2.6 Beteiligung an einer Schlägerei

published on 18/05/2016 22:14
2.6 Beteiligung an einer Schlägerei
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Strafverteidigung in Berlin Mitte - BSP Rechtsanwälte
Beteiligung an einer Schlägerei, § 231 StGB

Nach § 231 StGB wird bestraft, wer sich schuldhaft an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung iSd § 226 StGB verursacht worden ist.

I. Strafgrund
Strafgrund der Beteiligung an einer Schlägerei ist die allgemeine Gefährlichkeit, die von Schlägereien und Angriffen mit mehreren Personen ausgeht. Der Gesetzgeber hat § 231 StGB deshalb als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestattet.

II. Tatmodalitäten

1. Schlägerei
Eine Schlägerei ist eine mit gegenseitigen Körperverletzungen verbundenen Ausei-nandersetzung mit mehr als zwei Personen (BGHSt 15, 369).

2. Angriff
Unter einem von mehreren verübten Angriff ist die in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung von mindestens zwei Personen zu verstehen (BGHSt 31, 124).

3. Beteiligung
Beteiligt ist nach herrschender Ansicht, wer am Tatort anwesend ist und in feindlicher Willensrichtung auf psychische oder physische Weise an den Tätlichkeiten mitwirkt (Fischer, § 231 Rn. 8). Für die Beteiligung genügt somit bereits die psychische Mitwirkung in Form des Anfeuerns, des Abhaltens von Hilfe etc; eines Mitwirkens iSd einer physischen Verletzung bedarf es nicht.

℗ Vorwerfbarkeit der Tatbehandlung, § 231 Abs. 2 StGB
Nach § 231 Abs. 2 StGB ist eine Beteiligung nicht strafbar, wenn sie dem Be-teiligten nicht vorzuwerfen ist. Nicht abschließend geklärt ist, ob der Gesetzgeber hier den Tatbestand entfallen oder nur auf Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe verweisen wollte. Für einen Verweis auf die Rechtfertigungs- und Schuldebene spricht zumindest der Wortlaut, da der Gesetzgeber bei anderen Tatbeständen des StGB durch die Formulierung „wird nicht bestraft“ auf die Rechtfertigungs- oder Schuldebene verweist (§ 218a Abs. 4 StGB, § 258 Abs. 5 StGB).  

℗ Zeitpunkt der Beteiligung
Da die schwere Folge durch die Beteiligung des Täters verursacht worden sein muss, sind die Fälle umstritten, in denen der Täter frühzeitig aus der Schlägerei oder dem Angriff mehrerer aussteigt oder später hinzukommt.
Eine Minderansicht differenziert nach dem Zeitpunkt, in dem indem der Täter an der Schlägerei oder dem Angriff mehrerer beteiligt ist. Der Tatbeteiligte, der die Schlägerei oder den Angriff mehrerer bereits vor Eintritt der schweren Folge verlassen hat, könne seinen Gefährdungsbeitrag nicht mehr herausnehmen. Derjenige, der jedoch erst nach Eintritt der schweren Folge zur Schlägerei oder zum Angriff mehrerer hinzutritt, dessen Beteiligung ist nach Eintritt der schweren Folge nicht mehr in der Lage eine todesspezifische Gefährlichkeit in die Schlägerei hineinzutragen. Lasse sich somit nicht mehr nachweisen zu welchem Zeitpunkt der Tatbeteiligte hinzugetreten ist, so müsse eine Strafbarkeit nach § 231 StGB aufgrund des „in-dubio-pro-reo“-Grundsatzes entfallen.

Nach herrschender Meinung (BGHST 14, 132; BGHST 16, 130) bleibt der Zeitpunkt des Tatbeitrages jedoch ohne Bedeutung. Der Gesetzgeber hat § 231 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestattet und somit bewusst auf eine Ursächlichkeit des einzelnen Tatbeitrages verzichtet. Schutzzweck des § 231 StGB sei eben die Vermeidung von Beweisschwierigkeiten. Denn würde man es zulassen, den Beteiligten von der Strafbarkeit auszuschließen, der erst nach Eintritt der schweren Folge zur Tat hinzutritt, so würde dies dazu führen, dass sich jeder Beteiligte auf eine nachträgliche Beteiligung berufen würde. Diese Ansicht bestätigte der Bundesgerichtshof in seiner aktuellen Rechtsprechung.

