Tenor

§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 (im Folgenden: PolVO), mit dem ein örtlich und zeitlich begrenztes Alkoholverbot im öffentlichen Straßenraum der Freiburger Innenstadt („Bermuda-Dreieck“) angeordnet worden ist.
Am 22.07.2008 erließ die Antragsgegnerin mit Zustimmung des Gemeinderats die bis zum 31.07.2010 befristete Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum. Zuvor hatte sie bereits am 23.12.2007 - damals noch unter Einbeziehung eines weiteren Bereichs im Industriegebiet Nord - eine auf sieben Monate befristete Polizeiverordnung gleichen Wortlauts erlassen, die - wie vorgesehen - am 31.07.2008 außer Kraft trat und durch die nunmehr angegriffene Polizeiverordnung abgelöst wurde. Die derzeit gültige Verordnung hat in dem hier angegriffenen Umfang folgenden Wortlaut:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Diese Polizeiverordnung gilt für das Gebiet der Innenstadt, begrenzt durch die Bertoldstraße, den Platz der Alten Synagoge, den Platz der Universität, das westlich der Humboldtstraße gelegene Verbindungsstück zur Humboldtstraße, die Humboldtstraße und die Kaiser-Joseph-Straße bis zum Bertoldsbrunnen.
Die genannten Straßen zählen noch zum Geltungsbereich der Verordnung.
(2) Der beigefügte Lageplan vom 28.05.2008 ist Bestandteil dieser Polizeiverordnung.
§ 2
Alkoholverbot
(1) Im Geltungsbereich der Verordnung ist es auf den öffentlich zugänglichen Flächen außerhalb konzessionierter Freisitzflächen verboten
- alkoholische Getränke jeglicher Art zu konsumieren
- alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen.
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(2) Dieses Verbot gilt in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag, Sonntag auf Montag jeweils von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Gleiches gilt für die Zeit von 00:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens an einem gesetzlichen Feiertag und die zwei Stunden davor (d. h. von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr).
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Gemäß § 4 Abs. 1 PolVO kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
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Die angegriffene Polizeiverordnung wurde vorab als Notbekanntmachung in der Badischen Zeitung vom 31.07.2008 und am 02.08.2008 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht.
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Nach der Beschlussvorlage vom 07.07.2008 (Drucksache G-08/148), die auf die Beschlussvorlage der Vorläuferfassung (G-07/185) Bezug nimmt, soll das in zeitlicher und räumlicher Hinsicht begrenzte Alkoholverbot die körperliche Unversehrtheit schützen. Eine abstrakte Gefahr im Sinne von § 10 PolG liege vor. Die auch beim Schutz hochrangiger Güter erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als Folge des Alkoholkonsums sei gegeben. Es bestehe ein Wirkungszusammenhang; Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein Ort überproportional hoher Gewaltkriminalität und starken Alkoholkonsums im öffentlichen Raum. Insbesondere junge Leute träfen sich dort zunächst zum sog. „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen und Diskotheken bereits alkoholisiert aufzusuchen. Aus alldem folge, dass der Konsum von mitgebrachtem Alkohol im „Bermuda-Dreieck“ nach den Erfahrungen der Polizei zumindest mitursächlich für die Begehung von Körperverletzungsdelikten sei. Das Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich aus der seit Einführung der Regelung um 16 % gesunkenen Gewaltkriminalität. Gleich geeignete Mittel seien nicht ersichtlich. Mit Blick auf die zeitliche und räumliche Beschränkung sowie die Befristung des Verbots sei der Freiheitseingriff zu Gunsten des hohen Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit angemessen.
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Bestandteil der Beschlussvorlage war die Studie der Polizeidirektion Freiburg 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“.
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Der 1982 geborene Antragsteller ist Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie; sein Büro befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs der Polizeiverordnung.
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Am 11.08.2008 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
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Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er in seiner Freizeit, insbesondere auch an den Wochenenden, regelmäßiger Besucher von Plätzen innerhalb des von der Polizeiverordnung umfassten sog. „Bermuda-Dreiecks“ sei, wo er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss niederlasse. Die Polizeiverordnung sei materiell rechtswidrig. Die angegriffene Regelung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Diese setze voraus, dass eine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne von § 10 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 PolG vorliege. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dass Alkoholisierung, wie in der Studie dargelegt, „zumindest mitursächlich“ für Gewalt sein könne, sei nicht ausreichend, um eine abstrakte Gefährlichkeit des Alkoholgenusses, geschweige denn des Mitführens von alkoholischen Getränken in Konsumabsicht, zu belegen. Der Nachweis, dass durch Alkoholkonsum im Regelfall abstrakte Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung einträten, sei bislang nicht erbracht worden. Auch im „Bermuda-Dreieck“ stellten Gewalttaten nicht die Regel-Folge von öffentlichem Alkoholkonsum dar. Menschliche Gewalttaten entstünden unter komplexen Umständen und seien nicht linear auf Alkoholisierung zurückzuführen. Bei den Erhebungen der Polizeidirektion handle es sich um statistisch nicht belastbares Zahlenmaterial. Für die vorgelagerte Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld biete § 10 Abs. 1 PolG keine gesetzliche Grundlage. Die angegriffene Regelung verstoße schließlich gegen das Bestimmtheitsgebot. Dies gelte insbesondere für die Formulierung, aus den „konkreten Umständen“ müsse die „Absicht“ erkennbar sein, alkoholische Getränke zu konsumieren. Überdies sei sie unverhältnismäßig und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
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Der Antragsteller beantragt,
19 
§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 für unwirksam zu erklären.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie trägt vor: Die angegriffenen Bestimmungen der Polizeiverordnung seien durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es liege eine abstrakte Gefahr - und nicht lediglich ein Gefahrenverdacht - vor. Die angegriffene Regelung sei Teil eines abgestimmten Gesamtkonzepts. Der Konsum mitgebrachten Alkohols führe nach den vollzugspolizeilichen Erfahrungen zwar nicht überall in der Innenstadt, sehr wohl aber im Geltungsbereich der Verordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der körperlichen Unversehrtheit. Insoweit lasse sich im „Bermuda-Dreieck“ aufgrund der konkreten Umstände eine in tatsächlicher Hinsicht hinreichend gesicherte Gefahrenprognose treffen. Auch wenn Alkohol - jedenfalls bei der Durchschnittsbevölkerung - nicht grundsätzlich zur Begehung von Gewaltdelikten führe, so gelte dies nach der polizeilichen Untersuchung nicht für den Bereich des „Bermuda-Dreiecks“. Der weit überwiegende Teil der sich dort aufhaltenden jungen Personen habe bereits deutlich vor Mitternacht erhebliche Mengen an Alkohol zu sich genommen. Der weitere unkontrollierte Konsum des mitgeführten Alkohols im Zusammenwirken mit gruppendynamischen Begleitfaktoren (Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle, vermeintliche Provokationen) sei unmittelbar ursächlich für die Gewaltausschreitungen und bewirke damit eine Überschreitung der Gefahrenschwelle. Die angegriffenen Normen verstießen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Insbesondere sei der Begriff „Absicht“ in seiner gefestigten dogmatischen Bedeutung unproblematisch bestimmbar als zielgerichteter Wille. Die Besorgnis des Antragstellers, die Formulierung könne zur willkürlichen Handhabung Anlass geben, sei nicht nachvollziehbar. Die bisherigen Anwendungserfahrungen hätten die diesbezüglichen Zweifel des Antragstellers nicht bestätigt. Die angegriffene Regelung stelle eine verhältnismäßige Einschränkung der bürgerlichen Freiheitsrechte dar. Sie sei ein geeignetes Mittel, den aufgezeigten Gefahren für die körperliche Unversehrtheit zu begegnen, und sie sei insoweit erforderlich. Das in zeitlicher und örtlicher Hinsicht beschränkte Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Hierbei sei zu würdigen, dass das Verbot auf lediglich zwei Jahre begrenzt sei, ein Zeitraum, der zum Anlass genommen werden solle, die weitere Entwicklung des Gewaltgeschehens zu beobachten und - soweit möglich - auch statistisch zu bewerten. Schließlich bedeute die Differenzierung zum zulässigen Alkoholgenuss in Freischankflächen keine willkürliche Ungleichbehandlung.
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Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2007 - 1 S 2720/06

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juni 2016 - 1 S 1244/15

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Tenor § 13 Abs. 8 Buchst. d der Friedhofssatzung der Gemeinde Nufringen vom 22.10.2012 in der Fassung vom 08.12.2014 ist unwirksam.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Die An

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juni 2016 - 1 S 1327/15

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Tenor § 13 Abs. 8 Buchst. b der Friedhofssatzung der Gemeinde Nufringen vom 22.10.2012 in der Fassung vom 08.12.2014 ist unwirksam.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Der An

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen den von der Antragsgegnerin in der „Polizeiverordnung gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutze der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern“ (Polizeiliche Umweltschutzverordnung - UmweltschutzVO - vom 21.11.1996, zuletzt geändert durch Polizeiverordnung vom 01.06.2006) geregelten Leinenzwang für Hunde.
Mit der im gemeindlichen Amts- und Mitteilungsblatt Nr. 23 vom 10.06.2005 bekannt gemachten und 01.07.2006 in Kraft getretenen Änderungsverordnung wird im neu gefassten § 10 („Gefahren durch Tiere“) die Regelung über die Beaufsichtigung von Hunden um den Leinenzwang für Hunde ergänzt; Abs. 3 bestimmt nun:
„Im Innenbereich (§§ 30-34 BauGB) sind auf öffentlichen Straßen und Gehwegen sowie im Außenbereich in folgenden Gebieten:
1. im gesamten Südbereich bis zum Waldrand zwischen Schützenstraße in Schwann und der Straße Am Sportplatz in Conweiler,
        
2. im Bereich des Betonwegs von der Maienstraße in Feldrennach Richtung Ittersbach,
        
3. im Bereich der Bannholzstraße in Feldrennbach bis zum Festplatz beim Waldbeginn
        
4. im Bereich der an die Bach- und die Kelterstraße anschließenden Wege zum Fronberg in Ottenhausen
Hunde an der Leine zu führen. Ansonsten dürfen Hunde ohne Begleitung einer Person, die durch Zuruf auf das Tier einwirken kann, nicht frei umherlaufen.“
§ 28 Abs. 1 UmweltschutzVO lautet:
„Ordnungswidrig i.S. von § 18 Polizeigesetz handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
(…)
Nr. 11: entgegen § 10 Abs. 3 Hunde frei herumlaufen lässt.“
Der Antragsteller wohnt im Ortsteil Conweiler der Antragsgegnerin. Er ist seit einigen Jahren Halter eines Hundes, den er täglich im Gebotsbereich der Polizeiverordnung ausführt. Am 17.03.2006 setzte die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen den Leinenzwang fest. Hiergegen erhob der Antragsteller Einspruch. Durch Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 04.08.2006 - 8 OWi 84 Js 6960/06 - wurde der Antragsteller zu einer Geldbuße von 25 EUR verurteilt; über die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde ist noch nicht entschieden.
Am 20.11.2006 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt: Die Änderungsverordnung vom 01.06.2005 sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, da die bekanntgemachte Verordnung vom Beschluss des Gemeinderats hinsichtlich der jeweiligen Gebietsgrenzen nicht gedeckt sei; denn der im Sitzungsprotokoll der Gemeinderatssitzung vom 01.06.2005 festgehaltene Beschluss zur Änderung der Verordnung enthalte anders als die Beschlussvorlage und der ausgefertigte Verordnungstext in § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmweltschutzVO nicht die Worte „bis zum Waldrand“. Darüber hinaus sei die dortige Gebietsabgrenzung unklar und missverständlich und damit zu unbestimmt. Auch in der Sache sei der angeordnete Leinenzwang rechtswidrig. Die Annahme, dass eine abstrakt-generelle Gefahr von unangeleinten Hunden für Menschen oder andere Hunde ausgehe, könne nicht nachgewiesen werden. Ferner verstoße die Verordnung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die vorgenommene Abgrenzung könne nicht nachvollziehbar begründet werden. Bei der umfassenden Regelung für den südlichen Bereich habe der Gemeinderat nicht berücksichtigt, dass Hundehaltern auch Freilaufflächen für ihre Tiere zur Verfügung gestellt werden müssten. Andernfalls sei die nach Art. 20a GG gebotene artgerechte Tierhaltung nicht mehr möglich. Den in der Gemeinde wohnenden Hundehaltern könne auch nicht zugemutet werden, in ein gemeindefernes Freilaufgebiet zu fahren. Es sei ferner nicht dargetan, warum für den südlichen Außenbereich ein umfassender Leinenzwang erforderlich sei, während im nördlichen Außenbereich ein wegebezogener Leinenzwang für ausreichend angesehen wurde. Schließlich sei der normierte Leinenzwang auch nicht dazu geeignet, die von dem Gemeinderat heftig diskutierte Hundekotproblematik zu lösen.
10 
Der Antragsteller beantragt,
11 
§ 10 Abs. 3 Satz 1 der Polizeiverordnung gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutze der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutzverordnung) der Antragsgegnerin vom 21.11.1996 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 01.06.2005 für unwirksam zu erklären.
12 
Die Antragsgegnerin beantragt,
13 
den Antrag abzulehnen.
