Amtsgericht München Endurteil, 27. Juni 2017 - 461 C 9942/17

published on 27/06/2017 00:00
Amtsgericht München Endurteil, 27. Juni 2017 - 461 C 9942/17
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Tenor

1. Die am 22.05.2017 erlassene einstweilige Verfügung wird bestätigt.

2. Die Verfügungsbeklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung wird zurückgewiesen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.926,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Wohnungsmieter im Wege der einstweiligen Verfügung die Wiedereinräumung des Besitzes von der Beklagten.

Mit Mietvertrag vom 05.12.2016 mietete der Kläger von der Beklagten die streitgegenständliche Wohnung in der ... in München.

Der Mietvertrag enthält in Nummer 2.1 eine Befristung bis zum 01.03.2017.

Zum näheren Inhalt des Mietvertrages wird auf die Anlage A1 Bezug genommen (Bl. 5).

Mit Schreien vom 14.03.2017 wies die Beklagte den Kläger daraufhin, dass aus ihrer Sicht das Mietverhältnis abgelaufen sei.

Am 17.05.2017 mittags verließ der Kläger die Wohnung. Als er am selben Tag gegen 16.00 Uhr zurückkehrte, hatte die Beklagte das Schloß ausgewechselt.

Der Kläger wandte sich daraufhin an die Polizei. Der Beamte der PI 42 vereinbarte telefonisch mit dem Geschäftsführer der Beklagten, dass gegen 19.00 Uhr Mitarbeiter der Beklagten vor Ort sein und dem Kläger Zutritt zur Wohnung gewähren würden.

Gegen 19.00 Uhr verweigerten Mitarbeiterin der Beklagte dem Kläger den Zutritt. Die Mitarbeiter waren nur bereit, einer dritten Person Zugang zu gewähren, damit diese die nötigsten Dinge des Klägers aus der Wohnung hole. Dies lehnte der Kläger ab.

In der Nacht am 18.05.2017 zwischen 1 Uhr und 2 Uhr brach der Kläger in die Wohnung ein, indem er die Fensterscheibe einschlug und so die Terrassentür öffnete.

Am 18.05.2017 gegen 11.30 Uhr verschafften sie Mitarbeiter der Beklagten gegen den Willen des Klägers Zugang zur Wohnung und räumten die Sachen des Klägers aus der Wohnung.

Der Kläger beantragte am 22.05.2017 eine einstweilige Verfügung. Diese wurde mit Beschluss vom 22.05.2017 mit folgendem Inhalt erlassen (Bl. 7):

  • 1.Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller den Besitz an der Wohnung ..., Erdgeschoss, Wohnung Nummer ..., in 80339 München, wieder einzuräumen und den ursprünglichen Zustand inklusive der zuvor vorhandenen Möbel wieder herzustellen.

  • 2.Der Antragssteller ist berechtigt, sich durch einen Gerichtsvollzieher in den Besitz einweisen zu lassen.

  • 3.Die Antragsgegnerin hat es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 € (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten) zu unterlassen, den Antragsteller am Besitz der in der Ziffer 1 näher bezeichneten Räumlichkeiten zu stören, insbesondere durch Behinderung des Zutritts zu diesen Räumlichkeiten

Die Verfügung wurde der Beklagten am 24.05.2017 zugestellt.

Der Widerspruch der Beklagten ging am 30.05.2017 ein.

Mit Schreiben vom 26.05.2017 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Kündigung ist mit Zahlungsverzug und mit dem Besitz kinderpornografischen Materials begründet. Zum näheren Inhalt des Schreibens wird auf die Anlage AG3 Bezug genommen (Bl. 37).

Der Kläger hat beantragt:

die einstweilige Verfügung aufrecht zu erhalten.

hilfsweise:

  • 1.Die Antragsgegnerpartei hat der Antragstellerpartei den Besitz an ..., Wohnung Nr. ... in ... München, wieder einzuräumen und den ursprünglichen Zustand inkl. den zuvor vorhandenen Mobiliar wieder herzustellen.

  • 2.Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, den Antragsteller am Besitz der oben im Antrag näher bezeichneten Räumlichkeiten zu stören, insbesondere durch Behinderung des Zutritts zu diesen Räumlichkeiten.

Die Beklagte hat beantragt:

Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts München vom 22.05.2015, Az. 461 C 99421/17, wird aufgehoben.

Die Vollstreckung aus der einstweiligen Verfügung wird mit sofortiger Wirkung ohne - notfalls gegen - Sicherheitsleistung eingestellt.

Die Antragstellung sei rechtsmißbräuchlich erfolgt. Zudem sei die Befolgung der einstweiligen Verfügung infolge zwischenzeitlicher Weitervermietung unmöglich.

