Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 9. November 2006 - 9 K 876/06 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen 2.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die - zulässige - Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die der Beigeladenen 1 erteilte Baugenehmigung vom 8.6.2006 für den Neubau eines Lebensmittelmarktes abgelehnt. Denn diese Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin aller Voraussicht nach nicht in eigenen Rechten.
Eine Nachbargemeinde kann sich gegen die Zulassung eines Einzelvorhabens wenden, wenn die - rechtswidrige - Zulassungsentscheidung auf einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes nach § 2 Abs. 2 BauGB beruht und von dem Vorhaben unmittelbar negative Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde ausgehen können - „gemeindenachbarliches Rücksichtnahmegebot“ (grundlegend BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209; BVerwG, Urteil vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 zur Baugenehmigung nach § 35 BauGB; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.2.1993 - 4 C 15.92 -, DVBl. 1993, 658; zur Voraussetzung der Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung nach der jeweiligen Genehmigungsschranke vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 2 RdNr. 103 und Uechtritz, NVwZ 2003, 176). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob die Beigeladene 2 den Bebauungsplan „Großer Acker“ vom 11.11.1998, auf den die angefochtene Baugenehmigung gestützt ist, unter Verletzung von § 2 Abs. 2 BauGB erlassen hat, ob ein solcher Abwägungsmangel mit Blick auf die Rügefrist des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a.F. unbeachtlich wäre, ob Großflächigkeit vorliegt und welcher Genehmigungstatbestand im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans einschlägig und gegebenenfalls verletzt wäre. Denn auch nach eingehender Erörterung der Sachlage mit den Beteiligten im Termin am 3.4.2007 ist nicht erkennbar, dass das Vorhaben der Beigeladenen 1 die städtebauliche Ordnung und Entwicklung auf dem Gebiet der Antragstellerin in gewichtiger Weise beeinträchtigen könnte.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der genehmigte Lebensmittelmarkt die zentralörtliche Versorgungsfunktion, die das Einzelhandelskonzept der Antragstellerin der Innenstadt von Balingen zuweist, allenfalls geringfügig beeinträchtigen kann. Davon geht auch die von der Antragstellerin in Auftrag gegebene „Auswirkungsanalyse“ der GMA vom Juli 2006 aus (S. 21). Dieser Punkt ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch nicht (mehr) streitig.
Die Antragstellerin macht jedoch geltend, dass der geplante Lebensmittelmarkt die Funktions- und Entwicklungsfähigkeit des in ihrem Einzelhandelskonzept vorgesehenen und als solchen gesicherten Nahversorgungsstandorts „Grauenstein/Weilstetten“ in gewichtiger und rücksichtsloser Weise beeinträchtigt. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Allerdings enthielt das Einzelhandelskonzept der Antragstellerin diese Standortzuweisung von Anfang an, also auch bereits zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über den Bebauungsplan „Großer Acker“. Bereits nach dem vom Gemeinderat erstmals am 6.6.1989 aufgrund einer Marktuntersuchung der GMA beschlossenen Leitbildes zur Ansiedlung und Erweiterung von Einzelhandelsbetrieben in Balingen sollte der innenstadtrelevante Einzelhandel künftig neben der Innenstadt nur noch im Gebiet „Buhren/Frommern“ und „Grauenstein/Weilstetten“ zulässig sein (Sitzungsvorlage vom 24.5.1989 zur Gemeinderatssitzung am 6.6.1989). Auch bei der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts auf der Grundlage des Marktgutachtens der GMA von 1999 hielt die Antragstellerin an diesen beiden Nahversorgungszentren fest, die insbesondere „die Warenangebote des kurz- und mittelfristigen Bedarfs für die Bevölkerung“ decken sollten, wozu u.a. aus dem Bereich Nahrungs- und Genussmittel die Segmente „Lebensmittel/Reformwaren“, „Getränke, Spirituosen und Tabak“, „Bäcker/Konditor“ und „Metzger“ gezählt wurden. Jedoch wurde bereits 1999 angenommen, dass die vorhandenen Anbieter weiter „geschwächt“ werden könnten, und dass eine solche Entwicklung mit den Instrumenten der Stadtplanung nur eingeschränkt gestoppt werden könne (GR-Drucksache 201/1999, S. 