Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 04. März 2015 - W 6 K 14.1304

bei uns veröffentlicht am04.03.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der am ... 1980 geborene Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung. Er betreibt das Gewerbe „Verputzer- und Malerhandwerk, Abbrucharbeiten, Baukoordination, Einbau von Normfertigteilen und Fliesenlegerarbeiten“.

1. Das Finanzamt Bad N. ... regte mit Schreiben vom 19. November 2013 die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens an und verwies auf Steuerrückstände in Höhe von 120.827,98 Euro (Stand 5.2.2014: 131.693,77 Euro). Forderungspfändungen hätten nicht zum Erfolg geführt. Ratenzahlungen seien nicht eingehalten worden. Der Kläger sei seinen sonstigen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Umsatzsteuer- und Einkommensteuer-Erklärungen seien seit dem Jahr 2008 nicht mehr abgegeben worden. Das Amtsgericht Bad N. teilte am 9. Januar 2014 mit, dass gegen den Kläger 14 Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe von Vermögensauskünften erlassen worden seien. Laut Mitteilung des Gerichtsvollziehers am Amtsgericht Bad Neustadt vom 17. Januar 2014 lägen noch 22 Vollstreckungsverfahren mit einer Gesamtsumme von über 22.000,00 Euro gegen den Kläger vor. Nach Mitteilung der Handwerkskammer für U. beliefen sich die Beitrags- bzw. Gebührenrückstände auf 1.049,30 Euro. Laut Schreiben der BG Bau - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft - vom 8. April 2014 betrügen die dortigen Zahlungsrückstände 14.719,85 Euro. Erklärungspflichten würden nicht erfüllt. Nach Mitteilung der Stadt Bad N. vom 16. Januar 2014 beliefen sich die Zahlungsrückstände auf 13.670,00 Euro. Laut Eintragung im Gewerbezentralregister sind am 11. November 2011 und 12. Oktober 2012 gegen den Kläger Bußgeldbescheide in Höhe von 1.750,00 Euro wegen mehrerer Verstöße gegen das Sozialgesetzbuch III (SGB) und am 9. September 2013 ein Bußgeld in Höhe von 600,00 Euro wegen eines Verstoßes gegen das Arbeitnehmerentsendegesetzes verhängt.

Nach Anhörung untersagte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14. April 2014 die Ausübung des Gewerbes „Verputzer- und Malerhandwerk, Abbrucharbeiten, Baukoordination, Einbau von Normfertigteilen und Fliesenlegerarbeiten“ als selbstständiger Gewerbetreibender im stehenden Gewerbe (Nr. 1). Er dehnte die Gewerbeuntersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbetriebs beauftragte Person sowie auf die Ausübung aller anderen Gewerbe aus (Nr. 2). Die ausgeübte Gewerbetätigkeit sei spätestens drei Monate nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheides einzustellen (Nr. 3). Für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung nach Nr. 3 nicht fristgerecht nachkommt, wurde gedroht die weitere Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit und Anwendung unmittelbaren Zwangs (z. B. durch Wegnahme der Geschäftsunterlagen und Geschäftsausstattungsgegenständen, Versiegelung von Betriebsräumen u. a.) zu verhindern. Der Kläger wurde zur Kostentragung verpflichtet (Nr. 5). In dem Bescheid wurde eine Gebühr von 100,00 Euro festgesetzt. Die Auslagen betragen 3,45 Euro (Nr. 6).

Zur Begründung ist in dem Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO sei die Ausübung eines Gewerbes bei Unzuverlässigkeit zu untersagen. Abzustellen sei vor allem auf die wirtschaftliche und kaufmännische Leistungsfähigkeit, die Verletzung von Zahlungsverpflichtungen gegenüber öffentlichen Kassen und Privaten sowie von Mitwirkungspflichten gegenüber Behörden und sonstigen Institutionen. Die Unzuverlässigkeit des Klägers ergebe sich insbesondere aus der Tatsache, dass er seinen Zahlungsverpflichtungen seit Jahren nicht ordnungsgemäß nachkomme. Die seit Jahren fortlaufende, für den Kläger erkennbare Erhöhung seiner Schulden habe er ungerührt in Kauf genommen. Das beständige Anwachsen seiner Steuerschulden habe ihn nicht zu wirkungsvollen Sanierungsmaßnahmen veranlasst. Der Kläger befinde sich in ungeordneten Vermögensverhältnissen. Dies beweise die Tatsache, dass gegen ihn mehrmals Haftbefehl zur Erzwingung der Vermögensauskunft habe erlassen werden müssen. Der Eintrag im Gewerbezentralregister runde das Bild seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit ab. Die Gewerbeuntersagung sei nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO sowohl auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden als auch mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person im stehenden Gewerbe als auch auf alle Gewerbe auszudehnen gewesen, da die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger für die Ausübung sämtlicher gewerblicher Tätigkeiten unzuverlässig sei. Um weitere Vermögensschädigungen zu vermeiden, sei die Ausdehnung der Gewerbeuntersagung auf die Ausübung jeglicher gewerblicher Tätigkeitswillen geboten. Der Bescheid wurde dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 17. April 2014 zugestellt.

2. Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2014, bei Gericht eingegangen am 13. Mai 2014, ließ der Kläger gegen den Bescheid Klage erheben und die Aussetzung des Verfahrens bis zum Jahresende beantragen. Es sei nicht so, dass er sich seiner Verantwortung der Abläufe entziehe. Zu vielen auf ihn zugekommenen Sachverhalten habe er Lösungen gesucht und gefunden. Er sehe die Entwicklung positiv, da er sich entschlossen habe, in der Lösung der Situation im Vorrang die betrieblichen Abläufe zu regeln. Er habe ein ausführliches Gespräch mit seinem Steuerberater gesucht und eine Regelung angestrebt. Dem Kläger sei nach Erhalt des Schreibens der Ernst der Lage durchaus bewusst.

3. Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 20. Mai 2014,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, er gehe weiterhin von der Unzuverlässigkeit des Klägers aus. Sowohl vor als auch nach Erteilung des Untersagungsbescheides seien keinerlei Anstalten des Klägers erkennbar gewesen, seine Außenstände zu verringern. Das gehe aus dem Schrift- und Telefonverkehr des Beklagten und des Steuerberaters des Klägers eindeutig hervor. Gleichwohl bestehe Einverständnis mit der Aussetzung des Verfahrens bis zum Jahresende.

Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2014 legte der Beklagte ein Schreiben des Finanzamts Bad N. ... vom 5. Dezember 2014 vor. Diesem Schreiben ist zu entnehmen, dass die Steuerrückstände mittlerweile auf 229.572,21 Euro angestiegen seien, davon seien 161.185,75 Euro Lohn- bzw. Umsatzsteuer. Es fehlten immer noch die Steuererklärungen für die Zeiträume 2008 bis 2013. Auch die Umsatzsteuer-Voranmeldungen würden nicht pünktlich abgegeben. Für den Kläger sei ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden. Der Steuerberater könne aufgrund mangelnder Mitwirkung durch den Kläger keine Steuerunterlagen erstellen. Pfändungsmaßnahmen blieben wirkungslos bzw. reichten nicht aus, die Steuerschulden zu begleichen. Es sei indiskutabel, dass der Kläger durch den Hinweis auf die Gefährdung der Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter (derzeit 8) weiterhin verschont bleibe. Dass ihm das Schicksal seiner Mitarbeiter nur als Lippenbekenntnis kümmere, könne man der Tatsache entnehmen, dass er seiner Pflicht als Arbeitgeber, Lohnsteuer ordnungsgemäß anzumelden und für seine Arbeitnehmer abzuführen, sträflich vernachlässige.

Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2015 teilte der Beklagte mit, dass die ... GEK am 16. Dezember 2014 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Kläger gestellt habe.

4. Laut einer Eintragung im Insolvenzregister unter Aktenzeichen IN 367/14 hat das Amtsgericht Schweinfurt beschlossen, zur Sicherung des Schuldnervermögens von nachteiligen Veränderungen am 30. Januar 2015 um 11:30 Uhr die vorläufige Insolvenzverwaltung anzuordnen. Verfügungen des Schuldners (Kläger) seien nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers am 19. Februar 2015 um 08:00 Uhr eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Weiter wurde festgestellt, dass der Kläger unter gewissen Voraussetzungen Restschuldbefreiung erlangt.

5. Das Gericht übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 16. Dezember 2014 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

In der mündlichen Verhandlung am 3. März 2015 wiederholte der Beklagtenvertreter seinen Klageabweisungsantrag. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Das Gericht ist nicht an einer Entscheidung dadurch gehindert, dass über das Vermögen des Klägers mittlerweile während des laufenden Klageverfahrens ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Prozess ist dadurch nicht nach § 240 Satz 1 ZPO i. V. m. § 173 VwGO unterbrochen worden, weil vorliegend der Streitgegenstand nicht - wie dies § 240 ZPO voraussetzt - die Insolvenzmasse betrifft. Die (erweiterte) Gewerbeuntersagung ist keine Regelung, die sich auf Vermögenswerte des Gewerbetreibenden bezieht. Sie knüpft vielmehr an in seiner Person liegenden Unzuverlässigkeitstatbeständen an und entzieht ihm die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Dieses personenbezogene Recht fällt nicht in die Insolvenzmasse (BayVGH, U. v. 27.1.2014 - 22 BV 13.260 - BayVBl. 2014, 338; B. v. 16.1.2013 - 22 ZB 12.2359 - juris; B. v. 16.8.2012 - 22 ZB 12.949 - juris). Das Gericht folgt der eben zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts berufen kann (vgl. BVerwG, B. v. 18.1.2006 - C 21/05 - Buchholz 310, § 134 VwGO Nr. 53), wonach auch § 12 GewO bestätigt, dass der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gewerbetreibender bleibt und dass ihm deshalb während dieses Verfahrens wegen finanzieller Unzuverlässigkeit persönlich die Fortsetzung seiner Gewerbetätigkeit untersagt werden könnte, wenn und soweit dies nicht nach § 12 GewO im Interesse der Erhaltung des Gewerbebetriebs unzulässig ist. Dementsprechend ist der Schuldner (hier der Kläger) auch selbst zur Abwehr einer gleichwohl ergehenden Gewerbeuntersagungsverfügung berechtigt (vgl. auch VG Gießen, U. v. 4.10.2005 - 8 E 2110/04 - ZIP 2005, 2074; Hoffmann in Beck’scher Online-Kommentar, GewO, Hrsg. Pielow, Stand 1.1.2015, § 12 GewO Rn. 72; Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, § 12 GewO Rn. 15; anderer Ansicht etwa SächsOVG, B. v. 13.1.2015 - 3 D 69/14 - juris; HessVGH, B. v. 21.11.2005 - 6 TG 1992/05 - ESVGH 56, 187; Uhlenbrock, Insolvenzordnung, 13. Aufl. 2010, § 85 InsO Rn. 14; Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, 68. Erg. Lfg. August 2014, § 12 GewO Rn. 15).

2. Der Bescheid des Beklagten vom 14. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Sowohl für die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GewO sowie für die Nebenentscheidungen sind die rechtlichen Voraussetzungen gegeben. Dies hat der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid zu Recht festgestellt. Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung des angefochtenen Bescheides vom 14. April 2014 und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Ergänzend ist anzumerken, dass der Kläger als Gewerbetreibender nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Abzustellen ist auf den für die Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses. Zur ordnungsgemäßen Ausübung des Gewerbes gehört nicht nur die Einhaltung gewerbespezifischer Verpflichtungen, sondern auch die Erfüllung der mit der Gewerbeausübung zusammenhängenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten. Vorliegend hatte der Kläger relativ hohe Steuerschulden (über 130.000,00 Euro) sowie weitere erhebliche Rückstände bei anderen öffentlich-rechtlichen Gläubigern. Zudem waren 14 Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe von Vermögensauskünften erlassen worden. Weiterhin kam der Kläger seinen Erklärungspflichten seit Jahren nicht mehr ordnungsgemäß nach. Zu einer nachhaltigen Ratenzahlungsvereinbarung kam es nicht. Zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses war auch kein tragfähiges Tilgungs- und Sanierungskonzept über die aufgelaufenen Rückstände zu erkennen.

Nach der Rechtsprechung ist des Weiteren anerkannt, dass Steuerschulden, die auf Schätzungen beruhen, weil Steuererklärungen und Steueranmeldungen nicht rechtzeitig eingereicht wurden, nichts an der Verwertbarkeit im gewerberechtlichen Untersagungsverfahren ändern. Wenn der Kläger seiner Steuerpflicht nicht nachkommt, konnte das Finanzamt seine Steuerschulden nur schätzen. Verschulden ist nicht erforderlich. Es ist belanglos, welche Ursachen zu einer Überschuldungen und/oder wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bzw. zum Rückstand von Steuerforderungen geführt haben. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt, solange er nicht nach einem erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (vgl. zum Ganzen OVG LSA, B. v. 15.12.2014 - 1 M 132/14 - juris; BVerwG, B. v. 2.12.2014 - 8 PKH 7/14 - juris; BayVGH, B. v. 5.11.2014 - 22 ZB 14.2221 - juris; B. v. 27.10.2014 - 22 ZB 14.2207 - juris; B. v. 4.6.2014 - 22 C 14.1029 - juris; B. v. 2.6.2014 - 22 C 14.738 - juris; B. v. 31.1.2014 - 22 ZB 13.1859 - Fundstelle 2014 Nr. 231, S. 718).

Angesichts von Höhe, Art, Dauer und Entwicklung der Rückstände bestehen des Weiteren auch keine rechtlichen Bedenken gegen die erweiterte Gewerbeuntersagung. Der Verstoß gegen die Zahlungs- und Erklärungspflichten hat gewerbeübergreifenden Charakter. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist erforderlich, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Mangels Bestehens eines extremen Ausnahmefalls ist schließlich nicht von einer Unverhältnismäßigkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung auszugehen. Dem Kläger bleibt etwa die Möglichkeit, in abhängiger Beschäftigung seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu sichern. Zudem kann er - wenn seine Schulden beglichen sind - gemäß § 35 Abs. 6 GewO die Wiedergestattung der Gewerbeausübung beantragen. Anhaltspunkte, dass die bei der erweiterten Gewerbeuntersagung gebotene Ermessensausübung durch den Beklagten fehlerhaft wäre, sind nicht ersichtlich (vgl. BayVGH, B. v. 2.6.2014 - 22 C 14.738 - juris).

Des Weiteren verfängt auch der Hinweis des Klägers auf die mögliche Gefährdung von Arbeitsplätzen seiner (8) Mitarbeiter nicht. Insoweit hat das Finanzamt im Schreiben vom 5. Dezember 2014 zutreffend darauf hingewiesen, dass das Schicksal der Mitarbeiter nur ein Lippenbekenntnis sei, da der Kläger seiner Pflicht als Arbeitgeber nicht nachkomme, die Lohnsteuer ordnungsgemäß anzumelden und für seine Arbeitnehmer abzuführen. Das Interesse der Arbeitnehmer am Erhalt ihrer Arbeitsplätze führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Gewerbeuntersagung. Denn zum einen sind die Belange Drittbetroffener wie die der Beschäftigten für die im Verhältnis zwischen Gewerbetreibendem und Gewerbebehörde ergehende Gewerbeuntersagung und die dafür ausschlaggebenden Belange nachrangig. Zum anderen entspricht es nicht der gebotenen Fürsorge für die Beschäftigten, diesen zwar den Nettolohn auszuzahlen, aber die Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, die der Erfüllung der Lohnsteuerpflicht der Arbeitnehmer und ihrer sozialen Absicherung dienen, schuldig zu bleiben. Die Veruntreuung hierfür kann strafbar sein. Zudem verschafft sich der Kläger durch dieses Gebaren einen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber mit ihm konkurrierenden Betrieben, die die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für ihre Mitarbeiter pünktlich entrichten (BayVGH, B. v. 14.8.2014 - 22 B 14.880 - juris).

