Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juni 2016 - 1 S 1243/15

bei uns veröffentlicht am28.06.2016

Tenor

§ 13 Abs. 8 Buchst. d der Friedhofssatzung der Gemeinde Nufringen vom 22.10.2012 in der Fassung vom 08.12.2014 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Bestimmung in der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin zur Gestaltung von Grabstätten.
Der Friedhof der Antragsgegnerin ist eine öffentliche Einrichtung. Die Errichtung von Grabmalen auf dem Friedhof bedarf der vorherigen schriftlichen Genehmigung der Antragsgegnerin.
Die Friedhofssatzung der Antragsgegnerin (im Folgenden: FS) vom 22.10.2012 bestimmte u.a.:
㤠13
Gestaltungsvorschriften

(8) Auf Grabstätten sind Grabmale bis zu folgenden Größen zulässig:
a) bei Reihengräbern für Verstorbene bis zum vollendeten 6. Lebensjahr:
Höhe einschließlich Sockel
60 cm 
Breite
40 cm 
b) bei Reihengräbern für Verstorbene ab dem vollendeten 6. Lebensjahr:
Höhe einschließlich Sockel
100 cm
Breite
70 cm 
Pultsteine
bis 50 cm Länge und Breite
10 
c) bei Wahlgräbern:
11 
Höhe einschließlich Sockel
100 cm
Breite
150 cm
Pultsteine
bis 80 cm Länge und Breite
12 
d) bei Urnenreihen- und -wahlgräbern:
13 
Höhe einschließlich Sockel
80 cm 
Breite
60 cm 
Pultsteine
bis 50 cm Länge und Breite
14 
(9) Liegende Grabmale dürfen nur flach oder flach geneigt auf die Grabstätte gelegt werden; sie sind nicht in Verbindung mit stehenden Grabmalen zulässig.
….“
15 
Mit der Satzung zur Änderung der Friedhofssatzung vom 08.12.2014 fasste die Antragsgegnerin die Bestimmung des § 13 Abs. 1 FS über die Verwendung von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit sowie die Vorschriften über Grabeinfassungen und Grabmale in § 13 Abs. 7, 8 und 9 FS neu. Die Absätze 8 und 9 des § 13 FS lauten nun:
16 
„(8) Auf Grabstätten sind Grabmale bis zu folgenden Größen zulässig:
17 
a) bei Reihengräbern für Verstorbene bis zum vollendeten 6. Lebensjahr:
18 
Höhe einschließlich Sockel
60 cm 
Breite
40 cm 
19 
b) bei Reihengräbern für Verstorbene ab dem vollendeten 6. Lebensjahr:
20 
Höhe einschließlich Sockel
100 cm
Breite
70 cm 
Pultsteine
bis 0,3 m² Ansichtsfläche
21 
c) bei Wahlgräbern:
22 
Höhe einschließlich Sockel
100 cm
Breite
150 cm
Pultsteine
bis 0,7 m² Ansichtsfläche
23 
d) bei Urnenreihen- und -wahlgräbern:
24 
Höhe einschließlich Sockel
80 cm 
Breite
60 cm 
Pultsteine
bis 0,4 m² Ansichtsfläche
25 
(9) Liegende Grabmale dürfen nur flach oder flach geneigt auf die Grabstätte gelegt werden und können aus mehreren Teilen bestehen; sie sind auch in Verbindung mit stehenden Grabmalen zulässig. Die für Pultsteine angegebenen maximalen Ansichtsflächen gelten auch bei liegenden Grabmalen in Verbindung mit stehenden Grabmalen sowie bei mehrteiligen, liegenden Grabmalen als in Summe maximal zulässige, durch Grabmale und sonstige Grabausstattungen abgedeckte Grabflächen.“
26 
In der von der Gemeindeverwaltung erstellten Beschlussvorlage vom 27.11.2014 für die Änderungssatzung (Gemeinderatsdrucksache 088/14) wird zunächst der Änderungsbedarf zu § 13 Abs. 1 FS im Hinblick auf das Urteil des Senats zur Friedhofssatzung der Stadt Kehl vom 29.04.2014 und die Information des Gemeindetags Baden-Württemberg hierzu erläutert und sodann zu den vorgeschlagenen Änderungen des § 13 Abs. 7, 8, 9 FS ausgeführt:
27 
„Im Zuge des vorstehend dargestellten Änderungsbedarfs bei § 13 der Friedhofssatzung schlägt die Verwaltung vor, auch die bestehenden Gestaltungsvorschriften in § 13 Abs. 7-9 teilweise zu ändern.
28 
Insbesondere bei Urnenerdbestattungen gehen seit geraumer Zeit die Gestaltungswünsche der Hinterbliebenen an die zu erstellenden Grabmale immer mehr in Richtung einer Kombination aus stehenden und liegenden Grabmalen oder auch mehrteiliger, liegender Grabmale.
29 
Diesen Wünschen der Hinterbliebenen könnte mit den nachstehend angepassten Regelungen der Gestaltungsvorschriften in § 13 Abs. 7-9 entsprochen werden, ohne dass dadurch die Würde des Friedhofs oder der Gesamtcharakter des Friedhofs negativ berührt würde…“
30 
Die Antragstellerin ist Nutzungsberechtigte an der Grabstelle ... auf dem Friedhof der Antragsgegnerin. Über die Firma ... Grabmale stellte die Antragstellerin einen Antrag für ein Urnengrabmal für ..., der am 17.04.2015 bei der Antragsgegnerin einging. Die Antragsgegnerin teilte mit Schreiben vom 28.05.2015 an die Firma ... Grabmale mit, der Antrag zur Aufstellung eines Grabmals für die Grabstätte ... könne nicht genehmigt werden, da nach § 13 Abs. 8 Buchst. d FS auf Urnengräbern eine Abdeckungs- bzw. Ansichtsfläche von insgesamt 0,4 m² zulässig sei, hier jedoch eine Ansichtsfläche von 0,48 m² eingereicht sei. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin legte mit Schreiben vom 15.06.2015 gegen die Antragsablehnung durch die Antragsgegnerin vom 28.05.2015 Widerspruch ein. Das Landratsamt Böblingen wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2016 zurück. Gegen die Ablehnung des Grabmalantrags hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, die unter dem Az. 6 K 769/16 noch anhängig ist.
31 
Mit Schreiben vom 16.06.2015, beim Verwaltungsgerichtshof am 17.06.2015 eingegangen, hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gegen § 13 Abs. 8 Buchst. d i.V.m. Abs. 9 FS in der Fassung vom 08.12.2014 gestellt. Sie macht geltend, für den Normenkontrollantrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis auch angesichts des Umstandes, dass bei einem Erfolg des Normenkontrollantrags gegebenenfalls die Vorgängerregelung der Friedhofssatzung vom 22.10.2012 wiederauflebe, die für die Antragstellerin ungünstigere Regelungen enthalte. Denn das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehle nur dann, wenn die Nutzlosigkeit der Rechtsverfolgung eindeutig gegeben sei. Daher liege ein Rechtsschutzbedürfnis vor, wenn bei einer Nichtigerklärung der angegriffenen Regelungen nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Antragsgegnerin eine neue, für die Antragstellerin günstigere Regelung treffen werde. Dies sei hier der Fall. Denn für die neue Regelung sei maßgeblich gewesen, den Gestaltungswünschen der Hinterbliebenen insbesondere bei Urnenerdbestattungen mehr Raum geben zu können. Zudem müsse die Antragsgegnerin den Vorgaben des Gerichts bei einem Erfolg des Normenkontrollantrags Folge leisten. Schließlich ergebe sich das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin auch daraus, dass sie wegen des abgelehnten Grabmalantrags inzwischen Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht habe, das die Entscheidung im vorliegenden Normenkontrollverfahren abwarte.
32 
Zur Begründung in materiell-rechtlicher Hinsicht führt die Antragstellerin aus, eine Gemeinde sei durchaus berechtigt, eine Friedhofssatzung nach ihren Vorgaben zu entwickeln. Bei einer so genannten Einfelderwirtschaft, wenn die Nutzungsberechtigten gehalten seien, ihre Grabmale so zu gestalten und an die Umgebung anzupassen, dass die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und seiner Gesamtanlage gewahrt werde, gebe es keine Schwierigkeiten. Wenn sich die Antragsgegnerin dafür entscheide, darüber hinaus eine Reihe von Vorgaben zur Gestaltung zu erlassen, sei dies nur im Rahmen der sog. Zweifelderwirtschaft möglich. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei eindeutig. Der kommunale Friedhofsträger könne strengere Gestaltungsvorschriften, als sie zur Erreichung des Friedhofswecks - einer würdigen, die Totenandacht nicht störenden Grabgestaltung - erforderlich seien, auf Monopolfriedhöfen nur fordern, sofern er auch eine gestaltungsfreie Friedhofsfläche vorsehe. Dort müsse eine von den ästhetischen Vorstellungen des Friedhofsträgers abweichende Grabmalgestaltung zulässig sein. Dem entspreche die angegriffene Satzungsregelung der Antragsgegnerin nicht.
33 
In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin nach Hinweis des Gerichts ihr Begehren dahingehend präzisiert, dass sie sich nur gegen § 13 Abs. 8 Buchst. d FS wendet, jedoch nicht gegen § 13 Abs. 9 FS. Sie beantragt:
34 
Die Regelungen in § 13 (8) d der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin in der Fassung vom 08.12.2014 sind in der vorliegenden Form unwirksam.
35 
Die Antragsgegnerin beantragt,
36 
den Antrag zurückzuweisen.
37 
Die Antragsgegnerin bringt vor, dem Antrag fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Sie würde im Fall eines etwaigen Erfolgs des Normenkontrollantrags keine günstigere als die geltende, angegriffene Regelung erlassen. Der in der Beschlussvorlage zur Änderung der Friedhofssatzung angeführte Umstand, dass die Antragsgegnerin den Gestaltungswünschen der Hinterbliebenen stärker entgegenkommen wolle, beziehe sich auf die heutigen, streitgegenständlichen Bestimmungen in § 13 Abs. 7 - 9 FS. Hieraus könne daher keine Prognose abgeleitet werden, dass die Antragsgegnerin heute eine Neuregelung treffen werde, die für die Antragstellerin möglicherweise günstiger sei als die derzeit geltende. Die Gemeindeverwaltung der Antragsgegnerin habe aufgrund des vorliegenden Normenkontrollverfahrens in die Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 21.03.2016 einen Beschlussantrag eingebracht, dass der Gemeinderat aufgrund des anhängigen Normenkontrollverfahrens grundsätzlich bereit sei, günstigere als die heutigen, streitgegenständlichen Satzungsregelungen in Bezug auf die Gestaltungsvorschriften von Grabmalen und sonstigen Grabausstattungen zu treffen. Diesen Beschlussantrag der Verwaltung habe der Gemeinderat jedoch einstimmig abgelehnt. Er sei demnach nicht bereit, günstigere als die heutigen Regelungen zu erlassen.
38 
Der Antrag sei auch unbegründet. Die streitgegenständlichen Festsetzungen in der Friedhofssatzung fänden ihre Grundlage in § 14 BestattG. Es handele sich um allgemeine Gestaltungsvorschriften, die durch den Friedhofszweck begründet seien. Dieser lasse es nicht zu, dass der Benutzer nach seinem Belieben ohne Rücksicht auf andere handele. Verboten werden könnten Grabmale, die im Rahmen der Totenehre unwürdig seien, durch Übergröße störten oder dem Zweck des Friedhofs abträglich seien. Maßgebend seien nicht bestimmte künstlerische oder besonders strenge ästhetische Auffassungen einzelner, sondern die Durchschnittsauffassung aller Friedhofsbesucher. Die Regelungsbefugnis des Friedhofsträgers zum Erlass von Vorschriften für die Grabgestaltung finde ihre Grenze nur dort, wo schutzwürdige Belange der Nutzungsberechtigten entgegenstünden. Insofern überschreite eine Gemeinde nicht den ihr im Hinblick auf die Beachtung des Friedhofszwecks eingeräumten gesetzgeberischen Ermessensspielraum, wenn sie zur Sicherstellung einer Verwesung der Leiche innerhalb der Ruhezeiten der Friedhofssatzung bestimme, dass bei Grabstätten für Erdbestattungen die Grabbeete nur bis zur Hälfte mit Platten und sonstigen wasserundurchlässigen Materialien abgedeckt werden dürften. Ein Verbot von Grababdeckplatten über 0,35 m² sei daher rechtmäßig. In Abweichung hiervon habe die Antragsgegnerin eine größere Ansichtsfläche mit 0,4 m² bei Urnengräbern zugelassen, da hier naturgemäß eine Sicherstellung der Verwesung nicht erforderlich sei. Bei den streitigen Festsetzungen der Friedhofssatzung handele es sich nicht um subjektive ästhetische oder künstlerische Auffassungen, die über das durchschnittliche Maß hinausgingen, welches im Rahmen einer Friedhofssatzung durchgesetzt werden solle. Die Begrenzung der Grabmale sowohl ihrer Höhe, ihrer Breite und ihrer Ansichtsfläche nach betreffe keine solchen subjektiven besonderen Auffassungen, sondern lediglich die Durchschnittsauffassung aller Friedhofsbesucher. Sie diene dazu, in lediglich allgemeiner Hinsicht die Gestaltungsfreiheit durch den allgemeinen Friedhofszweck einzugrenzen. Insofern sei die zulässige Ansichtsfläche im Vergleich zu sonstigen Wahlgräbern von 0,3 m² auf 0,4 m² bei Urnengräbern erhöht. Gleiches gelte für die Erstreckung auf liegende Grabmale gemäß § 13 Abs. 9 FS. Da es sich lediglich um allgemeine Gestaltungsvorschriften handele, bestehe gerade keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, auf einer bestimmten Fläche des Friedhofs alternative Gestaltungsmöglichkeiten vorzuhalten. Es handele sich folglich nicht um einen Monopolfriedhof im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, da keine besonderen oder besonders strengen Gestaltungsvorschriften in die Satzung aufgenommen worden seien.
39 
Dem Senat liegt die Akte der Antragsgegnerin (1 Hefter) und die Akte des Verwaltungsgerichts Stuttgart zum Az. 6 K 769/16 vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
Der Antrag ist zulässig (1) und begründet (2). § 13 Abs. 8 Buchst. d der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 22.10.2012 in der Fassung vom 08.12.2014 ist daher für unwirksam zu erklären (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 VwGO).
41 
1. a) Der gegen die Friedhofssatzung der Antragsgegnerin gerichtete Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt. Denn die angegriffene Norm des § 13 Abs. 8 Buchst. d FS wurde durch die Satzung vom 08.12.2014 geändert, der Normenkontrollantrag ging am 17.06.2015 ein.
42 
b) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können (vgl. Senatsurteile vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29, und - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33).
43 
Daher ist hier die Antragsbefugnis gegeben. Die Antragstellerin kann, wie die Ablehnung des Grabmalantrags zeigt, durch die angegriffene Norm in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sein, die den Wunsch naher Angehöriger eines Verstorbenen schützt, des Toten nach eigenen Vorstellungen zu gedenken und hierzu auch Grabmale nach eigener Gestaltung zu errichten (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 13.05.2004 - 3 C 26.03 -BVerwGE 121, 17).
44 
c) Für den Normenkontrollantrag besteht ein Rechtsschutzinteresse. Dieses fehlt, wenn der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung derzeit nicht verbessern kann. Das ist der Fall, wenn der Antrag, selbst wenn er (im Übrigen) zulässig und begründet wäre, dem Antragsteller keinen Nutzen bringen könnte. Am fehlenden Rechtsschutzinteresse scheitert ein Normenkontrollantrag ferner dann, wenn es einen anderen einfacheren Weg zu dem erstrebten Ziel gibt (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85; Beschl. v. 23.01.1992 - 4 NB 2.90 - BauR 1992, 187; Beschl. v. 04.06.2008 - 4 BN 13.08 - BauR 2008, 2031).
45 
Die Inanspruchnahme des Gerichts ist für den Antragsteller in diesem Sinne nutzlos, wenn bei einer Ungültigkeit der angegriffenen Norm die Vorgängerregelung wieder auflebt und der Antragsteller nach dieser den gleichen Verboten und Beschränkungen unterliegt oder die Vorgängerregelung für den Antragsteller ungünstiger ist und er seine Rechtsposition daher verschlechtert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.11.2007 - 4 BN 49.07 - juris Rn. 2; Senatsbeschl. v. 27.12.1999 - 1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.1992 - 5 S 173/91 - NuR 1993, 323; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 47 Rn. 142). Es ist für ein Rechtsschutzinteresse nicht erforderlich, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt. Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde eine neue Regelung mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Vorschriften aufstellen wird. Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen, und daher unzweifelhaft ist, dass der Antragsteller seinem Rechtsschutzziel selbst dann auf unabsehbare Zeit nicht näherkommen kann, wenn die Norm für nichtig erklärt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732; Urt. v. 23.04.2002 - 4 CN 3.01 - NVwZ 2002, 1126; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 - NVwZ-RR 2012, 939). Dabei ist allein die "subjektive" Erklärung des Normgebers, die Belange des Antragstellers auch bei einer Neuregelung nicht berücksichtigen zu wollen, für die Verneinung des Rechtsschutzinteresses bei einem Bebauungsplan jedenfalls dann nicht ausreichend, wenn objektiv ein Normierungserfordernis vorliegt (so BVerwG, Beschl. v. 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613, zu einem Planungserfordernis im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB).
46 
Nach diesem Maßstab besteht hier ein Rechtsschutzbedürfnis. Hat der gegen § 13 Abs. 8 Buchst. d FS in der Fassung vom 08.12.2014 gerichtete Normenkontrollantrag Erfolg, lebt zwar die Vorgängerregelung der Friedhofssatzung in der Fassung vom 22.10.2012 wieder auf, die für die Antragstellerin ungünstiger ist. Denn diese Vorgängerreglung gestattete - bei identischer Regelung zu Höhe und Breite des Grabmals - mit der Beschränkung von Pultsteinen auf 50 cm Länge und Breite nur eine Ansichtsfläche von 0,25 m², während die angegriffene Regelung in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS als zulässige Größe von Pultsteinen nun bis zu 0,4 m² Ansichtsfläche erlaubt und Länge und Breite des Pultsteins im Übrigen nicht regelt.
47 
Aber es ist in tatsächlicher Hinsicht möglich, dass die Antragsgegnerin bei einem Erfolg des Normenkontrollverfahrens trotz der Erklärung des Gemeinderats, keine günstigere Regelung erlassen zu wollen, eine für die Antragstellerin günstigere Neuregelung erlassen wird. Zwar sieht das Bestattungsrecht - anders als dies im Baurecht bei § 1 Abs. 3 BauGB der Fall sein kann - keine Pflicht zu einer Änderung der nicht angegriffenen Vorgängerregelung im Fall eines Obsiegens der Antragstellerin vor. Jedoch folgt aus einer Unwirksamerklärung der angegriffenen Norm, dass die Vorgängerregelung, da sie die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit von Grabnutzungsberechtigten noch stärker einschränkt, denselben rechtlichen Bedenken unterliegt, was in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch nach Ablauf der Jahresfrist in § 47 Abs. 2 VwGO noch inzident berücksichtigt werden kann. Im Hinblick auf den noch anhängigen Rechtsstreit der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin vor dem VG Stuttgart wegen ihres abgelehnten Grabmalantrags ist es daher denkbar, dass die Antragsgegnerin - und sei es nur aus Gründen der Ersparnis von Prozesskosten - die Vorgängerregelung zugunsten der Interessen der Antragstellerin ändert. Auch ist möglich, dass die Antragsgegnerin zur Vermeidung von zukünftigen Prozessrisiken im Verhältnis zu anderen Grabnutzungsberechtigten eine Neuregelung vornimmt.
48 
2. Der Antrag ist begründet. Die angegriffene Regelung in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS ist wegen Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht unwirksam, da sie gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstößt.
49 
a) Die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG schützt den Wunsch naher Angehöriger eines Verstorbenen, des Toten nach eigenen Vorstellungen zu gedenken und hierzu auch Grabmale nach eigener Gestaltung zu errichten (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 13.05.2004, a.a.O.).Die Gestaltungsfreiheit der Friedhofsbenutzer findet ihre Grenzen von vornherein in solchen Gestaltungsvorschriften, die dem allgemeinen Zweck des Friedhofs nach § 2 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 2 BestattG dienen, eine geordnete und würdige Bestattung der Toten und ein ungestörtes Totengedenken zu gewährleisten (vgl. Senat, Urt. v. 29.03.2007 - 1 S 2118/05 - VBlBW 2007, 473, m.w.N.; ebenso: BVerwG, Urt. v. 08.11.1963 - VII C 148.60 - BVerwGE 17, 119 <121>; Urt. v. 26.09.1986 - 7 C 27.85 -NVwZ 1987, 679; Beschl. v. 07.12.1990 - 7 B 160.90 - juris Rn. 4; Beschl. v. 29.09.2000 - 3 B 156.00 - juris Rn. 7; Urt. v. 23.05.2004, a.a.O.). Zu den allgemeinen Friedhofszwecken, die Art. 2 Abs. 1 GG begrenzen können, gehören zudem die Gewährleistung einer ungehinderten Leichenverwesung innerhalb der Ruhezeiten (§ 6 Abs. 1 BestattG) und die Verkehrssicherheit, insbesondere die Standsicherheit der Grabausstattungen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BestattG) (vgl. Senat, Urt. v. 29.03.2007, a.a.O.; ebenso BVerwG, Urt. v. 23.05.2004, a.a.O., m.w.N., zu vergleichbaren, bundesrechtlich unbedenklichen Friedhofszwecken in NRW). Für die Zwecke, die der kommunale Friedhofsträger mit Vorschriften verfolgt, die die allgemeine Handlungsfreiheit der Angehörigen eines Verstorbenen nach Art. 2 Abs. 1 GG einschränken, ist der Friedhofsträger darlegungs- und ggfs. beweispflichtig.
50 
Über die genannten zulässigen Friedhofszwecke hinausgehende besondere Gestaltungsvorschriften sind im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG nur zulässig, wenn der Friedhofsbenutzer die Gelegenheit hat, seine von derartigen Vorschriften abweichenden Vorstellungen an anderer Stelle - bei einem sog. Monopolfriedhof in einem eigenen Feld oder bei mehreren Friedhöfen in einer Gemeinde auf einem anderen Friedhof der Gemeinde - zu verwirklichen. Danach bleiben den Gemeinden strengere, über die genannten zulässigen Friedhofszwecke hinausgehende Gestaltungsanforderungen auf Monopolfriedhöfen verwehrt, sofern sie nicht eine gestaltungsfreie Friedhofsfläche vorsehen, wo auch eine von den ästhetischen Vorstellungen des Friedhofsträgers abweichende Grabmalgestaltung zulässig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.11.1963, Urt. v. 26.09.1986, Beschl. v. 07.12.1990, Beschl. v. 29.09.2000, Urt. v. 13.05.2004, je a.a.O.; Beschl. v. 20.11.2007 - 7 BN 5.07 - juris Rn. 7; Senat, Urt. v. 16.10.1996 - 1 S 3164/95 - VBlBW 1997, 69; HessVGH, Urt. v. 22.11.1988 - 11 UE 218/84 - NVwZ-RR 1989, 505, juris Rn. 22; OVG NRW, Urt. v. 26.05.2000 - 19 A 2015/99 - juris Rn. 35 ff., 49ff.; Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 1984, § 14; Goertz, in: Kurze/Goertz, Bestattungsrecht in der Praxis, 2. Aufl. 2016, § 12 Rn. 1 ff.; Faiß/Ruf, Bestattungsrecht Baden-Württemberg, 2012, § 14).
51 
Einer würdigen Bestattung und einem ungestörten Totengedenken stehen Grabmale, die aufdringlich, effektheischend oder sonst objektiv geeignet wären, Ärgernis zu erregen und den allgemeinen Friedhofszweck des Totengedenkens zu beeinträchtigen, entgegen (vgl. HessVGH, Urt. v. 22.11.1988, a.a.O., Rn. 23; OVG NRW, Beschl. v. 28.01.2003 - 19 A 4301/01 - juris; Seeger, a.a.O., § 14, unter 4.; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 11. Aufl., 12. Kap. Rn. 6), ebenso unwürdige und wegen ihrer Übergröße störende Grabmale (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.1968 - VII C 154.66 - UA S. 7 f., LS in DÖV 1968, 847). Vorschriften, die solche Grabmale verhindern, können daher auch auf Monopolfriedhöfen zulässig sein. Gründe der Sicherheit können es rechtfertigen, die Breite von Grabmälern so zu begrenzen, dass ein ungehinderter Durchgang zwischen den Grabstellen auch bei größeren Pflege- und Instandhaltungsarbeiten gewährleistet ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 08.01.2014 - 4 ZB 13.1928 - BayVBl. 2014, 435). Dem Zweck der Verwesung innerhalb der Ruhezeit dienen zulässigerweise bei Erdbestattungen, wenn die geologischen Verhältnisse es erfordern, Verbote von Grababdeckplatten (Senat, Urt. v. 13.12.1993 - 1 S 428/93 - NVwZ 1994, 793; OVG NRW, Urt. v. 30.10.1978 - VIII A 1033/77 - BWGZ 1980, 55, und Beschl. v. 11.04.1997 - 19 A 1211/96 - NVwZ 1998, 869; NdsOVG, Beschl. v. 09.06.2010 - 8 ME 125/10 - juris Rn. 9 ff. und Beschl. v. 17.11.2011 - 8 LA 54/11 - juris Rn. 6).
52 
b) Nach diesem Maßstab ist die von der Antragstellerin angegriffene Begrenzung der Ansichtsfläche von Pultsteinen in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS auf 0,4 m² eine unzulässige Einschränkung von Art. 2 Abs. 1 GG. Im Gebiet der Antragsgegnerin ist ein Friedhof oder ein Friedhofsfeld ohne Gestaltungsvorschriften nicht vorhanden. Die Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Angehörigen nach Art. 2 Abs. 1 GG kann daher nur rechtmäßig sein, wenn sie zulässigerweise einem der genannten Friedhofszwecke dient. Das ist jedoch nicht der Fall.
53 
Dem Zweck der Verwesung innerhalb der Ruhezeit kann die Begrenzung der Ansichtsfläche von Pultsteinen in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS nicht dienen. Denn für Urnengräber stellt sich die Frage der Verwesung nicht. Auf diesen Gesichtspunkt kann daher eine Größenbegrenzung von Abdeckplatten für Urnengräber nicht gestützt werden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 19.02.2003 - 1 K 776/02 - juris Rn. 24; Seeger, a.a.O.). Die Antragsgegnerin beruft sich für die behauptete Rechtmäßigkeit von § 13 Abs. 8 Buchst. d FS auch nicht auf die Sicherstellung der Verwesung.
54 
Die Beschränkung der Ansichtsfläche von Pultsteinen in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS ist auch nicht unter anderen Gesichtspunkten gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin macht insoweit allein geltend, es handele sich um eine zulässige allgemeine Gestaltungsvorschrift, die keine besonderen ästhetischen Vorstellungen regele, sondern lediglich allgemeine, dem Empfinden des Durchschnittsbetrachters entsprechende Vorstellungen über die Grabgestaltung wiedergebe. Solche Vorschriften können nach dem oben dargelegten Maßstab jedoch nur rechtmäßig sein, wenn sie einem zulässigen Friedhofszweck dienen. In Betracht kommt insoweit nur der Schutz des würdigen Totengedenkens dadurch, dass objektiv unwürdige, z.B. übergroße Grabmale vermieden werden. Dafür, dass ein Urnengrab mit einem Pultstein mit einer größeren Ansichtsfläche unwürdig wirkt und zu einem unruhigen Gesamtbild des Friedhofs führt, ist jedoch nichts ersichtlich. Die Antragsgegnerin trägt hierfür auch keinerlei Anhaltspunkte vor.
55 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
56 
Beschluss vom 28. Juni 2016
57 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 15.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
58 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
40 
Der Antrag ist zulässig (1) und begründet (2). § 13 Abs. 8 Buchst. d der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 22.10.2012 in der Fassung vom 08.12.2014 ist daher für unwirksam zu erklären (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 VwGO).
41 
1. a) Der gegen die Friedhofssatzung der Antragsgegnerin gerichtete Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt. Denn die angegriffene Norm des § 13 Abs. 8 Buchst. d FS wurde durch die Satzung vom 08.12.2014 geändert, der Normenkontrollantrag ging am 17.06.2015 ein.
42 
b) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können (vgl. Senatsurteile vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29, und - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33).
43 
Daher ist hier die Antragsbefugnis gegeben. Die Antragstellerin kann, wie die Ablehnung des Grabmalantrags zeigt, durch die angegriffene Norm in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sein, die den Wunsch naher Angehöriger eines Verstorbenen schützt, des Toten nach eigenen Vorstellungen zu gedenken und hierzu auch Grabmale nach eigener Gestaltung zu errichten (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 13.05.2004 - 3 C 26.03 -BVerwGE 121, 17).
44 
c) Für den Normenkontrollantrag besteht ein Rechtsschutzinteresse. Dieses fehlt, wenn der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung derzeit nicht verbessern kann. Das ist der Fall, wenn der Antrag, selbst wenn er (im Übrigen) zulässig und begründet wäre, dem Antragsteller keinen Nutzen bringen könnte. Am fehlenden Rechtsschutzinteresse scheitert ein Normenkontrollantrag ferner dann, wenn es einen anderen einfacheren Weg zu dem erstrebten Ziel gibt (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85; Beschl. v. 23.01.1992 - 4 NB 2.90 - BauR 1992, 187; Beschl. v. 04.06.2008 - 4 BN 13.08 - BauR 2008, 2031).
45 
Die Inanspruchnahme des Gerichts ist für den Antragsteller in diesem Sinne nutzlos, wenn bei einer Ungültigkeit der angegriffenen Norm die Vorgängerregelung wieder auflebt und der Antragsteller nach dieser den gleichen Verboten und Beschränkungen unterliegt oder die Vorgängerregelung für den Antragsteller ungünstiger ist und er seine Rechtsposition daher verschlechtert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.11.2007 - 4 BN 49.07 - juris Rn. 2; Senatsbeschl. v. 27.12.1999 - 1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.1992 - 5 S 173/91 - NuR 1993, 323; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 47 Rn. 142). Es ist für ein Rechtsschutzinteresse nicht erforderlich, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt. Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde eine neue Regelung mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Vorschriften aufstellen wird. Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen, und daher unzweifelhaft ist, dass der Antragsteller seinem Rechtsschutzziel selbst dann auf unabsehbare Zeit nicht näherkommen kann, wenn die Norm für nichtig erklärt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732; Urt. v. 23.04.2002 - 4 CN 3.01 - NVwZ 2002, 1126; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 - NVwZ-RR 2012, 939). Dabei ist allein die "subjektive" Erklärung des Normgebers, die Belange des Antragstellers auch bei einer Neuregelung nicht berücksichtigen zu wollen, für die Verneinung des Rechtsschutzinteresses bei einem Bebauungsplan jedenfalls dann nicht ausreichend, wenn objektiv ein Normierungserfordernis vorliegt (so BVerwG, Beschl. v. 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613, zu einem Planungserfordernis im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB).
46 
Nach diesem Maßstab besteht hier ein Rechtsschutzbedürfnis. Hat der gegen § 13 Abs. 8 Buchst. d FS in der Fassung vom 08.12.2014 gerichtete Normenkontrollantrag Erfolg, lebt zwar die Vorgängerregelung der Friedhofssatzung in der Fassung vom 22.10.2012 wieder auf, die für die Antragstellerin ungünstiger ist. Denn diese Vorgängerreglung gestattete - bei identischer Regelung zu Höhe und Breite des Grabmals - mit der Beschränkung von Pultsteinen auf 50 cm Länge und Breite nur eine Ansichtsfläche von 0,25 m², während die angegriffene Regelung in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS als zulässige Größe von Pultsteinen nun bis zu 0,4 m² Ansichtsfläche erlaubt und Länge und Breite des Pultsteins im Übrigen nicht regelt.
47 
Aber es ist in tatsächlicher Hinsicht möglich, dass die Antragsgegnerin bei einem Erfolg des Normenkontrollverfahrens trotz der Erklärung des Gemeinderats, keine günstigere Regelung erlassen zu wollen, eine für die Antragstellerin günstigere Neuregelung erlassen wird. Zwar sieht das Bestattungsrecht - anders als dies im Baurecht bei § 1 Abs. 3 BauGB der Fall sein kann - keine Pflicht zu einer Änderung der nicht angegriffenen Vorgängerregelung im Fall eines Obsiegens der Antragstellerin vor. Jedoch folgt aus einer Unwirksamerklärung der angegriffenen Norm, dass die Vorgängerregelung, da sie die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit von Grabnutzungsberechtigten noch stärker einschränkt, denselben rechtlichen Bedenken unterliegt, was in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch nach Ablauf der Jahresfrist in § 47 Abs. 2 VwGO noch inzident berücksichtigt werden kann. Im Hinblick auf den noch anhängigen Rechtsstreit der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin vor dem VG Stuttgart wegen ihres abgelehnten Grabmalantrags ist es daher denkbar, dass die Antragsgegnerin - und sei es nur aus Gründen der Ersparnis von Prozesskosten - die Vorgängerregelung zugunsten der Interessen der Antragstellerin ändert. Auch ist möglich, dass die Antragsgegnerin zur Vermeidung von zukünftigen Prozessrisiken im Verhältnis zu anderen Grabnutzungsberechtigten eine Neuregelung vornimmt.
48 
2. Der Antrag ist begründet. Die angegriffene Regelung in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS ist wegen Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht unwirksam, da sie gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstößt.
49 
a) Die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG schützt den Wunsch naher Angehöriger eines Verstorbenen, des Toten nach eigenen Vorstellungen zu gedenken und hierzu auch Grabmale nach eigener Gestaltung zu errichten (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 13.05.2004, a.a.O.).Die Gestaltungsfreiheit der Friedhofsbenutzer findet ihre Grenzen von vornherein in solchen Gestaltungsvorschriften, die dem allgemeinen Zweck des Friedhofs nach § 2 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 2 BestattG dienen, eine geordnete und würdige Bestattung der Toten und ein ungestörtes Totengedenken zu gewährleisten (vgl. Senat, Urt. v. 29.03.2007 - 1 S 2118/05 - VBlBW 2007, 473, m.w.N.; ebenso: BVerwG, Urt. v. 08.11.1963 - VII C 148.60 - BVerwGE 17, 119 <121>; Urt. v. 26.09.1986 - 7 C 27.85 -NVwZ 1987, 679; Beschl. v. 07.12.1990 - 7 B 160.90 - juris Rn. 4; Beschl. v. 29.09.2000 - 3 B 156.00 - juris Rn. 7; Urt. v. 23.05.2004, a.a.O.). Zu den allgemeinen Friedhofszwecken, die Art. 2 Abs. 1 GG begrenzen können, gehören zudem die Gewährleistung einer ungehinderten Leichenverwesung innerhalb der Ruhezeiten (§ 6 Abs. 1 BestattG) und die Verkehrssicherheit, insbesondere die Standsicherheit der Grabausstattungen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BestattG) (vgl. Senat, Urt. v. 29.03.2007, a.a.O.; ebenso BVerwG, Urt. v. 23.05.2004, a.a.O., m.w.N., zu vergleichbaren, bundesrechtlich unbedenklichen Friedhofszwecken in NRW). Für die Zwecke, die der kommunale Friedhofsträger mit Vorschriften verfolgt, die die allgemeine Handlungsfreiheit der Angehörigen eines Verstorbenen nach Art. 2 Abs. 1 GG einschränken, ist der Friedhofsträger darlegungs- und ggfs. beweispflichtig.
50 
Über die genannten zulässigen Friedhofszwecke hinausgehende besondere Gestaltungsvorschriften sind im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG nur zulässig, wenn der Friedhofsbenutzer die Gelegenheit hat, seine von derartigen Vorschriften abweichenden Vorstellungen an anderer Stelle - bei einem sog. Monopolfriedhof in einem eigenen Feld oder bei mehreren Friedhöfen in einer Gemeinde auf einem anderen Friedhof der Gemeinde - zu verwirklichen. Danach bleiben den Gemeinden strengere, über die genannten zulässigen Friedhofszwecke hinausgehende Gestaltungsanforderungen auf Monopolfriedhöfen verwehrt, sofern sie nicht eine gestaltungsfreie Friedhofsfläche vorsehen, wo auch eine von den ästhetischen Vorstellungen des Friedhofsträgers abweichende Grabmalgestaltung zulässig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.11.1963, Urt. v. 26.09.1986, Beschl. v. 07.12.1990, Beschl. v. 29.09.2000, Urt. v. 13.05.2004, je a.a.O.; Beschl. v. 20.11.2007 - 7 BN 5.07 - juris Rn. 7; Senat, Urt. v. 16.10.1996 - 1 S 3164/95 - VBlBW 1997, 69; HessVGH, Urt. v. 22.11.1988 - 11 UE 218/84 - NVwZ-RR 1989, 505, juris Rn. 22; OVG NRW, Urt. v. 26.05.2000 - 19 A 2015/99 - juris Rn. 35 ff., 49ff.; Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 1984, § 14; Goertz, in: Kurze/Goertz, Bestattungsrecht in der Praxis, 2. Aufl. 2016, § 12 Rn. 1 ff.; Faiß/Ruf, Bestattungsrecht Baden-Württemberg, 2012, § 14).
51 
Einer würdigen Bestattung und einem ungestörten Totengedenken stehen Grabmale, die aufdringlich, effektheischend oder sonst objektiv geeignet wären, Ärgernis zu erregen und den allgemeinen Friedhofszweck des Totengedenkens zu beeinträchtigen, entgegen (vgl. HessVGH, Urt. v. 22.11.1988, a.a.O., Rn. 23; OVG NRW, Beschl. v. 28.01.2003 - 19 A 4301/01 - juris; Seeger, a.a.O., § 14, unter 4.; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 11. Aufl., 12. Kap. Rn. 6), ebenso unwürdige und wegen ihrer Übergröße störende Grabmale (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.1968 - VII C 154.66 - UA S. 7 f., LS in DÖV 1968, 847). Vorschriften, die solche Grabmale verhindern, können daher auch auf Monopolfriedhöfen zulässig sein. Gründe der Sicherheit können es rechtfertigen, die Breite von Grabmälern so zu begrenzen, dass ein ungehinderter Durchgang zwischen den Grabstellen auch bei größeren Pflege- und Instandhaltungsarbeiten gewährleistet ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 08.01.2014 - 4 ZB 13.1928 - BayVBl. 2014, 435). Dem Zweck der Verwesung innerhalb der Ruhezeit dienen zulässigerweise bei Erdbestattungen, wenn die geologischen Verhältnisse es erfordern, Verbote von Grababdeckplatten (Senat, Urt. v. 13.12.1993 - 1 S 428/93 - NVwZ 1994, 793; OVG NRW, Urt. v. 30.10.1978 - VIII A 1033/77 - BWGZ 1980, 55, und Beschl. v. 11.04.1997 - 19 A 1211/96 - NVwZ 1998, 869; NdsOVG, Beschl. v. 09.06.2010 - 8 ME 125/10 - juris Rn. 9 ff. und Beschl. v. 17.11.2011 - 8 LA 54/11 - juris Rn. 6).
52 
b) Nach diesem Maßstab ist die von der Antragstellerin angegriffene Begrenzung der Ansichtsfläche von Pultsteinen in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS auf 0,4 m² eine unzulässige Einschränkung von Art. 2 Abs. 1 GG. Im Gebiet der Antragsgegnerin ist ein Friedhof oder ein Friedhofsfeld ohne Gestaltungsvorschriften nicht vorhanden. Die Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Angehörigen nach Art. 2 Abs. 1 GG kann daher nur rechtmäßig sein, wenn sie zulässigerweise einem der genannten Friedhofszwecke dient. Das ist jedoch nicht der Fall.
53 
Dem Zweck der Verwesung innerhalb der Ruhezeit kann die Begrenzung der Ansichtsfläche von Pultsteinen in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS nicht dienen. Denn für Urnengräber stellt sich die Frage der Verwesung nicht. Auf diesen Gesichtspunkt kann daher eine Größenbegrenzung von Abdeckplatten für Urnengräber nicht gestützt werden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 19.02.2003 - 1 K 776/02 - juris Rn. 24; Seeger, a.a.O.). Die Antragsgegnerin beruft sich für die behauptete Rechtmäßigkeit von § 13 Abs. 8 Buchst. d FS auch nicht auf die Sicherstellung der Verwesung.
54 
Die Beschränkung der Ansichtsfläche von Pultsteinen in § 13 Abs. 8 Buchst. d FS ist auch nicht unter anderen Gesichtspunkten gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin macht insoweit allein geltend, es handele sich um eine zulässige allgemeine Gestaltungsvorschrift, die keine besonderen ästhetischen Vorstellungen regele, sondern lediglich allgemeine, dem Empfinden des Durchschnittsbetrachters entsprechende Vorstellungen über die Grabgestaltung wiedergebe. Solche Vorschriften können nach dem oben dargelegten Maßstab jedoch nur rechtmäßig sein, wenn sie einem zulässigen Friedhofszweck dienen. In Betracht kommt insoweit nur der Schutz des würdigen Totengedenkens dadurch, dass objektiv unwürdige, z.B. übergroße Grabmale vermieden werden. Dafür, dass ein Urnengrab mit einem Pultstein mit einer größeren Ansichtsfläche unwürdig wirkt und zu einem unruhigen Gesamtbild des Friedhofs führt, ist jedoch nichts ersichtlich. Die Antragsgegnerin trägt hierfür auch keinerlei Anhaltspunkte vor.
55 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
56 
Beschluss vom 28. Juni 2016
57 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 15.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
58 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juni 2016 - 1 S 1243/15