Seit dem Ende des Mietverhältnisses durch Befristung am 01.03.2017 seien keinerlei Zahlungen mehr eingegangen. Der Kläger könne sich die Wohnung nicht leisten. Es sei daher rechtsmißbräuchlich, sich im Wege der einstweiligen Verfügung wieder in den Besitz der Wohnung bringen zu wollen.

Die Beklagte habe nach Erlass der einstweiligen Verfügung festgestellt, dass der Kläger im Besitze kinderpornographischen Materials gewesen sei. Es sei der Beklagten daher unzumutbar, dem Kläger wieder den Besitz einzuräumen.

Die vorzunehmende Abwägung ergebe daher, dass die Verfügung aufzuheben sei.

Die streitgegenständliche Wohnung sei am 21.05.2017 an die gutgläubige Firma Hidromonr Indudstrijska d.o.o. vermietet worden, die dort Mitarbeiter für ein ortsnahes Bauvorhaben unterbringe.

Der Kläger besitze zudem fehlerhaft, weil er sich den Besitz an der Wohnung durch Einbruch wiederverschafft habe.

Zum näheren Inhalt des Vorbringens und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der Verhandlung vom 13.06.2017 (Bl. 65) verwiesen.

Am 21.06.2017 ging ein nachgelassener Schriftsatz der Beklagtenpartei ein.

Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Gründe

Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif. Der nachgelassene Schriftsatz der Beklagtenpartei wurde berücksichtigt. Anlass zur Wiedereröffnung bot der Schriftsatz nicht, § 156 ZPO.

Die einstweilige Verfügung war aufrechtzuerhalten, da Anordungsanspruch und Anordnungsgrund bestehen.

A. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Gericht als Gericht der Hauptsache zuständig, § 937 Abs. 1 ZPO, da das Amtsgericht München in der Hauptsache sachlich und örtlich zuständig wäre, weil die Streitigkeit einem Mietverhältnis über eine in München gelegene Wohnung entspringt, §§ 29 a Abs. 1 ZPO, 23 Nr. 2 a GVG.

Die örtliche Zuständigkeit ergäbe sich zudem aus §§ 12, 17, 32 ZPO, da die Beklagte ihren Sitz im Bezirk des Amtsgerichts München hat und dort auch die unerlaubte Handlung begangen wurde.

B. Die Klage ist auch begründet.

I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes gemäß § 861 Abs. 1 ZPO.

1. Gemäß § 861 Abs. 1 BGB kann der Besitzer, wenn ihm der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen wird, die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt. Gemäß § 858 BGB handelt, wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich und, damit in verbotener Eigenmacht.

Unstrittig hatte hier der Kläger am 17.05.2017 mittags und am 18.05.2017 um 11.30 Uhr unmittelbaren Besitz an der Wohnung, der ihm gegen seinen Willen durch die Beklagte entzogen wurde.

Eine gesetzliche Gestattung der Entziehung ist nicht erkennbar.

2. Der Anspruch ist auch nicht gemäß § 861 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.

Gemäß § 861 Abs. 2 BGB ist der Anspruch nach § 861 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.

Der Kläger besaß hier trotz seines Einbruchs in den frühen Morgenstunden gegenüber der Beklagten nicht fehlerhaft.

Denn gemäß § 859 Abs. 3 BGB darf sich der Besitzer eines Grundstücks, wenn ihm der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Täters wieder bemächtigen.

Sofort bedeutet nicht unverzüglich, also nicht ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern so schnell wie nach objektiven Maßstäben notwendig (Herrler/Palandt, BGB, 76. Auflage, 2017, § 859 Rn. 4). Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Es kann genügen, wenn der Mieter einen Tag, nachdem der Vermieter die Wohnung geschlossen hat, gewaltsam in die Wohnung eindringt (vgl. Gutzeit/Staudinger, BGB 2012, § 859 Rn. 20; Joost/Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 859 Rn. 14).

Danach handelte der Kläger hier sofort, nämlich praktisch innerhalb von 12 Stunden. Er musste sich um 19 Uhr nicht auf eine körperliche Auseinandersetzung mit den Mitarbeitern der Beklagten einlassen, sondern durfte noch ein paar Stunden warten, um sich in der Nacht wieder in den Besitz seiner Wohnung zu setzen.

3. Die Beklagte kann sich nicht auf petitorische Einwendungen berufen, insbesondere nicht auf ein etwaiges Recht zum Besitz gemäß § 546 Abs. 1 BGB, so dass dahinstehen kann, ob das Mietverhältnis durch Fristablauf oder durch Kündigung beendet ist.