3. Die im Rahmen der Bewertung der gewerberechtlichen (Un-)Zuverlässigkeit zu treffende Prognose ist - ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankommt - durch die nachfolgende Entwicklung bestätigt worden. Denn der Kläger hat entgegen seines in der Klagebegründung geäußerten Versprechens, sich zu bessern und mit dem Steuerberater zusammenzuarbeiten, und trotz der ihm daraufhin gewährten Chance während des Ruhens des Verfahrens sein Verhalten nicht nachhaltig geändert und die Unzuverlässigkeitsgründe nicht ausgeräumt. Vielmehr sind nach Mitteilung des zuständigen Finanzamts vom 5. Dezember 2014 die Steuerrückstände mittlerweile auf nahezu 230.000,00 Euro angestiegen. Davon seien gut 160.000,00 Euro Lohn- bzw. Umsatzsteuer. Es fehlten immer noch die Steuererklärungen für die Zeiträume 2008 bis 2013. Auch die Umsatzsteuer-Voranmeldungen würden nicht pünktlich abgegeben. Für den Kläger sei ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden. Der Steuerberater könne aufgrund der mangelnden Mitwirkung durch den Kläger keine Steuerunterlagen erstellen.

Die im Klageverfahren wiederholte Ankündigung, die steuerlichen Verhältnisse zu ordnen, reicht für eine positive Prognose nicht aus, wenn die bisherigen Bekundungen nur leere Versprechungen geblieben sind (vgl. BayVGH, B. v. 4.6.2014 - 22 C 14.1029 - juris).

Schließlich wird die negative Prognose auch durch das mittlerweile eröffnete Insolvenzverfahren bestätigt. Dadurch wird die Ausweglosigkeit der Vermögenssituation förmlich dokumentiert. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt nach § 16 Insolvenzordnung (InsO) voraus, dass ein Eröffnungsgrund gegeben ist. Allgemeiner Eröffnungsgrund ist gemäß § 17 Abs. 1 InsO die Zahlungsunfähigkeit. Stellt ein wirtschaftlich leistungsunfähiger Gewerbetreibender einen auf Erteilung der Restschuldbefreiung gerichteten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und wird das Verfahren eröffnet, kann hieraus allein zu diesem Zeitpunkt noch kein Beginn zur Bewältigung der Krise und noch nicht die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit gesehen werden (BayVGH, B. v. 20.12.2005 - 22 C 05.3222 - juris; OVG NRW, B. v. 2.6.2004 - 4 A 223/04 - NVwZ-RR 2004, 746; Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, § 35 Rn. 71). Nach der Rechtsprechung könnte einem Schuldner frühestens in der Wohlverhaltensphase nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens und dessen Aufhebung sowie nach Ankündigung einer Restschuldbefreiung nicht mehr entgegengehalten werden, dass seine Vermögensverhältnisse nicht geordnet seien. Ein Gewerbetreibender befindet sich jedenfalls dann wieder in geordneten Vermögensverhältnissen, wenn die Gläubiger im großen Umfang befriedigt sind und der Schuldner von den restlichen Verbindlichkeiten befreit ist (Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, 68. Erg. Lfg. August 2014, § 35 Rn. 46 und § 12 Rn. 94 m. w. N. zur Rspr.). Letzteres ist beim Antragsteller, der sich noch ganz am Anfang seines Insolvenzverfahrens befindet, noch nicht der Fall. Gegenwärtig ist die angestrebte Restschuldbefreiung lediglich eine abstrakte Möglichkeit, die sich aber noch nicht zu einer konkreten Aussicht verdichtet hat. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bewirkt die künftig theoretisch mögliche Restschuldbefreiung noch nicht eine dem Vorliegen eines tragfähigen Sanierungskonzepts vergleichbare Situation (vgl. OVG NRW, U. v. 8.12.2011 - 4 A 1115/10 - GewArch 2012, 499; VG Würzburg, B. v. 8.7.2013 - W 6 E 13.500 - ZInsO 2013, 2063).

4. Schließlich ändert die deutlich nach Klageerhebung, aber in offener Abwicklungsfrist erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Untersagungsbescheides. Eine rechtmäßige Gewerbeuntersagung wegen wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit wird durch nachfolgende insolvenzrechtliche Maßnahmen i. S. des § 12 GewO nicht rechtswidrig (vgl. OVG NRW, U. v. 12.4.2011 - 4 A 1449/08 - NVwZ-RR 2011, 553). Eine spätere Stellung eines Insolvenzantrags bzw. eine spätere Insolvenzeröffnung ist irrelevant, da es grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Untersagungsbescheids ankommt (BayVGH, B. v. 16.8.2012 - 22 ZB 12.949 - juris; U. v. 5.5.2009 - 22 BV 07.2776 - GewArch, 311; VG Ansbach, U. v. 11.2.2011 - AN 4 K 10.02206 - juris).

Das Gericht folgt nicht der Auffassung, dass ein bei Einleitung des Insolvenzverfahrens noch nicht rechtskräftiger Untersagungsbescheid infolge des Insolvenzverfahrens fehlerhaft wird, weil sich die Sach- und Rechtslage gemäß § 12 GewO nachträglich geändert habe (so Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, 68. Erg. Lfg. August 2014, § 12 GewO Rn. 16). Auch eine Verschiebung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts ist nicht anzunehmen. Denn dem gesetzgeberischen Ziel des § 12 GewO kann auch dadurch hinreichend Genüge getan werden, wenn dem im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens oder sonst beim Vollzug des Untersagungsbescheides Rechnung getragen werden kann (vgl. zur Problematik BayVGH, B. v. 1.2.2012 - 22 C 11.2679 - juris unter Hinweis auf BayVGH, B. v. 14.2.2011 - 22 CS 11.34 - NZI 2011, 339 sowie Pluta/Heidrich, JurisPR-InsR 18/2012, Anm. 3 m. w. N. zur Rspr. und Literatur). Selbst wenn in jüngster Zeit verschiedene Obergerichte die Beantwortung der Frage der Verschiebung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts in der vorliegenden Fallkonstellation offen gelassen haben (vgl. SächsOVG, B. v. 13.1.2015 - 3 D 69/14 - juris; BayVGH, B. v. 19.8.2014 - 22 C 14.1521 - juris) und dabei auf das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 5.5.2014 - 8 C 6.14) verwiesen haben, welches in einem Revisionsverfahren dem Kläger im Hinblick auf die höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage der Sperrwirkung des § 12 GewO für das Gewerbeuntersagungsverfahren Prozesskostenhilfe gewährt hat, sieht das Gericht keinen Anlass, den Beurteilungszeitpunkt zu verschieben.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner früheren Entscheidung vom 18. Januar 2006 (6 C 21/05 - Buchholz 310, § 134 VwGO Nr. 53) angesichts des § 12 GewO nichts Gegenteiliges geäußert hat, obwohl das Verwaltungsgericht Gießen in der dem Revisionsverfahren zugrunde liegenden Entscheidung (VG Gießen, U. v. 4.10.2005 - 8 E 2110/04 - ZIP 2005, 2074) auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abgestellt und die Frage, welcher Zeitpunkt maßgeblich ist, ausdrücklich im Rahmen der Zulassung der Sprungrevision thematisiert hat. Vielmehr ist der herrschenden Meinung zu folgen, dass sich § 12 GewO nicht auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren auswirkt. Er ändert nicht den Beurteilungszeitpunkt, sondern gebietet nur Einschränkungen bei den nachfolgenden Maßnahmen zur Vollziehung der Gewerbeuntersagungsverfügung. Gegen eine zeitliche Verschiebung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes spricht insbesondere auch der Wortlaut des § 12 Satz 1 GewO, wonach eine Anwendung solcher Vorschriften, welche die Untersagung des Gewerbes wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse ermöglichen, während der in § 12 Satz 1 GewO genannten Zeiträumen untersagt ist. Zudem kann dem Schutzzweck des § 12 GewO während des Stadiums der Vollstreckung der Gewerbeuntersagung durch entsprechende Handhabung hinreichend Rechnung getragen werden. Das Verbot des § 12 GewO besagt, dass in einem schon laufenden Insolvenzverfahren keine Gewerbeuntersagung verfügt werden darf. Das Anwendungsverbot des § 12 GewO greift aber nicht, wenn die Untersagung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist. Auch die systematische Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren in § 35 Abs. 1 Satz 6 GewO spricht dafür, dass eine spätere Änderung der Verhältnisse im Rahmen des Wiedergestattungsverfahrens geltend zu machen sind. Unter teleologischen Gesichtspunkten erfordert der Sinn und Zweck des § 12 GewO nicht den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu verschieben. Um die Sanierungschancen des insolventen Unternehmens zu erhalten und dem Insolvenzverfahren die Priorität im Vergleich zum gewerberechtlichen Untersagungsverfahren zuzuweisen, genügt die Ausdehnung der Sperrwirkung auf die Verwaltungsvollstreckungsebene. Die Vollstreckungsvorschriften ermöglichen eine Handhabung, die dem mit dem § 12 GewO bezweckten Schutz sowohl des zu sanierenden insolventen Gewerbebetriebs als auch der Gläubiger und des Geschäftsverkehrs angemessen Rechnung trägt. Dem Interesse des Gewerbetreibenden wird durch die Möglichkeit der Wiedergestattung Rechnung getragen (vgl. im Einzelnen VG Hamburg, U. v. 12.2.2015 - 11 K 1977/14 - juris; BayVGH, B. v. 19.8.2014 - 22 C 14.1521 - juris; U. v. 27.1.2014 - 22 BV 13.260 - BayVBl. 2014, 338; Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, § 12 GewO Rn. 14 f.; Hoffmann in Beck’scher Online-Kommentar, GewO, Hrsg. Pielow, Stand 1.1.2015, § 12 GewO Rn. 72).

Aber selbst wenn der Beurteilungszeitpunkt etwa auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung verschoben würde, könnte dem Kläger nach dem gegenwärtigen Sachstand keine günstige Prognose gestellt werden. Vielmehr spricht nach den obigen Ausführungen weiter alles für seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit.

5. Der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung steht schließlich nicht entgegen, dass der Kläger seinen Betrieb - laut telefonischer Mitteilung des Insolvenzverwalters währen der laufenden mündlichen Verhandlung - mittlerweile offenbar eingestellt hat. Die Erforderlichkeit der Verfügung ist bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gleichwohl gegeben. Nach § 35 Abs. 1 Satz 3 GewO kann ein Untersagungsverfahren bei Aufgabe des Gewerbes fortgesetzt werden. Im Übrigen bestehen gewisse Zweifel, ob eine endgültige Betriebsaufgabe und Betriebseinstellung erfolgt ist. Denn eine endgültige Aufgabe des Betriebs liegt nur dann vor, wenn sie nicht unter dem Vorbehalt der Wiederaufnahme erfolgt. Die Klage gegen die Untersagungsverfügung hat der Kläger gleichwohl aufrechterhalten. Das Insolvenzverfahren zielt auf eine Restschuldbefreiung. Dies spricht gegen einen endgültigen Aufgabewillen (vgl. Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, 68. Erg. Lfg. August 2014, § 35 Rn. 26).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, daß ein Eröffnungsgrund gegeben ist.

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(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1. Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung. Am 13. Februar 2003 meldete er in der Gemeinde M. das Gewerbe „Handelsvertreter für Bauelemente“ und am 14. September 2009 in der Gemeinde T. rückwirkend zum 1. Juli 2009 die selbstständige Tätigkeit „Handel und Montage von Bauelementen“ an. Weil der Kläger seine Betriebsverlegung pflichtwidrig nicht gemäß § 14 GewO angezeigt habe, meldete die Gemeinde M. zum 2. Februar 2010 das bei ihr gemeldete Gewerbe des Klägers von Amts wegen ab. Am 1. Juli 2010 wurde der Kläger von der Gemeinde T. von Amts wegen als Einwohner abgemeldet, weil er sich - wie man festgestellt habe - nicht in seiner Wohnung aufhalte; auch sein in T. angemeldetes Gewerbe wurde Anfang September 2010 rückwirkend zum 1. Juli 2010 von Amts wegen abgemeldet.

Einer Mitteilung der AOK vom 23. März 2010 an das Landratsamt Rottal-Inn zufolge schuldete der Kläger noch Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile) für die Monate Mai und Juni 2009 und hatte im Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a. F. abgegeben. Am 28. Juni 2010 unterrichtete das Finanzamt E. das Landratsamt von Steuerrückständen des Klägers in Höhe von ca. 5.000 €. Auf Anhörung zur beabsichtigten erweiterten Gewerbeuntersagung äußerte sich der Kläger am 13. Juli 2010 gegenüber dem Landratsamt und schilderte seine schwierige finanzielle Lage, worauf man ihm riet, zur Vermeidung eines Bescheids bis zum 30. Juli 2010 seinen Gewerbebetrieb wegen Unrentabilität aufzugeben oder eine Insolvenz anzustreben; die Frist wurde mit einer weiteren Anhörung verlängert bis zum 30. August 2010. Am 13. August 2010 hatte die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See bereits die Einleitung eines Insolvenzverfahrens über das Unternehmen des Klägers beantragt.

Mit Bescheid vom 17. September 2010 untersagte das Landratsamt - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 2 des Bescheids) und Androhung eines Zwangsgelds (Nr. 3 des Bescheids) - die Ausübung des zuletzt gemeldeten Gewerbes „Handel und Montage von Bauelementen“, die Gewerbeausübung generell sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person zum 21. Oktober 2010 und ordnete an, innerhalb dieser Frist sei die gewerbliche Tätigkeit einzustellen (Nr. 1 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei unzuverlässig im Sinn des § 35 Abs. 1 GewO, weil er wegen seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Betriebsführung biete. Der Bescheid wurde dem Kläger am 21. September 2010 zugestellt.

Mit Beschluss vom 23. September 2010 ordnete das Amtsgericht Landshut - Insolvenzgericht - zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen die vorläufige Insolvenzverwaltung an, bestellte einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete zudem an, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Am 11. Oktober 2010 beantragte der Kläger auch selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Nachdem im Auftrag des Insolvenzgerichts am 26. Oktober 2010 ein Sachverständigengutachten zur Vermögenslage des Klägers erstellt worden war, beschloss das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Am 18. Oktober 2010 erhob der Kläger gegen den Gewerbeuntersagungsbescheid des Landratsamts vom 17. September 2010 Anfechtungsklage und beantragte, deren aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen bzw. wiederherzustellen. Diesen Antrag lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 10. Dezember 2010 ab. Die Beschwerde des Klägers führte zur Aufhebung des Beschlusses vom 10. Dezember 2010 und zur Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Februar 2011 - 22 CS 11.34.

Mit Urteil vom 22. November 2012 - RN 5 K 12.26 - wies das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Bescheid vom 17. September 2010 ab.

Der Kläger hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2012 und den Bescheid des Landratsamts Rottal-Inn vom 17. September 2010 aufzuheben.

Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu einem Zeitpunkt, in dem eine Gewerbeuntersagung verfügt, aber noch nicht bestandskräftig geworden sei, erfordere nach dem Sinn und Zweck von § 12 GewO eine neue, das Insolvenzverfahren berücksichtigende Rechtmäßigkeitsbeurteilung der Gewerbeuntersagung. Die Untersagungsvorschriften der Gewerbeordnung bezweckten u. a. den Schutz der Allgemeinheit vor überschuldeten und infolgedessen als unzuverlässig geltenden Gewerbetreibenden. Das streng formell geregelte Insolvenzverfahren führe jedoch dazu, dass die finanziellen Verhältnisse eines Schuldners geordnet, ihm selbst mit der Restschuldbefreiung und dem Wegfall finanzieller Altlasten ein Neuanfang ermöglicht und zugleich die finanziellen Risiken für Vertragspartner beseitigt würden. Wenn also aus den erheblichen finanziellen Verbindlichkeiten eines Gewerbetreibenden dessen Unzuverlässigkeit abgeleitet werde, so müsse das Entfallen der Verbindlichkeiten zum Wegfall der Unzuverlässigkeit führen. Die Möglichkeit eines „Neuanfangs“ müsse einem Gewerbetreibenden vor allem deshalb zugestanden werden, weil die aus der Vermögenslage folgende gewerberechtliche Unzuverlässigkeit auch dann angenommen werde, wenn - wie vorliegend - der Gewerbetreibenden unverschuldet in die Notlage geraten sei. Ebenso wie der Schuldner während des Insolvenzverfahrens vor dem Zugriff der Gläubiger bis zur Entscheidung über eine Restschuldbefreiung vorläufig geschützt sei, müsse er auch vor staatlichen Eingriffen wie der Gewerbeuntersagung geschützt sein. Hinzu komme vorliegend, dass dem Kläger mit dem angegriffenen Bescheid die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit nicht sofort verboten, sondern ihm eine Auslauffrist gewährt worden sei. Insofern unterscheide sich der Fall entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erheblich von der Konstellation, dass die Behörde dem Gewerbetreibenden nur noch die Abwicklung seines - aufgrund der Gewerbeuntersagung an sich schon illegalen - Gewerbes ermöglichen wolle und deshalb von einer Vollstreckung absehe. Vorliegend habe der Kläger aufgrund der ihm gewährten Auslauffrist noch bis zum 21. Oktober 2010 seinen Geschäftsbetrieb ohne Einschränkung weiterführen und sogar neue Verträge abschließen dürfen; die Behörde habe - anders als in der zuvor beschriebenen Konstellation - eine sofortige Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit nicht für notwendig befunden. Der Kläger habe daher im Zeitpunkt der ersten insolvenzrechtlichen Sicherungsanordnung ein von der Rechtsordnung weiterhin anerkanntes Gewerbe ausgeübt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Anwendung von § 12 GewO auch auf solche Gewerbe geboten, die der Insolvenzverwalter wieder freigegeben habe. Der sich aufgrund des Insolvenzverfahrens ergebende völlig neue Lebenssachverhalt gebiete es somit, den Zeitpunkt für die Beurteilung der Sperrwirkung des § 12 GewO zu verschieben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt des Bescheidserlasses (17.9.2010); in diesem Zeitpunkt sei der Kläger als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen gewesen, die erweiterte Gewerbeuntersagung sei nicht zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die nach entsprechendem Verzicht der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Die erweiterte Gewerbeuntersagung im angefochtenen Bescheid des Landratsamts Rottal-Inn vom 17. September 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen.

1. Dass über das Vermögen des Klägers ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hindert eine gerichtliche Entscheidung nicht. Der Prozess ist dadurch nicht nach § 240 Satz 1 ZPO i. V. m. § 173 VwGO unterbrochen worden, weil vorliegend der Streitgegenstand nicht - wie dies § 240 ZPO voraussetzt - „die Insolvenzmasse betrifft“. Die (erweiterte) Gewerbeuntersagung ist keine Regelung, die sich auf Vermögenswerte des Gewerbetreibenden bezieht. Sie knüpft vielmehr an in seiner Person liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Dieses personenbezogene Recht fällt nicht in die Insolvenzmasse (BayVGH, B. v. 16.8.2012 - 22 ZB 12.949 - juris, m. w. N.).

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung waren vorliegend im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheids mit seinem Zugang (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG), der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist (dazu unter 3), erfüllt.

2.1. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (vgl. BVerwG, U. v. 5.8.1965 - I C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Grundsätzlich unerheblich ist, ob den Gewerbetreibenden ein Verschulden an seiner Situation trifft und welche Ursachen zu einer Überschuldung oder wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.; BayVGH, B. v. 8.7.2013 - 22 C 13.1163 - und vom 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803 jeweils m. w. N.). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.).

Vorliegend hatte der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids am 17. September 2010 Steuerrückstände von 5.013 €, er schuldete zudem seit über einem Jahr der AOK Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 845 €. Diese Beträge sind - absolut betrachtet - zwar niedrig. Hinzu kommt aber, dass der Kläger am 21. Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a. F. abgegeben hat, wobei sich dem Protokoll hierzu (Bl. 23 der Verwaltungsverfahrensakte) Schulden des Klägers von mehr als 12.000 € entnehmen lassen, und der Kläger selbst gegenüber dem Beklagten vorgetragen hat, mittellos zu sein. Insgesamt liegen damit Tatsachen vor, die auf - relativ zu Einkommen und Vermögen - erhebliche Schulden, eine mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine ausweglose wirtschaftliche Krise des Klägers schließen lassen. Bestätigt wird diese Einschätzung im Nachhinein durch das am 26. Oktober 2010 im Auftrag des Insolvenzgerichts erstattete Sachverständigengutachten, wonach der Kläger zahlungsunfähig sei. Dass der Kläger irgendein Konzept zum Abbau seiner Schulden entwickelt hätte, ist nicht erkennbar. Der Kläger hat im Berufungsverfahren gegen diese vom Verwaltungsgericht vorgenommene Bewertung nichts vorgetragen.

2.2. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist (sog. „erweiterte Gewerbeuntersagung“). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B. v. 28.8.2013 - 22 ZB 13.1419 - und B. v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Einer besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes bedarf eine erweiterte Gewerbeuntersagung auch dann nicht, wenn - wie vorliegend - die Steuerschulden vergleichsweise niedrig sind (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - juris); es bleibt auch in einem solchen Fall dabei, dass die erweiterte Gewerbeuntersagung unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig ist, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B. v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - juris Rn. 33; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - juris Rn. 14). Für solche besonderen Umstände gab es vorliegend im Zeitpunkt des Bescheidserlasses keine Anhaltspunkte. Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird im Nachhinein bestätigt durch den Vortrag des Klägers im Klageverfahren, wonach er - sinngemäß - aufgrund seines Alters und des zeitlichen Abstands zur letztmaligen Arbeit in seinem erlernten Beruf auf ein selbstständig ausgeübtes Gewerbe angewiesen sei.

Die Ermessenserwägungen des Landratsamts im angefochtenen Bescheid, die bei einer erweiterten Gewerbeuntersagung - im Gegensatz zur „gebundenen“ Gewerbeuntersagung - erforderlich sind, halten vorliegend der gerichtlichen Prüfung stand.

3. An der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Bescheidserlasses für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der (erweiterten) Gewerbeuntersagung ändert sich vorliegend nichts dadurch, dass über das Vermögen des Klägers die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet wurde (Beschluss vom 23.9.2010), nachdem der Bescheid (am 21.9.2010) bereits wirksam, aber noch nicht bestandskräftig geworden und auch die im Bescheid gewährte Frist noch nicht abgelaufen war, bis zu der die gewerbliche Betätigung eingestellt werden musste, und dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat. Die von § 12 GewO grundsätzlich ausgelöste Sperrwirkung ist vorliegend auf diesen Beurteilungszeitpunkt ohne Einfluss.

3.1. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 GewO waren vorliegend gegeben. § 12 GewO bestimmt: „Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, finden während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 InsO) keine Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde“. Die Sperrwirkung des § 12 GewO erfordert, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem den vorliegenden Kläger betreffenden Beschluss vom 14. Februar 2011 - 22 CS 11.34 - ZInsO 2011, 1846 ausgeführt hat, zunächst, dass die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht (auch) auf anderen Gründen als auf „ungeordneten Vermögensverhältnissen“ im Sinn des § 12 GewO beruht. Diese Voraussetzung ist beim Kläger erfüllt. Seine beträchtlichen Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 60.000 EUR (vgl. die Vermögensübersicht als Anlage zum Insolvenzgutachten vom 26.10.2010) sprechen dafür, dass die Pflichtverletzungen und Zahlungsrückstände ganz überwiegend mit seiner sich auch aus anderen Umständen ergebenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit zusammenhängen. Jedenfalls sind keine gegenteiligen Anhaltspunkte bekannt geworden. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Klageverfahren - denen keiner der Beteiligten entgegen getreten ist - ist weiterhin mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch davon auszugehen, dass der Kläger sowohl im Zeitpunkt des Fremdinsolvenzantrags vom 13. August 2010 als auch im Zeitpunkt der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung gemäß § 21 InsO (23.9.2010) das untersagte Gewerbe tatsächlich ausgeübt hat.

3.2. Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage, ob sich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Bescheidserlass (wobei unter „Erlass“ der Zugang des Bescheids zu verstehen ist, vgl. Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) verschiebt, ist - mit der in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung - zu verneinen.

3.2.1. Gegen eine Verschiebung des Beurteilungszeitpunkts lässt sich der Wortlaut des § 12 Satz 1 GewO anführen, wonach eine „Anwendung“ solcher Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse ermöglichen, während der in § 12 GewO genannten Zeiträume untersagt ist. Insoweit hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (U. v. 21.11.2002 - 8 UE 3195/01 - GewArch 2004, 162 Rn. 27 f.) ausgeführt, aus der Formulierung, wonach Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes ermöglichen, während eines Insolvenzverfahrens „keine Anwendung ... finden“, ergebe sich, dass während eines schon laufenden Insolvenzverfahrens insbesondere keine Gewerbeuntersagung verfügt werden dürfe. Das Anwendungsverbot nach § 12 GewO greife daher nicht ein, wenn die die Untersagung des Gewerbes betreffende Vorschrift bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. vor der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO „angewendet“ worden sei. Weiter folge hieraus, dass § 12 GewO den nach ständiger Rechtsprechung maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nicht verschiebe, so dass eine in diesem Zeitpunkt rechtmäßige Gewerbeuntersagung nicht durch die spätere Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO oder die spätere Einleitung eines Insolvenzverfahrens rechtswidrig werde. Vielmehr bleibe es auch in einem solchen Fall dabei, dass es für die materielle Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Betroffenen und für die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankomme. Dieser Argumentation ist grundsätzlich zuzustimmen.

3.2.2. Für diese Ansicht spricht ferner die im materiellen Recht angelegte systematische Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren, wonach gemäß dem Regelungszusammenhang von § 35 Abs. 1 und 6 GewO spätere Änderungen der Verhältnisse im Rahmen des Antrags auf Wiedergestattung geltend zu machen sind (OVG NRW, U. v. 12.4.2011 - 4 A 1449/08 - NVwZ-RR 2011, 553 Rn. 44 ff. m. w. N.; Fortführung mit B. v. 19.5.2011 - 4 B 1707/10 - GewArch 2011, 314). § 12 GewO ändert an dieser grundsätzlichen systematischen Trennung nichts.

3.2.3. Auch die teleologische Auslegung der einschlägigen Vorschriften gebietet es nicht, dass sich an der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Bescheidserlasses dadurch etwas ändert, dass nach Erlass der Gewerbeuntersagung insolvenzrechtliche Maßnahmen im Sinn des § 12 GewO ergriffen werden; der Zweck des § 12 GewO erfordert nicht, vom Zeitpunkt des Bescheidserlasses als maßgeblichem Beurteilungszeitpunkt abzuweichen.

3.2.3.1. Der Gesetzgeber verfolgt mit § 12 GewO das Ziel, die Sanierungschancen des insolventen Unternehmens zu erhalten, dem Insolvenzverfahren im Verhältnis zum gewerberechtlichen Untersagungsverfahren die absolute Priorität zuzuweisen und damit sicherzustellen, dass keine dem Insolvenzverfahren zuwiderlaufenden Entscheidungen getroffen werden.

Nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts genügt dafür eine Ausdehnung der Sperrwirkung auf das Verwaltungsvollstreckungsverfahren; während der in § 12 GewO genannten Zeitabschnitte dürften daher nach seiner Ansicht keine Maßnahmen zur Vollziehung einer solchen Gewerbeuntersagung getroffen werden, die schon vor den insolvenzrechtlichen Verfügungen im Sinn des § 12 GewO ergangen sei (OVG NRW, U. v. 12.4.2011, a. a. O., Rn. 44 ff., insb. Rn. 50 bis 53, m. w. N.; Fortführung mit B. v. 19.5.2011 - 4 B 1707/10 - GewArch 2011, 314).

Allerdings könnte - worauf Vertreter der Gegenansicht hinweisen - eine Ausdehnung der Sperrwirkung auf die Phase der Verwaltungsvollstreckung dazu führen, dass gegen einen nicht rechtstreuen Gewerbetreibenden, der eine vor dem Ergehen insolvenzrechtlicher Maßnahmen im Sinn des § 12 GewO sofort vollziehbar oder bestandskräftig gewordene Gewerbeuntersagung beharrlich missachtet, keine Zwangsmaßnahmen (z. B. in dem vom NdsOVG mit Beschluss vom 8.12.2008 - 7 ME 144/08 - GewArch 2009, 162 entschiedenen Fall: Festsetzung eines Zwangsgelds) ergriffen werden könnten. Ein solches Ergebnis sei zu vermeiden, so dass Maßnahmen zur Vollstreckung einer Gewerbeuntersagung nicht als „Anwendung von Untersagungsvorschriften“ angesehen werden dürften und somit eine sofort vollziehbare oder bestandskräftige Gewerbeuntersagung ungeachtet eines inzwischen eingeleiteten Insolvenzverfahrens zwangsweise durchgesetzt werden könnte, weil die „Anwendung“ der Untersagungsvorschriften bereits abgeschlossen sei (NdsOVG, B. v. 8.12.2008, a. a. O., Rn. 4 unter Hinweis auf Hahn, GewArch 2000, 361 und Landmann/Rohmer, GewO, § 12 Rn. 14; Krumm, GewArch 2010, 465).

3.2.3.2. Die Bedenken gegen eine Ausdehnung der gesetzlichen Sperrwirkung gemäß § 12 GewO auf jegliche Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen sind nicht von der Hand zu weisen. Die Ablehnung einer solchen auch das Verwaltungsvollstreckungsverfahren erfassenden Sperrwirkung bedeutet aber nicht, dass als einzige Möglichkeit zur angemessenen Berücksichtigung der mit einem Insolvenzverfahren verfolgten Ziele die Verlegung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts auf einen Zeitpunkt nach Erlass der Gewerbeuntersagung bliebe. Vielmehr kann der vom Gesetzgeber verfolgte Schutzzweck auch auf andere Weise während des Stadiums der Vollstreckung einer sofort vollziehbaren oder bestandskräftigen Gewerbeuntersagung erreicht werden. Denn nach den einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen muss die zuständige Behörde vor der Anwendung eines jeden Zwangsmittels eine gesonderte Entscheidung über das „Ob“ und das „Wie“ der Vollstreckung treffen. Dies ergibt sich aus dem bundesrechtlich wie landesrechtlich für Zwangsmittel zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen geltenden Gebot der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVG bzw. die der bundesrechtlichen Regelung nachgebildeten landesrechtlichen Vorschriften, z. B. Art. 29 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayVwZVG). Ausdruck dieses Verhältnismäßigkeitsgebots sind auch Art. 37 Abs. 4 Satz 1 BayVwZVG bzw. § 15 Abs. 3 VwVG (Einstellung der Vollstreckung, sobald der Pflichtige seiner Verpflichtung nachkommt bzw. der Vollstreckungszweck erreicht ist). Dabei könnte auch eine möglicherweise erforderliche Differenzierung erfolgen zwischen einerseits demjenigen Gewerbetreibenden, der eine für sofort vollziehbar erklärte Gewerbeuntersagung einfach missachtet hat und nur aus diesem Grund im Zeitpunkt der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (in das er sich möglicherweise sogar durch eigenen Insolvenzantrag „geflüchtet“ hat) ein Gewerbe zwar tatsächlich, aber rechtswidrig ausübt, und andererseits demjenigen, der während einer ihm eingeräumten Abwicklungsfrist oder deswegen, weil der Sofortvollzug nicht angeordnet wurde, bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Gewerbe rechtmäßig betreibt. Hierbei könnte z. B. berücksichtigt werden, ob ein verwirktes Zwangsgeld von einem nicht „rechtstreuen“ Gewerbetreibenden beigetrieben werden oder ob von einer solchen Maßnahme im Interesse eines erfolgreichen Insolvenzverfahrens Abstand genommen werden soll.

Die Vollstreckungsvorschriften ermöglichen also eine Handhabung, die dem mit § 12 GewO bezweckten Schutz sowohl des zu sanierenden insolventen Gewerbebetriebs als auch der Gläubiger und des Geschäftsverkehrs angemessen Rechnung trägt.

3.2.4. Auch das Anliegen, dem Gewerbetreibenden mit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens die Chance zu einem „Neuanfang“ zu geben, rechtfertigt nicht, den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit und der Rechtmäßigkeit der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. vor vorläufigen Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO ergangenen Gewerbeuntersagung zu verschieben. Vielmehr ist insofern ein Antrag auf Wiedergestattung der Gewerbeausübung das richtige Instrument. Insoweit ist zu bedenken, dass das „Wartejahr“ gemäß § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO nicht zwingend ist, sondern dass das Gesetz die Wiederaufnahme des Gewerbes vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagung dann ermöglicht, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

4. Gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid bestehen keine Bedenken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO.