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


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Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2014 - 4 ZB 13.1928

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 17. Juli 2012 - 10 S 406/10

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Tenor § 6 der Polizeiverordnung der Gemeinde Offenau gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutz der öffentlichen Grünflächen und über das Anbringen von Hausnummern in der Fassung vom 17. Februar 2009 wird für unwirksam erklärt.Im Übrigen wird der

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juli 2009 - 1 S 2200/08

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Tenor § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

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Tenor § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20. November 2007 ist unwirksam. Die Antragsgegne

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. März 2007 - 1 S 2118/05

bei uns veröffentlicht am 29.03.2007

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1  Der Antragsteller

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 (im Folgenden: PolVO), mit dem ein örtlich und zeitlich begrenztes Alkoholverbot im öffentlichen Straßenraum der Freiburger Innenstadt („Bermuda-Dreieck“) angeordnet worden ist.
Am 22.07.2008 erließ die Antragsgegnerin mit Zustimmung des Gemeinderats die bis zum 31.07.2010 befristete Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum. Zuvor hatte sie bereits am 23.12.2007 - damals noch unter Einbeziehung eines weiteren Bereichs im Industriegebiet Nord - eine auf sieben Monate befristete Polizeiverordnung gleichen Wortlauts erlassen, die - wie vorgesehen - am 31.07.2008 außer Kraft trat und durch die nunmehr angegriffene Polizeiverordnung abgelöst wurde. Die derzeit gültige Verordnung hat in dem hier angegriffenen Umfang folgenden Wortlaut:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Diese Polizeiverordnung gilt für das Gebiet der Innenstadt, begrenzt durch die Bertoldstraße, den Platz der Alten Synagoge, den Platz der Universität, das westlich der Humboldtstraße gelegene Verbindungsstück zur Humboldtstraße, die Humboldtstraße und die Kaiser-Joseph-Straße bis zum Bertoldsbrunnen.
Die genannten Straßen zählen noch zum Geltungsbereich der Verordnung.
(2) Der beigefügte Lageplan vom 28.05.2008 ist Bestandteil dieser Polizeiverordnung.
§ 2
Alkoholverbot
(1) Im Geltungsbereich der Verordnung ist es auf den öffentlich zugänglichen Flächen außerhalb konzessionierter Freisitzflächen verboten
- alkoholische Getränke jeglicher Art zu konsumieren
- alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen.
10 
(2) Dieses Verbot gilt in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag, Sonntag auf Montag jeweils von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Gleiches gilt für die Zeit von 00:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens an einem gesetzlichen Feiertag und die zwei Stunden davor (d. h. von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr).
11 
Gemäß § 4 Abs. 1 PolVO kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
12 
Die angegriffene Polizeiverordnung wurde vorab als Notbekanntmachung in der Badischen Zeitung vom 31.07.2008 und am 02.08.2008 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht.
13 
Nach der Beschlussvorlage vom 07.07.2008 (Drucksache G-08/148), die auf die Beschlussvorlage der Vorläuferfassung (G-07/185) Bezug nimmt, soll das in zeitlicher und räumlicher Hinsicht begrenzte Alkoholverbot die körperliche Unversehrtheit schützen. Eine abstrakte Gefahr im Sinne von § 10 PolG liege vor. Die auch beim Schutz hochrangiger Güter erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als Folge des Alkoholkonsums sei gegeben. Es bestehe ein Wirkungszusammenhang; Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein Ort überproportional hoher Gewaltkriminalität und starken Alkoholkonsums im öffentlichen Raum. Insbesondere junge Leute träfen sich dort zunächst zum sog. „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen und Diskotheken bereits alkoholisiert aufzusuchen. Aus alldem folge, dass der Konsum von mitgebrachtem Alkohol im „Bermuda-Dreieck“ nach den Erfahrungen der Polizei zumindest mitursächlich für die Begehung von Körperverletzungsdelikten sei. Das Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich aus der seit Einführung der Regelung um 16 % gesunkenen Gewaltkriminalität. Gleich geeignete Mittel seien nicht ersichtlich. Mit Blick auf die zeitliche und räumliche Beschränkung sowie die Befristung des Verbots sei der Freiheitseingriff zu Gunsten des hohen Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit angemessen.
14 
Bestandteil der Beschlussvorlage war die Studie der Polizeidirektion Freiburg 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“.
15 
Der 1982 geborene Antragsteller ist Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie; sein Büro befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs der Polizeiverordnung.
16 
Am 11.08.2008 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
17 
Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er in seiner Freizeit, insbesondere auch an den Wochenenden, regelmäßiger Besucher von Plätzen innerhalb des von der Polizeiverordnung umfassten sog. „Bermuda-Dreiecks“ sei, wo er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss niederlasse. Die Polizeiverordnung sei materiell rechtswidrig. Die angegriffene Regelung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Diese setze voraus, dass eine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne von § 10 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 PolG vorliege. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dass Alkoholisierung, wie in der Studie dargelegt, „zumindest mitursächlich“ für Gewalt sein könne, sei nicht ausreichend, um eine abstrakte Gefährlichkeit des Alkoholgenusses, geschweige denn des Mitführens von alkoholischen Getränken in Konsumabsicht, zu belegen. Der Nachweis, dass durch Alkoholkonsum im Regelfall abstrakte Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung einträten, sei bislang nicht erbracht worden. Auch im „Bermuda-Dreieck“ stellten Gewalttaten nicht die Regel-Folge von öffentlichem Alkoholkonsum dar. Menschliche Gewalttaten entstünden unter komplexen Umständen und seien nicht linear auf Alkoholisierung zurückzuführen. Bei den Erhebungen der Polizeidirektion handle es sich um statistisch nicht belastbares Zahlenmaterial. Für die vorgelagerte Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld biete § 10 Abs. 1 PolG keine gesetzliche Grundlage. Die angegriffene Regelung verstoße schließlich gegen das Bestimmtheitsgebot. Dies gelte insbesondere für die Formulierung, aus den „konkreten Umständen“ müsse die „Absicht“ erkennbar sein, alkoholische Getränke zu konsumieren. Überdies sei sie unverhältnismäßig und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
18 
Der Antragsteller beantragt,
19 
§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 für unwirksam zu erklären.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie trägt vor: Die angegriffenen Bestimmungen der Polizeiverordnung seien durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es liege eine abstrakte Gefahr - und nicht lediglich ein Gefahrenverdacht - vor. Die angegriffene Regelung sei Teil eines abgestimmten Gesamtkonzepts. Der Konsum mitgebrachten Alkohols führe nach den vollzugspolizeilichen Erfahrungen zwar nicht überall in der Innenstadt, sehr wohl aber im Geltungsbereich der Verordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der körperlichen Unversehrtheit. Insoweit lasse sich im „Bermuda-Dreieck“ aufgrund der konkreten Umstände eine in tatsächlicher Hinsicht hinreichend gesicherte Gefahrenprognose treffen. Auch wenn Alkohol - jedenfalls bei der Durchschnittsbevölkerung - nicht grundsätzlich zur Begehung von Gewaltdelikten führe, so gelte dies nach der polizeilichen Untersuchung nicht für den Bereich des „Bermuda-Dreiecks“. Der weit überwiegende Teil der sich dort aufhaltenden jungen Personen habe bereits deutlich vor Mitternacht erhebliche Mengen an Alkohol zu sich genommen. Der weitere unkontrollierte Konsum des mitgeführten Alkohols im Zusammenwirken mit gruppendynamischen Begleitfaktoren (Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle, vermeintliche Provokationen) sei unmittelbar ursächlich für die Gewaltausschreitungen und bewirke damit eine Überschreitung der Gefahrenschwelle. Die angegriffenen Normen verstießen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Insbesondere sei der Begriff „Absicht“ in seiner gefestigten dogmatischen Bedeutung unproblematisch bestimmbar als zielgerichteter Wille. Die Besorgnis des Antragstellers, die Formulierung könne zur willkürlichen Handhabung Anlass geben, sei nicht nachvollziehbar. Die bisherigen Anwendungserfahrungen hätten die diesbezüglichen Zweifel des Antragstellers nicht bestätigt. Die angegriffene Regelung stelle eine verhältnismäßige Einschränkung der bürgerlichen Freiheitsrechte dar. Sie sei ein geeignetes Mittel, den aufgezeigten Gefahren für die körperliche Unversehrtheit zu begegnen, und sie sei insoweit erforderlich. Das in zeitlicher und örtlicher Hinsicht beschränkte Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Hierbei sei zu würdigen, dass das Verbot auf lediglich zwei Jahre begrenzt sei, ein Zeitraum, der zum Anlass genommen werden solle, die weitere Entwicklung des Gewaltgeschehens zu beobachten und - soweit möglich - auch statistisch zu bewerten. Schließlich bedeute die Differenzierung zum zulässigen Alkoholgenuss in Freischankflächen keine willkürliche Ungleichbehandlung.
23 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

§ 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20. November 2007 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten der Antragsgegnerin i.d.F. vom 20.11.2007 (im Folgenden: POV).
Die Antragsgegnerin änderte ihre Polizeiverordnung vom 20.06.1989 durch eine Verordnung mit Zustimmung des Gemeinderats vom 20.11.2007. Sie fügte u.a die hier angegriffene, der Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg entlehnte Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV an. Diese hat folgenden Wortlaut:
§ 12
Aufenthalt auf öffentlichen Straßen,
in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen
(1) Auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen ist untersagt:
1. ...
2. ...
3. ...
4. ...
5. das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen.
Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Die Änderungsverordnung wurde am 22.12.2007 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht und trat am 23.12.2007 in Kraft.
Nach der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 (DRS G-07/186) soll die Regelung jenen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenwirken, die von alkoholisierten Gruppen ausgehen, welche sich regelmäßig im öffentlichen Straßenraum, in öffentlichen Anlagen und Einrichtungen der Stadt niederlassen und dort längerfristig und unter Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs Dritter verweilen.
10 
Der 1982 geborene Antragsteller, Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, wohnt und arbeitet in Freiburg.
11 
Er hat am 11.08.2008 das Normkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
12 
Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er - wie schon bisher - auch in Zukunft auf öffentlichen Plätzen wie dem beliebten Augustinerplatz, in Parkanlagen wie dem Stühlinger Kirchplatz, der Sternwaldwiese oder entlang der Dreisam dauerhaft verweilen möchte, um dabei allein oder in der Gruppe Alkohol zu konsumieren. Es liege zwar nicht in seiner Intention, dadurch Dritte erheblich zu belästigen. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass sein Verhalten während des Alkoholkonsums in den Augen eines Polizeibeamten dazu „geeignet“ erscheinen könne, eine solche Belästigung darzustellen. Wegen der weit gefassten und unbestimmten Formulierung des Verbotstatbestandes könne er sich nicht sicher sein, ob nicht sein Verhalten als unter die Norm fallend beurteilt werde. Er sei im Oktober 2008 schon einmal Adressat einer auf die angegriffene Norm gestützten Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin gewesen. Die angegriffene Regelung sei materiell rechtswidrig. Dem Bestimmtheitsgebot sei in mehrfacher Hinsicht nicht Rechnung getragen. Die Vorschrift sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Die Vorschrift knüpfe schon nicht an ein polizeiliches Schutzgut an; jedenfalls liege keine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vor.
13 
Der Antragsteller beantragt,
14 
§ 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten i.d.F. vom 20. November 2007 für unwirksam zu erklären.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzulehnen.
17 
Sie trägt vor: Dem Antragsteller fehle es bereits an der Antragsbefugnis. Abgesehen von seiner erklärten Absicht, an bestimmten Plätzen des Stadtgebiets Alkohol konsumieren zu wollen, zeige der Antragsteller keinerlei realistische Sachverhalte auf, die ihn mit der angegriffenen Norm in Konflikt bringen könnten. Von der Verbotsnorm würden „Gruppentrinker“ erfasst, zu denen der Antragsteller offensichtlich nicht zu rechnen sei. Er nehme lediglich die Rolle als institutioneller Prozessführer ein. Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag aber unbegründet. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Die angegriffene Regelung sei durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es bestehe eine Gefahr für die öffentliche Ordnung. Die exzessiven Trinkgelage bestimmter Randgruppen führten regelmäßig zu lautstarken Auseinandersetzungen unter den Beteiligten und im weiteren zu Verunsicherung, Verängstigung oder zur (körperlichen) Bedrängung unbeteiligter Passanten, die deshalb die Nähe solcher Gruppen mieden. Die angegriffene Norm verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
20 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
21 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall.Der Antragsteller kann, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, durch die Rechtsvorschrift bzw. deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein bzw. in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der 1982 geborene Antragsteller wohnt und arbeitet in Freiburg. Er möchte - wie schon bisher - auch in Zukunft auf beliebten öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet, wie dem Augustinerplatz, oder entlang der Dreisam in der Gruppe dauerhaft verweilen, um dabei Bier zu trinken. Dies ist nach seinen Angaben nicht immer, aber gerade im Sommer mitunter auch der überwiegende Zweck seines Verweilens. Er gehört damit zum Kreis der potentiell Betroffenen. Auch wenn der Antragsteller es dabei nicht darauf anlegt, Dritte erheblich zu belästigen, läuft er gleichwohl bei zunächst unauffälligem Konsum von Alkohol Gefahr, dass die Auswirkungen seines Alkoholgenusses als geeignet eingestuft werden, derartige Belästigungen hervorzurufen. Hinzu kommt, dass ihm nach seinem unwidersprochenen Vortrag am 11.10.2008 im Zusammenhang mit einer sog. Botellón-Veranstaltung eine Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 08.10.2008 ausgehändigt wurde, in der als Rechtsgrundlage u.a. die hier angegriffene Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20.11.2007 - POV - aufgeführt ist. Er ist damit bereits einmal Adressat eines auf § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV gestützten Verwaltungsakts geworden, dessen Nichtbefolgung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV als Ordnungswidrigkeit hätte geahndet werden können.
22 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
23 
2.1 Formelle Bedenken gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die die angegriffene Regelung in die Polizeiverordnung vom 20.06.1989 eingefügt worden ist, ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderats der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
24 
2.2 Die angegriffene Bestimmung ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot hinreichender Bestimmtheit.
25 
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
26 
Diesem Maßstab wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV nicht gerecht. Die darin normierten Tatbestandsmerkmale (das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen) ermöglichen keine hinreichend eindeutige Abgrenzung zwischen verbotenem und noch zulässigem Verhalten.
27 
Was mit „Lagern oder dauerhaftem Verweilen“ gemeint ist, ist allerdings der Auslegung zugänglich. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt nicht darauf ab, ob der Betroffene liegt, sitzt oder steht, während er Alkohol konsumiert. Auch das unbestimmte Merkmal „dauerhaft“ lässt sich dahingehend konkretisieren, dass ein kurzzeitiges Verweilen, um etwa den Durst mit einer Flasche Bier zu stillen, hiervon nicht erfasst sein soll. Das Verweilen muss schon so lange andauern, dass sich die Auswirkungen des Alkoholgenusses überhaupt zeigen können. Soweit „Einrichtungen wie Grillstellen u.ä.“ ebenso wie Freischankflächen von dem Verbot nicht erfasst sind, ist auch diese unbestimmte Formulierung auslegungsfähig. Denn der Begriff der Einrichtungen weist darauf hin, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung handeln muss, die - wie eine Grillstelle - dem Essen und Trinken gewidmet ist. Dies gilt etwa für Picknickareale. Andere Einrichtungen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Essen und Trinken dienen, werden von dem Verbot folglich nicht ausgenommen. Auch soweit die Verbotsnorm auf den Zweck des Verbleibens am Ort (ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses) Bezug nimmt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm. Denn dem Betroffenen ist in aller Regel bewusst, welches der (Haupt) Zweck seines dauerhaften Verweilens ist, und auch für die Vollzugsbeamten ist insoweit aufgrund äußerer Umstände, insbesondere aufgrund Art und Menge des mitgeführten Alkohols, erkennbar, ob das Verweilen ausschließlich oder überwiegend zum Alkoholgenuss erfolgt. Jedenfalls kann man sich der Zweckrichtung auch hier mit den anerkannten Auslegungsmethoden nähern.
28 
Unbestimmt ist die Norm hingegen, wenn sie den Alkoholkonsum zu beschreiben versucht, der die Verbotsfolge (schon das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses) auslösen soll. „Dessen Auswirkungen“ müssen danach „geeignet“ sein, „Dritte erheblich zu belästigen“. Der Verordnungsgeber gibt damit zu Recht im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Normenkontrollbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 146 ff.) zu erkennen, dass allein durch das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses noch kein polizeiwidriger Zustand herbei geführt wird, sondern erst durch die alkoholbedingten, mit Belästigungen Dritter verbundenen Ausfall- und Folgeerscheinungen, wie aggressives Verhalten, Verunreinigungen, ruhestörender Lärm u.ä.. Um schon im frühen Stadium - also bevor es zu Belästigungen kommt - einschreiten zu können, versucht er nun, die Fälle mit einer weit gefassten Formulierung zu erfassen, in denen es seinen Erwartungen nach zu solchen Ausschreitungen kommen wird. Die für eine inhaltlich bestimmte Normanwendung notwendigen näheren Umstände, unter denen diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, beschreibt der Normgeber hingegen nicht; möglicherweise entziehen diese sich einer Festlegung in einem abstrakten Obersatz. Das Verbot des Verweilens zum Zwecke des Alkoholgenusses wird der Sache nach unter den Vorbehalt einer weiteren Sachverhaltsfeststellung gestellt, d.h. dass in jedem Einzelfall noch eine Überprüfung stattfinden muss, ob tatsächlich eine Gefahr gegeben ist (vgl. auch Hecker, Die Regelung des Aufenthalts von Personen im innerstädtischen Raum, 1998, S. 35). Vom Normadressaten sind daher die Grenzen nicht auszumachen, ab wann bzw. unter welchen Voraussetzungen das Verweilen zum Alkoholgenuss geeignet ist, sich belästigend auf Dritte auszuwirken und Sanktionen nach sich zu ziehen. In welchen Grenzen dürfen junge Leute sich etwa auf dem beliebten Augustinerplatz niederlassen, um gemeinsam Alkohol zu trinken? Inwieweit werden feucht-fröhliche Abiturfeiern oder Junggesellenabschiedsfeiern auf öffentlichen Plätzen toleriert, wenn das Feiern im wesentlichen aus Alkoholtrinken besteht? Der Wortlaut der angegriffenen Norm gibt keine eindeutige Antwort auf diese Fragen, insbesondere auch nicht darauf, welche - bevorstehenden - Auswirkungen des Alkoholkonsums nicht mehr hingenommen werden.
29 
Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Bestimmung lassen eine klare Grenzziehung zwischen Verbotenem und Erlaubtem nicht zu. Die übrigen Verbotstatbestände des § 12 POV (Nr. 1: grob ungehöriges Belästigen oder Behindern von Personen, insbesondere in angetrunkenem Zustand; Nr. 3: das Verrichten der Notdurft; Nr. 4: das Verunreinigen) tragen zur Konkretisierung der Regelung nichts bei. Ein Vergleich mit der Verbotsnorm unter Nr. 1 macht lediglich zweierlei deutlich: Zum einen werden im Unterschied zu Nr. 1 nicht nur grob ungehörige Belästigungen erfasst, sondern bereits erhebliche Belästigungen unterhalb der unter Nr. 1 genannten Schwelle. Zum anderen soll die Verbotsnorm durch das Abstellen auf die Geeignetheit des Alkoholgenusses, Belästigungen hervorzurufen, im Sinne eines vorsorgenden Vorgehens schon dann greifen, wenn die Gefahrengrenze noch nicht überschritten ist, also lediglich die Belästigungen durch die zum Alkoholgenuss Verweilenden möglich erscheinen. Ob es zu diesen Verhaltensweisen wirklich kommen wird, steht zum Zeitpunkt des Lagerns und dauerhaften Verweilens zum Alkoholkonsum indes noch nicht fest. Vielmehr ist in der Feststellung der Geeignetheit ein Prognoseelement enthalten, das einer Einzelfall bezogenen Einschätzung bedarf und weder einen verlässlichen Vollzug noch die Erkennbarkeit der Reichweite der Norm gewährleistet.
30 
Schließlich stellt der Zweck der Regelung für den Betroffenen die Erkennbarkeit der Rechtslage ebenfalls nicht sicher. Wie in der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 zur Gemeinderatssitzung zum Ausdruck kommt, wollte die Antragsgegnerin mit dieser an die Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, BWGZ 1999, 778) angelehnten Bestimmung eine rechtliche Handhabe schaffen, um im Vorfeld den von der sog. Trinkerszene ausgehenden Belästigungen entgegen zu wirken. Wie dies rechtlich zu bewerten ist, insbesondere ob hierdurch eine vermeintlich allgemeine, aber verdeckt konkrete und allein schon deshalb unzulässige Sonderregelung zum Einschreiten gegen soziale Randgruppen geschaffen wurde (vgl. hierzu Hecker, a.a.O., S. 33), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn soweit die Antragsgegnerin allein die Belästigungen durch das „Gruppentrinken“ sozialer Randgruppen von der Verbotsnorm erfasst sehen will, kommt dies in der Regelung nicht zum Ausdruck. Sie richtet sich von ihrem Wortlaut her sowohl an Einzel- wie an Gruppentrinker. Daher bleibt für den Normunterworfenen offen, wie derjenige, der zum Zwecke des Alkoholgenusses auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen verweilt, sich verhalten muss, um dem Eindruck entgegen zu wirken, sein Alkoholkonsum werde Dritte erheblich belästigen. Auch darf es nicht dem Rechtsanwender überlassen bleiben festzustellen, ob der Alkoholkonsum regelmäßig zu einer erheblichen Belästigung Dritter führt (vgl. auch Finger, Die offenen Szenen der Städte, 2006, S. 98). Damit ist die Regelung ungeeignet, dem Betroffenen eine Leitlinie für sein Verhalten an die Hand zu geben.
31 
Der Senat verkennt nicht die Formulierungsschwierigkeiten der Polizeibehörden, die sich auf diese Weise ergeben. Diese sind jedoch nicht auf zu hohe Bestimmtheitsanforderungen zurückzuführen, sondern beruhen vielmehr auf dem Versuch der Kommunen, - einem praktischen Bedürfnis entsprechend - einen konkreten Tatbestand, der eine Entscheidung im Einzelfall erfordert, in eine generell-abstrakte Form zu gießen (vgl. auch Hecker, a.a.O., S. 31 f. <35>; Finger, Bettel- und Alkoholverbote im Spiegel der Rechtsprechung, KommJur 2006, 441 f. <445>; Deger, Handlungsformen der Polizei gegen störende Ansammlungen, VBlBW 2004, 96 f. <99>).
32 
Wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV dem rechtsstaatlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit nicht gerecht, so war die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Einer weiteren Klärung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen bedurfte es daher nicht.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 28. Juli 2009
36 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
20 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
21 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall.Der Antragsteller kann, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, durch die Rechtsvorschrift bzw. deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein bzw. in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der 1982 geborene Antragsteller wohnt und arbeitet in Freiburg. Er möchte - wie schon bisher - auch in Zukunft auf beliebten öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet, wie dem Augustinerplatz, oder entlang der Dreisam in der Gruppe dauerhaft verweilen, um dabei Bier zu trinken. Dies ist nach seinen Angaben nicht immer, aber gerade im Sommer mitunter auch der überwiegende Zweck seines Verweilens. Er gehört damit zum Kreis der potentiell Betroffenen. Auch wenn der Antragsteller es dabei nicht darauf anlegt, Dritte erheblich zu belästigen, läuft er gleichwohl bei zunächst unauffälligem Konsum von Alkohol Gefahr, dass die Auswirkungen seines Alkoholgenusses als geeignet eingestuft werden, derartige Belästigungen hervorzurufen. Hinzu kommt, dass ihm nach seinem unwidersprochenen Vortrag am 11.10.2008 im Zusammenhang mit einer sog. Botellón-Veranstaltung eine Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 08.10.2008 ausgehändigt wurde, in der als Rechtsgrundlage u.a. die hier angegriffene Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20.11.2007 - POV - aufgeführt ist. Er ist damit bereits einmal Adressat eines auf § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV gestützten Verwaltungsakts geworden, dessen Nichtbefolgung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV als Ordnungswidrigkeit hätte geahndet werden können.
22 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
23 
2.1 Formelle Bedenken gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die die angegriffene Regelung in die Polizeiverordnung vom 20.06.1989 eingefügt worden ist, ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderats der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
24 
2.2 Die angegriffene Bestimmung ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot hinreichender Bestimmtheit.
25 
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
26 
Diesem Maßstab wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV nicht gerecht. Die darin normierten Tatbestandsmerkmale (das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen) ermöglichen keine hinreichend eindeutige Abgrenzung zwischen verbotenem und noch zulässigem Verhalten.
27 
Was mit „Lagern oder dauerhaftem Verweilen“ gemeint ist, ist allerdings der Auslegung zugänglich. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt nicht darauf ab, ob der Betroffene liegt, sitzt oder steht, während er Alkohol konsumiert. Auch das unbestimmte Merkmal „dauerhaft“ lässt sich dahingehend konkretisieren, dass ein kurzzeitiges Verweilen, um etwa den Durst mit einer Flasche Bier zu stillen, hiervon nicht erfasst sein soll. Das Verweilen muss schon so lange andauern, dass sich die Auswirkungen des Alkoholgenusses überhaupt zeigen können. Soweit „Einrichtungen wie Grillstellen u.ä.“ ebenso wie Freischankflächen von dem Verbot nicht erfasst sind, ist auch diese unbestimmte Formulierung auslegungsfähig. Denn der Begriff der Einrichtungen weist darauf hin, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung handeln muss, die - wie eine Grillstelle - dem Essen und Trinken gewidmet ist. Dies gilt etwa für Picknickareale. Andere Einrichtungen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Essen und Trinken dienen, werden von dem Verbot folglich nicht ausgenommen. Auch soweit die Verbotsnorm auf den Zweck des Verbleibens am Ort (ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses) Bezug nimmt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm. Denn dem Betroffenen ist in aller Regel bewusst, welches der (Haupt) Zweck seines dauerhaften Verweilens ist, und auch für die Vollzugsbeamten ist insoweit aufgrund äußerer Umstände, insbesondere aufgrund Art und Menge des mitgeführten Alkohols, erkennbar, ob das Verweilen ausschließlich oder überwiegend zum Alkoholgenuss erfolgt. Jedenfalls kann man sich der Zweckrichtung auch hier mit den anerkannten Auslegungsmethoden nähern.
28 
Unbestimmt ist die Norm hingegen, wenn sie den Alkoholkonsum zu beschreiben versucht, der die Verbotsfolge (schon das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses) auslösen soll. „Dessen Auswirkungen“ müssen danach „geeignet“ sein, „Dritte erheblich zu belästigen“. Der Verordnungsgeber gibt damit zu Recht im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Normenkontrollbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 146 ff.) zu erkennen, dass allein durch das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses noch kein polizeiwidriger Zustand herbei geführt wird, sondern erst durch die alkoholbedingten, mit Belästigungen Dritter verbundenen Ausfall- und Folgeerscheinungen, wie aggressives Verhalten, Verunreinigungen, ruhestörender Lärm u.ä.. Um schon im frühen Stadium - also bevor es zu Belästigungen kommt - einschreiten zu können, versucht er nun, die Fälle mit einer weit gefassten Formulierung zu erfassen, in denen es seinen Erwartungen nach zu solchen Ausschreitungen kommen wird. Die für eine inhaltlich bestimmte Normanwendung notwendigen näheren Umstände, unter denen diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, beschreibt der Normgeber hingegen nicht; möglicherweise entziehen diese sich einer Festlegung in einem abstrakten Obersatz. Das Verbot des Verweilens zum Zwecke des Alkoholgenusses wird der Sache nach unter den Vorbehalt einer weiteren Sachverhaltsfeststellung gestellt, d.h. dass in jedem Einzelfall noch eine Überprüfung stattfinden muss, ob tatsächlich eine Gefahr gegeben ist (vgl. auch Hecker, Die Regelung des Aufenthalts von Personen im innerstädtischen Raum, 1998, S. 35). Vom Normadressaten sind daher die Grenzen nicht auszumachen, ab wann bzw. unter welchen Voraussetzungen das Verweilen zum Alkoholgenuss geeignet ist, sich belästigend auf Dritte auszuwirken und Sanktionen nach sich zu ziehen. In welchen Grenzen dürfen junge Leute sich etwa auf dem beliebten Augustinerplatz niederlassen, um gemeinsam Alkohol zu trinken? Inwieweit werden feucht-fröhliche Abiturfeiern oder Junggesellenabschiedsfeiern auf öffentlichen Plätzen toleriert, wenn das Feiern im wesentlichen aus Alkoholtrinken besteht? Der Wortlaut der angegriffenen Norm gibt keine eindeutige Antwort auf diese Fragen, insbesondere auch nicht darauf, welche - bevorstehenden - Auswirkungen des Alkoholkonsums nicht mehr hingenommen werden.
29 
Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Bestimmung lassen eine klare Grenzziehung zwischen Verbotenem und Erlaubtem nicht zu. Die übrigen Verbotstatbestände des § 12 POV (Nr. 1: grob ungehöriges Belästigen oder Behindern von Personen, insbesondere in angetrunkenem Zustand; Nr. 3: das Verrichten der Notdurft; Nr. 4: das Verunreinigen) tragen zur Konkretisierung der Regelung nichts bei. Ein Vergleich mit der Verbotsnorm unter Nr. 1 macht lediglich zweierlei deutlich: Zum einen werden im Unterschied zu Nr. 1 nicht nur grob ungehörige Belästigungen erfasst, sondern bereits erhebliche Belästigungen unterhalb der unter Nr. 1 genannten Schwelle. Zum anderen soll die Verbotsnorm durch das Abstellen auf die Geeignetheit des Alkoholgenusses, Belästigungen hervorzurufen, im Sinne eines vorsorgenden Vorgehens schon dann greifen, wenn die Gefahrengrenze noch nicht überschritten ist, also lediglich die Belästigungen durch die zum Alkoholgenuss Verweilenden möglich erscheinen. Ob es zu diesen Verhaltensweisen wirklich kommen wird, steht zum Zeitpunkt des Lagerns und dauerhaften Verweilens zum Alkoholkonsum indes noch nicht fest. Vielmehr ist in der Feststellung der Geeignetheit ein Prognoseelement enthalten, das einer Einzelfall bezogenen Einschätzung bedarf und weder einen verlässlichen Vollzug noch die Erkennbarkeit der Reichweite der Norm gewährleistet.
30 
Schließlich stellt der Zweck der Regelung für den Betroffenen die Erkennbarkeit der Rechtslage ebenfalls nicht sicher. Wie in der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 zur Gemeinderatssitzung zum Ausdruck kommt, wollte die Antragsgegnerin mit dieser an die Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, BWGZ 1999, 778) angelehnten Bestimmung eine rechtliche Handhabe schaffen, um im Vorfeld den von der sog. Trinkerszene ausgehenden Belästigungen entgegen zu wirken. Wie dies rechtlich zu bewerten ist, insbesondere ob hierdurch eine vermeintlich allgemeine, aber verdeckt konkrete und allein schon deshalb unzulässige Sonderregelung zum Einschreiten gegen soziale Randgruppen geschaffen wurde (vgl. hierzu Hecker, a.a.O., S. 33), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn soweit die Antragsgegnerin allein die Belästigungen durch das „Gruppentrinken“ sozialer Randgruppen von der Verbotsnorm erfasst sehen will, kommt dies in der Regelung nicht zum Ausdruck. Sie richtet sich von ihrem Wortlaut her sowohl an Einzel- wie an Gruppentrinker. Daher bleibt für den Normunterworfenen offen, wie derjenige, der zum Zwecke des Alkoholgenusses auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen verweilt, sich verhalten muss, um dem Eindruck entgegen zu wirken, sein Alkoholkonsum werde Dritte erheblich belästigen. Auch darf es nicht dem Rechtsanwender überlassen bleiben festzustellen, ob der Alkoholkonsum regelmäßig zu einer erheblichen Belästigung Dritter führt (vgl. auch Finger, Die offenen Szenen der Städte, 2006, S. 98). Damit ist die Regelung ungeeignet, dem Betroffenen eine Leitlinie für sein Verhalten an die Hand zu geben.
31 
Der Senat verkennt nicht die Formulierungsschwierigkeiten der Polizeibehörden, die sich auf diese Weise ergeben. Diese sind jedoch nicht auf zu hohe Bestimmtheitsanforderungen zurückzuführen, sondern beruhen vielmehr auf dem Versuch der Kommunen, - einem praktischen Bedürfnis entsprechend - einen konkreten Tatbestand, der eine Entscheidung im Einzelfall erfordert, in eine generell-abstrakte Form zu gießen (vgl. auch Hecker, a.a.O., S. 31 f. <35>; Finger, Bettel- und Alkoholverbote im Spiegel der Rechtsprechung, KommJur 2006, 441 f. <445>; Deger, Handlungsformen der Polizei gegen störende Ansammlungen, VBlBW 2004, 96 f. <99>).
32 
Wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV dem rechtsstaatlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit nicht gerecht, so war die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Einer weiteren Klärung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen bedurfte es daher nicht.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 28. Juli 2009
36 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

