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| Die Antragstellerin erstrebt die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die vom Antragsgegner verfügte Einstellung der Arbeiten zum Bau einer Grenzgarage. |
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| Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. ..., ... ... ..., auf Gemarkung Sinzheim. An dieses grenzt im Nordosten das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück Flst.-Nr. ..., ... ... ... Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“ - ... - der Gemeinde Sinzheim vom 12.12.2012, der für das Plangebiet ein allgemeines Wohngebiet festsetzt und eine Garage an der Grundstücksgrenze der Beteiligten nicht ausschließt. Der Bebauungsplan betrifft ein ehemaliges Militärgebiet, dessen Geländeoberfläche im Zuge der Planaufstellung zwecks Herstellung der Bebaubarkeit durch umfangreiche Erdarbeiten verändert wurde. |
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| Bedingt durch die Lage der Grundstücke an einem Nordhang, fällt das Geländeniveau an der gemeinsamen, knapp 24 m langen Grenze von Südosten nach Nordwesten um insgesamt rund 5 m ab. Ein vergleichbares Gefälle besteht von Südwesten nach Nordosten entlang der die Grundstücke nordwestlich erschließenden Straße im Feil. |
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| Am 28.10.2013 erteilte das Landratsamt Rastatt den Beigeladenen die mit einer Reihe von Befreiungen (u. a. Überschreitung der Traufhöhe talseits und bergseits sowie Überschreitung der Höhe der Stützmauern und Unterschreitung Abstandes derselben untereinander) sowie einer Ausnahme (Überschreitung der Grundflächenzahl) von den Festsetzungen des Bebauungsplans verbundene Baugenehmigung und in der Folge die Nachtragsbaugenehmigung vom 10.3.2014 für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... Nach den genehmigten Plänen liegt der Erdgeschossfußboden des mit einem Keller versehenen Gebäudes 2,6 m unterhalb der im Bebauungsplan ausdrücklich allein für dieses Grundstück angehobenen maximalen Höhe und ist das Erdgeschoss in Teilen unter das bestehende Geländeniveau abgesenkt. Ferner ergeben sich aus den Plänen Geländeabsenkungen auf Erdgeschossfußbodenniveau im 4,5 m breiten Bereich zwischen dem Gebäude und der Grundstücksgrenze zur Antragstellerin sowie bis auf Straßenniveau in dem davor gelegenen Bereich. |
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| Im März 2014 begannen die Beigeladenen mit der Errichtung des Einfamilienhauses. Hierzu nahmen sie die oben dargestellten Abgrabungen in Teilen bis an die Grenze zum Grundstück der Antragstellerin vor. Stützmauern errichteten sie im vorderen und mittleren Bereich des Grundstücks nicht. |
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| Ende des Jahres 2014 reichte die Antragstellerin zur Durchführung des Kenntnisgabeverfahrens Bauvorlagen für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... ein. Nach den am 18.2.2015 berichtigten und ergänzten Plänen ist an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen und in einer Entfernung von 5,4 m zur Straße eine Garage mit einer Länge von 8,99 m sowie einer Höhe von bis zu 4,52 m vorgesehen. Diese soll nach dem zeichnerisch dargestellten vorhandenen Geländeverlauf gegenüber dem Grundstück der Beigeladenen mit einer Höhe von unter 2,50 m und einer Fläche von weniger als 25 m² in Erscheinung treten. Unmittelbar anschließend an die Außenwand der Garage ist ferner an der Grundstücksgrenze eine rund 4,3 m lange Stützwand vorgesehen, die in Höhe der Oberkante der Garage abschließt und zur Hangsicherung mehrfach im Gebäude rückverankert ist. |
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| Im Januar 2015 nahm die Antragstellerin die Bauarbeiten auf. Dabei grub sie unter anderem den für die Garage vorgesehenen Grenzbereich bis auf die Höhe des von den Beigeladenen auf ihrem Grundstück abgesenkten Geländes ab. |