(1) Gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 2) steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Kläger und der Beklagte der Einlegung der Sprungrevision schriftlich zustimmen und wenn sie von dem Verwaltungsgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluß zugelassen wird. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich zu stellen. Die Zustimmung zu der Einlegung der Sprungrevision ist dem Antrag oder, wenn die Revision im Urteil zugelassen ist, der Revisionsschrift beizufügen.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 vorliegen. Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Die Ablehnung der Zulassung ist unanfechtbar.

(3) Lehnt das Verwaltungsgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluß ab, beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung von neuem, sofern der Antrag in der gesetzlichen Frist und Form gestellt und die Zustimmungserklärung beigefügt war. Läßt das Verwaltungsgericht die Revision durch Beschluß zu, beginnt der Lauf der Revisionsfrist mit der Zustellung dieser Entscheidung.

(4) Die Revision kann nicht auf Mängel des Verfahrens gestützt werden.

(5) Die Einlegung der Revision und die Zustimmung gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Verwaltungsgericht die Revision zugelassen hat.

Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, sind während der Zeit

1.
eines Insolvenzverfahrens,
2.
in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind,
3.
der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) oder
4.
in der in einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist, eine Stabilisierungsanordnung wirksam ist oder dem Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsplan zur Vorprüfung, zur Anberaumung eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins oder zur Bestätigung vorliegt,
nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Antrags auf Anordnung des Restrukturierungs- oder Stabilisierungsinstruments ausgeübt wurde.Dies gilt nicht für eine nach § 35 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 der Insolvenzordnung freigegebene selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn dessen Unzuverlässigkeit mit Tatsachen begründet wird, die nach der Freigabe eingetreten sind.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 3. Kammer - vom 16. Oktober 2014, deren Prüfung gem. § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Die Einwendungen des Antragstellers rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

2

Auf die unter Pkt. a) der Beschwerdeschrift aufgezählten, angeblich falschen Tatsachen, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt haben soll, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Die Beschwerdeschrift wendet sich in diesem Zusammenhang u. a. gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss, weshalb die langjährigen Straßenbauarbeiten im Bereich M-Straße, G-Straße und D-Straße nicht als maßgebliche Ursache für die aufgelaufenen Steuerrückstände des Antragstellers beim Finanzamt A-Stadt anzusehen seien. Die Beschwerdeschrift tritt dem mit Angaben zur Anzahl der Biogeschäfte in A-Stadt, zur Art des Kundenstammes und zur Frage der Benutzung von PKWs entgegen und versucht damit die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Antragstellers zu erklären und zu entschuldigen. Diesem Vorbringen ist indes keine entscheidungserhebliche Bedeutung beizumessen. Denn die gewerbliche Unzuverlässigkeit erfordert kein Verschulden des Gewerbetreibenden. Es ist belanglos, welche Ursachen zu einer Überschuldung und/oder wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit bzw. zum Rückstand von Steuerforderungen des Antragstellers geführt haben. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Diese - durch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung begründete - Erwartung ist der eigentliche Grund, den wirtschaftlich leistungsunfähigen Gewerbetreibenden als unzuverlässig zu bewerten. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und Erfolg versprechenden Sanierungskonzept arbeitet (vgl. BVerwG, Urteil v. 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 -, juris).

3

Diese Ausnahmevoraussetzungen sah das Verwaltungsgericht nicht als gegeben an. So bestehe keine tragfähige Vereinbarung zur Ratenzahlung mit dem Finanzamt. Zudem seien die vom Antragsteller angedachten Zahlungen von monatlich 1.000,00 bis 1.500,00 Euro an das Finanzamt unrealistisch, angesichts des im Zusammenhang mit der Festsetzung des vorläufigen Streitwertes mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2014 angegebenen Jahresgewinns des Antragstellers, der (deutlich) unter einem Betrag von 7.500,00 Euro liege. Diese Feststellungen stellt die Beschwerdebegründung nicht schlüssig infrage; Entsprechendes gilt für den von den Zahlungsrückständen unabhängigen Vorwurf, dass der Antragsteller seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht (termingerecht) nachkomme.

4

Soweit die Beschwerdeschrift auf telefonische Kontakte des Antragstellers zum Finanzamt A-Stadt vom 8. und 29. Oktober 2013, auf beanstandungslos gebliebene Betriebsprüfungen im April und Juli 2014 sowie auf die vom Finanzamt anlässlich eines Telefonats vom 13. August 2014 grundsätzlich bestätigte Möglichkeit einer Ratenzahlungsvereinbarung verweist, kommt es aus den zuvor genannten Gründen hierauf ebenso wenig entscheidungserheblich an, wie auf den Umstand, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin mehrfach schriftlich und telefonisch seine schwierige Geschäftssituation erläutert haben will. Keine der angeführten Kontaktaufnahmen macht die Zahlungswilligkeit und -fähigkeit des Antragstellers plausibel; erst recht rechtfertigt sich nicht die Annahme, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Senatsentscheidung oder jedenfalls noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides nach einem sinnvollen und Erfolg versprechenden Sanierungskonzept arbeiten wird und insofern eine positive Prognose in Bezug auf den Schuldenabbau in Betracht kommt. Hinsichtlich des Verstoßes gegen die steuerlichen Erklärungspflichten lässt das Vorbringen keine Verhaltensänderungen erkennen.

5

Der unter Pkt. b) der Beschwerdeschrift vorgebrachte Einwand, das Verwaltungsgericht habe die besondere Situation des Antragstellers als mit Straßenbaumaßnahmen konfrontierter und belasteter Existenzgründer nicht gewürdigt, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich, weil es - wie bereits ausgeführt - auf die Ursachen für die die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers begründenden Steuerrückstände und die Verletzung steuerlicher Erklärungspflichten nicht ankommt. Die weiter aufgestellte Behauptung, der Antragsteller sei nach Beendigung der Straßenbaumaßnahmen auf dem Weg der Konsolidierung seines Unternehmens, ist unsubstantiiert und genügt nicht den oben dargelegten Anforderungen an die Plausibilisierung seiner Zahlungswilligkeit und -fähigkeit.

6

Die in der Beschwerdeschrift zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2. Februar 1982 (- 1 C 52.78 -, juris = GewArch 1982, 233) steht dem nicht entgegen, sondern bestätigt vielmehr die obigen Ausführungen des Senats. Soweit das Bundesverwaltungsgericht bezüglich der Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden auf den Gesamteindruck seines Verhaltens verweist, stellt es im Folgenden ausdrücklich fest:

7

„Auf den Grund für die Entstehung der Schulden und für die Unfähigkeit zur Erfüllung der Zahlungspflicht kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass ein vernünftig urteilender und um eine ordnungsgemäße Betriebsführung bemühter Gewerbetreibender in der Situation des Klägers den Gewerbebetrieb nicht fortführen würde. Diese Voraussetzung wäre im vorliegenden Fall nur dann nicht erfüllt gewesen, wenn der Kläger nach einem sinnvollen und Erfolg versprechenden Sanierungskonzept gewirtschaftet hätte.“

8

Der Vortrag unter Pkt. c) der Beschwerdeschrift rechtfertigt nicht die Annahme, die Untersagung des ausgeübten Gewerbes erweise sich als unverhältnismäßig. Es ist durch das Bundesverwaltungsgericht bereits geklärt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagungsverfügung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verstoßen kann. Sie setzt nämlich voraus, dass die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist es nicht unverhältnismäßig, dem Schutzzweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen zu geben, seine Existenzgrundlage beibehalten zu können (vgl. BVerwG, Beschluss v. 9. März 1994 - 1 B 33.94 -, juris m. w. N.). Ein solcher Ausnahmefall wird durch das Beschwerdevorbringen nicht dadurch begründet, dass es wegen der Straßenbaumaßnahme zu drei Geschäftsaufgaben und einem Wegzug von Gewerbetreibenden in unmittelbarer Umgebung des Ladengeschäftes des Antragstellers gekommen sei und bei der Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers allein auf die Existenz von Steuerschulden abgestellt worden sei, ohne deren Ursachen und die Verantwortlichkeit für diese Ursachen mit in den Abwägungsprozess einzubeziehen. Der Beschwerdevortrag bezieht sich damit auf einen nicht entscheidungserheblichen Umstand. Die Ursachen, die zu den Steuerrückständen geführt haben bzw. ihrem Abbau entgegenstehen, sind rechtlich ohne Belang. Zudem wird das in der Missachtung steuerlicher Erklärungspflichten bestehende weitere Fehlverhalten des Antragstellers völlig unberücksichtigt gelassen.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

10

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

11

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Landratsamts A. vom 30. Juli 2013. Darin wurden ihm u. a. die Erlaubnis zur Ausübung des Gewerbes „Vermittlung des Abschlusses und Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Wohnräume, gewerbliche Räume, Vermittlung des Abschlusses und Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über Darlehen“ widerrufen (Ziffer 1 des Bescheids), ihm die Fortsetzung dieses Gewerbes untersagt (Ziffer 2) und er zur Vorlage des Erlaubnisbescheids innerhalb von zwei Wochen nach Unanfechtbarkeit des Widerrufsbescheids verpflichtet (Ziffer 3). Außerdem wurde ihm nach § 35 GewO die Ausübung des Gewerbes „Vermittlung von Bausparverträgen, Verkauf von Photovoltaikanlagen“ und darüber hinaus die Ausübung aller anderen Gewerbe sowie die Tätigkeit eines Vertretungsberechtigten eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person ab sofort untersagt (Ziffer 4). Das Landratsamt stützte den Bescheid u. a. auf unterlassene bzw. verspätet abgegebene Steueranmeldungen und Steuererklärungen sowie aufgelaufene Steuerschulden des Klägers. Den Akten ist hierzu zu entnehmen:

1. Schreiben des Finanzamts A. vom 19. Dezember 2011 an den Kläger: Rückständige Einkommensteuer des Jahres 2009 und Umsatzsteuer der Jahre 2010 und 2011 in Höhe von 12.769,04 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 14.409,54 Euro.

Vollstreckungsaussetzung hinsichtlich der Rückstände unter der Bedingung von Teilzahlungen von monatlich 500 Euro ab dem 31. Januar 2012, pünktlicher Erfüllung der laufenden steuerlichen Erklärungs- und Anmeldungs- sowie Zahlungspflichten und Übermittlung der ausstehenden Umsatzsteuervoranmeldungen für Oktober und November 2011 bis zum 31. Dezember 2011.

2. Mitteilung des Finanzamts A. vom 29. Januar 2013 an das Landratsamt:

Rückständige Einkommensteuer und Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von 21.053,40 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 25.017,17 Euro.

Der Grundbesitz des Klägers sei mit Rechten Dritter derart belastet, dass eine Vollstreckung aussichtslos erscheine. Ratenzahlungen seien nicht eingehalten worden, die Besteuerungsgrundlagen seien für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer des Jahres 2010 geschätzt worden. Die Jahressteuererklärung für das Jahr 2011 und die Umsatzsteuervoranmeldung für das vierte Quartal 2012 stünden aus; die letzte Zahlung des Klägers sei am 27. Juni 2012 aus einer Forderungspfändung in Höhe von 9.653,74 Euro erfolgt.

3. Mitteilung des Finanzamts A. vom 17. Juni 2013 an das Landratsamt:

Rückständige Einkommensteuer und Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von 23.411,94 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 28.409,71 Euro.

Die Steuererklärungen bis einschließlich 2012 seien vorgelegt worden; durch die Jahressteuererklärungen der Jahre 2010 und 2011 habe sich der Rückstand erhöht; ein Antrag des Klägers auf Vollstreckungsaufschub sei abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen von 250 Euro der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre betrage und die Zahlungsvereinbarungen zuletzt vom 5. Juli 2012 bereits nicht eingehalten worden seien.

4. Mitteilung des Finanzamts A. vom 26. August 2013 an den Kläger:

Die durch seine damalige Steuerberaterin vorgenommene sachlich falsche Umsatzsteueranmeldung vom 18. Januar 2011 habe zu einer unberechtigten Erstattung an den Kläger von 20.326,95 Euro geführt, wovon rd. 14.500 Euro an ihn und 5.500 Euro an seine Steuerberaterin ausgezahlt worden seien. Ein Verschulden seiner Steuerberaterin für eine Falschangabe sei dem Kläger zuzurechnen. Aktuell betrügen die Steuerschulden 28.291 Euro.

5. Mitteilung des Finanzamts A. vom 10. Oktober 2013 an das Landratsamt:

Die Steuerschulden des Klägers seien von 14.521 Euro zum 30. Dezember 2011 über 18.535 Euro zum 31. Dezember 2012 auf 28.500 Euro zum 10. Oktober 2013 trotz Zahlungen angestiegen. Anträge auf monatliche Ratenzahlungen von 250 Euro bzw. 200 Euro seien abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre betrage und bereits monatliche Säumniszuschläge von 221 Euro anfielen, die Raten also zur Rückführung der Steuerschulden nicht ausreichten.

6. Weiter enthalten die Akten eine Mitteilung der Verwaltungsgemeinschaft S. vom 7. März 2013 über Gewerbesteuerrückstände des Klägers von 9.099 Euro, zu der eine Stundungsverfügung vom 12. September 2013 mit einer Ratenzahlung von monatlich 300 Euro ab dem 15. Juli 2017 ergangen ist.

7. Weiter enthalten die Gerichtsakten eine Mitteilung des Finanzamts A. vom 19. November 2013 an das Landratsamt:

Gegenüber der letzten Stellungnahme vom 10. Oktober 2013 hätten sich keine Änderungen ergeben. Der Gesamtrückstand habe sich durch Säumniszuschläge auf insgesamt 28.948,53 Euro erhöht. Eine Zahlungsvereinbarung bestehe nicht.

Der Kläger hat gegen den Bescheid Anfechtungsklage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 27. August 2014 unter Verweis auf die aktuell auf 28.173,71 Euro bezifferten Steuerrückstände des Klägers abgewiesen hat.

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ergibt sich nicht, dass einer der geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO) vorliegt.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).

Der Kläger hat in seiner Antragsbegründung weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts benannt und auch keine schlüssigen Gegenargumente vorgetragen, mit denen ein solcher Rechtssatz oder eine solche Tatsachenfeststellung in Frage gestellt werden könnte. Auch der übrige Vortrag des Klägers lässt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht hervortreten.

Sowohl der Widerruf der Maklererlaubnis des Klägers nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG i. V. m. § 34c Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GewO als auch die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GewO begegnen keinen durchgreifenden Bedenken. Wegen der Einzelheiten wird auf den in gleicher Sache ergangenen Beschluss über Prozesskostenhilfe verwiesen (BayVGH, B. v. 2.6.2014 - 22 C 14.738 - Rn. 14-30) und ergänzend zum Zulassungsvorbringen des Klägers ausgeführt:

a) Entgegen der Auffassung des Klägers haben der Beklagte und das Verwaltungsgericht zu Recht für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Klägers nicht berücksichtigt, dass er möglicherweise durch das Verschulden seiner damaligen Steuerberaterin eine unberechtigte Steuererstattung erhalten hat und sich nach Klärung der Sach- und Rechtslage einer umso höheren Steuerforderung ausgesetzt sah. Zum Einen hat die Gewerbebehörde ihre Unzuverlässigkeitsprognose nicht allein auf die Steuerrückstände gestützt, zu deren Entstehung auch seine frühere Steuerberaterin beigetragen haben mag, sondern ebenso tragend auf die Nichtzahlung derjenigen aufgelaufenen Steuerschulden abgestellt, für welche der Kläger allein verantwortlich ist. Eine Mitverursachung der wirtschaftlichen Misere des Klägers durch Fehler seiner Steuerberaterin ist schon deswegen im vorliegenden Fall gewerberechtlich nicht ausschlaggebend. Abgesehen davon sind hohe Steuerrückstände, deren Tilgung unabsehbar ist, auch dann ein Beleg für wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit und gewerberechtliche Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden, wenn er ohne eigenes Verschulden in eine solche Lage geraten ist. Denn es ist grundsätzlich unerheblich, ob den Gewerbetreibenden ein Verschulden an seiner Situation trifft und welche Ursachen zu einer Überschuldung oder wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.; BayVGH, B. v. 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803; BayVGH, U. v. 27.01.2014 - 22 BV 13.260 - Rn. 15 jew. m. w. N.). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf deren Ursachen seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.). Ein solches Konzept fehlt hier jedoch.

b) Wie ausgeführt, genügen die - erfolglosen - Bemühungen des Klägers um eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt nicht für die Annahme einer positiven Prognose, weil ihnen kein durchdachtes und Erfolg versprechendes Sanierungskonzept zugrunde liegt (vgl. dazu BayVGH, B. v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 14 f. m. w. N.). Auch ein ernsthaftes Bemühen um eine Schuldentilgung und eine Abtretung von Forderungen gegen Dritte reichen nicht aus, um Zuverlässigkeitsbedenken auszuräumen, die in anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit wurzeln, wenn - wie hier - diese Forderungen erst noch realisiert werden müssen und die Abtretung als Surrogat die Steuerschulden nicht mindern kann.

2. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht, hat er nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, welche Rechtsfrage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 35 bis 40).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, inwieweit von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit eines Steuerschuldners wegen Steuerschulden ausgegangen werden kann, wenn diese durch das Verschulden eines Dritten - vorliegend eines Steuerberaters - entstanden sind, ist nicht klärungsbedürftig. An der Verantwortlichkeit eines Gewerbetreibenden für die Tilgung ihm zurechenbarer Steuerschulden ändert ein etwaiges Mitverschulden dritter Personen an deren Entstehung nichts, denn die Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit setzt nicht notwendig ein Verschulden des Gewerbetreibenden voraus, so dass auf die Nichtzahlung als solche die Annahme seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit und damit seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit gestützt werden kann. Ebenso ist es allein seine Sache, in Zusammenarbeit mit seinen Gläubigern - wie hier dem Finanzamt - ein tragfähiges Sanierungskonzept zu entwickeln und durch pünktliche Steuerzahlung auch umzusetzen, will er die Annahme seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit widerlegen und seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit wiedererlangen (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.).

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich im vorliegenden Rechtsstreit gegen einen Bescheid des Landratsamts ... vom 31. Januar 2014, durch den ihm die Ausübung des Gewerbes „Friseur, Friseurgeschäft“, ferner die selbstständige Ausübung aller anderen Gewerbe sowie eine Tätigkeit als Vertretungsberechtigter und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person untersagt wurde. Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Kläger bis zum 22. Januar 2014 Rückstände an Steuern und steuerlichen Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 35.438,92 € hatte auflaufen lassen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 7. August 2014 als unbegründet ab.

Der Kläger beantragt,

gegen diese Entscheidung die Berufung zuzulassen, da erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden.

II.

Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg, da sich aus der Begründung dieses Rechtsbehelfs (vgl. zur Maßgeblichkeit der darin enthaltenen Darlegungen § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegen.

Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass er im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (nämlich bei Erlass des Untersagungsbescheids; vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 2.2.1984 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1) Steuern und steuerliche Nebenleistungen in Höhe von mehr als 35.000 € schuldete. Er verweist vielmehr darauf, dass er „vor einigen Wochen“ den aus dem Verkauf eines Grundstücks erzielten Erlös von 20.000 € in voller Höhe an die Finanzverwaltung weitergeleitet habe. Dadurch hätten sich seine steuerlichen Verbindlichkeiten auf 18.116,61 € verringert. Die darin enthaltene Hauptschuld belaufe sich nur noch auf 1.959,48 €; hinzu kämen Säumniszuschläge im Gesamtbetrag von 16.360,00 €. Deren Erlass werde er in Kürze beantragen; es sei davon auszugehen, dass diesem Antrag - wie üblich - in Höhe von 50% entsprochen werde, wenn die andere Hälfte der Säumniszuschläge sowie die Hauptschuld beglichen würden.

Dieses Vorbringen ist schon deshalb ungeeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen, da eine Entwicklung inmitten steht, die erst nach dem Zeitpunkt eingetreten ist, auf den es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Untersagungsbescheids ausschlaggebend ankommt. Denn der Kläger hat mit Schreiben seines Bevollmächtigten an das Verwaltungsgericht vom 15. Mai 2014 mitgeteilt, der das Grundstück betreffende Kaufvertrag sei am 23. April 2014 zustande gekommen; die Kaufpreiszahlung stand seiner Darstellung zufolge damals noch aus.

Sollte die Bemerkung in der Antragsbegründung, die nachträgliche teilweise Schuldtilgung belege, „dass der Kläger ein schlüssiges Konzept hatte und hat, um seine Steuerschulden zurückzuführen“, so zu verstehen sein, dass insoweit eine bereits bei Erlass des Untersagungsbescheids bestehende tatsächliche Gegebenheit geltend gemacht werden soll, würde sich an der Unbehelflichkeit dieses Vorbringens im Ergebnis nichts ändern. Eine ggf. bereits damals gehegte (während des gesamten Verwaltungsverfahrens nach Aktenlage allerdings nie kundgemachte) Absicht des Klägers, ein Grundstück zu veräußern und den hierdurch erzielten Erlös zur (teilweisen) Wegfertigung der steuerlichen Rückstände einzusetzen, ließe den Befund, dass er Ende Januar/Anfang Februar 2014 unzuverlässig im Sinn von § 35 Abs. 1 GewO war, zum einen deshalb unberührt, weil seinerzeit keineswegs feststand, ob es zu einem solchen Verkauf kommen würde, ob sich hierbei ein Entgelt würde erzielen lassen, das dem Kläger eine substantielle Verringerung seiner Steuerschulden gestatten würde, und ob dieser Betrag tatsächlich dem Finanzamt zufließen würde. Zum anderen kann über einen Gewerbetreibenden, der seine steuerlichen Verpflichtungen nachweislich über eineinhalb Jahrzehnte hinweg fortlaufend verletzt hat (ausweislich der Rückstandsaufstellung des Finanzamtes vom 14.6.2013 sind in allen Jahren zwischen 1998 und 2012 u. a. Verspätungs- und/oder Säumniszuschläge sowie ggf. Zinsen aufgelaufen, was nur darauf zurückzuführen sein kann, dass seitens des Klägers außer der Steuerentrichtungs- teilweise auch die Steuererklärungspflicht missachtet wurde), und von dem Zahlungen weithin nur im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt werden konnten (die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung räumt selbst ein, dass es zu wiederholten Schuldtilgungen in Höhe von 2.000 € nur aufgrund von durch das Finanzamt ausgebrachten Pfändungen gekommen ist), eine günstige Prognose hinsichtlich seines künftigen steuerlichen Verhaltens nicht bereits deshalb angestellt werden, weil ihm im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt ein Vermögenswert zustand, dessen Verwertung zum Zwecke der Begleichung aufgelaufener steuerlicher Verbindlichkeiten in Betracht kam. Denn auch eine hierdurch ggf. erzielte Verringerung dieser Rückstände vermag nichts daran zu ändern, dass der Betroffene angesichts seines langjährigen steuerlichen Fehlverhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, seine einschlägigen Pflichten künftig ordnungsgemäß zu erfüllen.

Die in der Begründung des Zulassungsantrags vorgebrachte, nicht näher substantiierte Kritik an der Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Grundstücksverkauf ändere an der Unzuverlässigkeit des Klägers nichts, ist aber nicht nur aus den vorstehend aufgezeigten Gründen ungeeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hervorzurufen. Gänzlich unwiderlegt steht darüber hinaus die Aussage des Verwaltungsgerichts im Raum, der Kläger habe nicht vorgetragen, dass er künftig in der Lage sein werde, die finanziellen Belastungen, die sich aus dem von ihm betriebenen Gewerbe ergeben, aus den (laufenden) Einnahmen zu bestreiten. Der Notverkauf eines Vermögenswerts ist auch deshalb ungeeignet, den Befund der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers zu entkräften, da eine solche einmalige Maßnahme dem Betroffenen nur eine vorübergehende, nicht aber eine andauernde Erleichterung hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Lage zu verschaffen vermag.

Auf die Mitteilung des Finanzamtes, der Grundbesitz des Klägers sei mit Rechten Dritter belastet, so dass eine Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen aussichtslos erscheine, hat sich weder das Landratsamt im verfahrensgegenständlichen Bescheid noch das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung gestützt; diese Darstellung wird im Tatbestand des Urteils vom 7. August 2014 lediglich nachrichtlich referiert. Die in der Begründung des Zulassungsantrags aufgestellte Behauptung, diese Angabe sei unrichtig, geht deshalb ins Leere.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in den Nummern 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für seine Anfechtungsklage gegen einen Bescheid der Beklagten vom 6. August 2013, mit dem sie dem Kläger die Ausübung des Gewerbes „Betrieb einer Detektei und Auskunftei, Bürodienstleistungen, Büroorganisation, Internetdienstleistungen, Branchenbuch“ sowie jegliche anderweitige selbstständige Tätigkeit im Bereich des stehenden Gewerbes und die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person ab Eintritt der Bestandskraft des Bescheids wegen unterlassener Steueranmeldungen und -erklärungen sowie hoher Steuerschulden untersagt hat. Den Akten ist hierzu zu entnehmen:

1. Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 12. September 2012 an die Beklagte:

Rückständige Umsatzsteuer der Jahre 2011 und 2012 einschließlich Nebenforderungen: 11.739,50 Euro.

Keine freiwilligen Zahlungen seit Beginn der Tätigkeit, Forderungspfändungen erfolglos, seit Betriebsbeginn am 1. März 2011 keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, Besteuerungsgrundlagen geschätzt.

2. Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 22. Januar 2013 an die Beklagte:

Rückständige Umsatzsteuer der Jahre 2011 und 2012 einschließlich Nebenforderungen angestiegen auf: 33.781,50 Euro.

Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos, weiterhin keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht.

3. Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 31. Juli 2013 an die Beklagte:

Rückständige Umsatzsteuer der Jahre 2011 bis 2013 einschließlich Nebenforderungen angestiegen auf: 58.042,50 Euro.

Weiterhin keine Zahlungen und keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht.

Der Kläger hat gegen den Bescheid Klage erhoben und hierfür Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 23. April 2014 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Gewerbeuntersagung gerechtfertigt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Zutreffend haben der Beklagte und das Verwaltungsgericht die Prognose der Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO auf die Missachtung seiner steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten gestützt.

Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2; std. Rspr.). Dies ist beim Kläger der Fall, weil er zum für die Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 -1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115; BayVGH, B. v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 15; BayVGH, B. v. 30.4.2012 - 22 C 12.372 -Rn. 16, std. Rspr.) vom 6. August 2013 nach der Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 31. Juli 2013 Umsatzsteuer der Jahre 2011 bis 2013 einschließlich Nebenforderungen in Höhe von 58.042,50 Euro schuldete und bis dahin weder fällige Zahlungen geleistet noch fällige Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hatte. Damit hat der Kläger seit Aufnahme seines Gewerbes hartnäckig gegen elementare steuerliche Pflichten verstoßen, wie sie von jedem Gewerbetreibenden zu erfüllen sind. Anhaltspunkte für eine durchgreifende Änderung in der Zukunft sind nicht erkennbar. Im Einzelnen:

a) Soweit der Kläger meint, eine Gewerbeuntersagung könne nicht auf lediglich geschätzte Steuerschulden gestützt werden, ist demgegenüber in der Rechtsprechung anerkannt, dass Steuerschulden, die auf Schätzungen beruhen, weil Steuererklärungen und Steueranmeldungen pflichtwidrig nicht rechtzeitig eingereicht wurden, nichts an der Verwertbarkeit im gewerberechtlichen Untersagungsverfahren ändern (vgl. BVerwG, B. v. 29.1.1988 - 1 B 164.87 - GewArch 1988, 162/163; BVerwG, B. v. 22.6.1994 - 1 B 114.94 - GewArch 1995, 111; BayVGH, B. v. 14.2.2012 - 22 ZB 11.2464 - Rn. 23 m. w. N.; BayVGH, B. v. 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803/804). So liegt es hier. Da der Kläger seinen Steuererklärungspflichten nicht nachgekommen ist, konnte das Finanzamt seine Steuerschulden nur schätzen.

b) Soweit der Kläger meint, sein „laxer, wenn auch wenig entschuldbarer Umgang mit der Buchführung“ sei nachträglich noch heilbar, verkennt er, dass für die Zuverlässigkeitsprognose auf den für die Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses vom 6. August 2013 abzustellen ist, zu dem er nach der Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 31. Juli 2013 keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hatte, also selbst nach seiner Auffassung keine „Heilung“ eingetreten wäre.

c) Sein Einwand, auf eine „einzige Verfehlung“ könne die Gewerbeuntersagung nicht gestützt werden, verkennt zum Einen, dass auch einmalige aber schwere Pflichtverstöße eine Gewerbeuntersagung rechtfertigen können. Zum Anderen handelt es sich hier nicht um eine „einzige Verfehlung“, sondern um eine Vielzahl steuerlicher Pflichtverletzungen über Jahre hinweg.

d) Entgegen der Auffassung des Klägers spielen die Ursachen seiner Pflichtverletzungen in der Vergangenheit für sich genommen gewerberechtlich keine Rolle.

Auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Lage wie den vom Kläger angeführten Neuaufbau seiner beruflichen Existenz nach der Trennung von seiner Ehefrau, einen niedrigen Auftragsstand oder Probleme bei der Bedienung des von ihm verwendeten Computerprogramms sowie die fehlende finanzielle Möglichkeit, einen Steuerberater zu beauftragen, kommt es nicht an. Für eine Gewerbeuntersagung ist belanglos, ob der Gewerbetreibende seine öffentlich-rechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten nicht erfüllen konnte oder nicht erfüllen wollte (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.; BayVGH, B. v. 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803 m. w. N.).

Allein maßgeblich ist die Prognose, ob der Kläger künftig sein Gewerbe ordnungsgemäß führen wird. Für die Annahme einer positiven Prognose bietet der Kläger aber keine Anhaltspunkte.

Für eine positive Prognose ist erforderlich, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe auch im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Erklärungs- und Zahlungspflichten künftig ordnungsgemäß auszuüben. Je länger das zuvor gezeigte Fehlverhalten andauerte, desto mehr müssen sich auch die Tatsachen auf einen längeren Zeitraum erstrecken, sozusagen nachhaltig sein, die die Grundlage für die Annahme eines geläuterten Verhaltens sein können. Ein kurzfristiges Wohlverhalten kann eine über lange Zeit zu Tage getretene Unzuverlässigkeit nicht ohne Weiteres ausräumen, insbesondere wenn dieses Wohlverhalten nicht Teil eines durchdachten und Erfolg versprechenden Sanierungskonzepts oder Ergebnis eines inneren Reifeprozesses des Gewerbetreibenden ist (vgl. dazu BayVGH, B. v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 14 f. m. w. N.).

So ist es hier. Die bloße wiederholt verwendete Ankündigung, die steuerlichen Verhältnisse zu ordnen, reicht nicht aus, wenn die bisherigen Bekundungen nur leere Versprechungen geblieben sind (vgl. Zusagen des Klägers in seinen Schreiben vom 6.11.2012, Behördenakte Bl. 10/11 a. E., vom 20.2.2013, Bl. 29/30 Mitte und 32, vom 8.4.2013, Bl. 34, vom 27.5.2013, Bl. 35). Im Ergebnis hat der Kläger seit Aufnahme seines Gewerbes drei Jahre lang weder Umsatzsteuer vorangemeldet noch gezahlt, so dass von einem verfestigten Fehlverhalten auszugehen ist. Da der Kläger die längst fälligen Steuererklärungen nicht abgegeben und so auch keine Reduzierung der Steuerschulden erreicht sowie kein tragfähiges Sanierungskonzept entwickelt hat, ist davon auszugehen, dass er die aufgelaufenen Steuerrückstände in absehbarer Zeit auch nicht wird tilgen können.

e) Vorliegend ist die Gewerbeuntersagung nicht unverhältnismäßig.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn verstoßen kann (BVerwG, B. v. 9.3.1994 - 1 B 33.94 - GewArch 1995, 114; BVerwG, B. v. 1.2.1994 - 1 B 211.93 - GewArch 1995, 114). Die Voraussetzungen eines solchen extremen Ausnahmefalls sind nach Aktenlage nicht gegeben. Die vom Kläger behaupteten geringen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt rechtfertigen nicht, von einer Gewerbeuntersagung wegen fortgesetzter Pflichtverletzung abzusehen.

