Strafrecht: Zum versuchten Totschlag mit bedingtem Tötungsvorsatz
published on 08/12/2011 10:44
Strafrecht: Zum versuchten Totschlag mit bedingtem Tötungsvorsatz
Gesetze
Urteile
Artikel zu passenden Rechtsgebieten
AoLs
Authors
Der BGH hat mit dem Urteil vom 25.02.2010 (Az: 4 StR 575/09) folgendes entschieden:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 18. August 2009 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.
Entgegen der Ansicht der Revision belegen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes. Danach hatte sich zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen M. , die zuvor eng befreundet gewesen waren, aus vielschichtigen Gründen eine hasserfüllte Abneigung entwickelt. Bevor der Angeklagte den Zeugen aufsuchte und sogleich zweimal mit einem Schraubendreher mit einer etwa sieben Zentimeter langen Spitze auf ihn in Richtung des Brustbereichs einstach, hatte sich der Angeklagte seinen eigenen Angaben zufolge entschlossen, "den Streit zwischen ihm und dem Zeugen M. im Kampf einer abschließenden finalen Lösung zuzuführen". Hieraus und aus der Art des schnellen tätlichen Angriffs, der erst durch das Eingreifen weiterer Personen beendet werden konnte, hat das Landgericht geschlossen, dass auch das neben dem Wissenselement selbständig erforderliche Wollenselement des Tötungsvorsatzes beim Angeklagten vorgelegen hat. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision eine eigene, andere Würdigung der Feststellungen vornimmt, kann sie damit im Revisionsverfahren keinen Erfolg haben.
Dass das Landgericht tateinheitlich mit dem versuchten Totschlag auch eine gefährliche Körperverletzung in den Begehungsformen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB angenommen hat, begegnet - entgegen den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift - keinen rechtlichen Bedenken.
§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB setzt voraus, dass die Körperverletzung "mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung" begangen wird. Erforderlich, aber auch genügend ist, dass die Art der Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls generell geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden; einer konkreten Gefährdung bedarf es nicht. Die Stiche mit dem Schraubendreher, bei dem es sich nach den Urteilsfeststellungen um einen harten, spitzkantigen Gegenstand handelte, waren, wie das Landgericht - den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen folgend - festgestellt hat, generell geeignet, lebensgefährdende Verletzungen hervorzurufen. Darauf, dass der Zeuge infolge seiner Abwehr letztlich nur leichtere Verletzungen erlitten hat, kommt es für die Tatbestandsverwirklichung nicht an.
Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB hat das sachverständig beratene Landgericht mit sorgfältiger Begründung rechtsfehlerfrei verneint. Es hat insbesondere dargelegt, warum es sich nicht vom Vorliegen einer Affekttat überzeugen konnte. Soweit der Generalbundesanwalt in diesem Zusammenhang eine weiter gehende Berücksichtigung der kulturellen Prägung des Angeklagten und des Stellenwerts, der einer Männerfreundschaft im arabischen Raum zukomme, vermisst, kann dem nicht gefolgt werden.
Soweit das Landgericht einen minder schweren Fall des versuchten Totschlags im Sinne des § 213 1. Alt. StGB verneint hat, ist dies entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts revisionsrechtlich schon deswegen nicht zu beanstanden, weil der Angeklagte durch die vorangegangenen Beleidigungen jedenfalls nicht auf der Stelle zur Tat hingerissen worden ist.
Letztlich begegnet es auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Landgericht, das einen sonstigen minder schweren Fall nach § 213 2. Alt. StGB angenommen hat, den dadurch eröffneten Strafrahmen nicht nach §§ 46 a Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB gemildert hat. Zwar hat sich der Angeklagte in einem Brief, den er aus der Untersuchungshaft an den Geschädigten gesandt hat, für die Tat entschuldigt. Für einen Ausgleich mit dem Verletzten im Sinne des § 46 a Nr. 1 StGB ist es aber regelmäßig erforderlich, dass der Täter sich gegenüber dem Opfer zu seiner Schuld bekennt und die Opfer-Position der geschädigten Person respektiert.
