Familienrecht: Ein sittenwidriger Globalverzicht erfasst auch die Gütertrennung

published on 29/05/2018 12:14
Familienrecht: Ein sittenwidriger Globalverzicht erfasst auch die Gütertrennung
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Sind einzelne ehevertragliche Regelungen zu kernbereichsnahen Scheidungsfolgen isoliert betrachtet sittenwidrig und daher nichtig, ist im Zweifel der gesamte Ehevertrag nichtig – BSP Rechtsanwälte – Anwalt für Familienrecht Berlin

 

Selbst wenn die Einzelregelungen zu den Scheidungsfolgen isoliert betrachtet nicht sittenwidrig sind, kann sich ein Ehevertrag bei einer Gesamtwürdigung als insgesamt sittenwidrig erweisen. Voraussetzung ist, dass das objektive Zusammenwirken aller Regelungen erkennbar darauf abzielt, einen Ehegatten einseitig zu benachteiligen

 

Das betont erneut der Bundesgerichtshof (BGH). Im entschiedenen Fall war die Ehefrau bei Abschluss des Notarvertrags (noch) nicht der deutschen Sprache mächtig. Sie hatte mit dem Ehemann Gütertrennung, einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht und den Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart (Globalverzicht). Dies diente nur den Interessen des Ehemanns als dem wirtschaftlich stärkeren Ehegatten mit dem höheren Einkommen und der (potenziell) höheren Vermögensbildung in der Ehezeit. Neben dem objektiv einseitigen Vertragsinhalt lag auch die erforderliche subjektive Komponente vor. Da der Ehevertrag in der Gesamtheit nichtig war und auch die vereinbarte Gütertrennung erfasste, konnte die Ehefrau nach der BGH-Entscheidung ihre Zugewinnausgleichs-Ansprüche geltend machen.

 

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 17.01.2018 (XII ZB 20/17) folgendes entschieden:

Zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags mit einem von der Ausweisung bedrohten Ausländer aufgrund einer Gesamtschau der zu den Scheidungsfolgen getroffenen Regelungen.

 

Tenor:

 

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 22. Dezember 2016 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.


Gründe


Die beteiligten Eheleute streiten im Scheidungsverbund um den Zugewinnausgleich und dabei insbesondere um die Wirksamkeit eines Ehevertrags.


Der 1963 geborene Antragsteller und die 1971 geborene Antragsgegnerin heirateten am 7. Februar 1997. Im Vorfeld ihrer Eheschließung hatten die beteiligten Eheleute am 21. Januar 1997 - unter im Einzelnen streitigen Umständen - einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen, durch den sie Gütertrennung vereinbarten, den Versorgungsausgleich ausschlossen und für den Fall der Scheidung gegenseitig und vollständig auf nachehelichen Unterhalt verzichteten; ferner war geregelt, dass die etwaige Unwirksamkeit einer Bestimmung auf die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen keinen Einfluss haben sollte. Aus der Ehe ist eine im Jahr 2002 geborene Tochter hervorgegangen.


Der Ehemann ist deutscher Staatsangehöriger. Er ist ausgebildeter Fernmeldemonteur und hat in der ehemaligen DDR ein Studium Schiffselektronik/Nachrichtenwesen absolviert. Durchgehend seit dem Jahr 1991 ist er als Postbeamter - zuletzt in der Besoldungsgruppe A 11 - vollschichtig erwerbstätig. Die Ehefrau stammt aus Bosnien und hatte dort eine Ausbildung zur Verkäuferin absolviert. Sie kam im Jahre 1994 als Bürgerkriegsflüchtling in das Bundesgebiet. Nach ihrer Einreise nahm sie eine vollschichtige Beschäftigung als Gebäudereinigerin auf; einen gesicherten Aufenthaltsstatus erlangte sie bis zu ihrer Heirat nicht. Nach der Eheschließung war die Ehefrau bis zur Geburt des gemeinsamen Kindes im Jahr 2002 zunächst weiterhin als Gebäudereinigerin und als Verkäuferin vollschichtig erwerbstätig. Danach arbeitete sie im Anschluss an eine zweijährige Berufspause zwischen 2004 und 2010 auf Basis einer geringfügigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung als Verkäuferin in einer Bäckerei. Sie hat mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit erworben.


Das vorliegende Scheidungsverfahren ist seit dem 16. April 2014 rechtshängig. Die Ehefrau hat im Scheidungsverbund in der Folgesache Zugewinnausgleich einen Stufenantrag gestellt und - in der ersten Stufe - von dem Ehemann Auskunft über sein Endvermögen und sein Trennungsvermögen verlangt. Das Amtsgericht hat die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Stufenantrag zum Güterrecht abgewiesen. Mit ihrer Beschwerde hat sich die Ehefrau gegen den Scheidungsausspruch und gegen die Abweisung ihres güterrechtlichen Stufenantrages gewendet. Das Oberlandesgericht hat die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben, den Ehemann in der Folgesache Zugewinnausgleich zur Erteilung von Auskünften zum Trennungsvermögen und zum Endvermögen verpflichtet und das Verbundverfahren im Übrigen an das Amtsgericht zurückverwiesen.


Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns, der eine Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.


Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.


Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass der Ehemann zur Auskunft im Rahmen des Güterrechts verpflichtet ist, weil der Ehevertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten insgesamt unwirksam sei. Dies hat das Beschwerdegericht wie folgt begründet:


Die Ehegatten hätten eine evident einseitige und nicht gerechtfertigte Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau vereinbart. Zwar sei der Ausschluss des gesetzlichen Güterstands für sich genommen regelmäßig nicht sittenwidrig, soweit er unter fairen Verhandlungsbedingungen zu Stande komme. Hier ergebe sich aber in der Gesamtschau, dass sich die Sittenwidrigkeit auch auf den vereinbarten Ausschluss des Zugewinnausgleichs erstrecke.


Der einseitige Vertragsinhalt beruhe auf ungleichen Verhandlungspositionen. Unstreitig sei die Ehefrau bei Vertragsschluss der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen. Der Abschluss der notariellen Vereinbarung sei ohne Hinzuziehung eines geeigneten Dolmetschers erfolgt, so dass es der Ehefrau aufgrund ihrer Sprachprobleme unmöglich gewesen sei, den Sinngehalt der ehevertraglichen Vereinbarung richtig zu erfassen. Es sei nicht Aufgabe der Ehefrau gewesen, einen geeigneten Dolmetscher hinzuzuziehen. In diesem Zusammenhang sei es auch von Bedeutung, dass der Ehefrau vorab kein in ihre Heimatsprache übersetzter Entwurf des Ehevertrags überlassen worden sei. Die Ehefrau habe sich in einer besonderen Notsituation befunden. Sie habe sich mit einem Flüchtlingsstatus in Deutschland aufgehalten und bereits eine "Abschiebeverfügung" erhalten. Ihre einzige Möglichkeit zur Sicherung des weiteren Aufenthalts in Deutschland sei die Heirat mit dem Ehemann gewesen. Zu diesem Zwecke habe sie Deutschland zunächst verlassen müssen, um unmittelbar vor der Eheschließung wieder einzureisen. Mangels zur Verfügung stehender Zeit sei eine faire Vorbereitung des Vertragsschlusses unmöglich gewesen. Zwischen den Eheleuten habe auch eine wirtschaftliche Disparität bestanden. Der Ehemann habe über deutlich höhere und gesicherte Einkünfte verfügt und sei zudem Eigentümer einer Immobilie gewesen.


Der einseitig belastende Inhalt des Ehevertrags könne auch nicht - wie der Ehemann meine - mit dem legitimen Interesse an der Absicherung der vorhersehbar allein aus seinem Erwerbseinkommen finanzierten Investitionen in seine Immobilie gerechtfertigt werden, denn diese Sichtweise beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis der Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft. Eine Kompensation der wirtschaftlichen Nachteile zu Gunsten der Ehefrau sei in dem Ehevertrag nicht vorgesehen. Auch ein besonderer Ehetypus oder andere gewichtige Belange des Ehemanns rechtfertigten die ehevertragliche Regelung nicht.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Mit Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die in dem Ehevertrag vom 21. Januar 1997 enthaltene Abrede zum Güterrecht jedenfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller zu den Scheidungsfolgen getroffenen Einzelregelungen einer Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB nicht standhält.


Wie der Senat wiederholt dargelegt hat, unterliegen die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die Disponibilität der Scheidungsfolgen darf allerdings nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - unter angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten umso genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.


Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle hat der Tatrichter zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge einer Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen zu versagen ist. Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen.


Dabei erweist sich der hier verfahrensgegenständliche Zugewinnausgleich einer ehevertraglichen Disposition am weitesten zugänglich. Schon im Hinblick auf den im Gesetz vorgesehenen Wahlgüterstand der Gütertrennung und die daraus folgende nachrangige Bedeutung des Zugewinnausgleichs im System des Scheidungsfolgenrechts wird ein Ausschluss des gesetzlichen Güterstands für sich genommen regelmäßig nicht sittenwidrig sein.


Ergibt die Wirksamkeitskontrolle des Ehevertrags allerdings, dass einzelne ehevertragliche Regelungen zu - kernbereichsnäheren - Scheidungsfolgen bei isolierter Betrachtungsweise sittenwidrig und daher nichtig sind, so ist nach § 139 BGB im Zweifel der gesamte Ehevertrag nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne die unwirksamen Bestimmungen geschlossen sein würde. Ob - was zwischen den Beteiligten streitig ist - schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wegen eines konkreten Kinderwunsches die Tendenz zu einer Alleinverdienerehe eindeutig vorgezeichnet war und deshalb die Beurteilung berechtigt ist, dass insbesondere der vollständige Verzicht auf Betreuungsunterhalt und der Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu Lasten des sich plangemäß aus dem Erwerbsleben zurückziehenden Ehegatten für sich genommen sittenwidrig und daher unwirksam sein könnten, bedarf unter den hier obwaltenden Umständen allerdings keiner abschließenden Erörterung.


Selbst wenn die ehevertraglichen Einzelregelungen zu den Scheidungsfolgen bei isolierter Betrachtungsweise den Vorwurf der Sittenwidrigkeit jeweils für sich genommen nicht zu rechtfertigen vermögen, kann sich ein Ehevertrag nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Rahmen einer Gesamtwürdigung als insgesamt sittenwidrig erweisen, wenn das objektive Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt.


Mit Recht hat das Beschwerdegericht erkannt, dass sich der Ehevertrag vom 21. Januar 1997 jedenfalls in der Gesamtwürdigung der getroffenen Abreden als insgesamt sittenwidrig und damit als im Ganzen nichtig erweist.