Soweit der Kläger meint, die Behörde hätte zuvor andere „Strafen“ ergreifen oder ihn „verwarnen“ müssen, ist dem nicht zu folgen. Die Beklagte hat ihm vor Erlass des Bescheids ausdrücklich Gelegenheit gegeben, „sich umgehend mit dem Finanzamt in Verbindung zu setzen und die Rückstände zumindest ratenweise zu begleichen“ (Schreiben vom 18.9.2012, Behördenakte Bl. 5), worauf der Kläger mitteilte, die Beträge nicht zu bezahlen, weil sie „in der Höhe unverhältnismäßig“ seien (Schreiben vom 6.11.2012, Behördenakte Bl. 10/11). Insofern hat die Behörde den Kläger tatsächlich gewarnt, allerdings vergeblich. Die erforderlichen Umsatzsteuererklärungen hat er selbst unter dem Druck der drohenden Gewerbeuntersagung nicht abgegeben (Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 22.1.2013, Behördenakte Bl. 23).

f) Verstöße der Gewerbeuntersagung gegen Gemeinschaftsrecht sind nicht ersichtlich.

Der Kläger kann sich als deutscher Staatsbürger gegenüber Behörden seines Heimatstaats nicht auf etwaige grenzüberschreitende Rechte berufen; mangels grenzüberschreitenden Bezugs auch nicht auf die unionsrechtlich verbürgte Dienstleistungsfreiheit. Die streitgegenständliche Gewerbeuntersagung hat keinerlei grenzüberschreitenden Bezug, da der Kläger ein in Deutschland ansässiges Unternehmen betreibt, seine Gewerbetätigkeit auf dem innerstaatlichen Markt im Streit steht und er seine Dienstleistungen hier anbietet. Auch die Charta der Grundrechte der EU (GrCH) ist vorliegend weder anwendbar noch verletzt. Dies ergibt sich aus Art. 51 Abs. 1 GrCh, weil die zugrunde liegende Befugnisnorm des § 35 Abs. 1 GewO nicht zum Recht der Europäischen Union gehört und ihre Durchführung daher nicht den Anwendungsbereich der Grundrechte-Charta eröffnet.

2. Auch die erweiterte Gewerbeuntersagung begegnet entgegen der Auffassung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B. v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785 - Rn. 14) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist - wie hier - bei beharrlichen steuerlichen Pflichtverletzungen ohne konkrete Aussicht auf Besserung unzweifelhaft gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist deshalb unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B. v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - Rn. 33; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 14). Für solche besonderen Umstände fehlen vorliegend alle Anhaltspunkte, denn der Kläger hat nicht nur an seiner Gewerbeausübung festgehalten, als sich seine Überschuldung und wirtschaftliche Unzuverlässigkeit abzeichnete, sondern er hat nach seinem eigenen Vorbringen sein Gewerbe sogar aufgenommen, als er bereits „hoch verschuldet“ war, „um nicht dem Staat zur Last zu fallen.“

b) Angesichts der Höhe der aufgelaufenen Steuerschulden und der lang andauernden Pflichtverletzungen bezüglich fälliger Umsatzsteuervoranmeldungen und -zahlungen ist auch die erweiterte Gewerbeuntersagung nicht als unverhältnismäßig anzusehen.

Die erweiterte Gewerbeuntersagung bedarf selbst bei vergleichsweise niedrigen Steuerschulden, zu denen der hier aufgelaufene Steuerrückstand von 58.042,50 Euro nicht zählt, keiner besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - Rn. 7). In Bezug auf die erweiterte Gewerbeuntersagung ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang steht (vgl. BVerwG, B. v. 12.1.1993 - 1 B 1/93 - GewArch 1993, 155 m. w. N.; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 15).

3. Die Verfahrensrügen des Klägers bezüglich des Prozesskostenhilfeverfahrens greifen nicht durch und ändern zudem nichts an den fehlenden Erfolgsaussichten seiner Klage in der Hauptsache.

Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestand im Prozesskostenhilfeverfahren nicht (arg. ex § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Entgegen seiner Rüge wurde dem Kläger rechtliches Gehör gewährt, denn er konnte sich zu den für sein Prozesskostenhilfegesuch entscheidungserheblichen Tatsachen äußern und Rechtsausführungen machen (vgl. Schreiben vom 23.9.2013, VG-Akte Bl. 13 ff.; Verfügung vom 4.4.2014, VG-Akte Bl.40), bevor das Verwaltungsgericht entschieden hat.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe für seine Anfechtungsklage gegen einen Bescheid des Landratsamts A. vom 30. Juli 2013. Darin wurden ihm u. a. eine mit Bescheid vom 30. September 1994 erteilte Erlaubnis zur Ausübung des Gewerbes „Vermittlung des Abschlusses und Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Wohnräume, gewerbliche Räume, Vermittlung des Abschlusses und Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über Darlehen“ widerrufen (Ziffer 1 des Bescheids), ihm die Fortsetzung dieses Gewerbes untersagt (Ziffer 2) und er zur Vorlage des Erlaubnisbescheids innerhalb von zwei Wochen nach Unanfechtbarkeit des Bescheids verpflichtet (Ziffer 3). Außerdem wurde ihm nach § 35 GewO die Ausübung des Gewerbes „Vermittlung von Bausparverträgen, Verkauf von Photovoltaikanlagen“ und darüber hinaus die Ausübung aller anderen Gewerbe sowie die Tätigkeit eines Vertretungsberechtigten eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person ab sofort untersagt (Ziffer 4). Das Landratsamt stützte den Bescheid u. a. auf unterlassene bzw. verspätet abgegebene Steueranmeldungen und Steuererklärungen sowie Steuerschulden des Klägers. Den Akten ist hierzu zu entnehmen:

1. Schreiben des Finanzamts A. vom 19. Dezember 2011 an den Kläger:

Rückständige Einkommensteuer des Jahres 2009 und Umsatzsteuer der Jahre 2010 und 2011 in Höhe von 12.769,04 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 14.409,54 Euro. Vollstreckungsaussetzung hinsichtlich der Rückstände unter der Bedingung einer Entrichtung von Teilzahlungen von monatlich 500 Euro ab dem 31. Januar 2012, pünktlicher Erfüllung der laufenden steuerlichen Erklärungs- und Anmeldungs- sowie Zahlungspflichten und Übermittlung der ausstehenden Umsatzsteuervoranmeldungen für Oktober und November 2011 bis zum 31. Dezember 2011.

2. Mitteilung des Finanzamts A. vom 29. Januar 2013 an das Landratsamt:

Rückständige Einkommensteuer und Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von 21.053,40 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 25.017,17 Euro.

Der Grundbesitz des Klägers sei mit Rechten Dritter derart belastet, dass eine Vollstreckung aussichtslos erscheine. Ratenzahlungen seien nicht eingehalten worden, die Besteuerungsgrundlagen seien für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer des Jahres 2010 geschätzt worden. Die Jahressteuererklärung für das Jahr 2011 und die Umsatzsteuervoranmeldung für das vierte Quartal 2012 stünden aus; die letzte Zahlung des Klägers sei am 27. Juni 2012 aus einer Forderungspfändung in Höhe von 9.653,74 Euro erfolgt.

3. Mitteilung des Finanzamts A. vom 17. Juni 2013 an das Landratsamt:

Rückständige Einkommensteuer und Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von 23.411,94 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 28.409,71 Euro.

Die Steuererklärungen bis einschließlich 2012 seien vorgelegt worden; durch die Jahressteuererklärungen der Jahre 2010 und 2011 habe sich der Rückstand erhöht; ein Antrag des Klägers auf Vollstreckungsaufschub sei abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen von 250 Euro der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre betrage und die Zahlungsvereinbarungen zuletzt vom 5. Juli 2012 bereits nicht eingehalten worden seien.

4. Mitteilung des Finanzamts A. vom 26. August 2013 an den Kläger:

Die durch seine damalige Steuerberaterin vorgenommene sachlich falsche Umsatzsteueranmeldung vom 18. Januar 2011 habe zu einer unberechtigten Erstattung an den Kläger von 20.326,95 Euro geführt, wovon rd. 14.500 Euro an ihn und 5.500 Euro an seine Steuerberaterin ausgezahlt worden seien. Ein Verschulden seiner Steuerberaterin für eine Falschangabe sei dem Kläger zuzurechnen. Aktuell betrügen die Steuerschulden 28.291 Euro.

5. Mitteilung des Finanzamts A. vom 10. Oktober 2013 an das Landratsamt:

Die Steuerschulden des Klägers seien von 14.521 Euro zum 30. Dezember 2011 über 18.535 Euro zum 31. Dezember 2012 auf 28.500 Euro zum 10. Oktober 2013 trotz Zahlungen angestiegen. Anträge auf monatliche Ratenzahlungen von 250 Euro bzw. 200 Euro seien abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre betrage und bereits monatliche Säumniszuschläge von 221 Euro anfielen, die Raten also zur Rückführung der Steuerschulden nicht ausreichten.

6. Weiter enthalten die Akten eine Mitteilung der Verwaltungsgemeinschaft S. vom 7. März 2013 über Gewerbesteuerrückstände des Klägers von 9.099 Euro, zu der eine Stundungsverfügung vom 12. September 2013 mit einer Ratenzahlung von monatlich 300 Euro ab dem 15. Juli 2017 ergangen ist.

7. Weiter enthalten die Gerichtsakten eine Mitteilung des Finanzamts A. vom 19. November 2013 an das Landratsamt:

Gegenüber der letzten Stellungnahme vom 10. Oktober 2013 hätten sich keine Änderungen ergeben. Der Gesamtrückstand habe sich durch Säumniszuschläge auf insgesamt 28.948,53 Euro erhöht. Eine Zahlungsvereinbarung bestehe nicht.

Der Kläger hat gegen den Bescheid Anfechtungsklage erhoben und begehrt hierfür die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 9. Januar 2014 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der vorträgt, seine Rechtsverfolgung habe hinreichende Erfolgsaussicht. Ihm sei die gewerberechtliche Zuverlässigkeit nicht abzusprechen. Er habe alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergriffen, die erhobenen Forderungen des Finanzamts auszugleichen; u. a. habe er Schuldtitel abgetreten, die teilweise zur Rückführung der Steuerschulden hätten führen können. Auch habe er sich um eine Ratenzahlungsvereinbarung bemüht und mit der Gemeinde eine Stundungsvereinbarung über die Gewerbesteuer getroffen. Zudem habe er die ausstehenden Steuererklärungen abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO). Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Aus der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Eilverfahren (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 22 CS 13.2348) lassen sich nicht automatisch die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren herleiten, weil es sich um getrennte Entscheidungen mit unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben handelt. Während die Anordnung des Sofortvollzugs als Präventi. V. m.aßnahme vor der Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens nur zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter in Betracht kommt und der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss auch nur dies geprüft hat, müsste für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in irgendeiner Weise zweifelhaft sein, dass der Gewerbetreibende die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht (mehr) besitzt.

Sowohl der Widerruf der Maklererlaubnis des Klägers nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG i. V. m. § 34c Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GewO als auch die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewO begegnen nach dem im Hauptsacheverfahren bestehenden Erkenntnisstand keinen durchgreifenden Bedenken. Dies ergibt sich aus Folgendem:

1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Widerruf der Maklererlaubnis nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG i. V. m. § 34c Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GewO gerechtfertigt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht (mehr) besitzt. Diese nachträglich eingetretene Tatsache stünde einer Erteilung einer Maklererlaubnis entgegen. Ohne den Widerruf wäre das öffentliche Interesse gefährdet.

a) Zutreffend haben der Beklagte und das Verwaltungsgericht für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids abgestellt, wie er regelmäßig einer Anfechtungsklage zugrunde zu legen ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.8.2008 - 22 ZB 07.3147 - Rn. 6 m. w. N.).

Vorliegend hat der Kläger relativ hohe Steuerschulden. Er hat sich zwar um eine Rückführung seiner Verbindlichkeiten bemüht; zu einer Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt kam es jedoch mangels eines tragfähigen Sanierungskonzepts nicht. Der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bestehende Schuldenstand rechtfertigt die Annahme der fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit.

Entgegen der Auffassung des Klägers genügen seine - erfolglosen - Bemühungen um eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt nicht für die Annahme einer positiven Prognose. Für eine positive Prognose ist erforderlich, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe auch im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Erklärungs- und Zahlungspflichten künftig ordnungsgemäß auszuüben. Je länger das zuvor gezeigte Fehlverhalten andauerte, desto mehr müssen sich auch die Tatsachen auf einen längeren Zeitraum erstrecken, sozusagen nachhaltig sein, die die Grundlage für die Annahme eines geläuterten Verhaltens sein können. Ein kurzfristiges Wohlverhalten kann eine über lange Zeit zu Tage getretene Unzuverlässigkeit nicht ohne Weiteres ausräumen, insbesondere wenn dieses Wohlverhalten nicht Teil eines durchdachten und Erfolg versprechenden Sanierungskonzepts oder Ergebnis eines inneren Reifeprozesses des Gewerbetreibenden ist (vgl. dazu BayVGH, B.v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 14 f. m. w. N.).

So ist es hier. Die bloße Bereitschaft zu Ratenzahlungsvereinbarungen reicht nicht aus, wenn diese am fehlenden Einverständnis der Gläubiger scheitern, die - wie hier - zu Recht ein tragfähiges Sanierungskonzept vermissen, weil die angebotenen Ratenzahlungsbeträge nur knapp die laufend anfallenden Säumniszuschläge decken oder gar darunter liegen, so dass eine Rückführung der Schulden nicht absehbar oder gar aussichtslos ist. Ausweislich der für den Bescheidserlass am 30. Juli 2013 maßgeblichen Auskunft des Finanzamts A. vom 17. Juni 2013 ist ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen von 250 Euro monatlich der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre beträgt und die Zahlungsvereinbarung zuletzt vom 5. Juli 2012 nicht eingehalten worden ist. Damit lag zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses also kein tragfähiges Tilgungskonzept für die aufgelaufenen Steuerrückstände vor. Ohne dass es darauf ankäme, hat sich auch nach den späteren Mitteilungen des Finanzamts an dieser Sachlage nichts geändert. Insbesondere stehen den angebotenen monatlichen Ratenzahlungen von 200 Euro oder 250 Euro monatliche Säumniszuschläge von 221 Euro gegenüber, so dass die Raten nicht zur Rückführung der Steuerschulden ausreichen. Auch nach neuester Mitteilung vom 19. November 2013 besteht nach wie vor keine Ratenzahlungsvereinbarung.

Ein ernsthaftes Bemühen um eine Schuldentilgung und auch eine erhebliche Mitverursachung der wirtschaftlichen Misere des Klägers durch Fehler seiner Steuerberaterin (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 22 CS 13.2348 - Rn. 17) reichen allein nicht aus, um Zuverlässigkeitsbedenken auszuräumen, die in anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit wurzeln.

b) Der Beklagte hat auch zutreffend eine Gefährdung des öffentlichen Interesses bei Unterlassen des Widerrufs darin erblickt, dass die Tätigkeit als Makler mit Bezug zum Vermögen der Kunden zu den sog. Vertrauensgewerben gehört und hierbei in besonderem Maße auf die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen geachtet werden muss, die vorliegend nicht mehr gewährleistet ist.

2. Auch die erweiterte Gewerbeuntersagung begegnet entgegen der Auffassung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken.

a) Angesichts der Höhe der aufgelaufenen Steuerschulden von rd. 28.000 Euro ist die Gewerbeuntersagung als gerechtfertigt anzusehen.