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| Nachdem die Antragstellerin Anfang Juni 2015 die Grenzbebauung hergestellt hatte, wandten sich die Beigeladenen an den Antragsgegner und baten um baubehördliches Einschreiten gegen die zu ihrem Grundstück nahezu in vollem Ausmaß in Erscheinung tretende Garagenwand nebst Stützmauer. Dies lehnte der Antragsgegner auf der Grundlage von am 10.6. und am 6.8.2015 erfolgten Baukontrollen zunächst mehrmals ab, da die Sichtbarkeit der Außenwände und die Stützmauern auf die von den Beigeladenen vorgenommenen Abgrabungen zurückzuführen seien. |
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| Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen Widerspruch, worauf der Antragsgegner erneut Ermittlungen durchführte. Mit Schreiben vom 19.8.2015 teilte er der Antragstellerin unter Hinweis auf eine gesondert erfolgende Baueinstellung für die Garage mit, die eingereichten Bauvorlagen berücksichtigten die baurechtlich genehmigte Abgrabung auf dem Nachbargrundstück nicht. Insoweit liege ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO vor, weil die Wandfläche der Garage an der Grundstücksgrenze deutlich mehr als 25 m² betrage. Dabei sei nach der Rechtsprechung die von der Nachbarschaft sichtbare Fläche inklusive Sockel bzw. Stützmauern zu berücksichtigen. |
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| Durch Verfügung vom 20.8.2015 ordnete der Antragsgegner sodann die sofortige Einstellung der Arbeiten an der Garage auf dem Grundstück der Antragstellerin an. Zur Begründung führte er aus, die Wandhöhe (gemeint: Wandfläche) der Garage gegenüber dem Nachbargrundstück der Beigeladenen liege über 25 m². Die Herstellung der Garage weiche infolge dessen von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen ab. Damit widerspreche die Errichtung der Anlage öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Nur durch die Einstellung der Arbeiten werde eine Nichtbeachtung der Rechtsvorschriften wirksam unterbunden und gleichzeitig eine unterschiedliche Handhabung gleich- oder ähnlich gelagerter Fälle ebenso vermieden wie die Schaffung vollendeter Tatsachen. |
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| Die Antragstellerin erhob Widerspruch und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, das von Seiten der Beigeladenen abgegrabene Gelände könne der Ermittlung der Wandfläche ihrer Garage nicht zu Grunde gelegt werden. Vielmehr sei der von ihr in den Bauvorlagen zutreffend dargestellte ursprüngliche Geländeverlauf maßgeblich. |
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| Das Regierungspräsidium Karlsruhe nahm die Grundstücke der Beteiligten in Augenschein und zog Unterlagen zur Ermittlung des dort vor Aufnahme der Bautätigkeit vorhandenen Geländeverlaufs bei. Auf dieser Grundlage kam es zu dem Ergebnis, die Bauvorlagen der Beteiligten seien widersprüchlich und ließen daher keinen sicheren Schluss auf den ursprünglichen Geländeverlauf zu. Die im Zuge des Widerspruchsverfahrens erhobenen Daten aus dem Geoinformationssystem entsprächen eher den Angaben der Beigeladenen. Der danach rekonstruierte Geländeverlauf ergebe eine Wandfläche von ca. 31 m². Darüber hinaus sei die von Seiten der Beigeladenen erfolgte Abgrabung wohl nicht zu beanstanden. Dies wurde den Beteiligten am 19.11.2015 im Rahmen einer Besprechung dargelegt. Hierbei und in der Folgezeit machte die Antragstellerin geltend, die Daten aus dem Geoinformationssystem berücksichtigten die im Rahmen der Erschließung erfolgten erheblichen Geländeveränderungen nicht und seien daher auch nicht geeignet, den vorhandenen Geländeverlauf bei Aufnahme der Bauarbeiten darzustellen. |
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| Mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2015 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Antragstellerin im Wesentlichen aus den Gründen der Ausgangsentscheidung zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, die für eine Grenzgarage höchstzulässige Wandfläche von 25 m² werde durch die in der jetzigen Form errichtete Wand um rund 15 m² überschritten. |