Nach dem Inhalt des im Urteil wörtlich wiedergegebenen Briefes des Angeklagten kann dieser jedoch nicht als Zeichen der Übernahme von Verantwortung für das Tatgeschehen angesehen werden. Der Angeklagte weist darin die Alleinschuld an der Eskalation dem Opfer zu, das ihm durch sein Verhalten "keinen anderen Weg gelassen" habe. Darauf, dass der Geschädigte in der Hauptverhandlung erklärt hat, dem Angeklagten zu verzeihen, da dieser auch Familie habe, kommt es daher nicht mehr ausschlaggebend an.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 18. August 2009 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.
Entgegen der Ansicht der Revision belegen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes. Danach hatte sich zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen M. , die zuvor eng befreundet gewesen waren, aus vielschichtigen Gründen eine hasserfüllte Abneigung entwickelt. Bevor der Angeklagte den Zeugen aufsuchte und sogleich zweimal mit einem Schraubendreher mit einer etwa sieben Zentimeter langen Spitze auf ihn in Richtung des Brustbereichs einstach, hatte sich der Angeklagte seinen eigenen Angaben zufolge entschlossen, "den Streit zwischen ihm und dem Zeugen M. im Kampf einer abschließenden finalen Lösung zuzuführen". Hieraus und aus der Art des schnellen tätlichen Angriffs, der erst durch das Eingreifen weiterer Personen beendet werden konnte, hat das Landgericht geschlossen, dass auch das neben dem Wissenselement selbständig erforderliche Wollenselement des Tötungsvorsatzes beim Angeklagten vorgelegen hat. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision eine eigene, andere Würdigung der Feststellungen vornimmt, kann sie damit im Revisionsverfahren keinen Erfolg haben.
Dass das Landgericht tateinheitlich mit dem versuchten Totschlag auch eine gefährliche Körperverletzung in den Begehungsformen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB angenommen hat, begegnet - entgegen den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift - keinen rechtlichen Bedenken.
§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB setzt voraus, dass die Körperverletzung "mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung" begangen wird. Erforderlich, aber auch genügend ist, dass die Art der Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls generell geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden; einer konkreten Gefährdung bedarf es nicht. Die Stiche mit dem Schraubendreher, bei dem es sich nach den Urteilsfeststellungen um einen harten, spitzkantigen Gegenstand handelte, waren, wie das Landgericht - den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen folgend - festgestellt hat, generell geeignet, lebensgefährdende Verletzungen hervorzurufen. Darauf, dass der Zeuge infolge seiner Abwehr letztlich nur leichtere Verletzungen erlitten hat, kommt es für die Tatbestandsverwirklichung nicht an.
Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB hat das sachverständig beratene Landgericht mit sorgfältiger Begründung rechtsfehlerfrei verneint. Es hat insbesondere dargelegt, warum es sich nicht vom Vorliegen einer Affekttat überzeugen konnte. Soweit der Generalbundesanwalt in diesem Zusammenhang eine weiter gehende Berücksichtigung der kulturellen Prägung des Angeklagten und des Stellenwerts, der einer Männerfreundschaft im arabischen Raum zukomme, vermisst, kann dem nicht gefolgt werden.
Soweit das Landgericht einen minder schweren Fall des versuchten Totschlags im Sinne des § 213 1. Alt. StGB verneint hat, ist dies entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts revisionsrechtlich schon deswegen nicht zu beanstanden, weil der Angeklagte durch die vorangegangenen Beleidigungen jedenfalls nicht auf der Stelle zur Tat hingerissen worden ist.
Letztlich begegnet es auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Landgericht, das einen sonstigen minder schweren Fall nach § 213 2. Alt. StGB angenommen hat, den dadurch eröffneten Strafrahmen nicht nach §§ 46 a Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB gemildert hat. Zwar hat sich der Angeklagte in einem Brief, den er aus der Untersuchungshaft an den Geschädigten gesandt hat, für die Tat entschuldigt. Für einen Ausgleich mit dem Verletzten im Sinne des § 46 a Nr. 1 StGB ist es aber regelmäßig erforderlich, dass der Täter sich gegenüber dem Opfer zu seiner Schuld bekennt und die Opfer-Position der geschädigten Person respektiert.
