46a Abs. 2 Satz 4 BRAO bei ihrer Entscheidung über die Befreiung des Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung an die bestandskräftige Entscheidung der Beklagten gebunden. Mit der - mittels der vorliegenden Klage erstrebten - Aufhebung des Bescheides vom 22. Juni 2016 kann sie mithin ihre Rechtsstellung verbessern. Ob die Klägerin, wenn der Beigeladene - wie nicht - bereits vor seiner Betriebsratstätigkeit als Syndikusrechtsanwalt zugelassen und von der Versicherungspflicht befreit worden wäre, die Befreiung auf Antrag des Beigeladenen gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI für die befristete Betriebsratstätigkeit hätte aufrechterhalten müssen, ist unerheblich. Maßgeblich ist, worauf die Berufungserwiderung zu Recht hinweist, nicht ein hypothetischer, sondern allein der festgestellte Sachverhalt und damit die fehlende Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt vor Aufnahme der Betriebsratstätigkeit. Auf dieser Grundlage ist ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin gegeben.

10

2. Die Klage ist auch begründet.

11

a) Die Voraussetzungen für eine Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt gemäß §§ 46 f. BRAO liegen nicht vor.

12

aa) Der Anwaltsgerichtshof hat zutreffend erkannt, dass sich aus Wortlaut (§ 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4, § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BRAO) und Systematik des Gesetzes sowie der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/5201) eindeutig ergibt, dass als Syndikusrechtsanwalt nur derjenige zugelassen werden kann, dessen zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung tatsächlich ausgeübte Tätigkeit den gesetzlichen Zulassungskriterien entspricht. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umfassenden Ausführungen des angefochtenen Urteils (S. 10-12) Bezug genommen, denen sich der Senat uneingeschränkt anschließt. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

13

Auch aus dem Wortlaut von § 46b Abs. 2 Satz 2 BRAO ergibt sich die Abhängigkeit der Zulassung von der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit des Betreffenden. Danach ist die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ganz oder teilweise zu widerrufen, wenn die "tatsächlich ausgeübte Tätigkeit" nicht mehr den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entspricht.

14

Zahlreiche weitere Stellen der Gesetzesbegründung belegen - neben den im Urteil des Anwaltsgerichtshofs zitierten -, dass eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nur aufgrund der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit erfolgen kann. So wird dort vielfach die "tätigkeitsbezogene Zulassung als Syndikusrechtsanwalt" betont. Die Rechtsanwaltskammer prüfe und bescheinige, ob beziehungsweise dass die "tätigkeitsbezogenen Voraussetzungen vorliegen, die eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ermöglichen" (BT-Drucks. 18/5201, S. 20, 32). Die erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung ende bei einer "Änderung der Tätigkeit" (aaO, S. 20). § 46 Abs. 3 BRAO benenne kumulativ Merkmale, die die anwaltliche Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts kennzeichneten und zwingend vorliegen müssten (aaO, S. 28). Es sei erforderlich, dass das Anstellungsverhältnis durch diese Merkmale und Tätigkeiten "beherrscht" werde (aaO, S. 29). Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt knüpfe an die "ausgeübte Tätigkeit" an (aaO, S. 34). Folglich sei die Zulassung zu widerrufen, wenn die von dem Syndikusrechtsanwalt im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses ausgeübte Tätigkeit nicht mehr den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entspreche (aaO, S. 35). Wesentliche Änderungen der Tätigkeit erforderten eine Anpassung der Zulassung (aaO, S. 36).

15

bb) Eine ergänzende Auslegung der §§ 46 f. BRAO dahingehend, dass nicht ausschließlich auf die zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung tatsächlich ausgeübte, sondern auch auf eine vor Aufnahme des Betriebsratsamts ausgeübte Tätigkeit abgestellt werden könne, kommt, wie der Anwaltsgerichtshof ebenfalls zutreffend erkannt hat, nicht in Betracht.

16

Für die Auslegung von Gesetzen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. nur BVerfGE 133, 168 Rn. 66 mwN; BVerfG, NJW 2014, 3504 Rn. 15; Senat, Urteil vom 20. März 2017 - AnwZ (Brfg) 33/16, WM 2017, 818 Rn. 19 mwN; BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 - II ZB 7/11, NJW 2013, 2674 Rn. 27). Eine Auslegung, die zu dem Wortlaut des Gesetzes, der Gesetzessystematik und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch tritt, ist ausgeschlossen (vgl. zu den Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung BVerfGE 110, 226, 267 mwN; Senat, Urteil vom 20. März 2017, aaO Rn. 44 mwN; zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Auslegung der in § 134 Abs. 4 Nr. 1-11 SGB VI angeführten knappschaftlichen Katalogarbeiten bei einem freigestellten Betriebsratsmitglied vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2016 - L 6 R 161/13, BeckRS 2016, 66730 Rn. 38).

17

Nach diesen Grundsätzen ist eine ergänzende Auslegung der §§ 46 f. BRAO in vorgenanntem Sinne ausgeschlossen. Sie widerspräche - wie gezeigt - dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, der Gesetzessystematik und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, wonach Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt eine zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung tatsächlich ausgeübte Tätigkeit ist, die den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entspricht.

18

Eine solche Tätigkeit übt der Beigeladene zurzeit nicht aus, sondern eine andere Tätigkeit.

19

b) Die somit derzeit nicht mögliche Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt durch die Beklagte verstößt nicht gegen die für Mitglieder des Betriebsrats geltende Schutzbestimmung des § 78 Satz 2 BetrVG. Danach dürfen Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.

20

aa) Zwar richtet sich das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG nicht nur gegen den Arbeitgeber, sondern gegen jedermann. Es richtet sich auch gegen außerbetriebliche Stellen (vgl. BAG, Urteil vom 10. Juni 1969 - 1 AZR 203/68, BeckRS 1959, 103354 zu § 53 Abs. 2 BetrVG a.F.; BAG, NZA 2015, 560 Rn. 32 zu § 78 Satz 1 BetrVG; Richardi/Thüsing, BetrVG, 15. Aufl., § 78 Rn. 12; BeckOK ArbR/Werner, BetrVG, § 78 Rn. 5 [01.12.2017]; Kania in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl., § 78 BetrVG Rn. 6) und ist daher grundsätzlich auch von der Beklagten zu beachten.