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| Am 18.1.2016 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes begehrt. Zur Begründung hat sie sich erneut darauf berufen, der Ermittlung der Wandfläche sei das vorhandene Gelände zu Grunde zu legen. Dieser sei von den Beigeladenen auch wiederherzustellen. |
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| Der Antragsgegner und die Beigeladenen sind dem entgegengetreten. Zur Begründung haben sie vorgetragen, maßgeblich sei der nach erfolgter Abgrabung vorhandene und den Beigeladenen auch genehmigte Geländeverlauf auf deren Grundstück. Im Übrigen sei auch der von der Antragstellerin angenommene ursprüngliche Geländeverlauf nicht zutreffend. |
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| Mit Beschluss vom 14.4.2016 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. In den Gründen hat es ausgeführt, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Baueinstellung überwiege das gegenläufige private Interesse der Antragstellerin, da sich die Verfügung des Antragsgegners aller Voraussicht nach als rechtmäßig darstelle. Für den Erlass einer Baueinstellung genüge schon ein durch Tatsachen belegter Anfangsverdacht eines formellen oder materiellen Rechtsverstoßes. Ein solcher liege vor, da die Grenzgarage der Antragstellerin nach den vorliegenden Unterlagen derart errichtet werde, dass sie entgegen den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen wohl nicht privilegiert sei. Ob eine Verpflichtung der Beigeladenen bestehe, die vorgenommenen Abgrabungen wieder rückgängig zu machen, bedürfe der Prüfung und Aufklärung durch die Baurechtsbehörde. Allerdings spreche einiges dafür, dass die Abgrabungen in zulässiger Weise vorgenommen worden seien. Darüber hinaus werde zu prüfen sein, ob die Überschreitung der maximal zulässigen Wandfläche zugelassen werden könne oder eine Rückbauverfügung zu ergehen habe. Dabei werde die Baurechtsbehörde noch eine Datenerhebung und eine Auswertung vornehmen. Bei dieser Sachlage sei es gerechtfertigt, eine Baueinstellung zu verfügen, um eine vom Fortgang der Bauarbeiten unbeeinflusste Prüfung zu ermöglichen. Schließlich sei die Baueinstellungsverfügung voraussichtlich auch nicht unverhältnismäßig. Denn die Antragstellerin habe in ihren Bauvorlagen und bei Beginn der Bauarbeiten die bereits zuvor vorgenommenen Abgrabungen auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht berücksichtigt. Diese Entscheidung ist der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 25.4.2016 zugestellt worden. |
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| Am 9.5.2016 hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und ihr Aussetzungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung macht sie geltend, die Grenzgarage werde nicht abweichend von den Angaben im Kenntnisgabeverfahren errichtet. Vielmehr hätten die Beigeladenen ihr Grundstück durch Abgrabungen verändert. Bei ihren Angaben im Kenntnisgabeverfahren habe sie von den verbindlichen Höhenangaben des Bebauungsplans ausgehen dürfen. Im Übrigen lasse sich die Baueinstellung jedenfalls nicht mehr mit einem Anfangsverdacht begründen. Denn es sei ausreichend Zeit vergangen, um abschließend über die Rechtmäßigkeit ihrer Grenzgarage zu entscheiden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es Sache des Antragsgegners sei, die Baueinstellungsverfügung verfahrensmäßig unter Kontrolle zu halten und zu prüfen, ob die Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstoße. Die maßgebliche vorhandene Geländeoberfläche könne aus den Unterlagen der Firma ... Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Rastatt, abgeleitet werden. Diese Firma habe die Bodenarbeiten zum Zwecke der Herstellung der Bebaubarkeit des Plangebiets durchgeführt. Hieraus ergebe sich die Richtigkeit des in ihren Bauvorlagen dargestellten Geländeprofils, das auf eigenen Höhenaufnahmen beruhe, die vor Beginn der Bauarbeiten der Beigeladenen erfolgt seien. Selbst unter Zugrundelegung der Höhenangaben im Bauantrag der Beigeladenen ergebe sich nur unter Einbeziehung der für die Wandfläche der Grenzgarage nicht maßgeblichen Stützwand eine geringfügige Überschreitung der maximalen Fläche von 25 m². Zur Bestätigung ihrer Angaben hat die Antragstellerin Geländeschnitte der Firma ... vom 17.7.2013 vorgelegt und diese maßstäblich auf den Grenzbereich zum Grundstück der Beigeladenen übertragen sowie Zeichnungen des Geländeverlaufs und der Fläche von Grenzgarage und Stützwand unter Zugrundelegung verschiedener Höhenangaben eingereicht. |