Der objektive Gehalt der Gesamtregelung zielte erkennbar auf eine einseitige Benachteiligung der Ehefrau. Der wechselseitige Unterhaltsverzicht, der Ausschluss des Versorgungsausgleichs und die Vereinbarung der Gütertrennung dienten nur den Interessen des Ehemanns als dem wirtschaftlich stärkeren Ehegatten mit dem höheren Einkommen und der höheren Vermögensbildung in der Ehezeit. Auch wenn beide Eheleute bei Vertragsschluss vollschichtig erwerbstätig waren und zu diesem Zeitpunkt noch kein konkreter Kinderwunsch bestanden haben mag, konnte schon angesichts des Alters der beiden Ehegatten bei der Eheschließung eine spätere Familiengründung nicht von vornherein ausgeschlossen werden, was letztlich auch die fünf Jahre später erfolgte Geburt der gemeinsamen Tochter verdeutlicht. Jedenfalls wird deshalb in die Beurteilung der Frage, ob eine ehevertragliche Vereinbarung im Rahmen einer Gesamtwürdigung objektiv unausgewogen ist, auch die Situation der Ehegatten nach einer bei Vertragsschluss zumindest für möglich gehaltenen Geburt gemeinsamer Kinder einzubeziehen sein. Es war für diesen Fall vorhersehbar, dass der einkommensschwächeren Ehefrau - wie tatsächlich geschehen - die Aufgaben der Kinderbetreuung und Haushaltsführung übertragen werden würden. Eine Wirksamkeit des vereinbarten Unterhaltsverzichts hätte dann im Falle der Ehescheidung dazu geführt, dass die Ehefrau selbst im Fall der Betreuung gemeinsamer Kinder jeden nachehelichen Schutz vor ehebedingten Einkommenseinbußen verloren hätte. Auch der mit der Übernahme der Haushaltsführung und Kinderbetreuung einhergehende Verzicht auf eine eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehezeit wäre der Ehefrau nicht honoriert worden; der Verzicht auf den Versorgungsausgleich sichert allein dem Ehemann die in der Ehe erwirtschaftete Altersversorgung. Die Ehefrau hätte mithin alle ehebedingten vermögensrechtlichen Nachteile allein zu tragen gehabt - ein Ergebnis, das mit dem Gebot der ehelichen Solidarität schlechthin unvereinbar wäre. Diese Einseitigkeit findet im Ausschluss des Zugewinnausgleichs ihre Fortsetzung.


Allerdings hat der Senat in ständiger Rechtsprechung betont, dass aus dem objektiven Zusammenspiel einseitig belastender - aber für sich genommen noch hinnehmbarer - Regelungen zu den Scheidungsfolgen nur dann auf die weiter erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten geschlossen werden kann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegelt. Eine lediglich auf die Einseitigkeit der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit lässt sich bei familienrechtlichen Verträgen nicht aufstellen. Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag in diesem Zusammenhang zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn sonst außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit, hindeuten könnten. Gemessen daran hat das Beschwerdegericht schon auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts hinreichende Umstände aufgezeigt, aus denen es in der gebotenen Gesamtschau rechtsbedenkenfrei darauf schließen konnte, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt die unterlegene Verhandlungsposition der Ehefrau und damit eine gestörte subjektive Vertragsparität widerspiegelt.


Der Ehemann war der Ehefrau in sozialer und ökonomischer Hinsicht überlegen. Er war in Deutschland beheimatet und durch seine Stellung im öffentlichen Dienst wirtschaftlich abgesichert. Die lebensjüngere Ehefrau hielt sich erst seit knapp drei Jahren in Deutschland auf und beherrschte die deutsche Sprache noch nicht. Sie war vor der Eheschließung zwar ebenfalls - als Gebäudereinigerin - erwerbstätig gewesen; dabei betrug ihr rentenversicherungspflichtiges Jahresbruttoeinkommen ausweislich der zum Versorgungsausgleich eingeholten Auskünfte der DRV Bund in den Jahren 1996 und 1997 allerdings rund 20.000 DM. Die dauerhafte Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit in Deutschland wäre ihr zudem nur bei einer unbefristeten Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis möglich gewesen, die sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht erlangt hatte.


Wie der Senat mehrfach ausgesprochen hat, begründet das Ansinnen eines Ehegatten, eine Ehe nur unter der Bedingung eines Ehevertrags eingehen zu wollen, für sich genommen auch bei Vorliegen eines Einkommens- und Vermögensgefälles für den anderen Ehegatten in Regel noch keine Lage, aus der ohne Weiteres auf eine gestörte Vertragsparität geschlossen werden kann. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn der mit dem Verlangen nach dem Abschluss eines Ehevertrags konfrontierte Ehegatte erkennbar in einem besonderen Maße auf die Eheschließung angewiesen ist. In diesem Zusammenhang hebt das Beschwerdegericht zu Recht die ausländerrechtliche Komponente des Streitfalls hervor. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts war die Ehefrau von der Ausweisung bedroht. Es liegt auf der Hand, dass sich ein ausländischer Vertragspartner bei der Aushandlung eines Ehevertrags in einer deutlich schlechteren Verhandlungsposition befindet, wenn er seinen Lebensplan, dauerhaft unter Verbesserung seiner Lebensverhältnisse in Deutschland ansässig und erwerbstätig zu werden, nur unter der dem anderen Vertragspartner bekannten Voraussetzung der Eheschließung verwirklichen kann. Je dringlicher dieser Wunsch - etwa mit Blick auf drohende ausländerrechtliche Maßnahmen - erscheint, desto eher hat es der andere Vertragspartner in der Hand, sich die Verwirklichung dieses Wunsches durch ehevertragliche Zugeständnisse "abkaufen" zu lassen.