Insofern bedarf die erweiterte Gewerbeuntersagung selbst bei vergleichsweise niedrigen Steuerschulden, zu denen der hier aufgelaufene Steuerrückstand von über 28.000 Euro in Relation zur geringen Größe des Unternehmens des Klägers nicht zählt, keiner besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - Rn. 7). Dass die Voraussetzungen für die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO wegen Nichtentrichtung fälliger Steuern und fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorliegen, ist nach dem Vorstehenden nicht zweifelhaft.

b) Auch bedarf die erweiterte Gewerbeuntersagung keiner zusätzlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Betroffene nach der Untersagung des ausgeübten Gewerbes in ein anderes Gewerbe ausweichen wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B.v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785 - Rn. 14) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist - wie hier - bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen unzweifelhaft gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist deshalb unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B.v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B.v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - Rn. 33; BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 14). Für solche besonderen Umstände fehlen vorliegend jegliche Anhaltspunkte.

Vielmehr hat der Kläger dadurch, dass er seine vormalige Firma zum 3. September 2013 handelsrechtlich umfirmiert hat (vgl. Handelsregisterauszug, VG-Akte Bl. 68) gezeigt, dass er beabsichtigt, weiterhin gewerblich selbstständig tätig zu sein. Ein Ausweichen auf andere Gewerbe liegt daher besonders nahe. Diese Umfirmierung liegt zwar nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 -1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.), bestätigt aber zusätzlich die Richtigkeit der in diesem Zeitpunkt angestellten Prognose.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die erweiterte Gewerbeuntersagung vorliegend auch nicht unverhältnismäßig.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn verstoßen kann (BVerwG, B.v. 9.3.1994 - 1 B 33.94 - GewArch 1995, 114; BVerwG, B.v. 1.2.1994 - 1 B 211.93 - GewArch 1995, 114). Auch in Bezug auf die erweiterte Gewerbeuntersagung ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich im Einklang steht (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1993 - 1 B 1/93 - GewArch 1993, 155 m. w. N.; BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 15).

Hingegen sind die Voraussetzungen eines solchen extremen Ausnahmefalls nach Aktenlage nicht gegeben. Der Kläger verliert durch die umfassende Gewerbeuntersagung und den Widerruf seiner Maklererlaubnis zwar die Möglichkeit, durch selbstständige Tätigkeit im Wirtschaftsverkehr seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften; allerdings behält er nach wie vor die Möglichkeit, durch abhängige Beschäftigung seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu sichern. Anhaltspunkte, dass die bei der erweiterten Gewerbeuntersagung gebotene Ermessensausübung aus anderen Gründen fehlerhaft wäre, sind nicht ersichtlich.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. April 2013, mit dem ihm die Ausübung des Gewerbes „Vermietung und Verpachtung von Immobilien und Gewerbeflächen“ sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie jede andere selbstständige gewerbliche Tätigkeit im stehenden Gewerbe untersagt wurde (Nr. 1 des Bescheids) und unter Androhung von Zwangsmitteln (Nr. 3 des Bescheids) die Einstellung des unter Nr. 1 genannten Gewerbes spätestens mit Ablauf des zehnten Tages nach Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung aufgegeben wurde (Nr. 2 des Bescheids).

Der Kläger hatte unter dem 27. Juli 2009 das Gewerbe „Vermietung von Immobilien“ angemeldet; die Betriebsstätte war und befindet sich - nach zwischenzeitlicher Verlegung in die M. Straße - wieder in der L. Straße. Beim Finanzamt München wird der Kläger mit einem Gewerbe „im Bereich Vermietung und Verpachtung von Gewerbeflächen“ in der B.-straße geführt (Mitteilung des Finanzamts vom 14.12.2012 an die Beklagte). Vorübergehend (vom 1.2.2011 bis 1.10.2011) handelte der Kläger zudem mit neuen und gebrauchten Kraftfahrzeugen.

Die Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens beruht auf der entsprechenden Anregung des Finanzamts München vom 14. Dezember 2012. Demzufolge habe der Kläger Steuerschulden von insgesamt 114.137 €, die sich seit dem 10. Oktober 2011 (Tag der Fälligkeit des Säumniszuschlags auf Lohnsteuer für September 2011) angesammelt hätten. Am 14. November 2012 sei zwar eine Pfändung des Finanzamts in das bewegliche Vermögen des Klägers erfolgt, der Wert der gepfändeten Gegenstände habe aber nicht annähernd die Abgabenverbindlichkeiten gedeckt; Forderungspfändungen seien erfolglos geblieben. Freiwillig habe der Kläger letztmals am 7. Dezember 2012 einen Betrag von 3767,58 € bezahlt. Die Erklärungen zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer für 2011 stünden noch aus, deswegen seien insoweit die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden. Die Androhung der Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 habe den Kläger nicht veranlasst, seinen Erklärungs- und Zahlungspflichten nachzukommen. Einer Mitteilung des Kassen- und Steueramts der Beklagten vom 15. Januar 2013 zufolge hatte der Kläger außerdem Gewerbesteuerschulden (einschließlich Nebenforderungen) von 89.000 € (Stand 15.1.2013). Der Mitteilung des Amtsgerichts München vom 1. Februar 2013 zufolge ist im Schuldnerverzeichnis ein am 8. Oktober 2012 gegen den Kläger ergangener Haftbefehl zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung eingetragen.

Auf Anhörung (vom 18.1.2013) zur beabsichtigten erweiterten Gewerbeuntersagung brachte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 25. Januar 2013 vor, er habe seine Steuerschuld inzwischen ganz erheblich verringert. Dem beigefügten zwischenzeitlich von einem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater erstellten Jahresabschluss zufolge sei die Schätzung des Finanzamts zu hoch. Im Jahr 2012 rechne der Kläger mit einem Verlust; der Jahresabschluss hierfür sei in Bearbeitung. Die Steuerschulden stammten teilweise noch aus dem Ende 2011 aufgegebenen Kraftfahrzeughandel. Auf die Gewerbesteuerrückstände leiste der Kläger monatliche Raten; die Einzahlungsbelege lägen bei. Er bemühe sich demnach, die Steuerschulden sowohl gegenüber dem Finanzamt als auch gegenüber der Beklagten abzutragen; entziehe man ihm die Gewerbeerlaubnis, werde dies nicht mehr möglich sein.

Ende März 2013 holte die Beklagte aktuelle Sachstandsmitteilungen des Finanzamts sowie des Kassen- und Steueramts der Beklagten ein (Aktenvermerk vom 28.3.2013, Rückstandsaufstellungen vom 28.3.2013) und erließ sodann den angefochtenen Bescheid vom 3. April 2013.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 23. Juli 2013 ab. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses habe die Beklagte rechtsfehlerfrei prognostiziert, dass der Kläger keine Gewähr für eine künftig ordnungsgemäße Gewerbeausübung biete. Diese Prognose rechtfertige sich aufgrund seiner Steuerschulden in Höhe von 132.464,08 € und der Gewerbesteuerrückstände in Höhe von 62.320,38 € sowie wegen des gegen ihn ergangenen Haftbefehls zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung. Die Beklagte sei zu Recht von einer anhaltenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Klägers ausgegangen, zumal es keine Sanierungsbemühungen des Klägers gegeben habe, sondern seine Schulden im Lauf des Verwaltungsverfahrens noch gestiegen seien. Nach Erlass des Bescheids erfolgte Leistungen zur Schuldentilgung und andere Bemühungen zur Entkräftung der negativen Prognose seien entscheidungsunerheblich. Auch die Ausdehnung der Gewerbeuntersagung, insbesondere die hierbei von der Beklagten vorgenommene Ermessensausübung sowie die eingeräumte Abwicklungsfrist und die Zwangsmittelandrohung seien rechtens.

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) geltend.

Die Beklagte beantragt die Ablehnung des Antrags und tritt der Antragsbegründung ausführlich entgegen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) nicht.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) vermag der Kläger nicht darzulegen.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 62 ff.). Dies ist vorliegend dem Kläger mit seinem Vortrag nicht gelungen.

1.1. Bei einer Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen, so dass nach diesem Zeitpunkt geschehene Veränderungen der Sachlage, insbesondere eine Minderung von Verbindlichkeiten, außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115). Tilgungsbemühungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren fallen zudem nicht ohne weiteres ins Gewicht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist ein unter dem Druck eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens momentan gezeigtes „Wohlverhalten" nicht ohne weiteres geeignet, die vorherige Beurteilung als gewerberechtlich unzuverlässig und die Prognose künftiger Unzuverlässigkeit zu entkräften (BVerwG, B. v. 16.6.1995 - 1 B 83.95 - GewArch 1996, 24; BayVGH, B. v. 28.8.2013 - 22 ZB 13.1419 - juris, Rn. 18 m. w. N.). Ein solches Verhalten kann taktisch motiviert sein, um das schwebende Verfahren günstig zu beeinflussen.

Die Ausführungen unter Nrn. I.f und I.g der Antragsbegründung vom 1. Oktober 2013 sind daher nicht entscheidungserheblich. Die unter Nr. I.f der Antragsbegründung erwähnte, in der Klagebegründung vom 19. Juli 2013 (nicht „09.07.2013“) angestellte eigene Prognose des Klägers zum künftigen Abbau seiner Schulden gründet sich maßgeblich auf Zahlungen, die nach Erlass des angefochtenen Bescheids geleistet wurden. Entsprechendes gilt für die übrigen unter Nrn. I.f und I.g der Antragsbegründung sowie im Schriftsatz vom 20. November 2013 angeführten Schuldentilgungen.

1.2. Soweit der Kläger bemängelt, die Beklagte und - ihr folgend - das Verwaltungsgericht hätten zu Unrecht nicht auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten im Zeitpunkt des Bescheidserlasses abgestellt, sondern auf längst überholte Verhältnisse, kann er damit nicht durchdringen. Im Bezug auf die vom Finanzamt München unter dem 14. Dezember 2012 mitgeteilten Steuerschulden (114.137,74 €) ist der Einwand der - vermeintlichen - Nichtberücksichtigung aktuellerer Zahlen (Nr. I.a der Antragsbegründung vom 1.10.2013) schon deshalb für den Kläger nicht zielführend, weil seine Steuerschuld bis zum 28. März 2013 auf 132.464,08 € angestiegen war, die sinngemäß geforderte Heranziehung des späteren Schuldenstands sich also zulasten des Klägers ausgewirkt hätte. Im Bezug auf die mit derselben Begründung vom Kläger beanstandete Berücksichtigung der Schulden beim Kassen- und Steueramt der Beklagten (Nr. I.c der Antragsbegründung) ist der Einwand unberechtigt. Denn sowohl die Beklagte als auch das Verwaltungsgericht haben im Bescheid bzw. im Urteil zwar den „älteren“, unter dem 15. Januar 2013 mitgeteilten Betrag (89.810,60 €) benannt, aber darauf abgestellt, dass der „aktualisierte“ Betrag nur 62.320,38 € gewesen ist (vgl. S. 3 Abschn. 1 des angefochtenen Bescheids, S. 3 Abschn. 1 des angegriffenen Urteils). Die Höhe der nach Angaben des Finanzamts bzw. des Kassen- und Steueramts der Beklagten zum 28. März 2013 - also zeitnah zum Bescheidserlass - bestehenden Schulden hat der Kläger nicht in Abrede gestellt.

1.3. Ohne Erfolg rügt der Kläger auch (Nr. I.b der Antragsbegründung vom 1.10.2013), im Bescheid sei - ohne Beanstandung seitens des Verwaltungsgerichts - „zu unbestimmt“ auf angebliche Steuerrückstände in Höhe von 132.464,08 € abgestellt worden, während die gebotene genauere Aufschlüsselung der einzelnen Rückstände unterblieben sei; ferner sei zu Unrecht auf eine Schätzung für die Einkommen- und Umsatzsteuer 2011 abgestellt worden, weil zum 14. Dezember 2012 die „Abgabe der Einkommen- und Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2011 noch nicht fällig“ gewesen sei. Insoweit fehlt es an einer Darlegung des Klägers, welche Rechtsfolgen sich hieraus angesichts der Maßgeblichkeit des (fast vier Monate nach dem 14.12.2012 liegenden) Zeitpunkts des Bescheidserlasses zugunsten des Klägers ergeben sollen. Jedenfalls weist die Mitteilung des Finanzamts München vom 28. März 2013 (Bl. 84 und 85 der Behördenakte) rückständige, spätestens zum 17. Dezember 2012 fällige Einkommensteuer sowie Umsatzsteuer jeweils für das Jahr 2011 aus; hierauf geht der Kläger nicht ein. Selbst wenn diese Steuerschulden auch im Zeitpunkt des Bescheidserlasses lediglich auf Steuerschätzungen statt auf Steuererklärungen beruhen sollten, könnte der Kläger hieraus nichts zu seinen Gunsten herleiten. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Steuerschulden, die auf Schätzungen beruhen, weil die Steuererklärungen und Steueranmeldungen pflichtwidrig nicht rechtzeitig eingereicht wurden, nichts an der Verwertbarkeit im gewerberechtlichen Untersagungsverfahren ändern (vgl. BVerwG, B. v. 29.1.1988 - 1 B 164.87 - GewArch 1988, 162; BVerwG, B. v. 22.6.1994 - 1 B 114.94 - GewArch 1995, 111; BayVGH, B. v. 28.8.2013 - 22 ZB 13.1419 - juris, Rn. 21 m. w. N.; BayVGH, B. v. 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803).

1.4. Ohne Erfolg versucht der Kläger (Nr. I.d der Antragsbegründung vom 1.10.2013) auch, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils daraus herzuleiten, dass - seitens des Verwaltungsgerichts unbeanstandet - a) zum einen die Beklagte in ihrem Bescheid Tatsachenfeststellungen und rechtliche Würdigung unzulässig vermischt habe, b) zum andern die Tatsachenfeststellungen falsch seien und c) zum weiteren die Argumentation der Beklagten unverwertbar sei, wonach trotz Zahlungen des Klägers auf rückständige Steuern seine Schulden nach dem 7. Dezember 2012 weiter gestiegen seien.

Zu a): Dass in einem Bescheid die der Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen einerseits und deren Würdigung andererseits textlich derart streng voneinander getrennt werden, dass in verschiedenen Abschnitten entweder nur Tatsachenfeststellungen oder nur deren Würdigung enthalten sind, mag sich zwar empfehlen, ist allerdings rechtlich nicht zwingend notwendig; ein solches Erfordernis ergibt sich insbesondere nicht aus dem formellen Begründungsgebot nach Art. 39 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BayVwVfG. Unschädlich ist deshalb, dass in den vorliegenden Bescheidsgründen unter Abschnitt „2. Rechtliche Würdigung“ Tatsachen bewertet werden, die im vorherigen Abschnitt „1. Sachverhalt“ nicht genannt sind.

Zu b): Inwiefern die tatsächlichen Feststellungen der Beklagten, denen das Verwaltungsgericht gefolgt ist, fehlerhaft sein sollen, legt der Kläger gleichfalls nicht dar mit Ausnahme des von ihm bestrittenen Anstiegs seiner Steuerschuld seit dem 7. Dezember 2012. Insoweit ergibt sich indes aus der Vormerkung der Beklagten vom 28. März 2013 über eine Mitteilung des Finanzamts München vom selben Tag zum einen, dass der Kläger seit dem 7. Dezember 2012 zwar ca. 28.100 € bezahlt oder im Weg der Pfändung geleistet habe, wodurch jedoch im wesentlichen nur laufende Steuerforderungen hätten beglichen, aber keine Schulden getilgt werden können; zum andern habe das Finanzamt mitgeteilt, dass die Steuerschuld weiter auf nunmehr 132.240 € gestiegen sei. Dass und aus welchem Grund diese Auskunft des Finanzamts falsch sein soll, führt der Kläger nicht aus.

Zu c): Weshalb die Verwertbarkeit des Umstands, dass die Schulden des Klägers angestiegen sind, daran scheitern soll, dass einzelne Zahlungen geleistet worden sind, ist nicht ersichtlich.

1.5. Ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vermag der Kläger auch nicht unter Nr. I.e der Antragsbegründung vom 1. Oktober 2013 darzulegen. Das Verwaltungsgericht hat entgegen der dortigen Behauptung des Klägers die Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Bescheid nicht ungeprüft übernommen, sondern sich auf den Inhalt der Akten gestützt und auch den Vortrag des Klägers im Gerichtsverfahren berücksichtigt. Dies ergibt sich beispielsweise aus den in Klammern gesetzten Blattnummern in den Entscheidungsgründen (S. 6 Abschn. 3, S. 8 Abschn. 1 des Urteils), die auf die Behördenakte verweisen, sowie aus der Würdigung der in der mündlichen Verhandlung seitens des Klägers erklärten Bereitschaft zur Vereinbarung von Ratenzahlungen (S. 8 Abschn. 1 des Urteils).

