Kündigungsrecht: Kündigung eines Sicherheitsmitarbeiters der seinen Arbeitsplatz ohne Grund verlässt

bei uns veröffentlicht am27.11.2015
Zusammenfassung des Autors
Einem Sicherheitsmitarbeiter kann fristlos gekündigt werden, wenn er einen besonders zu sichernden Bereich während eines erheblichen Zeitraums ohne Grund verlässt.
Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Unternehmens aus dem Wach- und Sicherheitsgewerbe entschieden. Dieses setzte den betroffenen Arbeitnehmer bei der Kontrolle des Ausgangs des Produktionsbereichs einer Münzprägeanstalt ein. Der Produktionsbereich wurde durch ein Drehkreuz gesichert. Die Mitarbeiter konnten das Drehkreuz öffnen, sofern es nicht durch einen Zufallsgenerator gesperrt wurde. War das Drehkreuz gesperrt, wurden sie einer Personenkontrolle durch das Wachpersonal unterzogen.

Der Arbeitnehmer schaltete den Zufallsgenerator aus und verließ den Kontrollbereich, ohne für einen Ersatz zu sorgen. Er hielt sich anschließend aus privaten Gründen längere Zeit bei einem Mitarbeiter der Münzprägeanstalt auf. Von diesem nahm er den Rest eines Kunststoffrohrs ohne den vorgeschriebenen Begleitschein entgegen und brachte es in sein Kraftfahrzeug. Während seiner Abwesenheit konnte der Produktionsbereich unkontrolliert verlassen werden. Wenige Tage später stellte die Münzprägeanstalt einen Verlust von Gold im Wert von ca. 74.000 EUR fest. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund.

Das LAG hat die außerordentliche Kündigung – anders als noch das Arbeitsgericht – für rechtswirksam gehalten. Der Arbeitnehmer habe den von ihm zu sichernden Bereich ohne jede Veranlassung für einen erheblichen Zeitraum preisgegeben, als er nach einer Veränderung der Kontrolleinrichtung den Kontrollbereich verließ, ohne einen Ersatz herbeizurufen. Er habe damit das besondere Sicherungsinteresse der Münzprägeanstalt verletzt, für das der Arbeitgeber einzustehen habe. Mit der unerlaubten Mitnahme eines Gegenstands habe der Arbeitnehmer zudem ein Verhalten an den Tag gelegt, das mit seiner Beschäftigung habe verhindert werden sollen. Angesichts dieser schwerwiegenden Pflichtverletzungen sei es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten gewesen, den Arbeitnehmer abzumahnen und ihn anschließend wieder als Sicherheitsmitarbeiter zu beschäftigen. Er habe vielmehr das Arbeitsverhältnis beenden dürfen, ohne eine Kündigungsfrist einzuhalten.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.9.2015, (Az.: 17 Sa 810/15).


Tatbestand

Die Parteien streiten vor allem über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Die Beklagte, ein Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes, übernahm den Schutz der „S. M. B.“ , zu der die Kontrolle des Ein- und Ausgangs zum Produktionsbereich gehört. Dieser ist durch ein Drehkreuz gesichert, das mit einem Magnetkartenleser und einem Zufallsgenerator verbunden ist. Das Drehkreuz kann von Mitarbeitern der SMB mittels einer Chipkarte durchschritten werden, sofern der Zufallsgenerator das Tor nicht sperrt; in diesem Fall muss sich die Person in einen neben dem Drehkreuz gelegenen Wachraum begeben und sich von dem Mitarbeiter der Beklagten kontrollieren lassen. Jeder zweite Mitarbeiter des Produktionsbereichs der SMB muss sich im Durchschnitt einer derartigen Kontrolle unterziehen. Der Wachdienst werde in zwei Schichten von jeweils nur einem Mitarbeiter der Beklagten durchgeführt. Das Gebäude der SMB wird durch eine Videokameraanlage überwacht.

Der am...1977 geborenen Kläger, der verheiratet ist und für vier Kinder zu sorgen hat, wurde von der Beklagten seit dem 01.01.2010 als Sicherheitsmitarbeiter beschäftigt und in der SMB eingesetzt. Er hatte seine Tätigkeit auf der Grundlage einer „Arbeitsanweisung“ vom 10.06.2011 auszuüben sowie ein Wachbuch zu führen, in das ggf. Vorkommnisse nach Sachverhalt und ergriffener Maßnahme einzutragen waren. In der Arbeitsanweisung heißt es unter 2.1.2. u. a.:

„Der Wachraum muss stets besetzt sein. Sollte dieser dennoch verlassen werden und voraussichtlich länger als 5 Minuten unbesetzt bleiben, muss ein eingewiesener SMB-Mitarbeiter benachrichtigt werden und die kurzzeitige Vertretung übernehmen.“

Der Kläger übernahm am 08.07.2014 in der Zeit von 14.00 Uhr bis 23.00 Uhr den genannten Wachdienst.

