Die Liquidierung eines Unternehmens in der Krise ist in den meisten Fällen aus unterschiedlichen Gründen unerwünschtes und schlecht möglichstes Ergebnis.
Für die Gläubiger hängt dies von unterschiedlichen weniger emotional geprägten Faktoren ab, etwa dem Ausfallrisiko für den Fall der Abwicklung, der künftigen Geschäftserwartung für den Fall erfolgreicher Sanierung oder dem Druck der Medien.
Die nächste grundsätzliche Frage ist ob eine Sanierung mit oder ohne Insolvenzverfahren durchgeführt werden soll.
Beide Verfahrensweisen haben ihre Vor- und Nachteile:
Förmliches Insolvenzverfahren
Bei einer Sanierung über ein (förmliches) Insolvenzverfahren ist durch den Verwalter ein geordneter Ablauf gewährleistet. Insbesondere können nicht einzelne Gläubiger zu Lasten der anderen Beteiligten eine Übervorteilung suchen. Von besonderem Gewicht ist oftmals auch, dass § 613a BGB nur eingeschränkt gilt. Vor allem aber besteht kein Zwang zur sofortigen Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Auch der Schutz der für die Schuldner Gesellschaft handelnden Personen (Persönliche Risken für Organe von Kapitalgesellschaften) wegen diverser Haftungsrisiken in der Sanierungsphase ist ein gewichtiges Argument. Der Schuldner wird auch nicht durch einzelne Gläubiger während der Sanierungsphase unter Druck gesetzt werden, aufgrund der Befugnisse des Amtswalters. Andererseits wird ein Insolvenzverfahren oftmals den Sanierungserfolg gefährden. Die Reputation und die Wettbewerbsfähigkeit des Schuldnerunternehmens werden in Mitleidenschaft gezogen. Auf Seite der Debitoren werden nach der Schuldnerinsolvenz plötzlich alle Lieferungen und Leistungen mangelhaft, fällige Zahlungen werden verweigert oder zumindest verzögert. Fristen und sonstige Verfahrensvorschriften erschweren den Sanierungsprozess. Die Abstimmungsschwierigkeiten unter den Beteiligten können durch die zusätzlichen Beteiligten – Insolvenzverwalter und Konkursgericht - zunehmen.
Diese Nachteile sind gleichzeitig die Vorzüge der außergerichtlichen Sanierung.
Außergerichtliche Sanierung
Gelingt die Sanierung, fragt niemand, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Im Falle des Scheiterns der außergerichtlichen Sanierung, entstehen auch für die Beteiligten Gläubiger eine Vielzahl von Risiken, wenn sich herausstellt, dass verschiedene Regeln unbeachtet geblieben sind.
Es droht den Gläubigern, die sich aktiv an der Sanierungsaktion beteiligt haben, nicht nur der Verlust der zu Sanierungszwecken neu eingesetzten Mittel. Sie verlieren oftmals sogar ihre Altkredite, auch soweit sie bei einer sofortigen Abwicklung des Engagements wirksam abgesichert gewesen wären. Hinzu kommen Haftungsrisiken im Innenverhältnis zum Schuldnerunternehmen und auch im Außenverhältnis gegenüber anderen Gläubigern.
Handlungsalternativen
Wenn der Gläubiger die Beitreibung seiner Forderung betreibt, droht die Entwertung der Forderung, soweit der Schuldner in die Insolvenz getrieben wird und anschließend ein mangels Masse Beschluss das Insolvenzverfahren beschließt. Ein anderes ebenso unschönes Ergebnis ist, dass die Rechtverfolgungskosten die Beitreibungserlös übersteigen, oder Beitreibungserlöse oder Sicherheitenbestellungen angefochten werden.
Eine Inanspruchnahme des Gläubigers, der einen erfolgversprechenden Sanierungsversuch vereitelt, wegen Schadensersatzansprüchen des Schuldners oder der sanierungswilligen anderen Gläubiger, sogenannte Akkordstörer, wurde vom BGH generell verneint.
Ein solches Haftungsrisiko besteht in aller Regel ebenfalls nicht für Gläubiger die sich lediglich passiv beteiligen, indem sie Forderungen nicht geltend machen, oder auf sie zum Teil oder ganz verzichten.
Für den Gesellschaftergläubiger droht allenfalls, dass zuvor gewährten Kredite, als Eigenkapitalersatz i.S. der §§ 30ff. GmbHG und der hierzu entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze verwandeln mit der Folge, dass diese Altkredite samt Sicherheiten für den Gläubiger im Insolvenzfall endgültig verloren sind. Etwas anderes gilt, wenn im Gegenzug für das Stillhalten Sicherheiten gestellt werden und dies die letzten noch verfügbaren Werte des Schuldners darstellen. Aber dann kann man kaum von Sanierungsversuchen reden.