Bei dieser Sachlage kann es im Ergebnis sogar auf sich beruhen, ob die Ehefrau auch durch die konkrete Gestaltung des Beurkundungsverfahrens zusätzlich benachteiligt worden ist. Es kann deshalb insbesondere dahinstehen, ob dem Ehemann - wie das Beschwerdegericht meint - in der Gesamtschau auch die Hinzuziehung eines ungeeigneten Dolmetschers im Beurkundungstermin anzulasten ist. Unstreitig ist allerdings, dass der sprachunkundigen Ehefrau im Vorfeld der Beurkundung kein eigener Vertragsentwurf überlassen worden war, so dass ihr von vornherein die Möglichkeit genommen wurde, sich den Vertragstext - wenigstens in groben Zügen - vorab schriftlich in ihre Heimatsprache übersetzen zu lassen. Bei dieser Verfahrensgestaltung blieb der Ehefrau, wenn ihr daran gelegen war, den Vertragstext vor der Unterzeichnung in einer ihr vertrauten Sprache zu lesen, nur die unangenehme und voraussichtlich mit einer Verzögerung des Vertragsschlusses verbundene Möglichkeit, sich im Notartermin einer Genehmigung der Niederschrift ohne vorherige Aushändigung einer schriftlichen Übersetzung zu widersetzen.


Ergibt sich das Verdikt der Sittenwidrigkeit - wie hier - aus der Gesamtwürdigung eines einseitig belastenden Ehevertrags, erfasst die Nichtigkeitsfolge nach ständiger Rechtsprechung des Senats notwendig den gesamten Vertrag, ohne dass eine salvatorische Klausel hieran etwas zu ändern vermag. Denn dann erfüllte die salvatorische Klausel im Interesse des begünstigten Ehegatten die Funktion, den Restbestand eines dem benachteiligten Ehegatten aufgedrängten Vertragswerks so weit wie möglich gegenüber der etwaigen Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen rechtlich abzusichern; in diesem Falle spiegelt sich auch in der Vereinbarung der Erhaltungsklausel selbst die auf ungleichen Verhandlungspositionen beruhende Störung der Vertragsparität zwischen den Ehegatten wider.


Die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts hat daher Bestand.


Zwar ist die vom Beschwerdegericht angeordnete Zurückverweisung des gesamten Verfahrens an das Amtsgericht verfahrensordnungswidrig erfolgt. Hat das Amtsgericht einen Stufenantrag in einer vermögensrechtlichen Folgesache insgesamt abgewiesen und gibt das Beschwerdegericht demgegenüber dem Auskunftsanspruch in der ersten Stufe statt, kommt eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht in analoger Anwendung von § 117 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO grundsätzlich in Betracht. Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend ist auch, dass dann, wenn bei gemeinsamer Anfechtung von Ehescheidung und Folgesache lediglich das Rechtsmittel in der Folgesache begründet ist, eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Rechtsmittelgericht zur Aufrechterhaltung des Verbundes in erster Instanz grundsätzlich auch auf die Scheidungssache zu erstrecken ist. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache analog § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO lagen hier allerdings nicht vor, weil es an dem dafür erforderlichen Antrag mindestens eines Beteiligten fehlte.


Das Fehlen des für eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 ZPO notwendigen Antrags kann durch das Rechtsbeschwerdegericht aber nicht von Amts wegen, sondern nur auf eine rechtzeitig und ordnungsgemäß in der Form des § 71 Abs. 3 Nr. 2 lit. b FamFG angebrachte Verfahrensrüge berücksichtigt werden. Eine solche Rüge hat die Rechtsbeschwerde nicht erhoben. Die abschließende und allgemein gehaltene Rüge einer Verletzung des "gesamten Verfahrensrechts, insbesondere Verletzung von § 113 FamFG i.V.m. § 286 ZPO", ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend.


Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W
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published on 17/01/2018 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB 20/17 Verkündet am: 17. Januar 2018 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:
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19/04/2017 18:21

Im Fall einer subjektiven Imparität ist es nicht erforderlich, dass der benachteiligte Ehegatte den Ehevertrag nur mit Bedenken oder quasi widerwillig abschließt.
13/01/2014 10:08

Ein Vertrag, in dem gegen Übergabe von Grundbesitz die persönliche Versorgung des Übergebers durch den Übernehmer zugesagt wird, soll schuldrechtliche Versorgungsansprüche begründen.
Artikel zu Vertragsgestaltung in Familiensachen