Die SMB stellte am 11.07.2014 fest, dass ein Paket mit 1.000 Gold-Ronden im Wert von damals ca. 25.000,00 EUR nicht mehr vorhanden war. Eine anschließende Inventur ergab, dass insgesamt Gold im Wert von ca. 74.000,00 EUR aus dem Produktionsbereich der SMB entwendet worden war. Die SMB wertete daraufhin die Überwachungsvideoaufnahmen der vergangenen Wochen aus und stellte fest, dass der Kläger sich in der Zeit von 18.55 Uhr bis 20.15 Uhr in dem Raum des Leiters des Werkstattbereichs der SMB Herrn O. aufgehalten hatte. Während dieser Zeit konnten die Mitarbeiter des Produktionsbereichs das Drehkreuz ohne Kontrolle passieren. Der Kläger erhielt von Herrn O. den Rest eines Kunststoffrohrs ohne den für eine Mitnahme erforderlichen Begleitschein, das er in sein Kraftfahrzeug brachte, bevor er wieder den Wachraum aufsuchte. Er trug dieses Vorkommnis nicht in der Wachbuchseite für den 08.07.2014 ein.

Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom „21.02.2014“ u. a. zu dem Geschehen am 08.07.2014 an. Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 17.07.2014. Er gab dabei an, er habe den Wachraum aus dienstlichen Gründen verlassen und seinen Kontrollgang im Produktionsbereich gemacht; ferner habe er sich bei Herrn O. aufgehalten, wo sie sich „leider etwas verquatscht“ hätten. Er habe einen Mitarbeiter der SMB von seiner Abwesenheit nicht unterrichtet; denn die dort tätigen Herren B. und S. hätten ihn mündlich angewiesen, bei einem Verlassen des Wachraums in der Spätschicht lediglich das Drehkreuz zu sperren. Es treffe zu, dass der Zufallsgenerator während seiner Abwesenheit ausgeschaltet gewesen sei; jedoch habe er das Drehkreuz wie angewiesen gesperrt, wobei er jedoch einen Bedienungsfehler seinerseits oder einen Systemfehler nicht hundertprozentig ausschließen könne.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten übermittelte der SMB über deren Rechtsvertreter am 18.07.2015 die an den Kläger gestellten Fragen sowie dessen Antworten und bat u. a. um die Mitteilung, ob und ggf. welche Weisungen der Kläger in Bezug auf seinen Wachdienst von den Herren B. und S. erhalten haben. Er erhielt am 29.07.2014 die Antwort, dass Weisungen der vom Kläger genannten Art nach Auskunft der Mitarbeiter der SMB nicht erfolgt seien; die SMB beabsichtige, das Arbeitsverhältnis des Herrn O. wegen der Weitergabe des Kunststoffrohrs außerordentlich zu kündigen.

Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit Schreiben vom 08.08.2014 zu einer beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses an. Der Betriebsrat teilte am gleichen Tag mit, er habe gegen die außerordentliche Kündigung keine Bedenken und stimme der ordentlichen Kündigung zu.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit am gleichen Tag zugegangenen Schreiben vom 11.08.2015 außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise ordentlich zum 30.09.2014. Das Kündigungsschreiben wurde von der stellvertretenden Niederlassungsleiterin der Beklagten Frau Q. unterzeichnet; ihm LAG eine auf sie lautende Vertretungsvollmacht vom 17.06.2014 bei, die die Unterschrift des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten trägt. Der Kläger wies die Kündigung mit Schreiben vom 12.08.2014 zurück, weil ihr lediglich die Kopie einer Vollmacht beigelegen habe.