§ 6 der Polizeiverordnung der Gemeinde Offenau gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutz der öffentlichen Grünflächen und über das Anbringen von Hausnummern in der Fassung vom 17. Februar 2009 wird für unwirksam erklärt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller, Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, wendet sich gegen die Änderung der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutz der öffentlichen Grünflächen und über das Anbringen von Hausnummern vom 17.02.2009 (polizeiliche Umweltschutzverordnung - PolVO -) sowie gegen die neu erlassene Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau. Auf dem benachbarten Grundstück ... ... betreibt die Antragsgegnerin u.a. ein Kleinspielfeld sowie eine Weitsprunganlage. Die Antragsgegnerin änderte ihre Polizeiverordnung vom 19.10.2004 durch eine mit Zustimmung des Gemeinderats erlassene Verordnung vom 17.02.2009. Dabei änderte sie u.a. die hier angegriffene Regelung des § 6 PolVO. Diese hat nunmehr folgenden Wortlaut:
§ 6
Lärm von öffentlichen Spielplätzen, Kleinspielfeld und Weitsprunganlage
(1) Die Benutzung öffentlicher Spielplätze sowie des Kleinspielfeldes und der Weitsprunganlage ist in der Zeit vom 01.04. bis 30.09. eines Jahres von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr; in der Zeit vom 01.10. bis 31.03. eines Jahres von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr erlaubt.
(2) Weitere Regelungen über die Nutzung der öffentlichen Spielplätze, des Kleinspielfeldes und der Weitsprunganlage treffen die hierfür erlassenen Benutzungsordnungen.
(3) Bei Sportplätzen bleiben die Vorschriften nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung, unberührt.
Gemäß § 25 Abs. 1 PolVO kann ein Verstoß gegen diese Bestimmungen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Die Änderungsverordnung wurde am 24.02.2009 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht und trat am 01.03.2009 in Kraft. In § 6 der Polizeiverordnung vom 19.10.2004 in der bis zum 28.02.2009 gültigen Fassung waren im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelungen enthalten; § 6 Abs. 2 PolVO a.F. bestimmte jedoch, dass die Benutzung der Kleinspielfelder an Sonn- und Feiertagen nicht erlaubt ist.
Ebenfalls am 17.02.2009 erließ der Bürgermeister der Antragsgegnerin eine „Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau“ (nachfolgend: Benutzungsordnung), die im Amtsblatt vom 24.02.2009 öffentlich bekannt gemacht wurde. Gemäß § 1 Abs. 1 gilt die Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage der Gemeinde Offenau; sie ist für alle Personen verbindlich, welche sich auf diesem Gelände aufhalten. In § 3 der Benutzungsordnung werden Benutzungszeiten für den Allgemeingebrauch, in § 6 zulässige Nutzungszeiten für den organisierten Vereinssport festgesetzt. Die in § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 der Benutzungsordnung festgesetzten Nutzungszeiten stimmen mit den in § 6 Abs. 1 PolVO geregelten überein. Darüber hinaus bestimmen § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 2 der Benutzungsordnung, dass die Benutzung des Kleinspielfeldes und der Weitsprunganlage an Sonn- und Feiertagen nicht erlaubt ist; die Gemeinde kann hiervon Ausnahmen zulassen.
Der Antragsteller hat am 22.02.2010 das Normenkontrollverfahren eingeleitet und wendet sich der Sache nach gegen die Änderung in § 6 PolVO und die neu erlassene Benutzungsordnung. Er macht geltend, dass der Normenkontrollantrag gegen die Benutzungsordnung lediglich zur Rechtswahrung gestellt werde, nachdem die Antragsgegnerin diese selbst als Satzung qualifiziere und einen hiergegen eingelegten Widerspruch als unstatthaft bezeichnet habe. Bei richtigem Verständnis stelle die Benutzungsordnung jedoch einen Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung dar. Weder werde die Benutzungsordnung in der Präambel als Satzung bezeichnet, noch sei eine Rechtsgrundlage hierfür angegeben worden. Auch fehle der für Satzungen gemäß § 4 Abs. 4 Satz 4 GemO vorgeschriebene Hinweis hinsichtlich der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften. Soweit erkennbar sei die Benutzungsordnung auch nicht der Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 4 Abs. 3 GemO angezeigt worden.
Die Bestimmung des § 6 der geänderten Polizeiverordnung sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in eigenen Rechten. Die neu getroffene Regelung von Benutzungszeiten sei bereits nicht hinreichend bestimmt und deswegen rechtswidrig. Von der vormaligen, bis Ende Februar 2009 geltenden Fassung sei entsprechend dem Wortlaut der Festsetzung die Nutzung sämtlicher Kleinspielfelder in bewohnten Gebieten der Antragsgegnerin erfasst worden. Die streitgegenständliche Fassung beziehe sich nach ihrem klaren Wortlaut nur noch auf ein Kleinspielfeld und nicht mehr auf sämtliche Kleinspielfelder im Gemeindegebiet, so dass der Regelung nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden könne, auf welche Flächen sie sich beziehe. Die Regelung über ein Kleinspielfeld ohne nähere Bezeichnung mache die Polizeiverordnung unbestimmt. Bei einem anderen Verständnis sei die Polizeiverordnung gleichfalls rechtswidrig, da es sich dann nicht mehr um eine abstrakt-generelle Regelung entsprechend den Vorgaben des § 10 PolG handele, sondern um eine Einzelfallregelung. Unabhängig hiervon sei die Änderung nicht von der angegebenen Rechtsgrundlage des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 PolG gedeckt, weil die Vorschrift konkrete Nutzungszeiten bestimme und nicht - was allein zulässig sei - ein Verbot der Benutzung zu bestimmten Zeiten festsetze. Durch die neue Polizeiverordnung werde der Antragsteller in seinen Rechten verletzt, da die Änderung eine im Verhältnis zur vormaligen Fassung weitergehende Benutzung des Spielfeldes bei der Grundschule Offenau erlaube, zumal in der neuen Fassung kein Verbot der Benutzung an Sonn- und Feiertagen mehr enthalten sei. Rein vorsorglich werde deshalb gerügt, dass der Antragsteller durch die Änderung der Polizeiverordnung und die in der darauf aufbauenden neuen Benutzungsordnung festgesetzten Nutzungszeiten des Kleinspielfeldes unzumutbaren Lärmimmissionen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG ausgesetzt sei.
10 
Der Antragsteller beantragt,
11 
1. § 6 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutz der öffentlichen Grünflächen und über das Anbringen von Hausnummern vom 19.01.2004 in der Fassung vom 17.02.2009
12 
und
13 
2. die Benutzungsordnung der Antragsgegnerin für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau vom 17.02.2009
14 
für unwirksam zu erklären.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzulehnen.
17 
Zur Begründung trägt sie vor, der Normenkontrollantrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung sowie gegen die Benutzungsordnung sei unzulässig. Zutreffend halte der Antragsteller seinen auf die Unwirksamkeit der Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau gerichteten Normenkontrollantrag mangels Vorliegens einer untergesetzlichen Rechtsvorschrift für unstatthaft. Unabhängig hiervon fehle es an der erforderlichen Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da der Antragsteller durch die angegriffene Benutzungsordnung ersichtlich nicht in eigenen Rechten verletzt werde. Weder sei der Antragsteller Adressat der angegriffenen Benutzungsordnung, noch umfassten die herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 4 GemO und die das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven die vom Antragsteller geltend gemachten immissionsschutzrechtlichen Belange. Durch den Erlass einer Benutzungsordnung werde gerade nicht festgeschrieben, was die Nachbarn dieser öffentlichen Einrichtung an Immissionen hinzunehmen hätten. Die streitgegenständliche Benutzungsordnung sei allein im öffentlichen Interesse erlassen worden, um die entstandenen Streitigkeiten über den zulässigen Nutzungsumfang klarstellend zu regeln. Insbesondere enthalte die angegriffene Benutzungsordnung im Vergleich zu ihrer Vorgängerbestimmung keine Widmungserweiterung, da bereits nach altem Recht das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage ausdrücklich dem Schul- und Vereinssport gewidmet gewesen seien. Eine auf § 4 GemO beruhende Satzung könne nicht als Regelung des Nachbarschaftsverhältnisses verstanden werden, so dass selbst bei Annahme einer Widmungserweiterung nur Regelungen hinsichtlich des kommunalrechtlichen Benutzungsverhältnisses, nicht aber bezüglich des immissionsschutz- oder baurechtlichen Nachbarschaftsverhältnisses statthaft seien. Die kommunalrechtliche Widmung enthalte gerade keine inhaltliche Regulierung des Nutzungskonflikts zwischen dem Betreiber einer öffentlichen Einrichtung und der Nachbarschaft durch Abwägung der widerstreitenden Belange. In jedem Fall fehle es dem Antragsteller aber am erforderlichen allgemeinen Rechtsschutzinteresse. Durch die angegriffene Benutzungsordnung würden Regelungen getroffen, welche die Benutzung des Kleinspielfeldes einschränkten; es werde mithin ein bestimmtes Verhalten nicht erlaubt, sondern untersagt. Insbesondere für die Vereinsnutzung schreibe die neue Benutzungsordnung einzuhaltende und damit einschränkende Verfahrensregelungen vor. Eine Nichtigerklärung dieser Festsetzungen bringe für den Antragsteller keinen Vorteil, sondern wäre gegenüber dem derzeitigen Zustand nachteilig.
18 
Aus ähnlichen Gründen sei auch der gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin in der Fassung vom 17.02.2009 gerichtete Normenkontrollantrag unzulässig. Der Antragsteller gehöre mit seinen allein geltend gemachten nachbarlichen Belangen gerade nicht zum Kreis derjenigen, die von den Regelungen der Polizeiverordnung potentiell betroffen würden. Unabhängig hiervon sei der Antrag unbegründet, da die Polizeiverordnung materiell mit höherrangigem Recht im Einklang stehe. Sie sei entgegen der Auffassung des Antragstellers inhaltlich hinreichend bestimmt. Bereits aufgrund des Wortlautes von § 6 PolVO stehe fest, dass von dieser Vorschrift allein das Kleinspielfeld bei der Grundschule Offenau erfasst sein solle. Die beanstandete Regelung in § 6 PolVO sei auch von § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 PolG gedeckt. Die Vorschrift lasse mit hinreichender Bestimmtheit erkennen, was von den Betroffenen verlangt werde, nämlich die Benutzung des Kleinspielfeldes und öffentlicher Spielplätze in der Zeit vom 01.04. bis zum 30.09. eines Jahres zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr sowie zwischen 20.00 Uhr und 08.00 Uhr und in der Zeit vom 01.10. bis 31.03. eines Jahres in der Zeit zwischen 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr und zwischen 18.00 Uhr und 08.00 Uhr zu unterlassen. Bei der gebotenen Auslegung sei der Bestimmung deshalb zu entnehmen, dass sie nicht die zulässigen Nutzungszeiten regele, sondern ein Verbot der Benutzung in den oben angegebenen Zeiten enthalte.
19 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
20 
Die Entscheidung ergeht gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO durch Beschluss. Die Sach- und Rechtslage lässt sich anhand der Akten und der gewechselten Schriftsätze abschließend beurteilen. Der Senat hält daher eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu dieser Verfahrensweise zu äußern und haben sich mit einer Entscheidung über den Normenkontrollantrag durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich einverstanden erklärt.
21 
Der Normenkontrollantrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung ist zulässig und begründet (dazu unter 1.); der Antrag gegen die Benutzungsordnung ist bereits unzulässig (dazu unter 2.).
22 
1. Der Normenkontrollantrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin vom 17.02.2009 ist zulässig (dazu unter 1.1), er hat darüber hinaus auch in der Sache Erfolg (dazu unter 1.2).
23 
1.1 Der Antrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt, da sich der Antragsteller der Sache nach lediglich gegen die am 17.02.2009 erfolgte Änderung vor allem des § 6 PolVO, nicht aber gegen die ursprüngliche Verordnung vom 19.10.2004 wendet.
24 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der Antragsteller gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Für die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind dabei keine höheren Anforderungen zu stellen als bei der Regelung der Klagebefugnis in § 42 Abs. 2 VwGO, an der sich der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 47 Abs. 2 VwGO orientiert hat. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. zuletzt mit zahlreichen weiteren Nachweisen Beschluss vom 29.12.2011 - 3 BN 1.11 - juris). Beim Erlass der angegriffenen untergesetzlichen Rechtsnorm muss demnach die Heranziehung von Rechtssätzen in Betracht kommen, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation des Antragstellers zu dienen bestimmt sind. Maßgeblich ist, ob nach der gesetzlichen Ermächtigung oder nach den das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven (und nicht nur aus Zweckmäßigkeitsgründen) Belange der von dem Antragsteller geltend gemachten Art bei der Normsetzung zu berücksichtigen sind (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27.07.1998 - 22 N 98.940 - NVwZ-RR 1999, 265). Dies ist hier der Fall. Wie sich den Verwaltungsakten und insbesondere den Vorlagen zu den einschlägigen Gemeinderatssitzungen entnehmen lässt, traf die Antragsgegnerin die Einschränkung der Benutzungszeiten für die Spielplätze und das Kleinspielfeld nicht ausschließlich im öffentlichen Interesse, sondern zumindest auch zum Schutz der betroffenen Nachbarn. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat hier ausdrücklich eine Abwägung der Interessen der die Anlage nutzenden Allgemeinheit bzw. der Sportvereine auf der einen Seite und der von den Lärmimmissionen betroffenen Nachbarn auf der anderen Seite vorgenommen, wodurch letzteren ein gewisser Mindestschutz vor Immissionen gewährt werden sollte.
25 
Schließlich kann dem Antragsteller auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung nicht abgesprochen werden. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt immer dann, wenn der Antragsteller durch die Nichtigerklärung der Norm seine Rechtsstellung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb unter jedem Gesichtspunkt nutzlos ist. Die Nutzlosigkeit muss mithin eindeutig sein (vgl. hierzu allgemein Senatsurteil vom 14.02.2012 - 10 S 1115/10 - juris). Dies ist in der hier vorliegenden Fallgestaltung, anders als in der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27.09.1999 (1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457) entschiedenen Konstellation, nicht der Fall. Dabei braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob bei Nichtigerklärung der Neuregelung in § 6 PolVO in der Fassung vom 17.02.2009 die - für den Antragsteller in gewisser Hinsicht günstigere - Vorläuferbestimmung des § 6 PolVO in der Fassung vom 19.10.2004 automatisch wieder aufleben würde und ob die Vorläuferbestimmung trotz ihrer fast wortgleichen Formulierung in Anbetracht der nachstehenden Erwägungen gültig ist. Denn ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Normenkontrollantrag folgt bereits daraus, dass bei einer Nichtigerklärung von § 6 der neu gefassten Polizeiverordnung nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragsgegnerin eine neue, für den Antragsteller günstigere Regelung treffen wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Rechtsschutzbedürfnis auch dann anzuerkennen, wenn ein Normgeber ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das die Prognose rechtfertigt, er werde unabhängig davon, ob er hierzu rechtlich verpflichtet ist oder nicht, bei Erfolg des Normenkontrollantrags eine Neuregelung treffen, die für den Antragsteller möglicherweise günstiger ist (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613). Dies ist hier der Fall, da das Verhalten der Antragsgegnerin in der Vergangenheit gezeigt hat, dass sie die divergierenden Belange der Benutzer von Spielplätzen bzw. des Kleinspielfeldes sowie der von Lärmimmissionen betroffenen Anwohner in einen gerechten Ausgleich bringen und hierzu Mindestregelungen treffen will.
26 
1.2 Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Bestimmung des § 6 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin, auf deren Überprüfung der Antragsteller seinen Normenkontrollantrag der Sache nach in zulässiger Weise beschränkt hat, ist für unwirksam zu erklären.
27 
1.2.1 Formelle Bedenken gegen § 6 PolVO bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die § 6 PolVO neu gefasst wurde, ist, wie sich aus den vorgelegten Behördenakten ergibt, mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen worden (§ 15 Abs. 2 PolG) und dem Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
28 
1.2.2 Die angegriffenen Regelungen in § 6 PolVO entbehren einer tragfähigen Ermächtigungsgrundlage, da sie von den angegebenen Bestimmungen der § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 PolG nicht gedeckt sind.
29 
Als Ermächtigungsgrundlage einer als Polizeiverordnung erlassenen Regelung ist ausschließlich die in ihrer Präambel als Grundlage genannte gesetzliche Bestimmung maßgebend. Darauf, ob eine inhaltsgleiche Regelung auf eine andere Ermächtigungsgrundlage gestützt werden könnte, kommt es nicht an. Denn eine Polizeiverordnung muss das Gesetz, also die Rechtsgrundlage angeben, die zu ihrem Erlass ermächtigt (Art. 61 Abs. 1 Satz 3 LV, § 12 Abs. 1 Nr. 1 PolG). Diese Formvorschrift hat dergestalt zwingenden Charakter, dass die Gültigkeit der Verordnung - auch - davon abhängig ist, ob die in ihr selbst bezeichneten Rechtsgrundlagen hinreichende Ermächtigungsgrundlagen für ihren Erlass sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.03.1997 - 1 S 892/95 - NVwZ 1998, 764).
30 
Die Generalermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG stellt für § 6 PolVO keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar. Denn die Antragsgegnerin hat in § 6 Abs. 1 PolVO nicht - was von dieser Rechtsgrundlage allein gedeckt ist - zur Abwehr von Gefahren die Nutzung der öffentlichen Einrichtungen zu bestimmten Zeiten verboten, sondern eine abschließende Nutzungsregelung in der Weise getroffen, dass konkrete Nutzungszeiten positiv festgesetzt worden sind. Eine derartige Regulierung des Konflikts zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an der Nutzung einer öffentlichen Einrichtung und dem Ruhebedürfnis der Anwohner durch Festsetzung von verbindlichen Nutzungszeiten ist auf der Grundlage des Polizeigesetzes indes nicht zulässig.
31 
Eine Polizeiverordnung darf nach § 10 Abs. 1 Satz 1 PolG i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG nur erlassen werden, um von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedroht wird, und um Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Eine Polizeiverordnung darf demnach ausschließlich Verbotsregelungen und Gebote aufstellen. Durch eine Polizeiverordnung wird nicht etwa verbotenes Verhalten erlaubt, sondern es wird aus Gründen der Gefahrenabwehr ein bestimmtes Verhalten untersagt oder gefordert. Das Normenkontrollgericht hat deshalb bei der Entscheidung über die Gültigkeit einer Polizeiverordnung ausschließlich zu prüfen, ob die darin enthaltenen Normen durch die ein polizeiliches Einschreiten - generalisierend und typisierend - ermächtigenden Regelungen in § 1 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 PolG gedeckt sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.09.1999 - 1 S 1226/99 - a.a.O.). Durch eine Polizeiverordnung kann daher keine abschließende Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass verbindliche Nutzungszeiten festgelegt werden. Vielmehr bestimmt sich der zulässige Nutzungsumfang in erster Linie aus dem Zweck der öffentlichen Einrichtung, wie er durch die Widmung zum Ausdruck gebracht worden ist, ggf. durch eine ausgestaltende Benutzungsregelung, und im Übrigen durch die sonstigen allgemeinen Gesetze, vor allem das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die auf seiner Grundlage erlassenen einschlägigen Verordnungen. Keiner Klärung bedarf im vorliegenden Fall, ob durch Polizeiverordnung ein Mindestschutz der betroffenen Anwohner vor Geräuschimmissionen dergestalt sichergestellt werden darf, dass die Nutzung zu bestimmten Zeiten untersagt wird oder ob auch einer derartigen Verbotsregelung der Vorrang immissionsschutzrechtlicher Bestimmungen entgegensteht (vgl. hierzu in anderem Zusammenhang VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.03.1997 - 1 S 892/95 - a.a.O.). Denn den dargelegten, für eine Polizeiverordnung geltenden, Vorgaben wird die Regelung in § 6 Abs. 1 PolVO bei der vorzunehmenden objektiven Auslegung aus der Sicht eines durchschnittlichen Benutzers nicht gerecht.
32 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann die Regelung des § 6 Abs. 1 PolVO auch im Wege der Auslegung nicht dahingehend verstanden werden, dass die Benutzung öffentlicher Spielplätze sowie des Kleinspielfeldes in der Sommerzeit vom 01.04. bis 30.09. eines Jahres zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr sowie zwischen 20.00 Uhr und 08.00 Uhr und in der Winterzeit vom 01.10. bis zum 31.03. eines Jahres in der Zeit von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr und zwischen 18.00 Uhr und 08.00 Uhr verboten sein soll. Zwar steht das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit einer Norm einer Auslegung von in einer Polizeiverordnung enthaltenen Bestimmungen nicht schlechterdings entgegen. Jedoch müssen sich auch dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf durch etwaige Unklarheiten nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten oder von Dritten wirkt, desto höher sind die Anforderungen an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348 <375 f.>; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2009 - 1 S 2340/08 - VBlBW 2010, 33). Daraus folgt, dass der Auslegung von in Polizeiverordnungen enthaltenen Bestimmungen jedenfalls dann enge Grenzen gesetzt sind, wenn - wie hier gemäß § 25 Abs. 1 PolVO - etwaige Verstöße bußgeldbewehrt sind.
33 
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist bei der gebotenen Auslegung davon auszugehen, dass die Gemeinde eine - von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckte und unzulässige - abschließende Festsetzung positiver Nutzungszeiten der Einrichtung vorgenommen hat, nicht jedoch ein Verbot der Benutzung zu den jeweiligen reziproken Zeiten. Für dieses Verständnis sprechen bereits in erheblichem Maße der Wortlaut von § 6 Abs. 1 PolVO, daneben jedoch auch systematische Erwägungen. So spricht § 6 Abs. 1 PolVO ausdrücklich davon, zu welchen Zeiten die „Benutzung“ der betreffenden Einrichtungen „erlaubt“ ist. Dies ist eine klassische Formulierung für eine - kommunalrechtliche - Benutzungsregelung, nicht jedoch für eine repressive polizeirechtliche Bestimmung. Die von der Antragsgegnerin vorgeschlagene Auslegung, dass ein Verbot der Nutzung zu den jeweils reziproken Zeiten verfügt worden sei, setzt sich über den insoweit eindeutigen Wortlaut der Regelung in § 6 Abs. 1 PolVO hinweg und überschreitet die Grenze der Erkennbarkeit der Rechtslage. Unabhängig hiervon wird das oben vertretene Auslegungsergebnis bei einer systematischen Betrachtung bestätigt. Die Binnensystematik von § 6 PolVO bestätigt den Wortlautbefund, indem § 6 Abs. 2 PolVO „weitere Regelungen über die Nutzung...“ erwähnt. Bereits dieser Zusammenhang spricht dafür, dass auch Absatz 1 der Bestimmung als „kommunalrechtliche“ Nutzungsregelung verstanden werden muss, nicht jedoch als repressives polizeirechtliches Verbot. Die Gesamtsystematik des einschlägigen Ortsrechts bestätigt diese Auslegung. Die Benutzungsordnung erstreckt sich nach ihrem § 1 Abs. 1 (wie § 6 Abs. 1 PolVO) auf das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage. § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 der Benutzungsordnung sprechen mit identischem Wortlaut wie § 6 Abs. 1 PolVO davon, dass die „Benutzung“ der Anlage zu den angegebenen Zeiten (die ebenfalls mit den in § 6 Abs. 1 PolVO geregelten identisch sind) „erlaubt“ ist. Vor dem Hintergrund dieser identischen Formulierungen erscheint es fernliegend, die verwendete Formulierung „Benutzung ... erlaubt“ einmal als kommunalrechtliche Benutzungsregelung, in dem hier in Rede stehenden Zusammenhang hingegen als Gefahrenabwehrnorm zu verstehen, zumal beide Regelungen am gleichen Tag erlassen worden sind. Vielmehr hat der Normgeber in beiden Ordnungen bei der erforderlichen objektiven Auslegung kommunalrechtliche Benutzungsregelungen getroffen, mithin eine abschließende positive Festsetzung von Nutzungszeiten der Einrichtung vorgenommen.
34 
Wird § 6 PolVO von der herangezogenen Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt, so ist die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Die Unwirksamkeitserklärung kann sich dabei nicht auf Absatz 1 der Bestimmung beschränken, da die weiteren Bestimmungen in den Absätzen 2 und 3 keine selbständige Regelung enthalten und für sich gesehen keinen Bestand haben können.
35 
2. Der Normenkontrollantrag gegen die Benutzungsordnung ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO unstatthaft, da er sich nicht gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift wendet. Wie der Antragsteller selbst erkennt, handelt es sich bei der „Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau“ nicht um eine Rechtsnorm. Fehl geht insbesondere die ursprünglich von der Antragsgegnerin im Benehmen mit der Rechtsaufsichtsbehörde vertretene Auffassung, dass es sich bei der Benutzungsregelung um eine in der Form der Satzung getroffene Widmungseinschränkung der öffentlichen Einrichtung handle.
36 
Gegen eine Satzungsqualität der Benutzungsordnung sprechen vor allem formale, daneben aber auch inhaltliche Gesichtspunkte. So wurde die Benutzungsordnung nicht - wie allgemein üblich - in der Präambel oder in ihrem Text als Satzung bezeichnet; weder in der Überschrift noch im sonstigen Kontext findet sich ein Hinweis auf eine Satzungsermächtigung, den Beschlussvorgang und das Beschlussdatum. Ferner fehlt am Ende der bei Satzungen gemäß § 4 Abs. 4 GemO vorgeschriebene Hinweis hinsichtlich der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften und deren Rechtsfolgen sowie ein Verweis auf die Aufhebung alter Vorschriften und die Ausfertigungsformel. Auch wurde die Benutzungsordnung nicht - wie bei Satzungen vorgeschrieben - der Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 GemO angezeigt. Den von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsakten lässt sich entnehmen, dass lediglich die Änderung der Polizeiverordnung mit Schreiben vom 19.05.2009 gegenüber dem Landratsamt Heilbronn angezeigt wurde, nicht jedoch die Benutzungsordnung. Im Übrigen dürfte eine Ausfertigung der Benutzungsordnung als Satzung nicht erfolgt sein. Für eine Satzungsqualität der Benutzungsregelung könnte allenfalls deren Gliederung in Paragraphen sprechen, die üblicherweise lediglich bei Rechtsnormen vorgenommen wird. Angesichts der oben aufgezählten zahlreichen, gegen eine Satzungsqualität sprechenden Gesichtspunkte kann bei der vorzunehmenden Auslegung jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin eine Regelung mit Rechtsnormcharakter treffen wollte. Vielmehr handelt es sich bei der Benutzungsordnung deshalb der Form nach um einen Verwaltungsakt in Gestalt einer Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 3. Alt. LVwVfG.
37 
Im Übrigen dürfte es sich bei der Regelung auch inhaltlich um eine Allgemeinverfügung im Sinne dieser Bestimmung handeln, denn sie schränkt den widmungsgemäßen Gebrauch der öffentlichen Einrichtung ein. Die Widmung selbst ist ein Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 2 3. Alt. LVwVfG, so dass Modalitäten der Widmung durch Verwaltungsakt, soweit sie nicht den grundsätzlichen Zulassungsanspruch zur gemeindlichen Einrichtung betreffen, geregelt werden können (vgl. hierzu näher VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.04.1994 - 1 S 1081/93 - NVwZ 1994, 920). Auch dürften jedenfalls § 3 und § 6 der angegriffenen Benutzungsordnung alle sonstigen Merkmale eines Verwaltungsakts in der Form der Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 3. Alt. LVwVfG erfüllen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 26.06.1986 - 1 S 2448/85 - VBlBW 1987, 137; sowie vom 13.03.1987 - 5 S 2079/86 - VBlBW 1987, 377). Die Bestimmungen regeln die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung und sind damit auf eine hinreichend konkret bezeichnete öffentliche Sache gerichtet. Ferner haben jedenfalls die hier in Rede stehenden Bestimmungen der § 3 und § 6 der Benutzungsordnung Regelungscharakter mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen, denn sie zielen auf die Setzung einer Rechtsfolge und erschöpfen sich nicht lediglich in unverbindlichen Hinweisen. Der Senat hat in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob die Antragsgegnerin sämtliche materiell getroffenen Regelungen in der tatsächlich herangezogenen Handlungsform vornehmen durfte.
38 
Wie zwischen den Beteiligten nicht mehr ernsthaft umstritten ist, handelt es sich bei der Benutzungsordnung deshalb jedenfalls der Form nach um einen Verwaltungsakt in der Gestalt einer Allgemeinverfügung, gegen den Rechtsschutz nicht im Wege des Normenkontrollverfahrens gemäß § 47 VwGO, sondern durch Widerspruch und Anfechtungsklage nachzusuchen ist. Das Landratsamt ist deshalb gehalten, über den am 11.03.2009 gegen die Benutzungsordnung eingelegten Widerspruch zu entscheiden.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen Gestaltungsvorschriften in der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin ist im Zuge der kommunalen Gebietsreform im Jahre 1975 durch den Zusammenschluss der ehemals selbstständigen Stadt Korntal mit der Gemeinde Münchingen entstanden. Die beiden Stadtteile sind weiterhin räumlich getrennt und nicht baulich zusammengewachsen. Die Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte beträgt ca. 5 km. Die Antragsgegnerin unterhält in beiden Stadtteilen je einen Friedhof. Nachdem der alte Korntaler Friedhof belegt war, wurde 1963 dort ein neuer Friedhof angelegt. Er besteht aus zwei Teilen. An den von der Evangelischen Brüdergemeinde unterhaltenen Friedhof schließt sich, nur durch eine von Durchgängen unterbrochene Hecke abgetrennt, der städtische Friedhof an. Auf beiden Teilen finden sich bislang - mit einer nicht genehmigten Ausnahme im kirchlichen Teil und abgesehen von Urnengräbern im städtischen Teil - ausschließlich Grabmale, die der althergebrachten sogenannten „Korntaler Ordnung“ - schrägstehende einfache Grabsteine aus steinmetzmäßig bearbeitetem Naturstein in den Maßen von 50x65 cm bzw. 50x85 cm - entsprechen. Die Stadt Korntal hatte bereits 1970 in ihrer Friedhofsatzung ein Grabfeld zur freien Grabgestaltung bestimmt; dies galt auch für die bis zum Jahr 2004 gültige Friedhofsatzung der Antragsgegnerin, in der getrennte Bestattungsbezirke für die beiden Stadtteile vorgeschrieben waren; allerdings waren Grabfelder für eine abweichende Gestaltung mangels Nachfrage im Friedhofsplan nicht ausgewiesen.
Die jetzt geltende Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 02.12.2004 enthält, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, folgende Bestimmungen:
§ 14
Auswahlmöglichkeiten
        