21

bb) Keine Benachteiligung im Sinne von § 78 Satz 2 BetrVG stellt es jedoch dar, wenn sich für das Betriebsratsmitglied Nachteile unmittelbar aus dem Gesetz ergeben und der Arbeitgeber beziehungsweise die außerbetriebliche Stelle lediglich einer gesetzlichen Verpflichtung nachkommt. Die Benachteiligung beruht dann nicht auf einer Handlung des Arbeitgebers beziehungsweise der außerbetrieblichen Stelle, sondern auf der Anwendung des Gesetzes (vgl. zur Anwendung des Steuerrechts durch den Arbeitgeber: BAG, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 37 (unter I 5 b); BAG, NZA 1986, 263; GK-BetrVG/Kreutz, 10. Aufl., § 78 Rn. 60; Worzalla in Hess/Worzalla/Glock/Nicolai/Rose/Huke, BetrVG, 9. Aufl., § 78 Rn. 21). So muss etwa ein freigestelltes Betriebsratsmitglied den Abzug von Steuern und Sozialversicherungsanteilen hinnehmen, auch wenn es vor seiner Freistellung für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit abgabenfreie Zuschläge zum Lohn erhalten hat. Denn die unversteuerte Auszahlung setzt nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit voraus (BFHE 112, 478, 479 f.; BAG, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 37 (unter I 5 a); BAG, NZA 1986, 263; Leihkauff in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 65. Update 4/17, § 47 BBesG Rn. 24; Kreutz, aaO; Worzalla, aaO; zur tatsächlich ausgeübten Beschäftigung als Voraussetzung der Zuordnung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds zur Knappschaftsversicherung gemäß § 133 SGB VI vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2016, aaO Rn. 37). Hieran ändert nichts, dass ein Betriebsratsmitglied nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes ganz allgemein nicht benachteiligt werden darf. Angesichts der eingehenden Regelungen des Steuerrechts sind die dort abschließend aufgeführten Befreiungstatbestände im Hinblick auf das betriebsverfassungsrechtliche Benachteiligungsverbot nicht im Wege der Gesetzesauslegung zu erweitern. Die weitgehend politische Entscheidung, ob Teile der Verdienstausfall-Entschädigung von freigestellten Betriebsratsmitgliedern steuerfrei sein sollen, bleibt vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten (BFH, aaO S. 480 f.).

22

Eine entsprechende Situation besteht hinsichtlich der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gemäß §§ 46 f. BRAO. Sie setzt - wie ausgeführt - voraus, dass zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung die vom Betroffenen tatsächlich ausgeübte Tätigkeit den gesetzlichen Zulassungskriterien entspricht. Eine Rechtsanwaltskammer, die einen angestellten, als Betriebsratsmitglied von seiner betrieblichen Tätigkeit freigestellten Rechtsanwalt nicht als Syndikusrechtsanwalt zulässt, verstößt daher nicht gegen § 78 Satz 2 BetrVG, sondern wendet lediglich das Gesetz an. Etwaige Nachteile für den betroffenen Rechtsanwalt ergeben sich in diesem Fall unmittelbar aus dem Gesetz und nicht aus der Verweigerung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt durch die Rechtsanwaltskammer.

23

c) Es ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch aus Gleichbehandlungsgründen nicht geboten, auf die von einem - die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt anstrebenden - Betriebsratsmitglied vor Beginn seines Amtes ausgeübte Tätigkeit abzustellen.

24

aa) Die von der Beklagten im Rahmen von "Kontrollüberlegungen" hierzu angeführte Situation eines bereits vor seiner Wahl in den Betriebsrat als Syndikusrechtsanwalt zugelassenen Angestellten ist vorliegend nicht gegeben. Zu entscheiden ist nicht, ob eine bereits zuvor erfolgte Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei Aufnahme des Betriebsratsamtes zu widerrufen wäre, sondern ob im Falle der erst während der Betriebsratstätigkeit beantragten Zulassung die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung derjenigen eines Syndikusrechtsanwalts entsprechen muss.

25

Im Übrigen verliert in dem von der Beklagten gebildeten hypothetischen Fall das Betriebsratsmitglied für die Zeit seiner Betriebsratstätigkeit - entgegen der Auffassung der Beklagten - gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI nicht seine Befreiung von der Versicherungspflicht. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb der einkommensbezogenen Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Diese Voraussetzungen können bei einem als Betriebsrat tätigen Syndikusrechtsanwalt erfüllt sein. Die Amtszeit des Betriebsrats ist gemäß § 21 BetrVG im Voraus begrenzt. Die Versicherungspflicht besteht während der Betriebsratstätigkeit fort (BSG, Urteil vom 23. November 1977 - 9 RV 72/76, BeckRS 1977, 30407033 mwN). Gewährleistet der Versorgungsträger - wie im Fall des Beigeladenen (vgl. Schriftsatz des Beigeladenen vom 9. Mai 2017, S. 2) - für die Zeit der Betriebsratstätigkeit den Erwerb der einkommensbezogenen Versorgungsanwartschaften, erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht auf die Tätigkeit als Betriebsrat.

26

bb) Soweit die Beklagte meint, aus der von ihr im Hinblick auf § 231 Abs. 4b SGB VI angestellten verfassungsrechtlichen Betrachtung ergebe sich ein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung und Ungleichbehandlung gemäß Art. 3 GG, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Beigeladene war insbesondere nicht gehalten, seine Freistellung als Betriebsratsvorsitzender aufzugeben und in seine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt zurückzukehren, um sodann dafür zugelassen zu werden und von der rückwirkenden Befreiung von der Versicherungspflicht im Sinne des § 231 Abs. 4b SGB VI zu profitieren.

27

Nach § 231 Abs. 4b SGB VI wirkt eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung erteilt wurde, auf Antrag vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird. Sie wirkt nach der genannten Bestimmung auch vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an, wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand. Die Befreiung wirkt frühestens ab dem 1. April 2014. Sie wirkt jedoch auch für Zeiten vor dem 1. April 2014, wenn für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden. Der Antrag auf rückwirkende Befreiung kann nur bis zum Ablauf des 1. April 2016 gestellt werden.

