Amtsgericht Köln Urteil, 19. Feb. 2015 - 148 C 31/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt vorbehalten, die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin macht Schadens- und Aufwendungsersatz aufgrund einer Urheberrechtsverletzung geltend.
3Die Klägerin hat mit Schreiben ihrer vorgerichtlich tätig gewordenen Rechtsanwälte vom 20.07.2010 die Beklagten wegen einer von ihr behaupteten Urheberrechtsverletzung in Bezug auf den streitgegenständlichen Film „ XXX “ abgemahnt und diese aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung abzugeben sowie einen pauschalen Betrag i.H.v. 850 € zu zahlen, der Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz beinhalte.
4Die Klägerin behauptet, ihr stehe das ausschließliche Nutzungs- und Verwertungsrecht an dem streitgegenständlichen Film „ XXX “ zu. Durch softwarebasierte Ermittlungen der Firma F Ltd. sei festgestellt worden, dass am 26.02.2010 um 10:30:41 Uhr über einen Internetanschluss, dem zu diesem Zeitpunkt die IP-Adresse 80.000… zugewiesen war, im C - Netzwerk der streitgegenständliche Film zum Herunterladen angeboten wurde. Im Rahmen der von ihr durch die Deutsche Telekom AG als Provider erteilten Auskunft wurden die Beklagten als Nutzer benannt, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
5Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten schuldeten ihr im Wege des Lizenzanalogieschadens einen Betrag von 400 EUR. Dieser Anspruch unterliege der zehnjährigen Verjährungsfrist gemäß § 852 S. 2 BGB. Durch die Einleitung des Mahnverfahrens und des am 27.8.2013 zugestellten Mahnbescheides sei die Verjährung gehemmt worden. Des Weiteren schuldeten die Beklagten ihr einen Betrag von 651,80 EUR für die Erstattung der für die Abmahnung entstandenen Kosten aus einem Gegenstandswert von 19.000 € bei einem Gebührensatz einer 1,3 fachen Rechtsanwaltsgebühr nebst Auslagenpauschale.
6Die Klägerin beantragt,
71. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie einen Schadensersatzbetrag i.H.v. 400 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
82. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 651,80 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
9Die Beklagten beantragen,
10die Klage abzuweisen.
11Sie berufen sich auf die Verjährung der Ansprüche und behaupten überdies, dass auch zwei ihrer im Haushalt lebenden Kinder zum streitgegenständlichen Zeitpunkt auf den Internetanschluss Zugriff gehabt hatten.
12Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen.
13Aufgrund des Antrages vom 22.08.2013 erließ das Amtsgericht Euskirchen in dieser Sache am 23.8.2013 einen den Beklagten am 27.8.2013 zugestellten Mahnbescheid. Als Hauptforderung in Höhe von 1.051,80 EUR wurde "unerlaubte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke aus Repertoire des Antragstellers gem. Schreiben vom 19.07.2010" benannt.
14Entscheidungsgründe:
15Die zulässige Klage ist unbegründet.
16Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schadens- und Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 1.051,80 EUR aus §§ 97 Abs. 2 S. 1, 97 a Abs. 1 S. 2 a. F. UrhG zu.
17Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagten für die von der Klägerin vorgetragene Urheberrechtsverletzung als Täter haften. Denn die Beklagten berufen sich zu Recht auf die Verjährung der Ansprüche.
18Die Verjährungsfrist für die geltend gemachten Ansprüche beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass auf den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren gemäß § 97 Abs. 2, S. 1 UrhG die zehnjährige Verjährungsfrist nach den §§ 102 UrhG, 852 BGB anzuwenden sei, kann das Gericht dieser Auffassung nicht zustimmen. Vielmehr schließt sich das Gericht im Ergebnis den jüngeren Entscheidungen des AG Kassel (Az.: 410 C 625/14); AG Bielefeld (Az.: 42 C 368/13), AG Düsseldorf (Az.: 57 C 15659/13) sowie AG Köln (Az.: 125 C 314/14) an.
19§ 852 BGB soll verhindern, dass, wer einen anderen durch eine unerlaubte Handlung geschädigt und dadurch das eigene Vermögen vermehrt hat, im Besitz dieses Vorteils bleibt. Die Klägerin macht vorliegend einen Schadensersatzanspruch geltend mit der Behauptung, die Beklagten hätten den streitgegenständlichen Film unerlaubt anderen Teilnehmern im Rahmen einer Internettauschbörse zum Download angeboten. Durch dieses „Anbieten“ haben die Beklagten jedoch nichts im Sinne des § 852 BGB erlangt.
20Zu denken wäre allenfalls daran, dass sich die Beklagten Lizenzgebühren erspart haben. Eine Ersparnis von Lizenzgebühren kommt aber nur dann in Betracht, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise gegen eine Lizenzgebühr eingeräumt wird (so BGH, Urteil vom 27.10.2011 – I ZR 175/10). Dies ist vorliegend jedoch zu verneinen, da eine Lizenzierung dergestalt, dass Filme im Rahmen des Filesharing angeboten werden können, nicht existiert. Der Nutzer einer Internet-Tauschbörse, so wie es den Beklagten vorgeworfen wird, erlangt letztlich nur mit dem Herunterladen des streitgegenständlichen Films zum eigenen Gebrauch etwas, nämlich die Befreiung von einer Verbindlichkeit, da die entsprechende Vergütung für die eigene Nutzung des Films erspart wird.
21Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährung am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von allen anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat. Verjährungsbeginn für den Schadensersatzanspruch war, nachdem die Klägerin spätestens nach Auskunftserteilung der Deutschen Telekom AG am 31.05.2010 von der Rechtsverletzung und der hierfür verantwortlichen Person, nämlich den Beklagten, Kenntnis erlangt hat, der 31.12.2010, 24 Uhr. Ebenfalls begann die Verjährung für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten am 31.12.2010, 24 Uhr, da die Versendung der Abmahnung, mit der der Anspruch entsteht, im Juli 2010 erfolgte.
22Die Verjährungsfrist für beide Ansprüche lief somit am 31.12.2013 ab. Klage wurde jedoch erst im Jahr 2014 eingereicht.
23Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass die Zustellung des Mahnbescheides am 27.8.2013 die Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB bewirkte, kann dem nicht zugestimmt werden. Denn es fehlt die erforderliche Individualisierung im Mahnbescheidantrag (Palandt- Ellenberger, BGB, 74. Auflage, 2015, § 204 Rd. 18). Aus dem Mahnbescheid muss der Schuldner erkennen können, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wird. Dabei ist ein im Mahnbescheid genanntes Anspruchsschreiben zu berücksichtigen. Wird eine Mehrheit von Forderungen geltend gemacht, so müssen alle individualisiert werden (BGH, NJW 1993, 862; Palandt- Ellenberger, a.a.O.). Denn der Abgemahnte muss im Mahnverfahren beurteilen können, ob er sich gegen eine Forderung zur Wehr setzen will oder nicht (BGH NJW 2013, 3509).
24Wie § 97 a Abs. 2 S. 3 UrhG (2013) nunmehr auch verdeutlicht, handelt es sich bei den streitgegenständlichen Ansprüchen nicht nur um Rechnungspositionen eines einheitlichen Anspruches (vergleiche dazu BGH NJW 2013, 3509), sondern um dem Wesen nach unterschiedliche Ansprüche aufgrund unterschiedlicher Anspruchsgrundlagen. Selbst wenn man trotz erheblicher Bedenken § 97 Abs. 2 UrhG als einheitliche Anspruchsgrundlage annähme, handelt es sich vorliegend nicht um Rechnungspositionen eines einheitlichen Anspruchs, sondern um voneinander unabhängige, selbstständige Ansprüche, einerseits auf Schadensersatz und andererseits auf Aufwendungsersatz.
25Die Beklagten hätten vorliegend somit unter Berücksichtigung eines etwaigen im Mahnbescheid genannten Anspruchsschreibens aus dem Mahnbescheid erkennen können müssen, welche Ansprüche gegen sie geltend gemacht werden. Mit dem Mahnbescheid wurde lediglich eine Forderung über 1.051,80 € wegen unerlaubter Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke aus dem Repertoire des Antragstellers gem. Schreiben vom 19.07.2010 geltend gemacht. Zwar wird in dem Mahnbescheid auf ein Abmahnschreiben vom 19.7.2010 Bezug genommen, welches die Beklagten auch dem Abmahnschreiben vom 20.07.2010 zuordnen konnten, da keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Beklagten zwei Abmahnschreiben erhalten haben und anzunehmen ist, dass es sich bei der falschen Datumsangabe lediglich um einen offensichtlichen Tippfehler handelt. Die Beklagten konnte aber auch unter Berücksichtigung dieses Abmahnschreibens nicht klar erkennen, welche Ansprüche im Mahnbescheid und in jeweils welcher Höhe gegen sie geltend gemacht werden. Aus dem genannten Abmahnschreiben vom 20.07.2010 ergibt sich nämlich keine konkrete Aufschlüsselung in Anwaltskosten und Schadensersatz, sondern es wird lediglich ein pauschaler Gesamtbetrag i.H.v. 850 € angeboten.