(1) Auf den Friedhöfen werden Grabfelder mit allgemeinen und - soweit ein Bedürfnis besteht - Grabfelder mit besonderen Gestaltungsvorschriften eingerichtet.
(2) Wenn eine Auswahlmöglichkeit gegeben ist, bestimmt der Antragsteller bei der Zuweisung einer Grabstelle, ob diese in einem Grabfeld mit allgemeinen oder mit besonderen Gestaltungsvorschriften liegen soll. Wird von dieser Auswahlmöglichkeit nicht rechtzeitig vor der Bestattung Gebrauch gemacht, so kann das Bürgermeisteramt - Friedhofsamt - die Bestattung in einem Grabfeld mit besonderen Gestaltungsvorschriften durchführen lassen.
§ 15
Allgemeine Gestaltungsvorschriften
(…)
        
§ 20
Besondere Vorschriften für den Friedhof Korntal
(1) Für den Friedhof Korntal gelten bei der Aufstellung von Grabzeichen besondere Gestaltungsvorschriften.
(2) Auf Reihen- und Wahlgräbern für Erdbestattungen sind die Grabmäler einheitlich nach der in Form und Größe althergebrachten Korntaler Ordnung als schrägstehende einfache Grabsteine aus steinmetzmäßig bearbeitetem Naturstein auszubilden. Die Neigung hat etwa 50 Grad, die Höhe 50 cm und die Breite 65 cm, bei doppelbreiten Gräbern 85 cm zu betragen. Die Stärke muss in einem guten Verhältnis zu Höhe und Breite stehen. Die Grabsteine sind auf Unterlagen zur Schrägstellung (Steller) nach der Typenbezeichnung des Bürgermeisteramts - Friedhofsamt - zu stellen.
10 
(3) Auf Aschenstätten sind die Grabmäler einheitlich als liegende Platten aus steinmetzmäßig bearbeitetem Naturstein auszubilden und in der Größenordnung von 50 cm Länge, 45 cm Breite und 15 cm Höhe herzustellen. Die Platten sind der Länge nach auf das Grab zu legen; sie dürfen keine Unterlagen erhalten.
11 
(4) Inschriften, Schmuckform und symbolische Darstellungen müssen sich in Form, Größe und Verteilung dem Grabmal anpassen.
12 
(5) Wahlgräber sind einstellige Tiefgräber. In einem Tiefgrab sind bei gleichzeitig laufender Ruhezeit nur zwei Bestattungen übereinander zulässig.
13 
(6) Das Bürgermeisteramt - Friedhofsamt - legt Plattenwege als Grabeinfriedungen zwischen den Grabstätten.
14 
§ 21
Besondere Gestaltungsvorschriften für den Friedhof Münchingen
        
15 
(1) Im neuen Teil des Friedhofes, in den Abteilungen -05-14- dürfen keine Grabeinfriedungen angebracht werden. Das Bürgermeisteramt - Friedhofsamt - legt Plattenwege als Grabeinfriedungen zwischen den Grabstätten an. Grabmäler dürfen eine Höhe von 1,40 m nicht überschreiten.
16 
Der Antragsteller hat 2001 das Nutzungsrecht an der Wahlgrabstätte Abteilung F Nr. 66 auf dem städtischen Friedhof in Korntal erworben; dort ist seine Ehefrau bestattet. Mit Schreiben vom 31.05.2005 stellte er einen Antrag auf Errichtung eines Grabmals in der Höhe von 110 cm, einer Breite von 40 cm und einer Stärke von 20 cm aus geschliffenem, gelblichem Hartsandstein. Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 01.07.2005 unter Verweis auf die gestalterischen Vorgaben der Friedhofssatzung vom 02.12.2004 abgelehnt; auch nach der zuvor geltenden Fassung der Friedhofsatzung hätte jedenfalls für das erworbene Nutzungsrecht die besonderen Gestaltungsvorschriften gegolten. Über den form- und fristgerecht eingelegten Widerspruch wurde bisher nicht entschieden.
17 
Am 21.10.2005 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt: Die Satzung der Antragsgegnerin erfülle nicht die Anforderungen an die sogenannte Zweifelderwirtschaft. Die Antragsgegnerin habe sich bei den Gestaltungsvorschriften die Ansichten der Brüdergemeinde zu Eigen gemacht, ohne die allgemeine Handlungsfreiheit der Bürger zu berücksichtigen. Der Verweis auf den Friedhof in Münchingen genüge nicht, denn auch wenn dort keine besonderen Gestaltungsvorschriften gälten, so sei es doch üblich, im eigenen Teil der Gemeinde bestattet zu werden, zumal die Antragsgegnerin nur eine künstlich geschaffene Verwaltungseinheit und der andere Friedhof 5 km entfernt sei.
18 
Der Antragsteller beantragt,
19 
§ 20 Abs. 2 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 20. Dezember 2004 für unwirksam zu erklären.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie trägt vor: Die besonderen Gestaltungsvorschriften verstießen nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit der Bürger. Es sprächen besondere Gründe dafür, auf dem kommunalen Friedhof in Korntal keine Wahlgräber mit freier Gestaltungsmöglichkeit zuzulassen. Den Bürgern stehe in Münchingen ein Friedhof zur Verfügung, der von gestalterischen Vorgaben frei sei; er sei in zumutbarer Zeit auch von Korntal aus zu erreichen. Die „althergebrachte Korntaler Ordnung“ spiegele die kulturhistorische Entwicklung der Stadt Korntal wider, die aus einer Siedlung der Brüdergemeinde hervorgegangen sei. Die Grabgestaltung in ihrer einfachen und unauffälligen Form sei Ausdruck der von bescheidener Lebensführung und nicht von großen sozialen Unterschieden geprägten historischen Gemeinschaft. Selbst als eine freie Gestaltung möglich gewesen sei, seien keine derartigen Anträge gestellt worden, worin das Selbstverständnis der Korntaler Bürger zum Ausdruck komme. Ein individuell gestaltetes Grabmal würde diese Korntaler Ordnung zerstören.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
24 
Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafte Antrag ist auch im Übrigen gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig. Er wahrt die Zwei-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung (§ 195 Abs. 7 VwGO). Die erforderliche Antragsbefugnis ergibt sich aus der Möglichkeit einer Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG; denn die allgemeine Handlungsfreiheit umfasst auch den Wunsch naher Angehöriger eines Verstorbenen, des Toten nach eigenen Vorstellungen zu gedenken und hierzu auch Grabmale nach eigener Gestaltung zu errichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 - 3 C 26.03 -, BVerwGE 121, 17 <19> m.w.N.). Dieses Recht wird durch die Friedhofssatzung beschränkt. Der Antragsteller ist als Inhaber eines Nutzungsrechts an einer auf dem gemeindlichen Friedhof gelegenen Grabstelle von den angegriffenen Bestimmungen unmittelbar betroffen.
II.
25 
Der Antrag ist nicht begründet. Die angegriffenen Gestaltungsvorschriften wahren die Grenzen der der Antragsgegnerin durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 BestattG i.V.m. § 4 GemO eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis; sie verstoßen nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben.
26 
1. Die Angehörigen sind in Ausübung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG grundsätzlich frei, die Grabstätte nach ihren eigenen Anschauungen von Pietät, Ästhetik und Zweckmäßigkeit zu gestalten. Diese Befugnis findet ihre Schranken im Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, d.h. durch formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehenden Normen. Hierzu gehören zunächst diejenigen Gestaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um eine der Würde des Ortes entsprechende Gestaltung der Grabstätten sicherzustellen und den Friedhofsbesuchern ein ungestörtes Totengedenken zu ermöglichen (st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt Urteil vom 16.10.1996 - 1 S 3164/95 -, ESVGH 47, 81 <82> m.w.N.). Diese - im Rahmen des Friedhofszwecks gebotenen - Beschränkungen sind hinzunehmen; sie sind zulässig, weil sie eine würdige Ruhestätte gewährleisten. Daneben sind ebenso anzuerkennen Regelungen, die der Verkehrssicherheit dienen und - etwa durch das Verbot von Grababdeckungen - je nach Bodenbeschaffenheit die Verwesung begünstigen (vgl. Urteil des Senats vom 13.12.1993 - 1 S 428/93 -, NVwZ 1994, 793). Derartige sogenannte allgemeine, der Verwirklichung des Friedhofszwecks dienende Gestaltungsvorschriften enthält § 20 der Friedhofssatzung nicht.
27 
2. Auf den Erlass von Bestimmungen, die vom Friedhofszweck gefordert sind, ist die Gemeinde als Friedhofsträger aber nicht beschränkt. Vielmehr ist sie auch befugt, im Rahmen des ihr zustehenden normativen Ermessens strengere - sogenannte besondere - Gestaltungsvorschriften zu erlassen, wenn dadurch etwa bestimmte ästhetische Vorstellungen verwirklicht oder eine mehr oder weniger einheitliche Anlage wie z.B. ein Park- oder Waldfriedhof geschaffen werden sollen. Die damit einhergehende Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit ist nur zulässig, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Die besonderen Gestaltungsvorschriften müssen demnach durch einen legitimen Zweck gedeckt sein und dürfen die Rechte der Friedhofsbenutzer nicht in einem Maße beschränken, das außer Verhältnis zu Gewicht und Bedeutung des verfolgten Zweckes steht. Je nach dem Ausmaß der Beschränkung individueller Gestaltungsspielräume kann der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz es gebieten, den Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, an anderer Stelle ein Grabmal nach eigenen Wünschen aufzustellen, sofern dieses nicht verunstaltend wirkt. Die Gemeinde muss dann rechtlich und tatsächlich gewährleisten, dass auf anderen Friedhofsteilen bzw. Friedhöfen im Gemeindegebiet Grabfelder zur Verfügung stehen, für die allein die allgemeinen - durch den Friedhofszweck geforderten - Gestaltungsvorgaben gelten (vgl. Senatsurteil vom 16.10.1996 - 1 S 3164/95 -, ESVGH 47, 81 <82 f.>; BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 - 3 C 26.03 -, BVerwGE 121, 17 <20>).
28 
a) Die Antragsgegnerin hat die besonderen Gestaltungsvorschriften für den Friedhof Korntal zu Recht als einschneidend und gewichtig eingestuft und folglich Ausweichmöglichkeiten als zwingend notwendig erachtet. Die Friedhofsatzung sieht sogenannte „gestaltungsfreie“ Grabfelder für die Einwohner des gesamten Gemeindegebiets auf dem Friedhof im Stadtteil Münchingen vor. Damit ist dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Genüge getan.
29 
Wo der in der Rechtsprechung des Senats geforderte Ausgleich stattzufinden hat, kann nicht einheitlich beantwortet werden. In Betracht kommen sowohl ein Teil desselben Friedhofs, ein anderer Friedhof innerhalb desselben Stadtteils oder ein Friedhof in einem anderen Ortsteil. Dies richtet sich insbesondere danach, ob und inwieweit es für den verfolgten Gestaltungszweck eine besondere Rechtfertigung gibt. Je weniger Gewicht diesem Zweck beigemessen werden kann, umso strenger sind die Maßstäbe, die an die Ausweichmöglichkeit anzulegen sind. Hierbei ist grundsätzlich zu beachten, dass der Friedhofsbesuch, insbesondere durch die Angehörigen, nicht übermäßig erschwert werden darf. Den Angehörigen kann nur unter besonderen Voraussetzungen angesonnen werden, auf die Bestattung eines Verstorbenen auf dem örtlichen Bezugsfriedhof zu verzichten und auf einen anderen Friedhof innerhalb der Gemeinde auszuweichen. Die Beachtung dieser Grundsätze führt in der Regel dazu, dass die Wahlmöglichkeit auf dem Friedhof selbst bestehen muss, wenn es dem Friedhofsträger allein um die Durchsetzung bestimmter ästhetischer Vorstellungen geht, die zudem dem Wandel unterliegen können.
30 
b) Ausnahmen von der Maßgeblichkeit des üblichen Bezugsfriedhofs sind indessen dann anzuerkennen, wenn der Gestaltungszweck - wie hier - von einer besonderen Rechtfertigung getragen wird.
31 
Der Bewahrung der Tradition der „althergebrachten Korntaler Ordnung“ kommt eine Bedeutung zu, die bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen ein Ausweichen auf die „gestaltungsfreien“ Grabfelder des Friedhofs in Münchingen als noch zumutbar erscheinen lässt.
32 
Die in § 20 Abs. 2 FS vorgeschriebene besondere Art der Grabmalgestaltung geht zurück auf die Gründer der Stadt Korntal, ein Brüderkollegium zu Beginn des 19. Jahrhunderts, und beruht auf der „Kirchenordnung der privilegierten evangelisch-lutherischen Brüdergemeinden Korntal und Wilhelmsdorf“. Wie in der Präambel der Friedhofsordnung der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal ausgeführt wird, bringt die schlichte und einheitliche Form der Grabsteine zum Ausdruck, dass nach christlichem Verständnis mit der Anlage von Gräbern kein Totenkult verbunden sei und keine Denkmäler für Verstorbene und deren besondere Verdienste aufgerichtet werden sollten; mit den einfachen Grabsteinen werde vielmehr angezeigt, dass vor Gott alle Menschen gleich seien. In diese Tradition, die das Erscheinungsbild des alten Korntaler Friedhofs ebenfalls prägt, stellt sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin, um die historisch begründete Identität der Stadt Korntal zu betonen. Mit diesem Anliegen, das über rein ästhetische, dem Zeitgeist unterliegende Erwägungen hinausgeht, verfolgt die Antragsgegnerin einen legitimen Zweck. Der spezifisch religiös-konfessionelle Bezug hindert die öffentliche Gewalt auch im weltanschaulich neutralen Staat nicht, solche Traditionspflege zu betreiben. Denn die historisch gewachsene kulturelle Identität eines Gemeinwesens muss seine religiösen Wurzeln nicht verleugnen. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass die Tradition doch auf dem brüdergemeindeeigenen Friedhof - und dort zugleich mit dem ungeschmälerten inhaltlichen Bezug - gepflegt werde; denn die beiden Friedhöfe prägen sich durch ihre unmittelbare Nähe gegenseitig.
33 
Der Zulässigkeit der Zwecksetzung steht auch nicht entgegen, dass die Friedhofsnutzer durch die Korntaler Ordnung sehr strengen Vorschriften unterworfen werden, die individuelle Gestaltungsmöglichkeiten bei den äußeren Maßen der Grabmäler völlig ausschließen. Denn ungeachtet des strikt vorgegebenen Formats sind die Grabmäler nicht völlig uniformisiert: Eine individualisierende Prägung des Grabmals kann durch den verwendeten Stein und die Beschriftung erfolgen.
34 
Bei der Gewichtung des gestalterischen Zwecks und der Verfolgung des Ziels der Bewahrung eines gänzlich einheitlichen Erscheinungsbildes der beiden Korntaler Friedhöfe durfte der Satzungsgeber im Jahr 2004 auch berücksichtigen, dass unter der Geltung der alten Satzung ein Bedarf an „gestaltungsfreien“ Grabstellen nicht geltend gemacht worden ist und die spezifische Gestaltung des Friedhofs offensichtlich von einem großen Konsens getragen wird (vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 26.05.2000 - 19 A 2015/99 - Rz. 62 ff.). Auch wenn, wie der Antragsteller vorträgt, er bei der Auswahl einer Grabstätte über die Möglichkeit der Einrichtung eines „gestaltungsfreien“ Grabfeldes nicht informiert worden ist, fehlt es doch an Hinweisen, dass die Traditionspflege in einem Maße auf Ablehnung und Widerstand gestoßen sein könnte, das die Antragsgegnerin zu einer anderen Entscheidung über Ausweichmöglichkeiten auch in Korntal selbst hätte veranlassen müssen.
35 
Angesichts dieser Umstände ist ein Ausweichen auf den Münchinger Friedhof auch für die Bewohner von Korntal nicht unzumutbar. Zwar ist ein Besuch des dortigen Friedhofs von Korntal aus aufgrund der Entfernung insbesondere bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit gewissen Erschwernissen verbunden; doch ist der Friedhof gerade über die Bahnhaltestelle Münchingen-Rührberg gut erschlossen. Da die Antragsgegnerin nach der mittlerweile über drei Jahrzehnte zurückliegenden kommunalen Gebietsreform eine einheitliche politische Gemeinde ist, kann schließlich nicht davon die Rede sein, dass derjenige, der sich den Gestaltungsvorschriften in Korntal nicht unterwerfen will, im Tod in unzulässiger Weise aus der Gemeinschaft „ausgegrenzt“ würde.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
24 
Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafte Antrag ist auch im Übrigen gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig. Er wahrt die Zwei-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung (§ 195 Abs. 7 VwGO). Die erforderliche Antragsbefugnis ergibt sich aus der Möglichkeit einer Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG; denn die allgemeine Handlungsfreiheit umfasst auch den Wunsch naher Angehöriger eines Verstorbenen, des Toten nach eigenen Vorstellungen zu gedenken und hierzu auch Grabmale nach eigener Gestaltung zu errichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 - 3 C 26.03 -, BVerwGE 121, 17 <19> m.w.N.). Dieses Recht wird durch die Friedhofssatzung beschränkt. Der Antragsteller ist als Inhaber eines Nutzungsrechts an einer auf dem gemeindlichen Friedhof gelegenen Grabstelle von den angegriffenen Bestimmungen unmittelbar betroffen.
II.
25 
Der Antrag ist nicht begründet. Die angegriffenen Gestaltungsvorschriften wahren die Grenzen der der Antragsgegnerin durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 BestattG i.V.m. § 4 GemO eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis; sie verstoßen nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben.
26 
1. Die Angehörigen sind in Ausübung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG grundsätzlich frei, die Grabstätte nach ihren eigenen Anschauungen von Pietät, Ästhetik und Zweckmäßigkeit zu gestalten. Diese Befugnis findet ihre Schranken im Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, d.h. durch formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehenden Normen. Hierzu gehören zunächst diejenigen Gestaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um eine der Würde des Ortes entsprechende Gestaltung der Grabstätten sicherzustellen und den Friedhofsbesuchern ein ungestörtes Totengedenken zu ermöglichen (st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt Urteil vom 16.10.1996 - 1 S 3164/95 -, ESVGH 47, 81 <82> m.w.N.). Diese - im Rahmen des Friedhofszwecks gebotenen - Beschränkungen sind hinzunehmen; sie sind zulässig, weil sie eine würdige Ruhestätte gewährleisten. Daneben sind ebenso anzuerkennen Regelungen, die der Verkehrssicherheit dienen und - etwa durch das Verbot von Grababdeckungen - je nach Bodenbeschaffenheit die Verwesung begünstigen (vgl. Urteil des Senats vom 13.12.1993 - 1 S 428/93 -, NVwZ 1994, 793). Derartige sogenannte allgemeine, der Verwirklichung des Friedhofszwecks dienende Gestaltungsvorschriften enthält § 20 der Friedhofssatzung nicht.
27 
2. Auf den Erlass von Bestimmungen, die vom Friedhofszweck gefordert sind, ist die Gemeinde als Friedhofsträger aber nicht beschränkt. Vielmehr ist sie auch befugt, im Rahmen des ihr zustehenden normativen Ermessens strengere - sogenannte besondere - Gestaltungsvorschriften zu erlassen, wenn dadurch etwa bestimmte ästhetische Vorstellungen verwirklicht oder eine mehr oder weniger einheitliche Anlage wie z.B. ein Park- oder Waldfriedhof geschaffen werden sollen. Die damit einhergehende Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit ist nur zulässig, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Die besonderen Gestaltungsvorschriften müssen demnach durch einen legitimen Zweck gedeckt sein und dürfen die Rechte der Friedhofsbenutzer nicht in einem Maße beschränken, das außer Verhältnis zu Gewicht und Bedeutung des verfolgten Zweckes steht. Je nach dem Ausmaß der Beschränkung individueller Gestaltungsspielräume kann der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz es gebieten, den Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, an anderer Stelle ein Grabmal nach eigenen Wünschen aufzustellen, sofern dieses nicht verunstaltend wirkt. Die Gemeinde muss dann rechtlich und tatsächlich gewährleisten, dass auf anderen Friedhofsteilen bzw. Friedhöfen im Gemeindegebiet Grabfelder zur Verfügung stehen, für die allein die allgemeinen - durch den Friedhofszweck geforderten - Gestaltungsvorgaben gelten (vgl. Senatsurteil vom 16.10.1996 - 1 S 3164/95 -, ESVGH 47, 81 <82 f.>; BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 - 3 C 26.03 -, BVerwGE 121, 17 <20>).
28 
a) Die Antragsgegnerin hat die besonderen Gestaltungsvorschriften für den Friedhof Korntal zu Recht als einschneidend und gewichtig eingestuft und folglich Ausweichmöglichkeiten als zwingend notwendig erachtet. Die Friedhofsatzung sieht sogenannte „gestaltungsfreie“ Grabfelder für die Einwohner des gesamten Gemeindegebiets auf dem Friedhof im Stadtteil Münchingen vor. Damit ist dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Genüge getan.
29 
Wo der in der Rechtsprechung des Senats geforderte Ausgleich stattzufinden hat, kann nicht einheitlich beantwortet werden. In Betracht kommen sowohl ein Teil desselben Friedhofs, ein anderer Friedhof innerhalb desselben Stadtteils oder ein Friedhof in einem anderen Ortsteil. Dies richtet sich insbesondere danach, ob und inwieweit es für den verfolgten Gestaltungszweck eine besondere Rechtfertigung gibt. Je weniger Gewicht diesem Zweck beigemessen werden kann, umso strenger sind die Maßstäbe, die an die Ausweichmöglichkeit anzulegen sind. Hierbei ist grundsätzlich zu beachten, dass der Friedhofsbesuch, insbesondere durch die Angehörigen, nicht übermäßig erschwert werden darf. Den Angehörigen kann nur unter besonderen Voraussetzungen angesonnen werden, auf die Bestattung eines Verstorbenen auf dem örtlichen Bezugsfriedhof zu verzichten und auf einen anderen Friedhof innerhalb der Gemeinde auszuweichen. Die Beachtung dieser Grundsätze führt in der Regel dazu, dass die Wahlmöglichkeit auf dem Friedhof selbst bestehen muss, wenn es dem Friedhofsträger allein um die Durchsetzung bestimmter ästhetischer Vorstellungen geht, die zudem dem Wandel unterliegen können.
30 
b) Ausnahmen von der Maßgeblichkeit des üblichen Bezugsfriedhofs sind indessen dann anzuerkennen, wenn der Gestaltungszweck - wie hier - von einer besonderen Rechtfertigung getragen wird.
31 
Der Bewahrung der Tradition der „althergebrachten Korntaler Ordnung“ kommt eine Bedeutung zu, die bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen ein Ausweichen auf die „gestaltungsfreien“ Grabfelder des Friedhofs in Münchingen als noch zumutbar erscheinen lässt.
32 
Die in § 20 Abs. 2 FS vorgeschriebene besondere Art der Grabmalgestaltung geht zurück auf die Gründer der Stadt Korntal, ein Brüderkollegium zu Beginn des 19. Jahrhunderts, und beruht auf der „Kirchenordnung der privilegierten evangelisch-lutherischen Brüdergemeinden Korntal und Wilhelmsdorf“. Wie in der Präambel der Friedhofsordnung der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal ausgeführt wird, bringt die schlichte und einheitliche Form der Grabsteine zum Ausdruck, dass nach christlichem Verständnis mit der Anlage von Gräbern kein Totenkult verbunden sei und keine Denkmäler für Verstorbene und deren besondere Verdienste aufgerichtet werden sollten; mit den einfachen Grabsteinen werde vielmehr angezeigt, dass vor Gott alle Menschen gleich seien. In diese Tradition, die das Erscheinungsbild des alten Korntaler Friedhofs ebenfalls prägt, stellt sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin, um die historisch begründete Identität der Stadt Korntal zu betonen. Mit diesem Anliegen, das über rein ästhetische, dem Zeitgeist unterliegende Erwägungen hinausgeht, verfolgt die Antragsgegnerin einen legitimen Zweck. Der spezifisch religiös-konfessionelle Bezug hindert die öffentliche Gewalt auch im weltanschaulich neutralen Staat nicht, solche Traditionspflege zu betreiben. Denn die historisch gewachsene kulturelle Identität eines Gemeinwesens muss seine religiösen Wurzeln nicht verleugnen. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass die Tradition doch auf dem brüdergemeindeeigenen Friedhof - und dort zugleich mit dem ungeschmälerten inhaltlichen Bezug - gepflegt werde; denn die beiden Friedhöfe prägen sich durch ihre unmittelbare Nähe gegenseitig.
33 
Der Zulässigkeit der Zwecksetzung steht auch nicht entgegen, dass die Friedhofsnutzer durch die Korntaler Ordnung sehr strengen Vorschriften unterworfen werden, die individuelle Gestaltungsmöglichkeiten bei den äußeren Maßen der Grabmäler völlig ausschließen. Denn ungeachtet des strikt vorgegebenen Formats sind die Grabmäler nicht völlig uniformisiert: Eine individualisierende Prägung des Grabmals kann durch den verwendeten Stein und die Beschriftung erfolgen.
34 
Bei der Gewichtung des gestalterischen Zwecks und der Verfolgung des Ziels der Bewahrung eines gänzlich einheitlichen Erscheinungsbildes der beiden Korntaler Friedhöfe durfte der Satzungsgeber im Jahr 2004 auch berücksichtigen, dass unter der Geltung der alten Satzung ein Bedarf an „gestaltungsfreien“ Grabstellen nicht geltend gemacht worden ist und die spezifische Gestaltung des Friedhofs offensichtlich von einem großen Konsens getragen wird (vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 26.05.2000 - 19 A 2015/99 - Rz. 62 ff.). Auch wenn, wie der Antragsteller vorträgt, er bei der Auswahl einer Grabstätte über die Möglichkeit der Einrichtung eines „gestaltungsfreien“ Grabfeldes nicht informiert worden ist, fehlt es doch an Hinweisen, dass die Traditionspflege in einem Maße auf Ablehnung und Widerstand gestoßen sein könnte, das die Antragsgegnerin zu einer anderen Entscheidung über Ausweichmöglichkeiten auch in Korntal selbst hätte veranlassen müssen.
35 
Angesichts dieser Umstände ist ein Ausweichen auf den Münchinger Friedhof auch für die Bewohner von Korntal nicht unzumutbar. Zwar ist ein Besuch des dortigen Friedhofs von Korntal aus aufgrund der Entfernung insbesondere bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit gewissen Erschwernissen verbunden; doch ist der Friedhof gerade über die Bahnhaltestelle Münchingen-Rührberg gut erschlossen. Da die Antragsgegnerin nach der mittlerweile über drei Jahrzehnte zurückliegenden kommunalen Gebietsreform eine einheitliche politische Gemeinde ist, kann schließlich nicht davon die Rede sein, dass derjenige, der sich den Gestaltungsvorschriften in Korntal nicht unterwerfen will, im Tod in unzulässiger Weise aus der Gemeinschaft „ausgegrenzt“ würde.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist Inhaber eines Reihengrabs mit vier Grabstellen auf dem Friedhof der Beklagten. Er möchte dort ein Grabmal mit einer bestimmten Größe errichten.

Die Errichtung von Grabmälern bedarf nach § 14 Abs. 1 der Friedhofs- und Bestattungssatzung vom 20. September 2007 (FBS) der Erlaubnis. Diese kann u.a. versagt werden, wenn das Grabmal den Bestimmungen der Satzung widerspricht (§ 14 Abs. 3 FBS). Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS dürfen Grabmäler bei Reihengräbern mit vier Grabstellen im Regelfall eine Breite von 1,35 m nicht überschreiten.

Einen Antrag des Klägers, die Umsetzung eines 1,50 m breiten Grabmals von einem anderen Friedhof auf sein Reihengrab zu erlauben, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 2012 ab. Der Grabstein sei kein Altbestand, weil er vorher auf einem auswärtigen Friedhof gestanden habe; eine Ausnahmegenehmigung könne nicht erteilt werden.

Der Kläger erhob hiergegen Klage zum Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. März 2012 zu verpflichten, ihm die Erlaubnis zur Errichtung eines Grabmales für die vorgesehene Grabstätte mit einer Breite des Grabsteins von 1,50 m zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zur Neubescheidung des Antrags zu verpflichten. Für die in der Satzung vorgesehene maximale Breite von 1,35 m ergebe sich aus Art. 9 Abs. 1 BestG keine Ermächtigungsgrundlage, da die öffentliche Sicherheit keine Größenbegrenzung gebiete. Die Regelungen zur Breite der Grabdenkmäler beschränkten die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG unverhältnismäßig. Zudem lasse der ablehnende Bescheid keine Ermessenserwägungen erkennen.

