Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt Urteil, 23. Okt. 2013 - 15 C 531/10
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils vollstreckbaren Betrages leisten.
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Die Kläger sind Eigentümer des Hausgrundstücks E Straße 37, 00000 N. Die Beklagte zu 2 ist ein Wasserversorgungsunternehmen. Die Beklagte zu 1 ist eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2, welche das Vertragsmanagement für die Beklagte zu 2 ausübt. Auf dem Hausgrundstück der Kläger wurde 1981 ein Einfamilienhaus ohne Druckspülung oder Schwimmbad errichtet. Die Kläger erwarben das Hausgrundstück im Jahr 1992 und bezogen es im Jahr 1993. Die Beklagte zu 2 belieferte die Kläger mit Frischwasser und entsorgte das Abwasser. Zum Zeitpunkt des Erwerbs des Hauses waren durch die Beklagte zu 2 zur Verbrauchsmessung Wasserzähler des Typs Qn 6 eingebaut.
2Mit Schreiben vom 19. Oktober 2009 schrieb die Beklagte zu 1 an andere Eigentümer aus N, dass „nach Überprüfung des von Ihnen eingereichten Inbetriebsetzungsantrags bereits nach der DIN 1988 ein QN 2,5 Wasserzähler ausreichend ist“. Das Haus der Kläger ist mit dem Haus der von der Beklagten angeschriebenen Eigentümer vergleichbar. Bezüglich des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf den Akteninhalt (Bl. 218 f. der Akte) verwiesen.
3Die Kläger machen gegen die Beklagte zu 2 die Differenz zwischen der Grundgebühr eines Qn 6-Zählers und eines Qn-2,5 Zählers geltend. Für die Abrechnungszeiträume vom 1.04.1999 bis zum 31.03.2000, 01.04.2000 bis zum 31.03.2001, 01.04.2001 bis zum 31.03.2002 und 01.04.2002 bis zum 31.03.2003 betrug die Grundgebühr für einen Zähler des Typs Qn 2,5 monatlich 5,11 EUR netto. Für den Zähler des Typs Qn 6 betrug die monatliche Grundgebühr in diesen Abrechnungszeiträumen 7,41 EUR netto. Die monatliche Differenz zwischen den Zählergrundgebühren 2,30 EUR zzgl. 7 % Mehrwertsteuer i.H.v. 0,16 EUR. In den Abrechnungszeiträumen vom 1.04.2003 bis zum 31.01.2004, 1.02.2004 bis 31.01.2005, 1.02.2005 bis 31.07.2006 betrug die monatliche Grundgebühr für einen Zähler des Typs Qn 2,5 5,51 EUR netto und für den Zählertyp Qn 6 8,04 EUR netto. Es bestand eine Differenz zwischen den Grundgebühren von 2,53 EUR zzgl. 7 % Mehrwertsteuer i.H.v. 0,18 EUR. In den Abrechnungszeiträumen 1.08.2006 bis 31.07.2007, 01.08.2007 bis 31.07.2008 und 1.08.2008 bis 31.07.2009 bestand eine monatliche Grundgebühr für den Zähler Qn 2,5 i.H.v. 5,98 EUR netto und für den Zähler Qn 6 eine Grundgebühr von 8,69 EUR netto. Es bestand eine Differenz zwischen den monatlichen Zählergrundgebühren i.H.v. 2,71 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer i.H.v. 7 % von 0,19 EUR.