14 
Sie trägt vor: Die Verordnung sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Zwar weiche der im Sitzungsprotokoll des Gemeinderats festgehaltene Beschlusstext geringfügig vom Wortlaut der Beschlussvorlage und der Verordnung ab. Das sei aber vor dem Hintergrund der Diskussion, deren Gegenstand nur der Bereich außerhalb des Waldgebiets gewesen sei, unerheblich; denn das Sitzungsprotokoll sei kein Wortprotokoll. Jedenfalls könne eine etwaige Lücke im Beschlusstext durch Auslegung anhand des objektiven Empfängerhorizonts geschlossen werden. Der räumliche Geltungsbereich des Leinenzwangs im streitigen Südbereich sei hinreichend bestimmt; dies werde durch einen Blick auf den Ortsplan bestätigt. Darüber hinaus werde mit Hinweistafeln auf Anfang und Ende des Leinenzwangs hingewiesen. Der Leinenzwang sei durch die Ermächtigungsgrundlage des § 10 PolG gedeckt. Von unangeleinten Hunden gehe eine abstrakte Gefahr für Menschen aus. Denn durch unberechenbares Verhalten der Hunde würden Menschen typischerweise gesundheitlich gefährdet oder zumindest erheblich belästigt. Zudem seien binnen eines Jahres ca. 25 bis 30 Vorfälle mit Bissen und Angriffen von freilaufenden Hunden zu verzeichnen gewesen. Seit Bestehen der Leinenpflicht sei die Zahl derartiger Vorfälle erheblich zurückgegangen. Des Weiteren werde die Landwirtschaft und der im dortigen Gebiet gelegene Segelflugplatz durch freilaufende Hunde und deren Kot sowie durch Stöcke, die von Hundehaltern geworfen würden, beeinträchtigt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Insbesondere die unterschiedliche Behandlung von nördlichem und südlichem Außenbereich sei im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers gerechtfertigt, weil der südliche Bereich erheblich stärker touristisch genutzt werde. Die Verordnung stelle eine sinnvolle Kompromisslösung zwischen den Interessen der Hundehalter und den Interessen der Erholungssuchenden dar. Durch die örtliche Begrenzung des Leinenzwangs seien genügend Flächen vorhanden, die ein Freilaufen der Hunde ermöglichten.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
16 
Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er kann als Hundehalter, der bei seinen täglichen Spaziergängen mit dem Hund mit dem Anleingebot konfrontiert ist, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein; auch ist gegen ihn bereits ein Bußgeld verhängt worden. Die insoweit noch maßgebliche Zweijahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Gesetzesfassung (vgl. § 195 Abs. 7 VwGO, eingefügt durch Gesetz vom 21.12.2006 ) ist gewahrt.
II.
17 
Der Antrag ist nicht begründet. Die zur Prüfung gestellten Vorschriften sind rechtsfehlerfrei zustande gekommen und auch inhaltlich von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
18 
1. Die Änderungsverordnung, durch die § 10 Abs. 3 UmweltschutzVO neu gefasst wurde, ist, wie sich aus den vorgelegten Behördenakten ergibt, mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und dem Landratsamt als der Aufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt.
19 
Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde (§ 5 VerkG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 DVO-GemO) liegt ebenfalls vor. Die vom Antragsteller gerügte Abweichung des im Sitzungsprotokoll des Gemeinderats festgehaltenen Beschlusstextes vom bekannt gemachten Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen.
20 
Eine Verordnung ist zwar unwirksam, wenn sie nicht mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Wortlaut bekannt gemacht wird bzw. die bekannt gemachte Norm so nicht beschlossen worden ist. Ein nach dem Rechtsstaatsprinzip ausgestaltetes Bekanntmachungsverfahren setzt voraus, dass die Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber gewollten Inhalt veröffentlicht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.2004 - 8 CN 1.02 -, BVerwGE 120, 82). Eine solche Abweichung liegt hier aber auch bezüglich der Gebietsabgrenzung in § 10 Abs. 3 Satz Nr. 1 UmweltschutzVO nicht vor.
21 
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller auf die gemäß § 38 Abs. 1 GemO gefertigte Niederschrift über die Verhandlungen des Gemeinderats. Diese muss u.a. den Wortlaut der Beschlüsse enthalten. Die Niederschrift dient dem späteren Nachweis über den Ablauf der Sitzungen, den Verlauf der Verhandlungen und den Inhalt der gefassten Beschlüsse. Ihr kommt als öffentliche Urkunde die in den §§ 415, 417 und 418 ZPO normierte erhöhte Beweiskraft zu (vgl. Senatsurteil vom 09.10.1989 - 1 S 5/88 -, NJW 1990, 1808; vom 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, juris Rz. 39). Es wird vermutet, dass der Inhalt der Verhandlungen und die Beschlüsse des Gemeinderates vollständig und richtig wiedergeben sind. Die Niederschrift wirkt aber nicht rechtsbegründend für die Beschlüsse des Gemeinderates (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung Baden-Württemberg, § 38 Rn. 1). Aus der formalen Beweisfunktion der Niederschrift folgt, dass die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit durch Gegenbeweise entkräftet werden kann.
22 
In der Niederschrift über die Verhandlungen und Beschlüsse des Gemeinderats vom 01.06.2005 wird auf Blatt 104 zwar festgehalten, dass nach der Zustimmung zur grundsätzlichen Festlegung von Leinenzwang in bestimmten Außengebieten u.a. der Leinenzwang für das Gebiet „Südbereich zwischen Schützenstraße in Schwann und der Straße Am Sportplatz in Conweiler“ beschlossen wurde. In dieser Umschreibung fehlt im Unterschied sowohl zur diskutierten Beschlussvorlage als auch zur veröffentlichten Verordnungsregelung die Angabe „bis zum Waldrand“. Eine inhaltliche Abweichung wird damit aber nicht dokumentiert. Es handelt sich vielmehr ersichtlich um eine leicht verkürzte Wiedergabe des in der Beschlussvorlage bezeichneten Gebiets, das - auch ausweislich der Diskussion im Gemeinderat - in seiner Ausdehnung unverändert bleiben sollte. Denn auf Blatt 106 der Sitzungsniederschrift wird der gesamte Text der vom Gemeinderat - zunächst in getrennten Abstimmungen - beschlossenen Änderungsverordnung nochmals zusammenfassend aufgeführt; dieser Text stimmt mit dem der Bekanntmachung überein.
23 
2. Auch in materieller Hinsicht hält § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO der rechtlichen Prüfung stand.
24 
a) Der in dieser Vorschrift angeordnete Leinenzwang für Hunde ist durch die gesetzliche Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gedeckt.
25 
Eine hiernach erforderliche abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <86>; BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
26 
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass von Hunden Gefahren für die menschliche Gesundheit und für andere Hunde ausgehen können, die geeignet sind, die allgemeine Anordnung eines Leinenzwangs zu rechtfertigen (vgl. schon Beschluss vom 05.07.1967 - I 195/66 -, ESVGH 18, 19 <21 f.>; vom 31.01.1980 – I 1996/79 -, BWVPr 1980, 167 und vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289>). Hieran hält der Senat fest. Dabei mag dahinstehen, ob eine entsprechende Gefahrenlage schon durch die von der Antragsgegnerin angeführten, in der Mehrzahl aber nicht näher umschriebenen Vorfälle mit unangeleinten Hunden hinreichend verlässlich dokumentiert wird. Denn schon die allgemeine Lebenserfahrung belegt aufgrund der (potentiellen) Konfliktträchtigkeit einer Begegnung von Hunden und Menschen die erforderliche abstrakt-generelle Gefahrenlage. Zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Hunden gehören nämlich das Beißen, Hetzen, Reißen, Anspringen, Schnappen, Nachrennen und Beschnüffeln, das sich bei freilaufenden Hunden spontan und unberechenbar äußert und zu einer Gefährdung unbeteiligter Dritter führen kann, welche die Schwelle der bloßen Lästigkeit überschreitet. Auch ein zunächst bloß subjektives Unsicherheitsgefühl, das viele Menschen, vor allem Kinder, gegenüber freilaufenden Hunden beschleicht, ist hier zu berücksichtigen; denn gerade auch ängstliches Verhalten kann bei ansonsten unauffälligen Hunden weitere Reaktionen und auf diese Weise einen gefahrerhöhenden Kreislauf in Gang setzen (Thür. OVG, Urteil vom 26.04.2007 - 3 N 699/05 -, juris Rz. 60 ff.).
27 
Der Verweis des Antragstellers auf die abweichende Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.01.2005 - 11 KN 38/04 -, NordÖR 2005, 179 <180 f.>), wonach eine abstrakte Gefahr durch unangeleinte Hunde nicht festgestellt werden könne, verfängt nicht. Zu Unrecht bezieht sich diese Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Mit Urteil vom 03.07.2002 (- 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <355 f.>) hat das Bundesverwaltungsgericht die niedersächsische Gefahrtier-Verordnung nämlich allein wegen des abschließend an die Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen anknüpfenden Regelungskonzepts als von der polizeirechtlichen, auf die Gefahrenabwehr zielenden Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckte Maßnahme der Gefahrenvorsorge beanstandet. Das Bundesverwaltungsgericht geht aber zugleich davon aus, dass mit der Haltung von Hunden „wegen der Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens“ „unzweifelhaft“ Gefahren verbunden sind.
28 
b) Der Erlass einer Regelung über den allgemeinen Leinenzwang ist nicht gemäß § 11 PolG durch die Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde - PolVOgH - vom 3. August 2000 (GBl. S. 574) gesperrt. § 4 Abs. 3 Satz 1 PolVOgH sieht zwar einen Leinenzwang für gefährliche Hunde i.S. dieser Verordnung vor. Diese Regelung versteht sich jedoch ausweislich von § 6 PolVOgH nicht als abschließend. Denn nach dieser Bestimmung bleiben weitergehende Verordnungen nachgeordneter Polizeibehörden unberührt. Dies gilt insbesondere für Regelungen, die nicht dem Schutz der Bevölkerung und anderer Tiere vor „gefährlichen Hunden“ zu dienen bestimmt sind, sondern die von Hunden generell in bestimmten - gefahrträchtigen - Situationen ausgehenden Gefahren in den Blick nehmen.
29 
c) Die Tatbestandsmerkmale des § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmweltschutzVO sind hinreichend bestimmt.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Damit soll zum einen sichergestellt werden, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Zum anderen soll das Vorgehen der Verwaltung durch steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe gebunden werden. Schließlich sollen die Gerichte in die Lage versetzt werden, anhand verlässlicher normativer Vorgaben die Rechtskontrolle durchzuführen. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen Vollzug der Norm gewährleisten. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtspositionen des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu zuletzt BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 ff.>, sowie Senatsurteil vom 11.10.2000 - 1 S 2964/99 -, ESVGH 51, 41 <46>; vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <86 f.>, jeweils m.w.N.).
31 
Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO zur Abgrenzung des räumlichen Geltungsbereichs des Leinenzwangs auf die bauplanungsrechtliche Begriffe Innenbereich und Außenbereich Bezug nimmt. Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung geäußerten Bedenken (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.09.2006 - 7 C 10539/06 -, DÖV 2007, 82 <83>; Thür. OVG, Urteil vom 26.04.2007 - 3 N 699/05 -, juris Rz. 76 ff.; siehe auch zur Unbestimmtheit des Begriffs „innerhalb der geschlossenen Ortslage“ OVG NRW, Urteil vom 26.01.1987 – 7 A 605/85 -, NVwZ 1988, 659, sowie Nds. OVG, Urteil vom 27.01.2005 - 11 KN 38/04 -, NordÖR 2005, 179 <181>) teilt der Senat jedenfalls im vorliegenden Fall nicht.
32 
Der Rechtsbegriff des Innenbereichs ist in seinem baurechtlichen Kontext hinreichend bestimmt. Dies gilt für den Planbereich (§ 30 BauGB) durch den Bezug auf parzellenscharf abgegrenzte Bebauungspläne ebenso wie für den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB. Nach der Rechtsprechung setzt ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil i.S. dieser Vorschrift voraus, dass die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt sowie Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist; die hierfür maßgeblichen Kriterien sind im Einzelnen entfaltet worden (siehe etwa Hofherr in: Berliner Kommentar zum BauGB, Lfg. Jan. 2005, § 34 Rn 2 ff., m.N.), so dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff hinreichend präzisiert, in seiner Bedeutung geklärt und im juristischen Sprachgebrauch verfestigt ist. Den Verwaltungsbehörden und den Gerichten stehen damit handhabbare Maßstäbe zur Verfügung. Dem Grundstückseigentümer als dem in erster Linie von der Norm Betroffenen ist es zumutbar, sich angesichts der Bedeutung der Frage ggf. unter Hinzuziehung von Fachleuten und Einholung von Rechtsrat über die baulichen Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks zu vergewissern. Auf solches jedenfalls in Grenzfällen erforderliches baurechtliches Spezialwissen kann indessen nicht in jeglichem Regelungszusammenhang verwiesen werden. Das gilt nur dann, wenn die Lage des Normadressaten vergleichbar dem Baurecht durch einen Grundstücksbezug gekennzeichnet ist. Dies ist etwa bei einer Baumschutzsatzung der Fall (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110, sowie BGH, Beschluss vom 15.03.1996 – 3 StR 506/95 -, NStZ 1996, 342). Demgegenüber sieht sich der Hundehalter nicht nur bezogen auf ein bestimmtes Grundstück, sondern potentiell an vielen Stellen, die er in Begleitung des Hundes passiert, mit der Frage des räumlichen Geltungsbereichs des Leinenzwangs konfrontiert. Auch für den rechtsunkundigen, aber verständigen, durchschnittlichen Hundehalter muss dann ohne großen Aufwand erkennbar sein, wo der Hund an der Leine zu führen ist. Ausgehend vom gefahrabwehrrechtlichen Zweck der Norm erschließt sich der auf den Innenbereich bezogene Geltungsbereich des Leinenzwangs zumeist ohne Schwierigkeiten. Wo nämlich eine nicht nur vereinzelte Bebauung mit Wohnhäusern oder sonstigen Gebäuden besteht, ist gewöhnlich mit dem Erscheinen von Menschen und anderen Tieren zu rechnen, deren Schutz beabsichtigt ist. Die Feinabgrenzung in der Ortsrandlage mag sich allerdings dem Hundeführer nicht unmittelbar erschließen. Denn die Frage, ob ein unbebautes Grundstück noch als Baulücke einzustufen ist, die den Bebauungszusammenhang nicht unterbricht, setzt eine umfassende Wertung und Bewertung der Umstände voraus, die ohne baurechtliche Kenntnisse oftmals nicht zu bewältigen ist. Vereinzelte „Unschärfen“ in Randbereichen sind indessen nicht zu beanstanden. Denn mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <87> m.N.). Das Maß an Unsicherheit, das den Normadressaten – nicht zuletzt mit Blick auf die geringe Eingriffsintensität, die mit dem bloßen, wenn auch bußgeldbewehrten, Anleinen der Hunde verbunden ist – noch zugemutet werden kann, wäre jedoch überschritten, wenn die Siedlungsstruktur im Bereich des Normgebers so durch Streubebauung geprägt würde, dass nicht nur vereinzelt bauplanungsrechtlich zwischen Splittersiedlung und Ortsteil abgegrenzt werden müsste. Dann erwiese sich die Bezugnahme auf baurechtliche Begriffe für eine Regelung über den Leinenzwang als untauglich. Für eine solche (Sonder-)Situation ist hier aber angesichts der vorgelegten Pläne und Luftbilder nichts ersichtlich, so dass § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO insoweit keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Der Bezug auf den Planbereich (§ 30 BauGB) ist ebenfalls unschädlich. Solange ein Bebauungsplan noch nicht verwirklicht ist, fehlt es für den Betrachter zwar an Anhaltspunkten, die für eine rechtliche Einstufung des betreffenden Gebiets als Innenbereich sprechen. Eine solche Unsicherheit im Übergangszeitraum bis zur Planverwirklichung durch die Bebauung kann aber hingenommen werden.