Das Verwaltungsgericht Bayreuth wies die Klage mit Urteil vom 26. Juli 2013 ab. Die Regelung in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS verstoße nicht gegen höherrangige Vorschriften. Bei der Festlegung von Höchstmaßen für Grabmäler handle es sich nicht um eine Gestaltungsvorschrift, die über die allgemeinen Anforderungen in Art. 9 Abs. 1 BestG hinausgehe. Höchstbreiten seien aus Sicherheitsgründen erforderlich und damit von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Die Beklagte habe insoweit unwidersprochen dargelegt, dass durch die Regelung ein gefahrloses Arbeiten auch auf der Rückseite von Grabmälern (z.B. Heckenpflege, Standsicherheitsprüfungen) sichergestellt werden solle und müsse. Diese Arbeiten erforderten einen Mindestabstand nicht nur zwischen den Grabstellen, sondern eine Mindestdurchgangsbreite auch zwischen den Grabmälern. Zwar hätte sich nach der Vorgängersatzung eine noch größere Durchgangsbreite ergeben. Die Beklagte habe jedoch plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass im Normsetzungsverfahren ein Ausgleich zwischen dem (privaten) Interesse an einer Aufstellung breiterer Grabdenkmäler und dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung der Sicherheit auf dem Friedhof erfolgt sei. § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS verstoße nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 101 BV. Die Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen, dass der (einzige) gemeindliche Friedhof über keine Erweiterungsmöglichkeiten verfüge; dies decke sich mit den vom Gericht im Rahmen seines Augenscheins gewonnenen Erkenntnissen. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung habe die Beklagte ermessensfehlerfrei abgelehnt. Für eine Ermessensreduktion auf Null sei nichts erkennbar, da den durchaus berechtigten Belangen des Klägers gewichtige öffentliche Belange entgegenstünden. Es liege kein Ermessensausfall vor, der eine Ergänzung der Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO ausschließe. Die Begründung der Ermessensentscheidung im Bescheid vom 7. März 2012 möge zwar rudimentär ausgefallen sein; aus den schriftlichen Gründen gehe aber unzweifelhaft hervor, dass die Beklagte den ihr zustehenden Ermessensspielraum erkannt und mit der möglichen Wertung des Grabmals als Altbestand einen typischerweise in die Ermessenserwägungen einzustellenden privaten Belang gesehen und gewichtet habe. Sie habe insbesondere gesehen, dass mit der Umarbeitung des Grabsteins auf das satzungsmäßig zulässige Maß für den Kläger Kosten verbunden seien. Die Beklagte habe unwidersprochen dargelegt, dass sie seit Inkrafttreten der aktuellen Friedhofssatzung – abgesehen von einem Fall der Verlegung eines auf dem Friedhof bereits vorhandenen Grabsteins – keine Ausnahmen in Bezug auf die Errichtung überbreiter Grabsteine zugelassen habe. Dass sie im Rahmen ihrer Ermessensausübung den öffentlichen Belang der Verkehrssicherheit höher gewichtet habe als den privaten Belang des Klägers, den vorhandenen Grabstein ohne weitere Umarbeitung auf ihren Friedhof umzusetzen, sei nicht zu beanstanden.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.

Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernsthaften Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), denn der Kläger hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – NVwZ 2009, 515/516 m.w.N.).

a) Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis, da die beabsichtigte Errichtung eines 1,50 m breiten Grabmals gegen die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS verstößt, wonach Grabmäler bei Reihengräbern mit vier Grabstellen im Regelfall eine Breite von 1,35 m nicht überschreiten dürfen. Diese vom kommunalen Satzungsgeber gestellte Anforderung steht nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht.

Der Kläger trägt demgegenüber vor, im gesamten Normsetzungsverfahren finde sich kein Hinweis darauf, dass die Regelungen über die Ausmaße der Grabmäler aus Sicherheitsgründen getroffen worden seien. Hierfür sei eine solche Regelung auch nicht geeignet, da die in § 15 FBS enthaltenen Maße nicht mit dem in § 12 Abs. 2 FBS geregelten Abstand von Grabstätte zu Grabstätte übereinstimmten. Ein Abstand von 0,30 m reiche aus, um hinter die Grabsteine zu gelangen und die Heckenpflege sowie die Standsicherheitsprüfung vorzunehmen; nach jetziger Regelung ergebe sich dagegen eine Durchgangsbreite von mindestens 0,75 m zwischen den Grabmälern. Zu keinem Zeitpunkt sei plausibel dargelegt worden, dass ein solcher Abstand aus Gründen der Sicherheit erforderlich sei. Auch der Umstand, dass durch eine Satzungsänderung die Höchstbreite der Grabmäler von früher 1,20 m auf nunmehr 1,35 m vergrößert worden sei, lasse erkennen, dass diese Regelung nicht gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BestG aus Sicherheitsgründen getroffen worden sei, sondern aus gestalterischen Gründen, die aber nach Art. 9 Abs. 3 BestG nicht maßgebend sein dürften. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht geklärt, inwieweit auf dem Gebiet der Beklagten weitere Friedhöfe errichtet werden könnten und wie hoch die Belegungsrate des bestehenden Friedhofs sei; ohne solche Untersuchungen könnten die Regelungen über die Ausmaße des Grabmals nicht unter Hinweis auf eine drohende Überfüllung mit Art 101 BV in Einklang gebracht werden.

Diese Einwände des Klägers sind nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS vorgeschriebenen Höchstbreite von 1,35 m zu begründen. Das von der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 BV) umfasste Recht des Verstorbenen und seiner Angehörigen, über die Gestaltung der Grabstätte zu entscheiden (BVerfG, B.v. 28.2.1979 – 1 BvR 317/74 – BVerfGE 50, 256/262 = BayVBl 1979, 370; BVerwG, U.v. 8.11.1963 – VII C 148.60 – BVerwG 17, 119/121 = BayVBl 1964, 122; BayVerfGH, E.v. 12.12.1980 – Vf. 12-VII-79 – VerfGH 33,174/177 = BayVBl 1981, 207), kann durch eine mit höherrangigem Recht in Einklang stehende gemeindliche Satzung eingeschränkt werden (BVerfG, a.a.O.; BayVerfGH, a.a.O.). Um einen zweckgerechten und störungsfreien Betrieb des Friedhofs zu gewährleisten, dürfen in einer Friedhofssatzung nach allgemeiner Auffassung auch Höchstmaße für Grabstätten und Grabmale festgelegt werden (vgl. BayVerfGH, a.a.O., 179; BayVGH, U.v. 6.12.1972 - 78 IV 69 - BayVBl 1973, 382; v. 12.10.1983 - 4 B 81 A.2636 - UA S. 6, n.v.; v. 30.7.1990 - 7 B 90.136 - BayVBl 1991, 205/206; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 10. Aufl., 202 f.).

Die von der Beklagten erlassene Satzungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS findet, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ihre objektive Rechtfertigung in der gesetzlichen Vorgabe des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BestG, wonach die Friedhöfe und die einzelnen Grabstätten so beschaffen sein müssen, dass sie den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit entsprechen. Ob diese Gesetzesvorschrift den zuständigen Gemeinderatsmitgliedern während des Normsetzungsverfahrens vor Augen stand und ob der getroffenen Regelung damit tatsächlich konkrete Sicherheitserwägungen zugrunde lagen, kann dabei offenbleiben. Denn für die Gültigkeit untergesetzlicher Normen kommt es, sofern keine gesetzlich formulierten Anforderungen an den Willensbildungsvorgang bestehen, allein auf das Ergebnis des Rechtsetzungsaktes und nicht (auch) auf die tragenden Motive des Normgebers an (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.2006 – 6 C 19/05 – BVerwGE 125, 384/386 = NVwZ 2006, 1068; BayVerfGH, E.v. 12.10.1994 – Vf. 16-VII-92 – VerfGH 47, 207/226 = BayVBl 1995, 76; ThürOVG, U.v. 24.10.2006 – 2 N 249/04 – juris Rn. 66).

Die in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS geforderte Höchstbreite der Grabmäler von 1,35 m sorgt für einen notwendigen Mindestabstand zwischen den nebeneinander stehenden Grabsteinen und ist damit objektiv geeignet, die öffentliche Sicherheit bei den wiederkehrenden Pflege- und Instandhaltungsarbeiten zu erhöhen. Die Regelung steht nicht im Widerspruch zu der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Satz 1 FBS, wonach bei Reihengräbern der Abstand von Grabstätte zu Grabstätte 0,30 m nicht überschreiten darf. Zwar ist bereits mit dieser Vorgabe sichergestellt, dass zwischen benachbarten Grabstellen jeweils ein begehbarer Randstreifen verbleibt, so dass die Gräber von allen Seiten zugänglich sind. Die bloße Durchgangsbreite von 0,30 m reicht jedoch nicht aus, wenn im rückwärtigen Bereich der Grabstellen z. B. Standsicherheitsprüfungen an den Grabsteinen oder (größere) gärtnerische Pflegemaßnahmen anstehen, für die entsprechendes Arbeitsgerät oder Material eingesetzt werden soll. Bei derartigen Anlässen muss gewährleistet sein, dass die Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung den Streifen zwischen den Gräbern auch mit Schubkarren oder ähnlichen Transportwerkzeugen befahren können, ohne durch die vom Boden aufragenden Grabsteine daran gehindert zu werden oder eine Kollision mit diesen befürchten zu müssen. Zusätzlich zum vorgeschriebenen Abstand der Grabstellen bedarf es daher auch der satzungsrechtlichen Regelung, dass die dort errichteten Grabmäler eine bestimmte Breite nicht überschreiten dürfen.

Die hier streitige Begrenzung auf 1,35 m bei Reihengräbern mit vier Grabstellen geht nicht über das aus Sicherheitsgründen erforderliche Maß hinaus. Da die betreffenden Gräber, die insgesamt 2,0 m breit sind (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 FBS), wegen des an den beiden Längsseiten abzuziehenden Randstreifens von (2 x 0,15 m =) 0,30 m (§ 12 Abs. 2 Satz 1 FBS) tatsächlich nur eine nutzbare Breite von 1,70 m aufweisen, bleibt die höchstzulässige Breite der Grabmäler von 1,35 m um lediglich 0,35 m hinter dem zurück, was bei maximaler Ausnutzung der überbaufähigen Fläche möglich wäre. Damit ergibt sich für den Durchgang zwischen zwei benachbarten Grabsteinen eine lichte Weite von mindestens (0,30 m + 0,35 m =) 0,65 m, die gerade eben ausreicht, um – etwa mit einer Schubkarre – gefahrlos Arbeitsmaterial hinter die Grabmäler befördern zu können. Schon eine Verringerung dieses Abstands um wenige Zentimeter würde das Kollisionsrisiko spürbar erhöhen.

Der Beklagten kann nicht entgegenhalten werden, dass sie mit der in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS vorgeschriebenen Höchstbreite nur vordergründig Gefahrenabwehr betreibe, in Wahrheit jedoch – ohne nach Art. 9 Abs. 3 BestG dazu befugt zu sein – eigene ästhetisch-gestalterische Vorstellungen zur Geltung bringen wolle. Für eine solche Intention spricht auch nicht der Umstand, dass nach der vorherigen Fassung der Satzung die Breite der Grabmäler auf nur 1,20 m begrenzt war, so dass der Mindestabstand zwischen den Grabsteinen damals sogar 0,80 m betrug. Der kommunale Satzungsgeber ist bei der Bestimmung derartiger Obergrenzen nicht kraft höherrangigen Rechts auf exakt bestimmbare Zahlenwerte festgelegt. Er kann vielmehr im Rahmen seines weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums eigenständig entscheiden, inwieweit den bestehenden Sicherheitsbedürfnissen durch Begrenzungen der Breite (und Höhe) von Grabmälern vorbeugend Rechnung getragen werden soll und inwieweit er andererseits den individuellen Gestaltungswünschen der Verstorbenen und ihrer Angehörigen auch bezüglich der Ausmaße der Grabmäler Raum verschaffen will. Dass einzelne bayerische Gemeinden in ihren Friedhofssatzungen für Grabsteine und sonstige Grabdenkmäler eine größere Breite zulassen als die Beklagte, beweist daher nicht die Rechtswidrigkeit der hier streitigen Bestimmung, sondern verdeutlicht nur die Weite des insoweit bestehenden Regelungsspielraums.

Ob die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit festgelegte Höchstbreite von 1,35 m mit der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 BV) vereinbar ist, hängt entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht davon ab, ob auf dem Gebiet der Beklagten noch weitere Friedhöfe errichtet werden könnten und wie hoch die Belegungsrate des bestehenden Friedhofs ist. Diese Fragen stehen mit der Breite der Grabmäler in keinem direkten Zusammenhang, so dass das Verwaltungsgericht dazu keine weiteren Ermittlungen anstellen musste. An welchen Standorten die nach Art. 149 Abs. 1 BV und Art. 7 BestG notwendigen Bestattungseinrichtungen geschaffen werden, liegt ebenso im planerischen Ermessen der Gemeinden wie die Entscheidung darüber, welche Abmessungen die einzelnen Grabstellen haben und wie sie auf dem jeweiligen Friedhof angeordnet sein sollen. Die gesetzliche Anforderung, den Verstorbenen eine würdige und der Pflege ihres Andenkens angemessene Ruhestätte zu bieten (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 BestG), ist hinsichtlich der zur Verfügung gestellten Fläche jedenfalls erfüllt, wenn für Reihengräber wie hier eine Gesamtbreite von 2,00 m mit einem davon abzuziehenden seitlichen Abstand von 0,30 m vorgesehen ist. Den Wünschen Einzelner nach noch größeren Grabstätten, auf denen entsprechend breitere Grabmäler errichtet werden könnten, muss der gemeindliche Normgeber nicht nachkommen. Anders als die speziellen Gestaltungsanforderungen nach Art. 9 Abs. 3 BestG, die sich unmittelbar auf die Handlungsfreiheit der Friedhofsbenutzer auswirken und diese daher nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen dürfen (BayVerfGH, E.v. 21.3.1985 – Vf. 9-VII-84 – VerfGH 38, 34/37 = BayVBl 1985, 461), stellen Regelungen über die Ausmaße der vom Friedhofsträger zu vergebenden Grabstätten keine am Erforderlichkeitskriterium zu messenden selbständigen Freiheitseingriffe dar, die etwa nur bei nachweislich fehlenden räumlichen Erweiterungsmöglichkeiten gerechtfertigt wären.

b) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Beklagte die beantragte Ausnahme von der satzungsrechtlich vorgeschriebenen Höchstbreite rechtsfehlerfrei abgelehnt hat.

Der Kläger wendet hiergegen ein, es sei nicht nachvollziehbar, dass in der Wertung des Grabmals als Altbestand bereits eine Ermessenserwägung gesehen werde. Die Ablehnungsentscheidung sei zudem deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte sich keinen Überblick darüber verschafft habe, an welcher Stelle konkret das zu errichtende Grabmal stehe und welche Durchgangsbreite dort tatsächlich bestehe. Wegen des Fehlens diesbezüglicher Ermessenserwägungen sei von einem Ermessensausfall auszugehen.

Auch damit werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte im Wege pflichtgemäßen Ermessens darüber zu befinden hatte, ob der 1,50 m breite Grabstein trotz Überschreitung der in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS vorgeschriebenen Höchstbreite auf dem gemeindlichen Friedhof aufgestellt werden durfte. Das Recht des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung ergab sich aus der Bestimmung des § 14 Abs. 3 FBS, wonach die Erlaubnis zur Errichtung eines Grabmals im Falle eines Widerspruchs zu den gesetzlichen Vorschriften oder zu den Bestimmungen der Satzung nicht zwingend zu versagen ist, sondern lediglich versagt werden „kann“ (vgl. Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl. XVI Rn. 18). Aufgrund dieser Formulierung steht es dem Beklagten frei, ein den rechtlichen Vorgaben nicht entsprechendes Grabmal insbesondere im Falle einer nur geringfügigen Abweichung ausnahmsweise zuzulassen (vgl. BayVGH, U.v. 30.7.1990 – 7 B 90.136 – BayVBl 1991, 205/206 f.).

Dass sich die Beklagte dieses Ermessensspielraums bewusst war und daher kein Ermessensausfall vorlag, geht aus der dem Ablehnungsbescheid vom 7. März 2012 beigefügten Begründung deutlich hervor. Schon der einleitenden Aussage, einer Ausnahmegenehmigung könne aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zugestimmt werden, liegt erkennbar die Vorstellung zugrunde, im Einzelfall von der satzungsrechtlich festgelegten Höchstbreite abweichen zu dürfen. Die nachfolgende Aussage, das geplante Grabmal sei nicht als Altbestand zu werten, da der Grabstein vorher in einem auswärtigen Friedhof gestanden habe, betrifft einen Gesichtspunkt, der in der Satzung nicht ausdrücklich erwähnt ist und der demzufolge nur als ein (potentiell) ermessensrelevanter Umstand verstanden werden kann.

Nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Beklagte die im Ablehnungsbescheid nur ansatzweise angeführten Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise nach § 114 Satz 2 VwGO ergänzt hat, so dass nunmehr eine insgesamt rechtmäßige Ermessensentscheidung vorliegt. Die Versagung der beantragten Ausnahme war entgegen dem Einwand des Klägers nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte die Verhältnisse am vorgesehenen Ort der Grabmalserrichtung und insbesondere die nach der Aufstellung eines 1,50 m breiten Grabsteins zu erwartende Durchgangsbreite nicht konkret ermittelt und in ihr Entscheidungskalkül mit einbezogen hat. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass an der genannten Stelle, die vom Verwaltungsgericht in Augenschein genommen wurde und deren Lage sich auch aus den im Gerichtsakt befindlichen Planzeichnungen ergibt, besondere Umstände vorlägen, die für die Erteilung einer Ausnahme sprechen könnten. Überdies könnte sich aus einer solchen Momentaufnahme, worauf der Beklagtenvertreter zutreffend hinweist, schon deshalb kein maßgebender Ermessensgesichtspunkt ergeben, weil durch Änderungen an den benachbarten Grabstellen ein möglicher Engpass auch erst in Zukunft entstehen könnte.

2. Die vorliegende Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Der Kläger sieht eine besondere rechtliche Schwierigkeit des Rechtsstreits in der Frage, inwieweit die Regelung des § 15 FBS zu den Ausmaßen der Grabmäler von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 9 Abs. 1 BestG gedeckt sei, wenn zwischen den Grabstätten ohnehin ein Abstand von 0,30 m vorgesehen sei und wenn zu der auf Sicherheitsgründe gestützten weitergehenden Bestimmung im Normsetzungsverfahren keinerlei Ausführungen erfolgt seien.

Mit diesen Ausführungen lässt sich ein besonderer Schwierigkeitsgrad des Falles nicht begründen. Es liegt auf der Hand, dass den Vorschriften des § 12 Abs. 2 Satz 1 FBS über den Grabstättenabstand und des § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS über die Höchstbreite von Grabmälern, wie oben ausgeführt, unterschiedliche Regelungsziele zugrunde liegen, so dass beide Bestimmungen gleichermaßen auf die Ermächtigungsnorm des Art. 9 Abs. 1 BestG gestützt werden können. Wie ebenfalls bereits dargelegt, hängt die Rechtswirksamkeit der streitigen Bestimmung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nicht davon ab, dass der Satzungsgeber im Laufe des Normsetzungsverfahrens die mit der Regelung verfolgten Ziele ausdrücklich offenlegt.

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Soweit der Kläger insoweit erneut geltend macht, dass der Normgeber beim Erlass des § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS keine sicherheitsrechtliche Intention habe erkennen lassen, ist auf die vorgenannten Ausführungen zu verweisen. Bei seinem weiteren Einwand, schon der zwischen den Grabstätten einzuhaltende Abstand (von 0,30 m) gewährleiste den Durchgang von Personen bei Überprüfungs- und Pflegearbeiten, übersieht der Kläger, dass dabei regelmäßig auch Geräte und Transportfahrzeuge zum Einsatz kommen, so dass ein entsprechender Durchlass auch zwischen den aufgestellten Grabsteinen freigehalten werden muss.

4. Die Berufung ist schließlich nicht deswegen zuzulassen, weil das angegriffene Urteil von einer höchst- oder obergerichtlichen Entscheidung abweichen würde (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Auf die vom Kläger behauptete Divergenz zu der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 21. März 1985 (Vf. 9-VII-84, VerfGH 38, 34 = BayVBl 1985, 461) kann es schon deshalb nicht ankommen, weil die Landesverfassungsgerichte nicht zu den in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO enumerativ aufgeführten Gerichten gehören. Überdies betraf die genannte Entscheidung eine besondere Gestaltungsvorschrift (Verbot von Grabeinfassungen und –einfriedungen), die über die in Art. 9 Abs. 1 BestG geregelten allgemeinen Anforderungen an Grabstätten hinausging und daher nach Art. 9 Abs. 3 BestG zur Voraussetzung hatte, dass im Gemeindegebiet noch andere Friedhöfe oder Friedhofsteile zur Verfügung standen, für die solche Zusatzanforderungen nicht galten. In der vorliegenden Streitigkeit geht es dagegen um eine Breitenbegrenzung von Grabmälern, die den aus Sicherheitsgründen gebotenen Mindestabstand gewährleisten soll und demzufolge auf Art. 9 Abs. 1 BestG gestützt werden kann. Die vom Kläger angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 8.11.1963 – VII C 148.60 – BVerwGE 17,119; B.v. 7.12.1990 – 7 B 160.90 - Buchholz 408.2 Friedhofsbenutzung Nr. 14; B.v. 20.11.2007 – 7 BN 5/07 – Buchholz 408.2 Friedhofsbenutzung Nr. 19) befassen sich ebenfalls nur mit der Frage, unter welchen Bedingungen strengere Gestaltungsanforderungen gestellt werden dürfen, als sie zur Erreichung des Friedhofszwecks erforderlich sind. Auch daraus kann sich daher kein Widerspruch zu der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts ergeben.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 (im Folgenden: PolVO), mit dem ein örtlich und zeitlich begrenztes Alkoholverbot im öffentlichen Straßenraum der Freiburger Innenstadt („Bermuda-Dreieck“) angeordnet worden ist.
Am 22.07.2008 erließ die Antragsgegnerin mit Zustimmung des Gemeinderats die bis zum 31.07.2010 befristete Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum. Zuvor hatte sie bereits am 23.12.2007 - damals noch unter Einbeziehung eines weiteren Bereichs im Industriegebiet Nord - eine auf sieben Monate befristete Polizeiverordnung gleichen Wortlauts erlassen, die - wie vorgesehen - am 31.07.2008 außer Kraft trat und durch die nunmehr angegriffene Polizeiverordnung abgelöst wurde. Die derzeit gültige Verordnung hat in dem hier angegriffenen Umfang folgenden Wortlaut:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Diese Polizeiverordnung gilt für das Gebiet der Innenstadt, begrenzt durch die Bertoldstraße, den Platz der Alten Synagoge, den Platz der Universität, das westlich der Humboldtstraße gelegene Verbindungsstück zur Humboldtstraße, die Humboldtstraße und die Kaiser-Joseph-Straße bis zum Bertoldsbrunnen.
Die genannten Straßen zählen noch zum Geltungsbereich der Verordnung.
(2) Der beigefügte Lageplan vom 28.05.2008 ist Bestandteil dieser Polizeiverordnung.
§ 2
Alkoholverbot
(1) Im Geltungsbereich der Verordnung ist es auf den öffentlich zugänglichen Flächen außerhalb konzessionierter Freisitzflächen verboten
- alkoholische Getränke jeglicher Art zu konsumieren
- alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen.
10 
(2) Dieses Verbot gilt in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag, Sonntag auf Montag jeweils von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Gleiches gilt für die Zeit von 00:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens an einem gesetzlichen Feiertag und die zwei Stunden davor (d. h. von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr).
11 
Gemäß § 4 Abs. 1 PolVO kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
12 
Die angegriffene Polizeiverordnung wurde vorab als Notbekanntmachung in der Badischen Zeitung vom 31.07.2008 und am 02.08.2008 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht.
13 
Nach der Beschlussvorlage vom 07.07.2008 (Drucksache G-08/148), die auf die Beschlussvorlage der Vorläuferfassung (G-07/185) Bezug nimmt, soll das in zeitlicher und räumlicher Hinsicht begrenzte Alkoholverbot die körperliche Unversehrtheit schützen. Eine abstrakte Gefahr im Sinne von § 10 PolG liege vor. Die auch beim Schutz hochrangiger Güter erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als Folge des Alkoholkonsums sei gegeben. Es bestehe ein Wirkungszusammenhang; Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein Ort überproportional hoher Gewaltkriminalität und starken Alkoholkonsums im öffentlichen Raum. Insbesondere junge Leute träfen sich dort zunächst zum sog. „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen und Diskotheken bereits alkoholisiert aufzusuchen. Aus alldem folge, dass der Konsum von mitgebrachtem Alkohol im „Bermuda-Dreieck“ nach den Erfahrungen der Polizei zumindest mitursächlich für die Begehung von Körperverletzungsdelikten sei. Das Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich aus der seit Einführung der Regelung um 16 % gesunkenen Gewaltkriminalität. Gleich geeignete Mittel seien nicht ersichtlich. Mit Blick auf die zeitliche und räumliche Beschränkung sowie die Befristung des Verbots sei der Freiheitseingriff zu Gunsten des hohen Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit angemessen.
14 
Bestandteil der Beschlussvorlage war die Studie der Polizeidirektion Freiburg 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“.
15 
Der 1982 geborene Antragsteller ist Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie; sein Büro befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs der Polizeiverordnung.
16 
Am 11.08.2008 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
17 
Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er in seiner Freizeit, insbesondere auch an den Wochenenden, regelmäßiger Besucher von Plätzen innerhalb des von der Polizeiverordnung umfassten sog. „Bermuda-Dreiecks“ sei, wo er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss niederlasse. Die Polizeiverordnung sei materiell rechtswidrig. Die angegriffene Regelung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Diese setze voraus, dass eine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne von § 10 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 PolG vorliege. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dass Alkoholisierung, wie in der Studie dargelegt, „zumindest mitursächlich“ für Gewalt sein könne, sei nicht ausreichend, um eine abstrakte Gefährlichkeit des Alkoholgenusses, geschweige denn des Mitführens von alkoholischen Getränken in Konsumabsicht, zu belegen. Der Nachweis, dass durch Alkoholkonsum im Regelfall abstrakte Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung einträten, sei bislang nicht erbracht worden. Auch im „Bermuda-Dreieck“ stellten Gewalttaten nicht die Regel-Folge von öffentlichem Alkoholkonsum dar. Menschliche Gewalttaten entstünden unter komplexen Umständen und seien nicht linear auf Alkoholisierung zurückzuführen. Bei den Erhebungen der Polizeidirektion handle es sich um statistisch nicht belastbares Zahlenmaterial. Für die vorgelagerte Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld biete § 10 Abs. 1 PolG keine gesetzliche Grundlage. Die angegriffene Regelung verstoße schließlich gegen das Bestimmtheitsgebot. Dies gelte insbesondere für die Formulierung, aus den „konkreten Umständen“ müsse die „Absicht“ erkennbar sein, alkoholische Getränke zu konsumieren. Überdies sei sie unverhältnismäßig und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
18 
Der Antragsteller beantragt,
19 
§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 für unwirksam zu erklären.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie trägt vor: Die angegriffenen Bestimmungen der Polizeiverordnung seien durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es liege eine abstrakte Gefahr - und nicht lediglich ein Gefahrenverdacht - vor. Die angegriffene Regelung sei Teil eines abgestimmten Gesamtkonzepts. Der Konsum mitgebrachten Alkohols führe nach den vollzugspolizeilichen Erfahrungen zwar nicht überall in der Innenstadt, sehr wohl aber im Geltungsbereich der Verordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der körperlichen Unversehrtheit. Insoweit lasse sich im „Bermuda-Dreieck“ aufgrund der konkreten Umstände eine in tatsächlicher Hinsicht hinreichend gesicherte Gefahrenprognose treffen. Auch wenn Alkohol - jedenfalls bei der Durchschnittsbevölkerung - nicht grundsätzlich zur Begehung von Gewaltdelikten führe, so gelte dies nach der polizeilichen Untersuchung nicht für den Bereich des „Bermuda-Dreiecks“. Der weit überwiegende Teil der sich dort aufhaltenden jungen Personen habe bereits deutlich vor Mitternacht erhebliche Mengen an Alkohol zu sich genommen. Der weitere unkontrollierte Konsum des mitgeführten Alkohols im Zusammenwirken mit gruppendynamischen Begleitfaktoren (Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle, vermeintliche Provokationen) sei unmittelbar ursächlich für die Gewaltausschreitungen und bewirke damit eine Überschreitung der Gefahrenschwelle. Die angegriffenen Normen verstießen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Insbesondere sei der Begriff „Absicht“ in seiner gefestigten dogmatischen Bedeutung unproblematisch bestimmbar als zielgerichteter Wille. Die Besorgnis des Antragstellers, die Formulierung könne zur willkürlichen Handhabung Anlass geben, sei nicht nachvollziehbar. Die bisherigen Anwendungserfahrungen hätten die diesbezüglichen Zweifel des Antragstellers nicht bestätigt. Die angegriffene Regelung stelle eine verhältnismäßige Einschränkung der bürgerlichen Freiheitsrechte dar. Sie sei ein geeignetes Mittel, den aufgezeigten Gefahren für die körperliche Unversehrtheit zu begegnen, und sie sei insoweit erforderlich. Das in zeitlicher und örtlicher Hinsicht beschränkte Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Hierbei sei zu würdigen, dass das Verbot auf lediglich zwei Jahre begrenzt sei, ein Zeitraum, der zum Anlass genommen werden solle, die weitere Entwicklung des Gewaltgeschehens zu beobachten und - soweit möglich - auch statistisch zu bewerten. Schließlich bedeute die Differenzierung zum zulässigen Alkoholgenuss in Freischankflächen keine willkürliche Ungleichbehandlung.
23 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