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| Der Antragsgegner und die Beigeladenen beantragen die Zurückweisung der Beschwerde. Sie sind weiterhin der Auffassung, der Beurteilung sei der durch die erfolgte Abgrabung auf dem Grundstück der Beigeladenen geschaffene Geländeverlauf zu Grunde zu legen. Im Übrigen ergebe sich auch aus den vorgelegten Geländeschnitten, dass der in den Bauvorlagen der Antragstellerin dargestellte Geländeverlauf nicht zutreffend sei. Die Beigeladenen rügen darüber hinaus, die Antragstellerin habe die Stützmauer durch eine Betondecke mit dem Hauptgebäude verbunden und dadurch eine Terrasse geschaffen. Auch hierdurch weiche sie von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen ab. |
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| Die fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig und begründet. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren innerhalb der Monatsfrist des §§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und der Antragstellerin vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren. |
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| Die im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Abwägung ergibt, dass das private Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug der im Klageverfahren angegriffenen Verfügung vom 20.8.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2015 einstweilen verschont zu bleiben, dass gegenläufige öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen überwiegt. Denn die von der Antragsgegnerin verfügte Einstellung der Arbeiten an der Garage auf dem Grundstück der Antragstellerin - deren sofortige Vollziehung gesetzlich angeordnet ist (§ 64 Abs. 1 Satz 3 LBO) - erweist sich aus den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründen nach derzeitigem Erkenntnisstand als voraussichtlich zu ihren Lasten rechtswidrig. |
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| In den Blick zu nehmen ist dabei allein die Errichtung der Garage der Antragstellerin. Denn nur auf diese bezieht sich die Baueinstellung nach dem eindeutigen und durch den Widerspruchsbescheid nicht veränderten Tenor der Verfügung vom 20.8.2015. |
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| Nicht zu der Garage zählt die im Südosten an diese anschließende grenzständige Stützwand der Antragstellerin. Vielmehr ist diese als eigenständige bauliche Anlage anzusehen, da sie dem Garagengebäude nicht als Fundament dient; sie ist damit auch nicht in die Berechnung der im vorliegenden Verfahren streitigen Wandfläche nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO einzubeziehen (vgl. zur insoweit gleichgelagerten Ermittlung der Wandhöhe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.3.2014 - 8 S 1938/12 - VBlBW 2015, 31 ff., Urt. v. 2.4.1992 - 3 S 2431/91 - juris -, Urt. v. 27.6.1989 - 8 S 2985/88 - BRS 49 Nr. 138). Dass der Antragsgegner die Stützwand der Antragstellerin gleichwohl als Teil der Garage in die Baueinstellungsverfügung einbeziehen wollte, ergibt sich aus der Begründung der Baueinstellungsverfügung nicht und lässt sich auch nicht mit hinreichender Deutlichkeit aus dem an die Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 19.8.2015 ableiten. Denn das genannte Schreiben enthält insoweit lediglich den in seiner Allgemeinheit zutreffenden Hinweis darauf, dass nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für die Wandfläche i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO die von der Nachbarschaft sichtbare Fläche inklusive Sockel bzw. Stützmauern zu berücksichtigen ist. |