Denn gemäß § 863 BGB kann ein Recht zum Besitz gegenüber den in den §§ 861, 862 bestimmten Ansprüchen nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, dass die Entziehung oder die Störung des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sei. Ansonsten würde der Besitzschutz leerlaufen und Gläubiger könnten im Wege der Privatvollstreckung auch ohne Titel sich selbst zu ihrem Recht verhelfen.

Auch nach § 864 Abs. 2 BGB ist der Anspruch des Klägers auf Wiedereinräumung des Besitzes nicht erloschen. Nach dieser Vorschrift tritt das Erlöschen des Anspruchs auf Wiedereinsetzung des Besitzes auch dann ein, wenn nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Täter ein Recht an der Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung eines seiner Handlungsweise entsprechenden Besitzstands verlangen kann.

Ansprüche der Beklagten nach § 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der Wohnung stehen vorliegend nicht rechtskräftig fest. Eine erweiternde oder analoge Anwendung des § 864 Abs. 2 BGB (zu solchen Fällen vgl. etwa BGH vom 09.11.1998, II ZR 144/97, NJW 1999, 425; KG vom 03.05.1999, 25 U 1675/99) kommt nach Auffassung des Gerichtes im Bereich des Wohnungsmietrechtes nicht in Betracht. Denn der Vermieter kann den Mieterschutz der §§ 573 ff. BGB nicht dadurch aushebeln, dass er den Mieter mit Gewalt der Wohnung entsetzt. Dies hat der Gesetzgeber durch § 940 a Abs. 1 ZPO zum Ausdruck gebracht. Wenn die Beklagte nicht einmal die Räumung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen kann, kann sie ein nicht rechtskräftig festgestelltes Recht zum Besitz auch nicht der Besitzschutzklage des Mieters entgegenhalten.

Es kann daher auch dahinstehen, ob der Kläger sich wegen Besitzes kinderpornographischen Materials strafbar gemacht hat und die darauf gestützte Kündigung der Beklagtenpartei das Mietverhältnis beendet hat, da aufgrund des Materials eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben nicht erkennbar ist.

4. Die Wiedereinräumung des Besitzes ist der Beklagte auch nicht unmöglich.

Ein Fall des § 275 Abs. 1 BGB liegt nicht vor, da nicht erkennbar ist, dass der Beklagten die Wiedereinräumung des Besitzes unmöglich ist.

Auch ein Fall des § 275 Abs. 2 BGB liegt nicht vor.

Es fehlt insoweit an substantiiertem Vortrag der Beklagtenpartei. Aus dem Vortrag der Beklagtenpartei ergibt sich nur, sie hätte die Wohnung an eine juristische Person weitervermietet. Dieser Mietvertrag ist damit ohne Kündigungsschutz kündbar. Die Beklagtenpartei hat nichts dazu vorgetragen, welche Verhandlungen sie mit dem Nachmieter geführt hat, damit sie, gegebenenfalls gegen eine Abstandszahlung wieder in den Besitz der Wohnung gelangen kann. Denn gemäß § 275 Abs. 2 S. 2 BGB und S. 1 BGB wären von der Beklagten ganz erhebliche Anstrengungen zu erwarten, da sie vorsätzlich und in krasser Weise offensichtlich rechtswidrig gehandelt hat. Gerade auf einem Wohnungsmarkt, der wie der in München derart angespannt ist, kann ein Verhalten wie das der Beklagten schlicht nicht geduldet werden.

II. Es besteht auch ein Anordnungsgrund, da die Beklagte in verbotener Eigenmacht gehandelt hat und es um die Wohnung des Klägers geht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer Abwägung, da es vorliegend um die Wohnung des Klägers geht.

Die von der Beklagtenpartei zitierte Entscheidung des Kammergerichts vom 03.05.1999, betrifft die Frage der Unterbrechung von Stromzufuhr für einen Imbiss im Gewerbemietverhältnis.

Aus dem Mieterschutzrecht, insbesondere aus § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, 574 BGB und § 940 a Abs. 1 ZPO ergibt sich für das Gericht, dass die Rechtsordnung die kalte Räumung eines Wohnungsmieters, dessen Vermieter das Mietverhältnis für beendet hält, generell mißbilligt und verhindern will. Ganz besondere Umstände, die hier ausnahmsweise das die Klage des Mieters rechtsmißbräuchlich erscheinen lassen, liegen nicht vor.