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB 20/17 Verkündet am:
17. Januar 2018
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit
eines Ehevertrags mit einem von der Ausweisung bedrohten Ausländer
aufgrund einer Gesamtschau der zu den Scheidungsfolgen getroffenen
Regelungen (Fortführung von Senatsurteil vom 22. November 2006
- XII ZR 119/04 - FamRZ 2007, 450 und von Senatsbeschluss vom 17. Mai
2006 - XII ZB 250/03 - FamRZ 2006, 1097).
BGH, Beschluss vom 17. Januar 2018 - XII ZB 20/17 - OLG Hamburg
AG Hamburg-St. Georg
ECLI:DE:BGH:2018:170118BXIIZB20.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 22. Dezember 2016 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Die beteiligten Eheleute streiten im Scheidungsverbund um den Zugewinnausgleich und dabei insbesondere um die Wirksamkeit eines Ehevertrags.
2
Der 1963 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die 1971 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) heirateten am 7. Februar 1997. Im Vorfeld ihrer Eheschließung hatten die beteiligten Eheleute am 21. Januar 1997 - unter im Einzelnen streitigen Umständen - einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen, durch den sie Gütertrennung vereinbarten, den Versorgungsausgleich ausschlossen und für den Fall der Scheidung gegenseitig und vollständig auf nachehelichen Unterhalt verzichteten; ferner war gere- gelt, dass die etwaige Unwirksamkeit einer Bestimmung auf die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen keinen Einfluss haben sollte. Aus der Ehe ist eine im Jahr 2002 geborene Tochter hervorgegangen.
3
Der Ehemann ist deutscher Staatsangehöriger. Er ist ausgebildeter Fernmeldemonteur und hat in der ehemaligen DDR ein Studium Schiffselektronik /Nachrichtenwesen absolviert. Durchgehend seit dem Jahr 1991 ist er als Postbeamter - zuletzt in der Besoldungsgruppe A 11 - vollschichtig erwerbstätig. Die Ehefrau stammt aus Bosnien und hatte dort eine Ausbildung zur Verkäuferin absolviert. Sie kam im Jahre 1994 als Bürgerkriegsflüchtling in das Bundesgebiet. Nach ihrer Einreise nahm sie eine vollschichtige Beschäftigung als Gebäudereinigerin auf; einen gesicherten Aufenthaltsstatus erlangte sie bis zu ihrer Heirat nicht. Nach der Eheschließung war die Ehefrau bis zur Geburt des gemeinsamen Kindes im Jahr 2002 zunächst weiterhin als Gebäudereinigerin und als Verkäuferin vollschichtig erwerbstätig. Danach arbeitete sie im Anschluss an eine zweijährige Berufspause zwischen 2004 und 2010 auf Basis einer geringfügigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung als Verkäuferin in einer Bäckerei. Sie hat mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit erworben.
4
Das vorliegende Scheidungsverfahren ist seit dem 16. April 2014 rechtshängig. Die Ehefrau hat im Scheidungsverbund in der Folgesache Zugewinnausgleich einen Stufenantrag gestellt und - in der ersten Stufe - von dem Ehemann Auskunft über sein Endvermögen und sein Trennungsvermögen verlangt. Das Amtsgericht hat die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Stufenantrag zum Güterrecht abgewiesen. Mit ihrer Beschwerde hat sich die Ehefrau gegen den Scheidungsausspruch und gegen die Abweisung ihres güterrechtlichen Stufenantrages gewendet. Das Oberlandesgericht hat die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben, den Ehemann in der Folgesache Zugewinnausgleich zur Erteilung von Auskünften zum Trennungsvermögen und zum Endvermögen verpflichtet und das Verbundverfahren im Übrigen an das Amtsgericht zurückverwiesen.
5
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns , der eine Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
7
1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass der Ehemann zur Auskunft im Rahmen des Güterrechts verpflichtet ist, weil der Ehevertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten insgesamt unwirksam sei. Dies hat das Beschwerdegericht wie folgt begründet:
8
Die Ehegatten hätten eine evident einseitige und nicht gerechtfertigte Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau vereinbart. Zwar sei der Ausschluss des gesetzlichen Güterstands für sich genommen regelmäßig nicht sittenwidrig, soweit er unter fairen Verhandlungsbedingungen zu Stande komme. Hier ergebe sich aber in der Gesamtschau, dass sich die Sittenwidrigkeit auch auf den vereinbarten Ausschluss des Zugewinnausgleichs erstrecke.
9
Der einseitige Vertragsinhalt beruhe auf ungleichen Verhandlungspositionen. Unstreitig sei die Ehefrau bei Vertragsschluss der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen. Der Abschluss der notariellen Vereinbarung sei ohne Hinzuziehung eines geeigneten Dolmetschers erfolgt, so dass es der Ehefrau aufgrund ihrer Sprachprobleme unmöglich gewesen sei, den Sinngehalt der ehevertraglichen Vereinbarung richtig zu erfassen. Es sei nicht Aufgabe der Ehefrau gewesen, einen geeigneten Dolmetscher hinzuzuziehen. In diesem Zu- sammenhang sei es auch von Bedeutung, dass der Ehefrau vorab kein in ihre Heimatsprache übersetzter Entwurf des Ehevertrags überlassen worden sei. Die Ehefrau habe sich in einer besonderen Notsituation befunden. Sie habe sich mit einem Flüchtlingsstatus in Deutschland aufgehalten und bereits eine "Abschiebeverfügung" erhalten. Ihre einzige Möglichkeit zur Sicherung des weiteren Aufenthalts in Deutschland sei die Heirat mit dem Ehemann gewesen. Zu diesem Zwecke habe sie Deutschland zunächst verlassen müssen, um unmittelbar vor der Eheschließung wieder einzureisen. Mangels zur Verfügung stehender Zeit sei eine faire Vorbereitung des Vertragsschlusses unmöglich gewesen. Zwischen den Eheleuten habe auch eine wirtschaftliche Disparität bestanden. Der Ehemann habe über deutlich höhere und gesicherte Einkünfte verfügt und sei zudem Eigentümer einer Immobilie gewesen.