Risiken bei einer Beteiligung am Sanierungsversuch
Für eine Kapital- oder gleichgestellte Personengesellschaft, besteht Insolvenzantragspflicht, sobald die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist, bzw. spätestens drei Wochen nach Eintritt. (§ 64 I GmbHG, § 92 II AktG, §§ 130a I, 177a HGB bzw. § 99 I GenG) Dies gilt nicht nur für die Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder, Liquidatoren und Abwickler, sondern nach ständiger Rechtsprechung auch für faktische Geschäftsführer, d.h. diejenigen, die ohne zum Organ bestellt zu sein, die Geschäfte der Gesellschaft tatsächlich wie ein vertretungsberechtigtes Organ führen. Notwendig ist ein eigenes, auch nach außen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln. Diese Haftung kann auch bestehen, wenn die eigentlich zum Organ bestellte Person ebenfalls tätig ist. (siehe dazu „Persönliche Risken für Organe von Kapitalgesellschaften“) In den Sanierungsfällen werden die wenigsten Gläubiger selbst nach außen wie ein Geschäftsführer auftreten, sondern dies allenfalls einem Unternehmensberater oder anderen überlassen, die dann ggf. als faktische Geschäftsführer für die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags verantwortlich sind.
Die Gläubiger selbst können aber als Anstifter oder Gehilfen haften, wenn sie auf die als Organ handelnden Personen entsprechend einwirken. Nach § 830 II BGB stehen sie dann wie ein Mittäter für den gemeinschaftlich verursachten Schaden in der Haftung. Es reicht jeder Sanierungsbeitrag der Gläubiger, der geeignet ist, die antragspflichtigen Personen bei der Verschleppung zu unterstützen. Kausalität ist nicht erforderlich. Notwendig ist jedoch zumindest bedingter Vorsatz auf beiden Seiten. D.h. sowohl der Gläubiger als auch die Organvertreter des Schuldnerunternehmens müssen die Verschleppung wenigstens billigend in Kauf nehmen. Fahrlässigkeit reicht nicht. Allerdings werden von den Gerichten für die Annahme eines solchen Vorsatzes keine allzu hohen Anforderungen gestellt.
Ein weiterer Haftungstatbestand ergibt sich, wenn Dritte über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens getäuscht werden. (Sanierungskreditproblematik, Grundsatzurteil des BGH vom 9. 7. 1953)
Folgen:
Zivilrechtlichen Folge gegenüber der Gesellschaft ist, dass der Gläubiger im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein kann, der der Gesellschaft etwa durch Zahlungen nach Eintritt der Konkursreife entstanden ist, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. In Abzug zu bringen wäre von einer solchen Forderung, der Wert der Gegenleistung, der sich bei Insolvenzeröffnung noch in der Masse befindet und die auf den betreffenden Gläubiger entfallende Quote.
Im Verhältnis gegenüber den anderen Gläubigern kommt eine Ausfallhaftung in Betracht, gemäß § 823 II BGB i.V. m. § 64 I GmbHG / § 92 II AktG / §§ 130a I, 177a HGB bzw. § 99 I GenG und gem. § 840 I BGB als Gesamtschuldner. Beim Haftungsumfang wird zwischen Alt- und Neugläubigern differenziert. Für die Altgläubigern entsteht ein Anspruch in Höhe der Differenz zwischen der Quote, die bei rechtzeitiger Antragstellung entstanden wäre und der letztlich tatsächlich erhaltenen Quote. Gegenüber den Neugläubigern, die ihre Forderung nach dem Zeitpunkt erworben haben, zu dem Konkursantrag hätte gestellt werden müssen, besteht ggf. eine Verpflichtung zum Ausgleich des vollen Schadens, der ihnen dadurch entstanden ist, dass sie in Rechtsbeziehungen zu dem konkursreifen Schuldnerunternehmen getreten sind.
Die Beweislast für das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der Insolvenzantragspflicht trägt zwar grundsätzlich der geschädigte Gläubiger. Gelingt ihm jedoch der Nachweis, dass die Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt rechnerisch überschuldet war, ist es Sache des Antragspflichtigen, die Umstände darzulegen, die es aus damaliger Sicht rechtfertigen, das Unternehmen trotzdem fortzuführen. Hierzu ist ein umfangreicher, detaillierter Sachvortrag erforderlich, der sich inhaltlich und vom Umfang her mit einem qualifizierten Sanierungsgutachten deckt. Der Gläubiger, der nach gescheiterter Sanierung wegen Teilnahme an der Konkursverschleppung auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, wird seiner Darlegungslast deshalb nur genügen können, wenn er ein solches detailliertes Gutachten oder - im Falle der Eigenprüfung - eine vergleichbare Dokumentation vorlegen kann. Die bloße Erinnerung von Zeugen an die zu Beginn der Sanierungsaktion angestellten Erwägungen wird dagegen in aller Regel nicht ausreichen.