Nach dem Inhalt des im Urteil wörtlich wiedergegebenen Briefes des Angeklagten kann dieser jedoch nicht als Zeichen der Übernahme von Verantwortung für das Tatgeschehen angesehen werden. Der Angeklagte weist darin die Alleinschuld an der Eskalation dem Opfer zu, das ihm durch sein Verhalten "keinen anderen Weg gelassen" habe. Darauf, dass der Geschädigte in der Hauptverhandlung erklärt hat, dem Angeklagten zu verzeihen, da dieser auch Familie habe, kommt es daher nicht mehr ausschlaggebend an.
Show what you know!
5 Gesetze
moreResultsText
{{count_recursive}} Gesetze werden in diesem Text zitiert
Wohnungseigentumsgesetz - WEG
StGB
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R
1 Urteile
{{count_recursive}} Urteile zitieren order werden zitiert von diesem Artikel
{{count_recursive}} Urteile werden in dem Artikel zitiert
published on 25/02/2010 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 575/09 vom 25. Februar 2010 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Februar 2010, an der teilgenommen haben:
25 Artikel zu passenden Rechtsgebieten
moreResultsText
by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner, Streifler & Kollegen Rechtsanwälte, Rechtsanwalt Film-, Medien- und Urheberrecht, Streifler & Kollegen Rechtsanwälte
31/07/2020 12:31
Autofahrer, die ein illegales Wettrennen im Straßenverkehr mit dem Willen, das Rennen zu obsiegen, durchführen, können sich wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe strafbar machen. Wie ein bedingter Vorsatz in solchen Raserfällen das Mordurteil begründen und damit auch eine Abgrenzung zur fahrlässigen Körperverletzung mit Todesfolge geschaffen werden kann, prüft der 4.Strafsenat im folgendem Urteil (4 StR 482/19) vom 18. Juni 2020. In diesem Artikel lesen Sie, wieso der BGH das Mordurteil des einen Angeklagten bestätigt, das des anderen aber aufhebt und zurück an das Landgericht Berlin verweist. – Streifler & Kollegen – Benedikt Mick, Anwalt für Strafrecht
by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner, Streifler & Kollegen Rechtsanwälte, Rechtsanwalt Film-, Medien- und Urheberrecht, Streifler & Kollegen Rechtsanwälte
19/03/2018 10:08
Bei Verurteilung eines Angeklagter nach einer rechtswidrigen Beschneidung eines Kindes hat das Tatgericht das Ausmaß der konkreten Verletzung und die Auswirkungen das Kind aufzuklären – BSP Rechtsanwälte – Anwälte für Strafrecht Berlin
SubjectsKörperverletzung
08/12/2011 11:02
Es hängt vom konkreten Einzelfall ab, ob Steinwürfe von einer Autobahnbrücke
SubjectsKörperverletzung
08/12/2011 09:54
Ein Straßenschuh von üblicher Beschaffenheit ist regelmäßig als gefährliches Werkzeug anzusehen, wenn damit einem Menschen gegen den Kopf getreten wird. Das gilt jedenfalls für T
SubjectsKörperverletzung
Artikel zu Körperverletzung
Annotations
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 575/09
vom
25. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Februar
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
der Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Dr. Franke
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 18. August 2009 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
- 2
- 1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
- 3
- 2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.
- 4
- a) Entgegen der Ansicht der Revision belegen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes. Danach hatte sich zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen M. , die zuvor eng befreundet gewesen waren, aus vielschichtigen Gründen eine hasserfüllte Abneigung entwickelt. Bevor der Angeklagte den Zeugen aufsuchte und sogleich zweimal mit einem Schraubendreher mit einer etwa sieben Zentimeter langen Spitze auf ihn in Richtung des Brustbereichs einstach, hatte sich der Angeklagte seinen eigenen Angaben zufolge entschlossen, "den Streit zwischen ihm und dem Zeugen M. im Kampf einer abschließenden finalen Lösung zuzuführen". Hieraus und aus der Art des schnellen tätlichen Angriffs, der erst durch das Eingreifen weiterer Personen beendet werden konnte, hat das Landgericht geschlossen, dass auch das neben dem Wissenselement selbständig erforderliche Wollenselement des Tötungsvorsatzes beim Angeklagten vorgelegen hat. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision eine eigene, andere Würdigung der Feststellungen vornimmt, kann sie damit im Revisionsverfahren keinen Erfolg haben.