12 f.; GMA-Gutachten 1999, S. 92). Im Jahre 2005 hat der Gemeinderat anlässlich der Fortschreibung des Marktgutachtens 2005 der GMA festgestellt, dass sich lediglich „Buhren-Zentrum“ in Frommern als größerer Nahversorgungsstandort etabliert habe, während in den anderen Stadtteilen - also auch in Weilstetten - bereits kein Nahversorgungsangebot in Form eines qualifizierten Lebensmittelanbieters mehr vorhanden sei. Großenteils werde die Nahversorgung hier durch Metzgereien und Bäckereien mit ergänzendem Lebensmittelsortiment gewährleistet. Die GMA habe insoweit zur Bewältigung und Verbesserung der Grundversorgung alternative Versorgungskonzepte genannt (GR-Drucksache 178, 2005, S. 11 und Beschlussantrag Nr. 6 zur Grundversorgung der Ortsteile und Wohnbezirke, S. 2). In der Fortschreibung des Marktgutachtens 2005 der GMA heißt es dazu ergänzend, dass andere Nahversorgungsschwerpunkte - außer Frommern - lediglich noch den täglichen Bedarf der Bevölkerung des unmittelbaren Wohnumfeldes deckten und dort infolge des geringen Einwohnerpotentials auch zukünftig keine Versorgung durch einen klassischen Lebensmittelmarkt zu erwarten sei; vor diesem Hintergrund kämen insoweit allenfalls alternative Versorgungskonzepte zur Nahversorgung der Bevölkerung in Frage. Während der konventionelle Lebensmittelmarkt oder Discounter ein Mindesteinwohnerpotential von ca. 5.000 Einwohnern im engeren Einzugsgebiet fordere, könnten alternative Versorgungskonzepte wie „Kleinflächenkonzepte“ (etwa Lebensmittelläden bis zu 300 qm Verkaufsfläche), „Ladengemeinschaften“, „Hofflächen“, „Convenience Shops“ oder „Rollende Verkaufswagen/Zustelldienste“ bereits ab etwa 1.000 Einwohnern im unmittelbaren Standortumfeld tragfähig sein (S. 24, 55 ff.).
Die Antragstellerin geht somit selbst davon aus, dass der Nahversorgungsstandort „Grauenstein/Weilstetten“ als solcher nicht (mehr) existiert und auch nicht entwicklungsfähig ist. Diese Einschätzung wurde im Erörterungstermin am 3.4.2007 bestätigt. Danach ist im Gebiet Grauenstein in Weilstetten (insgesamt etwa 3.700 Einwohner) im hier relevanten Sortimentsbereich derzeit - unstreitig - nur noch ein „Schlecker-Markt“ (kein Vollsortimenter und ohne Frischware), eine Bäckerei und ein Getränkemarkt vorhanden. Seitens der Antragstellerin wurde im Termin ausgeführt, dass der früher dort vorhandene Vollsortimenter („Spar“) im Jahre 2002 im Anschluss an die Eröffnung des „Lidl“ im Baugebiet „Großer Acker“ der Beigeladenen 2 (im Jahre 2001) seinen Betrieb aufgegeben habe. Die Bemühungen um ein Nachfolgeunternehmen seien erfolglos geblieben; dabei sei das Angebot, in Weilstetten einen Vollsortimenter anzusiedeln, unter Hinweis gerade auf den „Lidl“ in Dotternhausen abgelehnt worden. Auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts legte der Gutachter der GMA, Herr Dr. H., sich nicht auf die Aussage fest, es bestehe Aussicht, dass sich der Bereich „Grauenstein/Weilstetten“ in absehbarer Zeit noch gemäß dem Einzelhandelskonzept zum Nahversorgungsstandort entwickeln werde. Zwar sei dort die Ansiedlung eines Vollsortimenters mit einer Größe von unter 700 qm Nutzfläche prinzipiell denkbar, allerdings nur dann, wenn es keinerlei Konkurrenz von außen gebe.
Daher fehlt es an der Schutzwürdigkeit des im Einzelhandelskonzept vorgesehenen Nahversorgungszentrums „Grauenstein/Weilstetten“. Auf den Schutz der Grundversorgung des täglichen Bedarfs der Bevölkerung des unmittelbaren Wohnumfelds in „Grauenstein/Weilstetten“ oder anderswo hat die Antragstellerin das von ihr geltend gemachte Abwehrrecht nicht gestützt. Insoweit liegt auch keine Standortplanung mit Ausschlüssen des Einzelhandels in anderen Gebieten vor; vielmehr hält die Antragstellerin wohl nach wie vor daran fest, den Bereich „Grauenstein/Weilstetten“ als Nahversorgungszentrum vorzusehen (vgl. GR-Drucksache 178/2005, S. 8). Da das Einzelhandelskonzept somit hinsichtlich der Sicherung des Bereichs „Grauenstein/Weilstetten“ als Nahversorgungszentrum „funktionslos“ geworden sein dürfte, kann eine „gewichtige“ Beeinträchtigung der im Konzept zum Ausdruck gebrachten städtebaulichen Ordnung und Entwicklung auch nicht aus dem vom GMA-Gutachter prognostizierten Umsatzverlust von rund 10 % bei den Nahversorgungsangeboten u.a. im Stadtteil Weilstetten hergeleitet werden („Auswirkungsanalyse“ vom Juli 2006, S. 18).