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| Mangels Einbeziehung der Stützwand in die Baueinstellungsverfügung kommt es auf die von den Beigeladenen aufgeworfene Frage, ob die Errichtung dieser Wand von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen abweicht, weil sie - was nach den eingereichten Plänen nicht vorgesehen war - durch eine Betondecke mit dem Hauptgebäude verbunden wurde, im vorliegenden Verfahren nicht an. |
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| Rechtsgrundlage der Baueinstellungsverfügung ist § 64 Abs. 1 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlich Vorschriften errichtet oder abgebrochen werden (Satz 1). Das gilt - unter anderem - dann, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens im Kenntnisgabeverfahren von den eingereichten Bauvorlagen abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach § 50 LBO verfahrensfrei (Satz 2 Nr. 3 Buchst. b). |
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| Diese Voraussetzungen lagen jedenfalls im für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage der Antragstellerin maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2015 voraussichtlich nicht (mehr) vor. |
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| 1. Zwar dürften die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 LBO zunächst deshalb erfüllt gewesen sein, weil für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt - bereits ein durch Tatsachen belegter Anfangsverdacht eines formellen oder materiellen Rechtsverstoßes genügt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.2.2005 - 8 S 2834/04 - VBlBW 2005, 238 f., Beschl. v. 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196 f.) und ein solcher Verdacht wohl auch vorlag. Zum einen wichen nämlich die von der Antragstellerin eingereichten Bauvorlagen hinsichtlich der Darstellung des vorhandenen Geländes an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen von den tatsächlichen Verhältnissen nach der im März 2014 - also deutlich vor Einleitung des Kenntnisgabeverfahrens durch die Antragstellerin - erfolgten Abgrabung ab. Das begründete den Verdacht eines formellen Rechtsverstoßes durch Einreichung unzutreffender Bauvorlagen im Kenntnisgabeverfahren bzw. durch Abweichung der Bauausführung von den eingereichten Unterlagen. Zum anderen bestand der Verdacht einer vor den §§ 5 f. LBO materiell-rechtlich unzulässigen Grenzbebauung. Denn unter Zugrundelegung des von den Beigeladenen - wohl im Einklang mit der ihnen erteilten Baugenehmigung - durch Abgrabung geschaffenen Geländeniveaus an der Grenze des Grundstücks der Antragstellerin überschreitet die grenzständige Außenwand der Garage die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO für eine Bebauung ohne Einhaltung der Abstandsflächen nach § 5 LBO höchstzulässige Wandfläche von 25 m²; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit. |
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| Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen, sie habe in ihren Bauvorlagen von den verbindlichen Höhenangaben im Bebauungsplan ausgehen dürfen, darüber hinaus sei nicht ihr Bau, sondern die von den Beigeladenen vorgenommene Abgrabung rechtswidrig, greifen gegenüber diesem Anfangsverdacht nicht durch. Denn der Bebauungsplan „Schleifgarten“ - 1. Änderung - enthält keine Höhenangaben für den Grenzbereich der in Rede stehenden Grundstücke. Ferner betrifft die Frage der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der beidseits der Grundstücksgrenze vorgenommenen Abgrabungen nicht die Grundlage des oben angeführten Verdachts, also die Divergenz zwischen den Bauvorlagen der Antragstellerin und den tatsächlichen Verhältnissen, sondern das Ergebnis der durch die Baueinstellung gerade bezweckten abschließenden Prüfung eines Rechtsverstoßes. |