Mit seiner am 26.08.2014 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 10.09.2015 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die ausgesprochene Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Er hat ferner die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis über den 11.08.2014 hinaus fortbestehe und die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Beschäftigung sowie zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses verlangt. Der Beklagten stehe ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung nicht zur Seite, die zudem nicht innerhalb der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden sei; die ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht ausreichend angehört; die Kündigung sei wegen der erfolgten Zurückweisung unwirksam. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Kläger habe sich nicht nur während eines erheblichen Zeitraums nicht im Wachraum aufgehalten, sondern es zudem den Mitarbeitern des Produktionsbereichs der SMB ermöglicht, das Gebäude unkontrolliert zu verlassen. Er habe zudem einen Arbeitszeitbetrug begangen, indem er sein Fernbleiben nicht in das Wachbuch eingetragen habe. Schließlich habe der Kläger unerlaubt ein Stück Kunststoffrohr aus dem Bereich der SMB, deren Vermögenswerte er habe bewachen sollen, entfernt. Sie habe den Betriebsrat ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung beteiligt. Die Frau Q. erteilte Vollmacht trage die Originalunterschrift des Geschäftsführers. Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat durch ein am 26.03.2015 verkündetes Urteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche sowie ordentliche Kündigung vom 11.08.2015 nicht aufgelöst worden ist. Es hat die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers sowie zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses verurteilt und die darüber hinaus erhobene Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses als unzulässig abgewiesen. Die streitbefangene Kündigung sei unwirksam, weil für sie ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nicht vorliege; auch ein Grund im Verhalten des Klägers im Sinne des § 1 KSchG liege nicht vor. Die Beklagte könne dabei nicht geltend machen, der Kläger habe einen Arbeitszeitbetrug begangen, weil sie hierzu den Betriebsrat nicht angehört habe. Sie könne das Verlassen des Wachraums und die Mitnahme des Kunststoffrohrstücks lediglich zum Anlass für eine Abmahnung nehmen; eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei unverhältnismäßig. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 09.04.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, den 11.05.2015 eingelegte Berufung der Beklagten, die sie innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet hat.

Die Beklagte hält die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin für wirksam. Der Kläger habe nicht nur den Wachraum weisungswidrig verlassen, sondern es zudem ermöglicht, dass die Mitarbeiter des Produktionsbereichs der SMB das Gebäude unkontrolliert verlassen konnten. Allein dieser Arbeitsvertragsverstoß rechtfertige angesichts des besonderen Sicherungsbedürfnisses des SMB die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger habe zudem einen Arbeitszeitbetrug begangen, weil er seine Abwesenheit während des Privatgesprächs mit Herrn O. nicht in das Wachbuch eingetragen habe; der Betriebsrat sei von diesem Kündigungsgrund ausweislich der schriftlichen Anhörung vom 08.08.2014 unterrichtet worden. Schließlich habe der Kläger, dem doch die Sicherung des Eigentums der SMB oblegen habe, ein Stück Kunststoffrohr ohne den erforderlichen Begleitschein und damit erkennbar rechtswidrig mitgenommen. Sie habe aufgrund des Vorfalls vom 08.07.2014 den Bewachungsvertrag mit der SMB beinahe verloren; er sei nur verlängert worden, weil sie - die Beklagte - bereit gewesen sei, einen weiteren Wachmann in der SMB einzusetzen, ohne die hierfür in den ersten drei Monaten entstehenden Personalkosten in Rechnung zu stellen. Sie habe nach der Stellungnahme des Klägers den Sachverhalt weiter aufklären müssen, weshalb die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist erst mit der Äußerung der SMB am 29.07.2015 begonnen habe. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Dem Kündigungsschreiben sei eine von dem Geschäftsführer ausgestellte Originalvollmacht beigefügt gewesen, die ihm von der Zeugin G.zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Das Arbeitsverhältnis sei jedenfalls durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung aufgelöst worden. Der Kläger könne daher eine vorläufige Beschäftigung und ein Zwischenzeugnis nicht verlangen.

Die Beklagte beantragt, die Klage unter Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.03.2015 - 24 Ca 12072/14 - insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die ausgesprochenen Kündigungen seien nicht gerechtfertigt. Er habe neben der Ein- und Ausgangskontrolle eine Vielzahl weiterer Aufgaben gehabt, so dass ihm das Verlassen des Wachraums nicht zum Vorwurf gemacht werden könne; auch ein Arbeitszeitbetrug, von dem der Betriebsrat nicht unterrichtet worden sei, liege nicht vor. Der Beklagten sei es zuzumuten, das Geschehen zum Anlass einer Abmahnung zu nehmen und das bislang ungestört durchgeführte Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Die Kündigung sei im Übrigen wegen der nicht beigefügten Originalvollmacht und der hierauf gestützten Zurückweisung rechtsunwirksam.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 09.07., 14.08. und 21.08.2015 Bezug genommen.