Nach allem wird die Antragstellerin durch die der Beigeladenen 1 erteilte Baugenehmigung aller Voraussicht nach nicht in eigenen Rechten verletzt. Es mag sein, dass die Rechtslage bezogen auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Stadt Schömberg - die keinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt hat -, anders hätte beurteilt werden müssen, weil das Vorhaben der Beigeladenen 1 nach der „Auswirkungsanalyse“ der GMA dort integrierte Standortlagen in erheblichem Umfang beeinträchtigt (Umsatzverluste von mindestens 18%), ohne dadurch „gerechtfertigt“ zu sein, dass es eine Versorgungslücke in der Standortgemeinde deckt (S. 12, 16 und 20 f.).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG.
10 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag, mit welchem die Antragstellerin (sachdienlich verstanden) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen die der Beigeladenen Ziffer 1 am 08.06.2006 erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Geschäftshauses (Lebensmittelmarkt mit Backshop) erstrebt, ist zulässig.
Die Antragstellerin ist insbesondere im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt, denn sie macht u.a. geltend, die angefochtene Baugenehmigung sei zu ihren Lasten unter Missachtung des in § 2 Abs. 2 BauGB normierten interkommunalen Abstimmungsgebotes bzw. des sich aus § 15 BauNVO ergebenden Rücksichtnahmegebotes erteilt worden (vgl. u.a. Bay. VGH, Beschl. vom 25.04.2002 - 2 CS 02.121 -; vgl. auch OVG Thüringen, Beschl. vom 20.12.2004 - 1 EO 1077/04 -; Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB § 2 Rn. 136, Rn. 103 m.w.N. aus der Rechtsprechung; a.A. im Blick auf § 2 Abs. 2 BauGB Uechtritz in DVBl. 2006 S. 799 ff.).
Der Antrag ist allerdings nicht begründet. Die nach §§ 212 a BauGB, 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Beigeladenen Ziffer 1 an der Ausnutzung der ihr erteilten Baugenehmigung bereits vor bestands- bzw. rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache das gegenläufige Interesse der Antragstellerin schon deshalb überwiegt, weil nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die angefochtene Baugenehmigung voraussichtlich nicht gegen solche Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die (auch) dem Schutz der benachbarten Gemeinde - hier der Antragstellerin - zu dienen bestimmt sind.
Das Bauvorhaben der Beigeladenen Ziffer 1 beurteilt sich bauplanungsrechtlich nach dem Bebauungsplan “G. A.“ der Beigeladenen Ziffer 2 vom 30.07.1998, der vom Landratsamt Z. am 03.11.1998 genehmigt und im Amtsblatt der Beigeladenen Ziffer 2 am 11.11.1998 bekannt gemacht worden ist. Der Bebauungsplan setzt ein Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO (1990) fest und enthält lediglich die Einschränkung, dass die nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten nicht zugelassen werden. Sonstige Beschränkungen bezüglich der Art der baulichen Nutzung enthält der Bebauungsplan nicht. Hiernach sind in dem Plangebiet zulässig Gewerbebetriebe aller Art (…). Dazu zählt insbesondere der streitgegenständliche Einzelhandelsbetrieb, ein Lebensmitteldiscounter mit einer genehmigten Verkaufsfläche von insgesamt 799,36 m 2 . Bei diesem Betrieb handelt es sich auch nicht um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb i.S.v. § 11 Abs. 3 / S. 1 Nr. 2 BauNVO, der lediglich in einem Kerngebiet oder in einem Sondergebiet zulässig wäre, da es - wenn auch knapp - an dem selbständigen Tatbestandmerkmal der 800 m 2 überschreitenden Verkaufsfläche fehlt (so nun BVerwG, Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10/04 -, - 4 C 14/04 -, - 4 C 3/05 - ).