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| 2. Indes vermag dieser Anfangsverdacht eine Baueinstellung nicht auf Dauer zu tragen. Vielmehr obliegt es - worauf die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung zutreffend hingewiesen hat - der Baurechtsbehörde, in der Zeit nach Erlass der Baueinstellungsverfügung zu prüfen, ob der Anfangsverdacht sich bestätigt, also die in Rede stehende Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. Dabei hat sie den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären sowie die (aktuelle) Sach- und Rechtslage sorgfältig zu prüfen (vgl. auch hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1993, a. a. O.). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier mit Blick auf die Frage des zu berücksichtigenden Geländeverlaufs - die formellen und die materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Anlage im Wesentlichen identisch sind. |
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| Auf der Grundlage einer danach erforderlichen Sachverhaltsaufklärung und Prüfung dürfte eine weitere Baueinstellung jedenfalls bezogen auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht mehr durch § 64 Abs. 1 LBO gerechtfertigt sein. Denn es ließ (und lässt) sich nicht feststellen, dass die eingereichten Bauvorlagen hinsichtlich der Darstellung des vorhandenen Geländes an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen mehr als nur unwesentlich (vgl. zu diesem Gesichtspunkt VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.2.1992 - 5 S 144/92 -, VBlBW 1992, 262 f.) von den hier maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen abweichen. Vielmehr dürfte die Grenzgarage der Antragstellerin die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO höchstzulässige Wandfläche von 25 m² einhalten. |
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| 2.1 Bei dieser Beurteilung geht der Senat davon aus, dass sich die Zulässigkeit der hier streitigen Grenzgarage nicht nach der Wandfläche oberhalb des durch Abgrabung auf dem Grundstück der Beigeladenen entstandenen Geländes bestimmt, sondern nach der Größe der Wandfläche, die sich unter Zugrundelegung des vor Aufnahme der Bautätigkeit auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhandenen Geländes an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen errechnet. |
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| 2.1.1 Anders als der Antragsgegner meint, ist für die Bestimmung der Wandfläche der Grenzgarage von den Geländeverhältnissen auf dem Baugrundstück und nicht von denjenigen auf dem Nachbargrundstück auszugehen. Dieser räumliche Bezug entspricht der ständigen Rechtsprechung der Bausenate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur insoweit gleichgelagerten Ermittlung der Wandhöhe von Grenzgaragen und gilt auch dann, wenn - wie hier - die Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück höher liegt, als die des Nachbargrundstücks (vgl. Beschl. v. 08.10.2014 - 3 S 1279/14 -BRS 82 Nr. 131, m. w. N.; Urt. v. 24.3.2014 - 8 S 1938/12 - VBlBW 2015, 31 ff.; Beschl. v. 18.4.2013 - 5 S 343/13 -). Er rechtfertigt sich sowohl für die Ermittlung der Wandhöhe als auch für diejenige der Wandfläche daraus, dass nur bei einem Anknüpfen an die Geländeverhältnisse auf dem Baugrundstück die Einhaltung der gesetzlichen Höhen- und Flächenbegrenzung verlässlich sicherzustellen ist, da bei Maßgeblichkeit der Geländeverhältnisse auf dem Nachbargrundstück dort unter Umständen durchgeführte Abgrabungen zum Entstehen objektiv rechtswidriger Grenzgaragen führen könnten. Die Einhaltung der maximal zulässigen Wandhöhe und -fläche hinge demnach letztlich nicht vom Bauherrn, sondern vom Verhalten des Nachbarn ab. Zudem würde eine Bestimmung der Garagenwandhöhe und -fläche vom Nachbargelände aus bei dort vorhandenem niedrigeren Geländeniveau dazu führen, dass der Bauherr ein Garagengebäude in den ihm nach der gesetzlichen Regelung zugestandenen Abmessungen ohne Vornahme von - von ihm möglicherweise aus guten Gründen nicht gewünschten - Abgrabungen auf dem eigenen Grundstück nicht realisieren könnte (vgl. zur Ermittlung der Wandhöhe OVG Saarland, Urt. v. 23.4.2002 - 2 R 7/01 - BRS 65 Nr. 118). |
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| 2.1.2 Der danach auf dem Baugrundstück selbst zu ermittelnden Fläche der grenzständigen Wand der Garage ist die tatsächlich vorhandene Geländeoberfläche vor Aufnahme der Bauarbeiten auf dem Grundstück der Antragstellerin zu Grunde zu legen. |