28

Ob § 231 Abs. 4b SGB VI aus Gründen der Gleichstellung dahin auszulegen ist, dass auch solchen Personen eine rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu erteilen ist, die ihre - befreiungsfähige - Syndikustätigkeit beendet haben, bevor sie als Syndikusrechtsanwalt nach neuem Recht zugelassen werden konnten (so Korneev, DStR 2016, 2760, 2761; Schafhausen, FD-SozVR 2016, 380485; a.A. Kreikebohm/Segebrecht, SGB VI, 5. Aufl., § 231 Rn. 16), kann vorliegend dahinstehen. Selbst wenn dies zu verneinen sein sollte, hat der Beigeladene unter Zugrundelegung seines Sachvortrags keine rentenversicherungsrechtlichen Nachteile zu befürchten. Soweit nach der am 3. April 2014 ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der vor dem 1. Januar 2016 geltenden Rechtslage bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern beschäftigte Rechtsanwälte nicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien waren (z.B. BSG, NJW 2014, 2743 Rn. 28 ff.), haben Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidung (BSG aaO Rn. 58). Der Beigeladene ist Inhaber einer solchen Befreiungsentscheidung (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 17. Februar 1997). Diese hat aus Gründen des Vertrauensschutzes Bestand, wenn sich - wie der Beigeladene vorträgt - seine bis zum Antritt des Betriebsratsamtes am 12. März 2014 (bei derselben Arbeitgeberin) ausgeübte Tätigkeit nicht wesentlich geändert hat (zu den von den Trägern der Rentenversicherung neben den Übergangsregelungen in § 231 Abs. 4 bis 4d SGB VI aus Gründen des Vertrauensschutzes angewandten Härtefallregelungen vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 6 SGB VI Rn. 7b [September 2017]). Die Befreiung würde sich unter den vorgenannten Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auch auf die am 12. März 2014 begonnene Betriebsratstätigkeit erstrecken. Letzteres würde ebenso gelten, wenn sich die Tätigkeit des Beigeladenen in der Zeit vor Beginn des Betriebsratsamtes geändert hätte, aber gleichwohl befreiungsfähig geblieben und der Beigeladene daher auf seinen Antrag von der Klägerin erneut von der Versicherungspflicht befreit worden wäre. Eine (neue) Nichtzulassung als Syndikusanwalt berührt nicht die für die aktuelle Beschäftigung - und sei es aus Gründen des Bestandsschutzes - gültige frühere Befreiung von der Rentenversicherungspflicht (BT-Drucks. 18/5201 S. 46). Eine solche gültige frühere Befreiung läge - unter Zugrundelegung der Angaben des Beigeladenen - mit dem Befreiungsbescheid vom 17. Februar 1997 in Verbindung mit § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI für die aktuelle Betriebsratstätigkeit des Beigeladenen vor.

29

Es trifft daher zwar zu, dass das anwaltliche Berufsrecht in der Zeit einer vorübergehenden berufsfremden Tätigkeit keine Erstzulassung als Syndikusrechtsanwalt vorsieht, während im Unterschied hierzu das Sozialrecht eine durchgehende Befreiung von der Versicherungspflicht ermöglicht. Eine verfassungswidrige "Lücke" zwischen den beiden Rechtsgebieten sieht der Senat hierin indes nicht. Im Gegenteil werden in der vorliegenden Konstellation etwaige berufsrechtliche Nachteile (keine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt) durch das Sozialrecht und seine Regelungen zur Kontinuität der Befreiung von der Versicherungspflicht aufgefangen.

II.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 BRAO.

Kayser     

      

Bünger     

      

Remmert

      

Braeuer     

      

Kau     

      

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, dürfen nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird. Eine solche Gefährdung ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil aufgrund eines Vertrags mit einem Prozessfinanzierer Berichtspflichten gegenüber dem Prozessfinanzierer bestehen.

Berichtigt durch Beschluss
vom 12. September 2016
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 107/14 Verkündet am:
14. Januar 2016
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schadensregulierung durch Versicherungsmakler

a) Die Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers gehört im Regelfall
nicht als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers.