Ein solches Gutachten ist von einem neutralen, branchenkundigen Wirtschaftsfachmann oder von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer zu erstellen.
Die strafrechtlichen Folgen treten ggf. hinzu.
Haftung von Gesellschaftergläubigern
Nach den Kapitalerhaltungsvorschriften im GmbH-Recht darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der GmbH nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden. Verbotswidrige Rückzahlungen müssen der Gesellschaft erstattet werden.
Für Gläubiger die zugleich Gesellschafter der Schuldnerin sind ist mithin zu beachten, dass bei einer Darlehensgewährung nach Eintritt der Krise, ein Rückzahlungsanspruch in der Insolvenz oder im Vergleich der Gesellschaft nicht geltend gemacht werden kann. Das gleiche gilt für Gesellschafterdarlehen, die zwar vor Kriseneintritt gewährt, aber nach Kriseneintritt nicht abgezogen wurden, obwohl dies dem Gesellschafter möglich gewesen wäre.
Damit drohte den Gläubigern, die zugleich an ihrem Schuldnerunternehmen gesellschaftsrechtlich beteiligt waren oder sich hieran im Rahmen einer Sanierungsaktion gesellschaftsrechtlich beteiligten, der Verlust der neu ausgereichten Sanierungskredite wie auch der stehengelassenen Altkredite einschließlich der dazu bestellten Sicherheiten.
Durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) wurde allerdings ein Sanierungsprivileg geschaffen, wonach der Erwerb von Geschäftsanteilen durch einen Darlehensgeber in der Krise der Gesellschaft zum Zwecke der Überwindung der Krise nicht zur Anwendung der Regeln über den Eigenkapitalersatz für seine bestehenden oder neu gewährten Kredite führt (§ 32a III 3 GmbHG). Damit hat sich die Eigenkapitalersatzproblematik in den meisten Sanierungsfällen entschärft.
Vermeidungsstrategie
Die einfache Wahrheit zu erst. Etwaige Insolvenzgründe sind vor Einleitung einer Sanierungsaktion unverzüglich und vollständig zu beseitigen. Verstößt man hiergegen, entstehen verschiedenste Risiken für alle Beteiligten.
Vor jeder Mitwirkung an einem Sanierungsvorhaben ist ein Gutachten einzuholen, ob das Sanierungsvorhaben Erfolg verspricht. Fällt das Gutachten positiv aus, kann sich der Gläubiger darauf verlassen, wenn es keine groben Auslassungen oder Fehler enthält. Die Gläubiger sind dann haftungsrechtlich „aus dem Schneider“, und zwar auch dann, wenn die Sanierung trotzdem scheitert. Denn mit der Einholung eines Sanierungsgutachtens durch einen neutralen Wirtschaftsfachmann hat man alles zumutbare getan, um die Gefahr einer Schädigung anderer Gläubiger durch von vornherein aussichtslose Sanierungsaktionen zu vermeiden.
Es gibt keine Garantie dafür, dass der Sanierungsversuch erfolgreich sein wird. Scheitert trotz aller Sanierungsbeiträge der Versuch, so kann zumindest der Beweislast genügt werden.
Eine weitere Schutzmaßnahme ist die Offenlegung des Sanierungsversuchs und die Beteiligung aller Gläubiger soweit als möglich.
Zu guter letzt sollte eine Anmaßung von Geschäftsführungs- oder Gesellschafterbefugnissen weitestgehend unterbleiben.
Beachtet man vorstehendes nicht, ist von jedem Engagement ab zu raten. Im besten Fall hat man lediglich das „gute Geld dem schlechten nachzuwerfen“.
Gelingt eine Sanierung, so hat man nicht nur die Erhöhung der Werthaltigkeit einer sonst abzuschreibenden Forderung erreicht.
Bitte beachten Sie, dass sich weitere Haftungsrisiken ergeben können, die im Einzelfall zusätzlich zu prüfen sind. So insbesondere die Anfechtungstatbestände, die Ausfallhaftung nach den Regeln des qualifiziert faktischen Konzerns auf die hier nicht eingegangen werden konnte.
Eine Darstellung sämtlicher denkbarer haftungsrechtlicher Folgen einer gescheiterten Unternehmenssanierung würde jedoch den Rahmen dieses Beitrags sprengen.
Die verkürzte Darstellung bedingt, dass eine vollständige Beschreibung der relevanten Rechtslage hier nicht möglich ist und daher eine professionelle Beratung nicht ersetzt. Trotz sorgfältiger Bearbeitung bleibt eine Haftung ausgeschlossen.