33 
d) Die räumliche Festlegung des Gebotsgebiets im südlichen Außenbereich ist ebenfalls hinreichend bestimmt. In nördlicher Richtung ist das Gebiet durch den Begriff des Außenbereichs begrenzt. Dieser beginnt nach der letzten geschlossenen Bebauung am Ortsrand. In südlicher Richtung bezeichnet der „Waldrand“ die Grenze der Anleinpflicht. In westlicher Richtung wird das Gebiet durch die Straße „Am Sportplatz in Conweiler“, in östlicher Richtung durch die „Schützenstraße in Schwann“ begrenzt. Damit sind die äußeren Grenzen klar und für jedermann erkennbar umrissen. Eventuelle Zweifel des Betroffenen über die Geltung des Anleingebots werden zudem dadurch ausgeräumt, dass Hinweistafeln aufgestellt wurden, welche auf den Beginn des Leinenzwangs hinweisen.
34 
Hinsichtlich der Gebotsbereiche im nördlichen Gemarkungsgebiet sind konkrete Einwendungen nicht vorgebracht worden. Bedenken sind auch nicht ersichtlich; aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin aufgestellten Schilder kann es hier keine vernünftigen Zweifel an der räumlichen Erstreckung des Leinenzwangs geben. Soweit darin jeweils auf den Bereich einer Straße bzw. eines Weges abgestellt wird, wird deutlich, dass die Hunde nicht nur auf der Straße bzw. dem Weg anzuleinen sind; auch auf den daran anschließenden Grundstücken dürfen sie gleichfalls nicht frei laufen.
35 
e) Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin, zum Zweck der Gefahrenabwehr in den genannten Gebieten des Außenbereichs den Leinenzwang anzuordnen, ist im Rahmen der begrenzten gerichtlichen Überprüfung (vgl. den Rechtsgedanken des § 114 Satz 1 VwGO), die dem weiten Einschätzungsspielraum des Normgebers Rechnung zu tragen hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
36 
Die umstrittene Vorschrift verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
37 
Der Leinenzwang ist geeignet, Schäden durch Beißattacken zu verhindern. Er trägt darüber hinaus dazu bei, Verunreinigungen öffentlich zugänglicher Flächen zu vermeiden; denn für den Hundeführer ist es wegen des dann eingeschränkten Bewegungsradius des Hundes und der örtlichen Nähe jedenfalls leichter, die Hinterlassenschaften eines an der Leine geführten Hundes zu beseitigen (siehe auch Senatsbeschluss vom 31.01.1980 - I 1886/79 -, BWVPr 1980, 167).
38 
Die Regelung erweist sich zudem als erforderlich, weil mildere Mittel zur Gefahrenabwehr nicht in Betracht kommen. Der Verweis auf Belehrungen und weitere freiwillige Maßnahmen zur Vermeidung von Beißattacken und Verunreinigungen ist nicht in gleicher Weise geeignet, die von unangeleinten Hunden ausgehenden Gefahren wirksam zu bekämpfen.
39 
Schließlich ist der Leinenzwang auch angemessen und beschränkt die Hundehalter nicht unzumutbar in ihren Rechten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Anleinpflicht nur geringfügig in das Recht des Hundehalters auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift, während die geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 GG) von Verfassung wegen einen hohen Rang beanspruchen. Bei Abwägung der durch den Leinenzwang betroffenen Interessen ist die Regelung der Antragsgegnerin mithin nicht unverhältnismäßig.
40 
Soweit der Antragsteller durch den Leinenzwang die Möglichkeit einer artgerechten Hundehaltung beeinträchtigt sieht (siehe § 2 Abs. 1 Satz 2 Tierschutz-Hundeverordnung vom 02.05.2001 ), ist darauf zu verweisen, dass grundsätzlich nicht die Antragsgegnerin das artgerechte Halten von Tieren sicherzustellen, sondern hierfür der Hundehalter selbst zu sorgen hat (vgl. § 2 Nr. 2 TierSchG; dazu Senatsbeschluss vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289 f.>). Eine solche tierschutzrechtlich unbedenkliche Haltung wird dem Antragsteller im Übrigen auf dem Gemeindegebiet auch nicht unmöglich gemacht.
41 
Denn die Antragsgegnerin hat den Leinenzwang nicht für das gesamte Gemeindegebiet angeordnet, diesen vielmehr - nach Maßgabe des nach der örtlichen Situation je verschieden zu gewichtenden Gefahrenpotentials - auf einzelne Gebiete mit einer Ausdehnung von ca. 610 ha bei einer Gemarkungsfläche von 3.307 ha beschränkt, in denen es besonders häufig zu Kontakten zwischen Menschen und Hunden kommt. Für den innerörtlichen Bereich ist dies offenkundig. Aber auch der vom Leinenzwang erfasste südliche Außenbereich der Gemeinde wird in hohem Maß von Spaziergängern, Wanderern und Joggern genutzt und ist ein touristisch attraktives Gebiet. Der Bereich befindet sich im Naturparkportal Nordschwarzwald, zahlreiche Wanderrouten (z.B. Westweg Pforzheim/Basel), Nordic Walking-Routen, Mountainbike-Routen und Radwege führen durch diesen Bereich. Zudem liegt im süd-östlichen Bereich des betroffenen Gebietes ein Segelflugplatz. Hier kam es in letzter Zeit zunehmend zu Konflikten mit freilaufenden Hunden. Die weniger stark frequentieren östlichen und westlichen Außenbereichsgebiete der Antragsgegnerin sind dagegen vom Leinenzwang ausgenommen. Im nördlichen Außenbereich sind ebenfalls nur einzelne Wege vom Leinenzwang betroffen. Diese sachlichen Gegebenheiten rechtfertigen entgegen der Ansicht des Antragstellers die unterschiedlichen Regelungen für den nördlichen und den südlichen Außenbereich; diese sind gerade Ausdruck einer angemessenen Abwägung der meist gegenläufigen Interessen von Hundehaltern und Erholungssuchenden. Den Hundehaltern kann zugemutet werden, ihre Hunde auf den vorhandenen Freiflächen artgerecht auszuführen. Der Antragsteller muss zwar in der näheren Umgebung seiner Wohnung den Leinenzwang beachten, es trifft aber nicht zu, dass der Antragsteller nunmehr in gemeindeferne Gebiete fahren müsse, um seinem Hund Auslauf zu gewähren. Auch fußläufig sind solche Gebiete gerade mit einem großen und lauffreudigen Hund erreichbar.
42 
Eine Differenzierung nach Art und Größe der Hunde ist nicht geboten. Der Verordnungsgeber darf ausgehend von der grundsätzlich bestehenden abstrakten Gefahr durch freilaufende Hunde Sachverhalte typisieren. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn er in einer generellen Regelung atypische Besonderheiten des Einzelfalles vernachlässigt (vgl. nur Senatbeschluss vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289>) und deswegen auch umsichtige Hundehalter, die immer rücksichtsvoll auftreten und in einer der Situation angemessenen Weise reagieren sowie ihren Hund – jedenfalls in aller Regel - verlässlich „im Griff“ haben, dieser Vorschrift unterwirft (siehe hierzu schon Senatsbeschluss vom 05.07.1967 - I 195/66 -, ESVGH 18, 19 <23>). Auch zu der vom Antragsteller angeregten zeitlichen Einschränkung des Leinenzwangs im Außenbereich ist die Antragsgegnerin von Rechts wegen nicht verpflichtet. Zwar ist das Konfliktpotential zwischen Hundehaltern und den übrigen Nutzern dort am Wochenende und gerade bei schönem Wetter besonders groß. Aber auch an Wochentagen kann es nicht vernachlässigt werden; dies gilt nicht zuletzt für Begegnungen mit Joggern. Darüber hinaus ist das Problem der Verunreinigung stark genutzter Freilaufflächen durch die Hunde nicht auf bestimmte Zeiten begrenzt.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss
vom 15.11.2007
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
16 
Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er kann als Hundehalter, der bei seinen täglichen Spaziergängen mit dem Hund mit dem Anleingebot konfrontiert ist, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein; auch ist gegen ihn bereits ein Bußgeld verhängt worden. Die insoweit noch maßgebliche Zweijahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Gesetzesfassung (vgl. § 195 Abs. 7 VwGO, eingefügt durch Gesetz vom 21.12.2006 ) ist gewahrt.
II.
17 
Der Antrag ist nicht begründet. Die zur Prüfung gestellten Vorschriften sind rechtsfehlerfrei zustande gekommen und auch inhaltlich von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
18 
1. Die Änderungsverordnung, durch die § 10 Abs. 3 UmweltschutzVO neu gefasst wurde, ist, wie sich aus den vorgelegten Behördenakten ergibt, mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und dem Landratsamt als der Aufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt.
19 
Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde (§ 5 VerkG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 DVO-GemO) liegt ebenfalls vor. Die vom Antragsteller gerügte Abweichung des im Sitzungsprotokoll des Gemeinderats festgehaltenen Beschlusstextes vom bekannt gemachten Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen.
20 
Eine Verordnung ist zwar unwirksam, wenn sie nicht mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Wortlaut bekannt gemacht wird bzw. die bekannt gemachte Norm so nicht beschlossen worden ist. Ein nach dem Rechtsstaatsprinzip ausgestaltetes Bekanntmachungsverfahren setzt voraus, dass die Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber gewollten Inhalt veröffentlicht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.2004 - 8 CN 1.02 -, BVerwGE 120, 82). Eine solche Abweichung liegt hier aber auch bezüglich der Gebietsabgrenzung in § 10 Abs. 3 Satz Nr. 1 UmweltschutzVO nicht vor.
21 
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller auf die gemäß § 38 Abs. 1 GemO gefertigte Niederschrift über die Verhandlungen des Gemeinderats. Diese muss u.a. den Wortlaut der Beschlüsse enthalten. Die Niederschrift dient dem späteren Nachweis über den Ablauf der Sitzungen, den Verlauf der Verhandlungen und den Inhalt der gefassten Beschlüsse. Ihr kommt als öffentliche Urkunde die in den §§ 415, 417 und 418 ZPO normierte erhöhte Beweiskraft zu (vgl. Senatsurteil vom 09.10.1989 - 1 S 5/88 -, NJW 1990, 1808; vom 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, juris Rz. 39). Es wird vermutet, dass der Inhalt der Verhandlungen und die Beschlüsse des Gemeinderates vollständig und richtig wiedergeben sind. Die Niederschrift wirkt aber nicht rechtsbegründend für die Beschlüsse des Gemeinderates (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung Baden-Württemberg, § 38 Rn. 1). Aus der formalen Beweisfunktion der Niederschrift folgt, dass die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit durch Gegenbeweise entkräftet werden kann.
22 
In der Niederschrift über die Verhandlungen und Beschlüsse des Gemeinderats vom 01.06.2005 wird auf Blatt 104 zwar festgehalten, dass nach der Zustimmung zur grundsätzlichen Festlegung von Leinenzwang in bestimmten Außengebieten u.a. der Leinenzwang für das Gebiet „Südbereich zwischen Schützenstraße in Schwann und der Straße Am Sportplatz in Conweiler“ beschlossen wurde. In dieser Umschreibung fehlt im Unterschied sowohl zur diskutierten Beschlussvorlage als auch zur veröffentlichten Verordnungsregelung die Angabe „bis zum Waldrand“. Eine inhaltliche Abweichung wird damit aber nicht dokumentiert. Es handelt sich vielmehr ersichtlich um eine leicht verkürzte Wiedergabe des in der Beschlussvorlage bezeichneten Gebiets, das - auch ausweislich der Diskussion im Gemeinderat - in seiner Ausdehnung unverändert bleiben sollte. Denn auf Blatt 106 der Sitzungsniederschrift wird der gesamte Text der vom Gemeinderat - zunächst in getrennten Abstimmungen - beschlossenen Änderungsverordnung nochmals zusammenfassend aufgeführt; dieser Text stimmt mit dem der Bekanntmachung überein.