4. Vorsatz
Neben der willentlichen Mitwirkung an der Schlägerei oder dem Angriff mehrerer muss der Vorsatz des Täters die Kenntnis derjenigen Tatsachen umfassen, aus denen das Vorliegen der Tathandlungen folgt.

5. Objektive Bedingung der Strafbarkeit
Durch die Schlägerei oder den Angriff mehrerer muss der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung verursacht worden sein. Die schwere Folge bildet nach herrschender Ansicht nur eine objektive Bedingung der Strafbarkeit. Der Vorsatz des Täters muss sich somit nicht auf den Eintritt der schweren Folge beziehen. Wessen Verhalten schließlich für den Eintritt der schweren Folge ursächlich war, ist somit nicht von Bedeutung. Zudem ist es nicht erforderlich, dass die schwere Folge bei einem der Tatbeteiligten eintritt; der Eintritt der schweren Folge an einem Zuschauer oder einem Hilfeleistenden genügt.

III. Besonderheiten der Rechtfertigung

℗ Berufung auf Notwehr
Problematisch sind Konstellationen, in denen der Täter im Laufe der Schlägerei oder des Angriffs in eine Notwehrsituation gerät. Hier muss unterscheiden werden, ob sich die Beteiligung des Täters in der Notwehrhandlung als solche erschöpft oder ob er bereits vorher schuldhaft in die Schlägerei oder den Angriff mehrerer hineingezogen wurde. Eine Rechtfertigung der Handlung nach § 231 Abs. 2 StGB ist nur möglich, wenn die Beteiligungshandlung des Täters nur in der Notwehrhandlung zu sehen ist. Bei letzterer Situation lässt die Notwehrhandlung zwar die Rechtswidrigkeit der konkreten Einzeltat entfallen; die Beteiligung an einer Schlägerei nach § 231 Abs. 1 StGB bleibt hiervon jedoch unberührt. Es sei auf aktuelle Rechtsprechung verwiesen.

IV. Aktuelle Rechtsprechung:
BGH 5 StR 38/14 – Beschluss vom 27.3.2014 BGH: Zum Zeitpunkt der Beteiligung an eine Schlägerei/ ein Angriff mehrerer


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Annotations

(1) Wer sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 226) verursacht worden ist.

(2) Nach Absatz 1 ist nicht strafbar, wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne daß ihm dies vorzuwerfen ist.

(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person

1.
das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2.
ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
3.
in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(2) Verursacht der Täter eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen absichtlich oder wissentlich, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 226) verursacht worden ist.

(2) Nach Absatz 1 ist nicht strafbar, wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne daß ihm dies vorzuwerfen ist.

(1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn

1.
die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
2.
der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und
3.
seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(2) Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann.

(3) Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem Schwangerschaftsabbruch, der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 178 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(4) Die Schwangere ist nicht nach § 218 strafbar, wenn der Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§ 219) von einem Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. Das Gericht kann von Strafe nach § 218 absehen, wenn die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat.

(1) Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, daß ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) unterworfen wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer absichtlich oder wissentlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen verhängten Strafe oder Maßnahme ganz oder zum Teil vereitelt.

(3) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) Wegen Strafvereitelung wird nicht bestraft, wer durch die Tat zugleich ganz oder zum Teil vereiteln will, daß er selbst bestraft oder einer Maßnahme unterworfen wird oder daß eine gegen ihn verhängte Strafe oder Maßnahme vollstreckt wird.

(6) Wer die Tat zugunsten eines Angehörigen begeht, ist straffrei.

(1) Wer sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 226) verursacht worden ist.

(2) Nach Absatz 1 ist nicht strafbar, wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne daß ihm dies vorzuwerfen ist.