Die Berufungskammer hat durch Vernehmung der Zeugin Elke G.Beweis über die Behauptung der Beklagten erhoben, der Kündigung sei eine Originalvollmacht des Geschäftsführers beigefügt gewesen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.09.2015 verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung ist begründet.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist durch die außerordentliche Kündigung vom 11.08.2014 aufgelöst worden, weshalb sich seine Kündigungs-schutzklage als unbegründet erweist. Dem Kläger steht ein Anspruch auf vorläufige Beschäftigung und auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses nicht zu. Die Klage war deshalb unter Änderung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang abzuweisen.

Die außerordentliche Kündigung ist rechtswirksam, weil der Beklagten ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zur Seite steht, die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten wurde, der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt wurde und die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB ins Leere geht.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Bei der Prüfung des wichtigen Grundes ist zunächst zu untersuchen ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d. h. typischerweise geeignet sein kann, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Alsdann ist festzustellen, ob dem Kündigenden angesichts der konkreten Umstände des Falles eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zuzumuten ist oder nicht. Dabei ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen, wobei regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf zu berücksichtigen sind.

Ergibt die Gesamtwürdigung, dass der Störung des Arbeitsverhältnisses angemessen mit einer ordentlichen Kündigung oder auch nur mit einer Abmahnung begegnet werden kann, liegt ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB nicht vor. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers, ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer sein künftiges Verhalten auf eine Abmahnung hin ändern wird; ist jedoch bereits erkennbar, dass eine Abmahnung nicht zur Änderung des Verhaltens führen wird, oder handelt es sich um eine so schwere Pflichtverletzung, dass selbst deren erste Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - offensichtlich ausgeschlossen ist, bedarf es einer Abmahnung vor Ausspruch einer - außerordentlichen oder ordentlichen - Kündigung nicht.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers gegeben.

Die dem Kläger vorgehaltenen Vertragspflichtverletzungen können jeweils „an sich“ Anlass für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein. Dies gilt vor allem für das Verlassen des Wachraums für einen erheblichen Zeitraum, in dem der Kläger seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nicht nachgekommen ist und in dem der Produktionsbereich der SMB unkontrolliert verlassen werden konnte. Auch die unerlaubte Mitnahme eines Gegenstandes aus dem Bereich der SMB und die nicht ordnungsgemäße Führung des Wachbuchs sind - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.

Der Beklagten war es bei einer Gesamtwürdigung der Umstände auch unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an einer weiteren Beschäftigung nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis selbst bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 30.09.2014 fortzusetzen.

Der Kläger hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten besonders schwerwiegend verletzt, als er am 08.07.2014 den Wachraum verließ und es Mitarbeitern der SMB ermöglichte, das Gebäude unkontrolliert zu verlassen.

Für die SMB ist es von besonderer Bedeutung, dass eine zuverlässige Ausgangskontrolle stattfindet. Bei der Produktion von Münzen werden Edelmetalle verwendet, die ohne großen Aufwand versteckt und entwendet werden können, wobei angesichts des Wertes der Metalle selbst bei der Entwendung kleiner Mengen ein wirtschaftlich großer Schaden entstehen kann. Dem hierdurch entstehenden Anreiz, Edelmetall zu entwenden, kann nur durch eine Kontrolle begegnet werden, die eine große Gefahr der Entdeckung mit sich bringt. Sie wird zunächst durch die vorhandene Kontrolleinrichtung als solche gewährleistet, weil das Drehkreuz nicht ohne weiteres durchschritten werden kann und infolge des Zufallgenerators, der bei durchschnittlich jedem zweiten Mitarbeiter des Produktionsbereichs anschlägt, eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, kontrolliert zu werden. Die abschreckende Wirkung der Kontrolleinrichtung hängt jedoch zusätzlich davon ab, dass eine Kontrolle durch den im Wachraum eingesetzten Mitarbeiter der Beklagten auch vorgenommen werden kann. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Arbeitsanweisung der Beklagten, wonach der Wachraum stets besetzt sein muss und für den Fall, dass der Mitarbeiter dort länger als fünf Minuten nicht anwesend sein kann, ein Mitarbeiter der SMB die Kontrolle im Wachraum zu übernehmen hat.