4Die Kläger machen folgende Grundgebührendifferenzen geltend:
501.01.2000 bis zum 31.03.2003 95,95 Euro
601.04.2003 bis zum 31.01.2006 97,56 Euro
701.02.2006 bis zum 31.07.2006 16,26 Euro
801.08.2006 bis zum 31.07.2009 104,40 Euro
901.08.2009 bis zum 30.010.2009 8,70 Euro
10Gesamt: 322,86 Euro
11Die Beklagte zu 2 stellte den Klägern folgenden Wasserverbrauch in den Jahren 1999 bis 2009 in Rechnung:
12Wasser:
1301.01.2000- 31.03.2000 50 m³ Rechnungsbetrag 83,97 EUR
1401.04.2000 – 14.06.2000 41 m³ Rechnungsbetrag 59,44 EUR
1515.06.2000- 12.06.2001 196 m³ Rechnungsbetrag 284,15 EUR
1613.06.2001- 10.06.2002 228 m³ Rechnungsbetrag 329,35 EUR
1712.06.2002 – 31.03.2003 175 m³ Rechnungsbetrag 252,79 EUR
1801.04.2003 – 28.05.2003 35 m³ Rechnungsbetrag 54,30 EUR
1929.05.2003 – 31.01.2004 162 m³ Rechnungsbetrag 251,36 EUR
2001.02.2004 – 15.06.2004 90 m³ Rechnungsbetrag 143,49 EUR
2116.06.2004 – 15.06.2005 227 m³ Rechnungsbetrag 361,91 EUR
2216.06.2005 – 08.06.2006 228 m³ Rechnungsbetrag 363,50 EUR
2309.06.2006 – 31.07.2006 36 m³ Rechnungsbetrag 57,39 EUR
2401.08.2006 – 18.06.2007 220 m³ Rechnungsbetrag 369,58 EUR
2519.06.2007 – 11.06.2008 214 m³ Rechnungsbetrag 359,50 EUR
2612.06.2008 – 10.06.2009 240 m³ Rechnungsbetrag 403,18 EUR
2711.06.2009 – 28.04.2010 197 m³ Rechnungsbetrag 330,94 EUR
28Abwasser:
2901.01.2000 – 14.06.2000 91 m³ Rechnungsbetrag 154,94 EUR
3015.06.2000- 31.12.2000 108 m³ Rechnungsbetrag 183,88 EUR
3101.01.2001 – 12.06.2001 88 m³ Rechnungsbetrag 151,63 EUR
3213.06.2001- 31.12.2001 123 m³ Rechnungsbetrag 211,94 EUR
3301.01.2002 – 11.06.2002 100 m³ Rechnungsbetrag 179,00 EUR
3412.06.2002 – 31.12.2002 109 m³ Rechnungsbetrag 195,11 EUR
3501.01.2003 – 28.05.2003 80 m³ Rechnungsbetrag 150,40 EUR
3629.05.2003 – 31.12.2003 122 m³ Rechnungsbetrag 229,36 EUR
3701.01.2004 – 15.06.2004 94 m³ Rechnungsbetrag 193,64 EUR
3816.06.2004 – 31.12.2004 113 m³ Rechnungsbetrag 232,78 EUR
3901.01.2005 – 15.06.2005 94 m³ Rechnungsbetrag 232,18 EUR
4016.06.2005 – 31.12.2005 119 m³ Rechnungsbetrag 293,53 EUR
4101.01.2006 – 08.06.2006 95 m³ Rechnungsbetrag 247,95 EUR
4209.06.2006 – 31.12.2006 121 m³ Rechnungsbetrag 315,81 EUR
4301.01.2007 – 18.06.2007 99 m³ Rechnungsbetrag 287,10 EUR
4419.06.2007 – 31.12.2007 103 m³ Rechnungsbetrag 298,70 EUR
4501.01.2008 – 11.06.2008 98 m³ Rechnungsbetrag 282,24 EUR
4619.06.2008 – 31.12.2008 126 m³ Rechnungsbetrag 362,88 EUR
4701.01.2009 – 10.06.2009 108 m³ Rechnungsbetrag 327,24 EUR
4811.06.2009 – 31.12.2009 120 m³ Rechnungsbetrag 363,60 EUR
4901.01.2010 – 28.04.2010 77 m³ Rechnungsbetrag 237,16 EUR
50Die Kläger forderten die Beklagte zu 1 auf, die zuviel gezahlten Grundgebühren ab dem Jahr 1999 zurückzuzahlen. Dies lehnte die Beklagte zu 1 ab. Mit Schreiben vom 15.12.2010 forderten die Prozessbevollmächtigten der Kläger die Beklagte zu 1 zur Zahlung von insgesamt 700,00 Euro auf.
51Am 29.04.2010 tauschte die Beklagte zu 2 den Qn 6 Wasserzähler gegen einen Zähler der Baugröße Qn 2,5 aus.