26Da sich somit weder aus dem Mahnbescheid noch aus dem in Bezug genommenen Abmahnschreiben eine Aufschlüsselung der aus zwei Einzelforderungen bestehenden Gesamtforderung ersehen lässt und somit die Beklagten aus dem Mahnbescheid nicht erkennen konnten, welche Ansprüche in welcher Höhe gegen sie geltend gemacht werden, konnte keine Hemmung eintreten.
27Die nach Verjährungseintritt, nämlich erst im Jahr 2014, erfolgte Individualisierung der Ansprüche durch Zustellung des Klagebegründungsschriftsatzes wird nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides zurück (BGH, Urteil vom 10. Juli 2008 – IX ZR 160 / 07).
28Mangels Hauptforderung steht der Klägerin gegenüber den Beklagten auch kein Anspruch auf Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu.
29Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
30Der Streitwert wird auf 1.051,80 festgesetzt.
31.
32Rechtsbehelfsbelehrung:
33Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
34a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
35b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
36Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
37Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
38Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
39Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Rechts finden die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Hat der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt, findet § 852 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin gehört zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern. Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen unerlaubter Verwendung des Doppelalbums „MTV Unplugged In New York“ in einer Internettauschbörse geltend. Die Klägerin forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 04.01.2010 zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung auf und bot gleichzeitig an, Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche der Klägerin durch Zahlung eines Vergleichsbetrages i.H.v. 1.200,00 € abzugelten. Wegen der näheren Einzelheiten des Abmahnschreibens vom 04.01.2010 wird auf die Anlage K3 Bezug genommen. Der Beklagte gab im Rahmen der Korrespondenz eine Unterlassungserklärung ab und lehnte zugleich eine Zahlung ab.
3Die Klägerin behauptet, das Doppelalbum „MTV Unplugged In New York“ der Künstlergruppe „Sportfreunde Stiller“ sei am 23.06.2009 um 21:50:00 Uhr über den Internetanschluss, dem zu diesem Zeitpunkt die IP-Adresse 91.1.48.224 zugewiesen worden sei, über das Filesharing-System „BitTorrent“ zum Herunterladen angeboten worden sein. Aufgrund eines Beschlusses des Landgerichts Köln vom 14.07.2009 – 9 OH 1058/09 – habe die Deutsche Telekom AG mitgeteilt, dass der Internetzugang an die Fa. 1 & 1 vergeben worden sei, die wiederum den Beklagten als die Person benannte, dem die Benutzerkennung zugewiesen worden sei. Es bestehe ein Anscheinsbeweis bzw. eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die Rechtsverletzung selbst begangen habe. Der Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie betrage mindestens 2.500,00 €. Es handele sich um 24 aktuelle und auf dem Markt besonders nachgefragte Musikaufnahmen. Darüber hinaus sei die Klägerin nicht darin interessiert, eine Zugänglichmachung von Einzeltiteln innerhalb eines Filesharing-Systems zum unentgeltlichen Download an anonyme Dritte zur weiteren Verbreitung zu lizensieren. Daneben habe die Klägerin gegenüber dem Beklagten Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung i.H.v. 1.005,40 €. Der Gegenstandswert für die Abmahnung sei mit 30.000,00 € anzusetzen, da sich das Album zum Tatzeitpunkt auf Platz 3 der deutschen Albumcharts befunden habe und es sich insgesamt um ein sehr erfolgreiches Album, welches im Jahr 2009 Goldstatus und im Folgejahr 2010 Platinstatus erreicht habe. Der Klägerin stünden für das Album auch die ausschließlichen Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu. Insoweit habe die Klägerin die Urheberschaft durch Vorlage des CD-Covers nachgewiesen. Es werde bestritten, dass der Beklagte die Rechtsverletzung nicht begangen habe. Es werde ferner bestritten, dass die Ehefrau, die beiden Töchter und der Sohn der Ehefrau den Internetanschluss mitbenutzen konnten.
4Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt. Ferner sei die Abmahnung bestimmt genug. Die zu weit gefasste vorgefertigte Unterlassungserklärung ändere hieran nichts. Die geltend gemachte Forderung sei nicht verjährt, da der Vergütungsanspruch erst mit Ausspruch der Abmahnung entstehe. Ferner verjähre der Schadensersatzanspruch nach § 852 BGB erst nach 10 Jahren.
5Mit der bei Gericht am 03.09.2013 und dem Beklagten am 23.09.2013 zugestellten Klageschrift beantragt die Klägerin,
6den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.505,40 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2013 zu zahlen.
7Der Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und führt hierzu aus, dass die Auskunftserteilung durch die Fa. 1 & 1 Internet AG spätestens im Dezember 2009 erfolgt sei und damit die 3-jährige Verjährungsfrist bei Eingang der Klage bereits abgelaufen sei.
10Der Beklagte bestreitet, dass die IP-Adresse zutreffend ermittelt worden sei. Ferner liege keine ordnungsgemäße Auskunftserteilung durch die Deutsche Telekom und die Fa. 1 & 1 Internet AG vor. Die Klägerin sei auch nicht Inhaberin der geltend gemachten Rechte. Der Beklagte habe die Tat nicht begangen. Der Beklagte habe nie an einer Internettauschbörse teilgenommen. Am 23.06.2009 hätten im Haushalt des Beklagten die Ehefrau des Beklagten xxx sowie die am 29.11.1994 geborene Tochter xxx und die am 10.09.1991 geborene Tochter xxx gelebt. Ferner habe sich der am 16.12.1980 geborene Sohn der Ehefrau, xxx regelmäßig im Haushalt des Beklagten aufgehalten. Selbst sämtliche Personen hätten selbständig und regelmäßig das Internet genutzt. Der WLAN-Anschluss des Beklagten sei mit einer WPA/WPA2-Verschlüsselung mit 16-stelligem Schlüssel vor unerlaubtem Zugriff geschützt gewesen. Ferner sei immer wieder darüber gesprochen worden, nicht unerlaubt Daten aus dem Internet herunterzuladen. Der Beklagte gehe insoweit davon aus, dass sich seine Töchter an das Verbot gehalten hätten. Es habe jedenfalls keinen Anlass für verschärfte Kontrollmaßnahmen bestanden. Die Abmahnung sei zu weit gefasst, da sich die Abmahnung auf das gesamte Musikrepertoire der Klägerin erstrecke. Die Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung seien der Klägerin weder in Rechnung gestellt, noch von der Klägerin gezahlt worden. Angesichts der von den Kläger-Vertretern für die Klägerin jährlich verschickten Abmahnungen mit einem Gebührenvolumen von ca. 8,2 Millionen Euro sei davon auszugehen, dass eine Rahmenvereinbarung mit einer Freistellungsvereinbarung geschlossen worden sei. Der geltend gemachte Lizenzschaden werde bestritten. Es fehle an einem ausreichenden Vorbringen zur Ermittlung einer angemessenen Lizenzgebühr. Ferner habe die Klägerin nicht dargelegt, ob durch dieselbe Handlung nicht von anderen Tätern oder Teilnehmern des P2P-Netzwerkes bereits Lizenzgebühren erzielt worden seien. Der Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch sei überhöht. Im Übrigen falle der Sachverhalt unter den Anwendungsbereich des § 97 a Abs. 2 UrhG.
11Entscheidungsgründe:
12Die zulässige Klage ist nicht begründet.
13Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 3.505,40 € aus §§ 97, 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG und nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.