Der Kläger hat am 08.07.2014 nicht nur den Wachraum für länger als fünf Minuten verlassen, ohne dass dies dienstlich veranlasst war; denn selbst wenn es zunächst erforderlich gewesen sein sollte, Herrn O. aufzusuchen, gilt dies keinesfalls für das sich anschließende private Gespräch sowie die Mitnahme und den Transport des Kunststoffrohrteils. Der Kläger hat darüber hinaus seine Abwesenheit nicht mitgeteilt und damit verhindert, dass die Ausgangskontrolle von einer anderen Person durchgeführt werden kann. Vor allem ist davon auszugehen, dass der Kläger nicht nur den Zufallsgenerator ausgeschaltet hat, sondern dass es aufgrund dieses Verhaltens für die Mitarbeiter des Produktionsbereichs auch möglich war, mittels ihrer Chipkarte das Drehkreuz zu öffnen und das Gebäude unkontrolliert zu verlassen. Soweit der Kläger in seiner der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung gegebenen Stellungnahme vom 17.07.2014 angegeben hat, er habe das Drehkreuz „wie angewiesen gesperrt“, hat er dies bereits damals mit den Worten relativiert, er könne einen „Bedienungsfehler…oder einen Systemfehler nicht zu 100% ausschließen“. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger sich schriftsätzlich nicht mehr dazu geäußert, dass und in welcher Weise er das Drehkreuz gesperrt haben will. Gegen eine derartige zusätzliche, d. h. vom Zufallsgenerator unabhängige Sperrung spricht bereits, dass das Drehkreuz unstreitig während der Abwesenheit des Klägers durchschritten werden konnte. Anhaltspunkte für eine technische Störung, die der Kläger nach seiner Rückkehr hätte bemerken müssen, hat der Kläger nicht vorgetragen; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Kläger hat auch nicht angegeben, wann und auf welche Weise ihn die Herren B. und S. hierzu angewiesen haben sollen. Schließlich hätte eine Sperrung des Drehkreuzes zur Folge gehabt, dass kein Mitarbeiter den Produktionsbereich mehr hätte verlassen können. Der Kläger hätte dann bei seiner Rückkehr mit einer größeren Anzahl aufgebrachter Mitarbeiter rechnen müssen, die sein Fehlen im Wachraum hätten melden können. Die Berufungskammer nimmt nach alledem an, dass eine „Sperrung“ des Drehkreuzes, die ein Passieren unmöglich machte, nicht erfolgt und der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe die ihm obliegende Sicherung des Gebäudes wissentlich aufgegeben, daher berechtigt ist. Mit diesem Verhalten hat der Kläger nicht nur seine Arbeitspflicht verletzt. Er hat vielmehr den Zweck der Beauftragung der Beklagten durch die SMB vereitelt und die Gefahren heraufbeschworen, denen durch seine Tätigkeit entgegengewirkt werden sollte. Es kommt hinzu, dass der Kläger über einen langen Zeitraum nicht im Wachraum war, was die Gefahr des Diebstahl aus dem Produktionsbereich der SMB potenzierte; ob er insgesamt 80 Minuten fehlte oder ob - wie von der Beklagten behauptet - allein sein Aufenthalt bei Herrn O. so lange dauerte, ist dabei letztlich unerheblich. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, aufgrund der Arbeitsanweisung habe er weitere Aufgaben zu erfüllen gehabt und habe sich deshalb nicht ununterbrochen im Wachraum aufhalten können, rechtfertigt dies keine andere Einschätzung. Denn die Beklagte hat in ihrer Arbeitsanweisung geregelt, auf welche Weise der Kläger die Kontrolle der Mitarbeiter mit der Erfüllung anderer Verpflichtungen in Einklang zu bringen hat. Danach hatte er bei einer längeren Abwesenheit einen Mitarbeiter der SMB herbeizurufen, der die weiterhin erforderliche Kontrolle dann durchführen konnte. Von einer wie auch immer gearteten Pflichtenkollision des Klägers kann deshalb keine Rede sein. Es kommt hinzu, dass der Kläger am 08.07.2014 sich zeitlich überwiegend im privaten Interesse nicht im Wachraum aufgehalten hat. Sein Fehlverhalten wiegt besonders schwer, weil er bei seinem Weggang die Kontrolleinrichtung veränderte, den Mitarbeitern das unkontrollierte Verlassen des Produktionsbereichs ermöglichte und er der SMB die Möglichkeit nahm, den Ausgang durch einen eigenen Mitarbeiter zu bewachen, indem er seinen Weggang nicht anzeigte - dies alles in einem Bereich, der wegen des hohen Risikos des Verlustes erheblicher Werte - die SMB hatte einen Verlust von Gold im Wert von ca. 74.000,00 EUR zu beklagen - besonders zu sichern war.