52Die Kläger behaupten, der verwendete Zähler des Typs Qn 6 sei überdimensioniert. Es wäre bei dem vorliegenden Gebäude der Kläger auch ein Zähler des Typs Qn 2,5 ausreichend gewesen und dies bereits bei Errichtung des Gebäudes im Jahr 1981. Der Wasserzähler sei turnusmäßige am 10.06.1996, 17.01.2002 und 19.06.2007 ausgetauscht worden. Der überdimensionierte Zähler Qn 6 messe fünf Prozent mehr ab, als tatsächlich durchgeflossen und verbraucht worden sei. Der Qn 6 Zähler messe bei einem tatsächlichen Wasserdurchfluss von 100m³ eine Menge von 105,00 m³. Die Kläger behaupten, dass sie in den folgenden Abrechnungszeiträumen lediglich folgenden Wasserverbrauch gehabt hätten:
53Wasser:
5401.01.2000- 31.03.2000 47,50 m³ Zuvielzahlung 20,43 EUR
5501.04.2000 – 14.06.2000 38,95 m³ Zuvielzahlung 2,76 EUR
5615.06.2000- 12.06.2001 186,20 m³ Zuvielzahlung 14,20 EUR
5713.06.2001- 10.06.2002 216,60m³ Zuvielzahlung 16,47 EUR
5812.06.2002 – 31.03.2003 166,25 m³ Zuvielzahlung 12,64 EUR
5901.04.2003 – 28.05.2003 33,25 m³ Zuvielzahlung 2,72 EUR
6029.05.2003 – 31.01.2004 153,90 m³ Zuvielzahlung 12,57 EUR
6101.02.2004 – 15.06.2004 85,50 m³ Zuvielzahlung 7,17 EUR
6216.06.2004 – 15.06.2005 215,65 m³ Zuvielzahlung 18,10 EUR
6316.06.2005 – 08.06.2006 216,60 m³ Zuvielzahlung 18,18 EUR
6409.06.2006 – 31.07.2006 34,20 m³ Zuvielzahlung 2,86 EUR
6501.08.2006 – 31.05.2007 209 m³ Zuvielzahlung 18,48 EUR
6619.06.2007 – 28.05.2008 203,30 m³ Zuvielzahlung 17,98 EUR
6712.06.2008 – 10.06.2009 228 m³ Zuvielzahlung 20,16 EUR
6811.06.2009 – 28.04.2010 187,15 m³ Zuvielzahlung 16,54 EUR
69Abwasser:
7001.01.2000 – 14.06.2000 86,45 m³ Zuvielzahlung 7,75 EUR
7115.06.2000- 31.12.2000 102,60 m³ Zuvielzahlung 9,19 EUR
7201.01.2001 – 12.06.2001 83,60 m³ Zuvielzahlung 7,58 EUR
7313.06.2001- 31.12.2001 116,85 m³ Zuvielzahlung 10,61 EUR
7401.01.2002 – 11.06.2002 95,00 m³ Zuvielzahlung 8,95 EUR
7512.06.2002 – 31.12.2002 103,55 m³ Zuvielzahlung 9,76 EUR
7601.01.2003 – 28.05.2003 76,00 m³ Zuvielzahlung 7,52 EUR
7729.05.2003 – 31.12.2003 115,90 m³ Zuvielzahlung 11,47 EUR
7801.01.2004 – 15.06.2004 89,30 m³ Zuvielzahlung 9,68 EUR
7916.06.2004 – 31.12.2004 107,35 m³ Zuvielzahlung 24,00 EUR
8001.01.2005 – 15.06.2005 89,30 m³ Zuvielzahlung 11,61 EUR
8116.06.2005 – 31.12.2005 113,05 m³ Zuvielzahlung 14,30 EUR
8201.01.2006 – 08.06.2006 90,25 m³ Zuvielzahlung 12,40 EUR
8309.06.2006 – 31.12.2006 114,95 m³ Zuvielzahlung 15,79 EUR
8401.01.2007 – 18.06.2007 94,05 m³ Zuvielzahlung 14,35 EUR
8501.06.2007 – 31.12.2007 97,85 m³ Zuvielzahlung 14,93 EUR
8601.01.2008 – 29.05.2008 93,10 m³ Zuvielzahlung 14,11 EUR
8729.05.2008 – 31.12.2008 119,70 m³ Zuvielzahlung 18,14 EUR
8801.01.2009 – 22.04.2009 102,60 m³ Zuvielzahlung 16,36 EUR
8911.06.2009 – 31.12.2009 114 m³ Zuvielzahlung 18,18 EUR
9001.01.2010 – 28.04.2010 73,15 m³ Zuvielzahlung 11,86 EUR
91Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagten zu 2 habe durch den Einsatz eines überdimensionierten Zählers ihre Pflichten verletzt. Sie ist weiter der Ansicht, dass die Beklagte zu 2 eingeräumt habe, dass bereits nach der DIN 1988 ein Wasserzähler des Typs Qn 2,5 ausreichend gewesen sei. Spätestens ab dem Jahr 2004 mit der Veröffentlichung des Arbeitsblattes W 406 habe für die Beklagten Veranlassung bestanden, ihre Zählerauswahl zu überdenken.