- 5
- b) Dass das Landgericht tateinheitlich mit dem versuchten Totschlag auch eine gefährliche Körperverletzung in den Begehungsformen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB angenommen hat, begegnet - entgegen den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift - keinen rechtlichen Bedenken.
- 6
- § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB setzt voraus, dass die Körperverletzung "mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung" begangen wird. Erforderlich, aber auch genügend ist, dass die Art der Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls generell geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden ; einer konkreten Gefährdung bedarf es nicht (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. vom 29. April 2004 - 4 StR 43/04 = NStZ 2004, 618; Beschl. vom 23. Juli 2004 - 2 StR 101/04 = NStZ 2005, 156, 157; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl. § 224 Rdn. 12 mit zahlreichen Nachweisen). Die Stiche mit dem Schraubendreher, bei dem es sich nach den Urteilsfeststellungen um einen harten, spitzkantigen Gegenstand handelte, waren, wie das Landgericht - den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen folgend - festgestellt hat, generell geeignet , lebensgefährdende Verletzungen hervorzurufen. Darauf, dass der Zeu- ge infolge seiner Abwehr letztlich nur leichtere Verletzungen erlitten hat, kommt es für die Tatbestandsverwirklichung nicht an.
- 7
- c) Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB hat das sachverständig beratene Landgericht mit sorgfältiger Begründung rechtsfehlerfrei verneint. Es hat insbesondere dargelegt, warum es sich nicht vom Vorliegen einer Affekttat überzeugen konnte. Soweit der Generalbundesanwalt in diesem Zusammenhang eine weiter gehende Berücksichtigung der kulturellen Prägung des Angeklagten und des Stellenwerts, der einer Männerfreundschaft im arabischen Raum zukomme, vermisst, kann dem nicht gefolgt werden.
- 8
- d) Soweit das Landgericht einen minder schweren Fall des versuchten Totschlags im Sinne des § 213 1. Alt. StGB verneint hat, ist dies entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts revisionsrechtlich schon deswegen nicht zu beanstanden, weil der Angeklagte durch die vorangegangenen Beleidigungen jedenfalls nicht auf der Stelle zur Tat hingerissen worden ist.
- 9
- e) Letztlich begegnet es auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Landgericht, das einen sonstigen minder schweren Fall nach § 213 2. Alt. StGB angenommen hat, den dadurch eröffneten Strafrahmen nicht nach §§ 46 a Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB gemildert hat. Zwar hat sich der Angeklagte in einem Brief, den er aus der Untersuchungshaft an den Geschädigten gesandt hat, für die Tat entschuldigt. Für einen Ausgleich mit dem Verletzten im Sinne des § 46 a Nr. 1 StGB ist es aber regelmäßig erforderlich, dass der Täter sich gegenüber dem Opfer zu seiner Schuld bekennt und die Opfer-Position der geschädigten Person respektiert (vgl. BGHSt 48, 134, 141; vgl. auch Fischer aaO § 46 a Rdn. 10 a und b m.w.N.).
- 10
- Nach dem Inhalt des im Urteil wörtlich wiedergegebenen Briefes des Angeklagten kann dieser jedoch nicht als Zeichen der Übernahme von Verantwortung für das Tatgeschehen angesehen werden. Der Angeklagte weist darin die Alleinschuld an der Eskalation dem Opfer zu, das ihm durch sein Verhalten "keinen anderen Weg gelassen" habe. Darauf, dass der Geschädigte in der Hauptverhandlung erklärt hat, dem Angeklagten zu verzeihen, da dieser auch Familie habe, kommt es daher nicht mehr ausschlaggebend an (vgl. BGH, Beschl. vom 25. Juni 2008 - 2 StR 217/08 = StV 2008, 464). Tepperwien Maatz Solin-Stojanović Ernemann Franke
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.