23 
2. Auch in materieller Hinsicht hält § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO der rechtlichen Prüfung stand.
24 
a) Der in dieser Vorschrift angeordnete Leinenzwang für Hunde ist durch die gesetzliche Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gedeckt.
25 
Eine hiernach erforderliche abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <86>; BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
26 
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass von Hunden Gefahren für die menschliche Gesundheit und für andere Hunde ausgehen können, die geeignet sind, die allgemeine Anordnung eines Leinenzwangs zu rechtfertigen (vgl. schon Beschluss vom 05.07.1967 - I 195/66 -, ESVGH 18, 19 <21 f.>; vom 31.01.1980 – I 1996/79 -, BWVPr 1980, 167 und vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289>). Hieran hält der Senat fest. Dabei mag dahinstehen, ob eine entsprechende Gefahrenlage schon durch die von der Antragsgegnerin angeführten, in der Mehrzahl aber nicht näher umschriebenen Vorfälle mit unangeleinten Hunden hinreichend verlässlich dokumentiert wird. Denn schon die allgemeine Lebenserfahrung belegt aufgrund der (potentiellen) Konfliktträchtigkeit einer Begegnung von Hunden und Menschen die erforderliche abstrakt-generelle Gefahrenlage. Zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Hunden gehören nämlich das Beißen, Hetzen, Reißen, Anspringen, Schnappen, Nachrennen und Beschnüffeln, das sich bei freilaufenden Hunden spontan und unberechenbar äußert und zu einer Gefährdung unbeteiligter Dritter führen kann, welche die Schwelle der bloßen Lästigkeit überschreitet. Auch ein zunächst bloß subjektives Unsicherheitsgefühl, das viele Menschen, vor allem Kinder, gegenüber freilaufenden Hunden beschleicht, ist hier zu berücksichtigen; denn gerade auch ängstliches Verhalten kann bei ansonsten unauffälligen Hunden weitere Reaktionen und auf diese Weise einen gefahrerhöhenden Kreislauf in Gang setzen (Thür. OVG, Urteil vom 26.04.2007 - 3 N 699/05 -, juris Rz. 60 ff.).
27 
Der Verweis des Antragstellers auf die abweichende Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.01.2005 - 11 KN 38/04 -, NordÖR 2005, 179 <180 f.>), wonach eine abstrakte Gefahr durch unangeleinte Hunde nicht festgestellt werden könne, verfängt nicht. Zu Unrecht bezieht sich diese Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Mit Urteil vom 03.07.2002 (- 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <355 f.>) hat das Bundesverwaltungsgericht die niedersächsische Gefahrtier-Verordnung nämlich allein wegen des abschließend an die Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen anknüpfenden Regelungskonzepts als von der polizeirechtlichen, auf die Gefahrenabwehr zielenden Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckte Maßnahme der Gefahrenvorsorge beanstandet. Das Bundesverwaltungsgericht geht aber zugleich davon aus, dass mit der Haltung von Hunden „wegen der Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens“ „unzweifelhaft“ Gefahren verbunden sind.
28 
b) Der Erlass einer Regelung über den allgemeinen Leinenzwang ist nicht gemäß § 11 PolG durch die Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde - PolVOgH - vom 3. August 2000 (GBl. S. 574) gesperrt. § 4 Abs. 3 Satz 1 PolVOgH sieht zwar einen Leinenzwang für gefährliche Hunde i.S. dieser Verordnung vor. Diese Regelung versteht sich jedoch ausweislich von § 6 PolVOgH nicht als abschließend. Denn nach dieser Bestimmung bleiben weitergehende Verordnungen nachgeordneter Polizeibehörden unberührt. Dies gilt insbesondere für Regelungen, die nicht dem Schutz der Bevölkerung und anderer Tiere vor „gefährlichen Hunden“ zu dienen bestimmt sind, sondern die von Hunden generell in bestimmten - gefahrträchtigen - Situationen ausgehenden Gefahren in den Blick nehmen.
29 
c) Die Tatbestandsmerkmale des § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmweltschutzVO sind hinreichend bestimmt.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Damit soll zum einen sichergestellt werden, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Zum anderen soll das Vorgehen der Verwaltung durch steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe gebunden werden. Schließlich sollen die Gerichte in die Lage versetzt werden, anhand verlässlicher normativer Vorgaben die Rechtskontrolle durchzuführen. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen Vollzug der Norm gewährleisten. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtspositionen des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu zuletzt BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 ff.>, sowie Senatsurteil vom 11.10.2000 - 1 S 2964/99 -, ESVGH 51, 41 <46>; vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <86 f.>, jeweils m.w.N.).
31 
Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO zur Abgrenzung des räumlichen Geltungsbereichs des Leinenzwangs auf die bauplanungsrechtliche Begriffe Innenbereich und Außenbereich Bezug nimmt. Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung geäußerten Bedenken (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.09.2006 - 7 C 10539/06 -, DÖV 2007, 82 <83>; Thür. OVG, Urteil vom 26.04.2007 - 3 N 699/05 -, juris Rz. 76 ff.; siehe auch zur Unbestimmtheit des Begriffs „innerhalb der geschlossenen Ortslage“ OVG NRW, Urteil vom 26.01.1987 – 7 A 605/85 -, NVwZ 1988, 659, sowie Nds. OVG, Urteil vom 27.01.2005 - 11 KN 38/04 -, NordÖR 2005, 179 <181>) teilt der Senat jedenfalls im vorliegenden Fall nicht.
32 
Der Rechtsbegriff des Innenbereichs ist in seinem baurechtlichen Kontext hinreichend bestimmt. Dies gilt für den Planbereich (§ 30 BauGB) durch den Bezug auf parzellenscharf abgegrenzte Bebauungspläne ebenso wie für den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB. Nach der Rechtsprechung setzt ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil i.S. dieser Vorschrift voraus, dass die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt sowie Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist; die hierfür maßgeblichen Kriterien sind im Einzelnen entfaltet worden (siehe etwa Hofherr in: Berliner Kommentar zum BauGB, Lfg. Jan. 2005, § 34 Rn 2 ff., m.N.), so dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff hinreichend präzisiert, in seiner Bedeutung geklärt und im juristischen Sprachgebrauch verfestigt ist. Den Verwaltungsbehörden und den Gerichten stehen damit handhabbare Maßstäbe zur Verfügung. Dem Grundstückseigentümer als dem in erster Linie von der Norm Betroffenen ist es zumutbar, sich angesichts der Bedeutung der Frage ggf. unter Hinzuziehung von Fachleuten und Einholung von Rechtsrat über die baulichen Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks zu vergewissern. Auf solches jedenfalls in Grenzfällen erforderliches baurechtliches Spezialwissen kann indessen nicht in jeglichem Regelungszusammenhang verwiesen werden. Das gilt nur dann, wenn die Lage des Normadressaten vergleichbar dem Baurecht durch einen Grundstücksbezug gekennzeichnet ist. Dies ist etwa bei einer Baumschutzsatzung der Fall (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110, sowie BGH, Beschluss vom 15.03.1996 – 3 StR 506/95 -, NStZ 1996, 342). Demgegenüber sieht sich der Hundehalter nicht nur bezogen auf ein bestimmtes Grundstück, sondern potentiell an vielen Stellen, die er in Begleitung des Hundes passiert, mit der Frage des räumlichen Geltungsbereichs des Leinenzwangs konfrontiert. Auch für den rechtsunkundigen, aber verständigen, durchschnittlichen Hundehalter muss dann ohne großen Aufwand erkennbar sein, wo der Hund an der Leine zu führen ist. Ausgehend vom gefahrabwehrrechtlichen Zweck der Norm erschließt sich der auf den Innenbereich bezogene Geltungsbereich des Leinenzwangs zumeist ohne Schwierigkeiten. Wo nämlich eine nicht nur vereinzelte Bebauung mit Wohnhäusern oder sonstigen Gebäuden besteht, ist gewöhnlich mit dem Erscheinen von Menschen und anderen Tieren zu rechnen, deren Schutz beabsichtigt ist. Die Feinabgrenzung in der Ortsrandlage mag sich allerdings dem Hundeführer nicht unmittelbar erschließen. Denn die Frage, ob ein unbebautes Grundstück noch als Baulücke einzustufen ist, die den Bebauungszusammenhang nicht unterbricht, setzt eine umfassende Wertung und Bewertung der Umstände voraus, die ohne baurechtliche Kenntnisse oftmals nicht zu bewältigen ist. Vereinzelte „Unschärfen“ in Randbereichen sind indessen nicht zu beanstanden. Denn mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <87> m.N.). Das Maß an Unsicherheit, das den Normadressaten – nicht zuletzt mit Blick auf die geringe Eingriffsintensität, die mit dem bloßen, wenn auch bußgeldbewehrten, Anleinen der Hunde verbunden ist – noch zugemutet werden kann, wäre jedoch überschritten, wenn die Siedlungsstruktur im Bereich des Normgebers so durch Streubebauung geprägt würde, dass nicht nur vereinzelt bauplanungsrechtlich zwischen Splittersiedlung und Ortsteil abgegrenzt werden müsste. Dann erwiese sich die Bezugnahme auf baurechtliche Begriffe für eine Regelung über den Leinenzwang als untauglich. Für eine solche (Sonder-)Situation ist hier aber angesichts der vorgelegten Pläne und Luftbilder nichts ersichtlich, so dass § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO insoweit keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Der Bezug auf den Planbereich (§ 30 BauGB) ist ebenfalls unschädlich. Solange ein Bebauungsplan noch nicht verwirklicht ist, fehlt es für den Betrachter zwar an Anhaltspunkten, die für eine rechtliche Einstufung des betreffenden Gebiets als Innenbereich sprechen. Eine solche Unsicherheit im Übergangszeitraum bis zur Planverwirklichung durch die Bebauung kann aber hingenommen werden.
33 
d) Die räumliche Festlegung des Gebotsgebiets im südlichen Außenbereich ist ebenfalls hinreichend bestimmt. In nördlicher Richtung ist das Gebiet durch den Begriff des Außenbereichs begrenzt. Dieser beginnt nach der letzten geschlossenen Bebauung am Ortsrand. In südlicher Richtung bezeichnet der „Waldrand“ die Grenze der Anleinpflicht. In westlicher Richtung wird das Gebiet durch die Straße „Am Sportplatz in Conweiler“, in östlicher Richtung durch die „Schützenstraße in Schwann“ begrenzt. Damit sind die äußeren Grenzen klar und für jedermann erkennbar umrissen. Eventuelle Zweifel des Betroffenen über die Geltung des Anleingebots werden zudem dadurch ausgeräumt, dass Hinweistafeln aufgestellt wurden, welche auf den Beginn des Leinenzwangs hinweisen.
34 
Hinsichtlich der Gebotsbereiche im nördlichen Gemarkungsgebiet sind konkrete Einwendungen nicht vorgebracht worden. Bedenken sind auch nicht ersichtlich; aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin aufgestellten Schilder kann es hier keine vernünftigen Zweifel an der räumlichen Erstreckung des Leinenzwangs geben. Soweit darin jeweils auf den Bereich einer Straße bzw. eines Weges abgestellt wird, wird deutlich, dass die Hunde nicht nur auf der Straße bzw. dem Weg anzuleinen sind; auch auf den daran anschließenden Grundstücken dürfen sie gleichfalls nicht frei laufen.
35 
e) Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin, zum Zweck der Gefahrenabwehr in den genannten Gebieten des Außenbereichs den Leinenzwang anzuordnen, ist im Rahmen der begrenzten gerichtlichen Überprüfung (vgl. den Rechtsgedanken des § 114 Satz 1 VwGO), die dem weiten Einschätzungsspielraum des Normgebers Rechnung zu tragen hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
36 
Die umstrittene Vorschrift verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
37 
Der Leinenzwang ist geeignet, Schäden durch Beißattacken zu verhindern. Er trägt darüber hinaus dazu bei, Verunreinigungen öffentlich zugänglicher Flächen zu vermeiden; denn für den Hundeführer ist es wegen des dann eingeschränkten Bewegungsradius des Hundes und der örtlichen Nähe jedenfalls leichter, die Hinterlassenschaften eines an der Leine geführten Hundes zu beseitigen (siehe auch Senatsbeschluss vom 31.01.1980 - I 1886/79 -, BWVPr 1980, 167).
38 
Die Regelung erweist sich zudem als erforderlich, weil mildere Mittel zur Gefahrenabwehr nicht in Betracht kommen. Der Verweis auf Belehrungen und weitere freiwillige Maßnahmen zur Vermeidung von Beißattacken und Verunreinigungen ist nicht in gleicher Weise geeignet, die von unangeleinten Hunden ausgehenden Gefahren wirksam zu bekämpfen.
39 
Schließlich ist der Leinenzwang auch angemessen und beschränkt die Hundehalter nicht unzumutbar in ihren Rechten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Anleinpflicht nur geringfügig in das Recht des Hundehalters auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift, während die geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 GG) von Verfassung wegen einen hohen Rang beanspruchen. Bei Abwägung der durch den Leinenzwang betroffenen Interessen ist die Regelung der Antragsgegnerin mithin nicht unverhältnismäßig.