92Die Kläger haben zunächst beantragt,
931. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an die Kläger 794,07 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Jahre Basiszinssatz ab Klageerhebung zu zahlen;
942. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an die Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 120,67 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung zu zahlen.
95Mit Schriftsatz vom 25.03.2011, bei Gericht eingegangen am 31.03.2011, haben die Kläger der Beklagten zu 2 den Streit verkündet. Die Streitverkündungsschrift ist der Beklagten zu 2 am 13.04.2011 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 18.05.2011 haben die Kläger die Klage gegen die Beklagten zu 2 erweitert und die Klage gegen die Beklagte zu 1 zurückgenommen.
96Sie beantragt nunmehr,
971. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an die Kläger 794,07 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Jahre Basiszinssatz ab Klageerhebung zu zahlen;
982. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 120,67 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung zu zahlen.
99Die Beklagte zu 2 beantragt,
100die Klage abzuweisen.
101Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Der Wasserzähler sei turnusmäßig am 12.06.2002 und 22.07.2008 ausgetauscht worden. Die Beklagten sind der Ansicht, dass sie ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt haben.
102Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
103Das Gericht hat mit Beschlüssen vom 05.12.2011 (Bl. 283 d.A.) und 29.11.2012 (Bl. 373 f. d.A.) Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen X vom 23.01.2013 (Bl. 382 f. d.A.) und die Sitzungsniederschrift vom 11.09.2013 (Bl. 436a ff. d.A.) verwiesen.
104Entscheidungsgründe
105Die zulässige Klage ist nicht begründet.
106I.
107Die Kläger haben gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückzahlung des begehrten Betrages in Höhe von 794,07 Euro, insbesondere nicht aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 und 2 BGB.
108Die Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung von Grundgebühren in Höhe von 322,86 Euro aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 und 2 BGB. Den Klägern gelingt es nicht nachzuweisen, dass die Beklagte ihr Ermessen bei Einbau des Wasserzählers Qn 6 im Jahre 1981 und bei den turnusmäßigen Austauschen in den Jahren 1996, 2002 und 2007 schuldhaft fehlerhaft ausgeübt hat. Die von der Beklagten getroffene Auswahl in den Jahren 1996, 2002 und 2007 des verwendeten Wasserzählers der Dimensionierung Qn 6 ist ermessensfehlerfrei im Rahmen des von der Beklagten nach Billigkeitsmaßstäben auszuübenden Leistungsbestimmungsrechts gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 und 4 AVBWasserV. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV stellt das Wasserversorgungsunternehmen die vom Kunden verbrauchte Wassermenge durch Messeinrichtung fest, die den eichrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 6 Abs. 1a EichO, entsprechen muss. Nach § 18 Abs. 2 Satz 2 und 4 AVBWasserV bestimmt das Wasserversorgungsunternehmen Art, Zahl und Größe sowie Anbringungsort der Messeinrichtungen. Das Wasserversorgungsunternehmen hat dafür Sorge zu tragen, dass eine einwandfreie Messung der verbrauchten Wassermenge gewährleistet ist. Es hat dabei den Kunden und den Anschlussnehmer anzuhören und deren berechtigte Interessen zu wahren. Das Wasserversorgungsunternehmen verfügt insoweit über ein Bestimmungsrecht (BGH, Urteil vom 21.04.2010, Az.: VIII ZR 97/09; OLG Dresden, Urteil vom 23.12.2011, Az.: 1 U 1472/09). Dies erfordert eine vom Wasserversorgungsunternehmen vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen (BGH, Urteil vom 21.04.2010, Az.: VIII ZR 97/09.). Bei Ausübung ihres Ermessens ist die Beklagte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehalten, diesem den aktuellen Stand der Technik zugrunde zu legen und unter dessen Berücksichtigung darüber zu entscheiden, ob ein Austausch des Wasserzählers wegen neuerer technischer Erkenntnisse gerechtfertigt ist.
