Familienrecht: Hausratverteilung – Bei Zuweisung eines Hundes kommt es auf das Tierwohl an
Das machte das Amtsgericht München deutlich und wies einen entsprechenden Zuweisungs-Antrag der getrennt lebenden Ehefrau zurück. Die Eheleute hatten sich nach drei Ehejahren getrennt. Die beiden Hunde hielten sich im Zeitpunkt der Trennung zunächst bei der Ehefrau auf. Kurz darauf nahm der Ehemann die Hunde zu sich. Seitdem leben sie bei ihm. Nun wollte die Ehefrau beide oder zumindest einen der Hunde zugewiesen haben.
Die zuständige Richterin stellte zunächst klar, dass nach dem Gesetz beide Hunde im Miteigentum der Beteiligten stehen. Sie seien während der Ehezeit angeschafft und von beiden Beteiligten versorgt und betreut worden. Das gelte auch, wenn streitig sei, wer die Hunde überwiegend betreut und versorgt habe.
Sodann verdeutlichte die Richterin, dass ein Hund im Rahmen von Trennung und Scheidung zwar grundsätzlich als „Hausrat“ einzuordnen sei, der nach Billigkeit zu verteilen ist. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass es sich um ein Lebewesen handelt. Maßgeblich sei insoweit aus Gründen des Tierschutzes, wer die Hauptbezugsperson des Tieres ist. Unabhängig davon, wer die beiden Hunde während der Ehe überwiegend betreut und versorgt hat, komme es darauf an, zu wem das Tier eine Beziehung aufgebaut habe, wer also die Hauptbezugsperson zum Tier ist. Unstreitig pflege und betreue der Ehemann beide Hunde seit ca. einem Jahr. Es sei daher davon auszugehen, dass der Ehemann die Hauptbezugsperson für die beiden Hunde ist.
Der Ehemann hat zudem unbestritten vorgetragen, dass die Hunde zueinander eine gute Bindung aufgebaut hätten. Es ist allgemein bekannt, dass Hunde Rudeltiere sind, deren Mitglieder sich untereinander kennen und nicht beliebig austauschbar sind. Auch der Mensch, der das Tier oder die Tiere betreut, hat einen Platz in dieser Hierarchie inne. Da Hunde, die eine Bindung untereinander aufgebaut haben, unter dem Verlust einer solchen Bindung leiden, ist die Kontinuität des Zusammenlebens der beiden Hunde aus tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten ebenfalls in die Abwägung einzubeziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Hunde beim Antragsgegner nicht gut versorgt würden. Daher entspricht es der Billigkeit, die beiden Hunde zum einen nicht voneinander zu trennen und zum anderen, sie nicht von der seit nunmehr zehn Monaten hauptsächlichen Betreuungsperson (Ehemann) zu trennen und ihnen einen erneuten Umgebungswechsel zuzumuten.
Quelle: Amtsgericht München, Beschluss vom 2.1.2019, 523 F 9430/18
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Amtsgericht München
Im Namen des Volkes
Beschluss vom 02.01.2019
Az.: 523 F 9430/18
1. Der Antrag der Antragstellerin auf Zuweisung von Hausrat (Hund Pluto, geb. am 05.06.2015, hilfsweise auch Hund Bessi, Bobtailmischling) wird im Haupt- und Hilfsantrag zurückgewiesen.
2. Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.
3. Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
4. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Gründe
Die Beteiligten streiten um die Hunde Pluto und Bessi.
Die Beteiligten sind seit dem 21.11.2014 verheiratet und leben seit dem 22.12.2017 getrennt voneinander. Der Hund Pluto lebte in der jeweiligen Ehewohnung der Beteiligten. Die Beteiligten erwarben im November 2017 zusätzlich den Bobtailmischling Bessi für € 250,00. Die beiden Hunde leben derzeit beim Antragsgegner in seiner Wohnung, zu der auch ein Garten gehört. Der Antragstellerin steht in München derzeit keine Wohnung zur Verfügung. Sie wohnt in München bei Freunden. Die Hunde haben eine gute Bindung zueinander und leben spätestens seit März 2018 beim Antragsgegner.
Die Antragstellerin trägt vor, dass der Hund Pluto, Bobtailrüde, geb. 05.06.2015 von ihr von der Bobtailzucht VDH/FCI Sigrid W. am 22.09.2015 zum Preis von € 1.000,00 käuflich erworben worden sei. Die Antragstellerin trägt weiter vor, sie habe sich quasi alleine um Pluto gekümmert und eine besonders intensive und innige Bindung zu Pluto entwickelt. Besonders in der schweren Zeit nach der Trennung und eines im November 2017 erlittenen ungewollten Schwangerschaftsabbruchs hätten die Hunde der Antragstellerin Trost gespendet und sie über vieles hinweg getröstet. Der Antragsgegner habe die Hunde eigenmächtig am 22.03.2018 mit sich genommen. Einen Umgang mit den Hunden, vor allem mit dem Hund Pluto, habe der Antragsgegner stets abgelehnt. Die Antragstellerin trägt weiter vor, wenn sie Pluto bekäme, könne sie zu Freunden nach Geilenkirchen ziehen, diese hätten ein großes Haus mit Garten. Sie könnte dann in Geilenkirchen leben und sich dort eine Arbeit suchen.