Der Kläger hat ferner seine arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblicher Weise verletzt, indem er unerlaubt ein Stück Kunststoffrohr aus dem Gebäude der SMB entfernte und in sein Kraftfahrzeug brachte. Der Kläger musste dabei davon ausgehen, dass Herr O. zur Weitergabe des Kunststoffrohrstückes nicht berechtigt war; denn er hatte für die Mitnahme keinen Begleitschein erhalten, der bei einer ordnungsgemäßen Mitnahme von Gegenständen auszufüllen gewesen wäre. Dass es sich - wie der Kläger in seiner Stellungnahme vom 17.07.2014 angab - „augenscheinlich um ein Abfallstück handelte“, kann zum einen nicht ohne weiteres angenommen werden. Denn das Rohr hatte einen Wert von 117,00 EUR je Meter und konnte von dem Kläger noch verwendet werden. Zum anderen bestand hinsichtlich der Mitnahme von Sachen mit geringem Wert keine Ausnahme, was das Ausstellen eines Begleitscheines angeht. Der Kläger hat daher unberechtigt einen Gegenstand aus dem Gebäude der SMB entfernt, obwohl es ihm als Sicherheitsmitarbeiter gerade oblag, ein derartiges Verhalten zu verhindern. Er hat mit anderen Worten seine Tätigkeit in das Gegenteil verkehrt und damit ebenfalls schwerwiegend gegen seine arbeits-vertraglichen Pflichten verstoßen; wie seine Handlung strafrechtlich zu würdigen ist, kann dabei im vorliegenden Verfahren offenbleiben.

Der Kläger hat schließlich am 08.07.2015 gegen die Anweisung verstoßen, das Wachbuch ordnungsgemäß zu führen. Er hat hierdurch allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Arbeitszeitbetrug begangen, weil das Wachbuch nicht der Aufzeichnung der Arbeitszeiten des Klägers diente. Der diesbezügliche Vorwurf, den die Beklagte allerdings - anders als das Arbeitsgericht in seiner Urteilsbegründung meint - auf Seite 6 des Anhörungsschreibens auch zum Gegenstand der Betriebsratsanhörung gemacht hat, stützt die außer-ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses daher nicht. Der Kläger hätte jedoch als besonderes Vorkommnis im Wachbuch vermerken müssen, dass er den Wachraum für einen langen Zeitraum verlassen und den Zufallsgenerator am Drehkreuz ausgeschaltet hatte. Ohne diese Eintragungen war das Wachbuch unvollständig und ein Verstoß des Klägers gegen seine arbeitsvertraglichen Dokumentationspflichten festzustellen.