Für den Zahlungsverzug des Klägers ist dies offensichtlich. Es handelt sich um einen ganz normalen Fall des Zahlungsverzuges, für den das Gesetz in den §§ 283 a, 940 a Abs. 3 ZPO durchaus eine Sicherungsmöglichkeit für den Vermieter geregelt hat, von diesem aber die Einleitung einer Räumungsklage im ordentlichen Verfahren verlangt.

Auch aus dem Vorwurf des Besitzes kinderpornographischen Materials ergibt sich hier noch nichts, der insoweit unterstellt werden kann. Die Beklagte verübte verbotene Eigenmacht, bevor sie von diesem Besitz Kenntnis hatte. Das Material besteht, mit einer Ausnahme, aus Zeichnungen oder Comics. Aus ihm, auch aus dem einen Foto eines leicht bekleideten Kindes in einer Landschaft, ergibt sich nicht, dass von dem Kläger eine konkrete Gefahr für Kinder in der Wohnanlage der Beklagten ausgeht, vgl. § 940 a Abs. 1 ZPO. Im übrigen sind nach Vortrag der Beklagten die zuständigen Behörden der Gefahrenabwehr, in deren Zuständigkeit auch Gefährderansprachen fallen würden, bereits informiert. Die Frage der Wirksamkeit der Kündigung, die hier nicht von Bedeutung ist, hätte die Klägerin im ordentlichen Verfahren der Räumungsklage zu klären.

III. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 862 Abs. 1 S. 2 BGB.

C. Den Streitwert setzt das Gericht in Anlehnung an § 41 Abs. 1, 2 GKG gemäß §§ 3 ZPO, 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG wegen des einstweiligen Charakters auf die Höhe dreier Monatsmieten fest.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

E. Die Entscheidung ist kraft Gesetzes vorläufig vollstreckbar, ein dahingehender Ausspruch hatte zu unterbleiben. Der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung war zurückzuweisen, da der Widerspruch keine Aussicht auf Erfolg hatte und Wohnraum des Klägers betroffen ist.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Annotations

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Für den Erlass einstweiliger Verfügungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig.

(2) Die Entscheidung kann in dringenden Fällen sowie dann, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.

(1) Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).

(2) Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muss der Nachfolger im Besitz gegen sich gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerb kennt.

(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.

(1) Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren.

(2) Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder abnehmen.

(3) Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Täters wieder bemächtigen.

(4) Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher nach § 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muss.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren.

(2) Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder abnehmen.

(3) Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Täters wieder bemächtigen.

(4) Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher nach § 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muss.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

Gegenüber den in den §§ 861, 862 bestimmten Ansprüchen kann ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, dass die Entziehung oder die Störung des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sei.

(1) Ein nach den §§ 861, 862 begründeter Anspruch erlischt mit dem Ablauf eines Jahres nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht, wenn nicht vorher der Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht wird.

(2) Das Erlöschen tritt auch dann ein, wenn nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Täter ein Recht an der Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung eines seiner Handlungsweise entsprechenden Besitzstands verlangen kann.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

(1) Ein nach den §§ 861, 862 begründeter Anspruch erlischt mit dem Ablauf eines Jahres nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht, wenn nicht vorher der Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht wird.

(2) Das Erlöschen tritt auch dann ein, wenn nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Täter ein Recht an der Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung eines seiner Handlungsweise entsprechenden Besitzstands verlangen kann.

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(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Gefahr bringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder darauf verzichtet hat, die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte geltend zu machen.

(2) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt ferner vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2a) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Absatz 1 liegt ferner vor, wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 in Höhe eines Betrages im Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten sind bei der Berechnung der Monatsmiete nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen. Einer Abhilfefrist oder einer Abmahnung nach § 543 Absatz 3 Satz 1 bedarf es nicht. Absatz 3 Nummer 2 Satz 1 sowie § 543 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:

1.
Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Dies gilt nicht, wenn der Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist.
2.
Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist.
3.
Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 bis 560 verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind.

(4) Der zur Kündigung führende wichtige Grund ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben.

(5) Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 1 bis 3 dieser Vorschrift oder von § 543 abweicht, ist unwirksam. Ferner ist eine Vereinbarung unwirksam, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, aus anderen als den im Gesetz zugelassenen Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen.

(1) Die Ersitzung wird durch den Verlust des Eigenbesitzes unterbrochen.

(2) Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Eigenbesitzer den Eigenbesitz ohne seinen Willen verloren und ihn binnen Jahresfrist oder mittels einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage wiedererlangt hat.

(1) Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht im Besitz gestört, so kann er von dem Störer die Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere Störungen zu besorgen, so kann der Besitzer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer dem Störer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft besitzt und der Besitz in dem letzten Jahre vor der Störung erlangt worden ist.

(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.

(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.

(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.

(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.