14Der Beklagte haftet nicht als Täter für die von der Klägerin behauptete Urheberrechtsverletzung. Es fehlt bereits an einem konkreten Tatsachenvortrag der Klägerin dahingehend, dass der Beklagte tatsächlich die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen hat. Insoweit trägt die Klägerin lediglich vor, es bestehe zunächst ein Anscheinsbeweis bzw. eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses auch Nutzer des Anschlusses ist und die Rechtsverletzung selbst begangen hat. Damit verkennt die Klägerin das Wesen der tatsächlichen Vermutung. Eine tatsächliche Vermutung besagt lediglich, dass auch Tatsachen, für die der sog. Beweis des ersten Anscheins spricht, d. h. auf deren Vorliegen aus unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung zu schließen sind, vorliegen. Gleichwohl ist von der Klägerin die entsprechende Tatsachenbehauptung, auf deren Vorliegen aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung zu schließen ist, vorzutragen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 12.05.2010, I ZR 121/08, Sommer unseres Lebens) soll eine tatsächliche Vermutung dafür bestehen, dass dann, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (BGH NJW 2010, 2061). Die Annahme einer derartigen tatsächlichen Vermutung begegnet in Haushalten, in denen mehrere Personen selbständig und unabhängig Zugang zum Internet haben, bereits grundsätzlichen Bedenken. Die Aufstellung einer tatsächlichen Vermutung setzt voraus, dass es einen empirisch gesicherten Erfahrungssatz aufgrund allgemeiner Lebensumstände dahingehend gibt, dass ein Anschlussinhaber seinen Internetzugang in erster Linie nutzt und über Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Ein derartiger Erfahrungssatz existiert nicht. Die alltägliche Erfahrung in einer Gesellschaft, in der das Internet einen immer größeren Anteil einnimmt und nicht mehr wegzudenken ist, belegt vielmehr das Gegenteil. Wenn sich der Internetanschluss in einem Mehrpersonenhaushalt befindet, entspricht es vielmehr üblicher Lebenserfahrung, dass jeder Mitbewohner das Internet selbständig nutzen darf, ohne dass der Anschlussinhaber Art und Umfang der Nutzung bewusst kontrolliert (AG Düsseldorf, Urteil v. 19.11.2013, 57 C 3144/13). Der Anschlussinhaber genügt daher in diesen Fällen seiner sekundären Darlegungslast, wenn er seine Täterschaft bestreitet und darlegt, dass eine Hausgenossen selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können, weil sich daraus bereits die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs als die seiner Alleintäterschaft ergibt (OLG Hamm, Beschluss v. 27.10.2011, I - 22 W 82/11; OLG Hamm, Beschluss v. 04.11.2013, I – 22 W 60/13; OLG Köln NJW-RR 2012, 1327; AG Hamburg, Urteil v. 30.10.2013, 31 C 20/13; AG München, Urteil v. 31.10.2013, 155 C 9298/13). Weitergehende Angaben werden in einem Mehrpersonenhaushalt vom Anschlussinhaber nicht im Rahmen der sekundären Darlegungslast verlangt werden können, da der Anschlussinhaber ohnehin nur zu Tatsachen vortragen kann, die er üblicherweise kraft Sachnähe vortragen kann. Eigene Ermittlungen dahingehend, wer möglicherweise als Täter des behaupteten Urheberrechtsverstoßes in Betracht kommt, hat der Anschlussinhaber aber nicht durchzuführen. Auch eine Überwachung der Familie bei der Internetnutzung kann vom Anschlussinhaber nicht verlangt werden, da dies mit dem grundrechtlichen Schutz der Familie nach Artikel 6 Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist. Bei einem 1-Personenhaushalt hingegen wird man regelmäßig detailliertere Erläuterungen erwarten können. Insoweit reicht es nach Auffassung des Landgerichts Düsseldorf (Urteil v. 21.03.2012, 12 O 579/10) unter Berücksichtigung der dem Beklagten obliegenden prozessualen Wahrheitspflicht aus, dass der Anschlussinhaber vorträgt, weder die streitgegenständliche Datei noch eine entsprechende Filesharingsoftware befinde sich auf seinem Rechner, da für diesen Fall eine täterschaftliche Handlung bei Wahrunterstellung ausgeschlossen ist. Sowohl bei Mehrpersonen- als auch bei einem 1-Personenhaushalt ist mit der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers keine Beweislastumkehr verbunden. Die sekundäre Darlegungslast umfasst nicht die Pflicht des Behauptenden, diesen Sachverhalt ggfs. auch zu beweisen. Ein der sekundären Darlegungslast genügender Vortrag hat vielmehr zur Folge, dass der grundsätzlich Beweisbelastete seine Behauptungen beweisen muss. Hierin ist keine unzumutbare Belastung des Anspruchstellers zu sehen. Es gehört vielmehr zu den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Zivilprozesses, dass der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenen Voraussetzungen trägt. Abweichungen sind nur im Einzelfall veranlasst und dürfen nicht dazu führen, dass der Beklagte sich regelmäßig zu entlasten hat (AG Düsseldorf, Urteil v. 19.11.2013, 57 C 3144/13). Eine anderslautende Rechtsprechung führt quasi zu einer Gefährdungshaftung, indem dem Anschlussinhaber eine den Grundlagen des Zivilprozesses widersprechende praktisch nicht erfüllbare sekundäre Darlegungslast auferlegt wird. Darüber hinaus gibt es in zahlreichen Bereichen des täglichen Lebens Sachverhaltskonstellationen, in denen der Anspruchsteller sicher weiß, dass sich der Anspruch gegen eine von mehreren Personen richtet, der Anspruchinhaber aber nicht nachweisen kann, gegen welche konkrete Person der Anspruch zu richten ist. Auch in diesen Fällen wird im Ergebnis eine erfolgversprechende Durchsetzung des Anspruches nicht möglich sein.
15Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen ist der Beklagte der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vollumfänglich nachgekommen. Der Beklagte hat insoweit vorgetragen, dass der Internetanschluss im Haushalt noch von seiner Ehefrau sowie seinen beiden Töchtern xxx und xxx sowie gelegentlich vom Sohn der Ehefrau genutzt wurde. Damit hat der Beklagte einen Sachverhalt vorgetragen, bei dem ernsthaft die Möglichkeit der Alleintäterschaft einer anderen Person in Betracht kommt. Die Klägerin hat vorliegend nicht nachgewiesen, dass der Beklagte persönlich die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen hat. Den Beweisantritt der Klägerin aus dem im Termin am 06.03.2014 übergebenen Schriftsatz vom 28.02.2014 auf Vernehmung der Zeugen xxx, xxx, xxx und xxx war nicht nachzugehen. Es handelt sich um einen unzulässigen Beweisantritt, da die Klägerin nicht beweisen muss, dass die vorgenannten 4 Zeugen die Rechtsverletzung nicht begangen haben, sondern die Klägerin die Beweislast dafür trägt, dass der Beklagte die behauptete Rechtsverletzung begangen hat. Ein derartiger Beweis lässt sich mit dem von der Klägerin gestellten Beweisantrag nicht erbringen, da insoweit die lebensnahe Möglichkeit besteht, dass der wahre Täter die von ihm begangene Rechtsverletzung wegen der zu erwartenden Konsequenzen nicht zugeben wird. Insoweit führt das OLG Hamm im Beschluss v. 27.10.2011 wörtlich aus: „Auch wenn der Anschlussinhaber nämlich als Ergebnis mitteilen würde, dass alle befragten Personen eine Tatbegehung in Abrede gestellt hätten, würde dadurch das Bestreiten seiner eigenen Tatbegehung nicht unplausibel, weil die lebensnahe Möglichkeit bestünde, dass der wahre Täter die von ihm begangene Rechtsverletzung wegen der zu erwartenden Konsequenzen nicht zugegeben hat.“ Dieser äußerst lebensnahen Betrachtung ist nichts hinzuzufügen. Dem Beweisantritt der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 28.02.2014 war des Weiteren nicht nachzugehen, da der Beweisantrag als verspätet nach § 296 ZPO zurückzuweisen war. Die Klägerin ist durch Rechtsanwälte, die seit Jahren auf dem Gebiet des Filesharings tätig sind, vertreten. Von der anwaltlich vertretenen Klägerin kann daher erwartet werden, dass ihr die beiden vorstehend genannten Entscheidungen des OLG Hamm vom 27.10.2011 und 04.11.2013 in Filesharingsachen bekannt sind. Eine auf Prozessförderung bedachte Partei hätte daher spätestens in Erwiderung des Schriftsatzes der Beklagten vom 02.12.2013, in welchem der Beklagte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Nutzung des Internetanschlusses durch im Haushalt lebende weitere Personen detailliert beschrieben hat, einen entsprechenden Beweisantrag beim Amtsgericht in Bielefeld gestellt, da insoweit das OLG Hamm Rechtsmittelgericht für Bielefeld ist. Gleichwohl hat die Klägerin trotz des Vorbringens der Beklagten erst im Termin vom 06.03.2014 den Beweisantrag überreicht, so dass der Beweisantritt verspätet war.
16Daneben ist die streitgegenständliche Forderung auf Zahlung von 2.500,00 € Lizenzgebühr und 1.005,40 € anwaltlicher Abmahnkosten verjährt. Der Beklagte hat ausdrücklich die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klägerin hat spätestens nach Auskunftserteilung durch die Fa. 1 & 1 Internet AG im Dezember 2009 von der Rechtsverletzung und der hierfür verantwortlichen Person, nämlich dem Beklagten, Kenntnis erlangt. Die 3-jährige Verjährungsfrist ist daher mit Ablauf des Jahres 2012 abgelaufen, so dass durch die am 03.09.2013 bei Gericht eingegangene Klageschrift die Verjährung nicht mehr unterbrochen werden konnte.