Die genannten Vertragsverstöße des Klägers wiegen bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände derart schwer, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden konnte. Dabei liegt das Schwergewicht der Vorwürfe auf dem Verlassen des Wachraums und der Aufgabe jeder Kontrolle beim Verlassen des Produktionsbereichs der SMB für einen langen Zeitraum. Mit diesem Verhalten hat der Kläger nicht nur die berechtigten Interessen der SMB gröblich verletzt, die sich mit der Einrichtung der Kontrolleinrichtung und die Beschäftigung eines Sicherheitsmitarbeiters im Wachraum gegen den Verlust von Edelmetall absichern wollte. Er hat zudem auch gegen die Interessen der Beklagten als seiner Arbeitgeberin gehandelt, die angesichts seines - ihr zuzurechnenden - Verhaltens zumindest mit einem Verlust des Bewachungsauftrages rechnen musste. So hat die Beklagte eine weitere Beauftragung nur dadurch erreichen können, dass sie einen weiteren Mitarbeiter - teilweise auf eigene Kosten - zur Sicherung des Wachraums stellte. Das Vorgehen des Klägers ist geeignet, das Vertrauen der Beklagten in seine Einsetzbarkeit zu zerstören. Jede Ausgangskontrolle ist sinnlos, wenn der mit ihr betraute Sicherheitsmitarbeiter den Kontrollbereich verlässt, einen zur Verfügung stehenden Ersatz nicht herbeiruft und zudem die Kontrolleinrichtung in einer Weise verändert, dass der zu sichernde Bereich ohne weiteres verlassen werden kann. Das Fehlverhalten wiegt umso schwerer, als es keinen nachvollziehbaren Grund für das Verhalten des Klägers gab, mit dem er erhebliche Werte des Auftraggebers seiner Arbeitgeberin gefährdete. Der Kläger hätte ohne weiteres die Sicherungsinteressen der SMB wahren können, indem er einen Mitarbeiter der SMB herbeiruft. Dass er diese - eindeutig vorgegebene - Maßnahme unterließ und auch noch durch Veränderung der Kontrolleinrichtung den ungehinderten Ausgang ermöglichte, um dann für lange Zeit aus privaten Gründen dem Wachraum fernzubleiben, ist mit den berechtigten Erwartungen an einen Sicherheits-mitarbeiter in keiner Weise in Einklang zu bringen. Dass die Beklagte zu Recht das Vertrauen in den Kläger verlor, zeigt sich weiter in dem unerlaubten Entfernen des Kunststoffrohres aus dem Bereich der SMB. Der Kläger bietet keine Gewähr mehr für eine zuverlässige Personenkontrolle, mit der die unberechtigte Wegnahme von Gegenständen verhindert werden soll, wenn er selbst vorsätzlich und unter Verstoß gegen die bestehenden Bestimmungen einen derartigen Gegenstand mitnimmt. Dass der Kläger seine Protokollierungspflichten am 08.07.2014 verletzt hat, hat neben den genannten Pflichtverletzungen kein eigenständiges Gewicht, auch wenn dies ebenfalls nicht für den Kläger spricht. Das Fehlverhalten des Klägers wiegt auch derart schwer, dass die Beklagte ihm nicht mit dem Ausspruch einer Abmahnung begegnen musste. Zwar beruhen die arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen des Klägers auf einem vorsätzlichen und damit steuerbaren Verhalten. Es konnte angesichts der genannten Umstände nach objektiven Maßstäben von der Beklagten jedoch nicht erwartet werden, dass sie das Verhalten des Klägers letztlich hinnimmt und das Arbeitsverhältnis fortsetzt. Der Ausspruch einer Abmahnung würde der Schwere des Fehlverhaltens des Klägers in keiner Weise gerecht. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand zudem im Zeitpunkt der Kündigung noch keine fünf Jahre; der Kläger ist zudem in einem Alter, das ihn nicht zusätzlich an der erfolgreichen Suche nach einer neuen Beschäftigung hindert. Bei dieser Sachlage stellt die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses - auch unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtungen des Klägers - nach Auffassung der Berufungskammer eine insgesamt angemessene Reaktion auf die vom Kläger zu verantwortende Störung des Arbeitsverhältnisses dar.

Die Beklagte hat die außerordentliche Kündigung innerhalb der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen.

Die Kündigungserklärungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann deshalb nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begänne. Sind die Ermittlungen abgeschlossen und hat er eine hinreichende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt, beginnt der Lauf der Ausschlussfrist. Unbeachtlich ist, ob die Ermittlungsmaßnahmen tatsächlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen haben oder überflüssig waren.

Die Beklagte hatte im vorliegenden Fall erst mit der Stellungnahme des Rechtsvertreters der SMB vom 29.07.2014 eine ausreichende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt, so dass die Kündigungserklärungsfrist erst am 12.08.2014 und damit nach Zugang der streitbefangenen Kündigung ablief. Erste Anhaltspunkte für ein kündigungsrelevantes Fehlverhalten des Klägers ergaben sich erst mit der Auswertung der Videoaufnahmen durch die SMB, die nach der Feststellung eines Goldverlustes am 11.07.2015 erfolgten. Die Beklagte durfte angesichts der hierdurch gewonnenen Erkenntnisse den Kläger anhören, um auf diese Weise den Sachverhalt sachgerecht aufzuklären. Dies geschah durchaus auch im Interesse des Klägers, weil entlastende Umstände zu seinen Gunsten hätten berücksichtigt werden können. Nachdem der Kläger in seiner Stellungnahme u. a. zum Ausdruck brachte, er sei von Mitarbeitern der SMB mündlich angewiesen worden, in der Spätschicht bei einer Abwesenheit keinen Mitarbeiter herbeizurufen, sondern lediglich das Drehkreuz zu sperren, war die Beklagte auch berechtigt, dies durch Nachfrage bei der SMB zu klären. Die Aufklärungsmaßnahmen der Beklagten erfolgten jeweils zeitnah, so dass ihr nicht vorgeworfen werden kann, sie habe den Sachverhalt nicht mit der gebotenen Eile ermittelt. Dass die Stellungnahme der SMB erst am 29.07.2015 erfolgte, hat die Beklagte nicht zu vertreten.