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| 2.1.2.1 Für die Ermittlung der Wandhöhe ist nunmehr durch den am 1.3.2015 in Kraft getretenen § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO (i. d. F. v. 11.11.2014, GBl. S. 501) legal definiert, welche Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück maßgebend ist. Auszugehen ist danach von der tatsächlichen Geländeoberfläche nach Ausführung des Bauvorhabens, soweit sie nicht zur Verringerung der Abstandsflächen angelegt wird oder wurde. § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO ist hier in zeitlicher Hinsicht anwendbar, da die streitige Grenzgarage bei Inkrafttreten der Vorschrift noch nicht errichtet war (vgl. hierzu § 76 Abs. 1 LBO). |
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| 2.1.2.2 Allerdings beansprucht § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO unmittelbar nur Geltung für die Ermittlung der Wandhöhe im Rahmen der Berechnung der durch ein Bauvorhaben einzuhaltenden Tiefe der Abstandsfläche. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus dem Wortlaut der Regelung, der den Bezug zu den Abstandsflächen ausdrücklich herstellt. Dem entsprechen ihre systematische Stellung in § 6 Abs. 4 LBO, der Bestimmungen zur Berechnung der Abstandsflächen enthält, und die mit Erlass der Vorschrift verfolgte gesetzgeberische Intention, klarzustellen, wie die maßgebliche Geländeoberfläche bei der Ermittlung der Wandhöhe, von der die einzuhaltende Tiefe der Abstandsfläche abhängt, zu bestimmen ist (vgl. hierzu die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drucks.15/5294 S. 17). |
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| 2.1.2.3 Auf die Ermittlung der Wandfläche einer entlang der Grundstücksgrenze errichteten Außenwand einer Garage nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 LBO (oder einer sonstigen baulichen Anlage nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 LBO) lässt sich die in § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO getroffene Regelung nicht uneingeschränkt übertragen. Denn sie zielt als Bestimmung zur Ermittlung der Abstandsflächentiefe auf Fallgestaltungen, in denen die Außenwand von der Grundstücksgrenze abgesetzt ist, also auch nach Ausführung des Bauvorhabens entlang der Wand bzw. an deren Eckpunkten (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 4 LBO) eine auf dem Baugrundstück selbst gelegene Geländeoberfläche - als unterer Bezugspunkt der Wandhöhenermittlung - vorhanden ist. Eine von dieser Regelung vorausgesetzte tatsächliche Geländeoberfläche ist aber auf dem Baugrundstück nach Herstellung einer Grenzgarage entlang der grenzständigen Wand gerade nicht mehr vorhanden. |
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| Das nach Ausführung des Bauvorhabens tatsächlich vorhandene Gelände seitlich der Grenzwand kann der Wandflächenberechnung nicht zu Grunde gelegt werden. Denn dieses vermag die Geländeoberfläche entlang der Wand nicht abzubilden sondern allenfalls die beiden äußersten unteren Begrenzungspunkte der Wand zu markieren. Insbesondere bei - wie hier - unebenen Gelände ließe sich damit die tatsächliche Wandfläche nicht ermitteln. Das Gelände unterhalb der Grenzwand kommt als maßgebliche Geländeoberfläche ebenfalls nicht in Betracht. Andernfalls wäre nämlich selbst bei einer zur Gänze in den Untergrund versenkten Tiefgarage die gesamte, wenn auch nicht sichtbare Fläche der Grenzwand in die Berechnung der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO höchstzulässigen Wandfläche von 25 m² einzustellen. |
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| 2.1.2.4 Scheidet mithin eine Bestimmung der grenzständigen Wandfläche der Garage anhand der tatsächlichen Geländeoberfläche nach Ausführung des Bauvorhabens aus, so ist die Flächenermittlung unter weitestmöglicher Berücksichtigung der in § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung anhand der auf dem Baugrundstück tatsächlich vorhandenen Geländeoberfläche vor Aufnahme der Bauarbeiten vorzunehmen. Das gilt in Anwendung des Rechtsgedankens des § 5 Abs. 4 Satz 5 a. E. - zur Vermeidung von Missbrauch - jedenfalls insoweit, als diese Geländeoberfläche nicht zur Verringerung der grenzständigen Wandfläche angelegt wurde. Damit bleiben Lagevorteile sowie Lagenachteile von Grundstücken erhalten und sind missbräuchliche Geländeveränderungen auf dem Baugrundstück vor Aufnahme der eigentlichen Bautätigkeit ausgeschlossen. |