10
Der einseitig belastende Inhalt des Ehevertrags könne auch nicht - wie der Ehemann meine - mit dem legitimen Interesse an der Absicherung der vorhersehbar allein aus seinem Erwerbseinkommen finanzierten Investitionen in seine Immobilie gerechtfertigt werden, denn diese Sichtweise beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis der Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft. Eine Kompensation der wirtschaftlichen Nachteile zu Gunsten der Ehefrau sei in dem Ehevertrag nicht vorgesehen. Auch ein besonderer Ehetypus oder andere gewichtige Belange des Ehemanns rechtfertigten die ehevertragliche Regelung nicht.
11
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Mit Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die in dem Ehevertrag vom 21. Januar 1997 enthaltene Abrede zum Güterrecht jedenfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller zu den Scheidungsfolgen getroffenen Einzelregelungen einer Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB nicht standhält.
12
a) Wie der Senat wiederholt dargelegt hat, unterliegen die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die Disponibilität der Scheidungsfolgen darf allerdings nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - unter angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten umso genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 16 und Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 16 mwN).
13
Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle hat der Tatrichter zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge einer Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen zu versagen ist. Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung , die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 17 und Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 17; grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100 f. = FamRZ 2004, 601, 606).
14
b) Dabei erweist sich der hier verfahrensgegenständliche Zugewinnausgleich einer ehevertraglichen Disposition am weitesten zugänglich. Schon im Hinblick auf den im Gesetz vorgesehenen Wahlgüterstand der Gütertrennung und die daraus folgende nachrangige Bedeutung des Zugewinnausgleichs im System des Scheidungsfolgenrechts wird ein Ausschluss des gesetzlichen Güterstands für sich genommen regelmäßig nicht sittenwidrig sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. März 2017 - XII ZB 109/16 - FamRZ 2017, 884 Rn. 36 und vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 32; Senatsurteil vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 17 ff.).
15
c) Ergibt die Wirksamkeitskontrolle des Ehevertrags allerdings, dass einzelne ehevertragliche Regelungen zu - kernbereichsnäheren - Scheidungsfolgen bei isolierter Betrachtungsweise sittenwidrig und daher nichtig sind, so ist nach § 139 BGB im Zweifel der gesamte Ehevertrag nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne die unwirksamen Bestimmungen geschlossen sein würde (vgl. Senatsurteile vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 31 und vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1447). Ob - was zwischen den Beteiligten streitig ist - schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wegen eines konkreten Kinderwunsches die Tendenz zu einer Alleinverdienerehe eindeutig vorgezeichnet war und deshalb die Beurteilung berechtigt ist, dass insbesondere der vollständige Verzicht auf Betreu- ungsunterhalt (vgl. dazu Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 19) und der Ausschluss des Versorgungsausgleichs (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 20) zu Lasten des sich plangemäß aus dem Erwerbsleben zurückziehenden Ehegatten für sich genommen sittenwidrig und daher unwirksam sein könnten, bedarf unter den hier obwaltenden Umständen allerdings keiner abschließenden Erörterung.
16
d) Selbst wenn die ehevertraglichen Einzelregelungen zu den Scheidungsfolgen bei isolierter Betrachtungsweise den Vorwurf der Sittenwidrigkeit jeweils für sich genommen nicht zu rechtfertigen vermögen, kann sich ein Ehevertrag nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Rahmen einer Gesamtwürdigung als insgesamt sittenwidrig erweisen, wenn das objektive Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. März 2017 - XII ZB 109/16 - FamRZ 2017, 884 Rn. 38 und vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 38; Senatsurteile vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 22 und vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 26).
17
Mit Recht hat das Beschwerdegericht erkannt, dass sich der Ehevertrag vom 21. Januar 1997 jedenfalls in der Gesamtwürdigung der getroffenen Abreden als insgesamt sittenwidrig und damit als im Ganzen nichtig erweist.
18