109Die Beklagte schuldet jedoch nur dann eine Ermessensentscheidung, wenn im streitgegenständlichen Zeitraum entweder die Kläger einen Austausch des Wasserzählers gefordert haben oder aber ein turnusmäßiger Zähleraustausch seitens der Beklagten geschuldet war. Aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Versorgungsvertrages bestehen gegenüber den Klägern besondere Schutz- und Rücksichtnahmepflichten (§§ 242, 241 Abs. 2 BGB). Aus diesen folgt jeweils ein Anspruch auf erneute Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts dann, wenn sich der technische Standard, der einen Einfluss auf die Auswahl der Messgeräte hat, in einem wesentlichen Maße ändert und beachtenswerte Interessen des Kunden geltend gemacht werden. Das Versorgungsunternehmen ist dann gehalten, eine neue Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen, ob ein Austausch der Wasserzähler unter Berücksichtigung des neuen Standes der Technik im Interesse des Kunden vorzunehmen ist. (BGH, Urteil vom 21.04.2010, Az.: VIII ZR 97/09). Entgegen der Auffassung der Kläger schuldet die Beklagte nicht bereits dann eine erneute Ermessensausübung, wenn sich allein der Stand der Technik geändert hat. Der Bundesgerichtshof fordert – wie bereits ausgeführt – kumulativ zur Änderung des Standes der Technik, dass beachtenswerte Interessen des Kunden geltend gemachten werden. Eine solche Geltendmachung etwaiger beachtenswerter Interessen kann nur durch den Kunden selbst erfolgen, wie z.B. durch Antrag auf Überprüfung des eingesetzten Wasserzählers (so auch OLG Dresden, Urteil vom 23.12.2011, Az.: 1 U 1472/09). Unstreitig haben die Kläger die Beklagte zur Überprüfung bzw. Austauschs des Wasserzählers im streitgegenständlichen Zeitraum nicht aufgefordert. Eine Ermessenüberprüfung schuldet die Beklagte lediglich beim turnusmäßigen Austausch des Wasserzählers in den Jahren 1996, 2002 und 2007. In der zu treffenden Ermessensentscheidung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom 21.04.2010 auf den aktuellen Stand der Technik, nicht aber auf allgemein anerkannten Regeln der Technik abzustellen.
110Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist den Klägern der Nachweis nicht gelungen, dass der in ihrem Wohnhaus eingesetzte Wasserzähler Qn 6 bei Einbau im Jahre 1981 und in den Zeitpunkten des turnusmäßigen Austausches im in den Jahren 1996, 2002 und 2007 nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprach und allein ein Wasserzähler der Dimensionierung Qn 2,5 hätte eingesetzt werden dürfen. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass der eingesetzte Wasserzähler Qn 6 zum Zeitpunkt des Einbaus als auch zum Zeitpunkt der turnusmäßigen Austausche dem Stand der Technik entsprach. Bei Einbau des Zählers im Jahre 1981 als auch bei den turnusmäßigen Austauschen sei sowohl ein Wasserzähler der Dimensionierung Qn 2,5 als auch der Dimensionierung Qn 6 möglich und geeignet gewesen. Beide Zähler entsprächen bei Einbau in ein Einfamilienhaus den eichrechtlichen Vorschiften. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass die DIN 1988 sowie das Arbeitsblatt W 406 als Hilfsmittel zur Bestimmung des einzusetzenden Zählers verwendet werden würden. Sowohl nach der DIN 1988 als auch nach dem Arbeitsblatt W 406 sei der Einbau eines Wasserzählers der Baugröße Qn 2,5 als auch der Baugröße QN 6 möglich gewesen. Insbesondere schließe die Anwendung des Arbeitsblattes W 406 die Anwendung der DIN 1988 nicht aus.
111Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen nach eigener Wertung an. Der Sachverständige hat insbesondere im Rahmen der mündlichen Anhörung anschaulich die Grundlagen seines Gutachtens erläutert und überzeugt auch hinsichtlich seiner praktischen Erfahrung. Soweit die Kläger gegen die Sachkunde des Sachverständigen einwenden, dieser habe nur Erfahrungen auf dem Gebiet Niedersachsen, kann dieser Einwand das Gericht von einer fehlenden Sachkunde nicht überzeugen. Zwar ist der Sachverständige nicht im hiesigen Bezirk tätig. Er hat seine Feststellungen jedoch maßgeblich darauf gestützt, dass die Einhaltung der eichrechtlichen Normen bei beiden Zählern Qn 2,5 als auch Qn 6 gewahrt sei. Die Grundlage seiner Bewertung basiert auf bundesrechtlichen Normen und nicht auf landestypischen Gegebenheiten. Insbesondere ergibt sich aus den Einwendungen der Kläger nicht, welche erheblichen Unterschiede zur Bemessung der Zählerwahl zwischen dem hiesigen Bezirk und dem Zuständigkeitsbereich des Sachverständigen - Hannover – bestehen. Soweit die Kläger weiter gegen das Gutachten des Sachverständigen einwenden, dass im Hinblick auf ein Schreiben der M F L von Mai 2011 und des Landesbetriebes Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen vom 08.05.2010 die Verwendung eines Zählers der Baugröße Qn 6 nunmehr bußgeldbewährt sei, erschüttert dies die Feststellungen des Sachverständigen nicht. Die zur Akte gereichten Schreiben stammen aus August 2010 und Mai 2011. Der von dem Sachverständigen zu beurteilende Zeitraum erstreckt sich bis April 2010. Bereits in zeitlicher Hinsicht kann das Schreiben der M F L sowie das Schreiben des Landesbetriebs für Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen die Feststellungen des Sachverständigen für einen bei Erstellung des Schreibens bereits abgeschlossenen Zeitraum nicht in Zweifel ziehen. Auch kann der von den Klägern zur Akte gereichte Artikel „Mangelnde Messrichtigkeit von überdimensionierten Haus-Wasserzählern in Wohngebäuden“ die Feststellungen des Sachverständigen nicht erschüttern. Der Mitautor K ist gerichtsbekannt ebenfalls Kläger im Rahmen eines Parallelverfahrens, weshalb dessen Auffassung nicht als unabhängige Fachmeinung beurteilt werden kann. Die weiteren Einwände gegen den Sachverständigen, die die Kläger aus Bekundungen des Sachverständigen im Rahmen einer weiteren Anhörung dessen in einem Parallelverfahren, Az.: 20 C 522/10, ziehen wollen, sind im vorliegenden Verfahren nicht beachtlich. Die Äußerungen waren nicht Gegenstand der hiesigen Beweisaufnahme und sind daher auch vorliegend nicht verwertbar.
112Der Sachverständige war auch nicht zu entpflichten. Gemäß § 412 ZPO ordnet das Gericht eine neue Begutachtung an, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. Eine solche ungenügende Gutachtenerstattung sieht das Gericht aus den bereits ausgeführten Gründen nicht.
113Auch aus dem Schreiben der vormals Beklagten zu 1 vom 19.10.2009 an Herrn K kann eine fehlerhafte Ermessensauswahl der Beklagten nicht entnommen werden. Aus dem Schreiben der vormals Beklagten zu 1 ist entgegen der Ansicht der Kläger nicht zu entnehmen, dass bereits bei Einbau bzw. bei den turnusmäßigen Austauschen von der Beklagten der Einbau eines Wasserzählers der Dimensionierung Qn 2,5 geschuldet war. Im Schreiben vom 19.10.2009 an Herrn K nimmt die vormals Beklagte zu 1 Bezug auf einen von Herrn K eingereichten Inbetriebsetzungsantrag. Die vormals Beklagte zu 1 teilt weiter mit, dass unter Zugrundelegung dieses Inbetriebsetzungsantrages ein Wasserzähler der Baugröße Qn 2,5 ausreichend sei. Es bleibt unklar, wann der Inbetriebsetzungsantrag durch Herrn K gestellt worden ist und damit auf welchen Zeitpunkt die im Antrag enthaltenen Werte sich beziehen. Darüber hinaus richtet sich das Schreiben gerade nicht an die Kläger. Auch wenn das Gebäude der Kläger mit dem des Herrn K vergleichbar ist, können die für das Gebäude des Herrn K bei Antragstellung eingereichten Werte nicht pauschal auf das Gebäude der Kläger übertragen werden.