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| Dies ist unter Berücksichtigung der oben (vgl. Nr. 2.1.1) dargelegten Gründe sachgerecht und auch im vorliegenden Fall von den Beigeladenen, die ihr Wohnhaus deutlich unterhalb der nach dem Bebauungsplan zulässigen Höhenlage errichtet und hierzu das Geländeniveau auf ihrem Grundstück erheblich abgesenkt haben, hinzunehmen. |
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| 2.2 Gemessen hieran hat die Antragstellerin in den eingereichten Bauvorlagen zu Recht das vor Aufnahme der Bautätigkeit auf ihrem Grundstück bestehende Gelände an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen als maßgebliches vorhandenes Gelände dargestellt. |
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| 2.3. Für den Senat ist nicht zu erkennen, dass die vorgenannte zeichnerische Darstellung wesentliche Unterschiede zu den tatsächlichen Verhältnissen vor Aufnahme der Bautätigkeit aufweist. Denn die sich aus dem dargestellten vorhandenen Geländeverlauf ergebende Wandfläche der Garagenwand von deutlich weniger als 25 m² dürfte den genannten tatsächlichen Verhältnissen im Ergebnis entsprechen. |
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| Die in Rede stehenden tatsächlichen Verhältnisse lassen sich angesichts der beiderseits der Grundstücksgrenze erfolgten erheblichen Abgrabungen nur noch anhand der vorhandenen Messdaten und Lichtbilder rekonstruieren. Da die Messdaten in Teilen voneinander abweichen, ist eine solche Rekonstruktion nur noch näherungsweise möglich. |
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| Von wesentlicher Bedeutung sind dabei die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Geländeschnitte der Firma ... vom 17.7.2013. Denn in diesen ist der nach Durchführung der Bodenarbeiten zum Zwecke der Herstellung der Bebaubarkeit des Plangebiets vorhandene Geländeverlauf parallel zur Grenze der Grundstücke der Antragstellerin und der Beigeladenen dargestellt. Den Geodaten des Regierungspräsidiums Karlsruhe misst der Senat demgegenüber keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Diese weichen nämlich von den Darstellungen Firma ... sowie denjenigen der Antragstellerin und der Beigeladenen in den Bauvorlagen deutlich ab, was den von der Antragstellerin schon aufgrund der Eintragung der Höhenlinien in veraltete Luftaufnahmen geäußerten Verdacht nährt, dass die Daten vor Durchführung der umfangreichen Bodenarbeiten erhoben wurden und mithin die tatsächlichen Verhältnissen bei Aufnahme der Bauarbeiten nicht wiedergeben. |
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| Angesichts des nur geringen Abstands des rund 2 m südwestlich der Grenze über das Grundstück der Antragstellerin verlaufenden Geländeschnitts 0+041.500 und des rund 3 m nordöstlich der Grenze über das Grundstück der Beigeladenen verlaufenden Geländeschnitts 0+046.500 der Firma ... lässt sich der Grundstücksverlauf an der Grenze durch Bildung von Mittelwerten annäherungsweise bestimmen. Hieraus ergibt sich eine Wandfläche von knapp 18 m². Selbst unter Hinzurechnung des in den Bauvorlagen der Beigeladenen dargestellten stärkeren Geländegefälles im nordöstlichen Bereich der Grundstücksgrenze, der auch auf den vorliegenden Lichtbildern des Grenzbereichs aus der Zeit der Aufnahme der Abgrabungen auf dem Grundstück der Beigeladenen erkennbar ist und von deren Architekten mit Schreiben vom 3.12.2015 an den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen bestätigt wurde, bliebe die Wandfläche unter 22 m². |
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| 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 i. V. mit § 159 VwGO. |
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