Soweit behauptet wird, dass bei Nachmessen der vorgelegten Pläne das Vorhaben die Schwelle von 800 m 2 überschreite, ist dem antragstellerischen Vorbringen insoweit zuzugeben, dass die Maßangaben des (genehmigten) Grundrissplanes nicht mit den Angaben der im Planheft befindlichen Nutzflächenberechnung übereinstimmen. Soweit ersichtlich, wurde bei der Nutzflächenberechnung je Wandabstand ein Abzug von 3 cm vorgenommen. Dieser ist (wohl) dadurch zu erklären, dass die Maßangaben im Plan Rohbaumaße sind, die Nutzflächenberechnung aber unter Berücksichtigung des in der Baubeschreibung angeführten, aufzubringenden Innenputzes (Ziffer 13 der Baubeschreibung) vorgenommen wird. Die Berücksichtigung eines Putzes mit einer Stärke von 1,5 cm je Wand (insgesamt also 3 cm Abzug) dürfte voraussichtlich aber nicht unangemessen sein (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, nachfolgend BVerwG, Urt. vom 24.11.2005 - 4 C 10/04 -). Überdies ergibt sich aber auch aus dem genehmigten Grundflächenplan die errechnete Verkaufsfläche des Vorhabens von 799,36 m², die sich aus dem Verkaufsraum mit 754,68 m², dem Windfang mit 18,96 m² und dem Backshop mit 25,72 m² zusammensetzt. Letztlich kann dieser Aspekt seitens der Beigeladenen Ziffer 1 und der Antragsgegnerin ohne weiteres noch im Laufe des Widerspruchsverfahren eindeutig klargestellt werden.
Bei der gebotenen summarischen Prüfung ist demzufolge davon auszugehen, dass streitgegenständlich die Genehmigung eines unter 800 m² Verkaufsfläche liegenden und damit nicht großflächigen Einzelhandelsbetriebes ist. Ein derartiger Einzelhandelsbetrieb, auch wenn nur wenige Quadratzentimeter zur Großflächigkeit fehlen, darf aber bauplanungsrechtlich, sofern der Bebauungsplan - wie vorliegend - keine entsprechenden Einschränkungen enthält, in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO ohne weiteres errichtet werden.
Sofern seitens der Antragstellerin Bedenken gegen den Bebauungsplan der Beigeladenen Ziffer 2 „G. A.“ geltend gemacht werden, insbesondere im Blick auf das interkommunale Abstimmungsgebot nach § 2 Abs. 2 BauGB, gehen diese aller Voraussicht nach schon aufgrund der Regelung des § 215 Abs. 1 a.F. ins Leere.
Gemäß § 233 Abs. 2 BauGB i. d. F. von Art. 1 Nr. 71 des Gesetzes zur Anpassung des Baugesetzbuches an EU-Richtlinien vom 24.06.2004 (BGBl. I S. 1359) sind die Vorschriften des dritten Kapitels, zweiter Teil, vierter Abschnitt zur Planerhaltung auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.
Mithin ist für die Frage der Beachtlichkeit eventueller Abwägungsfehler vorliegend § 215 BauGB in der bisher geltenden Fassung anzuwenden (vgl. auch Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB § 233 Rn. 44b). Auf § 215 BauGB a.F. wurde in der Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde D. am 11.11.1998 auch ausdrücklich hingewiesen. Nach § 215 BauGB a.F. wurden Mängel der in § 214 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauGB bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht binnen eines Jahres gegenüber der Gemeinde schriftlich geltend gemacht wurden. Mängel der Abwägung wurden unbeachtlich, wenn sie nicht binnen sieben Jahren geltend gemacht wurden. Mit dem Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004 wurde die Rügefrist auf einheitlich zwei Jahre festgesetzt, zugleich aber wurden Mängel des Abwägungsergebnisses aus der Unbeachtlichkeitsregelung herausgenommen, die daher nicht mehr verfristen können (vgl. Dürr in Brügelmann, BauGB, § 215 Rn. 3, 4). Selbst wenn also vorliegend ein Fehler im Abwägungsvorgang oder im Abwägungsergebnis festgestellt werden könnte, könnte er dem Vorhaben der Beigeladenen Ziffer 1 nicht mehr entgegengehalten werden, denn die siebenjährige Rügefrist lief am 11.11.2005 ab. Innerhalb dieser Frist wurde seitens der Antragstellerin eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes indes nicht geltend gemacht. Angesichts dessen ist von der Wirksamkeit des Bebauungsplanes „G. A.“ auszugehen.