§ 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20. November 2007 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten der Antragsgegnerin i.d.F. vom 20.11.2007 (im Folgenden: POV).
Die Antragsgegnerin änderte ihre Polizeiverordnung vom 20.06.1989 durch eine Verordnung mit Zustimmung des Gemeinderats vom 20.11.2007. Sie fügte u.a die hier angegriffene, der Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg entlehnte Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV an. Diese hat folgenden Wortlaut:
§ 12
Aufenthalt auf öffentlichen Straßen,
in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen
(1) Auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen ist untersagt:
1. ...
2. ...
3. ...
4. ...
5. das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen.
Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Die Änderungsverordnung wurde am 22.12.2007 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht und trat am 23.12.2007 in Kraft.
Nach der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 (DRS G-07/186) soll die Regelung jenen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenwirken, die von alkoholisierten Gruppen ausgehen, welche sich regelmäßig im öffentlichen Straßenraum, in öffentlichen Anlagen und Einrichtungen der Stadt niederlassen und dort längerfristig und unter Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs Dritter verweilen.
10 
Der 1982 geborene Antragsteller, Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, wohnt und arbeitet in Freiburg.
11 
Er hat am 11.08.2008 das Normkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
12 
Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er - wie schon bisher - auch in Zukunft auf öffentlichen Plätzen wie dem beliebten Augustinerplatz, in Parkanlagen wie dem Stühlinger Kirchplatz, der Sternwaldwiese oder entlang der Dreisam dauerhaft verweilen möchte, um dabei allein oder in der Gruppe Alkohol zu konsumieren. Es liege zwar nicht in seiner Intention, dadurch Dritte erheblich zu belästigen. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass sein Verhalten während des Alkoholkonsums in den Augen eines Polizeibeamten dazu „geeignet“ erscheinen könne, eine solche Belästigung darzustellen. Wegen der weit gefassten und unbestimmten Formulierung des Verbotstatbestandes könne er sich nicht sicher sein, ob nicht sein Verhalten als unter die Norm fallend beurteilt werde. Er sei im Oktober 2008 schon einmal Adressat einer auf die angegriffene Norm gestützten Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin gewesen. Die angegriffene Regelung sei materiell rechtswidrig. Dem Bestimmtheitsgebot sei in mehrfacher Hinsicht nicht Rechnung getragen. Die Vorschrift sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Die Vorschrift knüpfe schon nicht an ein polizeiliches Schutzgut an; jedenfalls liege keine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vor.
13 
Der Antragsteller beantragt,
14 
§ 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten i.d.F. vom 20. November 2007 für unwirksam zu erklären.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzulehnen.
17 
Sie trägt vor: Dem Antragsteller fehle es bereits an der Antragsbefugnis. Abgesehen von seiner erklärten Absicht, an bestimmten Plätzen des Stadtgebiets Alkohol konsumieren zu wollen, zeige der Antragsteller keinerlei realistische Sachverhalte auf, die ihn mit der angegriffenen Norm in Konflikt bringen könnten. Von der Verbotsnorm würden „Gruppentrinker“ erfasst, zu denen der Antragsteller offensichtlich nicht zu rechnen sei. Er nehme lediglich die Rolle als institutioneller Prozessführer ein. Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag aber unbegründet. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Die angegriffene Regelung sei durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es bestehe eine Gefahr für die öffentliche Ordnung. Die exzessiven Trinkgelage bestimmter Randgruppen führten regelmäßig zu lautstarken Auseinandersetzungen unter den Beteiligten und im weiteren zu Verunsicherung, Verängstigung oder zur (körperlichen) Bedrängung unbeteiligter Passanten, die deshalb die Nähe solcher Gruppen mieden. Die angegriffene Norm verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
20 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
21 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall.Der Antragsteller kann, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, durch die Rechtsvorschrift bzw. deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein bzw. in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der 1982 geborene Antragsteller wohnt und arbeitet in Freiburg. Er möchte - wie schon bisher - auch in Zukunft auf beliebten öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet, wie dem Augustinerplatz, oder entlang der Dreisam in der Gruppe dauerhaft verweilen, um dabei Bier zu trinken. Dies ist nach seinen Angaben nicht immer, aber gerade im Sommer mitunter auch der überwiegende Zweck seines Verweilens. Er gehört damit zum Kreis der potentiell Betroffenen. Auch wenn der Antragsteller es dabei nicht darauf anlegt, Dritte erheblich zu belästigen, läuft er gleichwohl bei zunächst unauffälligem Konsum von Alkohol Gefahr, dass die Auswirkungen seines Alkoholgenusses als geeignet eingestuft werden, derartige Belästigungen hervorzurufen. Hinzu kommt, dass ihm nach seinem unwidersprochenen Vortrag am 11.10.2008 im Zusammenhang mit einer sog. Botellón-Veranstaltung eine Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 08.10.2008 ausgehändigt wurde, in der als Rechtsgrundlage u.a. die hier angegriffene Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20.11.2007 - POV - aufgeführt ist. Er ist damit bereits einmal Adressat eines auf § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV gestützten Verwaltungsakts geworden, dessen Nichtbefolgung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV als Ordnungswidrigkeit hätte geahndet werden können.
22 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
23 
2.1 Formelle Bedenken gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die die angegriffene Regelung in die Polizeiverordnung vom 20.06.1989 eingefügt worden ist, ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderats der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
24 
2.2 Die angegriffene Bestimmung ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot hinreichender Bestimmtheit.
25 
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
26 
Diesem Maßstab wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV nicht gerecht. Die darin normierten Tatbestandsmerkmale (das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen) ermöglichen keine hinreichend eindeutige Abgrenzung zwischen verbotenem und noch zulässigem Verhalten.
27 
Was mit „Lagern oder dauerhaftem Verweilen“ gemeint ist, ist allerdings der Auslegung zugänglich. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt nicht darauf ab, ob der Betroffene liegt, sitzt oder steht, während er Alkohol konsumiert. Auch das unbestimmte Merkmal „dauerhaft“ lässt sich dahingehend konkretisieren, dass ein kurzzeitiges Verweilen, um etwa den Durst mit einer Flasche Bier zu stillen, hiervon nicht erfasst sein soll. Das Verweilen muss schon so lange andauern, dass sich die Auswirkungen des Alkoholgenusses überhaupt zeigen können. Soweit „Einrichtungen wie Grillstellen u.ä.“ ebenso wie Freischankflächen von dem Verbot nicht erfasst sind, ist auch diese unbestimmte Formulierung auslegungsfähig. Denn der Begriff der Einrichtungen weist darauf hin, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung handeln muss, die - wie eine Grillstelle - dem Essen und Trinken gewidmet ist. Dies gilt etwa für Picknickareale. Andere Einrichtungen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Essen und Trinken dienen, werden von dem Verbot folglich nicht ausgenommen. Auch soweit die Verbotsnorm auf den Zweck des Verbleibens am Ort (ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses) Bezug nimmt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm. Denn dem Betroffenen ist in aller Regel bewusst, welches der (Haupt) Zweck seines dauerhaften Verweilens ist, und auch für die Vollzugsbeamten ist insoweit aufgrund äußerer Umstände, insbesondere aufgrund Art und Menge des mitgeführten Alkohols, erkennbar, ob das Verweilen ausschließlich oder überwiegend zum Alkoholgenuss erfolgt. Jedenfalls kann man sich der Zweckrichtung auch hier mit den anerkannten Auslegungsmethoden nähern.
28 
Unbestimmt ist die Norm hingegen, wenn sie den Alkoholkonsum zu beschreiben versucht, der die Verbotsfolge (schon das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses) auslösen soll. „Dessen Auswirkungen“ müssen danach „geeignet“ sein, „Dritte erheblich zu belästigen“. Der Verordnungsgeber gibt damit zu Recht im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Normenkontrollbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 146 ff.) zu erkennen, dass allein durch das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses noch kein polizeiwidriger Zustand herbei geführt wird, sondern erst durch die alkoholbedingten, mit Belästigungen Dritter verbundenen Ausfall- und Folgeerscheinungen, wie aggressives Verhalten, Verunreinigungen, ruhestörender Lärm u.ä.. Um schon im frühen Stadium - also bevor es zu Belästigungen kommt - einschreiten zu können, versucht er nun, die Fälle mit einer weit gefassten Formulierung zu erfassen, in denen es seinen Erwartungen nach zu solchen Ausschreitungen kommen wird. Die für eine inhaltlich bestimmte Normanwendung notwendigen näheren Umstände, unter denen diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, beschreibt der Normgeber hingegen nicht; möglicherweise entziehen diese sich einer Festlegung in einem abstrakten Obersatz. Das Verbot des Verweilens zum Zwecke des Alkoholgenusses wird der Sache nach unter den Vorbehalt einer weiteren Sachverhaltsfeststellung gestellt, d.h. dass in jedem Einzelfall noch eine Überprüfung stattfinden muss, ob tatsächlich eine Gefahr gegeben ist (vgl. auch Hecker, Die Regelung des Aufenthalts von Personen im innerstädtischen Raum, 1998, S. 35). Vom Normadressaten sind daher die Grenzen nicht auszumachen, ab wann bzw. unter welchen Voraussetzungen das Verweilen zum Alkoholgenuss geeignet ist, sich belästigend auf Dritte auszuwirken und Sanktionen nach sich zu ziehen. In welchen Grenzen dürfen junge Leute sich etwa auf dem beliebten Augustinerplatz niederlassen, um gemeinsam Alkohol zu trinken? Inwieweit werden feucht-fröhliche Abiturfeiern oder Junggesellenabschiedsfeiern auf öffentlichen Plätzen toleriert, wenn das Feiern im wesentlichen aus Alkoholtrinken besteht? Der Wortlaut der angegriffenen Norm gibt keine eindeutige Antwort auf diese Fragen, insbesondere auch nicht darauf, welche - bevorstehenden - Auswirkungen des Alkoholkonsums nicht mehr hingenommen werden.
29 
Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Bestimmung lassen eine klare Grenzziehung zwischen Verbotenem und Erlaubtem nicht zu. Die übrigen Verbotstatbestände des § 12 POV (Nr. 1: grob ungehöriges Belästigen oder Behindern von Personen, insbesondere in angetrunkenem Zustand; Nr. 3: das Verrichten der Notdurft; Nr. 4: das Verunreinigen) tragen zur Konkretisierung der Regelung nichts bei. Ein Vergleich mit der Verbotsnorm unter Nr. 1 macht lediglich zweierlei deutlich: Zum einen werden im Unterschied zu Nr. 1 nicht nur grob ungehörige Belästigungen erfasst, sondern bereits erhebliche Belästigungen unterhalb der unter Nr. 1 genannten Schwelle. Zum anderen soll die Verbotsnorm durch das Abstellen auf die Geeignetheit des Alkoholgenusses, Belästigungen hervorzurufen, im Sinne eines vorsorgenden Vorgehens schon dann greifen, wenn die Gefahrengrenze noch nicht überschritten ist, also lediglich die Belästigungen durch die zum Alkoholgenuss Verweilenden möglich erscheinen. Ob es zu diesen Verhaltensweisen wirklich kommen wird, steht zum Zeitpunkt des Lagerns und dauerhaften Verweilens zum Alkoholkonsum indes noch nicht fest. Vielmehr ist in der Feststellung der Geeignetheit ein Prognoseelement enthalten, das einer Einzelfall bezogenen Einschätzung bedarf und weder einen verlässlichen Vollzug noch die Erkennbarkeit der Reichweite der Norm gewährleistet.
30 
Schließlich stellt der Zweck der Regelung für den Betroffenen die Erkennbarkeit der Rechtslage ebenfalls nicht sicher. Wie in der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 zur Gemeinderatssitzung zum Ausdruck kommt, wollte die Antragsgegnerin mit dieser an die Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, BWGZ 1999, 778) angelehnten Bestimmung eine rechtliche Handhabe schaffen, um im Vorfeld den von der sog. Trinkerszene ausgehenden Belästigungen entgegen zu wirken. Wie dies rechtlich zu bewerten ist, insbesondere ob hierdurch eine vermeintlich allgemeine, aber verdeckt konkrete und allein schon deshalb unzulässige Sonderregelung zum Einschreiten gegen soziale Randgruppen geschaffen wurde (vgl. hierzu Hecker, a.a.O., S. 33), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn soweit die Antragsgegnerin allein die Belästigungen durch das „Gruppentrinken“ sozialer Randgruppen von der Verbotsnorm erfasst sehen will, kommt dies in der Regelung nicht zum Ausdruck. Sie richtet sich von ihrem Wortlaut her sowohl an Einzel- wie an Gruppentrinker. Daher bleibt für den Normunterworfenen offen, wie derjenige, der zum Zwecke des Alkoholgenusses auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen verweilt, sich verhalten muss, um dem Eindruck entgegen zu wirken, sein Alkoholkonsum werde Dritte erheblich belästigen. Auch darf es nicht dem Rechtsanwender überlassen bleiben festzustellen, ob der Alkoholkonsum regelmäßig zu einer erheblichen Belästigung Dritter führt (vgl. auch Finger, Die offenen Szenen der Städte, 2006, S. 98). Damit ist die Regelung ungeeignet, dem Betroffenen eine Leitlinie für sein Verhalten an die Hand zu geben.
31 
Der Senat verkennt nicht die Formulierungsschwierigkeiten der Polizeibehörden, die sich auf diese Weise ergeben. Diese sind jedoch nicht auf zu hohe Bestimmtheitsanforderungen zurückzuführen, sondern beruhen vielmehr auf dem Versuch der Kommunen, - einem praktischen Bedürfnis entsprechend - einen konkreten Tatbestand, der eine Entscheidung im Einzelfall erfordert, in eine generell-abstrakte Form zu gießen (vgl. auch Hecker, a.a.O., S. 31 f. <35>; Finger, Bettel- und Alkoholverbote im Spiegel der Rechtsprechung, KommJur 2006, 441 f. <445>; Deger, Handlungsformen der Polizei gegen störende Ansammlungen, VBlBW 2004, 96 f. <99>).
32 
Wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV dem rechtsstaatlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit nicht gerecht, so war die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Einer weiteren Klärung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen bedurfte es daher nicht.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 28. Juli 2009
36 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
20 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
21 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall.Der Antragsteller kann, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, durch die Rechtsvorschrift bzw. deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein bzw. in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der 1982 geborene Antragsteller wohnt und arbeitet in Freiburg. Er möchte - wie schon bisher - auch in Zukunft auf beliebten öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet, wie dem Augustinerplatz, oder entlang der Dreisam in der Gruppe dauerhaft verweilen, um dabei Bier zu trinken. Dies ist nach seinen Angaben nicht immer, aber gerade im Sommer mitunter auch der überwiegende Zweck seines Verweilens. Er gehört damit zum Kreis der potentiell Betroffenen. Auch wenn der Antragsteller es dabei nicht darauf anlegt, Dritte erheblich zu belästigen, läuft er gleichwohl bei zunächst unauffälligem Konsum von Alkohol Gefahr, dass die Auswirkungen seines Alkoholgenusses als geeignet eingestuft werden, derartige Belästigungen hervorzurufen. Hinzu kommt, dass ihm nach seinem unwidersprochenen Vortrag am 11.10.2008 im Zusammenhang mit einer sog. Botellón-Veranstaltung eine Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 08.10.2008 ausgehändigt wurde, in der als Rechtsgrundlage u.a. die hier angegriffene Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20.11.2007 - POV - aufgeführt ist. Er ist damit bereits einmal Adressat eines auf § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV gestützten Verwaltungsakts geworden, dessen Nichtbefolgung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV als Ordnungswidrigkeit hätte geahndet werden können.
22 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
23 
2.1 Formelle Bedenken gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die die angegriffene Regelung in die Polizeiverordnung vom 20.06.1989 eingefügt worden ist, ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderats der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
24 
2.2 Die angegriffene Bestimmung ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot hinreichender Bestimmtheit.
25 
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
26 
Diesem Maßstab wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV nicht gerecht. Die darin normierten Tatbestandsmerkmale (das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen) ermöglichen keine hinreichend eindeutige Abgrenzung zwischen verbotenem und noch zulässigem Verhalten.
27 
Was mit „Lagern oder dauerhaftem Verweilen“ gemeint ist, ist allerdings der Auslegung zugänglich. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt nicht darauf ab, ob der Betroffene liegt, sitzt oder steht, während er Alkohol konsumiert. Auch das unbestimmte Merkmal „dauerhaft“ lässt sich dahingehend konkretisieren, dass ein kurzzeitiges Verweilen, um etwa den Durst mit einer Flasche Bier zu stillen, hiervon nicht erfasst sein soll. Das Verweilen muss schon so lange andauern, dass sich die Auswirkungen des Alkoholgenusses überhaupt zeigen können. Soweit „Einrichtungen wie Grillstellen u.ä.“ ebenso wie Freischankflächen von dem Verbot nicht erfasst sind, ist auch diese unbestimmte Formulierung auslegungsfähig. Denn der Begriff der Einrichtungen weist darauf hin, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung handeln muss, die - wie eine Grillstelle - dem Essen und Trinken gewidmet ist. Dies gilt etwa für Picknickareale. Andere Einrichtungen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Essen und Trinken dienen, werden von dem Verbot folglich nicht ausgenommen. Auch soweit die Verbotsnorm auf den Zweck des Verbleibens am Ort (ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses) Bezug nimmt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm. Denn dem Betroffenen ist in aller Regel bewusst, welches der (Haupt) Zweck seines dauerhaften Verweilens ist, und auch für die Vollzugsbeamten ist insoweit aufgrund äußerer Umstände, insbesondere aufgrund Art und Menge des mitgeführten Alkohols, erkennbar, ob das Verweilen ausschließlich oder überwiegend zum Alkoholgenuss erfolgt. Jedenfalls kann man sich der Zweckrichtung auch hier mit den anerkannten Auslegungsmethoden nähern.
28 
Unbestimmt ist die Norm hingegen, wenn sie den Alkoholkonsum zu beschreiben versucht, der die Verbotsfolge (schon das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses) auslösen soll. „Dessen Auswirkungen“ müssen danach „geeignet“ sein, „Dritte erheblich zu belästigen“. Der Verordnungsgeber gibt damit zu Recht im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Normenkontrollbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 146 ff.) zu erkennen, dass allein durch das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses noch kein polizeiwidriger Zustand herbei geführt wird, sondern erst durch die alkoholbedingten, mit Belästigungen Dritter verbundenen Ausfall- und Folgeerscheinungen, wie aggressives Verhalten, Verunreinigungen, ruhestörender Lärm u.ä.. Um schon im frühen Stadium - also bevor es zu Belästigungen kommt - einschreiten zu können, versucht er nun, die Fälle mit einer weit gefassten Formulierung zu erfassen, in denen es seinen Erwartungen nach zu solchen Ausschreitungen kommen wird. Die für eine inhaltlich bestimmte Normanwendung notwendigen näheren Umstände, unter denen diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, beschreibt der Normgeber hingegen nicht; möglicherweise entziehen diese sich einer Festlegung in einem abstrakten Obersatz. Das Verbot des Verweilens zum Zwecke des Alkoholgenusses wird der Sache nach unter den Vorbehalt einer weiteren Sachverhaltsfeststellung gestellt, d.h. dass in jedem Einzelfall noch eine Überprüfung stattfinden muss, ob tatsächlich eine Gefahr gegeben ist (vgl. auch Hecker, Die Regelung des Aufenthalts von Personen im innerstädtischen Raum, 1998, S. 35). Vom Normadressaten sind daher die Grenzen nicht auszumachen, ab wann bzw. unter welchen Voraussetzungen das Verweilen zum Alkoholgenuss geeignet ist, sich belästigend auf Dritte auszuwirken und Sanktionen nach sich zu ziehen. In welchen Grenzen dürfen junge Leute sich etwa auf dem beliebten Augustinerplatz niederlassen, um gemeinsam Alkohol zu trinken? Inwieweit werden feucht-fröhliche Abiturfeiern oder Junggesellenabschiedsfeiern auf öffentlichen Plätzen toleriert, wenn das Feiern im wesentlichen aus Alkoholtrinken besteht? Der Wortlaut der angegriffenen Norm gibt keine eindeutige Antwort auf diese Fragen, insbesondere auch nicht darauf, welche - bevorstehenden - Auswirkungen des Alkoholkonsums nicht mehr hingenommen werden.
29 
Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Bestimmung lassen eine klare Grenzziehung zwischen Verbotenem und Erlaubtem nicht zu. Die übrigen Verbotstatbestände des § 12 POV (Nr. 1: grob ungehöriges Belästigen oder Behindern von Personen, insbesondere in angetrunkenem Zustand; Nr. 3: das Verrichten der Notdurft; Nr. 4: das Verunreinigen) tragen zur Konkretisierung der Regelung nichts bei. Ein Vergleich mit der Verbotsnorm unter Nr. 1 macht lediglich zweierlei deutlich: Zum einen werden im Unterschied zu Nr. 1 nicht nur grob ungehörige Belästigungen erfasst, sondern bereits erhebliche Belästigungen unterhalb der unter Nr. 1 genannten Schwelle. Zum anderen soll die Verbotsnorm durch das Abstellen auf die Geeignetheit des Alkoholgenusses, Belästigungen hervorzurufen, im Sinne eines vorsorgenden Vorgehens schon dann greifen, wenn die Gefahrengrenze noch nicht überschritten ist, also lediglich die Belästigungen durch die zum Alkoholgenuss Verweilenden möglich erscheinen. Ob es zu diesen Verhaltensweisen wirklich kommen wird, steht zum Zeitpunkt des Lagerns und dauerhaften Verweilens zum Alkoholkonsum indes noch nicht fest. Vielmehr ist in der Feststellung der Geeignetheit ein Prognoseelement enthalten, das einer Einzelfall bezogenen Einschätzung bedarf und weder einen verlässlichen Vollzug noch die Erkennbarkeit der Reichweite der Norm gewährleistet.
30 
Schließlich stellt der Zweck der Regelung für den Betroffenen die Erkennbarkeit der Rechtslage ebenfalls nicht sicher. Wie in der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 zur Gemeinderatssitzung zum Ausdruck kommt, wollte die Antragsgegnerin mit dieser an die Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, BWGZ 1999, 778) angelehnten Bestimmung eine rechtliche Handhabe schaffen, um im Vorfeld den von der sog. Trinkerszene ausgehenden Belästigungen entgegen zu wirken. Wie dies rechtlich zu bewerten ist, insbesondere ob hierdurch eine vermeintlich allgemeine, aber verdeckt konkrete und allein schon deshalb unzulässige Sonderregelung zum Einschreiten gegen soziale Randgruppen geschaffen wurde (vgl. hierzu Hecker, a.a.O., S. 33), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn soweit die Antragsgegnerin allein die Belästigungen durch das „Gruppentrinken“ sozialer Randgruppen von der Verbotsnorm erfasst sehen will, kommt dies in der Regelung nicht zum Ausdruck. Sie richtet sich von ihrem Wortlaut her sowohl an Einzel- wie an Gruppentrinker. Daher bleibt für den Normunterworfenen offen, wie derjenige, der zum Zwecke des Alkoholgenusses auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen verweilt, sich verhalten muss, um dem Eindruck entgegen zu wirken, sein Alkoholkonsum werde Dritte erheblich belästigen. Auch darf es nicht dem Rechtsanwender überlassen bleiben festzustellen, ob der Alkoholkonsum regelmäßig zu einer erheblichen Belästigung Dritter führt (vgl. auch Finger, Die offenen Szenen der Städte, 2006, S. 98). Damit ist die Regelung ungeeignet, dem Betroffenen eine Leitlinie für sein Verhalten an die Hand zu geben.
31 
Der Senat verkennt nicht die Formulierungsschwierigkeiten der Polizeibehörden, die sich auf diese Weise ergeben. Diese sind jedoch nicht auf zu hohe Bestimmtheitsanforderungen zurückzuführen, sondern beruhen vielmehr auf dem Versuch der Kommunen, - einem praktischen Bedürfnis entsprechend - einen konkreten Tatbestand, der eine Entscheidung im Einzelfall erfordert, in eine generell-abstrakte Form zu gießen (vgl. auch Hecker, a.a.O., S. 31 f. <35>; Finger, Bettel- und Alkoholverbote im Spiegel der Rechtsprechung, KommJur 2006, 441 f. <445>; Deger, Handlungsformen der Polizei gegen störende Ansammlungen, VBlBW 2004, 96 f. <99>).
32 
Wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV dem rechtsstaatlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit nicht gerecht, so war die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Einer weiteren Klärung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen bedurfte es daher nicht.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 28. Juli 2009
36 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