aa) Der objektive Gehalt der Gesamtregelung ("Globalverzicht") zielte erkennbar auf eine einseitige Benachteiligung der Ehefrau. Der wechselseitige Unterhaltsverzicht, der Ausschluss des Versorgungsausgleichs und die Vereinbarung der Gütertrennung dienten nur den Interessen des Ehemanns als dem wirtschaftlich stärkeren Ehegatten mit dem höheren Einkommen und der (potentiell ) höheren Vermögensbildung in der Ehezeit. Auch wenn beide Eheleute bei Vertragsschluss vollschichtig erwerbstätig waren und zu diesem Zeitpunkt noch kein konkreter Kinderwunsch bestanden haben mag, konnte schon angesichts des Alters der beiden Ehegatten bei der Eheschließung (34 Jahre bzw. 25 Jahre) eine spätere Familiengründung nicht von vornherein ausgeschlossen werden, was letztlich auch die fünf Jahre später erfolgte Geburt der gemeinsamen Tochter verdeutlicht. Jedenfalls wird deshalb in die Beurteilung der Frage, ob eine ehevertragliche Vereinbarung im Rahmen einer Gesamtwürdigung objektiv unausgewogen ist, auch die Situation der Ehegatten nach einer bei Vertragsschluss zumindest für möglich gehaltenen Geburt gemeinsamer Kinder einzubeziehen sein (vgl. auch Senatsbeschluss vom 17. Mai 2006 - XII ZB 250/03 - FamRZ 2006, 1097, 1098). Es war für diesen Fall vorhersehbar , dass der einkommensschwächeren Ehefrau - wie tatsächlich geschehen - die Aufgaben der Kinderbetreuung und Haushaltsführung übertragen werden würden. Eine Wirksamkeit des vereinbarten Unterhaltsverzichts hätte dann im Falle der Ehescheidung dazu geführt, dass die Ehefrau selbst im Fall der Betreuung gemeinsamer Kinder jeden nachehelichen Schutz vor ehebedingten Einkommenseinbußen verloren hätte. Auch der mit der Übernahme der Haushaltsführung und Kinderbetreuung einhergehende Verzicht auf eine eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehezeit wäre der Ehefrau nicht honoriert worden; der Verzicht auf den Versorgungsausgleich sichert allein dem Ehemann die in der Ehe erwirtschaftete Altersversorgung. Die Ehefrau hätte mithin alle ehebedingten vermögensrechtlichen Nachteile allein zu tragen gehabt - ein Ergebnis, das mit dem Gebot der ehelichen Solidarität schlechthin unvereinbar wäre. Diese Einseitigkeit findet im Ausschluss des Zugewinnausgleichs ihre Fortsetzung.
19
bb) Allerdings hat der Senat in ständiger Rechtsprechung betont, dass aus dem objektiven Zusammenspiel einseitig belastender - aber für sich genommen noch hinnehmbarer - Regelungen zu den Scheidungsfolgen nur dann auf die weiter erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten geschlossen werden kann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegelt. Eine lediglich auf die Einseitigkeit der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit lässt sich bei familienrechtlichen Verträgen nicht aufstellen. Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag in diesem Zusammenhang zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn sonst außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit, hindeuten könnten (Senatsbeschlüsse vom 15. März 2017 - XII ZB 109/16 - FamRZ 2017, 884 Rn. 39 und vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 39; Senatsurteile vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 27 und vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 24). Gemessen daran hat das Beschwerdegericht schon auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts hinreichende Umstände aufgezeigt, aus denen es in der gebotenen Gesamtschau rechtsbedenkenfrei darauf schließen konnte, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt die unterlegene Verhandlungsposition der Ehefrau und damit eine gestörte subjektive Vertragsparität widerspiegelt.
20
(1) Der Ehemann war der Ehefrau in sozialer und ökonomischer Hinsicht überlegen. Er war in Deutschland beheimatet und durch seine Stellung im öffentlichen Dienst wirtschaftlich abgesichert. Die lebensjüngere Ehefrau hielt sich erst seit knapp drei Jahren in Deutschland auf und beherrschte die deutsche Sprache noch nicht. Sie war vor der Eheschließung zwar ebenfalls - als Gebäu- dereinigerin - erwerbstätig gewesen; dabei betrug ihr rentenversicherungspflichtiges Jahresbruttoeinkommen ausweislich der zum Versorgungsausgleich eingeholten Auskünfte der DRV Bund in den Jahren 1996 und 1997 allerdings (nur) rund 20.000 DM. Die dauerhafte Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit in Deutschland wäre ihr zudem nur bei einer unbefristeten Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis möglich gewesen, die sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht erlangt hatte.
21
(2) Wie der Senat mehrfach ausgesprochen hat, begründet das Ansinnen eines Ehegatten, eine Ehe nur unter der Bedingung eines Ehevertrags eingehen zu wollen, für sich genommen auch bei Vorliegen eines Einkommens- und Vermögensgefälles für den anderen Ehegatten in Regel noch keine(Zwangs-) Lage, aus der ohne Weiteres auf eine gestörte Vertragsparität geschlossen werden kann. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn der mit dem Verlangen nach dem Abschluss eines Ehevertrags konfrontierte Ehegatte erkennbar in einem besonderen Maße auf die Eheschließung angewiesen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 41 und Senatsurteil vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 28). In diesem Zusammenhang hebt das Beschwerdegericht zu Recht die ausländerrechtliche Komponente des Streitfalls hervor (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 17. Mai 2006 - XII ZB 250/03 - FamRZ 2006, 1097, 1098 und Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 119/04 - FamRZ 2007, 450, 451 f.). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts war die Ehefrau von der Ausweisung bedroht. Es liegt auf der Hand, dass sich ein ausländischer Vertragspartner bei der Aushandlung eines Ehevertrags in einer deutlich schlechteren Verhandlungsposition befindet, wenn er seinen Lebensplan, dauerhaft unter Verbesserung seiner Lebensverhältnisse in Deutschland ansässig und erwerbstätig zu werden, nur unter der dem anderen Vertragspartner bekannten Voraussetzung der Eheschließung verwirklichen kann. Je dringlicher dieser Wunsch - etwa mit Blick auf drohende ausländerrechtliche Maßnahmen - erscheint, desto eher hat es der andere Vertragspartner in der Hand, sich die Verwirklichung dieses Wunsches durch ehevertragliche Zugeständnisse "abkaufen" zu lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. März 2007 - XII ZR 119/04 - FamRZ 2007, 1157 Rn. 6).