10 
Anzumerken ist im Blick auf den Bebauungsplan überdies: Zwar ist der Antragstellerin zuzugeben, dass sie im Bebauungsplanverfahren „G. A.“ förmlich nicht beteiligt wurde. Worauf dies letztlich zurückzuführen ist, lässt sich derzeit aber nicht hinreichend sicher feststellen. Möglicherweise war seitens der Beigeladenen Ziffer 2 an die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben - wie vorliegend - überhaupt nicht gedacht worden. Allerdings waren im Bebauungsplanverfahren sowohl das Regierungspräsidium T. - Raumordnungsbehörde - als auch der Regionalverband N.-A. beteiligt. Nachdem die Beigeladene Ziffer 2 im Bebauungsplanverfahren die ursprünglich zur Bebauung vorgesehene Fläche von 13,5 Hektar auf 10,5 Hektar reduziert hatte, der - nach Aktenlage - einzige Umstand, der sowohl vom Regionalverband als auch vom Regierungspräsidium für problematisch erachtet worden war, äußerten weder der Regionalverband noch das Regierungspräsidium T. Bedenken an der Festsetzung eines Gewerbegebiets. Insbesondere wurden seinerzeit im Blick auf die Möglichkeit von Beeinträchtigungen der Versorgungsfunktion des Mittelzentrums B. und des Kleinzentrums S. die nun von der Antragstellerin geforderten Einschränkungen nicht für notwendig erachtet.
11 
In der Sache dürfte es schließlich fraglich erschienen, ob sich die Antragstellerin überhaupt auf die ihr durch die Ziele der Raumordnung zugewiesene Funktion eines Mittelzentrums berufen kann. Denn diese Aspekt wurde erst mit dem Europaanpassungsgesetz 2004 in § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB - das Abstimmungsgebot erweiternd - aufgenommen (vgl. Ernst-Zinkahn Bielenberg, § 2 RdNr. 115), dürfte also von der Antragstellerin im Blick auf den Bebauungsplan “G. A.“ des Jahres 1998 nicht geltend gemacht werden können. Dies gilt zwar nicht im Blick auf die „Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche“ der Antragstellerin, denn dieser bereits im Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB a.F. enthaltende Aspekt wurde mit der aufgrund des Europaanpassungsgesetzes 2004 erfolgten Neuregelung des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB lediglich näher konkretisiert. Doch auch wenn sich die Antragstellerin seinerzeit hierauf hätte grundsätzlich berufen können, dürfte eine Verletzung des interkommunalen Abwägungsgebotes schon deshalb fraglich erscheinen, weil eine Kaufkraftumverteilung von 10 bis 30 % (je nach Sortiment) zu Lasten zentraler Versorgungsbereiche der Antragstellerin nicht feststellbar ist (s.u.).
12 
Im Blick auf das streitige Vorhaben gilt sodann folgendes: Sofern die Antragstellerin meint, dass hinsichtlich des geplanten Vorhabens die Auswirkungen des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO zu berücksichtigen seien, scheidet eine direkte Anwendung des § 11 Abs. 3 BauNVO vorliegend aus. Für die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO bedürfte es des Vorliegens eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes. Von einem solchen kann bei dem geplanten Vorhaben - wie ausgeführt - aber nicht ausgegangen werden. Sofern die Antragstellerin meint, die Auswirkungen des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO müssten jedenfalls auch deshalb geprüft werden, weil das Vorhaben zusammen mit dem bereits vorhandenen Lebensmitteldiscounter „Lidl“- Markt - der wohl auf ca. 700 m 2 Verkaufsfläche auf dem Nachbargrundstück betrieben wird - berücksichtigt werden, ist festzustellen, dass eine Agglomeration mehrerer kleinerer, nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe (Ziffer 2.3.3 des Einzelhandelserlasses vom 21.02.2001, GABl. vom 30.03.2001, 290) von § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO nicht erfasst wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14/04 -). Nachdem von einer derartigen Fallkonstellation vorliegend auszugehen ist, scheidet (auch insoweit) eine direkte Anwendung des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO aus.