40 
Soweit der Antragsteller durch den Leinenzwang die Möglichkeit einer artgerechten Hundehaltung beeinträchtigt sieht (siehe § 2 Abs. 1 Satz 2 Tierschutz-Hundeverordnung vom 02.05.2001 ), ist darauf zu verweisen, dass grundsätzlich nicht die Antragsgegnerin das artgerechte Halten von Tieren sicherzustellen, sondern hierfür der Hundehalter selbst zu sorgen hat (vgl. § 2 Nr. 2 TierSchG; dazu Senatsbeschluss vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289 f.>). Eine solche tierschutzrechtlich unbedenkliche Haltung wird dem Antragsteller im Übrigen auf dem Gemeindegebiet auch nicht unmöglich gemacht.
41 
Denn die Antragsgegnerin hat den Leinenzwang nicht für das gesamte Gemeindegebiet angeordnet, diesen vielmehr - nach Maßgabe des nach der örtlichen Situation je verschieden zu gewichtenden Gefahrenpotentials - auf einzelne Gebiete mit einer Ausdehnung von ca. 610 ha bei einer Gemarkungsfläche von 3.307 ha beschränkt, in denen es besonders häufig zu Kontakten zwischen Menschen und Hunden kommt. Für den innerörtlichen Bereich ist dies offenkundig. Aber auch der vom Leinenzwang erfasste südliche Außenbereich der Gemeinde wird in hohem Maß von Spaziergängern, Wanderern und Joggern genutzt und ist ein touristisch attraktives Gebiet. Der Bereich befindet sich im Naturparkportal Nordschwarzwald, zahlreiche Wanderrouten (z.B. Westweg Pforzheim/Basel), Nordic Walking-Routen, Mountainbike-Routen und Radwege führen durch diesen Bereich. Zudem liegt im süd-östlichen Bereich des betroffenen Gebietes ein Segelflugplatz. Hier kam es in letzter Zeit zunehmend zu Konflikten mit freilaufenden Hunden. Die weniger stark frequentieren östlichen und westlichen Außenbereichsgebiete der Antragsgegnerin sind dagegen vom Leinenzwang ausgenommen. Im nördlichen Außenbereich sind ebenfalls nur einzelne Wege vom Leinenzwang betroffen. Diese sachlichen Gegebenheiten rechtfertigen entgegen der Ansicht des Antragstellers die unterschiedlichen Regelungen für den nördlichen und den südlichen Außenbereich; diese sind gerade Ausdruck einer angemessenen Abwägung der meist gegenläufigen Interessen von Hundehaltern und Erholungssuchenden. Den Hundehaltern kann zugemutet werden, ihre Hunde auf den vorhandenen Freiflächen artgerecht auszuführen. Der Antragsteller muss zwar in der näheren Umgebung seiner Wohnung den Leinenzwang beachten, es trifft aber nicht zu, dass der Antragsteller nunmehr in gemeindeferne Gebiete fahren müsse, um seinem Hund Auslauf zu gewähren. Auch fußläufig sind solche Gebiete gerade mit einem großen und lauffreudigen Hund erreichbar.
42 
Eine Differenzierung nach Art und Größe der Hunde ist nicht geboten. Der Verordnungsgeber darf ausgehend von der grundsätzlich bestehenden abstrakten Gefahr durch freilaufende Hunde Sachverhalte typisieren. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn er in einer generellen Regelung atypische Besonderheiten des Einzelfalles vernachlässigt (vgl. nur Senatbeschluss vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289>) und deswegen auch umsichtige Hundehalter, die immer rücksichtsvoll auftreten und in einer der Situation angemessenen Weise reagieren sowie ihren Hund – jedenfalls in aller Regel - verlässlich „im Griff“ haben, dieser Vorschrift unterwirft (siehe hierzu schon Senatsbeschluss vom 05.07.1967 - I 195/66 -, ESVGH 18, 19 <23>). Auch zu der vom Antragsteller angeregten zeitlichen Einschränkung des Leinenzwangs im Außenbereich ist die Antragsgegnerin von Rechts wegen nicht verpflichtet. Zwar ist das Konfliktpotential zwischen Hundehaltern und den übrigen Nutzern dort am Wochenende und gerade bei schönem Wetter besonders groß. Aber auch an Wochentagen kann es nicht vernachlässigt werden; dies gilt nicht zuletzt für Begegnungen mit Joggern. Darüber hinaus ist das Problem der Verunreinigung stark genutzter Freilaufflächen durch die Hunde nicht auf bestimmte Zeiten begrenzt.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss
vom 15.11.2007
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen den von der Antragsgegnerin in der „Polizeiverordnung gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutze der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern“ (Polizeiliche Umweltschutzverordnung - UmweltschutzVO - vom 21.11.1996, zuletzt geändert durch Polizeiverordnung vom 01.06.2006) geregelten Leinenzwang für Hunde.
Mit der im gemeindlichen Amts- und Mitteilungsblatt Nr. 23 vom 10.06.2005 bekannt gemachten und 01.07.2006 in Kraft getretenen Änderungsverordnung wird im neu gefassten § 10 („Gefahren durch Tiere“) die Regelung über die Beaufsichtigung von Hunden um den Leinenzwang für Hunde ergänzt; Abs. 3 bestimmt nun:
„Im Innenbereich (§§ 30-34 BauGB) sind auf öffentlichen Straßen und Gehwegen sowie im Außenbereich in folgenden Gebieten:
1. im gesamten Südbereich bis zum Waldrand zwischen Schützenstraße in Schwann und der Straße Am Sportplatz in Conweiler,
        
2. im Bereich des Betonwegs von der Maienstraße in Feldrennach Richtung Ittersbach,
        
3. im Bereich der Bannholzstraße in Feldrennbach bis zum Festplatz beim Waldbeginn
        
4. im Bereich der an die Bach- und die Kelterstraße anschließenden Wege zum Fronberg in Ottenhausen
Hunde an der Leine zu führen. Ansonsten dürfen Hunde ohne Begleitung einer Person, die durch Zuruf auf das Tier einwirken kann, nicht frei umherlaufen.“
§ 28 Abs. 1 UmweltschutzVO lautet:
„Ordnungswidrig i.S. von § 18 Polizeigesetz handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
(…)
Nr. 11: entgegen § 10 Abs. 3 Hunde frei herumlaufen lässt.“
Der Antragsteller wohnt im Ortsteil Conweiler der Antragsgegnerin. Er ist seit einigen Jahren Halter eines Hundes, den er täglich im Gebotsbereich der Polizeiverordnung ausführt. Am 17.03.2006 setzte die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen den Leinenzwang fest. Hiergegen erhob der Antragsteller Einspruch. Durch Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 04.08.2006 - 8 OWi 84 Js 6960/06 - wurde der Antragsteller zu einer Geldbuße von 25 EUR verurteilt; über die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde ist noch nicht entschieden.
Am 20.11.2006 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt: Die Änderungsverordnung vom 01.06.2005 sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, da die bekanntgemachte Verordnung vom Beschluss des Gemeinderats hinsichtlich der jeweiligen Gebietsgrenzen nicht gedeckt sei; denn der im Sitzungsprotokoll der Gemeinderatssitzung vom 01.06.2005 festgehaltene Beschluss zur Änderung der Verordnung enthalte anders als die Beschlussvorlage und der ausgefertigte Verordnungstext in § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmweltschutzVO nicht die Worte „bis zum Waldrand“. Darüber hinaus sei die dortige Gebietsabgrenzung unklar und missverständlich und damit zu unbestimmt. Auch in der Sache sei der angeordnete Leinenzwang rechtswidrig. Die Annahme, dass eine abstrakt-generelle Gefahr von unangeleinten Hunden für Menschen oder andere Hunde ausgehe, könne nicht nachgewiesen werden. Ferner verstoße die Verordnung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die vorgenommene Abgrenzung könne nicht nachvollziehbar begründet werden. Bei der umfassenden Regelung für den südlichen Bereich habe der Gemeinderat nicht berücksichtigt, dass Hundehaltern auch Freilaufflächen für ihre Tiere zur Verfügung gestellt werden müssten. Andernfalls sei die nach Art. 20a GG gebotene artgerechte Tierhaltung nicht mehr möglich. Den in der Gemeinde wohnenden Hundehaltern könne auch nicht zugemutet werden, in ein gemeindefernes Freilaufgebiet zu fahren. Es sei ferner nicht dargetan, warum für den südlichen Außenbereich ein umfassender Leinenzwang erforderlich sei, während im nördlichen Außenbereich ein wegebezogener Leinenzwang für ausreichend angesehen wurde. Schließlich sei der normierte Leinenzwang auch nicht dazu geeignet, die von dem Gemeinderat heftig diskutierte Hundekotproblematik zu lösen.
10 
Der Antragsteller beantragt,
11 
§ 10 Abs. 3 Satz 1 der Polizeiverordnung gegen umweltschädliches Verhalten, zum Schutze der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutzverordnung) der Antragsgegnerin vom 21.11.1996 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 01.06.2005 für unwirksam zu erklären.
12 
Die Antragsgegnerin beantragt,
13 
den Antrag abzulehnen.
14 
Sie trägt vor: Die Verordnung sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Zwar weiche der im Sitzungsprotokoll des Gemeinderats festgehaltene Beschlusstext geringfügig vom Wortlaut der Beschlussvorlage und der Verordnung ab. Das sei aber vor dem Hintergrund der Diskussion, deren Gegenstand nur der Bereich außerhalb des Waldgebiets gewesen sei, unerheblich; denn das Sitzungsprotokoll sei kein Wortprotokoll. Jedenfalls könne eine etwaige Lücke im Beschlusstext durch Auslegung anhand des objektiven Empfängerhorizonts geschlossen werden. Der räumliche Geltungsbereich des Leinenzwangs im streitigen Südbereich sei hinreichend bestimmt; dies werde durch einen Blick auf den Ortsplan bestätigt. Darüber hinaus werde mit Hinweistafeln auf Anfang und Ende des Leinenzwangs hingewiesen. Der Leinenzwang sei durch die Ermächtigungsgrundlage des § 10 PolG gedeckt. Von unangeleinten Hunden gehe eine abstrakte Gefahr für Menschen aus. Denn durch unberechenbares Verhalten der Hunde würden Menschen typischerweise gesundheitlich gefährdet oder zumindest erheblich belästigt. Zudem seien binnen eines Jahres ca. 25 bis 30 Vorfälle mit Bissen und Angriffen von freilaufenden Hunden zu verzeichnen gewesen. Seit Bestehen der Leinenpflicht sei die Zahl derartiger Vorfälle erheblich zurückgegangen. Des Weiteren werde die Landwirtschaft und der im dortigen Gebiet gelegene Segelflugplatz durch freilaufende Hunde und deren Kot sowie durch Stöcke, die von Hundehaltern geworfen würden, beeinträchtigt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Insbesondere die unterschiedliche Behandlung von nördlichem und südlichem Außenbereich sei im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers gerechtfertigt, weil der südliche Bereich erheblich stärker touristisch genutzt werde. Die Verordnung stelle eine sinnvolle Kompromisslösung zwischen den Interessen der Hundehalter und den Interessen der Erholungssuchenden dar. Durch die örtliche Begrenzung des Leinenzwangs seien genügend Flächen vorhanden, die ein Freilaufen der Hunde ermöglichten.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
16 
Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er kann als Hundehalter, der bei seinen täglichen Spaziergängen mit dem Hund mit dem Anleingebot konfrontiert ist, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein; auch ist gegen ihn bereits ein Bußgeld verhängt worden. Die insoweit noch maßgebliche Zweijahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Gesetzesfassung (vgl. § 195 Abs. 7 VwGO, eingefügt durch Gesetz vom 21.12.2006 ) ist gewahrt.
II.
17 
Der Antrag ist nicht begründet. Die zur Prüfung gestellten Vorschriften sind rechtsfehlerfrei zustande gekommen und auch inhaltlich von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
18 
1. Die Änderungsverordnung, durch die § 10 Abs. 3 UmweltschutzVO neu gefasst wurde, ist, wie sich aus den vorgelegten Behördenakten ergibt, mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und dem Landratsamt als der Aufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt.
19 
Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde (§ 5 VerkG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 DVO-GemO) liegt ebenfalls vor. Die vom Antragsteller gerügte Abweichung des im Sitzungsprotokoll des Gemeinderats festgehaltenen Beschlusstextes vom bekannt gemachten Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen.
20 
Eine Verordnung ist zwar unwirksam, wenn sie nicht mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Wortlaut bekannt gemacht wird bzw. die bekannt gemachte Norm so nicht beschlossen worden ist. Ein nach dem Rechtsstaatsprinzip ausgestaltetes Bekanntmachungsverfahren setzt voraus, dass die Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber gewollten Inhalt veröffentlicht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.2004 - 8 CN 1.02 -, BVerwGE 120, 82). Eine solche Abweichung liegt hier aber auch bezüglich der Gebietsabgrenzung in § 10 Abs. 3 Satz Nr. 1 UmweltschutzVO nicht vor.
21 
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller auf die gemäß § 38 Abs. 1 GemO gefertigte Niederschrift über die Verhandlungen des Gemeinderats. Diese muss u.a. den Wortlaut der Beschlüsse enthalten. Die Niederschrift dient dem späteren Nachweis über den Ablauf der Sitzungen, den Verlauf der Verhandlungen und den Inhalt der gefassten Beschlüsse. Ihr kommt als öffentliche Urkunde die in den §§ 415, 417 und 418 ZPO normierte erhöhte Beweiskraft zu (vgl. Senatsurteil vom 09.10.1989 - 1 S 5/88 -, NJW 1990, 1808; vom 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, juris Rz. 39). Es wird vermutet, dass der Inhalt der Verhandlungen und die Beschlüsse des Gemeinderates vollständig und richtig wiedergeben sind. Die Niederschrift wirkt aber nicht rechtsbegründend für die Beschlüsse des Gemeinderates (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung Baden-Württemberg, § 38 Rn. 1). Aus der formalen Beweisfunktion der Niederschrift folgt, dass die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit durch Gegenbeweise entkräftet werden kann.