17Entgegen der Auffassung der Klägerin beginnt die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung nicht mit dem Ausspruch der Abmahnung, sondern vielmehr zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung. § 199 Abs. 5 BGB regelt insoweit, dass dann, wenn es sich um einen Unterlassungsanspruch handelt, der Zeitpunkt der Zuwiderhandlung für den Verjährungsbeginn maßgeblich ist. Der Zeitpunkt der Zuwiderhandlung war vorliegend das behauptete Anbieten zum Download im Internet über eine P2P-Tauschbörse am 23.06.2009. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der Verjährungsbeginn des Kostenerstattungsanspruches nicht dadurch verlängert werden, dass mit dem Ausspruch einer Abmahnung zugewartet wird. Insoweit unterliegen vielmehr Unterlassungsanspruch und der darauf beruhende Kostenerstattungsanspruch den gleichen verjährungsrechtlichen Bestimmungen.
18Auch der Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr i.H.v. 2.500,00 € ist mit Ablauf des Jahres 2012 verjährt, da entgegen der Auffassung der Klägerin auch dieser Anspruch einer 3-jährigen Verjährungsfrist unterliegt. Auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren sind die Bestimmungen der §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB nicht anzuwenden. Zur Frage, wann Ansprüche auf Ersatz des Lizenzschadens in Filesharingangelegenheiten verjähren, existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat sich zur Frage der Verjährung von Lizenzansprüchen im Rahmen der Entscheidung „Bochumer Weihnachtsmarkt“ (BGH, Urteil v. 27.10.2011, I ZR 175/10) auseinandergesetzt und insoweit ausgeführt, dass Ansprüche einer Verwertungsgesellschaft auf Ersatz einer angemessenen Lizenzgebühr in 10 Jahre verjähren. Der vom Bundesgerichtshof zu entscheidende Sachverhalt „Bochumer Weihnachtsmarkt“ behandelt jedoch eine grundlegend andere Fallkonstellation, sodass die in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze auf Filesharingfälle nicht zu übertragen sind. Die Verwertungsgesellschaft GEMA ermöglicht es nämlich gerade einem Nutzer, einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen. Demgegenüber besteht in Filesharingangelegenheiten keine Möglichkeit, einen entsprechenden Lizenzvertrag abzuschließen. Die Klägerin trägt hierzu vor, dass sie nicht daran interessiert sei, eine Zugänglichmachung von Einzeltiteln innerhalb eines Filesharing-Systems zum unentgeltlichen Download an anonyme Dritte zur weiteren Verbreitung zu lizensieren. Vorliegend hätte der Beklagte daher selbst dann, wenn er dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung im Rahmen eines Filesharing-Systems schliessen können. Der Beklagte hat mithin gerade keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es Benutzern von Filesharing-Systemen in erster Linie darauf ankommt, die fragliche Datei zum eigenen Gebrauch für sich herunterzuladen und zu nutzen. Dass damit notwendigerweise auch verbunden ist, dass während des eigenen Uploadvorganges gleichzeitig Dritten ein Download der übertragenen Datenfragmente vom eigenen Computer ermöglicht wird, ist eine notwendige Folge, die die Nutzer der Filesharingbörsen in Kauf nehmen. Insoweit liegt jedoch gerade kein bewusster Eingriff in den Zuweisungsgehalt der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte vor. Darüber hinaus fehlt es an jeglicher Bereicherung des Beklagten in Höhe der geltend gemachten Lizenzgebühr i.H.v. 2.500,00 €, da es gerade das Wesen von Filesharing-Systemen ist, diese Leistungen kostenfrei an Dritte weiter zu verteilen. Dem Wesensmerkmal nach handelt es sich bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen einer P2P-Tauschbörse um unerlaubte Handlungen, für die gerade nicht die Grundsätze eines bereicherungsrechtlichen Schadensersatzanspruches anwendbar sind. Der von der Klägerin zitierte Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vermag das Amtsgericht Bielefeld nicht zu folgen, da das Landgericht Düsseldorf die Besonderheiten des Filesharings in seiner Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt hat.
19Insgesamt steht daher der Klägerin der geltend gemachte Zahlungsanspruch i.H.v. 3.505,40 € gegenüber dem Beklagten nicht zu. Mangels Hauptforderung steht der Klägerin gegenüber dem Beklagten auch kein Anspruch auf Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2013 zu.
20Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
21Der Streitwert wird auf 3.505,40 € festgesetzt.
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorfauf die mündliche Verhandlung vom 02.07.2014durch die Richterin am Amtsgericht G
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.) 800.- EUR Wertersatz und
2.) 859,60 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.12.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 53 %, die Beklagte 47 %zu tragen.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden/zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.- EUR abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung eine Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin gehört zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern.
3Sie stellte durch vom G entwickelte softwarebasierte Ermittlungen der q GmbH fest, dass am 28.6.10 um 13:13 Uhr über einen Internetanschluss, dem zu diesem Zeitpunkt die IP-Adresse "######" zugewiesen war, mit einer auf dem "bitTorrent"-Protokoll basierenden Filesharing-Software das Musikalbum "XXX" der Künstlerin "H" mit den auf dieser CD enthaltenen 8 Titeln anderen Teilnehmern des Filesharing Systems zum Herunterladen angeboten wurde. Dieses öffentliche Zugänglichmachen der Musikwerke erfolgte ohne Zustimmung der Klägerin, der als Tonträgerherstellerin die ausschließlichen Verwertungsrechte daran zustehen.
4Im Rahmen der von der Klägerin durch die Deutsche Telekom als Provider erteilten Auskunft wurde die Beklagte als Nutzerin bekannt.
5Eine identische Auskunft erhielt die Klägerin, nachdem sie ermittelt hatte, dass zumindest am 29.6.2010 um 13:29 Uhr dasselbe Musikalbum mit 14 weiteren Titeln unter der IP-Adresse "######" und am 1.7.2010 um 17:13 Uhr sowie am 2.7. um 13:46 Uhr unter näher angebenen abweichenden IP-Adressen öffentlich zum Herunterladen verfügbar gemacht worden war.
6Auf das Abmahnschreiben der Klägervertreter vom 29.11.2010 (Bl. 29 ff d.GA), in dem die genannten und weitere Verletzungen aufgeführt sind, übersandte die Beklagte eine von ihr am 16.12.10 unterzeichnete strafbewehrte Unterlassungserklärung (Bl. 36 d. GA)
7Die Klägerin verlangt im Wege der Lizenzanalogie Schadensersatz. Dabei beruft sie sich darauf, dass die Beklagte bei Einholung einer Lizenz für das öffentliche Zugänglichmachen der streitgegenständlichen Musiktitel deutlich mehr als die geforderten 2.500.-€ hätte entrichten müssen. Während sie zunächst auf die 8 Titel des am 28.6.10 durch die Beklagte veröffentlichten Albums abgestellt hat, erweiterte sie ihren Anspruch mit am 23.1.14 eingegangenen Schriftsatz um die am 28.6.10 ihrem Vortrag zufolge ebenfalls heruntergeladenen weiteren 14 Titel des Doppelalbums, die sie im genannten Schriftsatz im einzelnen aufführt (Bl. 91 d. GA).
8Die Klägerin macht ferner Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 30.000.-€ in Höhe von 1.005,40 € (Berechnung wie Bl. 18 d. GA) geltend unter Berufung darauf, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Album um ein besonders erfolgreiches gehandelt habe, das den Grammy Award erhalten habe, 4 Wochen auf Platz 1 der Longplay Charts gestanden und 137 Wochen dort notiert gewesen sei, und entsprechend für sie wirtschaftlich bedeutsame Titel beinhaltete. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Klageschrift verwiesen.
9Sie beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie
111. angemessenen Wertersatz von mindestens 2.500.- €
122. Kostenersatz von 1.005,40 €
13nebst jeweils Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie macht bezüglich der weiteren Verletzungen die Einrede der Verjährung geltend und trägt im Übrigen vor:
17Ihr Internetanschluss werde hauptsächlich von ihrem am 1.9.96 geborenen Sohn T und ihrem Lebenspartner X je mit ihren eigenen Computern genutzt, zu deren Musikkonsum besonders aktuelle Popmusik gehöre, während sie selbst klassische Musik höre.
18Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist zu einem Teil begründet.
21Der Klägerin steht gem. § 97 Abs. 2 S.1 UrhG ein Schadensersatz von 800.-€ sowie 859,80 € Kostenersatz für die Abmahnkosten gem. § 97 Abs. 1 UrhG zu.
221.
23Die Klägerin ist berechtigt, für die 8 Titel des Albums "XXX" je 100,00 € pro Titel Schadensersatz= 800.-€ von der Beklagten gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zu beanspruchen.