13 
Aber auch vom Vorliegen eines Einkaufszentrums i.S. des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO ist nicht auszugehen. Mit Ausnahme des Umstandes, dass der streitgegenständliche „Netto“- Markt und der vorhandene, benachbarte „Lidl“- Markt jeweils von der Anziehungskraft des anderen profitieren dürften, spricht nichts für das Vorliegen eines gemeinsamen Konzeptes bzw. eines kooperativen Miteinanders, wie es für ein Einkaufszentrum erforderlich wäre. Auch die räumlichen Gesichtspunkte, die Ansiedlung beider Märkte auf zwei Grundstücken, zwei getrennte Baukörper, Parkplätze und Zufahrten und nicht zuletzt die Größe von insgesamt nur ca. 1500 m² Verkaufsfläche sprechen erheblich gegen das Vorliegen eines Einkaufszentrums. Im Übrigen wird das Vorliegen eines „nachträglich zusammengewachsenen“ Einkaufszentrums aber auch von der Antragstellerin nicht geltend gemacht.
14 
Sofern in einer Fallkonstellation wie der Vorliegenden letztlich § 15 BauNVO als geeignetes, die örtlichen Verhältnisse berücksichtigendes Rechtsinstrument gesehen wird, um eine mit der geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht zu vereinbarende Agglomeration zu vermeiden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -), kann vom Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen nicht ausgegangen werden.
15 
Nach § 15 Abs. 1 BauNVO ist ein in einem Baugebiet allgemein zulässiges Vorhaben im Einzelfall gleichwohl unzulässig, wenn es nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Hiervon kann im zu beurteilenden Fall nicht ausgegangen werden. Dies bedarf keiner näheren Erläuterung, zumal dies auch von der Antragstellerin nicht behauptet wird.
16 
Allerdings sind nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO derartige Anlagen auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solche Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
17 
Vom Vorliegen derartiger Belästigungen oder Störungen kann hier aber ebenfalls nicht ausgegangen werden. Insbesondere wurden seitens der Antragstellerin keine vorhabenbedingten unzumutbaren Auswirkungen für ihr Gemeindegebiet substantiiert dargelegt. Auch sonst sind solche nicht erkennbar. Die Antragstellerin legt eine Auswirkungsanalyse zur geplanten Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters in D. der G. mbH (G.) sowohl in der Entwurfsfassung (Stand 03.07.2006 „zur Abstimmung“ - wohl mit der Antragstellerin bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten -), als auch das endgültige Exemplar dieses Gutachtens vor. Dieses Parteigutachten ist nicht geeignet, unzumutbare städtebauliche Auswirkungen für die Antragstellerin zu belegen. So ist nach dem Gutachten davon auszugehen, dass durch das streitige Vorhaben im Lebensmittelsektor ein Gesamtumsatz von ca. 3,4 Millionen Euro erzielt wird, bei einer Kaufkraft im Einzugsbereich des Vorhabens (Zone I und II) von insgesamt 23 Millionen Euro (Tabelle 3). Durch die Bevölkerung der Zone II des Einzugsgebietes, zu der auch die Stadtteile E., R. und W. der Antragstellerin mit insgesamt 5.200 Einwohnern zählen (vgl. Tabelle 2 S. 12 - Entwurfsfassung -/ S.13 - endgültige Gutachtenfassung -), wird dabei ein Umsatz in Höhe von 2,5 Millionen Euro erwartet. Unter Berücksichtigung der im Gutachten genannten Kaufkraft pro Kopf im Nahrungs- und Genussbereich von 1755 Euro (vgl. S. 9/10, Ziffer 4.1.), die auch für die Antragstellerin gelten dürfte, besteht angesichts ihrer Einwohnerzahl von ca. 34.000 Einwohnern (Tabelle 2, S. 12/13) bei ihr eine Kaufkraft im Lebensmittelbereich von 59.670.000 Euro. Unter Berücksichtigung dessen, dass 2,5 Millionen Euro Umsatz des streitigen Lebensmitteldiscounters „Netto“ aus der Zone II erzielt werden sollen, zur Zone II aber neben den vorgenannten Stadtteilen der Antragstellerin auch die weiteren Orte D., D. und S. mit insgesamt 6100 Einwohner zählen, entfällt rein rechnerisch lediglich ein Anteil von 46 %, mithin ein Betrag in der Größenordnung von 1,15 Millionen Euro auf die Ortsteile der Antragstellerin. Das Gutachten der G. selbst geht lediglich von Umsätzen von 0,9 Millionen aus (vgl. S. 14/15). Dies bedeutet, dass von einer vorhabenbedingten Kaufkraftverlagerung von B. nach D. in einer Größenordnung von 1,5 % bis 1,92 % ausgegangen werden kann.