22 
In der Niederschrift über die Verhandlungen und Beschlüsse des Gemeinderats vom 01.06.2005 wird auf Blatt 104 zwar festgehalten, dass nach der Zustimmung zur grundsätzlichen Festlegung von Leinenzwang in bestimmten Außengebieten u.a. der Leinenzwang für das Gebiet „Südbereich zwischen Schützenstraße in Schwann und der Straße Am Sportplatz in Conweiler“ beschlossen wurde. In dieser Umschreibung fehlt im Unterschied sowohl zur diskutierten Beschlussvorlage als auch zur veröffentlichten Verordnungsregelung die Angabe „bis zum Waldrand“. Eine inhaltliche Abweichung wird damit aber nicht dokumentiert. Es handelt sich vielmehr ersichtlich um eine leicht verkürzte Wiedergabe des in der Beschlussvorlage bezeichneten Gebiets, das - auch ausweislich der Diskussion im Gemeinderat - in seiner Ausdehnung unverändert bleiben sollte. Denn auf Blatt 106 der Sitzungsniederschrift wird der gesamte Text der vom Gemeinderat - zunächst in getrennten Abstimmungen - beschlossenen Änderungsverordnung nochmals zusammenfassend aufgeführt; dieser Text stimmt mit dem der Bekanntmachung überein.
23 
2. Auch in materieller Hinsicht hält § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO der rechtlichen Prüfung stand.
24 
a) Der in dieser Vorschrift angeordnete Leinenzwang für Hunde ist durch die gesetzliche Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gedeckt.
25 
Eine hiernach erforderliche abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <86>; BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
26 
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass von Hunden Gefahren für die menschliche Gesundheit und für andere Hunde ausgehen können, die geeignet sind, die allgemeine Anordnung eines Leinenzwangs zu rechtfertigen (vgl. schon Beschluss vom 05.07.1967 - I 195/66 -, ESVGH 18, 19 <21 f.>; vom 31.01.1980 – I 1996/79 -, BWVPr 1980, 167 und vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289>). Hieran hält der Senat fest. Dabei mag dahinstehen, ob eine entsprechende Gefahrenlage schon durch die von der Antragsgegnerin angeführten, in der Mehrzahl aber nicht näher umschriebenen Vorfälle mit unangeleinten Hunden hinreichend verlässlich dokumentiert wird. Denn schon die allgemeine Lebenserfahrung belegt aufgrund der (potentiellen) Konfliktträchtigkeit einer Begegnung von Hunden und Menschen die erforderliche abstrakt-generelle Gefahrenlage. Zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Hunden gehören nämlich das Beißen, Hetzen, Reißen, Anspringen, Schnappen, Nachrennen und Beschnüffeln, das sich bei freilaufenden Hunden spontan und unberechenbar äußert und zu einer Gefährdung unbeteiligter Dritter führen kann, welche die Schwelle der bloßen Lästigkeit überschreitet. Auch ein zunächst bloß subjektives Unsicherheitsgefühl, das viele Menschen, vor allem Kinder, gegenüber freilaufenden Hunden beschleicht, ist hier zu berücksichtigen; denn gerade auch ängstliches Verhalten kann bei ansonsten unauffälligen Hunden weitere Reaktionen und auf diese Weise einen gefahrerhöhenden Kreislauf in Gang setzen (Thür. OVG, Urteil vom 26.04.2007 - 3 N 699/05 -, juris Rz. 60 ff.).
27 
Der Verweis des Antragstellers auf die abweichende Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.01.2005 - 11 KN 38/04 -, NordÖR 2005, 179 <180 f.>), wonach eine abstrakte Gefahr durch unangeleinte Hunde nicht festgestellt werden könne, verfängt nicht. Zu Unrecht bezieht sich diese Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Mit Urteil vom 03.07.2002 (- 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <355 f.>) hat das Bundesverwaltungsgericht die niedersächsische Gefahrtier-Verordnung nämlich allein wegen des abschließend an die Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen anknüpfenden Regelungskonzepts als von der polizeirechtlichen, auf die Gefahrenabwehr zielenden Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckte Maßnahme der Gefahrenvorsorge beanstandet. Das Bundesverwaltungsgericht geht aber zugleich davon aus, dass mit der Haltung von Hunden „wegen der Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens“ „unzweifelhaft“ Gefahren verbunden sind.
28 
b) Der Erlass einer Regelung über den allgemeinen Leinenzwang ist nicht gemäß § 11 PolG durch die Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde - PolVOgH - vom 3. August 2000 (GBl. S. 574) gesperrt. § 4 Abs. 3 Satz 1 PolVOgH sieht zwar einen Leinenzwang für gefährliche Hunde i.S. dieser Verordnung vor. Diese Regelung versteht sich jedoch ausweislich von § 6 PolVOgH nicht als abschließend. Denn nach dieser Bestimmung bleiben weitergehende Verordnungen nachgeordneter Polizeibehörden unberührt. Dies gilt insbesondere für Regelungen, die nicht dem Schutz der Bevölkerung und anderer Tiere vor „gefährlichen Hunden“ zu dienen bestimmt sind, sondern die von Hunden generell in bestimmten - gefahrträchtigen - Situationen ausgehenden Gefahren in den Blick nehmen.
29 
c) Die Tatbestandsmerkmale des § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmweltschutzVO sind hinreichend bestimmt.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Damit soll zum einen sichergestellt werden, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Zum anderen soll das Vorgehen der Verwaltung durch steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe gebunden werden. Schließlich sollen die Gerichte in die Lage versetzt werden, anhand verlässlicher normativer Vorgaben die Rechtskontrolle durchzuführen. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen Vollzug der Norm gewährleisten. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtspositionen des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu zuletzt BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 ff.>, sowie Senatsurteil vom 11.10.2000 - 1 S 2964/99 -, ESVGH 51, 41 <46>; vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <86 f.>, jeweils m.w.N.).
31 
Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO zur Abgrenzung des räumlichen Geltungsbereichs des Leinenzwangs auf die bauplanungsrechtliche Begriffe Innenbereich und Außenbereich Bezug nimmt. Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung geäußerten Bedenken (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.09.2006 - 7 C 10539/06 -, DÖV 2007, 82 <83>; Thür. OVG, Urteil vom 26.04.2007 - 3 N 699/05 -, juris Rz. 76 ff.; siehe auch zur Unbestimmtheit des Begriffs „innerhalb der geschlossenen Ortslage“ OVG NRW, Urteil vom 26.01.1987 – 7 A 605/85 -, NVwZ 1988, 659, sowie Nds. OVG, Urteil vom 27.01.2005 - 11 KN 38/04 -, NordÖR 2005, 179 <181>) teilt der Senat jedenfalls im vorliegenden Fall nicht.
32 
Der Rechtsbegriff des Innenbereichs ist in seinem baurechtlichen Kontext hinreichend bestimmt. Dies gilt für den Planbereich (§ 30 BauGB) durch den Bezug auf parzellenscharf abgegrenzte Bebauungspläne ebenso wie für den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB. Nach der Rechtsprechung setzt ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil i.S. dieser Vorschrift voraus, dass die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt sowie Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist; die hierfür maßgeblichen Kriterien sind im Einzelnen entfaltet worden (siehe etwa Hofherr in: Berliner Kommentar zum BauGB, Lfg. Jan. 2005, § 34 Rn 2 ff., m.N.), so dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff hinreichend präzisiert, in seiner Bedeutung geklärt und im juristischen Sprachgebrauch verfestigt ist. Den Verwaltungsbehörden und den Gerichten stehen damit handhabbare Maßstäbe zur Verfügung. Dem Grundstückseigentümer als dem in erster Linie von der Norm Betroffenen ist es zumutbar, sich angesichts der Bedeutung der Frage ggf. unter Hinzuziehung von Fachleuten und Einholung von Rechtsrat über die baulichen Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks zu vergewissern. Auf solches jedenfalls in Grenzfällen erforderliches baurechtliches Spezialwissen kann indessen nicht in jeglichem Regelungszusammenhang verwiesen werden. Das gilt nur dann, wenn die Lage des Normadressaten vergleichbar dem Baurecht durch einen Grundstücksbezug gekennzeichnet ist. Dies ist etwa bei einer Baumschutzsatzung der Fall (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110, sowie BGH, Beschluss vom 15.03.1996 – 3 StR 506/95 -, NStZ 1996, 342). Demgegenüber sieht sich der Hundehalter nicht nur bezogen auf ein bestimmtes Grundstück, sondern potentiell an vielen Stellen, die er in Begleitung des Hundes passiert, mit der Frage des räumlichen Geltungsbereichs des Leinenzwangs konfrontiert. Auch für den rechtsunkundigen, aber verständigen, durchschnittlichen Hundehalter muss dann ohne großen Aufwand erkennbar sein, wo der Hund an der Leine zu führen ist. Ausgehend vom gefahrabwehrrechtlichen Zweck der Norm erschließt sich der auf den Innenbereich bezogene Geltungsbereich des Leinenzwangs zumeist ohne Schwierigkeiten. Wo nämlich eine nicht nur vereinzelte Bebauung mit Wohnhäusern oder sonstigen Gebäuden besteht, ist gewöhnlich mit dem Erscheinen von Menschen und anderen Tieren zu rechnen, deren Schutz beabsichtigt ist. Die Feinabgrenzung in der Ortsrandlage mag sich allerdings dem Hundeführer nicht unmittelbar erschließen. Denn die Frage, ob ein unbebautes Grundstück noch als Baulücke einzustufen ist, die den Bebauungszusammenhang nicht unterbricht, setzt eine umfassende Wertung und Bewertung der Umstände voraus, die ohne baurechtliche Kenntnisse oftmals nicht zu bewältigen ist. Vereinzelte „Unschärfen“ in Randbereichen sind indessen nicht zu beanstanden. Denn mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <87> m.N.). Das Maß an Unsicherheit, das den Normadressaten – nicht zuletzt mit Blick auf die geringe Eingriffsintensität, die mit dem bloßen, wenn auch bußgeldbewehrten, Anleinen der Hunde verbunden ist – noch zugemutet werden kann, wäre jedoch überschritten, wenn die Siedlungsstruktur im Bereich des Normgebers so durch Streubebauung geprägt würde, dass nicht nur vereinzelt bauplanungsrechtlich zwischen Splittersiedlung und Ortsteil abgegrenzt werden müsste. Dann erwiese sich die Bezugnahme auf baurechtliche Begriffe für eine Regelung über den Leinenzwang als untauglich. Für eine solche (Sonder-)Situation ist hier aber angesichts der vorgelegten Pläne und Luftbilder nichts ersichtlich, so dass § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO insoweit keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Der Bezug auf den Planbereich (§ 30 BauGB) ist ebenfalls unschädlich. Solange ein Bebauungsplan noch nicht verwirklicht ist, fehlt es für den Betrachter zwar an Anhaltspunkten, die für eine rechtliche Einstufung des betreffenden Gebiets als Innenbereich sprechen. Eine solche Unsicherheit im Übergangszeitraum bis zur Planverwirklichung durch die Bebauung kann aber hingenommen werden.
33 
d) Die räumliche Festlegung des Gebotsgebiets im südlichen Außenbereich ist ebenfalls hinreichend bestimmt. In nördlicher Richtung ist das Gebiet durch den Begriff des Außenbereichs begrenzt. Dieser beginnt nach der letzten geschlossenen Bebauung am Ortsrand. In südlicher Richtung bezeichnet der „Waldrand“ die Grenze der Anleinpflicht. In westlicher Richtung wird das Gebiet durch die Straße „Am Sportplatz in Conweiler“, in östlicher Richtung durch die „Schützenstraße in Schwann“ begrenzt. Damit sind die äußeren Grenzen klar und für jedermann erkennbar umrissen. Eventuelle Zweifel des Betroffenen über die Geltung des Anleingebots werden zudem dadurch ausgeräumt, dass Hinweistafeln aufgestellt wurden, welche auf den Beginn des Leinenzwangs hinweisen.
34 
Hinsichtlich der Gebotsbereiche im nördlichen Gemarkungsgebiet sind konkrete Einwendungen nicht vorgebracht worden. Bedenken sind auch nicht ersichtlich; aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin aufgestellten Schilder kann es hier keine vernünftigen Zweifel an der räumlichen Erstreckung des Leinenzwangs geben. Soweit darin jeweils auf den Bereich einer Straße bzw. eines Weges abgestellt wird, wird deutlich, dass die Hunde nicht nur auf der Straße bzw. dem Weg anzuleinen sind; auch auf den daran anschließenden Grundstücken dürfen sie gleichfalls nicht frei laufen.
35 
e) Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin, zum Zweck der Gefahrenabwehr in den genannten Gebieten des Außenbereichs den Leinenzwang anzuordnen, ist im Rahmen der begrenzten gerichtlichen Überprüfung (vgl. den Rechtsgedanken des § 114 Satz 1 VwGO), die dem weiten Einschätzungsspielraum des Normgebers Rechnung zu tragen hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
36 
Die umstrittene Vorschrift verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
37 
Der Leinenzwang ist geeignet, Schäden durch Beißattacken zu verhindern. Er trägt darüber hinaus dazu bei, Verunreinigungen öffentlich zugänglicher Flächen zu vermeiden; denn für den Hundeführer ist es wegen des dann eingeschränkten Bewegungsradius des Hundes und der örtlichen Nähe jedenfalls leichter, die Hinterlassenschaften eines an der Leine geführten Hundes zu beseitigen (siehe auch Senatsbeschluss vom 31.01.1980 - I 1886/79 -, BWVPr 1980, 167).