§ 6 der Polizeiverordnung der Gemeinde Offenau gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutz der öffentlichen Grünflächen und über das Anbringen von Hausnummern in der Fassung vom 17. Februar 2009 wird für unwirksam erklärt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller, Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, wendet sich gegen die Änderung der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutz der öffentlichen Grünflächen und über das Anbringen von Hausnummern vom 17.02.2009 (polizeiliche Umweltschutzverordnung - PolVO -) sowie gegen die neu erlassene Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau. Auf dem benachbarten Grundstück ... ... betreibt die Antragsgegnerin u.a. ein Kleinspielfeld sowie eine Weitsprunganlage. Die Antragsgegnerin änderte ihre Polizeiverordnung vom 19.10.2004 durch eine mit Zustimmung des Gemeinderats erlassene Verordnung vom 17.02.2009. Dabei änderte sie u.a. die hier angegriffene Regelung des § 6 PolVO. Diese hat nunmehr folgenden Wortlaut:
§ 6
Lärm von öffentlichen Spielplätzen, Kleinspielfeld und Weitsprunganlage
(1) Die Benutzung öffentlicher Spielplätze sowie des Kleinspielfeldes und der Weitsprunganlage ist in der Zeit vom 01.04. bis 30.09. eines Jahres von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr; in der Zeit vom 01.10. bis 31.03. eines Jahres von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr erlaubt.
(2) Weitere Regelungen über die Nutzung der öffentlichen Spielplätze, des Kleinspielfeldes und der Weitsprunganlage treffen die hierfür erlassenen Benutzungsordnungen.
(3) Bei Sportplätzen bleiben die Vorschriften nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung, unberührt.
Gemäß § 25 Abs. 1 PolVO kann ein Verstoß gegen diese Bestimmungen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Die Änderungsverordnung wurde am 24.02.2009 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht und trat am 01.03.2009 in Kraft. In § 6 der Polizeiverordnung vom 19.10.2004 in der bis zum 28.02.2009 gültigen Fassung waren im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelungen enthalten; § 6 Abs. 2 PolVO a.F. bestimmte jedoch, dass die Benutzung der Kleinspielfelder an Sonn- und Feiertagen nicht erlaubt ist.
Ebenfalls am 17.02.2009 erließ der Bürgermeister der Antragsgegnerin eine „Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau“ (nachfolgend: Benutzungsordnung), die im Amtsblatt vom 24.02.2009 öffentlich bekannt gemacht wurde. Gemäß § 1 Abs. 1 gilt die Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage der Gemeinde Offenau; sie ist für alle Personen verbindlich, welche sich auf diesem Gelände aufhalten. In § 3 der Benutzungsordnung werden Benutzungszeiten für den Allgemeingebrauch, in § 6 zulässige Nutzungszeiten für den organisierten Vereinssport festgesetzt. Die in § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 der Benutzungsordnung festgesetzten Nutzungszeiten stimmen mit den in § 6 Abs. 1 PolVO geregelten überein. Darüber hinaus bestimmen § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 2 der Benutzungsordnung, dass die Benutzung des Kleinspielfeldes und der Weitsprunganlage an Sonn- und Feiertagen nicht erlaubt ist; die Gemeinde kann hiervon Ausnahmen zulassen.
Der Antragsteller hat am 22.02.2010 das Normenkontrollverfahren eingeleitet und wendet sich der Sache nach gegen die Änderung in § 6 PolVO und die neu erlassene Benutzungsordnung. Er macht geltend, dass der Normenkontrollantrag gegen die Benutzungsordnung lediglich zur Rechtswahrung gestellt werde, nachdem die Antragsgegnerin diese selbst als Satzung qualifiziere und einen hiergegen eingelegten Widerspruch als unstatthaft bezeichnet habe. Bei richtigem Verständnis stelle die Benutzungsordnung jedoch einen Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung dar. Weder werde die Benutzungsordnung in der Präambel als Satzung bezeichnet, noch sei eine Rechtsgrundlage hierfür angegeben worden. Auch fehle der für Satzungen gemäß § 4 Abs. 4 Satz 4 GemO vorgeschriebene Hinweis hinsichtlich der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften. Soweit erkennbar sei die Benutzungsordnung auch nicht der Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 4 Abs. 3 GemO angezeigt worden.
Die Bestimmung des § 6 der geänderten Polizeiverordnung sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in eigenen Rechten. Die neu getroffene Regelung von Benutzungszeiten sei bereits nicht hinreichend bestimmt und deswegen rechtswidrig. Von der vormaligen, bis Ende Februar 2009 geltenden Fassung sei entsprechend dem Wortlaut der Festsetzung die Nutzung sämtlicher Kleinspielfelder in bewohnten Gebieten der Antragsgegnerin erfasst worden. Die streitgegenständliche Fassung beziehe sich nach ihrem klaren Wortlaut nur noch auf ein Kleinspielfeld und nicht mehr auf sämtliche Kleinspielfelder im Gemeindegebiet, so dass der Regelung nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden könne, auf welche Flächen sie sich beziehe. Die Regelung über ein Kleinspielfeld ohne nähere Bezeichnung mache die Polizeiverordnung unbestimmt. Bei einem anderen Verständnis sei die Polizeiverordnung gleichfalls rechtswidrig, da es sich dann nicht mehr um eine abstrakt-generelle Regelung entsprechend den Vorgaben des § 10 PolG handele, sondern um eine Einzelfallregelung. Unabhängig hiervon sei die Änderung nicht von der angegebenen Rechtsgrundlage des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 PolG gedeckt, weil die Vorschrift konkrete Nutzungszeiten bestimme und nicht - was allein zulässig sei - ein Verbot der Benutzung zu bestimmten Zeiten festsetze. Durch die neue Polizeiverordnung werde der Antragsteller in seinen Rechten verletzt, da die Änderung eine im Verhältnis zur vormaligen Fassung weitergehende Benutzung des Spielfeldes bei der Grundschule Offenau erlaube, zumal in der neuen Fassung kein Verbot der Benutzung an Sonn- und Feiertagen mehr enthalten sei. Rein vorsorglich werde deshalb gerügt, dass der Antragsteller durch die Änderung der Polizeiverordnung und die in der darauf aufbauenden neuen Benutzungsordnung festgesetzten Nutzungszeiten des Kleinspielfeldes unzumutbaren Lärmimmissionen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG ausgesetzt sei.
10 
Der Antragsteller beantragt,
11 
1. § 6 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutz der öffentlichen Grünflächen und über das Anbringen von Hausnummern vom 19.01.2004 in der Fassung vom 17.02.2009
12 
und
13 
2. die Benutzungsordnung der Antragsgegnerin für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau vom 17.02.2009
14 
für unwirksam zu erklären.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzulehnen.
17 
Zur Begründung trägt sie vor, der Normenkontrollantrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung sowie gegen die Benutzungsordnung sei unzulässig. Zutreffend halte der Antragsteller seinen auf die Unwirksamkeit der Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau gerichteten Normenkontrollantrag mangels Vorliegens einer untergesetzlichen Rechtsvorschrift für unstatthaft. Unabhängig hiervon fehle es an der erforderlichen Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da der Antragsteller durch die angegriffene Benutzungsordnung ersichtlich nicht in eigenen Rechten verletzt werde. Weder sei der Antragsteller Adressat der angegriffenen Benutzungsordnung, noch umfassten die herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 4 GemO und die das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven die vom Antragsteller geltend gemachten immissionsschutzrechtlichen Belange. Durch den Erlass einer Benutzungsordnung werde gerade nicht festgeschrieben, was die Nachbarn dieser öffentlichen Einrichtung an Immissionen hinzunehmen hätten. Die streitgegenständliche Benutzungsordnung sei allein im öffentlichen Interesse erlassen worden, um die entstandenen Streitigkeiten über den zulässigen Nutzungsumfang klarstellend zu regeln. Insbesondere enthalte die angegriffene Benutzungsordnung im Vergleich zu ihrer Vorgängerbestimmung keine Widmungserweiterung, da bereits nach altem Recht das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage ausdrücklich dem Schul- und Vereinssport gewidmet gewesen seien. Eine auf § 4 GemO beruhende Satzung könne nicht als Regelung des Nachbarschaftsverhältnisses verstanden werden, so dass selbst bei Annahme einer Widmungserweiterung nur Regelungen hinsichtlich des kommunalrechtlichen Benutzungsverhältnisses, nicht aber bezüglich des immissionsschutz- oder baurechtlichen Nachbarschaftsverhältnisses statthaft seien. Die kommunalrechtliche Widmung enthalte gerade keine inhaltliche Regulierung des Nutzungskonflikts zwischen dem Betreiber einer öffentlichen Einrichtung und der Nachbarschaft durch Abwägung der widerstreitenden Belange. In jedem Fall fehle es dem Antragsteller aber am erforderlichen allgemeinen Rechtsschutzinteresse. Durch die angegriffene Benutzungsordnung würden Regelungen getroffen, welche die Benutzung des Kleinspielfeldes einschränkten; es werde mithin ein bestimmtes Verhalten nicht erlaubt, sondern untersagt. Insbesondere für die Vereinsnutzung schreibe die neue Benutzungsordnung einzuhaltende und damit einschränkende Verfahrensregelungen vor. Eine Nichtigerklärung dieser Festsetzungen bringe für den Antragsteller keinen Vorteil, sondern wäre gegenüber dem derzeitigen Zustand nachteilig.
18 
Aus ähnlichen Gründen sei auch der gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin in der Fassung vom 17.02.2009 gerichtete Normenkontrollantrag unzulässig. Der Antragsteller gehöre mit seinen allein geltend gemachten nachbarlichen Belangen gerade nicht zum Kreis derjenigen, die von den Regelungen der Polizeiverordnung potentiell betroffen würden. Unabhängig hiervon sei der Antrag unbegründet, da die Polizeiverordnung materiell mit höherrangigem Recht im Einklang stehe. Sie sei entgegen der Auffassung des Antragstellers inhaltlich hinreichend bestimmt. Bereits aufgrund des Wortlautes von § 6 PolVO stehe fest, dass von dieser Vorschrift allein das Kleinspielfeld bei der Grundschule Offenau erfasst sein solle. Die beanstandete Regelung in § 6 PolVO sei auch von § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 PolG gedeckt. Die Vorschrift lasse mit hinreichender Bestimmtheit erkennen, was von den Betroffenen verlangt werde, nämlich die Benutzung des Kleinspielfeldes und öffentlicher Spielplätze in der Zeit vom 01.04. bis zum 30.09. eines Jahres zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr sowie zwischen 20.00 Uhr und 08.00 Uhr und in der Zeit vom 01.10. bis 31.03. eines Jahres in der Zeit zwischen 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr und zwischen 18.00 Uhr und 08.00 Uhr zu unterlassen. Bei der gebotenen Auslegung sei der Bestimmung deshalb zu entnehmen, dass sie nicht die zulässigen Nutzungszeiten regele, sondern ein Verbot der Benutzung in den oben angegebenen Zeiten enthalte.
19 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
20 
Die Entscheidung ergeht gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO durch Beschluss. Die Sach- und Rechtslage lässt sich anhand der Akten und der gewechselten Schriftsätze abschließend beurteilen. Der Senat hält daher eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu dieser Verfahrensweise zu äußern und haben sich mit einer Entscheidung über den Normenkontrollantrag durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich einverstanden erklärt.
21 
Der Normenkontrollantrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung ist zulässig und begründet (dazu unter 1.); der Antrag gegen die Benutzungsordnung ist bereits unzulässig (dazu unter 2.).
22 
1. Der Normenkontrollantrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin vom 17.02.2009 ist zulässig (dazu unter 1.1), er hat darüber hinaus auch in der Sache Erfolg (dazu unter 1.2).
23 
1.1 Der Antrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt, da sich der Antragsteller der Sache nach lediglich gegen die am 17.02.2009 erfolgte Änderung vor allem des § 6 PolVO, nicht aber gegen die ursprüngliche Verordnung vom 19.10.2004 wendet.
24 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der Antragsteller gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Für die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind dabei keine höheren Anforderungen zu stellen als bei der Regelung der Klagebefugnis in § 42 Abs. 2 VwGO, an der sich der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 47 Abs. 2 VwGO orientiert hat. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. zuletzt mit zahlreichen weiteren Nachweisen Beschluss vom 29.12.2011 - 3 BN 1.11 - juris). Beim Erlass der angegriffenen untergesetzlichen Rechtsnorm muss demnach die Heranziehung von Rechtssätzen in Betracht kommen, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation des Antragstellers zu dienen bestimmt sind. Maßgeblich ist, ob nach der gesetzlichen Ermächtigung oder nach den das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven (und nicht nur aus Zweckmäßigkeitsgründen) Belange der von dem Antragsteller geltend gemachten Art bei der Normsetzung zu berücksichtigen sind (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27.07.1998 - 22 N 98.940 - NVwZ-RR 1999, 265). Dies ist hier der Fall. Wie sich den Verwaltungsakten und insbesondere den Vorlagen zu den einschlägigen Gemeinderatssitzungen entnehmen lässt, traf die Antragsgegnerin die Einschränkung der Benutzungszeiten für die Spielplätze und das Kleinspielfeld nicht ausschließlich im öffentlichen Interesse, sondern zumindest auch zum Schutz der betroffenen Nachbarn. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat hier ausdrücklich eine Abwägung der Interessen der die Anlage nutzenden Allgemeinheit bzw. der Sportvereine auf der einen Seite und der von den Lärmimmissionen betroffenen Nachbarn auf der anderen Seite vorgenommen, wodurch letzteren ein gewisser Mindestschutz vor Immissionen gewährt werden sollte.
25 
Schließlich kann dem Antragsteller auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag gegen die Änderung der Polizeiverordnung nicht abgesprochen werden. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt immer dann, wenn der Antragsteller durch die Nichtigerklärung der Norm seine Rechtsstellung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb unter jedem Gesichtspunkt nutzlos ist. Die Nutzlosigkeit muss mithin eindeutig sein (vgl. hierzu allgemein Senatsurteil vom 14.02.2012 - 10 S 1115/10 - juris). Dies ist in der hier vorliegenden Fallgestaltung, anders als in der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27.09.1999 (1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457) entschiedenen Konstellation, nicht der Fall. Dabei braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob bei Nichtigerklärung der Neuregelung in § 6 PolVO in der Fassung vom 17.02.2009 die - für den Antragsteller in gewisser Hinsicht günstigere - Vorläuferbestimmung des § 6 PolVO in der Fassung vom 19.10.2004 automatisch wieder aufleben würde und ob die Vorläuferbestimmung trotz ihrer fast wortgleichen Formulierung in Anbetracht der nachstehenden Erwägungen gültig ist. Denn ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Normenkontrollantrag folgt bereits daraus, dass bei einer Nichtigerklärung von § 6 der neu gefassten Polizeiverordnung nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragsgegnerin eine neue, für den Antragsteller günstigere Regelung treffen wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Rechtsschutzbedürfnis auch dann anzuerkennen, wenn ein Normgeber ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das die Prognose rechtfertigt, er werde unabhängig davon, ob er hierzu rechtlich verpflichtet ist oder nicht, bei Erfolg des Normenkontrollantrags eine Neuregelung treffen, die für den Antragsteller möglicherweise günstiger ist (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613). Dies ist hier der Fall, da das Verhalten der Antragsgegnerin in der Vergangenheit gezeigt hat, dass sie die divergierenden Belange der Benutzer von Spielplätzen bzw. des Kleinspielfeldes sowie der von Lärmimmissionen betroffenen Anwohner in einen gerechten Ausgleich bringen und hierzu Mindestregelungen treffen will.
26 
1.2 Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Bestimmung des § 6 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin, auf deren Überprüfung der Antragsteller seinen Normenkontrollantrag der Sache nach in zulässiger Weise beschränkt hat, ist für unwirksam zu erklären.
27 
1.2.1 Formelle Bedenken gegen § 6 PolVO bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die § 6 PolVO neu gefasst wurde, ist, wie sich aus den vorgelegten Behördenakten ergibt, mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen worden (§ 15 Abs. 2 PolG) und dem Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
28 
1.2.2 Die angegriffenen Regelungen in § 6 PolVO entbehren einer tragfähigen Ermächtigungsgrundlage, da sie von den angegebenen Bestimmungen der § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 PolG nicht gedeckt sind.
29 
Als Ermächtigungsgrundlage einer als Polizeiverordnung erlassenen Regelung ist ausschließlich die in ihrer Präambel als Grundlage genannte gesetzliche Bestimmung maßgebend. Darauf, ob eine inhaltsgleiche Regelung auf eine andere Ermächtigungsgrundlage gestützt werden könnte, kommt es nicht an. Denn eine Polizeiverordnung muss das Gesetz, also die Rechtsgrundlage angeben, die zu ihrem Erlass ermächtigt (Art. 61 Abs. 1 Satz 3 LV, § 12 Abs. 1 Nr. 1 PolG). Diese Formvorschrift hat dergestalt zwingenden Charakter, dass die Gültigkeit der Verordnung - auch - davon abhängig ist, ob die in ihr selbst bezeichneten Rechtsgrundlagen hinreichende Ermächtigungsgrundlagen für ihren Erlass sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.03.1997 - 1 S 892/95 - NVwZ 1998, 764).
30 
Die Generalermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG stellt für § 6 PolVO keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar. Denn die Antragsgegnerin hat in § 6 Abs. 1 PolVO nicht - was von dieser Rechtsgrundlage allein gedeckt ist - zur Abwehr von Gefahren die Nutzung der öffentlichen Einrichtungen zu bestimmten Zeiten verboten, sondern eine abschließende Nutzungsregelung in der Weise getroffen, dass konkrete Nutzungszeiten positiv festgesetzt worden sind. Eine derartige Regulierung des Konflikts zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an der Nutzung einer öffentlichen Einrichtung und dem Ruhebedürfnis der Anwohner durch Festsetzung von verbindlichen Nutzungszeiten ist auf der Grundlage des Polizeigesetzes indes nicht zulässig.
31 
Eine Polizeiverordnung darf nach § 10 Abs. 1 Satz 1 PolG i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG nur erlassen werden, um von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedroht wird, und um Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Eine Polizeiverordnung darf demnach ausschließlich Verbotsregelungen und Gebote aufstellen. Durch eine Polizeiverordnung wird nicht etwa verbotenes Verhalten erlaubt, sondern es wird aus Gründen der Gefahrenabwehr ein bestimmtes Verhalten untersagt oder gefordert. Das Normenkontrollgericht hat deshalb bei der Entscheidung über die Gültigkeit einer Polizeiverordnung ausschließlich zu prüfen, ob die darin enthaltenen Normen durch die ein polizeiliches Einschreiten - generalisierend und typisierend - ermächtigenden Regelungen in § 1 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 PolG gedeckt sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.09.1999 - 1 S 1226/99 - a.a.O.). Durch eine Polizeiverordnung kann daher keine abschließende Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass verbindliche Nutzungszeiten festgelegt werden. Vielmehr bestimmt sich der zulässige Nutzungsumfang in erster Linie aus dem Zweck der öffentlichen Einrichtung, wie er durch die Widmung zum Ausdruck gebracht worden ist, ggf. durch eine ausgestaltende Benutzungsregelung, und im Übrigen durch die sonstigen allgemeinen Gesetze, vor allem das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die auf seiner Grundlage erlassenen einschlägigen Verordnungen. Keiner Klärung bedarf im vorliegenden Fall, ob durch Polizeiverordnung ein Mindestschutz der betroffenen Anwohner vor Geräuschimmissionen dergestalt sichergestellt werden darf, dass die Nutzung zu bestimmten Zeiten untersagt wird oder ob auch einer derartigen Verbotsregelung der Vorrang immissionsschutzrechtlicher Bestimmungen entgegensteht (vgl. hierzu in anderem Zusammenhang VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.03.1997 - 1 S 892/95 - a.a.O.). Denn den dargelegten, für eine Polizeiverordnung geltenden, Vorgaben wird die Regelung in § 6 Abs. 1 PolVO bei der vorzunehmenden objektiven Auslegung aus der Sicht eines durchschnittlichen Benutzers nicht gerecht.
32 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann die Regelung des § 6 Abs. 1 PolVO auch im Wege der Auslegung nicht dahingehend verstanden werden, dass die Benutzung öffentlicher Spielplätze sowie des Kleinspielfeldes in der Sommerzeit vom 01.04. bis 30.09. eines Jahres zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr sowie zwischen 20.00 Uhr und 08.00 Uhr und in der Winterzeit vom 01.10. bis zum 31.03. eines Jahres in der Zeit von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr und zwischen 18.00 Uhr und 08.00 Uhr verboten sein soll. Zwar steht das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit einer Norm einer Auslegung von in einer Polizeiverordnung enthaltenen Bestimmungen nicht schlechterdings entgegen. Jedoch müssen sich auch dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf durch etwaige Unklarheiten nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten oder von Dritten wirkt, desto höher sind die Anforderungen an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348 <375 f.>; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2009 - 1 S 2340/08 - VBlBW 2010, 33). Daraus folgt, dass der Auslegung von in Polizeiverordnungen enthaltenen Bestimmungen jedenfalls dann enge Grenzen gesetzt sind, wenn - wie hier gemäß § 25 Abs. 1 PolVO - etwaige Verstöße bußgeldbewehrt sind.
33 
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist bei der gebotenen Auslegung davon auszugehen, dass die Gemeinde eine - von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckte und unzulässige - abschließende Festsetzung positiver Nutzungszeiten der Einrichtung vorgenommen hat, nicht jedoch ein Verbot der Benutzung zu den jeweiligen reziproken Zeiten. Für dieses Verständnis sprechen bereits in erheblichem Maße der Wortlaut von § 6 Abs. 1 PolVO, daneben jedoch auch systematische Erwägungen. So spricht § 6 Abs. 1 PolVO ausdrücklich davon, zu welchen Zeiten die „Benutzung“ der betreffenden Einrichtungen „erlaubt“ ist. Dies ist eine klassische Formulierung für eine - kommunalrechtliche - Benutzungsregelung, nicht jedoch für eine repressive polizeirechtliche Bestimmung. Die von der Antragsgegnerin vorgeschlagene Auslegung, dass ein Verbot der Nutzung zu den jeweils reziproken Zeiten verfügt worden sei, setzt sich über den insoweit eindeutigen Wortlaut der Regelung in § 6 Abs. 1 PolVO hinweg und überschreitet die Grenze der Erkennbarkeit der Rechtslage. Unabhängig hiervon wird das oben vertretene Auslegungsergebnis bei einer systematischen Betrachtung bestätigt. Die Binnensystematik von § 6 PolVO bestätigt den Wortlautbefund, indem § 6 Abs. 2 PolVO „weitere Regelungen über die Nutzung...“ erwähnt. Bereits dieser Zusammenhang spricht dafür, dass auch Absatz 1 der Bestimmung als „kommunalrechtliche“ Nutzungsregelung verstanden werden muss, nicht jedoch als repressives polizeirechtliches Verbot. Die Gesamtsystematik des einschlägigen Ortsrechts bestätigt diese Auslegung. Die Benutzungsordnung erstreckt sich nach ihrem § 1 Abs. 1 (wie § 6 Abs. 1 PolVO) auf das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage. § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 der Benutzungsordnung sprechen mit identischem Wortlaut wie § 6 Abs. 1 PolVO davon, dass die „Benutzung“ der Anlage zu den angegebenen Zeiten (die ebenfalls mit den in § 6 Abs. 1 PolVO geregelten identisch sind) „erlaubt“ ist. Vor dem Hintergrund dieser identischen Formulierungen erscheint es fernliegend, die verwendete Formulierung „Benutzung ... erlaubt“ einmal als kommunalrechtliche Benutzungsregelung, in dem hier in Rede stehenden Zusammenhang hingegen als Gefahrenabwehrnorm zu verstehen, zumal beide Regelungen am gleichen Tag erlassen worden sind. Vielmehr hat der Normgeber in beiden Ordnungen bei der erforderlichen objektiven Auslegung kommunalrechtliche Benutzungsregelungen getroffen, mithin eine abschließende positive Festsetzung von Nutzungszeiten der Einrichtung vorgenommen.
34 
Wird § 6 PolVO von der herangezogenen Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt, so ist die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Die Unwirksamkeitserklärung kann sich dabei nicht auf Absatz 1 der Bestimmung beschränken, da die weiteren Bestimmungen in den Absätzen 2 und 3 keine selbständige Regelung enthalten und für sich gesehen keinen Bestand haben können.
35 
2. Der Normenkontrollantrag gegen die Benutzungsordnung ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO unstatthaft, da er sich nicht gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift wendet. Wie der Antragsteller selbst erkennt, handelt es sich bei der „Benutzungsordnung für das Kleinspielfeld und die Weitsprunganlage bei der Grundschule Offenau“ nicht um eine Rechtsnorm. Fehl geht insbesondere die ursprünglich von der Antragsgegnerin im Benehmen mit der Rechtsaufsichtsbehörde vertretene Auffassung, dass es sich bei der Benutzungsregelung um eine in der Form der Satzung getroffene Widmungseinschränkung der öffentlichen Einrichtung handle.
36 
Gegen eine Satzungsqualität der Benutzungsordnung sprechen vor allem formale, daneben aber auch inhaltliche Gesichtspunkte. So wurde die Benutzungsordnung nicht - wie allgemein üblich - in der Präambel oder in ihrem Text als Satzung bezeichnet; weder in der Überschrift noch im sonstigen Kontext findet sich ein Hinweis auf eine Satzungsermächtigung, den Beschlussvorgang und das Beschlussdatum. Ferner fehlt am Ende der bei Satzungen gemäß § 4 Abs. 4 GemO vorgeschriebene Hinweis hinsichtlich der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften und deren Rechtsfolgen sowie ein Verweis auf die Aufhebung alter Vorschriften und die Ausfertigungsformel. Auch wurde die Benutzungsordnung nicht - wie bei Satzungen vorgeschrieben - der Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 GemO angezeigt. Den von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsakten lässt sich entnehmen, dass lediglich die Änderung der Polizeiverordnung mit Schreiben vom 19.05.2009 gegenüber dem Landratsamt Heilbronn angezeigt wurde, nicht jedoch die Benutzungsordnung. Im Übrigen dürfte eine Ausfertigung der Benutzungsordnung als Satzung nicht erfolgt sein. Für eine Satzungsqualität der Benutzungsregelung könnte allenfalls deren Gliederung in Paragraphen sprechen, die üblicherweise lediglich bei Rechtsnormen vorgenommen wird. Angesichts der oben aufgezählten zahlreichen, gegen eine Satzungsqualität sprechenden Gesichtspunkte kann bei der vorzunehmenden Auslegung jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin eine Regelung mit Rechtsnormcharakter treffen wollte. Vielmehr handelt es sich bei der Benutzungsordnung deshalb der Form nach um einen Verwaltungsakt in Gestalt einer Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 3. Alt. LVwVfG.
37 
Im Übrigen dürfte es sich bei der Regelung auch inhaltlich um eine Allgemeinverfügung im Sinne dieser Bestimmung handeln, denn sie schränkt den widmungsgemäßen Gebrauch der öffentlichen Einrichtung ein. Die Widmung selbst ist ein Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 2 3. Alt. LVwVfG, so dass Modalitäten der Widmung durch Verwaltungsakt, soweit sie nicht den grundsätzlichen Zulassungsanspruch zur gemeindlichen Einrichtung betreffen, geregelt werden können (vgl. hierzu näher VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.04.1994 - 1 S 1081/93 - NVwZ 1994, 920). Auch dürften jedenfalls § 3 und § 6 der angegriffenen Benutzungsordnung alle sonstigen Merkmale eines Verwaltungsakts in der Form der Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 3. Alt. LVwVfG erfüllen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 26.06.1986 - 1 S 2448/85 - VBlBW 1987, 137; sowie vom 13.03.1987 - 5 S 2079/86 - VBlBW 1987, 377). Die Bestimmungen regeln die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung und sind damit auf eine hinreichend konkret bezeichnete öffentliche Sache gerichtet. Ferner haben jedenfalls die hier in Rede stehenden Bestimmungen der § 3 und § 6 der Benutzungsordnung Regelungscharakter mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen, denn sie zielen auf die Setzung einer Rechtsfolge und erschöpfen sich nicht lediglich in unverbindlichen Hinweisen. Der Senat hat in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob die Antragsgegnerin sämtliche materiell getroffenen Regelungen in der tatsächlich herangezogenen Handlungsform vornehmen durfte.
38 
Wie zwischen den Beteiligten nicht mehr ernsthaft umstritten ist, handelt es sich bei der Benutzungsordnung deshalb jedenfalls der Form nach um einen Verwaltungsakt in der Gestalt einer Allgemeinverfügung, gegen den Rechtsschutz nicht im Wege des Normenkontrollverfahrens gemäß § 47 VwGO, sondern durch Widerspruch und Anfechtungsklage nachzusuchen ist. Das Landratsamt ist deshalb gehalten, über den am 11.03.2009 gegen die Benutzungsordnung eingelegten Widerspruch zu entscheiden.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen Gestaltungsvorschriften in der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin ist im Zuge der kommunalen Gebietsreform im Jahre 1975 durch den Zusammenschluss der ehemals selbstständigen Stadt Korntal mit der Gemeinde Münchingen entstanden. Die beiden Stadtteile sind weiterhin räumlich getrennt und nicht baulich zusammengewachsen. Die Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte beträgt ca. 5 km. Die Antragsgegnerin unterhält in beiden Stadtteilen je einen Friedhof. Nachdem der alte Korntaler Friedhof belegt war, wurde 1963 dort ein neuer Friedhof angelegt. Er besteht aus zwei Teilen. An den von der Evangelischen Brüdergemeinde unterhaltenen Friedhof schließt sich, nur durch eine von Durchgängen unterbrochene Hecke abgetrennt, der städtische Friedhof an. Auf beiden Teilen finden sich bislang - mit einer nicht genehmigten Ausnahme im kirchlichen Teil und abgesehen von Urnengräbern im städtischen Teil - ausschließlich Grabmale, die der althergebrachten sogenannten „Korntaler Ordnung“ - schrägstehende einfache Grabsteine aus steinmetzmäßig bearbeitetem Naturstein in den Maßen von 50x65 cm bzw. 50x85 cm - entsprechen. Die Stadt Korntal hatte bereits 1970 in ihrer Friedhofsatzung ein Grabfeld zur freien Grabgestaltung bestimmt; dies galt auch für die bis zum Jahr 2004 gültige Friedhofsatzung der Antragsgegnerin, in der getrennte Bestattungsbezirke für die beiden Stadtteile vorgeschrieben waren; allerdings waren Grabfelder für eine abweichende Gestaltung mangels Nachfrage im Friedhofsplan nicht ausgewiesen.
Die jetzt geltende Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 02.12.2004 enthält, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, folgende Bestimmungen:
§ 14
Auswahlmöglichkeiten
        
(1) Auf den Friedhöfen werden Grabfelder mit allgemeinen und - soweit ein Bedürfnis besteht - Grabfelder mit besonderen Gestaltungsvorschriften eingerichtet.
(2) Wenn eine Auswahlmöglichkeit gegeben ist, bestimmt der Antragsteller bei der Zuweisung einer Grabstelle, ob diese in einem Grabfeld mit allgemeinen oder mit besonderen Gestaltungsvorschriften liegen soll. Wird von dieser Auswahlmöglichkeit nicht rechtzeitig vor der Bestattung Gebrauch gemacht, so kann das Bürgermeisteramt - Friedhofsamt - die Bestattung in einem Grabfeld mit besonderen Gestaltungsvorschriften durchführen lassen.
§ 15
Allgemeine Gestaltungsvorschriften
(…)
        
§ 20
Besondere Vorschriften für den Friedhof Korntal
(1) Für den Friedhof Korntal gelten bei der Aufstellung von Grabzeichen besondere Gestaltungsvorschriften.
(2) Auf Reihen- und Wahlgräbern für Erdbestattungen sind die Grabmäler einheitlich nach der in Form und Größe althergebrachten Korntaler Ordnung als schrägstehende einfache Grabsteine aus steinmetzmäßig bearbeitetem Naturstein auszubilden. Die Neigung hat etwa 50 Grad, die Höhe 50 cm und die Breite 65 cm, bei doppelbreiten Gräbern 85 cm zu betragen. Die Stärke muss in einem guten Verhältnis zu Höhe und Breite stehen. Die Grabsteine sind auf Unterlagen zur Schrägstellung (Steller) nach der Typenbezeichnung des Bürgermeisteramts - Friedhofsamt - zu stellen.
10 
(3) Auf Aschenstätten sind die Grabmäler einheitlich als liegende Platten aus steinmetzmäßig bearbeitetem Naturstein auszubilden und in der Größenordnung von 50 cm Länge, 45 cm Breite und 15 cm Höhe herzustellen. Die Platten sind der Länge nach auf das Grab zu legen; sie dürfen keine Unterlagen erhalten.
11 
(4) Inschriften, Schmuckform und symbolische Darstellungen müssen sich in Form, Größe und Verteilung dem Grabmal anpassen.
12 
(5) Wahlgräber sind einstellige Tiefgräber. In einem Tiefgrab sind bei gleichzeitig laufender Ruhezeit nur zwei Bestattungen übereinander zulässig.
13 
(6) Das Bürgermeisteramt - Friedhofsamt - legt Plattenwege als Grabeinfriedungen zwischen den Grabstätten.
14 
§ 21
Besondere Gestaltungsvorschriften für den Friedhof Münchingen
        
15 
(1) Im neuen Teil des Friedhofes, in den Abteilungen -05-14- dürfen keine Grabeinfriedungen angebracht werden. Das Bürgermeisteramt - Friedhofsamt - legt Plattenwege als Grabeinfriedungen zwischen den Grabstätten an. Grabmäler dürfen eine Höhe von 1,40 m nicht überschreiten.
16 
Der Antragsteller hat 2001 das Nutzungsrecht an der Wahlgrabstätte Abteilung F Nr. 66 auf dem städtischen Friedhof in Korntal erworben; dort ist seine Ehefrau bestattet. Mit Schreiben vom 31.05.2005 stellte er einen Antrag auf Errichtung eines Grabmals in der Höhe von 110 cm, einer Breite von 40 cm und einer Stärke von 20 cm aus geschliffenem, gelblichem Hartsandstein. Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 01.07.2005 unter Verweis auf die gestalterischen Vorgaben der Friedhofssatzung vom 02.12.2004 abgelehnt; auch nach der zuvor geltenden Fassung der Friedhofsatzung hätte jedenfalls für das erworbene Nutzungsrecht die besonderen Gestaltungsvorschriften gegolten. Über den form- und fristgerecht eingelegten Widerspruch wurde bisher nicht entschieden.
17 
Am 21.10.2005 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt: Die Satzung der Antragsgegnerin erfülle nicht die Anforderungen an die sogenannte Zweifelderwirtschaft. Die Antragsgegnerin habe sich bei den Gestaltungsvorschriften die Ansichten der Brüdergemeinde zu Eigen gemacht, ohne die allgemeine Handlungsfreiheit der Bürger zu berücksichtigen. Der Verweis auf den Friedhof in Münchingen genüge nicht, denn auch wenn dort keine besonderen Gestaltungsvorschriften gälten, so sei es doch üblich, im eigenen Teil der Gemeinde bestattet zu werden, zumal die Antragsgegnerin nur eine künstlich geschaffene Verwaltungseinheit und der andere Friedhof 5 km entfernt sei.
18 
Der Antragsteller beantragt,
19 
§ 20 Abs. 2 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 20. Dezember 2004 für unwirksam zu erklären.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie trägt vor: Die besonderen Gestaltungsvorschriften verstießen nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit der Bürger. Es sprächen besondere Gründe dafür, auf dem kommunalen Friedhof in Korntal keine Wahlgräber mit freier Gestaltungsmöglichkeit zuzulassen. Den Bürgern stehe in Münchingen ein Friedhof zur Verfügung, der von gestalterischen Vorgaben frei sei; er sei in zumutbarer Zeit auch von Korntal aus zu erreichen. Die „althergebrachte Korntaler Ordnung“ spiegele die kulturhistorische Entwicklung der Stadt Korntal wider, die aus einer Siedlung der Brüdergemeinde hervorgegangen sei. Die Grabgestaltung in ihrer einfachen und unauffälligen Form sei Ausdruck der von bescheidener Lebensführung und nicht von großen sozialen Unterschieden geprägten historischen Gemeinschaft. Selbst als eine freie Gestaltung möglich gewesen sei, seien keine derartigen Anträge gestellt worden, worin das Selbstverständnis der Korntaler Bürger zum Ausdruck komme. Ein individuell gestaltetes Grabmal würde diese Korntaler Ordnung zerstören.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
24 
Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafte Antrag ist auch im Übrigen gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig. Er wahrt die Zwei-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung (§ 195 Abs. 7 VwGO). Die erforderliche Antragsbefugnis ergibt sich aus der Möglichkeit einer Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG; denn die allgemeine Handlungsfreiheit umfasst auch den Wunsch naher Angehöriger eines Verstorbenen, des Toten nach eigenen Vorstellungen zu gedenken und hierzu auch Grabmale nach eigener Gestaltung zu errichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 - 3 C 26.03 -, BVerwGE 121, 17 <19> m.w.N.). Dieses Recht wird durch die Friedhofssatzung beschränkt. Der Antragsteller ist als Inhaber eines Nutzungsrechts an einer auf dem gemeindlichen Friedhof gelegenen Grabstelle von den angegriffenen Bestimmungen unmittelbar betroffen.
II.
25 
Der Antrag ist nicht begründet. Die angegriffenen Gestaltungsvorschriften wahren die Grenzen der der Antragsgegnerin durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 BestattG i.V.m. § 4 GemO eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis; sie verstoßen nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben.
26 
1. Die Angehörigen sind in Ausübung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG grundsätzlich frei, die Grabstätte nach ihren eigenen Anschauungen von Pietät, Ästhetik und Zweckmäßigkeit zu gestalten. Diese Befugnis findet ihre Schranken im Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, d.h. durch formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehenden Normen. Hierzu gehören zunächst diejenigen Gestaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um eine der Würde des Ortes entsprechende Gestaltung der Grabstätten sicherzustellen und den Friedhofsbesuchern ein ungestörtes Totengedenken zu ermöglichen (st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt Urteil vom 16.10.1996 - 1 S 3164/95 -, ESVGH 47, 81 <82> m.w.N.). Diese - im Rahmen des Friedhofszwecks gebotenen - Beschränkungen sind hinzunehmen; sie sind zulässig, weil sie eine würdige Ruhestätte gewährleisten. Daneben sind ebenso anzuerkennen Regelungen, die der Verkehrssicherheit dienen und - etwa durch das Verbot von Grababdeckungen - je nach Bodenbeschaffenheit die Verwesung begünstigen (vgl. Urteil des Senats vom 13.12.1993 - 1 S 428/93 -, NVwZ 1994, 793). Derartige sogenannte allgemeine, der Verwirklichung des Friedhofszwecks dienende Gestaltungsvorschriften enthält § 20 der Friedhofssatzung nicht.
27 
2. Auf den Erlass von Bestimmungen, die vom Friedhofszweck gefordert sind, ist die Gemeinde als Friedhofsträger aber nicht beschränkt. Vielmehr ist sie auch befugt, im Rahmen des ihr zustehenden normativen Ermessens strengere - sogenannte besondere - Gestaltungsvorschriften zu erlassen, wenn dadurch etwa bestimmte ästhetische Vorstellungen verwirklicht oder eine mehr oder weniger einheitliche Anlage wie z.B. ein Park- oder Waldfriedhof geschaffen werden sollen. Die damit einhergehende Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit ist nur zulässig, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Die besonderen Gestaltungsvorschriften müssen demnach durch einen legitimen Zweck gedeckt sein und dürfen die Rechte der Friedhofsbenutzer nicht in einem Maße beschränken, das außer Verhältnis zu Gewicht und Bedeutung des verfolgten Zweckes steht. Je nach dem Ausmaß der Beschränkung individueller Gestaltungsspielräume kann der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz es gebieten, den Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, an anderer Stelle ein Grabmal nach eigenen Wünschen aufzustellen, sofern dieses nicht verunstaltend wirkt. Die Gemeinde muss dann rechtlich und tatsächlich gewährleisten, dass auf anderen Friedhofsteilen bzw. Friedhöfen im Gemeindegebiet Grabfelder zur Verfügung stehen, für die allein die allgemeinen - durch den Friedhofszweck geforderten - Gestaltungsvorgaben gelten (vgl. Senatsurteil vom 16.10.1996 - 1 S 3164/95 -, ESVGH 47, 81 <82 f.>; BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 - 3 C 26.03 -, BVerwGE 121, 17 <20>).
28 
a) Die Antragsgegnerin hat die besonderen Gestaltungsvorschriften für den Friedhof Korntal zu Recht als einschneidend und gewichtig eingestuft und folglich Ausweichmöglichkeiten als zwingend notwendig erachtet. Die Friedhofsatzung sieht sogenannte „gestaltungsfreie“ Grabfelder für die Einwohner des gesamten Gemeindegebiets auf dem Friedhof im Stadtteil Münchingen vor. Damit ist dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Genüge getan.
29 
Wo der in der Rechtsprechung des Senats geforderte Ausgleich stattzufinden hat, kann nicht einheitlich beantwortet werden. In Betracht kommen sowohl ein Teil desselben Friedhofs, ein anderer Friedhof innerhalb desselben Stadtteils oder ein Friedhof in einem anderen Ortsteil. Dies richtet sich insbesondere danach, ob und inwieweit es für den verfolgten Gestaltungszweck eine besondere Rechtfertigung gibt. Je weniger Gewicht diesem Zweck beigemessen werden kann, umso strenger sind die Maßstäbe, die an die Ausweichmöglichkeit anzulegen sind. Hierbei ist grundsätzlich zu beachten, dass der Friedhofsbesuch, insbesondere durch die Angehörigen, nicht übermäßig erschwert werden darf. Den Angehörigen kann nur unter besonderen Voraussetzungen angesonnen werden, auf die Bestattung eines Verstorbenen auf dem örtlichen Bezugsfriedhof zu verzichten und auf einen anderen Friedhof innerhalb der Gemeinde auszuweichen. Die Beachtung dieser Grundsätze führt in der Regel dazu, dass die Wahlmöglichkeit auf dem Friedhof selbst bestehen muss, wenn es dem Friedhofsträger allein um die Durchsetzung bestimmter ästhetischer Vorstellungen geht, die zudem dem Wandel unterliegen können.
30 
b) Ausnahmen von der Maßgeblichkeit des üblichen Bezugsfriedhofs sind indessen dann anzuerkennen, wenn der Gestaltungszweck - wie hier - von einer besonderen Rechtfertigung getragen wird.
31 
Der Bewahrung der Tradition der „althergebrachten Korntaler Ordnung“ kommt eine Bedeutung zu, die bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen ein Ausweichen auf die „gestaltungsfreien“ Grabfelder des Friedhofs in Münchingen als noch zumutbar erscheinen lässt.
32 
Die in § 20 Abs. 2 FS vorgeschriebene besondere Art der Grabmalgestaltung geht zurück auf die Gründer der Stadt Korntal, ein Brüderkollegium zu Beginn des 19. Jahrhunderts, und beruht auf der „Kirchenordnung der privilegierten evangelisch-lutherischen Brüdergemeinden Korntal und Wilhelmsdorf“. Wie in der Präambel der Friedhofsordnung der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal ausgeführt wird, bringt die schlichte und einheitliche Form der Grabsteine zum Ausdruck, dass nach christlichem Verständnis mit der Anlage von Gräbern kein Totenkult verbunden sei und keine Denkmäler für Verstorbene und deren besondere Verdienste aufgerichtet werden sollten; mit den einfachen Grabsteinen werde vielmehr angezeigt, dass vor Gott alle Menschen gleich seien. In diese Tradition, die das Erscheinungsbild des alten Korntaler Friedhofs ebenfalls prägt, stellt sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin, um die historisch begründete Identität der Stadt Korntal zu betonen. Mit diesem Anliegen, das über rein ästhetische, dem Zeitgeist unterliegende Erwägungen hinausgeht, verfolgt die Antragsgegnerin einen legitimen Zweck. Der spezifisch religiös-konfessionelle Bezug hindert die öffentliche Gewalt auch im weltanschaulich neutralen Staat nicht, solche Traditionspflege zu betreiben. Denn die historisch gewachsene kulturelle Identität eines Gemeinwesens muss seine religiösen Wurzeln nicht verleugnen. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass die Tradition doch auf dem brüdergemeindeeigenen Friedhof - und dort zugleich mit dem ungeschmälerten inhaltlichen Bezug - gepflegt werde; denn die beiden Friedhöfe prägen sich durch ihre unmittelbare Nähe gegenseitig.
33 
Der Zulässigkeit der Zwecksetzung steht auch nicht entgegen, dass die Friedhofsnutzer durch die Korntaler Ordnung sehr strengen Vorschriften unterworfen werden, die individuelle Gestaltungsmöglichkeiten bei den äußeren Maßen der Grabmäler völlig ausschließen. Denn ungeachtet des strikt vorgegebenen Formats sind die Grabmäler nicht völlig uniformisiert: Eine individualisierende Prägung des Grabmals kann durch den verwendeten Stein und die Beschriftung erfolgen.
34 
Bei der Gewichtung des gestalterischen Zwecks und der Verfolgung des Ziels der Bewahrung eines gänzlich einheitlichen Erscheinungsbildes der beiden Korntaler Friedhöfe durfte der Satzungsgeber im Jahr 2004 auch berücksichtigen, dass unter der Geltung der alten Satzung ein Bedarf an „gestaltungsfreien“ Grabstellen nicht geltend gemacht worden ist und die spezifische Gestaltung des Friedhofs offensichtlich von einem großen Konsens getragen wird (vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 26.05.2000 - 19 A 2015/99 - Rz. 62 ff.). Auch wenn, wie der Antragsteller vorträgt, er bei der Auswahl einer Grabstätte über die Möglichkeit der Einrichtung eines „gestaltungsfreien“ Grabfeldes nicht informiert worden ist, fehlt es doch an Hinweisen, dass die Traditionspflege in einem Maße auf Ablehnung und Widerstand gestoßen sein könnte, das die Antragsgegnerin zu einer anderen Entscheidung über Ausweichmöglichkeiten auch in Korntal selbst hätte veranlassen müssen.
35 
Angesichts dieser Umstände ist ein Ausweichen auf den Münchinger Friedhof auch für die Bewohner von Korntal nicht unzumutbar. Zwar ist ein Besuch des dortigen Friedhofs von Korntal aus aufgrund der Entfernung insbesondere bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit gewissen Erschwernissen verbunden; doch ist der Friedhof gerade über die Bahnhaltestelle Münchingen-Rührberg gut erschlossen. Da die Antragsgegnerin nach der mittlerweile über drei Jahrzehnte zurückliegenden kommunalen Gebietsreform eine einheitliche politische Gemeinde ist, kann schließlich nicht davon die Rede sein, dass derjenige, der sich den Gestaltungsvorschriften in Korntal nicht unterwerfen will, im Tod in unzulässiger Weise aus der Gemeinschaft „ausgegrenzt“ würde.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
24 
Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafte Antrag ist auch im Übrigen gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig. Er wahrt die Zwei-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung (§ 195 Abs. 7 VwGO). Die erforderliche Antragsbefugnis ergibt sich aus der Möglichkeit einer Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG; denn die allgemeine Handlungsfreiheit umfasst auch den Wunsch naher Angehöriger eines Verstorbenen, des Toten nach eigenen Vorstellungen zu gedenken und hierzu auch Grabmale nach eigener Gestaltung zu errichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 - 3 C 26.03 -, BVerwGE 121, 17 <19> m.w.N.). Dieses Recht wird durch die Friedhofssatzung beschränkt. Der Antragsteller ist als Inhaber eines Nutzungsrechts an einer auf dem gemeindlichen Friedhof gelegenen Grabstelle von den angegriffenen Bestimmungen unmittelbar betroffen.
II.
25 
Der Antrag ist nicht begründet. Die angegriffenen Gestaltungsvorschriften wahren die Grenzen der der Antragsgegnerin durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 BestattG i.V.m. § 4 GemO eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis; sie verstoßen nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben.
26 
1. Die Angehörigen sind in Ausübung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG grundsätzlich frei, die Grabstätte nach ihren eigenen Anschauungen von Pietät, Ästhetik und Zweckmäßigkeit zu gestalten. Diese Befugnis findet ihre Schranken im Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, d.h. durch formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehenden Normen. Hierzu gehören zunächst diejenigen Gestaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um eine der Würde des Ortes entsprechende Gestaltung der Grabstätten sicherzustellen und den Friedhofsbesuchern ein ungestörtes Totengedenken zu ermöglichen (st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt Urteil vom 16.10.1996 - 1 S 3164/95 -, ESVGH 47, 81 <82> m.w.N.). Diese - im Rahmen des Friedhofszwecks gebotenen - Beschränkungen sind hinzunehmen; sie sind zulässig, weil sie eine würdige Ruhestätte gewährleisten. Daneben sind ebenso anzuerkennen Regelungen, die der Verkehrssicherheit dienen und - etwa durch das Verbot von Grababdeckungen - je nach Bodenbeschaffenheit die Verwesung begünstigen (vgl. Urteil des Senats vom 13.12.1993 - 1 S 428/93 -, NVwZ 1994, 793). Derartige sogenannte allgemeine, der Verwirklichung des Friedhofszwecks dienende Gestaltungsvorschriften enthält § 20 der Friedhofssatzung nicht.
27 
2. Auf den Erlass von Bestimmungen, die vom Friedhofszweck gefordert sind, ist die Gemeinde als Friedhofsträger aber nicht beschränkt. Vielmehr ist sie auch befugt, im Rahmen des ihr zustehenden normativen Ermessens strengere - sogenannte besondere - Gestaltungsvorschriften zu erlassen, wenn dadurch etwa bestimmte ästhetische Vorstellungen verwirklicht oder eine mehr oder weniger einheitliche Anlage wie z.B. ein Park- oder Waldfriedhof geschaffen werden sollen. Die damit einhergehende Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit ist nur zulässig, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Die besonderen Gestaltungsvorschriften müssen demnach durch einen legitimen Zweck gedeckt sein und dürfen die Rechte der Friedhofsbenutzer nicht in einem Maße beschränken, das außer Verhältnis zu Gewicht und Bedeutung des verfolgten Zweckes steht. Je nach dem Ausmaß der Beschränkung individueller Gestaltungsspielräume kann der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz es gebieten, den Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, an anderer Stelle ein Grabmal nach eigenen Wünschen aufzustellen, sofern dieses nicht verunstaltend wirkt. Die Gemeinde muss dann rechtlich und tatsächlich gewährleisten, dass auf anderen Friedhofsteilen bzw. Friedhöfen im Gemeindegebiet Grabfelder zur Verfügung stehen, für die allein die allgemeinen - durch den Friedhofszweck geforderten - Gestaltungsvorgaben gelten (vgl. Senatsurteil vom 16.10.1996 - 1 S 3164/95 -, ESVGH 47, 81 <82 f.>; BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 - 3 C 26.03 -, BVerwGE 121, 17 <20>).
28 
a) Die Antragsgegnerin hat die besonderen Gestaltungsvorschriften für den Friedhof Korntal zu Recht als einschneidend und gewichtig eingestuft und folglich Ausweichmöglichkeiten als zwingend notwendig erachtet. Die Friedhofsatzung sieht sogenannte „gestaltungsfreie“ Grabfelder für die Einwohner des gesamten Gemeindegebiets auf dem Friedhof im Stadtteil Münchingen vor. Damit ist dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Genüge getan.
29 
Wo der in der Rechtsprechung des Senats geforderte Ausgleich stattzufinden hat, kann nicht einheitlich beantwortet werden. In Betracht kommen sowohl ein Teil desselben Friedhofs, ein anderer Friedhof innerhalb desselben Stadtteils oder ein Friedhof in einem anderen Ortsteil. Dies richtet sich insbesondere danach, ob und inwieweit es für den verfolgten Gestaltungszweck eine besondere Rechtfertigung gibt. Je weniger Gewicht diesem Zweck beigemessen werden kann, umso strenger sind die Maßstäbe, die an die Ausweichmöglichkeit anzulegen sind. Hierbei ist grundsätzlich zu beachten, dass der Friedhofsbesuch, insbesondere durch die Angehörigen, nicht übermäßig erschwert werden darf. Den Angehörigen kann nur unter besonderen Voraussetzungen angesonnen werden, auf die Bestattung eines Verstorbenen auf dem örtlichen Bezugsfriedhof zu verzichten und auf einen anderen Friedhof innerhalb der Gemeinde auszuweichen. Die Beachtung dieser Grundsätze führt in der Regel dazu, dass die Wahlmöglichkeit auf dem Friedhof selbst bestehen muss, wenn es dem Friedhofsträger allein um die Durchsetzung bestimmter ästhetischer Vorstellungen geht, die zudem dem Wandel unterliegen können.
30 
b) Ausnahmen von der Maßgeblichkeit des üblichen Bezugsfriedhofs sind indessen dann anzuerkennen, wenn der Gestaltungszweck - wie hier - von einer besonderen Rechtfertigung getragen wird.
31 
Der Bewahrung der Tradition der „althergebrachten Korntaler Ordnung“ kommt eine Bedeutung zu, die bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen ein Ausweichen auf die „gestaltungsfreien“ Grabfelder des Friedhofs in Münchingen als noch zumutbar erscheinen lässt.
32 
Die in § 20 Abs. 2 FS vorgeschriebene besondere Art der Grabmalgestaltung geht zurück auf die Gründer der Stadt Korntal, ein Brüderkollegium zu Beginn des 19. Jahrhunderts, und beruht auf der „Kirchenordnung der privilegierten evangelisch-lutherischen Brüdergemeinden Korntal und Wilhelmsdorf“. Wie in der Präambel der Friedhofsordnung der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal ausgeführt wird, bringt die schlichte und einheitliche Form der Grabsteine zum Ausdruck, dass nach christlichem Verständnis mit der Anlage von Gräbern kein Totenkult verbunden sei und keine Denkmäler für Verstorbene und deren besondere Verdienste aufgerichtet werden sollten; mit den einfachen Grabsteinen werde vielmehr angezeigt, dass vor Gott alle Menschen gleich seien. In diese Tradition, die das Erscheinungsbild des alten Korntaler Friedhofs ebenfalls prägt, stellt sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin, um die historisch begründete Identität der Stadt Korntal zu betonen. Mit diesem Anliegen, das über rein ästhetische, dem Zeitgeist unterliegende Erwägungen hinausgeht, verfolgt die Antragsgegnerin einen legitimen Zweck. Der spezifisch religiös-konfessionelle Bezug hindert die öffentliche Gewalt auch im weltanschaulich neutralen Staat nicht, solche Traditionspflege zu betreiben. Denn die historisch gewachsene kulturelle Identität eines Gemeinwesens muss seine religiösen Wurzeln nicht verleugnen. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass die Tradition doch auf dem brüdergemeindeeigenen Friedhof - und dort zugleich mit dem ungeschmälerten inhaltlichen Bezug - gepflegt werde; denn die beiden Friedhöfe prägen sich durch ihre unmittelbare Nähe gegenseitig.
33 
Der Zulässigkeit der Zwecksetzung steht auch nicht entgegen, dass die Friedhofsnutzer durch die Korntaler Ordnung sehr strengen Vorschriften unterworfen werden, die individuelle Gestaltungsmöglichkeiten bei den äußeren Maßen der Grabmäler völlig ausschließen. Denn ungeachtet des strikt vorgegebenen Formats sind die Grabmäler nicht völlig uniformisiert: Eine individualisierende Prägung des Grabmals kann durch den verwendeten Stein und die Beschriftung erfolgen.
34 
Bei der Gewichtung des gestalterischen Zwecks und der Verfolgung des Ziels der Bewahrung eines gänzlich einheitlichen Erscheinungsbildes der beiden Korntaler Friedhöfe durfte der Satzungsgeber im Jahr 2004 auch berücksichtigen, dass unter der Geltung der alten Satzung ein Bedarf an „gestaltungsfreien“ Grabstellen nicht geltend gemacht worden ist und die spezifische Gestaltung des Friedhofs offensichtlich von einem großen Konsens getragen wird (vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 26.05.2000 - 19 A 2015/99 - Rz. 62 ff.). Auch wenn, wie der Antragsteller vorträgt, er bei der Auswahl einer Grabstätte über die Möglichkeit der Einrichtung eines „gestaltungsfreien“ Grabfeldes nicht informiert worden ist, fehlt es doch an Hinweisen, dass die Traditionspflege in einem Maße auf Ablehnung und Widerstand gestoßen sein könnte, das die Antragsgegnerin zu einer anderen Entscheidung über Ausweichmöglichkeiten auch in Korntal selbst hätte veranlassen müssen.
35 
Angesichts dieser Umstände ist ein Ausweichen auf den Münchinger Friedhof auch für die Bewohner von Korntal nicht unzumutbar. Zwar ist ein Besuch des dortigen Friedhofs von Korntal aus aufgrund der Entfernung insbesondere bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit gewissen Erschwernissen verbunden; doch ist der Friedhof gerade über die Bahnhaltestelle Münchingen-Rührberg gut erschlossen. Da die Antragsgegnerin nach der mittlerweile über drei Jahrzehnte zurückliegenden kommunalen Gebietsreform eine einheitliche politische Gemeinde ist, kann schließlich nicht davon die Rede sein, dass derjenige, der sich den Gestaltungsvorschriften in Korntal nicht unterwerfen will, im Tod in unzulässiger Weise aus der Gemeinschaft „ausgegrenzt“ würde.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist Inhaber eines Reihengrabs mit vier Grabstellen auf dem Friedhof der Beklagten. Er möchte dort ein Grabmal mit einer bestimmten Größe errichten.