b) Der Begriff der Rechtsdienstleistung in § 2 Abs. 1 RDG erfasst jede konkrete
Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen
, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen
ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht; ob es sich um eine einfache
oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist dabei unerheblich.
BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 107/14 - OLG Köln
LG Bonn
ECLI:DE:BGH:2016:140116UIZR107.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. April 2014 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 17. Oktober 2013 abgeändert. Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu 250.000 € verurteilt, es zu unterlassen, schadensregulierend so tätig zu werden, wie sich das aus ihrem nachfolgend eingeblendeten Schreiben vom 16. November 2011 ergibt: Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte vermittelt als Versicherungsmakler Verträge an Versicherungsgesellschaften. Im Auftrag der Versicherer ist sie daneben mit der Schadensregulierung befasst.
2
Im Streitfall hatte die Beklagte einen Versicherungsvertrag zwischen einem Textilreinigungsunternehmen (Versicherungsnehmer) und einem Haftpflichtversicherer aus der Zurich-Versicherungsgruppe vermittelt. Der Versicherungsnehmer wurde wegen eines Schadensfalls von einem Kunden in Anspruch genommen. Unter dem 16. November 2011 wandte sich die Beklagte mit folgendem Schreiben an den Kunden:
3
Nach Auffassung der Klägerin, der Rechtsanwaltskammer Köln, hat die Beklagte mit diesem Schreiben gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsgeld zu verurteilen, es zu unterlassen , schadensregulierend so tätig zu werden, wie sich das aus ihrem Schreiben vom 16. November 2011 ergibt.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Bonn, Urteil vom 17. Oktober 2013 - 14 O 44/13, juris). Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, GRUR-RR 2014, 292). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die
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Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin nach § 8 Abs. 1
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und 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 3 RDG verneint. Dazu hat es ausgeführt: Unabhängig davon, ob die Beklagte mit dem beanstandeten Schreiben
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überhaupt eine Rechtsdienstleistung erbracht habe, handele es sich um eine schadensregulierende Tätigkeit, die als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Beklagten gehöre und deshalb gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte nicht für den Versicherungsnehmer , sondern für den Versicherer tätig geworden sei, der sie ausdrücklich mit der Schadensregulierung beauftragt habe und dafür gesondert honoriere. Die Tätigkeit der Beklagten sei gegenüber dem "Normalfall" des Versicherungsmaklers , der eher "im Lager" des Versicherungsnehmers stehe, mehr der Position des Versicherungsvertreters angenähert, der für den Versicherer tätig werde. Für die seinerzeit als Versicherungsagenten bezeichneten Versicherungsvertreter sei bereits unter Geltung des Rechtsberatungsgesetzes anerkannt gewesen, dass sie im Rahmen der Schadensregulierung für den Versicherer Rechtsberatung als Nebentätigkeit erbringen durften. Dies gelte dann auch für den Versicherungsmakler , der für den Versicherer tätig werde. Soweit mit dem beanstandeten Schreiben Rechtsdienstleistungen erbracht worden seien, stellten diese eine Nebenleistung zur Tätigkeit der Beklagten im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag dar, die mit einem Anteil von ungefähr fünf Prozent an ihrer gesamten Tätigkeit nicht entscheidend ins Gewicht falle. Die schadensregulierende Tätigkeit der Beklagten stehe zudem in sachlichem Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beklagten bei der Betreuung der von ihr vermittelten Versicherungsverträge. Eine Unzulässigkeit des Schreibens folge nicht aus § 4 RDG. Die maß8 gebliche Rechtsdienstleistung, die in der Prüfung der Höhe der geltend gemachten Ansprüche bestanden habe, entspreche sowohl dem Interesse des Versicherungsnehmers als auch dem des Versicherers, so dass die Erfüllung der Leistungspflichten der Beklagten weder gegenüber dem Versicherungsnehmer noch gegenüber dem Versicherer gefährdet sei. II. Die Revision hat Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das
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beanstandete Verhalten der Beklagten sei lauterkeitsrechtlich zulässig, hält sowohl nach dem zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung im November 2011 geltenden Recht (§§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG aF in Verbindung mit §§ 3, 5 RDG) als auch nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung im Januar 2016 maßgeblichen neuen Recht (§ 3a UWG in Verbindung mit §§ 3, 5 RDG) der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Nach dem Zeitpunkt der Zuwiderhandlung im November 2011 ist das
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im Streitfall maßgebliche Recht mit Wirkung ab 10. Dezember 2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb novelliert worden (BGBl. I, S. 2158). Die Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG aF ist nunmehr inhaltsgleich in § 3a UWG nF enthalten, und die neue Bestimmung ist um die Spürbarkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 UWG aF ergänzt worden. In der Sache hat sich durch die Gesetzesänderung für den Tatbestand des Rechtsbruchs nichts geändert. 2. Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Beklagte mit
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dem beanstandeten Schreiben eine Rechtsdienstleistung erbracht habe. Jedenfalls handele es sich um eine schadensregulierende Tätigkeit, die als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Beklagten gehöre und deshalb gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt sei. Dem kann nicht zugestimmt werden.
a) Gemäß § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher
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Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch Gesetz erlaubt wird. Die Bestimmung ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF und § 3a UWG, die mit der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vereinbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 Rn. 23, 25 = WRP 2011, 742 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker).
b) Die von der Beklagten mit dem beanstandeten Schreiben erbrachte
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Tätigkeit bei der Schadensregulierung für den Versicherer ist nicht gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt (ebenso Henssler/Deckenbrock, DB 2014, 2151, 2152 ff.; Krenzler, BRAK-Mitt. 2015, 19; aA Werber, VersR 2015, 1321, 1325). aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zu14 sammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Die Frage, ob eine Nebenleistung vorliegt , ist dabei nach Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang der Leistung mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen , die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RDG). bb) Der sachliche Zusammenhang der Schadensregulierung mit der
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Haupttätigkeit ist gegeben. Das Schreiben der Beklagten steht im Zusammenhang mit einem von ihr für ein Textilreinigungsunternehmen vermittelten Versicherungsvertrag. Es handelt sich um die Abwicklung eines von dem vermittelten Versicherungsvertrag abgedeckten Schadensfalls. cc) Die Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers gehört jedoch