18 
Unter Berücksichtigung des im Gewerbegebiet bereits vorhanden „Lidl“- Marktes kann nach dem G. Gutachten schließlich rein rechnerisch auch nur eine Kaufkraftverlagerung von ca. 4,00 % von B. nach D. festgestellt werden. „Lidl“- Markt und geplanter „Netto“- Markt erzielen aus der Zone II Umsätze in der Größenordnung von 5,0-5,3 Mill. Euro (Tabelle 4, S. 14/15). 46 % entfallen auf die Antragstellerin, d.h. ca. 2,44 Millionen Euro. Bezogen auf die in B. im Lebensmittelbereich vorhandenen Kaufkraft von 59.670.000 Millionen Euro handelt es sich also um ca. 4% Kaufkraftverlagerung.
19 
Entgegen der Annahme der Antragstellerin kann aber auch nicht nur auf die in Zone II des Einzugsbereichs liegenden Stadtteile der Antragstellerin abgestellt werden, zumal - gerade angesichts des von ihr wiederholt angeführten Einzelhandelskonzeptes - nicht feststellbar ist, dass es sich hier um planerisch geschützte zentrale Versorgungsbereiche der genannten Stadtteile handelt. Insoweit kann den - knappen - Ausführungen im G. Gutachten nur entnommen werden, dass in den 3 Stadtteilen lediglich 8 Anbieter, vorwiegend Lebensmittelhandwerker auf einer Gesamtverkaufsfläche von ca. 550 m² (S. 12/13) vorhanden sind. Im Schreiben der Antragstellerin vom 17.05.2006 an den Antragsgegner ist - etwas genauer - von 3 Bäckereien, einer Metzgerei, einem Getränkemarkt und einem Drogeriewarengeschäft in W. und jeweils einem Bäckerei- bzw. Metzgereibetrieb in den Stadtteilen R. und E. die Rede. Einzelhandelsbetriebe bzw. innenstadtbedeutsame Branchen und Sortimente sind nach der im Verfahren von der Antragstellerin vorgelegten Aufstellung der Bebauungspläne betreffend die Stadtteile W. (Ausnahme Bebauungsplan “R.“: Einzelhandel bei Bedarf, wenn nicht Wohnen), E. und R. (Ausnahme Bebauungsplan “O. B.“: 1 Grundstück, keine Einzelhandelsregelung), ausdrücklich ausgeschlossen. Zentraler schützenswerter Versorgungsbereich der Antragstellerin dürfte folglich - nach dem Einzelhandelskonzept - jedenfalls im wesentlichen nur ihre Innenstadt sein. Mithin ist auf die gesamte Kaufkraft der Bewohner der Antragstellerin im Nahrungs- und Genussmittelbereich abzustellen.
20 
Selbst wenn nach dem G. Gutachten städtebauliche Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO durch das Hinzutreten des streitigen Vorhabens zu erwarten wären, bringt das Vorhaben aber noch lange keine Umsatzumverteilung zu Lasten der Antragstellerin mit einer - sortimentsbezogenen - Kaufkraftverlagerung von ca. 10 - 30% mit sich (vgl. zum Abstimmungsbedarf i.R. des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB bei etwa 10% Kaufkraftabzug: Uechtritz in DVBl, 2006, S. 799, 803 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 01.08.2002 - 4 C 5/01- und vom 17.09.2003 - 4 C 14/01-, letztgenannte Entscheidung lässt indes weiterhin die von der obergerichtlichen Rechtsprechung und dem Schrifttum angenommene kritische Grenze von 10-30 % Kaufkraftabschöpfung je nach Sortiment offen). Mithin ist im konkreten Einzelfall nicht feststellbar, dass die Grenze überschritten wird, bei der wegen des bereits vorhandenen Einzelhandelsbetrieb „Lidl“ im Blick auf die Antragstellerin eine Unzulässigkeit nach § 15 Abs. 1 BauNVO zu bejahen sein könnte.
21 
Ob und inwieweit zu Lasten anderer Gemeinden, etwa der Gemeinde S. eine vorhabenbedingte, das Rücksichtnahmegebot verletzende Umsatzumverteilung in Betracht kommt, ob es innerhalb der Gemeinde D. zu einer erheblichen Umsatzumverteilung (wohl von „Lidl“ zu „Netto“) kommt, ist für das vorliegende Verfahren irrelevant, denn die Antragstellerin kann sich nur auf eigene Belange berufen.