22
(3) Bei dieser Sachlage kann es im Ergebnis sogar auf sich beruhen, ob die Ehefrau auch durch die konkrete Gestaltung des Beurkundungsverfahrens zusätzlich benachteiligt worden ist. Es kann deshalb insbesondere dahinstehen, ob dem Ehemann - wie das Beschwerdegericht meint - in der Gesamtschau auch die Hinzuziehung eines ungeeigneten Dolmetschers im Beurkundungstermin anzulasten ist. Unstreitig ist allerdings, dass der sprachunkundigen Ehefrau im Vorfeld der Beurkundung kein eigener Vertragsentwurf überlassen worden war, so dass ihr von vornherein die Möglichkeit genommen wurde, sich den Vertragstext - wenigstens in groben Zügen - vorab schriftlich in ihre Heimatsprache übersetzen zu lassen. Bei dieser Verfahrensgestaltung blieb der Ehefrau , wenn ihr daran gelegen war, den Vertragstext vor der Unterzeichnung in einer ihr vertrauten Sprache zu lesen, nur die unangenehme und voraussichtlich mit einer Verzögerung des Vertragsschlusses verbundene Möglichkeit, sich im Notartermin einer Genehmigung der Niederschrift ohne vorherige Aushändigung einer schriftlichen Übersetzung zu widersetzen (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 BeurkG).
23
cc) Ergibt sich das Verdikt der Sittenwidrigkeit - wie hier - aus der Gesamtwürdigung eines einseitig belastenden Ehevertrags, erfasst die Nichtigkeitsfolge nach ständiger Rechtsprechung des Senats notwendig den gesamten Vertrag, ohne dass eine salvatorische Klausel hieran etwas zu ändern vermag (vgl. Senatsurteile vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 31 und vom 9. Juli 2008 - XII ZR 6/07 - FamRZ 2008, 2011 Rn. 24; Se- natsbeschluss vom 17. Mai 2006 - XII ZB 250/03 - FamRZ 2006, 1097, 1098). Denn dann erfüllte die salvatorische Klausel im Interesse des begünstigten Ehegatten die Funktion, den Restbestand eines dem benachteiligten Ehegatten aufgedrängten Vertragswerks so weit wie möglich gegenüber der etwaigen Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen rechtlich abzusichern; in diesem Falle spiegelt sich auch in der Vereinbarung der Erhaltungsklausel selbst die auf ungleichen Verhandlungspositionen beruhende Störung der Vertragsparität zwischen den Ehegatten wider (Senatsurteil vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 31).
24
3. Die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts hat daher Bestand.
25
a) Zwar ist die vom Beschwerdegericht angeordnete Zurückverweisung des gesamten Verfahrens an das Amtsgericht verfahrensordnungswidrig erfolgt. Hat das Amtsgericht einen Stufenantrag in einer vermögensrechtlichen Folgesache insgesamt abgewiesen und gibt das Beschwerdegericht demgegenüber dem Auskunftsanspruch in der ersten Stufe statt, kommt eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht in analoger Anwendung von § 117 Abs. 2 Satz 1 iVm § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO grundsätzlich in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 19. November 2014 - XII ZB 522/14 - FamRZ 2015, 247 Rn. 19; BGH Beschluss vom 22. September 2008 - II ZR 257/07 - NJW 2009, 431 Rn. 12 und Urteil vom 3. Mai 2006 - VIII ZR 168/05 - NJW 2006, 2626 Rn. 14 f.). Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend ist auch, dass dann, wenn bei gemeinsamer Anfechtung von Ehescheidung und Folgesache lediglich das Rechtsmittel in der Folgesache begründet ist, eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Rechtsmittelgericht zur Aufrechterhaltung des Verbundes in erster Instanz grundsätzlich auch auf die Scheidungssache zu erstrecken ist (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2013, 301, 302; Helms in Prütting/ Helms FamFG 4. Aufl. § 142 Rn. 3; BeckOK FamFG/Nickel [Stand: Oktober 2017] § 142 Rn. 7; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 13. November 2013 - XII ZB 453/13 - juris Rn. 3 und vom 4. September 2013 - XII ZB 87/12 - FamRZ 2013, 1879 Rn. 12). Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache analog § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG iVm § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO lagen hier allerdings nicht vor, weil es an dem dafür erforderlichen Antrag mindestens eines Beteiligten fehlte (vgl. BGH Beschluss vom 22. September 2008 - II ZR 257/07 - NJW 2009, 431 Rn. 12; vgl. auch BGH Urteil vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03 - NJW-RR 2004, 1637, 1639).
26
b) Das Fehlen des für eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 ZPO notwendigen Antrags kann durch das Rechtsbeschwerdegericht aber nicht von Amts wegen, sondern nur auf eine rechtzeitig und ordnungsgemäß in der Form des § 71 Abs. 3 Nr. 2 lit. b FamFG angebrachte Verfahrensrüge berücksichtigt werden. Eine solche Rüge hat die Rechtsbeschwerde nicht erhoben. Die ab- schließende und allgemein gehaltene Rüge einer Verletzung des "gesamten Verfahrensrechts, insbesondere Verletzung von § 113 FamFG iVm § 286 ZPO", ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend (vgl. BGH Beschluss vom 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95 - NJW 1997, 1710).
27
4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Schilling Günter Botur Krüger
Vorinstanzen:
AG Hamburg-St. Georg, Entscheidung vom 22.10.2015 - 983 F 96/14 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 22.12.2016 - 2 UF 147/15 -

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.

(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.

(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.

(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.