Die Antragstellerin beantragt,
Der den Beteiligten gemeinsam gehörende Bobtailrüde „Pluto“, geb. am 05.06.2015, Zuchtbuchnummer 17686 wird der Antragstellerin zur Betreuung und Pflege während der Dauer des Getrenntlebens zugeteilt hilfsweise der Antragsgegner wird verpflichtet, beide Hunde „Bessi“ und „Pluto“ an die Antragstellerin herauszugeben.
Der Antragsgegner beantragt,
Abweisung des Haupt- und Hilfsantrags.
Der Antragsgegner trägt vor, er habe sich während der Ehe so viel es möglich war, mit den Hunden beschäftigt und sich um die Hunde gekümmert. So habe er gemeinsam mit der Antragstellerin mit dem Hund Pluto die Hundeschule (Schweiz) besucht. Die Kosten für die Hunde habe der Antragsgegner übernommen. Beide Hunde seien dem Antragsgegner sehr ans Herz gewachsen. Die Hunde habe der Antragsgegner Anfang Februar 2018, wie mit der Antragstellerin besprochen, zu sich genommen, da die Antragstellerin sich wegen eines stationären Aufenthalts in der psychiatrischen Abteilung des Klinikums München-Schwabing nicht mehr habe um die Hunde kümmern können. Seit 07.02.2018 seien die Hunde daher in der Obhut des Antragsgegners. Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass die Hunde aus Tierschutzgesichtspunkten nicht getrennt werden sollten. Beide seien sehr fixiert auf den Antragsgegner. Die Versorgung und Betreuung während der Abwesenheit des Antragsgegners sei durch einen „Dogsitter“ gewährleistet. Hingegen sei die Antragstellerin nicht mit Sicherheit in der Lage, für eine angemessene Unterkunft für die Hunde zu sorgen. Die Möglichkeit zu Freunden nach Geilenkirchen zu ziehen, sei nicht in ausreichender Weise sichergestellt.
Der zulässige Hauptantrag sowie der Hilfsantrag sind unbegründet.
Zunächst wird nach § 1568b Abs. 2 BGB analog davon ausgegangen, dass beide Hunde im Miteigentum beider Beteiligten stehen, da sie während der Ehezeit angeschafft wurden und von beiden Beteiligten versorgt und betreut wurden, wenn auch streitig ist, wer die Hunde überwiegend betreut und versorgt hatte.
Ein Hund ist im Rahmen von Trennung und Scheidung zwar grundsätzlich als „Hausrat“ einzuordnen, der nach Billigkeit (§ 1361 a BGB) zu verteilen ist. Berücksichtigt werden muss aber, dass es sich um ein Lebewesen handelt. Maßgeblich ist insoweit aus Gründen des Tierschutzes, wer die Hauptbezugsperson des Tieres ist, vgl. OLG Oldenburg vom 16.08.2018, AZ: 11 WF 141/18; NZFam 24/2018, V.
Unabhängig davon, wer den Hund (die Hunde) während der Ehe überwiegend betreut und versorgt hat, kommt es darauf an, zu wem das Tier eine Beziehung aufgebaut hat, wer also die Hauptbezugsperson zum Tier ist, vgl. NZFam a. a. O. Unstreitig pflegt und betreut der Antragsgegner beide Hunde unstreitig seit März 2018. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsgegner die Hauptbezugsperson für die beiden Hunde ist. Der Antragsgegner trägt unbestritten vor, die Hunde hätten zueinander eine gute Bindung aufgebaut. Es ist allgemein bekannt, dass Hunde Rudeltiere sind, deren Mitglieder sich untereinander kennen und nicht beliebig austauschbar sind. Auch der Mensch der das Tier oder die Tiere betreut, hat einen Platz in dieser Hierarchie inne. Da Hunde, die eine Bindung untereinander aufgebaut haben unter dem Verlust einer solchen Bindung leiden, ist die Kontinuität des Zusammenlebens der beiden Hunde aus tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten ebenfalls in die Abwägung einzubeziehen, vgl. OLG Nürnberg, NJW-RR 2017, 387. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Hunde beim Antragsgegner nicht gut versorgt würden. Während der Arbeitszeit des Antragsgegners kümmert sich ein Hundesitter um die Hunde. Weiter ist zugunsten des Antragsgegners zu berücksichtigen, dass er eine Wohnung mit Gartenanteil bewohnt, während hingegen die Antragstellerin derzeit über keine eigene Wohnung in München verfügt. Es ist ihr zwar von einer Freundin angeboten worden, mit dem Hund Pluto nach Geilenkirchen zu ziehen, allerdings kann für die Zukunft nicht beurteilt werden, wie tragfähig bzw. auch dauerhaft das Angebot ist. Daher entspricht es der Billigkeit, die beiden Hunde zum einen nicht voneinander zu trennen und zum anderen, sie nicht von der seit nunmehr zehn Monaten hauptsächlichen Betreuungsperson (Antragsgegner) zu trennen und ihnen einen erneuten Umgebungswechsel zuzumuten.
Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 209 Abs. 2 Satz 2 FamFG.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 48 FamGKG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.