22 
Aus vorgenannten Gründen ist es für das vorliegende Verfahren irrelevant, ob und inwieweit die Antragstellerin über ihr Einzelhandelskonzept auf die städtebaulichen Planungen und Entwicklungen benachbarter, selbständiger Gemeinden mit Erfolg Einfluss nehmen kann. Gleiches gilt auch hinsichtlich der von der Beigeladenen Ziffer 2 aufgeworfenen Frage, inwieweit gerade aufgrund des Einzelhandelskonzept von der Antragstellerin selbst die Gefahr hervorgerufen wird, dass eine Kaufkraftverlagerung im - hier relevanten - Lebensmittelbereich von den Stadtteilen E., R. und W. nach D. erfolgt, m. a. W., die Gefahr einer Kaufkraftverlagerung sozusagen „hausgemacht“ ist. Soweit – wie ausgeführt – den Ausführungen im G. Gutachten entnommen werden kann, bestehen in den 3 Stadtteilen lediglich 8 Anbieter, vorwiegend Lebensmittelhandwerker, die mit einem Umsatzrückgang von 0,3 Millionen, bezogen auf diese Anbieter damit um rund 10 %, zu rechnen hätten (S.18). Warum bei diesen ein Umsatzrückgang zu erwarten sein soll, bei den wohl vergleichbaren (handwerklichen) Anbietern der Gemeinde D., D. und D. aber nicht (vgl. S. 14 /15) wird im Gutachten jedoch nicht erläutert. Schließlich ist auch der von der Beigeladenen Ziffer 2 geltend gemachte Umstand nicht völlig von der Hand zu weisen, dass die vorhabenbedingte Umsatzumverteilung zu Lasten der Antragstellerin weniger im Blick auf ihre Innenstadt, vielmehr eher im Blick auf das – durch die „definierte Innenstadt“ nicht geschützte – dem Gericht bekannte Gewerbegebiet „G.“ der Antragstellerin von Bedeutung sein könnte. Gerade angesichts der gerichtsbekannten Örtlichkeiten, insbesondere des nahen Gewerbegebiets „G.“ dürfte überdies die im Gutachten unterstellte Kaufkraftverlagerung (zumindest) von W. nach D. – vorsichtig formuliert – sehr fraglich sein. Jedenfalls bedürfte die Annahme einer solchen einer sehr genauen, die örtlichen Gegebenheiten sorgfältig berücksichtigende Begründung, an der es vorliegend bereits ansatzweise fehlt.
23 
Abschließend ist anzumerken, dass die G. im Entwurf ihres Gutachtens vom 03.07.2006 „zur Abstimmung“ im Blick auf die Einhaltung des Beeinträchtigungsverbotes keine Beeinträchtigung der Versorgungsfunktion des Mittelzentrums B. feststellen konnte und folgendes bemerkte:
24 
(…)
In den benachbarten Städten und Gemeinden werden durch das Planobjekt ebenfalls deutliche Umsatzumverteilungseffekte ausgelöst. Auch wenn sich die Umsatzabzüge auf mehrere Betriebe verteilen, werden durch das Planobjekt weder die Funktionsfähigkeit der Versorgung und ihrer Ausbaumöglichkeiten im Kleinzentrum S. und im Mittelzentrum B. mit seinen Stadtteilen beeinträchtigt.
25 
Die abgestimmte, endgültige Fassung kommt sodann aber zu folgendem Ergebnis:
26 
(…)
In den benachbarten Städten und Gemeinden werden durch das Planobjekt demzufolge deutliche Umsatzumverteilungseffekte ausgelöst. Auch wenn sich die Umsatzabzüge auf mehrere Betriebe verteilen, werden durch das Planobjekt die Funktionsfähigkeit der Versorgung und ihre Ausbaumöglichkeiten im Kleinzentrum S. und im Mittelzentrum B. mit seinen langjährig planerisch verfolgten Nahversorgungslagen in seinen Stadtteilen (hier z.B. Nahversorgungsstandort G./.W.) beeinträchtigt.
27 
Nachdem diese abweichende Wertung - bei fortbestehend identisch zugrundegelegtem Zahlenmaterial - nicht näher erläutert wird, besteht für die Kammer gerade aufgrund obiger Ausführungen keine Veranlassung, hierauf weiter einzugehen.
28 
Der Antrag ist hiernach mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Es entsprach der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der beiden Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (vgl. Streitwertkatalog 2004, Ziffer 9.7.2., wobei der Streitwert von 30.000 EUR angesichts des vorliegenden vorläufigen Rechtschutzverfahrens zu halbieren war (Ziffer 1.5. des Streitwertkataloges 2004).

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.