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- jedenfalls im Bereich der Textilhaftpflichtversicherung - nicht als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Beklagten als Versicherungsmaklerin. (1) Für das Berufs- und Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers ist die
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gesetzliche Definition in § 59 Abs. 3 VVG maßgeblich. Danach ist Versicherungsmakler , wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. Eine Doppeltätigkeit des Versicherungsmaklers sowohl für den Versicherer als auch für den Versicherungsnehmer bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen entspricht nicht diesem gesetzlichen Leitbild. Damit unterscheidet sich das Berufs- bild des Versicherungsmaklers grundlegend von dem des Handelsmaklers nach § 98 HGB, der grundsätzlich von beiden Parteien beauftragt wird, und von demjenigen anderer Makler im Sinne von § 652 BGB, die unter bestimmten Voraussetzungen etwa als Immobilienmakler ebenfalls für beide Parteien der von ihnen vermittelten Verträge tätig werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. April 2003 - III ZR 318/02, NJW-RR 2003, 991 mwN; Reiner in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 93 HGB Rn. 38). Dementsprechend unterscheidet auch die Vorschrift des § 34d Abs. 1
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GewO zwischen Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein Versicherungsvermittler nicht zugleich als Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter tätig sein (§ 34d Abs. 1 Satz 3 GewO). Die Einordnung als Makler oder Vertreter soll für den Kunden zudem transparent sein und einer Typenvermischung entgegenwirken. Ein Versicherungsvermittler muss daher von vornherein entscheiden, ob er als Versicherungsmakler oder als Versicherungsvertreter tätig sein will (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2013 - I ZR 104/12, GRUR 2014, 88 Rn. 16 = WRP 2014, 57 - Vermittlung von Netto-Policen). Zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versiche19 rungsnehmer gehört es, den Versicherungsvertrag nach Abschluss weiter zu betreuen, indem er den Vertrag ungefragt auf etwaigen Anpassungsbedarf sowie Verlängerungen hin überprüft und den Versicherungsnehmer rechtzeitig darauf hinweist, den Zahlungsverkehr fördert, im Schadensfall den Versicherungsnehmer sachkundig berät, für sachgerechte Schadensanzeigen sorgt und bei der Schadensregulierung die Interessen des Versicherungsnehmers wahrnimmt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 359; Dörner in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 59 Rn. 74). Der Versicherungsmakler ist danach Sachwalter des (zukünftigen) Versicherungsnehmers und steht "im Lager des Kunden" und nicht des Versicherers (vgl. BGH, GRUR 2014, 88 Rn. 20 - Vermittlung von Netto-Policen; Dörner in Prölss/Martin aaO § 59 Rn. 72; Schwintowski in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 59 Rn. 64). Für den Versiche- rungskunden kann er im Schadensfall im Rahmen einer gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubten Nebenleistung schadensregulierend tätig werden (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts , BT-Drucks. 16/1935, S. 18). Eine Tätigkeit für den Versicherer gehört dagegen nicht zum gesetzlichen Leitbild des Versicherungsmaklers. An der Eigenschaft des Versicherungsmaklers als treuhänderischer
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Sachwalter des Versicherungsnehmers ändert auch die verbreitete Übung nichts, dass der Versicherungsmakler sein Vermittlungshonorar als Courtage für den Abschluss vom Versicherer bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 359). (2) Nicht zugestimmt werden kann der Ansicht des Berufungsgerichts,
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eine Tätigkeit des Versicherungsmaklers bei der Schadensregulierung für den Versicherer sei im Hinblick auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Juni 1979 (I ZR 136/77, VersR 1979, 714) erlaubt. In dieser Entscheidung hat es der Senat als zulässig angesehen, dass Versicherungsagenten im Rahmen der Schadensregulierung für den Versicherer auch Rechtsberatung als Nebentätigkeit im Sinne von Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG erbringen konnten. Mit dem Begriff "Versicherungsagent" wurden bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts am 22. Mai 2007 Versicherungsvertreter im Sinne von § 59 Abs. 2 VVG bezeichnet (vgl. MünchKomm.VVG/Reif, § 59 Rn. 2, 26). Versicherungsvertreter ist gemäß § 59 Abs. 2 VVG, wer von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit beauftragt ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Der Versicherungsvertreter handelt also anders als der Versicherungsmakler im Auftrag und Interesse des Versicherers. Soweit es im vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten
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Schrifttum heißt, zum Gewerbe des Versicherungsmaklers gehöre "möglicherweise auch (die) Abwicklung für den Versicherer" (Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz , 11. Aufl. 2003, Art. 1 § 5 Rn. 545), bezieht sich das dort angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. April 1967 (Ib ZR 56/65, NJW 1967, 1562) auf die Frage, inwieweit die Vertretung und Beratung der Versicherungsnehmer bei der Schadensregulierung gegenüber Dritten zum Berufsbild speziell der Hamburger Versicherungsmakler gehört. Zu einer entsprechenden Tätigkeit von Versicherungsmaklern für Versicherer verhält sich diese Entscheidung dagegen nicht. Das ebenfalls angeführte Urteil des Oberlandesgerichts Hamm, NJW-RR 1986, 705, betrifft keinen Versicherungsmakler, sondern einen Versicherungsvertreter. (3) Die Tätigkeit des Versicherungsmaklers für den Versicherer bei der
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Schadensabwicklung lässt sich auch nicht mit der von der Revisionserwiderung vorgetragenen Erwägung rechtfertigen, der Erlaubnistatbestand des § 5 Abs. 1 RDG sei für eine weitere Entwicklung offen und berücksichtige deshalb, dass sich neue Dienstleistungsberufe, bei deren Ausübung rechtliche Fragen betroffen seien, herausbildeten, und dass sich ältere, klassische Berufsbilder veränderten (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks. 16/3655, S. 52; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 54/10, GRUR 2012, 405 Rn. 26 = WRP 2012, 461 - Kreditkontrolle). Zum einen handelt es sich beim Versicherungsmakler um ein seit langem praktiziertes Gewerbe. Zum anderen kann die gebotene Offenheit für weitere Entwicklungen nicht Unterschiede zwischen gesetzlich fixierten Berufsbildern auflösen, deren Unterscheidung gerade der Pflicht zur Interessenwahrnehmung gegenüber verschiedenen Parteien desselben Vertrags Rechnung tragen soll. Mit der Entwicklungsoffenheit des gesetzlichen Tatbestands können daher keine Tätigkeiten legitimiert werden, die zu einem Interessenkonflikt führen können. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die bei der Beklagten beanstandete Tätigkeit tatsächlich schon längere Zeit unter Versicherungsmaklern mehr oder weniger stark verbreitet ist. Ein solcher Interessenkonflikt ist bei der Tätigkeit eines Versicherungs24 maklers für den Versicherer bei der Abwicklung eines Schadensfalls, der durch eine von dem Makler vermittelte Versicherung abgedeckt ist, gerade bei der Haftpflichtversicherung nicht ausgeschlossen. In Fällen wie dem streitgegen- ständlichen müssen die Interessen von Versicherer und Versicherungsnehmer bei der Schadensabwicklung keineswegs gleichgerichtet sein. Der Versicherer ist regelmäßig daran interessiert, den von ihm zu zahlenden Betrag für die Schadensregulierung so niedrig wie möglich zu halten. Zwar kann das auch im Interesse des Versicherungsnehmers liegen, doch muss dies keineswegs der Fall sein. Oft wird dem Versicherungsnehmer an einer möglichst raschen und unproblematischen Schadensabwicklung gelegen sein, um seinen geschädigten Kunden doch noch halten zu können oder um jedenfalls nicht durch negative Erfahrungen des Kunden bei der Schadensregulierung weiter in die Kritik zu geraten (vgl. auch Henssler/Deckenbrock, DB 2014, 2151, 2155). (4) Die Zulässigkeit der in Rede stehenden rechtsberatenden Tätigkeit