24Dafür, dass es bei der Ermittlung des Anschlusses des Beklagten zu Fehlern gekommen ist, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, wie der Anschluss der Beklagten ermittelt worden ist. Außerdem ist der Anschluss der Beklagten bei insgesamt 5 Verletzungshandlungen mit jeweils unterschiedlichen IP-Adressen ermittelt worden, so dass eine -widerlegbare- Vermutung dahingehend besteht, dass diese tatsächlich von dem ermittelten Anschluss erfolgten. Zu etwaigen Fehlern bei der Ermittlung hat die Beklagte nichts vorgebracht. Vielmehr hat sie außergerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, was einem Anerkenntnis des Urheberschaft der Klägerin hinsichtlich des streitgegenständlichen Musikalbums ebenso gleichkommt wie einem Anerkenntnis der Verletzung ausgehend vom Beklagtenanschluss.
25Ausgehend davon, dass die Klägerin den Anschluss der Beklagten als denjenigen zutreffend ermittelt hat, von dem die streitgegenständliche Verletzung ausging, spricht weiter eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist (OLG Köln MMR 2012,549). Diese tatsächliche Vermutung kann der Anschlussinhaber dadurch widerlegen, dass die Beklagtenseite konkret vorträgt, dass die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs als die Täterschaft des Anschlussinhabers besteht (so BGH in MMR 2010,565 "Sommer unseres Lebens", Rdn. 12 und wiederholend in BGH I ZR 74,12 "Morpheus", Rdnr. 32-35). Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit im Rahmen des ihm Zumutbaren bestreiten und Tatsachen darlegen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs, nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers seines Internetanschlusses ergibt.
26Dieser sekundären Darlegungslast genügt das Beklagtenvorbringen nicht: die Beklagte legt keinen alternativen Sachverhalt dar, wonach eine konkrete dritte Person als Täter der Verletzung in Betracht kommt. Allein die Tatsache, dass in ihrem Haushalt der damals 13 1/2 jährige Sohn T der Beklagten und ihr Lebenspartner X lebten und diese den Internetzugang der Beklagten mit eigenen Computern nutzten, reicht ebensowenig wie der dem streitgegenständlichen Musikalbum entsprechende Musikgeschmack (aktuelle Popmusik) dieser beiden User aus, um davon auszugehen, dass einer der beiden Hausgenossen als Alleintäter in Betracht kommt. Es wäre ein Vortrag erforderlich gewesen, dass eine konkret benannte Person nicht nur generell, sondern insbesondere zum Verletzungszeitpunkt Zugriff zum Internetanschluss der Beklagten gehabt hat, dass diese Person auf Grund ihres gewöhnlichen Nutzungsverhaltens als Verletzer allein in Betracht kommt oder im Rahmen der durchgeführten Nachforschungen, die die obergerichtliche Rechtsprechung vom Anschlussinhaber verlangt (vgl. BGH, Urteil vom 8.1.14 "BearShare" , I 1 ZR 169/12), die Verletzungshandlung zugegeben hat oder seine Täterschaft zumindest überwiegend wahrscheinlich ist. Obwohl die Beklagte durch Beschluss vom 17.3.14 darauf hingewiesen worden ist, dass ihr Vorbringen den Erfordernissen an die sekundäre Darlegungslast nicht genüge, hat sie ihren Vortrag nicht entsprechend ergänzt. Damit hat sie die Vermutung, dass sie als Anschlussinhaberin die Verletzerin ist, nicht erschüttert. Daher ist von der Haftung der Beklagten für die Verletzung durch das Herunterladen des Musikalbums auszugehen.
27Die Klägerin kann als Schadensersatz einen Betrag in Höhe von 100,00 € für jedes der 8 Musikstücke des Musikalbums verlangen.
28Das Gericht schätzt insofern anhand des Vorbringens der Klägerin gemäß § 287 ZPO den entstandenen Schaden. Daher kann die Klägerin als Wertersatz 800,00 € beanspruchen.
29Soweit die Klägerin ihren Anspruch mit am 23.1.2014 eingegangenem Schriftsatz um weitere 14 Titel desselben Doppelalbums erweitert hat, die ihrem Vortrag zufolge am 28.6.10 und an nachfolgenden 3 Terminen vom Anschluss der Beklagten heruntergeladen worden sind, ist dieser Anspruch verjährt. Maßgeblich ist die 3-jährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB, die Ende 2013 ablief. Auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren sind die Bestimmungen der §§ 102 UrhG,852 BGB nicht anzuwenden. Zur Frage, wann Ansprüche auf Ersatz des Lizenzschadens in Filesharingangelegenheiten verjähren, existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat sich zur Frage der Verjährung von Lizenzansprüchen im Rahmen der Entscheidung "Bochumer Weihnachtsmarkt" (BGH Urteil v. 27.10.2011, I ZR 175/10) auseinandergesetzt und insoweit ausgeführt, dass Ansprüche einer Verwertungsgesellschaft auf Ersatz einer angemessenen Lizenzgebühr in 10 Jahre verjähren. Der vom Bundesgerichtshof zu entscheidende Sachverhalt "Bochumer Weihnachtsmarkt" behandelt jedoch eine grundlegend andere Fallkonstellation, so dass die in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze auf Filesharingfälle nicht zu übertragen sind. Während die Verwertungsgesellschaft GEMA es einem Nutzer ermöglicht , einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen, besteht in Filesharingangelegenheiten eine solche Möglichkeit nach dem Vorbringen der Klägerin nicht. Vorliegend hätte die Beklagte daher selbst dann, wenn sie dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung im Rahmen eines Filesharing-Systems schließen können. Zutreffend hat das AG Bielefeld in seiner Entscheidung vom 4.3.14 (Aktenzeichen 42 C 368/13) festgehalten, dass es sich bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen einer P2P-Tauschbörse dem Wesensmerkmal nach um unerlaubte Handlungen handelt, für die gerade nicht die Grundsätze eines bereicherungsrechtlichen Schadensersatzanspruches anwendbar sind. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
302.
31Weiter stehen der Klägerin die Abmahnkosten § 97 a Abs. 1 ZPO zu.
32Die Abmahnkosten bemessen sich nach dem 10-fachen Wert des Lizenzschadens. Das Gericht folgt insofern der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm (Beschluss vom 13.09.2012 - I- 22 W 58/12,) des Oberlandesgerichts Braunschweig (Beschluss vom 14.10.2011 – 2 W 92/11), des Oberlandesgerichts Nürnberg (Beschluss vom 04.02.2013 – 3 W 81/13) sowie des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 22.08.2013 – 6 W 31/13, jeweils zitiert nach Juris). Dabei orientiert sich der Gegenstandswert bei Abmahnungen an dem Unterlassungsanspruch und damit an dem Interesse der klägerischen Partei, künftige Verletzungen seines Urheberrechts zu verhindern. Grundlage für die Schätzung nach § 3 ZPO sind zum einen der Wert des Schutzrechts, zum anderen der genannte Angriffsfaktor. Zu letzterem zählen der Charakter und der Umfang der drohenden weiteren Verletzungshandlungen sowie Größe und Bedeutung des Unternehmens des Verletzten, sowie die beim Verletzer vorliegende Verschuldensform sowie dessen Verhalten nach der Abmahnung. Soweit in der Rechtsprechung und Literatur teilweise die Ansicht vertreten wird, dass sich der Gedanke einer wirksamen Abschreckung streitwerterhöhend auswirken kann, (so Fromm/ Nordemann § 97 Rdn. 223,) kann dies zwar abstrakt für Teilnehmer an Tauschbörsen bejaht werden, nicht aber im konkreten Fall. Dass die Beklagte nach der Abmahnung weitere vergleichbare Verletzungshandlungen vorgenommen hat, ist nicht vorgetragen. Vielmehr hat die Beklagte auf die Abmahnung der Klägerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Daher erscheint es sachgerecht, den Lizenzsatz mit dem Faktor 10 zu multiplizieren, was den Gegenstandswert der Abmahnung ausmacht. Hier ist allerdings zugrunde zu legen, dass die Abmahnung, für die Kosten von einem Gegenstandswert von 30.000.-€ ausgehend verlangt werden, sich auf die tatsächlich heruntergeladenen 22 Titel bezieht, wobei dahinstehen kann, ob bereits am 28.6.10 alle 22 Titel von der Beklagten heruntergeladen worden sind, oder erst bei der am Folgetag festgestellten Verletzung. In der Abmahnung sind beide Verletzungszeiten und darüber hinausgehende verzeichnet. Durch das Nachschieben der weiteren Titel fand bzgl. der Abmahnung keine Erweiterung des Anspruchs statt, so dass insofern die Einrede der Verjährung nicht greift.
33Zutreffend erfolgte für das Abmahnschreiben der Ansatz einer 1,3 fachen Gebühr gem. VV 2300 RVG nebst Auslagenpauschale, was bei einem Abmahnstreitwert von 22.000.- € einem Betrag von 859,80 € entspricht.