Die außerordentliche Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den Betriebsrat am 08.08.2014 und damit vor Ausspruch der Kündigung umfangreich von den für sie maßgebenden Kündigungsgründen in Kenntnis gesetzt; dass sie dabei möglicherweise zu Unrecht ausführte, der Kläger habe für drei Kinder zu sorgen, ist bei dem vorliegenden Kündigungssachverhalt ohne rechtliche Bedeutung. Der Betriebsrat hat noch am gleichen Tag erklärt, dass er gegen die außerordentliche Kündigung keine Bedenken habe, womit das Anhörungsverfahren abgeschlossen wurde. Die Kündigung wurde erst am 11.08.2015 und damit nach der Anhörung des Betriebsrats ausgesprochen.

Die Kündigung ist nicht gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Der Kläger war nicht berechtigt, die Kündigung wegen des Fehlens einer Vollmachtsurkunde zurückzuweisen, weil dem Kündigungsschreiben eine auf Frau Q. lautende Vollmacht des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten beigefügt war. Nach der Vernehmung der Zeugin G. steht zur Überzeugung der Berufungskammer fest, dass es sich bei der Vollmacht um das Original und nicht lediglich um die Kopie einer Vollmacht handelt. Die Zeugin G., an deren Glaubwürdigkeit keine Zweifel bestehen, hat bekundet, dass sie stets für eine ausreichende Anzahl von Vollmachten Sorge trägt, weil der Geschäftsführer nicht täglich in der Niederlassung Berlin anwesend ist und die ggf. erforderlichen Erklärungen dann nicht selbst vornehmen kann. Sie lege deshalb dem Geschäftsführer jeweils eine größere Anzahl von Vollmachtsvordrucken zur Unterschrift vor; Vollmachtskopien seien nicht gefertigt worden. Die Darstellung der Zeugin G. ist in jeder Hinsicht nachvollziehbar und damit glaubhaft. Nur mit der Ausstellung von Originalvollmachten kann die Beklagte in ihrer Berliner Niederlassung sicherstellen, dass einseitige Rechtsgeschäfte auch in Abwesenheit des Geschäftsführers vorgenommen werden können; die Kopie einer Vollmacht ist demgegenüber wegen des Zurückweisungsrechts des Empfängers wertlos. Es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der hier verwendeten Vollmacht um eine Kopie handelt. Das äußere Erscheinungsbild der Unterschrift des Geschäftsführers weist schon für sich genommen auf eine originäre Unterzeichnung der Vollmacht hin, was sich durch die Aussage der Zeugin G. zusätzlich bestätigte.

Die gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung gerichtete Klage ist ebenfalls unbegründet. Da das Arbeitsverhältnis bereits durch die außerordentliche Kündigung vom 11.08.2014 aufgelöst wurde, ist für die Feststellung der Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung kein Raum.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf eine vorläufige Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits nicht zu, weil die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 11.08.2014 nunmehr zweitinstanzlich festgestellt worden ist und besondere Umstände, die gleichwohl eine tatsächliche Beschäftigung des Klägers geboten erscheinen lassen, weder vorgetragen noch ersichtlich sind.

Der Kläger kann von der Beklagten die Erteilung eines Zwischen-zeugnisses nicht verlangen, weil das Arbeitsverhältnis beendet ist; die Erteilung eines Endzeugnisses hat der Kläger mit seiner Klage nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.
 

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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 174 Einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten


Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die

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Arbeitsrecht: Das muss ein Arbeitgeber bei einer krankheitsbedingten Kündigung berücksichtigen

19.06.2020

In dem Urteil vom 13.08.2019 hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorprommern Grundsätze aufgezeigt, die ein Arbeitgeber bei einer krankheitsbedingten Kündigung beachten muss.  Streifler & Kollegen - Rechtsanwälte - Anwalt für Arbeitsrecht

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30.01.2018

Beleidigt ein Arbeitnehmer einen Kollegen in einer erheblich ehrverletzenden Art und Weise, verstößt er damit gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Dies kann eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen – BSP Rechtsanwälte – Anwältin für Arbeitsrecht Berlin

Arbeitsrecht: Fristlose Kündigung wegen heimlicher Aufnahme eines Personalgesprächs wirksam

18.01.2018

Einem Arbeitnehmer, der zu einem Personalgespräch mit Vorgesetzen und Betriebsrat eingeladen wird und dieses heimlich aufnimmt, kann wirksam fristlos gekündigt werden – BSP Rechtsanwälte – Anwältin für Arbeitsrecht Berlin

Arbeitsrecht: Drohung mit Amoklauf kann fristlose Kündigung rechtfertigen

04.01.2018

Droht ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber mit Gefahren für Leben oder Leben kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen -  BSP Rechtsanwälte – Anwältin für Arbeitsrecht Berlin

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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.