Die Errichtung von Grabmälern bedarf nach § 14 Abs. 1 der Friedhofs- und Bestattungssatzung vom 20. September 2007 (FBS) der Erlaubnis. Diese kann u.a. versagt werden, wenn das Grabmal den Bestimmungen der Satzung widerspricht (§ 14 Abs. 3 FBS). Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS dürfen Grabmäler bei Reihengräbern mit vier Grabstellen im Regelfall eine Breite von 1,35 m nicht überschreiten.

Einen Antrag des Klägers, die Umsetzung eines 1,50 m breiten Grabmals von einem anderen Friedhof auf sein Reihengrab zu erlauben, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 2012 ab. Der Grabstein sei kein Altbestand, weil er vorher auf einem auswärtigen Friedhof gestanden habe; eine Ausnahmegenehmigung könne nicht erteilt werden.

Der Kläger erhob hiergegen Klage zum Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. März 2012 zu verpflichten, ihm die Erlaubnis zur Errichtung eines Grabmales für die vorgesehene Grabstätte mit einer Breite des Grabsteins von 1,50 m zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zur Neubescheidung des Antrags zu verpflichten. Für die in der Satzung vorgesehene maximale Breite von 1,35 m ergebe sich aus Art. 9 Abs. 1 BestG keine Ermächtigungsgrundlage, da die öffentliche Sicherheit keine Größenbegrenzung gebiete. Die Regelungen zur Breite der Grabdenkmäler beschränkten die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG unverhältnismäßig. Zudem lasse der ablehnende Bescheid keine Ermessenserwägungen erkennen.

Das Verwaltungsgericht Bayreuth wies die Klage mit Urteil vom 26. Juli 2013 ab. Die Regelung in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS verstoße nicht gegen höherrangige Vorschriften. Bei der Festlegung von Höchstmaßen für Grabmäler handle es sich nicht um eine Gestaltungsvorschrift, die über die allgemeinen Anforderungen in Art. 9 Abs. 1 BestG hinausgehe. Höchstbreiten seien aus Sicherheitsgründen erforderlich und damit von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Die Beklagte habe insoweit unwidersprochen dargelegt, dass durch die Regelung ein gefahrloses Arbeiten auch auf der Rückseite von Grabmälern (z.B. Heckenpflege, Standsicherheitsprüfungen) sichergestellt werden solle und müsse. Diese Arbeiten erforderten einen Mindestabstand nicht nur zwischen den Grabstellen, sondern eine Mindestdurchgangsbreite auch zwischen den Grabmälern. Zwar hätte sich nach der Vorgängersatzung eine noch größere Durchgangsbreite ergeben. Die Beklagte habe jedoch plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass im Normsetzungsverfahren ein Ausgleich zwischen dem (privaten) Interesse an einer Aufstellung breiterer Grabdenkmäler und dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung der Sicherheit auf dem Friedhof erfolgt sei. § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS verstoße nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 101 BV. Die Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen, dass der (einzige) gemeindliche Friedhof über keine Erweiterungsmöglichkeiten verfüge; dies decke sich mit den vom Gericht im Rahmen seines Augenscheins gewonnenen Erkenntnissen. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung habe die Beklagte ermessensfehlerfrei abgelehnt. Für eine Ermessensreduktion auf Null sei nichts erkennbar, da den durchaus berechtigten Belangen des Klägers gewichtige öffentliche Belange entgegenstünden. Es liege kein Ermessensausfall vor, der eine Ergänzung der Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO ausschließe. Die Begründung der Ermessensentscheidung im Bescheid vom 7. März 2012 möge zwar rudimentär ausgefallen sein; aus den schriftlichen Gründen gehe aber unzweifelhaft hervor, dass die Beklagte den ihr zustehenden Ermessensspielraum erkannt und mit der möglichen Wertung des Grabmals als Altbestand einen typischerweise in die Ermessenserwägungen einzustellenden privaten Belang gesehen und gewichtet habe. Sie habe insbesondere gesehen, dass mit der Umarbeitung des Grabsteins auf das satzungsmäßig zulässige Maß für den Kläger Kosten verbunden seien. Die Beklagte habe unwidersprochen dargelegt, dass sie seit Inkrafttreten der aktuellen Friedhofssatzung – abgesehen von einem Fall der Verlegung eines auf dem Friedhof bereits vorhandenen Grabsteins – keine Ausnahmen in Bezug auf die Errichtung überbreiter Grabsteine zugelassen habe. Dass sie im Rahmen ihrer Ermessensausübung den öffentlichen Belang der Verkehrssicherheit höher gewichtet habe als den privaten Belang des Klägers, den vorhandenen Grabstein ohne weitere Umarbeitung auf ihren Friedhof umzusetzen, sei nicht zu beanstanden.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.

Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernsthaften Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), denn der Kläger hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – NVwZ 2009, 515/516 m.w.N.).

a) Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis, da die beabsichtigte Errichtung eines 1,50 m breiten Grabmals gegen die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS verstößt, wonach Grabmäler bei Reihengräbern mit vier Grabstellen im Regelfall eine Breite von 1,35 m nicht überschreiten dürfen. Diese vom kommunalen Satzungsgeber gestellte Anforderung steht nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht.

Der Kläger trägt demgegenüber vor, im gesamten Normsetzungsverfahren finde sich kein Hinweis darauf, dass die Regelungen über die Ausmaße der Grabmäler aus Sicherheitsgründen getroffen worden seien. Hierfür sei eine solche Regelung auch nicht geeignet, da die in § 15 FBS enthaltenen Maße nicht mit dem in § 12 Abs. 2 FBS geregelten Abstand von Grabstätte zu Grabstätte übereinstimmten. Ein Abstand von 0,30 m reiche aus, um hinter die Grabsteine zu gelangen und die Heckenpflege sowie die Standsicherheitsprüfung vorzunehmen; nach jetziger Regelung ergebe sich dagegen eine Durchgangsbreite von mindestens 0,75 m zwischen den Grabmälern. Zu keinem Zeitpunkt sei plausibel dargelegt worden, dass ein solcher Abstand aus Gründen der Sicherheit erforderlich sei. Auch der Umstand, dass durch eine Satzungsänderung die Höchstbreite der Grabmäler von früher 1,20 m auf nunmehr 1,35 m vergrößert worden sei, lasse erkennen, dass diese Regelung nicht gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BestG aus Sicherheitsgründen getroffen worden sei, sondern aus gestalterischen Gründen, die aber nach Art. 9 Abs. 3 BestG nicht maßgebend sein dürften. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht geklärt, inwieweit auf dem Gebiet der Beklagten weitere Friedhöfe errichtet werden könnten und wie hoch die Belegungsrate des bestehenden Friedhofs sei; ohne solche Untersuchungen könnten die Regelungen über die Ausmaße des Grabmals nicht unter Hinweis auf eine drohende Überfüllung mit Art 101 BV in Einklang gebracht werden.

Diese Einwände des Klägers sind nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS vorgeschriebenen Höchstbreite von 1,35 m zu begründen. Das von der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 BV) umfasste Recht des Verstorbenen und seiner Angehörigen, über die Gestaltung der Grabstätte zu entscheiden (BVerfG, B.v. 28.2.1979 – 1 BvR 317/74 – BVerfGE 50, 256/262 = BayVBl 1979, 370; BVerwG, U.v. 8.11.1963 – VII C 148.60 – BVerwG 17, 119/121 = BayVBl 1964, 122; BayVerfGH, E.v. 12.12.1980 – Vf. 12-VII-79 – VerfGH 33,174/177 = BayVBl 1981, 207), kann durch eine mit höherrangigem Recht in Einklang stehende gemeindliche Satzung eingeschränkt werden (BVerfG, a.a.O.; BayVerfGH, a.a.O.). Um einen zweckgerechten und störungsfreien Betrieb des Friedhofs zu gewährleisten, dürfen in einer Friedhofssatzung nach allgemeiner Auffassung auch Höchstmaße für Grabstätten und Grabmale festgelegt werden (vgl. BayVerfGH, a.a.O., 179; BayVGH, U.v. 6.12.1972 - 78 IV 69 - BayVBl 1973, 382; v. 12.10.1983 - 4 B 81 A.2636 - UA S. 6, n.v.; v. 30.7.1990 - 7 B 90.136 - BayVBl 1991, 205/206; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 10. Aufl., 202 f.).

Die von der Beklagten erlassene Satzungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS findet, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ihre objektive Rechtfertigung in der gesetzlichen Vorgabe des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BestG, wonach die Friedhöfe und die einzelnen Grabstätten so beschaffen sein müssen, dass sie den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit entsprechen. Ob diese Gesetzesvorschrift den zuständigen Gemeinderatsmitgliedern während des Normsetzungsverfahrens vor Augen stand und ob der getroffenen Regelung damit tatsächlich konkrete Sicherheitserwägungen zugrunde lagen, kann dabei offenbleiben. Denn für die Gültigkeit untergesetzlicher Normen kommt es, sofern keine gesetzlich formulierten Anforderungen an den Willensbildungsvorgang bestehen, allein auf das Ergebnis des Rechtsetzungsaktes und nicht (auch) auf die tragenden Motive des Normgebers an (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.2006 – 6 C 19/05 – BVerwGE 125, 384/386 = NVwZ 2006, 1068; BayVerfGH, E.v. 12.10.1994 – Vf. 16-VII-92 – VerfGH 47, 207/226 = BayVBl 1995, 76; ThürOVG, U.v. 24.10.2006 – 2 N 249/04 – juris Rn. 66).

Die in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS geforderte Höchstbreite der Grabmäler von 1,35 m sorgt für einen notwendigen Mindestabstand zwischen den nebeneinander stehenden Grabsteinen und ist damit objektiv geeignet, die öffentliche Sicherheit bei den wiederkehrenden Pflege- und Instandhaltungsarbeiten zu erhöhen. Die Regelung steht nicht im Widerspruch zu der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Satz 1 FBS, wonach bei Reihengräbern der Abstand von Grabstätte zu Grabstätte 0,30 m nicht überschreiten darf. Zwar ist bereits mit dieser Vorgabe sichergestellt, dass zwischen benachbarten Grabstellen jeweils ein begehbarer Randstreifen verbleibt, so dass die Gräber von allen Seiten zugänglich sind. Die bloße Durchgangsbreite von 0,30 m reicht jedoch nicht aus, wenn im rückwärtigen Bereich der Grabstellen z. B. Standsicherheitsprüfungen an den Grabsteinen oder (größere) gärtnerische Pflegemaßnahmen anstehen, für die entsprechendes Arbeitsgerät oder Material eingesetzt werden soll. Bei derartigen Anlässen muss gewährleistet sein, dass die Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung den Streifen zwischen den Gräbern auch mit Schubkarren oder ähnlichen Transportwerkzeugen befahren können, ohne durch die vom Boden aufragenden Grabsteine daran gehindert zu werden oder eine Kollision mit diesen befürchten zu müssen. Zusätzlich zum vorgeschriebenen Abstand der Grabstellen bedarf es daher auch der satzungsrechtlichen Regelung, dass die dort errichteten Grabmäler eine bestimmte Breite nicht überschreiten dürfen.

Die hier streitige Begrenzung auf 1,35 m bei Reihengräbern mit vier Grabstellen geht nicht über das aus Sicherheitsgründen erforderliche Maß hinaus. Da die betreffenden Gräber, die insgesamt 2,0 m breit sind (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 FBS), wegen des an den beiden Längsseiten abzuziehenden Randstreifens von (2 x 0,15 m =) 0,30 m (§ 12 Abs. 2 Satz 1 FBS) tatsächlich nur eine nutzbare Breite von 1,70 m aufweisen, bleibt die höchstzulässige Breite der Grabmäler von 1,35 m um lediglich 0,35 m hinter dem zurück, was bei maximaler Ausnutzung der überbaufähigen Fläche möglich wäre. Damit ergibt sich für den Durchgang zwischen zwei benachbarten Grabsteinen eine lichte Weite von mindestens (0,30 m + 0,35 m =) 0,65 m, die gerade eben ausreicht, um – etwa mit einer Schubkarre – gefahrlos Arbeitsmaterial hinter die Grabmäler befördern zu können. Schon eine Verringerung dieses Abstands um wenige Zentimeter würde das Kollisionsrisiko spürbar erhöhen.

Der Beklagten kann nicht entgegenhalten werden, dass sie mit der in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS vorgeschriebenen Höchstbreite nur vordergründig Gefahrenabwehr betreibe, in Wahrheit jedoch – ohne nach Art. 9 Abs. 3 BestG dazu befugt zu sein – eigene ästhetisch-gestalterische Vorstellungen zur Geltung bringen wolle. Für eine solche Intention spricht auch nicht der Umstand, dass nach der vorherigen Fassung der Satzung die Breite der Grabmäler auf nur 1,20 m begrenzt war, so dass der Mindestabstand zwischen den Grabsteinen damals sogar 0,80 m betrug. Der kommunale Satzungsgeber ist bei der Bestimmung derartiger Obergrenzen nicht kraft höherrangigen Rechts auf exakt bestimmbare Zahlenwerte festgelegt. Er kann vielmehr im Rahmen seines weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums eigenständig entscheiden, inwieweit den bestehenden Sicherheitsbedürfnissen durch Begrenzungen der Breite (und Höhe) von Grabmälern vorbeugend Rechnung getragen werden soll und inwieweit er andererseits den individuellen Gestaltungswünschen der Verstorbenen und ihrer Angehörigen auch bezüglich der Ausmaße der Grabmäler Raum verschaffen will. Dass einzelne bayerische Gemeinden in ihren Friedhofssatzungen für Grabsteine und sonstige Grabdenkmäler eine größere Breite zulassen als die Beklagte, beweist daher nicht die Rechtswidrigkeit der hier streitigen Bestimmung, sondern verdeutlicht nur die Weite des insoweit bestehenden Regelungsspielraums.

Ob die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit festgelegte Höchstbreite von 1,35 m mit der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 BV) vereinbar ist, hängt entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht davon ab, ob auf dem Gebiet der Beklagten noch weitere Friedhöfe errichtet werden könnten und wie hoch die Belegungsrate des bestehenden Friedhofs ist. Diese Fragen stehen mit der Breite der Grabmäler in keinem direkten Zusammenhang, so dass das Verwaltungsgericht dazu keine weiteren Ermittlungen anstellen musste. An welchen Standorten die nach Art. 149 Abs. 1 BV und Art. 7 BestG notwendigen Bestattungseinrichtungen geschaffen werden, liegt ebenso im planerischen Ermessen der Gemeinden wie die Entscheidung darüber, welche Abmessungen die einzelnen Grabstellen haben und wie sie auf dem jeweiligen Friedhof angeordnet sein sollen. Die gesetzliche Anforderung, den Verstorbenen eine würdige und der Pflege ihres Andenkens angemessene Ruhestätte zu bieten (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 BestG), ist hinsichtlich der zur Verfügung gestellten Fläche jedenfalls erfüllt, wenn für Reihengräber wie hier eine Gesamtbreite von 2,00 m mit einem davon abzuziehenden seitlichen Abstand von 0,30 m vorgesehen ist. Den Wünschen Einzelner nach noch größeren Grabstätten, auf denen entsprechend breitere Grabmäler errichtet werden könnten, muss der gemeindliche Normgeber nicht nachkommen. Anders als die speziellen Gestaltungsanforderungen nach Art. 9 Abs. 3 BestG, die sich unmittelbar auf die Handlungsfreiheit der Friedhofsbenutzer auswirken und diese daher nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen dürfen (BayVerfGH, E.v. 21.3.1985 – Vf. 9-VII-84 – VerfGH 38, 34/37 = BayVBl 1985, 461), stellen Regelungen über die Ausmaße der vom Friedhofsträger zu vergebenden Grabstätten keine am Erforderlichkeitskriterium zu messenden selbständigen Freiheitseingriffe dar, die etwa nur bei nachweislich fehlenden räumlichen Erweiterungsmöglichkeiten gerechtfertigt wären.

b) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Beklagte die beantragte Ausnahme von der satzungsrechtlich vorgeschriebenen Höchstbreite rechtsfehlerfrei abgelehnt hat.

Der Kläger wendet hiergegen ein, es sei nicht nachvollziehbar, dass in der Wertung des Grabmals als Altbestand bereits eine Ermessenserwägung gesehen werde. Die Ablehnungsentscheidung sei zudem deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte sich keinen Überblick darüber verschafft habe, an welcher Stelle konkret das zu errichtende Grabmal stehe und welche Durchgangsbreite dort tatsächlich bestehe. Wegen des Fehlens diesbezüglicher Ermessenserwägungen sei von einem Ermessensausfall auszugehen.

Auch damit werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte im Wege pflichtgemäßen Ermessens darüber zu befinden hatte, ob der 1,50 m breite Grabstein trotz Überschreitung der in § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS vorgeschriebenen Höchstbreite auf dem gemeindlichen Friedhof aufgestellt werden durfte. Das Recht des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung ergab sich aus der Bestimmung des § 14 Abs. 3 FBS, wonach die Erlaubnis zur Errichtung eines Grabmals im Falle eines Widerspruchs zu den gesetzlichen Vorschriften oder zu den Bestimmungen der Satzung nicht zwingend zu versagen ist, sondern lediglich versagt werden „kann“ (vgl. Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl. XVI Rn. 18). Aufgrund dieser Formulierung steht es dem Beklagten frei, ein den rechtlichen Vorgaben nicht entsprechendes Grabmal insbesondere im Falle einer nur geringfügigen Abweichung ausnahmsweise zuzulassen (vgl. BayVGH, U.v. 30.7.1990 – 7 B 90.136 – BayVBl 1991, 205/206 f.).

Dass sich die Beklagte dieses Ermessensspielraums bewusst war und daher kein Ermessensausfall vorlag, geht aus der dem Ablehnungsbescheid vom 7. März 2012 beigefügten Begründung deutlich hervor. Schon der einleitenden Aussage, einer Ausnahmegenehmigung könne aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zugestimmt werden, liegt erkennbar die Vorstellung zugrunde, im Einzelfall von der satzungsrechtlich festgelegten Höchstbreite abweichen zu dürfen. Die nachfolgende Aussage, das geplante Grabmal sei nicht als Altbestand zu werten, da der Grabstein vorher in einem auswärtigen Friedhof gestanden habe, betrifft einen Gesichtspunkt, der in der Satzung nicht ausdrücklich erwähnt ist und der demzufolge nur als ein (potentiell) ermessensrelevanter Umstand verstanden werden kann.

Nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Beklagte die im Ablehnungsbescheid nur ansatzweise angeführten Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise nach § 114 Satz 2 VwGO ergänzt hat, so dass nunmehr eine insgesamt rechtmäßige Ermessensentscheidung vorliegt. Die Versagung der beantragten Ausnahme war entgegen dem Einwand des Klägers nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte die Verhältnisse am vorgesehenen Ort der Grabmalserrichtung und insbesondere die nach der Aufstellung eines 1,50 m breiten Grabsteins zu erwartende Durchgangsbreite nicht konkret ermittelt und in ihr Entscheidungskalkül mit einbezogen hat. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass an der genannten Stelle, die vom Verwaltungsgericht in Augenschein genommen wurde und deren Lage sich auch aus den im Gerichtsakt befindlichen Planzeichnungen ergibt, besondere Umstände vorlägen, die für die Erteilung einer Ausnahme sprechen könnten. Überdies könnte sich aus einer solchen Momentaufnahme, worauf der Beklagtenvertreter zutreffend hinweist, schon deshalb kein maßgebender Ermessensgesichtspunkt ergeben, weil durch Änderungen an den benachbarten Grabstellen ein möglicher Engpass auch erst in Zukunft entstehen könnte.

2. Die vorliegende Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Der Kläger sieht eine besondere rechtliche Schwierigkeit des Rechtsstreits in der Frage, inwieweit die Regelung des § 15 FBS zu den Ausmaßen der Grabmäler von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 9 Abs. 1 BestG gedeckt sei, wenn zwischen den Grabstätten ohnehin ein Abstand von 0,30 m vorgesehen sei und wenn zu der auf Sicherheitsgründe gestützten weitergehenden Bestimmung im Normsetzungsverfahren keinerlei Ausführungen erfolgt seien.

Mit diesen Ausführungen lässt sich ein besonderer Schwierigkeitsgrad des Falles nicht begründen. Es liegt auf der Hand, dass den Vorschriften des § 12 Abs. 2 Satz 1 FBS über den Grabstättenabstand und des § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS über die Höchstbreite von Grabmälern, wie oben ausgeführt, unterschiedliche Regelungsziele zugrunde liegen, so dass beide Bestimmungen gleichermaßen auf die Ermächtigungsnorm des Art. 9 Abs. 1 BestG gestützt werden können. Wie ebenfalls bereits dargelegt, hängt die Rechtswirksamkeit der streitigen Bestimmung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nicht davon ab, dass der Satzungsgeber im Laufe des Normsetzungsverfahrens die mit der Regelung verfolgten Ziele ausdrücklich offenlegt.

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Soweit der Kläger insoweit erneut geltend macht, dass der Normgeber beim Erlass des § 15 Abs. 1 Nr. 2 FBS keine sicherheitsrechtliche Intention habe erkennen lassen, ist auf die vorgenannten Ausführungen zu verweisen. Bei seinem weiteren Einwand, schon der zwischen den Grabstätten einzuhaltende Abstand (von 0,30 m) gewährleiste den Durchgang von Personen bei Überprüfungs- und Pflegearbeiten, übersieht der Kläger, dass dabei regelmäßig auch Geräte und Transportfahrzeuge zum Einsatz kommen, so dass ein entsprechender Durchlass auch zwischen den aufgestellten Grabsteinen freigehalten werden muss.

4. Die Berufung ist schließlich nicht deswegen zuzulassen, weil das angegriffene Urteil von einer höchst- oder obergerichtlichen Entscheidung abweichen würde (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Auf die vom Kläger behauptete Divergenz zu der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 21. März 1985 (Vf. 9-VII-84, VerfGH 38, 34 = BayVBl 1985, 461) kann es schon deshalb nicht ankommen, weil die Landesverfassungsgerichte nicht zu den in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO enumerativ aufgeführten Gerichten gehören. Überdies betraf die genannte Entscheidung eine besondere Gestaltungsvorschrift (Verbot von Grabeinfassungen und –einfriedungen), die über die in Art. 9 Abs. 1 BestG geregelten allgemeinen Anforderungen an Grabstätten hinausging und daher nach Art. 9 Abs. 3 BestG zur Voraussetzung hatte, dass im Gemeindegebiet noch andere Friedhöfe oder Friedhofsteile zur Verfügung standen, für die solche Zusatzanforderungen nicht galten. In der vorliegenden Streitigkeit geht es dagegen um eine Breitenbegrenzung von Grabmälern, die den aus Sicherheitsgründen gebotenen Mindestabstand gewährleisten soll und demzufolge auf Art. 9 Abs. 1 BestG gestützt werden kann. Die vom Kläger angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 8.11.1963 – VII C 148.60 – BVerwGE 17,119; B.v. 7.12.1990 – 7 B 160.90 - Buchholz 408.2 Friedhofsbenutzung Nr. 14; B.v. 20.11.2007 – 7 BN 5/07 – Buchholz 408.2 Friedhofsbenutzung Nr. 19) befassen sich ebenfalls nur mit der Frage, unter welchen Bedingungen strengere Gestaltungsanforderungen gestellt werden dürfen, als sie zur Erreichung des Friedhofszwecks erforderlich sind. Auch daraus kann sich daher kein Widerspruch zu der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts ergeben.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.