34Die Zinsentscheidung rechtfertigt sich aus § 291 BGB.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegen §§ 709 S. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO zugrunde.
36Streitwert: 3.505,40 EUR.
37Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
38a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
39b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
40Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
41Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.
42Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
43Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern aufgrund von Berechtigungsverträgen eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Musikwerken wahr. Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der Stadt Bochum. Sie veranstaltete in Bochum den „Weihnachtsmarkt“ (in den Jahren 2004 bis 2007), den „Gerther Sommer“ (in den Jahren 2005 bis 2008) und die „Bochumer Westerntage“ (in den Jahren 2004 und 2005). Auf den unentgeltlich zugänglichen Veranstaltungen wurde Unterhaltungs- und Tanzmusik aus dem von der Klägerin wahrgenommenen Repertoire öffentlich wiedergegeben. Die Klägerin hatte vor den Veranstaltungen keine Einwilligung in eine Nutzung der von ihr wahrgenommenen Urheberrechte erteilt.
- 2
- Die Klägerin, die vor Klageerhebung das nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 16 Abs. 1 UrhWG vorgesehene Verfahren vor der Schiedsstelle durchgeführt hat, hat die Beklagte wegen dieser Musikwiedergaben auf Zahlung einer Vergütung von 41.404,54 € in Anspruch genommen. Die Vergütung hat sie entsprechend ihren Tarifen U-VK I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs - und Tanzmusik mit Musikern) und M-U I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Tonträgerwiedergabe) nach der Größe der Veranstaltungsfläche - gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand - berechnet.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 38.567,88 € stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht (OLG Hamm, Urteil vom 7. September 2010 - 4 U 37/10, juris) zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne von der Beklagten wegen der in Rede stehenden Musikaufführungen nach § 97 Abs. 2 Satz 1 und 3 UrhG Schadensersatz in Höhe von 38.567,88 € verlangen. Dazu hat es ausgeführt:
- 5
- Die Beklagte habe zum Zeitpunkt der Werknutzung nicht über ein von der Klägerin abgeleitetes Nutzungsrecht verfügt. Sie könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, eine Einwilligung der Klägerin in die Nutzung sei entbehrlich gewesen. Der Schadensersatzanspruch könne auf der Grundlage der Lizenz berechnet werden, die angefallen wäre, wenn die Klägerin in die Nutzung eingewilligt hätte. Da es für Freiluftveranstaltungen keinen Tarif gebe, dürften zur Berechnung der Vergütung die dieser Nutzung am nächsten stehenden Tarife U-VK I und M-U I herangezogen werden. Die Schiedsstelle habe bereits mehrfach befunden, dass es angemessen sei, die Vergütung bei Freiluftveranstaltungen ebenso wie bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen entsprechend den Tarifen U-VK I und M-U I nach der Größe der Veranstaltungsfläche zu bemessen. Es bestehe kein Anlass, von dieser Einschätzung abzuweichen. Die Beklagte könne hinsichtlich der Vergütungen für Veranstaltungen aus dem Jahr 2004 nicht mit Erfolg die Einrede der Verjährung erheben.
- 6
- II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klägerin von der Beklagten dem Grunde nach Schadensersatz beanspruchen kann (dazu 1). Die Höhe des Schadensersatzanspruchs hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entsprechend den von der Klägerin aufgestellten Tarifen U-VK I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Musikern) und M-U I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Tonträgerwiedergabe ) nach der Größe der Veranstaltungsfläche berechnet (dazu 2). Dieser Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt (dazu 3).
- 7
- 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin von der Beklagten wegen der ohne ihre Einwilligung erfolgten öffentlichen Musikwiedergaben dem Grunde nach gemäß § 97 Abs. 1 UrhG aF (jetzt § 97 Abs. 2 UrhG) Schadensersatz beanspruchen kann.
- 8
- Die Beklagte hat dadurch, dass sie bei den in Rede stehenden Veranstaltungen Musikwerke aus dem Repertoire der Klägerin ohne deren Einwilligung öffentlich wiedergegeben hat, von der Klägerin wahrgenommene Urheber- rechte widerrechtlich verletzt. Die Klägerin ist entgegen der Ansicht der Revision nicht daran gehindert, sich auf das Fehlen einer Einwilligung zu berufen.
- 9
- a) Die Revision macht vergeblich geltend, der Klägerin sei es verwehrt, wegen der Musikaufführungen auf den Veranstaltungen im Jahre 2004 („Weihnachtsmarkt“ und „Westerntage“) Schadensersatz zu beanspruchen, weil die Beklagte die Aufführungen jeweils rechtzeitig vor Beginn der Veranstaltungen angemeldet und die Klägerin hierauf nicht reagiert habe.
- 10
- Die Beklagte hat diese Veranstaltungen nach ihrem eigenen Vorbringen erst zwei bis sechs Tage vor Beginn bei der Klägerin angemeldet. Die Klägerin war nicht verpflichtet, innerhalb so kurzer Zeit auf die Anmeldungen zu reagieren und ihre Einwilligung in die Musikaufführungen zu erteilen. Es ist daher nicht rechtsmissbräuchlich, dass sie sich auf das Fehlen einer Einwilligung beruft.
- 11
- b) Die Revision macht weiter ohne Erfolg geltend, der Klägerin sei es versagt, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, weil sie es entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 13 UrhWG versäumt habe, für derartige Veranstaltungen - also Veranstaltungen unter freiem Himmel auf öffentlichen Plätzen - einen eigenen Tarif zu schaffen und zu veröffentlichen.
- 12
- Entgegen der Ansicht der Revision war es der Beklagten dadurch, dass kein Tarif für solche Veranstaltungen bestand, nicht unmöglich, nach § 11 UrhWG vorzugehen und damit die bis zum Beginn der Veranstaltungen nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen. Die Klägerin ist auch dann, wenn sie keinen Tarif für eine bestimmte Nutzung aufgestellt hat, nach § 11 Abs. 1 UrhWG verpflichtet , aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Kommt ei- ne Einigung über die Höhe der Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte nicht zustande, gelten die Nutzungsrechte auch beim Fehlen eines Tarifs für diese Nutzung nach § 11 Abs. 2 UrhWG als eingeräumt, wenn die Vergütung in Höhe des vom Nutzer anerkannten Betrages an die Verwertungsgesellschaft gezahlt und in Höhe der darüber hinausgehenden Forderung unter Vorbehalt an die Verwertungsgesellschaft gezahlt oder zu ihren Gunsten hinterlegt worden ist.
- 13
- c) Die Revision wendet ferner erfolglos ein, die Klägerin sei daran gehindert , Schadensersatz zu verlangen, weil zwischen den Parteien eine gängige Praxis bestanden habe, dass die Klägerin die Veranstaltungen im Nachhinein abgerechnet habe.
- 14
- Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass der zwischen den Parteien bestehende Vertrag nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin infolge einer Kündigung der Beklagten im Jahr 2003 geendet hatte. Die Beklagte durfte jedenfalls nach der Kündigung des Vertrages nicht auf den Fortbestand einer bis dahin möglicherweise bestehenden Praxis einer nachträglichen Abrechnung vertrauen.
- 15
- 2. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entsprechend den von der Klägerin aufgestellten Tarifen U-VK I und M-U I nach der Größe der Veranstaltungsfläche berechnet.
- 16
- a) Die Klägerin ist im Falle einer Verletzung der von ihr wahrgenommenen Rechte berechtigt, den Verletzer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Dabei stehen ihr grundsätzlich alle drei Berechnungsarten zur Wahl: Sie kann den konkreten Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns, die Herausgabe des Verletzergewinns oder die Zahlung einer angemessenen Li- zenzgebühr verlangen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 70/90, GRUR 2011, 720 Rn. 19 = WRP 2011, 1076 - Multimediashow, mwN).
- 17
- b) Berechnet die Klägerin den Schaden - wie im Streitfall - nach der angemessenen Lizenzgebühr, hat sie dieser Berechnung regelmäßig die Tarifvergütung zugrunde zu legen, die der Rechtsverletzer bei ordnungsgemäßer Einholung der Erlaubnis der Klägerin hätte entrichten müssen (BGH, GRUR 2011, 720 Rn. 20 - Multimediashow, mwN). Grundsätzlich kommt es danach auf diejenige Vergütung an, die die Klägerin auch sonst für derartige Nutzungen berechnet. Für Freiluftveranstaltungen hatte die Klägerin zum Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Veranstaltungen allerdings keinen Tarif aufgestellt. Enthält das Tarifwerk der Verwertungsgesellschaft keinen unmittelbar passenden Tarif, so ist grundsätzlich von dem Tarif auszugehen, der nach seinen Merkmalen der im Einzelfall vorliegenden Art und Weise sowie dem Umfang der Nutzung möglichst nahe kommt (BGH, Urteil vom 23. Mai 1975 - I ZR 51/74, GRUR 1976, 35, 36 - Bar-Filmmusik; Urteil vom 1. Juni 1983 - I ZR 98/81, GRUR 1983, 565, 567 - Tarifüberprüfung II). Das Berufungsgericht ist von den Parteien unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Tarife U-VK I und M-U I nach ihren Merkmalen der in Rede stehenden Nutzung am nächsten stehen.