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der Beklagten folgt auch nicht daraus, dass sich die Zugehörigkeit einer Rechtsdienstleistung als Nebenleistung zu einer Haupttätigkeit außer aus dem bestehenden Berufs- oder Tätigkeitsbild auch aus dem einzelnen vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnis ergeben kann (BT-Drucks. 16/3655, S. 52). Diese Passage aus der Begründung des Regierungsentwurfs ist dahin zu verstehen , dass es für die Zulässigkeit rechtsberatender Nebenleistungen auch auf die vertraglichen Regelungen für die Haupttätigkeit ankommen kann. Die vertraglichen Regelungen über die Haupttätigkeit des Versicherungsmaklers ergeben aber keinen Anhalt für die Zulässigkeit der hier in Rede stehenden Dienstleistung. Nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint allerdings, dass sich in
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bestimmten Branchen das Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers dahingehend gewandelt hat oder künftig wandeln könnte, dass es eine schadensregulierende Tätigkeit des Maklers umfasst. Für die im Streitfall maßgebliche Branche der Haftpflichtversicherung im Bereich der Textilreinigung ist dazu indes nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich. (5) Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob eine nach § 5 Abs. 1 RDG zulässi27 ge Nebenleistung vorliegen kann, wenn ihr Auftraggeber (hier die Versicherung) nicht mit dem Auftraggeber der Haupttätigkeit (hier dem Versicherungsnehmer) identisch ist. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs kann schon der Umstand, dass der rechtsdienstleistende Teil der Leistung aufgrund einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung zu erbringen ist und besonders vergütet wird, indiziell gegen das Vorliegen einer bloßen Nebenleistung sprechen (BTDrucks. 16/3655, S. 52). Umso mehr muss das gelten, wenn ein solcher gesonderter entgeltlicher Vertrag nicht mit dem Auftraggeber der Haupttätigkeit, sondern einem Dritten abgeschlossen wird. So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird die Schadensbearbeitung der Beklagten für den Versicherer durch eine Erhöhung der "laufenden Courtage" gesondert vergütet. (6) Gegen die Annahme einer Nebenleistung im Sinne von § 5 Abs. 1
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RDG spricht im Streitfall schließlich, dass für die Tätigkeit auf dem Gebiet der Schadensregulierung keine Rechtskenntnisse benötigt werden, die für die Haupttätigkeit als Versicherungsmakler erforderlich sind. Diese Haupttätigkeit umfasst die Vermittlung und den Abschluss von Versicherungsverträgen sowie die laufende Betreuung und Verwaltung dieser Verträge für den Versicherungsnehmer. Dafür sind vertragsrechtliche Kenntnisse erforderlich und keine näheren Kenntnisse des Haftpflichtrechts. Solcher haftpflichtrechtlicher Kenntnisse bedarf es auch nicht im Zusammenhang mit der sachkundigen Beratung des Kunden im Schadensfall, insbesondere dessen Unterstützung durch sachgerechte Schadensanzeigen, die noch der Haupttätigkeit des Versicherungsmaklers zugerechnet werden könnten (vgl. Dörner in Prölss/Martin aaO § 59 Rn. 52). Nach § 5 Abs. 1 RDG sind allein die für die Haupttätigkeit erforderlichen
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Rechtskenntnisse erheblich. Es ist deshalb ohne Bedeutung, welche Rechtskenntnisse für den Versicherungsmakler erforderlich sind, um im Rahmen einer nach § 5 Abs. 1 RDG zulässigen Nebenleistung bei der Schadensregulierung für Versicherungsnehmer tätig zu werden. (7) Unter Berücksichtigung des gesetzlichen Leitbilds des Versiche30 rungsmaklers und der mit einer Doppeltätigkeit verbundenen Gefahr von Inter- essenkonflikten stellt es auch im Hinblick auf das Grundrecht des Art. 12 GG, das grundsätzlich einer engen Auslegung des § 5 Abs. 1 RDG entgegensteht (vgl. BGH, GRUR 2012, 405 Rn. 24 - Kreditkontrolle), eine verfassungsrechtlich zulässige und insbesondere verhältnismäßige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit dar, Versicherungsmaklern zu verbieten, im Rahmen an Versicherungsnehmer vermittelter Haftpflichtversicherungen schadensregulierend für den Versicherer tätig zu werden (zu den insoweit geltenden Maßstäben vgl. BVerfGE 117, 163 Rn. 60 ff.).
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Annahme einer
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erlaubten Rechtsdienstleistung im Streitfall außerdem § 4 RDG entgegen (Henssler/Deckenbrock, DB 2014, 2151, 2155; Krenzler, BRAK-Mitt. 2015, 19, 21 f.; Römhild, VersVerm 2015, 142, 143; aA Werber, VersR 2015, 1321, 1327). Danach dürfen Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, nicht erbracht werden , wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird. Diese Regelung soll Interessenkollisionen vermeiden (Weth in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 4 RDG Rn. 1; MünchKomm.UWG/ Schaffert, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 93). Sie ist durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und deshalb sowohl mit Art. 56 AEUV als auch mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (Weth in Henssler/Prütting aaO § 4 RDG Rn. 3 bis 11; MünchKomm.UWG/Schaffert aaO § 4 Nr. 11 Rn. 94). aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die maßgebliche Rechts32 dienstleistung, also die Prüfung der Höhe des Schadensersatzanspruchs gegen den Versicherungsnehmer, entspreche sowohl dessen Interesse als auch demjenigen des Versicherers, so dass die Erfüllung der Leistungspflichten der Beklagten weder gegenüber dem Versicherungsnehmer noch gegenüber dem Versicherer gefährdet sei. bb) Mit dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht verkannt, dass sich