38 
Die Regelung erweist sich zudem als erforderlich, weil mildere Mittel zur Gefahrenabwehr nicht in Betracht kommen. Der Verweis auf Belehrungen und weitere freiwillige Maßnahmen zur Vermeidung von Beißattacken und Verunreinigungen ist nicht in gleicher Weise geeignet, die von unangeleinten Hunden ausgehenden Gefahren wirksam zu bekämpfen.
39 
Schließlich ist der Leinenzwang auch angemessen und beschränkt die Hundehalter nicht unzumutbar in ihren Rechten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Anleinpflicht nur geringfügig in das Recht des Hundehalters auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift, während die geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 GG) von Verfassung wegen einen hohen Rang beanspruchen. Bei Abwägung der durch den Leinenzwang betroffenen Interessen ist die Regelung der Antragsgegnerin mithin nicht unverhältnismäßig.
40 
Soweit der Antragsteller durch den Leinenzwang die Möglichkeit einer artgerechten Hundehaltung beeinträchtigt sieht (siehe § 2 Abs. 1 Satz 2 Tierschutz-Hundeverordnung vom 02.05.2001 ), ist darauf zu verweisen, dass grundsätzlich nicht die Antragsgegnerin das artgerechte Halten von Tieren sicherzustellen, sondern hierfür der Hundehalter selbst zu sorgen hat (vgl. § 2 Nr. 2 TierSchG; dazu Senatsbeschluss vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289 f.>). Eine solche tierschutzrechtlich unbedenkliche Haltung wird dem Antragsteller im Übrigen auf dem Gemeindegebiet auch nicht unmöglich gemacht.
41 
Denn die Antragsgegnerin hat den Leinenzwang nicht für das gesamte Gemeindegebiet angeordnet, diesen vielmehr - nach Maßgabe des nach der örtlichen Situation je verschieden zu gewichtenden Gefahrenpotentials - auf einzelne Gebiete mit einer Ausdehnung von ca. 610 ha bei einer Gemarkungsfläche von 3.307 ha beschränkt, in denen es besonders häufig zu Kontakten zwischen Menschen und Hunden kommt. Für den innerörtlichen Bereich ist dies offenkundig. Aber auch der vom Leinenzwang erfasste südliche Außenbereich der Gemeinde wird in hohem Maß von Spaziergängern, Wanderern und Joggern genutzt und ist ein touristisch attraktives Gebiet. Der Bereich befindet sich im Naturparkportal Nordschwarzwald, zahlreiche Wanderrouten (z.B. Westweg Pforzheim/Basel), Nordic Walking-Routen, Mountainbike-Routen und Radwege führen durch diesen Bereich. Zudem liegt im süd-östlichen Bereich des betroffenen Gebietes ein Segelflugplatz. Hier kam es in letzter Zeit zunehmend zu Konflikten mit freilaufenden Hunden. Die weniger stark frequentieren östlichen und westlichen Außenbereichsgebiete der Antragsgegnerin sind dagegen vom Leinenzwang ausgenommen. Im nördlichen Außenbereich sind ebenfalls nur einzelne Wege vom Leinenzwang betroffen. Diese sachlichen Gegebenheiten rechtfertigen entgegen der Ansicht des Antragstellers die unterschiedlichen Regelungen für den nördlichen und den südlichen Außenbereich; diese sind gerade Ausdruck einer angemessenen Abwägung der meist gegenläufigen Interessen von Hundehaltern und Erholungssuchenden. Den Hundehaltern kann zugemutet werden, ihre Hunde auf den vorhandenen Freiflächen artgerecht auszuführen. Der Antragsteller muss zwar in der näheren Umgebung seiner Wohnung den Leinenzwang beachten, es trifft aber nicht zu, dass der Antragsteller nunmehr in gemeindeferne Gebiete fahren müsse, um seinem Hund Auslauf zu gewähren. Auch fußläufig sind solche Gebiete gerade mit einem großen und lauffreudigen Hund erreichbar.
42 
Eine Differenzierung nach Art und Größe der Hunde ist nicht geboten. Der Verordnungsgeber darf ausgehend von der grundsätzlich bestehenden abstrakten Gefahr durch freilaufende Hunde Sachverhalte typisieren. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn er in einer generellen Regelung atypische Besonderheiten des Einzelfalles vernachlässigt (vgl. nur Senatbeschluss vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289>) und deswegen auch umsichtige Hundehalter, die immer rücksichtsvoll auftreten und in einer der Situation angemessenen Weise reagieren sowie ihren Hund – jedenfalls in aller Regel - verlässlich „im Griff“ haben, dieser Vorschrift unterwirft (siehe hierzu schon Senatsbeschluss vom 05.07.1967 - I 195/66 -, ESVGH 18, 19 <23>). Auch zu der vom Antragsteller angeregten zeitlichen Einschränkung des Leinenzwangs im Außenbereich ist die Antragsgegnerin von Rechts wegen nicht verpflichtet. Zwar ist das Konfliktpotential zwischen Hundehaltern und den übrigen Nutzern dort am Wochenende und gerade bei schönem Wetter besonders groß. Aber auch an Wochentagen kann es nicht vernachlässigt werden; dies gilt nicht zuletzt für Begegnungen mit Joggern. Darüber hinaus ist das Problem der Verunreinigung stark genutzter Freilaufflächen durch die Hunde nicht auf bestimmte Zeiten begrenzt.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss
vom 15.11.2007
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
16 
Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er kann als Hundehalter, der bei seinen täglichen Spaziergängen mit dem Hund mit dem Anleingebot konfrontiert ist, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein; auch ist gegen ihn bereits ein Bußgeld verhängt worden. Die insoweit noch maßgebliche Zweijahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis zum 31.12.2006 geltenden Gesetzesfassung (vgl. § 195 Abs. 7 VwGO, eingefügt durch Gesetz vom 21.12.2006 ) ist gewahrt.
II.
17 
Der Antrag ist nicht begründet. Die zur Prüfung gestellten Vorschriften sind rechtsfehlerfrei zustande gekommen und auch inhaltlich von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
18 
1. Die Änderungsverordnung, durch die § 10 Abs. 3 UmweltschutzVO neu gefasst wurde, ist, wie sich aus den vorgelegten Behördenakten ergibt, mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und dem Landratsamt als der Aufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt.
19 
Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde (§ 5 VerkG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 DVO-GemO) liegt ebenfalls vor. Die vom Antragsteller gerügte Abweichung des im Sitzungsprotokoll des Gemeinderats festgehaltenen Beschlusstextes vom bekannt gemachten Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen.
20 
Eine Verordnung ist zwar unwirksam, wenn sie nicht mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Wortlaut bekannt gemacht wird bzw. die bekannt gemachte Norm so nicht beschlossen worden ist. Ein nach dem Rechtsstaatsprinzip ausgestaltetes Bekanntmachungsverfahren setzt voraus, dass die Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber gewollten Inhalt veröffentlicht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.2004 - 8 CN 1.02 -, BVerwGE 120, 82). Eine solche Abweichung liegt hier aber auch bezüglich der Gebietsabgrenzung in § 10 Abs. 3 Satz Nr. 1 UmweltschutzVO nicht vor.
21 
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller auf die gemäß § 38 Abs. 1 GemO gefertigte Niederschrift über die Verhandlungen des Gemeinderats. Diese muss u.a. den Wortlaut der Beschlüsse enthalten. Die Niederschrift dient dem späteren Nachweis über den Ablauf der Sitzungen, den Verlauf der Verhandlungen und den Inhalt der gefassten Beschlüsse. Ihr kommt als öffentliche Urkunde die in den §§ 415, 417 und 418 ZPO normierte erhöhte Beweiskraft zu (vgl. Senatsurteil vom 09.10.1989 - 1 S 5/88 -, NJW 1990, 1808; vom 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, juris Rz. 39). Es wird vermutet, dass der Inhalt der Verhandlungen und die Beschlüsse des Gemeinderates vollständig und richtig wiedergeben sind. Die Niederschrift wirkt aber nicht rechtsbegründend für die Beschlüsse des Gemeinderates (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung Baden-Württemberg, § 38 Rn. 1). Aus der formalen Beweisfunktion der Niederschrift folgt, dass die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit durch Gegenbeweise entkräftet werden kann.
22 
In der Niederschrift über die Verhandlungen und Beschlüsse des Gemeinderats vom 01.06.2005 wird auf Blatt 104 zwar festgehalten, dass nach der Zustimmung zur grundsätzlichen Festlegung von Leinenzwang in bestimmten Außengebieten u.a. der Leinenzwang für das Gebiet „Südbereich zwischen Schützenstraße in Schwann und der Straße Am Sportplatz in Conweiler“ beschlossen wurde. In dieser Umschreibung fehlt im Unterschied sowohl zur diskutierten Beschlussvorlage als auch zur veröffentlichten Verordnungsregelung die Angabe „bis zum Waldrand“. Eine inhaltliche Abweichung wird damit aber nicht dokumentiert. Es handelt sich vielmehr ersichtlich um eine leicht verkürzte Wiedergabe des in der Beschlussvorlage bezeichneten Gebiets, das - auch ausweislich der Diskussion im Gemeinderat - in seiner Ausdehnung unverändert bleiben sollte. Denn auf Blatt 106 der Sitzungsniederschrift wird der gesamte Text der vom Gemeinderat - zunächst in getrennten Abstimmungen - beschlossenen Änderungsverordnung nochmals zusammenfassend aufgeführt; dieser Text stimmt mit dem der Bekanntmachung überein.
23 
2. Auch in materieller Hinsicht hält § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO der rechtlichen Prüfung stand.
24 
a) Der in dieser Vorschrift angeordnete Leinenzwang für Hunde ist durch die gesetzliche Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gedeckt.
25 
Eine hiernach erforderliche abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <86>; BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
26 
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass von Hunden Gefahren für die menschliche Gesundheit und für andere Hunde ausgehen können, die geeignet sind, die allgemeine Anordnung eines Leinenzwangs zu rechtfertigen (vgl. schon Beschluss vom 05.07.1967 - I 195/66 -, ESVGH 18, 19 <21 f.>; vom 31.01.1980 – I 1996/79 -, BWVPr 1980, 167 und vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289>). Hieran hält der Senat fest. Dabei mag dahinstehen, ob eine entsprechende Gefahrenlage schon durch die von der Antragsgegnerin angeführten, in der Mehrzahl aber nicht näher umschriebenen Vorfälle mit unangeleinten Hunden hinreichend verlässlich dokumentiert wird. Denn schon die allgemeine Lebenserfahrung belegt aufgrund der (potentiellen) Konfliktträchtigkeit einer Begegnung von Hunden und Menschen die erforderliche abstrakt-generelle Gefahrenlage. Zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Hunden gehören nämlich das Beißen, Hetzen, Reißen, Anspringen, Schnappen, Nachrennen und Beschnüffeln, das sich bei freilaufenden Hunden spontan und unberechenbar äußert und zu einer Gefährdung unbeteiligter Dritter führen kann, welche die Schwelle der bloßen Lästigkeit überschreitet. Auch ein zunächst bloß subjektives Unsicherheitsgefühl, das viele Menschen, vor allem Kinder, gegenüber freilaufenden Hunden beschleicht, ist hier zu berücksichtigen; denn gerade auch ängstliches Verhalten kann bei ansonsten unauffälligen Hunden weitere Reaktionen und auf diese Weise einen gefahrerhöhenden Kreislauf in Gang setzen (Thür. OVG, Urteil vom 26.04.2007 - 3 N 699/05 -, juris Rz. 60 ff.).
27 
Der Verweis des Antragstellers auf die abweichende Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.01.2005 - 11 KN 38/04 -, NordÖR 2005, 179 <180 f.>), wonach eine abstrakte Gefahr durch unangeleinte Hunde nicht festgestellt werden könne, verfängt nicht. Zu Unrecht bezieht sich diese Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Mit Urteil vom 03.07.2002 (- 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <355 f.>) hat das Bundesverwaltungsgericht die niedersächsische Gefahrtier-Verordnung nämlich allein wegen des abschließend an die Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen anknüpfenden Regelungskonzepts als von der polizeirechtlichen, auf die Gefahrenabwehr zielenden Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckte Maßnahme der Gefahrenvorsorge beanstandet. Das Bundesverwaltungsgericht geht aber zugleich davon aus, dass mit der Haltung von Hunden „wegen der Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens“ „unzweifelhaft“ Gefahren verbunden sind.
28 
b) Der Erlass einer Regelung über den allgemeinen Leinenzwang ist nicht gemäß § 11 PolG durch die Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde - PolVOgH - vom 3. August 2000 (GBl. S. 574) gesperrt. § 4 Abs. 3 Satz 1 PolVOgH sieht zwar einen Leinenzwang für gefährliche Hunde i.S. dieser Verordnung vor. Diese Regelung versteht sich jedoch ausweislich von § 6 PolVOgH nicht als abschließend. Denn nach dieser Bestimmung bleiben weitergehende Verordnungen nachgeordneter Polizeibehörden unberührt. Dies gilt insbesondere für Regelungen, die nicht dem Schutz der Bevölkerung und anderer Tiere vor „gefährlichen Hunden“ zu dienen bestimmt sind, sondern die von Hunden generell in bestimmten - gefahrträchtigen - Situationen ausgehenden Gefahren in den Blick nehmen.