- 18
- Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Klägerin sei es verwehrt, diese Tarife heranzuziehen, weil sie ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 13 UrhWG nicht nachgekommen sei, für derartige Veranstaltungen eigene Tarife zu erstellen. Anders als in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen handele es sich hier nicht um seltene Ausnahmen oder unzulässige Veranstaltungen , für die die Schaffung eines eigenen Tarifwerkes unzumutbar sei. Vielmehr gehe es um Straßenfeste, Stadtteilfeste und Weihnachtsmärkte, die seit Jahrzehnten in zumindest jährlichem Rhythmus in einer Vielzahl von deutschen Städten und Ortschaften stattfänden.
- 19
- Es kann dahinstehen, ob die Klägerin nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWG verpflichtet war, einen eigenen Tarif für derartige Veranstaltungen aufzustellen. Die Einhaltung der Verpflichtung zur Aufstellung von Tarifen ist von der Aufsichtsbehörde zu überwachen (§ 19 Abs. 1 UrhWG). Der Werknutzer hat keinen Anspruch gegen die Verwertungsgesellschaft auf Aufstellung eines Tarifs (Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 13 UrhWG Rn. 3). Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Aufstellung von Tarifen hat daher nicht zur Folge, dass die Verwertungsgesellschaft daran gehindert wäre, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte und Ansprüche eine Vergütung zu verlangen. Im Übrigen hat die Klägerin mittlerweile einen Tarif U-ST für Unterhaltungsmusik bei Bürger-, Straßen-, Dorf- und Stadtfesten, die im Freien stattfinden, geschaffen.
- 20
- c) Bestimmt der Tatrichter die angemessene Vergütung für die Einräumung eines Nutzungsrechts unter Heranziehung des dieser Nutzung am nächsten stehenden Tarifs, kann das Revisionsgericht dies nur darauf überprüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und sämtliche für die Bemessung der Vergütung bedeutsamen Tatsachen berücksichtigt hat, die von den Parteien vorgebracht worden sind oder sich aus der Natur der Sache ergeben (vgl. zur Überprüfung der Angemessenheit des Tarifs einer Verwertungsgesellschaft BGH, Urteil vom 29. Januar 2004 - I ZR 135/00, GRUR 2004, 669, 670 f. = WRP 2004, 1057 - Musikmehrkanaldienst; GRUR 2011, 720 Rn. 30 - Multimediashow; zur Schätzung einer angemessenen Vergütung im Rahmen der Lizenzanalogie BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 - I ZR 6/06, GRUR 2009, 407 Rn. 23 = WRP 2009, 319 - Whistling for a train, mwN; zur Bestimmung der angemessenen Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 Rn. 31 - Talking to Addison). Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält einer solchen Nachprüfung stand.
- 21
- aa) Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Beurteilung im Wesentlichen dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle im vorgeschalteten Verfahren und der ständigen Spruchpraxis der Schiedsstelle in vergleichbaren Verfahren (vgl. etwa ZUM 2007, 587, 588 f.) angeschlossen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.
- 22
- Der Tatrichter kann und muss sich auch danach richten, was die Schiedsstelle in dem vorgeschalteten oder in vergleichbaren Verfahren vorgeschlagen hat. Die Schiedsstelle ist wesentlich häufiger als das jeweilige Gericht mit derartigen Verfahren und der Überprüfung von Tarifen befasst. Ein überzeugend begründeter Einigungsvorschlag der Schiedsstelle hat daher eine gewisse Vermutung der Angemessenheit für sich (BGH, Urteil vom 5. April 2001 - I ZR 132/98, GRUR 2001, 1139, 1142 = WRP 2001, 1345 - Gesamtvertrag privater Rundfunk).
- 23
- Die Revision ist der Ansicht, die Sachkompetenz der Schiedsstelle begründe die Vermutung der Angemessenheit des Tarifs nur bei Gesamtverträgen. Dem kann nicht zugestimmt werden. Der Gesetzgeber hat die Anrufung der Schiedsstelle nicht nur dann zur zwingenden Voraussetzung für die Erhebung einer Klage gemacht, wenn es um den Abschluss oder die Änderung eines Gesamtvertrages geht (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c, § 16 Abs. 1 UrhWG), sondern auch dann, wenn bei einer Streitigkeit zwischen Einzelnutzer und Verwertungsgesellschaft die Anwendbarkeit oder Angemessenheit eines Tarifs im Streit ist (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 16 Abs. 2 UrhWG). Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass in allen Streitigkeiten über Tarife ein begründeter Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vorliegt, den die Beteiligten annehmen können oder der doch zumindest den Gerichten bei ihrer Entscheidungsfindung als Grundlage dienen kann (BT-Drucks. 10/837, S. 12).
- 24
- Die Revision beanstandet ohne Erfolg, die Schiedsstelle sei nur mit Beamten des Deutschen Patent- und Markenamtes besetzt und nicht auch mit Vertretern der Veranstalter. Da die Beamten des Deutschen Patent- und Markenamts keine Vertreter der Verwertungsgesellschaft sind, ist die Schiedsstelle nicht deshalb unausgewogen besetzt, weil ihr keine Vertreter der Veranstalter angehören.
- 25
- bb) Die Revision macht vergeblich geltend, die Beklagte habe aus den Veranstaltungen keinen wirtschaftlichen Vorteil gezogen. Veranstaltungen der in Rede stehenden Art seien für die Kommunen oder ihre veranstaltenden Tochtergesellschaften wie die Beklagte grundsätzlich ohne jeden eigenen wirtschaftlichen Vorteil. Solche Veranstaltungen dienten vornehmlich den Interessen der Bürger und der Allgemeinheit.
- 26
- Die Frage, ob eine Vergütung angemessen ist, richtet sich allerdings grundsätzlich nach dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Berechnungsgrundlage für die Tarife sollen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG in der Regel die geldwerten Vorteile sein, die durch die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Werke oder Leistungen erzielt werden. Damit gilt auch für die Vergütungshöhe der urheberrechtliche Beteiligungsgrundsatz, nach dem der Urheber oder Leistungsschutzberechtigte an jeder wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke oder Leistungen tunlichst angemessen zu beteiligen ist (vgl. BGH, GRUR 2004, 669, 670 f. - Musikmehrkanaldienst). Allerdings ist auch dann, wenn mit einer wirtschaftlichen Nutzung keine geldwerten Vorteile erzielt wer- den, jedenfalls eine Mindestvergütungsregelung erforderlich, um die Urheber und Leistungsschutzberechtigten vor einer möglichen Entwertung ihrer Rechte zu schützen. Eine solche Mindestvergütung darf nur nicht so weit gehen, dass der Beteiligungsgrundsatz zu Lasten des Verwerters in einem unangemessenen Verhältnis überschritten wird (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1987 - I ZR 164/85, GRUR 1988, 373, 376 - Schallplattenimport III; GRUR 2011, 720 Rn. 31 - Multimediashow).
- 27
- Die Tarife U-VK I und M-U I entsprechen diesen Anforderungen. Sie sehen Vergütungsgruppen vor, die nach der Höhe des Eintrittsgelds für die jeweilige Veranstaltung gestaffelt sind. Für Veranstaltungen, die - wie die hier in Rede stehenden - ohne Eintrittsgeld oder nur gegen ein Eintrittsgeld von bis zu 1 € zugänglich sind, ist nach den Tarifen eine Mindestvergütung zu zahlen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Mindestvergütung unangemessen ist. Entgegen der Ansicht der Revision liegt dieser Tarifgestaltung nicht die Annahme zugrunde, dass die Veranstalter von Aufführungen in geschlossenen Räumen stets Einnahmen erzielen. Bei Veranstaltungen in Gebäuden werden erfahrungsgemäß nicht immer Eintrittsgelder erhoben oder Speisen und Getränke verkauft.
- 28
- cc) Nach den Tarifen U-VK I und M-U I ist bei geschlossenen Veranstaltungsräumen die Größe der Veranstaltungsfläche für die Höhe der Vergütung maßgeblich. Das Berufungsgericht hat es in Übereinstimmung mit der Schiedsstelle als angemessen erachtet, die Höhe der Vergütung auch bei Freiluftveranstaltungen nach der Größe der Veranstaltungsfläche - gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand - zu bestimmen. Entgegen der Ansicht der Revision ist dies nicht als willkürlich und unangemessen anzusehen.