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der Versicherungsmakler in einen Interessenkonflikt begibt, wenn er vom Versicherer mit der Schadensregulierung beauftragt wird. Die Erfüllung dieser Rechtsdienstleistung gegenüber dem Versicherer verlangt, dass dieser eine möglichst niedrige Schadenssumme zahlt, während das vom Versicherungsmakler aufgrund seiner Haupttätigkeit zu wahrende Interesse des Versicherungsnehmers , etwa die Vermeidung eines Rechtsstreits oder einer weiteren Belastung der Kundenbeziehung mit dem Anspruchsteller, durchaus auf schnelle Zahlung einer deutlich höheren Schadenssumme gerichtet sein kann. Zudem gehört es zu den Pflichten des Versicherungsmaklers, dem Versicherungsnehmer gegebenenfalls wegen einer unbefriedigenden Schadensregulierung zu einem Wechsel des Versicherers (Umdeckung) zu raten, was dem Interesse des Versicherers entgegengesetzt ist. Die für den Versicherer erbrachte Rechtsdienstleistung der Schadensre34 gulierung hat damit unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung der dem Versicherungsmakler gegenüber dem Versicherungsnehmer obliegenden Pflicht, diesen ebenfalls bei der Schadensregulierung zu unterstützen. Aufgrund seiner Pflicht zur Interessenwahrung ist der Versicherungsmakler gegenüber dem Versicherungsnehmer verpflichtet, dessen Interessen auch bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung für den Versicherer zu berücksichtigen. Das kann die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gegenüber dem Versicherer gefährden, weil der Versicherungsmakler den Versicherer etwa dazu veranlassen kann, einen höheren als den gesetzlich geschuldeten Ersatzbetrag an den Geschädigten zu bezahlen. In dieser Konstellation ist der Tatbestand des § 4 RDG erfüllt (ebenso Krenzler, BRAK-Mitt. 2015, 2019, 2021 f.; Henssler/ Deckenbrock, DB 2014, 2151, 2155 f.; vgl. auch Dörner in Prölss/Martin aaO § 59 Rn. 68, 72, die eine Pflichtenkollision beim Versicherungsmakler annehmen , wenn er nach Abschluss des Versicherungsvertrags im Verhältnis zum Versicherer Verpflichtungen übernimmt, die über die mit der laufenden Betreuung des Versicherungsvertrags zusammenhängenden Zusammenarbeits- und Korrespondenzpflichten hinausgehen). cc) Soweit teilweise die Ansicht vertreten wird, der Versicherungsmakler
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sei am besten geeignet, Interessenkonflikte zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer zu lösen (Werber, VersR 2015, 1321,1327), wird übersehen, dass der Versicherungsmakler nach seinem typischen Tätigkeitsbild die Interessen des Versicherungsnehmers zu wahren, aber keine neutrale Mittlerfunktion im Verhältnis zwischen den Parteien des Versicherungsvertrags wahrzunehmen hat. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das wirtschaftliche Interesse des Versicherungsmaklers an der regelmäßigen, schadensregulierenden Tätigkeit für bestimmte Versicherer häufig erheblich größer sein wird, als sein wirtschaftliches Interesse im Hinblick auf seine Beziehung zu einem einzelnen schadensersatzpflichtigen oder geschädigten Versicherungskunden , dessen Versicherungsvertrag er zuvor gegen Provision vermittelt hat. Das erscheint auch im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen, in dem die Zurich-Versicherungsgruppe als Versicherer und ein Textilreinigungsbetrieb als Versicherungsnehmer beteiligt sind. Unter diesen Umständen hat der Versicherungsmakler einen Anreiz, die Interessen des Versicherungsnehmers, die wahrzunehmen seine Berufspflicht ist, nur zurückhaltend gegenüber dem Versicherer zu vertreten. Vor solchen Einflüssen soll § 4 RDG schützen. III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
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Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Unterlassungsantrag der Klägerin ist aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG und § 3 Abs. 1, § 3a UWG nF (§ 4 Nr. 11 UWG aF) in Verbindung mit § 3 RDG begründet. Die Beklagte erbringt mit der fraglichen Schadensregulierung eine gemäß § 3 RDG erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG ohne die erforderliche Erlaubnis. 1. Rechtsdienstleistung ist nach § 2 RDG jede Tätigkeit in konkreten
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fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.
a) Die Beklagte ist im Auftrag des zuständigen Versicherers und damit in
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fremden Angelegenheiten tätig geworden. Das Schreiben betrifft eine konkrete Angelegenheit, und zwar die Abwicklung eines bestimmten Schadensfalls, der bei dem versicherten Textilreinigungsunternehmen aufgetreten ist.
b) Die Beklagte hat die auf den Einzelfall bezogene rechtliche Auskunft
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erteilt, dass der Schadensersatzanspruch des Geschädigten aus dem konkreten Schadensfall 59,50 € beträgt. Diese Auskunft erforderte eine rechtliche Prüfung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG. aa) Der Bundesgerichtshof hat über die Frage, welche Anforderungen an
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die rechtliche Prüfung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG zu stellen sind, bislang nicht abschließend entschieden (BGH, GRUR 2011, 539 Rn. 28 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Das Bundessozialgericht hat angenommen, der Begriff der rechtlichen
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Prüfung verlange jedenfalls ein gewisses Maß an substantieller Prüfung, die über eine bloße Rechtsanwendung hinausgehe. Es hat die Anforderungen an den Begriff der rechtlichen Prüfung indes ebenfalls nicht abschließend bestimmt , sondern in dem von ihm entschiedenen Fall jede rechtliche Prüfung verneint, weil sich die dort beanstandete Tätigkeit eines Steuerberaters auf das Ausfüllen eines von der Behörde vorgefertigten Formulars, die Beifügung vorliegender Belege und eine Entbindung behandelnder Ärzte von ihrer Schweigepflicht beschränkte (BSG, Urteil vom 14. November 2013 - B9 SB 5/12 r, BSGE 115, 18 Rn. 31 ff.). Im Schrifttum ist die Auslegung des Begriffs der rechtlichen Prüfung in
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§ 2 Abs. 1 RDG umstritten. Nach einer Auffassung ist § 2 Abs. 1 RDG restriktiv auszulegen. Eine tatbestandsmäßige Rechtsdienstleistung sei daher nur bei einer besonderen, intensiven und substantiellen Prüfung der Rechtslage anzunehmen , die einen über eine schlichte Rechtsanwendung hinausgehenden juristischen Subsumtionsvorgang zum Gegenstand habe (Kleine-Cosack, RDG, 3. Aufl., § 2 Rn. 33; Werber, VersR 2015, 1321, 1323). Nach der Gegenauffassung soll an das Erfordernis rechtlicher Prüfung kein hoher Maßstab angelegt werden (Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Aufl., § 2 Rn. 38; Grunewald/Römer- mann, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2008, § 2 Rn. 29; Johnigk in Gaier/Wolf/ Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2010, § 2 RDG Rn. 33; Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz , 2009, § 2 Rn. 15). bb) Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RDG erfasst jede konkrete Subsumtion
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eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist unerheblich. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Gesetzgebungsgeschichte , Zweck und systematischer Einordnung des § 2 Abs. 1 RDG. (1) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, lässt der
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Wortlaut von § 2 Abs. 1 RDG keine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Tätigkeiten erkennen, die eine "besondere" rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern. Vielmehr erfasst der Wortlaut der Norm ausnahmslos alle Tätigkeiten in konkreten fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern, unabhängig davon, wie intensiv oder schwierig diese Prüfung ist. (2) Nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des