29 
c) Die Tatbestandsmerkmale des § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmweltschutzVO sind hinreichend bestimmt.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Damit soll zum einen sichergestellt werden, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Zum anderen soll das Vorgehen der Verwaltung durch steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe gebunden werden. Schließlich sollen die Gerichte in die Lage versetzt werden, anhand verlässlicher normativer Vorgaben die Rechtskontrolle durchzuführen. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen Vollzug der Norm gewährleisten. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtspositionen des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu zuletzt BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 ff.>, sowie Senatsurteil vom 11.10.2000 - 1 S 2964/99 -, ESVGH 51, 41 <46>; vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <86 f.>, jeweils m.w.N.).
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Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO zur Abgrenzung des räumlichen Geltungsbereichs des Leinenzwangs auf die bauplanungsrechtliche Begriffe Innenbereich und Außenbereich Bezug nimmt. Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung geäußerten Bedenken (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.09.2006 - 7 C 10539/06 -, DÖV 2007, 82 <83>; Thür. OVG, Urteil vom 26.04.2007 - 3 N 699/05 -, juris Rz. 76 ff.; siehe auch zur Unbestimmtheit des Begriffs „innerhalb der geschlossenen Ortslage“ OVG NRW, Urteil vom 26.01.1987 – 7 A 605/85 -, NVwZ 1988, 659, sowie Nds. OVG, Urteil vom 27.01.2005 - 11 KN 38/04 -, NordÖR 2005, 179 <181>) teilt der Senat jedenfalls im vorliegenden Fall nicht.
32 
Der Rechtsbegriff des Innenbereichs ist in seinem baurechtlichen Kontext hinreichend bestimmt. Dies gilt für den Planbereich (§ 30 BauGB) durch den Bezug auf parzellenscharf abgegrenzte Bebauungspläne ebenso wie für den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB. Nach der Rechtsprechung setzt ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil i.S. dieser Vorschrift voraus, dass die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt sowie Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist; die hierfür maßgeblichen Kriterien sind im Einzelnen entfaltet worden (siehe etwa Hofherr in: Berliner Kommentar zum BauGB, Lfg. Jan. 2005, § 34 Rn 2 ff., m.N.), so dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff hinreichend präzisiert, in seiner Bedeutung geklärt und im juristischen Sprachgebrauch verfestigt ist. Den Verwaltungsbehörden und den Gerichten stehen damit handhabbare Maßstäbe zur Verfügung. Dem Grundstückseigentümer als dem in erster Linie von der Norm Betroffenen ist es zumutbar, sich angesichts der Bedeutung der Frage ggf. unter Hinzuziehung von Fachleuten und Einholung von Rechtsrat über die baulichen Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks zu vergewissern. Auf solches jedenfalls in Grenzfällen erforderliches baurechtliches Spezialwissen kann indessen nicht in jeglichem Regelungszusammenhang verwiesen werden. Das gilt nur dann, wenn die Lage des Normadressaten vergleichbar dem Baurecht durch einen Grundstücksbezug gekennzeichnet ist. Dies ist etwa bei einer Baumschutzsatzung der Fall (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110, sowie BGH, Beschluss vom 15.03.1996 – 3 StR 506/95 -, NStZ 1996, 342). Demgegenüber sieht sich der Hundehalter nicht nur bezogen auf ein bestimmtes Grundstück, sondern potentiell an vielen Stellen, die er in Begleitung des Hundes passiert, mit der Frage des räumlichen Geltungsbereichs des Leinenzwangs konfrontiert. Auch für den rechtsunkundigen, aber verständigen, durchschnittlichen Hundehalter muss dann ohne großen Aufwand erkennbar sein, wo der Hund an der Leine zu führen ist. Ausgehend vom gefahrabwehrrechtlichen Zweck der Norm erschließt sich der auf den Innenbereich bezogene Geltungsbereich des Leinenzwangs zumeist ohne Schwierigkeiten. Wo nämlich eine nicht nur vereinzelte Bebauung mit Wohnhäusern oder sonstigen Gebäuden besteht, ist gewöhnlich mit dem Erscheinen von Menschen und anderen Tieren zu rechnen, deren Schutz beabsichtigt ist. Die Feinabgrenzung in der Ortsrandlage mag sich allerdings dem Hundeführer nicht unmittelbar erschließen. Denn die Frage, ob ein unbebautes Grundstück noch als Baulücke einzustufen ist, die den Bebauungszusammenhang nicht unterbricht, setzt eine umfassende Wertung und Bewertung der Umstände voraus, die ohne baurechtliche Kenntnisse oftmals nicht zu bewältigen ist. Vereinzelte „Unschärfen“ in Randbereichen sind indessen nicht zu beanstanden. Denn mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 16.10.2001 - 1 S 2346/00 -, ESVGH 52, 80 <87> m.N.). Das Maß an Unsicherheit, das den Normadressaten – nicht zuletzt mit Blick auf die geringe Eingriffsintensität, die mit dem bloßen, wenn auch bußgeldbewehrten, Anleinen der Hunde verbunden ist – noch zugemutet werden kann, wäre jedoch überschritten, wenn die Siedlungsstruktur im Bereich des Normgebers so durch Streubebauung geprägt würde, dass nicht nur vereinzelt bauplanungsrechtlich zwischen Splittersiedlung und Ortsteil abgegrenzt werden müsste. Dann erwiese sich die Bezugnahme auf baurechtliche Begriffe für eine Regelung über den Leinenzwang als untauglich. Für eine solche (Sonder-)Situation ist hier aber angesichts der vorgelegten Pläne und Luftbilder nichts ersichtlich, so dass § 10 Abs. 3 Satz 1 UmweltschutzVO insoweit keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Der Bezug auf den Planbereich (§ 30 BauGB) ist ebenfalls unschädlich. Solange ein Bebauungsplan noch nicht verwirklicht ist, fehlt es für den Betrachter zwar an Anhaltspunkten, die für eine rechtliche Einstufung des betreffenden Gebiets als Innenbereich sprechen. Eine solche Unsicherheit im Übergangszeitraum bis zur Planverwirklichung durch die Bebauung kann aber hingenommen werden.
33 
d) Die räumliche Festlegung des Gebotsgebiets im südlichen Außenbereich ist ebenfalls hinreichend bestimmt. In nördlicher Richtung ist das Gebiet durch den Begriff des Außenbereichs begrenzt. Dieser beginnt nach der letzten geschlossenen Bebauung am Ortsrand. In südlicher Richtung bezeichnet der „Waldrand“ die Grenze der Anleinpflicht. In westlicher Richtung wird das Gebiet durch die Straße „Am Sportplatz in Conweiler“, in östlicher Richtung durch die „Schützenstraße in Schwann“ begrenzt. Damit sind die äußeren Grenzen klar und für jedermann erkennbar umrissen. Eventuelle Zweifel des Betroffenen über die Geltung des Anleingebots werden zudem dadurch ausgeräumt, dass Hinweistafeln aufgestellt wurden, welche auf den Beginn des Leinenzwangs hinweisen.
34 
Hinsichtlich der Gebotsbereiche im nördlichen Gemarkungsgebiet sind konkrete Einwendungen nicht vorgebracht worden. Bedenken sind auch nicht ersichtlich; aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin aufgestellten Schilder kann es hier keine vernünftigen Zweifel an der räumlichen Erstreckung des Leinenzwangs geben. Soweit darin jeweils auf den Bereich einer Straße bzw. eines Weges abgestellt wird, wird deutlich, dass die Hunde nicht nur auf der Straße bzw. dem Weg anzuleinen sind; auch auf den daran anschließenden Grundstücken dürfen sie gleichfalls nicht frei laufen.
35 
e) Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin, zum Zweck der Gefahrenabwehr in den genannten Gebieten des Außenbereichs den Leinenzwang anzuordnen, ist im Rahmen der begrenzten gerichtlichen Überprüfung (vgl. den Rechtsgedanken des § 114 Satz 1 VwGO), die dem weiten Einschätzungsspielraum des Normgebers Rechnung zu tragen hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
36 
Die umstrittene Vorschrift verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
37 
Der Leinenzwang ist geeignet, Schäden durch Beißattacken zu verhindern. Er trägt darüber hinaus dazu bei, Verunreinigungen öffentlich zugänglicher Flächen zu vermeiden; denn für den Hundeführer ist es wegen des dann eingeschränkten Bewegungsradius des Hundes und der örtlichen Nähe jedenfalls leichter, die Hinterlassenschaften eines an der Leine geführten Hundes zu beseitigen (siehe auch Senatsbeschluss vom 31.01.1980 - I 1886/79 -, BWVPr 1980, 167).
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Die Regelung erweist sich zudem als erforderlich, weil mildere Mittel zur Gefahrenabwehr nicht in Betracht kommen. Der Verweis auf Belehrungen und weitere freiwillige Maßnahmen zur Vermeidung von Beißattacken und Verunreinigungen ist nicht in gleicher Weise geeignet, die von unangeleinten Hunden ausgehenden Gefahren wirksam zu bekämpfen.
39 
Schließlich ist der Leinenzwang auch angemessen und beschränkt die Hundehalter nicht unzumutbar in ihren Rechten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Anleinpflicht nur geringfügig in das Recht des Hundehalters auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift, während die geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 GG) von Verfassung wegen einen hohen Rang beanspruchen. Bei Abwägung der durch den Leinenzwang betroffenen Interessen ist die Regelung der Antragsgegnerin mithin nicht unverhältnismäßig.
40 
Soweit der Antragsteller durch den Leinenzwang die Möglichkeit einer artgerechten Hundehaltung beeinträchtigt sieht (siehe § 2 Abs. 1 Satz 2 Tierschutz-Hundeverordnung vom 02.05.2001 ), ist darauf zu verweisen, dass grundsätzlich nicht die Antragsgegnerin das artgerechte Halten von Tieren sicherzustellen, sondern hierfür der Hundehalter selbst zu sorgen hat (vgl. § 2 Nr. 2 TierSchG; dazu Senatsbeschluss vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289 f.>). Eine solche tierschutzrechtlich unbedenkliche Haltung wird dem Antragsteller im Übrigen auf dem Gemeindegebiet auch nicht unmöglich gemacht.
41 
Denn die Antragsgegnerin hat den Leinenzwang nicht für das gesamte Gemeindegebiet angeordnet, diesen vielmehr - nach Maßgabe des nach der örtlichen Situation je verschieden zu gewichtenden Gefahrenpotentials - auf einzelne Gebiete mit einer Ausdehnung von ca. 610 ha bei einer Gemarkungsfläche von 3.307 ha beschränkt, in denen es besonders häufig zu Kontakten zwischen Menschen und Hunden kommt. Für den innerörtlichen Bereich ist dies offenkundig. Aber auch der vom Leinenzwang erfasste südliche Außenbereich der Gemeinde wird in hohem Maß von Spaziergängern, Wanderern und Joggern genutzt und ist ein touristisch attraktives Gebiet. Der Bereich befindet sich im Naturparkportal Nordschwarzwald, zahlreiche Wanderrouten (z.B. Westweg Pforzheim/Basel), Nordic Walking-Routen, Mountainbike-Routen und Radwege führen durch diesen Bereich. Zudem liegt im süd-östlichen Bereich des betroffenen Gebietes ein Segelflugplatz. Hier kam es in letzter Zeit zunehmend zu Konflikten mit freilaufenden Hunden. Die weniger stark frequentieren östlichen und westlichen Außenbereichsgebiete der Antragsgegnerin sind dagegen vom Leinenzwang ausgenommen. Im nördlichen Außenbereich sind ebenfalls nur einzelne Wege vom Leinenzwang betroffen. Diese sachlichen Gegebenheiten rechtfertigen entgegen der Ansicht des Antragstellers die unterschiedlichen Regelungen für den nördlichen und den südlichen Außenbereich; diese sind gerade Ausdruck einer angemessenen Abwägung der meist gegenläufigen Interessen von Hundehaltern und Erholungssuchenden. Den Hundehaltern kann zugemutet werden, ihre Hunde auf den vorhandenen Freiflächen artgerecht auszuführen. Der Antragsteller muss zwar in der näheren Umgebung seiner Wohnung den Leinenzwang beachten, es trifft aber nicht zu, dass der Antragsteller nunmehr in gemeindeferne Gebiete fahren müsse, um seinem Hund Auslauf zu gewähren. Auch fußläufig sind solche Gebiete gerade mit einem großen und lauffreudigen Hund erreichbar.
42 
Eine Differenzierung nach Art und Größe der Hunde ist nicht geboten. Der Verordnungsgeber darf ausgehend von der grundsätzlich bestehenden abstrakten Gefahr durch freilaufende Hunde Sachverhalte typisieren. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn er in einer generellen Regelung atypische Besonderheiten des Einzelfalles vernachlässigt (vgl. nur Senatbeschluss vom 06.07.1989 - 1 S 3107/88 -, ESVGH 39, 288 <289>) und deswegen auch umsichtige Hundehalter, die immer rücksichtsvoll auftreten und in einer der Situation angemessenen Weise reagieren sowie ihren Hund – jedenfalls in aller Regel - verlässlich „im Griff“ haben, dieser Vorschrift unterwirft (siehe hierzu schon Senatsbeschluss vom 05.07.1967 - I 195/66 -, ESVGH 18, 19 <23>). Auch zu der vom Antragsteller angeregten zeitlichen Einschränkung des Leinenzwangs im Außenbereich ist die Antragsgegnerin von Rechts wegen nicht verpflichtet. Zwar ist das Konfliktpotential zwischen Hundehaltern und den übrigen Nutzern dort am Wochenende und gerade bei schönem Wetter besonders groß. Aber auch an Wochentagen kann es nicht vernachlässigt werden; dies gilt nicht zuletzt für Begegnungen mit Joggern. Darüber hinaus ist das Problem der Verunreinigung stark genutzter Freilaufflächen durch die Hunde nicht auf bestimmte Zeiten begrenzt.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss
vom 15.11.2007
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.