- 29
- (1) Die Revision meint, Berechnungsgrundlage für die Veranstaltungsfläche und die Vergütungshöhe könnenur der Bereich sein, der von den Bühnen mit Musikdarbietungen beschallt werde. Maßgeblich sei die mögliche Schallentfaltung , die von den örtlichen Gegebenheiten und der verwendeten Lautstärke abhänge. Diese Fläche sei weiter zu vermindern um die Bereiche, die von Besuchern nicht betreten werden könnten oder dürften. Dazu gehörten beispielsweise Flächen, die von Ständen bedeckt würden, und Flächen, die - wie etwa der öffentliche Verkehrsraum - für eine Nutzung durch Besucher nicht zugelassen seien. Zudem seien die Flächen abzuziehen, die von den Betreibern von Ständen beschallt würden. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb der Veranstalter für die Beschallung von Flächen, bei denen die von der Bühne erfolgende Musikwiedergabe von anderen Beschallungsquellen überlagert werde und für die bereits die Standbetreiber der Klägerin Iizenzpflichtig seien, nochmals eine Vergütung zahlen solle.
- 30
- Damit dringt die Revision nicht durch. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Schiedsstelle rechtsfehlerfrei angenommen, zur Berechnung der angemessenen Vergütung sei nicht nur auf den von den Bühnen mit Musikdarbietungen beschallten Bereich, sondern auf die gesamte Veranstaltungsfläche abzustellen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts prägt die Musik auf den Bühnen bei solchen Festen die gesamte Veranstaltung. Die Musikdarbietungen richten sich an alle Besucher auf der gesamten Veranstaltungsfläche. Da das Publikum vor den Musikbühnen ständig wechselt, hören im Laufe der Zeit in der Summe mehr Zuhörer die Musik, als vor der Bühne Platz fänden. Für die Höhe der angemessenen Vergütung kommt es deshalb auch nicht darauf an, ob bestimmte Teile der Veranstaltungsfläche von den Besuchern nicht betreten werden konnten oder durften, ob sie von den Standbetreibern beschallt wurden oder nicht zur Musikwahrnehmung vorgesehen waren.
- 31
- (2) Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Berechnung der Vergütung nach der Größe der Veranstaltungsfläche sei auch aus Praktikabilitätsgründen geboten, lässt gleichfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
- 32
- Entgegen der Ansicht der Revision ist es erfahrungsgemäß nicht ohne weiteres möglich, ausgehend von der jeweiligen Bühne den physikalisch relevanten Beschallungsbereich zu ermitteln. Dieser hängt nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten von den örtlichen Gegebenheiten und der verwendeten Lautstärke ab und wäre somit regelmäßig nur mit sachverständiger Hilfe feststellbar. Es ist der Klägerin nicht zuzumuten, bei jeder Musikaufführung im Freien einen Sachverständigen mit der Ermittlung des Beschallungsbereichs zu beauftragen. Das Honorar des Sachverständigen würde insbesondere bei kleineren Veranstaltungen ohne Eintrittsentgelt die Vergütung für die Nutzung des Aufführungsrechts aufzehren.
- 33
- Das Berufungsgericht hat im Anschluss an die Schiedsstelle rechtsfehlerfrei angenommen, dass auch eine Berechnung der konkret begehbaren Fläche in jedem einzelnen Fall einen unzumutbaren und das Vergütungsaufkommen übermäßig belastenden Aufwand mit sich bringen würde. Es ist der Klägerin nicht zuzumuten, bei jeder der zahlreichen und verschiedenartigen Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet die Flächen zu ermitteln, auf denen sich keine Besucher aufhalten können oder dürfen. Entgegen der Ansicht der Revision kann dem Interesse der Klägerin an einer verwaltungsarmen Handhabung ihres Aufgabenbereichs auch nicht dadurch Rechnung getragen werden, dass von der beschallten Fläche - je nach dem Charakter der Veranstaltung - prozentuale Abzüge für Flächen vorgenommen werden, die von den Besuchern nicht genutzt werden. Es fehlen Erfahrungswerte, die es der Klägerin ermöglichen könnten, nicht begehbare Teilflächen ohne aufwändige Ermittlungen pauschal zu schätzen. Zudem wäre bei einer solchen Schätzung zu erwarten, dass zahlreiche Werknutzer einwenden, die Klägerin trage den besonderen Gegebenheiten der Veranstaltung nicht Rechnung und unterschätze deshalb die Größe der für Besucher unzugänglichen Teilflächen. Damit wäre der mit der Aufstellung von Tarifen verfolgte Zweck verfehlt, es der Verwertungsgesellschaft zu ersparen , in jedem Einzelfall langwierige Verhandlungen über Art und Höhe der zu zahlenden Vergütung zu führen (BGH, GRUR 1974, 35, 37 - Musikautomat).
- 34
- dd) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt, dass die Musikwiedergabe bei derartigen Veranstaltungen lediglich einen Nebenzweck darstelle, während die Tarife U-VK I und M-U I auf Musikveranstaltungen ausgerichtet seien, bei denen die Musikwahrnehmung der Hauptzweck sei.
- 35
- Für die Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kommt es auch nach den Tarifen U-VK I und M-U I nicht darauf an, ob die Musikwiedergabe Haupt- oder Nebenzweck der Veranstaltung ist. Die Musikaufführungen bei den hier in Rede stehenden Veranstaltungen richteten sich zudem an alle Besucher der Veranstaltung und damit auch an diejenigen, die die Musikdarbietungen als nebensächlich empfanden. Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass die praktische Handhabbarkeit eines Tarifs in Frage gestellt wäre, wenn die Vergütungshöhe danach zu bestimmen wäre, ob und inwieweit eine Aufführung Haupt- oder Nebenzweck der Veranstaltung ist. Die Klärung dieser Frage könnte zu langwierigen Verhandlungen mit Werknutzern führen. Das aber soll der Verwertungsgesellschaft durch die tarifliche Regelung der Vergütungshöhe gerade erspart bleiben.
- 36
- 3. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht verjährt sind.
- 37
- a) Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts finden nach § 102 Satz 1 UrhG die Vorschriften der §§ 194 ff. BGB über die Verjährung entsprechende Anwendung. Daher verjähren Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB regelmäßig innerhalb von drei Jahren. Es kann offenbleiben, ob danach Schadensersatzansprüche wegen Musikaufführungen bei Veranstaltungen in den Jahren 2004 und 2005 - wie die Revision geltend macht - zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 24. Februar 2009 verjährt waren.
- 38
- b) Hat der Verpflichtete durch die Verletzung des Urheberrechts etwas auf Kosten des Berechtigten erlangt, findet nach § 102 Satz 2 UrhG die Bestimmung des § 852 BGB entsprechende Anwendung. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 Satz 2 BGB). Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist danach jedenfalls deshalb nicht verjährt, weil er auf Herausgabe einer durch die Verletzung des Urheberrechts erlangten Bereicherung gerichtet ist.
- 39
- aa) Die Beklagte hat durch die Verletzung der von der Klägerin wahrgenommenen Urheberrechte auf deren Kosten etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe keinen Vermögensvorteil erlangt, weil ihr für die Veranstaltungen kein Entgelt zu- geflossen sei. Die Beklagte hat durch die öffentliche Aufführung der Musikwerke in den Zuweisungsgehalt des von der Klägerin wahrgenommenen Rechts zur öffentlichen Wiedergabe der Musikwerke eingegriffen und damit auf Kosten der Klägerin den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 33 = WRP 2010, 927 - Restwertbörse, mwN).
- 40
- bb) Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, GRUR 2010, 623 Rn. 33 - Restwertbörse , mwN). Die Höhe dieser Lizenzgebühr hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bestimmt (vgl. oben Rn. 15 ff.).
- 41
- cc) Die Verpflichtung zum Wertersatz ist auch nicht deshalb ausgeschlossen , weil die Beklagte nicht mehr bereichert wäre (§ 818 Abs. 3 BGB). Die Revision macht geltend, bei der Beklagten sei im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz kein Vermögensvorteil mehr vorhanden gewesen, da sie eine hundertprozentige Tochter der Stadt Bochum mit Gewinnabführungs- und Verlustnachschusspflicht sei. Mit diesem Vorbringen hat die Revision schon deshalb keinen Erfolg, weil es sich dabei um neuen, in der Revisionsinstanz grundsätzlich unbeachtlichen Sachvortrag handelt (§ 559 Abs. 1 ZPO). Der Einwand der Revision wäre aber auch unbegründet. Wer durch die Verletzung eines Urheberrechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, da das Erlangte - also der Gebrauch des Schutzgegenstands - nicht mehr entfallen kann (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1971 - I ZR 58/70, BGHZ 56, 317, 322 - Gasparone II).
- 42
- III. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 17.12.2009 - I-8 O 85/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 07.09.2010 - I-4 U 37/10 -
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.