114Auch wenn unterstellt würde, dass bei Einbau im Jahre 1981 oder beim Austausch in den Jahren 1996, 2002 und 2007 der Wasserzähler Qn 6 nicht mehr dem jeweiligen Stand der Technik entsprach, würde es an einem Verschulden der Beklagten fehlen. Es stellt keinen schuldhaften Verstoß gegen die Schutz- und Rücksichtnahmepflichten dar, im Jahre 1981 den Wasserzähler Qn 6 einzubauen und es bei diesem bei den turnusmäßigen Wechseln zu belassen. Ab 2004 galt neben dem Arbeitsblatt W 406 die DIN 1988 weiter. Beide Richtlinien gelten nebeneinander und verweisen auch aufeinander (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 23.12.2011, Az.: 1 U 1472/09; AG Düsseldorf, Urteil vom 20.11.2012, Az.: 34 C 11852/10). Beide Regelwerke haben einen anderen Ansatz. Das Arbeitsblatt W 406 und die DIN 1988 gehen zwar von denselben Forschungsergebnissen aus, haben aber unterschiedliche Zielrichtungen. Während die DIN 1988 die Hydraulik der Trinkwasserinstallation, wozu auch der Druckverlust durch den Zähler gehört, beschreibt, gibt das Arbeitsblatt W 406 Hinweise für die Zählerauswahl mit Blick auf die Messgenauigkeit, ohne auf die verursachten Druckverluste einzugehen. Sowohl die DIN 1988 als auch das Arbeitsblatt W 406 haben von ihrem jeweiligen Standpunkt ihre Berechtigung, es gibt aber keine neutrale Bewertung über deren Richtigkeit in die eine wie in eine andere Richtung (OLG Dresden, Urteil vom 23.12.2011, Az.: 1 U 1472/09; AG Düsseldorf, Urteil vom 20.11.2012, Az.: 34 C 11852/10). Die unterschiedlichen Grundlagen der DIN 1988 und des Arbeitsblattes W 406 hat auch der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung bestätigt. Die Beklagte war deshalb auch nicht verpflichtet, wegen des Erscheinens des Arbeitsblattes W 406 von sich aus ohne Verlangen der Kläger und ohne Angaben zur Versorgungssituation tätig zu werden. Dies gilt erst recht für die Zeit vor dem Erscheinen des Arbeitsblattes W 406, mithin zum Einbauzeitpunkt und den Jahren 1996 und 2002.
115Auch haben die Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 471,21 Euro aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 und 2 BGB. Zunächst besteht bereits eine Pflichtverletzung in Form einer fehlerhaften Ermessensentscheidung seitens der Beklagten – wie ausgeführt – nicht. Darüber hinaus konnten die Kläger nicht beweisen, dass ihnen ein Schaden aufgrund Mehrverbrauchs durch den Wasserzähler Qn 6 entstanden ist. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen besteht eine gleiche Fehlerquote sowohl bei einem Wasserzähler der Baugröße Qn 2,5 als auch der Baugröße Qn 6. Eine Ungenauigkeit des Zählers ergebe sich gerade nicht durch dessen Durchlaufgröße.
116II.
117Mangels Hauptanspruchs stehen den Klägern weder die geltend gemachten Zinsansprüche noch die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu.
118III.
119Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Das Wasserversorgungsunternehmen stellt die vom Kunden verbrauchte Wassermenge durch Meßeinrichtungen fest, die den eichrechtlichen Vorschriften entsprechen müssen. Bei öffentlichen Verbrauchseinrichtungen kann die gelieferte Menge auch rechnerisch ermittelt oder geschätzt werden, wenn die Kosten der Messung außer Verhältnis zur Höhe des Verbrauchs stehen.
(2) Das Wasserversorgungsunternehmen hat dafür Sorge zu tragen, daß eine einwandfreie Messung der verbrauchten Wassermenge gewährleistet ist. Es bestimmt Art, Zahl und Größe sowie Anbringungsort der Meßeinrichtungen. Ebenso ist die Lieferung, Anbringung, Überwachung, Unterhaltung und Entfernung der Meßeinrichtungen Aufgabe des Unternehmens. Es hat den Kunden und den Anschlußnehmer anzuhören und deren berechtigte Interessen zu wahren. Es ist verpflichtet, auf Verlangen des Kunden oder des Hauseigentümers die Meßeinrichtungen zu verlegen, wenn dies ohne Beeinträchtigung einer einwandfreien Messung möglich ist; der Kunde oder der Hauseigentümer ist verpflichtet, die Kosten zu tragen.
(3) Der Kunde haftet für das Abhandenkommen und die Beschädigung der Meßeinrichtungen, soweit ihn hieran ein Verschulden trifft. Er hat den Verlust, Beschädigungen und Störungen dieser Einrichtungen dem Wasserversorgungsunternehmen unverzüglich mitzuteilen. Er ist verpflichtet, sie vor Abwasser, Schmutz- und Grundwasser sowie vor Frost zu schützen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.