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Rechtsberatungsrechts erforderte eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG eine "besondere rechtliche Prüfung des Einzelfalls" (vgl. BTDrucks. 16/3655, S. 7). Demgegenüber hielt es der Bundesrat für angezeigt, den Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes auf alle Tätigkeiten auszudehnen, die ihrem Gehalt nach über eine einfache Rechtsauskunft hinausgehen. Er schlug deshalb vor, in § 2 Abs. 1 RDG das Wort "besondere" zu streichen (BT-Drucks. 16/3655, S. 103). Dieser Vorschlag wurde vom Rechtsausschuss des Bundestags in seine Beschlussempfehlung übernommen. Danach sollte durch die Streichung des Wortes "besondere" vermieden werden, dass an das Erfordernis der rechtlichen Prüfung zu hohe Maßstäbe angelegt werden. Damit werde klargestellt, dass die Norm nicht nur besonders schwierige oder umfassende rechtliche Prüfungen erfasse, sondern jede rechtliche Tätigkeit, die über die bloße Anwendung von Rechtsnormen auf einen Sachverhalt hinausgehe, ohne dass es einer besonderen Prüfungstiefe bedürfe. Um klar hervorzuheben, dass es in § 2 Abs. 1 RDG nur um die Abgrenzung von bloßer Rechtsanwendung zu juristischer Rechtsprüfung und nicht um die Unterscheidung von "einfachem" und "schwierigem" Rechtsrat geht, hielt der Rechtsausschuss die Streichung des Wortes "besondere" für geboten (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks. 16/6634, S. 51). Nach diesem in der Gesetzesfassung zum Ausdruck gekommenen Wil46 len des Gesetzgebers bleibt für eine Beschränkung des Tatbestands auf Fälle einer "besonderen" rechtlichen Prüfung kein Raum. (3) Dieses Auslegungsergebnis steht im Einklang mit dem Zweck des § 2
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RDG. Die Vorschrift bestimmt den materiellen Anwendungsbereich des Gesetzes. Je enger der Begriff der Rechtsdienstleistung gefasst wird, umso weiter erstreckt sich der Bereich der allgemeinen Dienstleistung, die von vornherein nicht den Beschränkungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes unterliegt (vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 16/3655, S. 103). In diesem Zusammenhang ist wesentlich, dass das Rechtsdienstleistungsgesetz einen weiten Bereich dessen, was nach dem zuvor geltenden, verfassungskonform eingeschränkten Recht schon nicht in den Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes fiel, erfassen und in den für zulässige Nebenleistungen geschaffenen Erlaubnistatbestand des § 5 Abs. 1 RDG überführen soll. Erst innerhalb dieses Erlaubnistatbestands soll unter Berücksichtigung der Schutzzwecke des Rechtsdienstleistungsgesetzes entschieden werden, ob eine Tätigkeit als Nebenleistung zulässig ist oder ob sie als darüber hinausgehende Leistung nicht oder nur durch oder in Zusammenarbeit mit einer Person erbracht werden darf, die diese Rechtsdienstleistung als Hauptleistung erbringen dürfte (Begründung des Regierungsentwurfs zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BTDrucks. 16/3655, S. 51 f.). Der danach mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz verfolgte Kontrollzweck kann nicht durch eine einengende Auslegung des Begriffs der Rechtsdienstleistung erreicht werden.
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(4) Systematisch verfolgt das Rechtsdienstleistungsgesetz gegenüber dem Rechtsberatungsgesetz ein neues Regelungskonzept. Einem erweiterten Anwendungsbereich steht eine gegenüber dem früheren Recht großzügigere Regelung für Nebenleistungen in § 5 Abs. 1 RDG gegenüber (vgl. Deckenbrock /Henssler aaO § 5 Rn. 3). Auch danach gibt es keinen Anlass, § 2 Abs. 1 RDG restriktiv auszulegen. cc) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte mit dem beanstandeten
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Schreiben eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 RDG erbracht. Das Schreiben stellt die konkrete Subsumtion eines Schadensfalls unter
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die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Haftpflichtrechts dar, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne rechtliche Prüfung hinausgeht. Das ergibt sich bereits daraus, dass der Schadensersatzanspruch des Kunden auf der Grundlage des von ihm angegebenen Anschaffungspreises unter Berücksichtigung eines konkret ermittelten Pauschalabzugs neu für alt berechnet wurde. Diese Berechnungsmethode ist den gesetzlichen Bestimmungen keineswegs unmittelbar zu entnehmen. Im Gegenteil stellte sie sogar eine unzutreffende Auslegung der § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB dar. Danach orientieren sich Ersatzbeschaffung und Geldentschädigung am Wiederbeschaffungswert , also grundsätzlich am Preis für die Ersatzbeschaffung, wobei gegebenenfalls ein Abzug "neu für alt" zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1984 - VI ZR 262/82, BGHZ 92, 85, 87; Urteil vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364, 367 f.; konkret zu Haftungsbegrenzungen in Textilreinigungsverträgen BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - VII ZR 249/12, BGHZ 198, 23 Rn. 18). Auch die Stellungnahme zu einem Anspruch des Geschädigten auf Rückerstattung der Reinigungskosten erfordert substantielle rechtliche Überlegungen, die über eine bloß schematische Rechtsanwendung hinausgehen. Dasselbe gilt für die Frage, inwieweit Kosten für Abholversuche oder Telefonate im Zusammenhang mit Reinigungsreklamationen ersatzpflichtig sind.
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Demgegenüber ist unerheblich, ob das Schreiben der Beklagten einen typischen Fall der Beschädigung oder des Abhandenkommens von Textilien in einer Reinigung betrifft oder ob es sich um ein standardisiertes, massenhaft verwendetes und aus einer geringfügigen Anpassung vorhandener Textbausteine zusammengesetztes Schreiben handelt (vgl. Werber, VersR 2015, 1321, 1327). Diese Umstände, die nicht selten auch bei anwaltlicher Tätigkeit vorliegen können, führen zwar dazu, dass die rechtliche Prüfung des Einzelfalls einfach erscheinen mag. Die rechtliche Prüfung des Einzelfalls wird aber nicht dadurch überflüssig, dass ein Musterschreiben für einen konkreten Fall angepasst wird. 2. Da keiner der Tatbestände eingreift, bei denen die Erbringung der
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Rechtsdienstleistung erlaubt ist, hat die Beklagte mit der Schadensregulierung gegen § 3 RDG verstoßen.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff Koch Feddersen
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 17.10.2013 - 14 O 44/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 11.04.2014 - 6 U 187/13 -
BESCHLUSS
I ZR 107/14
vom
12. September 2016
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2016:120916BIZR107.14.0
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen
beschlossen:
Das Urteil vom 14. Januar 2016 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit
gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt:
In Rn. 17, Zeile 10, muss es statt "§ 98 HGB" heißen "§ 93 HGB".

Büscher Schaffert Kirchhoff
Koch Feddersen
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 17.10.2013 - 14 O 44/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 11.04.2014 - 6 U 187/13 -


ECLI:DE:BGH:2016:120916BIZR107.14.0

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 des Gerichtskostengesetzes. Er wird von Amts wegen festgesetzt.

(2) In Verfahren, die Klagen auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder deren Rücknahme oder Widerruf betreffen, ist ein Streitwert von 50 000 Euro anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(3) Die Festsetzung ist unanfechtbar; § 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.