1.6. Soweit der Kläger ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darin sieht, dass das Verwaltungsgericht nicht auf das von ihm vorgetragene beträchtliche Betriebskapital eingegangen sei (Nr. I.h der Antragsbegründung vom 1.10.2013), kann er damit im Ergebnis nicht durchdringen. Ob das Verwaltungsgericht das Betriebskapital des Klägers bzw. seine Barkautionen in Höhe von insgesamt etwa 82.212 € nicht nur im Tatbestand (S. 4 oben des Urteils) hätte erwähnen, sondern in den Entscheidungsgründen ausdrücklich hätte würdigen müssen, kann dahinstehen, weil es auf das vorgetragene „Betriebskapital“ rechtlich nicht ankommt. Welches erhebliche Betriebskapital der Kläger außer den geleisteten Barkautionen noch haben soll, hat er nicht dargelegt. Die Barkautionen indes sind nicht geeignet, die ungünstige Prognose bezüglich der künftigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Klägers maßgeblich zu entkräften; sie sind deshalb - auch für die bezüglich der erweiterten Gewerbeuntersagung gebotene Ermessensausübung - unerheblich. Insoweit weist die Beklagte in ihrer Antragserwiderung vom 21. Oktober 2013 - seitens des Klägers auch im weiteren Schriftsatz vom 20. November 2013 unwidersprochen - darauf hin, dass zum einen dieser Betrag nicht ausgereicht hätte, um die Steuerverbindlichkeiten des Klägers im Zeitpunkt des Bescheidserlasses zu begleichen. Zum andern sind Mietkautionen gemäß ihrem Sicherungszweck während des Mietverhältnisses rechtlich gebunden und können nicht als Vermögenswerte angesehen werden, über die ein Gewerbetreibender frei verfügen könnte. Sie zählen zu denjenigen geldwerten Forderungen, die nach § 1 Abs. 1, § 4 Bewertungsgesetz - BewG - (Neufassung vom 1.2.1991, BGBl I 1991, 230) erst dann als Wirtschaftsgut berücksichtigt werden, wenn ihr Sicherungszweck entfallen ist (vgl. BVerwG, U. v. 10.9.1970 - III C 155.69 - BVerwGE 36, 103, Rn. 20).

2. Soweit der Kläger meint (Nr. II der Antragsbegründung vom 1.10.2013), „aufgrund des oben genannten Sachverhalts“ weise der Rechtsstreit besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), ist ihm nicht zu folgen. Wie ausgeführt, kommt es auf den mit dem Zulassungsantrag vorgetragenen Sachverhalt teilweise nicht an, weil er den Zeitraum nach dem Bescheidserlass betrifft. Der übrige, entscheidungserhebliche Sachverhalt weist dagegen allenfalls durchschnittliche tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf; die sich hierbei stellenden Rechtsfragen können ohne weiteres beantwortet werden wie oben geschehen.

3. Weil es - wie ausgeführt - auf die Barkautionen des Klägers nicht ankommt, geht auch die auf einen Verfahrensmangel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO zielende Rüge des Klägers (S. 6 oben der Antragsbegründung vom 1.10.2013) fehl, das Gericht hätte den Sachverhalt bezüglich der Barkautionen weiter aufklären müssen, um die Ermessensausübung der Beklagten in der gebotenen Weise prüfen zu können. Unabhängig von der Entscheidungsunerheblichkeit dieses Umstands hat der Kläger auch nicht dargelegt, welcher tatsächliche Sachverhalt noch unbekannt oder unklar ist und hätte ermittelt werden sollen.

Soweit der Kläger sinngemäß einen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) dergestalt geltend macht, dass wegen der - nach Ansicht des Klägers bestehenden - besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO für die Übertragung auf den Einzelrichter nicht gegeben gewesen seien, ist ihm nicht zu folgen. Dies gilt schon deshalb, weil - wie oben unter 2 ausgeführt - derartige besondere Schwierigkeiten nicht vorliegen.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz).

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe für seine Anfechtungsklage gegen einen Bescheid des Landratsamts A. vom 30. Juli 2013. Darin wurden ihm u. a. eine mit Bescheid vom 30. September 1994 erteilte Erlaubnis zur Ausübung des Gewerbes „Vermittlung des Abschlusses und Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Wohnräume, gewerbliche Räume, Vermittlung des Abschlusses und Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über Darlehen“ widerrufen (Ziffer 1 des Bescheids), ihm die Fortsetzung dieses Gewerbes untersagt (Ziffer 2) und er zur Vorlage des Erlaubnisbescheids innerhalb von zwei Wochen nach Unanfechtbarkeit des Bescheids verpflichtet (Ziffer 3). Außerdem wurde ihm nach § 35 GewO die Ausübung des Gewerbes „Vermittlung von Bausparverträgen, Verkauf von Photovoltaikanlagen“ und darüber hinaus die Ausübung aller anderen Gewerbe sowie die Tätigkeit eines Vertretungsberechtigten eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person ab sofort untersagt (Ziffer 4). Das Landratsamt stützte den Bescheid u. a. auf unterlassene bzw. verspätet abgegebene Steueranmeldungen und Steuererklärungen sowie Steuerschulden des Klägers. Den Akten ist hierzu zu entnehmen:

1. Schreiben des Finanzamts A. vom 19. Dezember 2011 an den Kläger:

Rückständige Einkommensteuer des Jahres 2009 und Umsatzsteuer der Jahre 2010 und 2011 in Höhe von 12.769,04 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 14.409,54 Euro. Vollstreckungsaussetzung hinsichtlich der Rückstände unter der Bedingung einer Entrichtung von Teilzahlungen von monatlich 500 Euro ab dem 31. Januar 2012, pünktlicher Erfüllung der laufenden steuerlichen Erklärungs- und Anmeldungs- sowie Zahlungspflichten und Übermittlung der ausstehenden Umsatzsteuervoranmeldungen für Oktober und November 2011 bis zum 31. Dezember 2011.

2. Mitteilung des Finanzamts A. vom 29. Januar 2013 an das Landratsamt:

Rückständige Einkommensteuer und Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von 21.053,40 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 25.017,17 Euro.

Der Grundbesitz des Klägers sei mit Rechten Dritter derart belastet, dass eine Vollstreckung aussichtslos erscheine. Ratenzahlungen seien nicht eingehalten worden, die Besteuerungsgrundlagen seien für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer des Jahres 2010 geschätzt worden. Die Jahressteuererklärung für das Jahr 2011 und die Umsatzsteuervoranmeldung für das vierte Quartal 2012 stünden aus; die letzte Zahlung des Klägers sei am 27. Juni 2012 aus einer Forderungspfändung in Höhe von 9.653,74 Euro erfolgt.

3. Mitteilung des Finanzamts A. vom 17. Juni 2013 an das Landratsamt:

Rückständige Einkommensteuer und Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von 23.411,94 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 28.409,71 Euro.

Die Steuererklärungen bis einschließlich 2012 seien vorgelegt worden; durch die Jahressteuererklärungen der Jahre 2010 und 2011 habe sich der Rückstand erhöht; ein Antrag des Klägers auf Vollstreckungsaufschub sei abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen von 250 Euro der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre betrage und die Zahlungsvereinbarungen zuletzt vom 5. Juli 2012 bereits nicht eingehalten worden seien.

4. Mitteilung des Finanzamts A. vom 26. August 2013 an den Kläger:

Die durch seine damalige Steuerberaterin vorgenommene sachlich falsche Umsatzsteueranmeldung vom 18. Januar 2011 habe zu einer unberechtigten Erstattung an den Kläger von 20.326,95 Euro geführt, wovon rd. 14.500 Euro an ihn und 5.500 Euro an seine Steuerberaterin ausgezahlt worden seien. Ein Verschulden seiner Steuerberaterin für eine Falschangabe sei dem Kläger zuzurechnen. Aktuell betrügen die Steuerschulden 28.291 Euro.

5. Mitteilung des Finanzamts A. vom 10. Oktober 2013 an das Landratsamt:

Die Steuerschulden des Klägers seien von 14.521 Euro zum 30. Dezember 2011 über 18.535 Euro zum 31. Dezember 2012 auf 28.500 Euro zum 10. Oktober 2013 trotz Zahlungen angestiegen. Anträge auf monatliche Ratenzahlungen von 250 Euro bzw. 200 Euro seien abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre betrage und bereits monatliche Säumniszuschläge von 221 Euro anfielen, die Raten also zur Rückführung der Steuerschulden nicht ausreichten.

6. Weiter enthalten die Akten eine Mitteilung der Verwaltungsgemeinschaft S. vom 7. März 2013 über Gewerbesteuerrückstände des Klägers von 9.099 Euro, zu der eine Stundungsverfügung vom 12. September 2013 mit einer Ratenzahlung von monatlich 300 Euro ab dem 15. Juli 2017 ergangen ist.

7. Weiter enthalten die Gerichtsakten eine Mitteilung des Finanzamts A. vom 19. November 2013 an das Landratsamt:

Gegenüber der letzten Stellungnahme vom 10. Oktober 2013 hätten sich keine Änderungen ergeben. Der Gesamtrückstand habe sich durch Säumniszuschläge auf insgesamt 28.948,53 Euro erhöht. Eine Zahlungsvereinbarung bestehe nicht.

Der Kläger hat gegen den Bescheid Anfechtungsklage erhoben und begehrt hierfür die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 9. Januar 2014 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der vorträgt, seine Rechtsverfolgung habe hinreichende Erfolgsaussicht. Ihm sei die gewerberechtliche Zuverlässigkeit nicht abzusprechen. Er habe alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergriffen, die erhobenen Forderungen des Finanzamts auszugleichen; u. a. habe er Schuldtitel abgetreten, die teilweise zur Rückführung der Steuerschulden hätten führen können. Auch habe er sich um eine Ratenzahlungsvereinbarung bemüht und mit der Gemeinde eine Stundungsvereinbarung über die Gewerbesteuer getroffen. Zudem habe er die ausstehenden Steuererklärungen abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO). Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Aus der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Eilverfahren (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 22 CS 13.2348) lassen sich nicht automatisch die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren herleiten, weil es sich um getrennte Entscheidungen mit unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben handelt. Während die Anordnung des Sofortvollzugs als Präventi. V. m.aßnahme vor der Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens nur zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter in Betracht kommt und der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss auch nur dies geprüft hat, müsste für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in irgendeiner Weise zweifelhaft sein, dass der Gewerbetreibende die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht (mehr) besitzt.

Sowohl der Widerruf der Maklererlaubnis des Klägers nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG i. V. m. § 34c Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GewO als auch die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewO begegnen nach dem im Hauptsacheverfahren bestehenden Erkenntnisstand keinen durchgreifenden Bedenken. Dies ergibt sich aus Folgendem:

1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Widerruf der Maklererlaubnis nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG i. V. m. § 34c Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GewO gerechtfertigt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht (mehr) besitzt. Diese nachträglich eingetretene Tatsache stünde einer Erteilung einer Maklererlaubnis entgegen. Ohne den Widerruf wäre das öffentliche Interesse gefährdet.

a) Zutreffend haben der Beklagte und das Verwaltungsgericht für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids abgestellt, wie er regelmäßig einer Anfechtungsklage zugrunde zu legen ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.8.2008 - 22 ZB 07.3147 - Rn. 6 m. w. N.).

Vorliegend hat der Kläger relativ hohe Steuerschulden. Er hat sich zwar um eine Rückführung seiner Verbindlichkeiten bemüht; zu einer Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt kam es jedoch mangels eines tragfähigen Sanierungskonzepts nicht. Der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bestehende Schuldenstand rechtfertigt die Annahme der fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit.

Entgegen der Auffassung des Klägers genügen seine - erfolglosen - Bemühungen um eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt nicht für die Annahme einer positiven Prognose. Für eine positive Prognose ist erforderlich, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe auch im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Erklärungs- und Zahlungspflichten künftig ordnungsgemäß auszuüben. Je länger das zuvor gezeigte Fehlverhalten andauerte, desto mehr müssen sich auch die Tatsachen auf einen längeren Zeitraum erstrecken, sozusagen nachhaltig sein, die die Grundlage für die Annahme eines geläuterten Verhaltens sein können. Ein kurzfristiges Wohlverhalten kann eine über lange Zeit zu Tage getretene Unzuverlässigkeit nicht ohne Weiteres ausräumen, insbesondere wenn dieses Wohlverhalten nicht Teil eines durchdachten und Erfolg versprechenden Sanierungskonzepts oder Ergebnis eines inneren Reifeprozesses des Gewerbetreibenden ist (vgl. dazu BayVGH, B.v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 14 f. m. w. N.).

So ist es hier. Die bloße Bereitschaft zu Ratenzahlungsvereinbarungen reicht nicht aus, wenn diese am fehlenden Einverständnis der Gläubiger scheitern, die - wie hier - zu Recht ein tragfähiges Sanierungskonzept vermissen, weil die angebotenen Ratenzahlungsbeträge nur knapp die laufend anfallenden Säumniszuschläge decken oder gar darunter liegen, so dass eine Rückführung der Schulden nicht absehbar oder gar aussichtslos ist. Ausweislich der für den Bescheidserlass am 30. Juli 2013 maßgeblichen Auskunft des Finanzamts A. vom 17. Juni 2013 ist ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen von 250 Euro monatlich der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre beträgt und die Zahlungsvereinbarung zuletzt vom 5. Juli 2012 nicht eingehalten worden ist. Damit lag zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses also kein tragfähiges Tilgungskonzept für die aufgelaufenen Steuerrückstände vor. Ohne dass es darauf ankäme, hat sich auch nach den späteren Mitteilungen des Finanzamts an dieser Sachlage nichts geändert. Insbesondere stehen den angebotenen monatlichen Ratenzahlungen von 200 Euro oder 250 Euro monatliche Säumniszuschläge von 221 Euro gegenüber, so dass die Raten nicht zur Rückführung der Steuerschulden ausreichen. Auch nach neuester Mitteilung vom 19. November 2013 besteht nach wie vor keine Ratenzahlungsvereinbarung.

Ein ernsthaftes Bemühen um eine Schuldentilgung und auch eine erhebliche Mitverursachung der wirtschaftlichen Misere des Klägers durch Fehler seiner Steuerberaterin (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 22 CS 13.2348 - Rn. 17) reichen allein nicht aus, um Zuverlässigkeitsbedenken auszuräumen, die in anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit wurzeln.

b) Der Beklagte hat auch zutreffend eine Gefährdung des öffentlichen Interesses bei Unterlassen des Widerrufs darin erblickt, dass die Tätigkeit als Makler mit Bezug zum Vermögen der Kunden zu den sog. Vertrauensgewerben gehört und hierbei in besonderem Maße auf die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen geachtet werden muss, die vorliegend nicht mehr gewährleistet ist.

2. Auch die erweiterte Gewerbeuntersagung begegnet entgegen der Auffassung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken.

a) Angesichts der Höhe der aufgelaufenen Steuerschulden von rd. 28.000 Euro ist die Gewerbeuntersagung als gerechtfertigt anzusehen.

Insofern bedarf die erweiterte Gewerbeuntersagung selbst bei vergleichsweise niedrigen Steuerschulden, zu denen der hier aufgelaufene Steuerrückstand von über 28.000 Euro in Relation zur geringen Größe des Unternehmens des Klägers nicht zählt, keiner besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - Rn. 7). Dass die Voraussetzungen für die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO wegen Nichtentrichtung fälliger Steuern und fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorliegen, ist nach dem Vorstehenden nicht zweifelhaft.

b) Auch bedarf die erweiterte Gewerbeuntersagung keiner zusätzlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Betroffene nach der Untersagung des ausgeübten Gewerbes in ein anderes Gewerbe ausweichen wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B.v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785 - Rn. 14) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist - wie hier - bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen unzweifelhaft gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist deshalb unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B.v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B.v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - Rn. 33; BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 14). Für solche besonderen Umstände fehlen vorliegend jegliche Anhaltspunkte.

Vielmehr hat der Kläger dadurch, dass er seine vormalige Firma zum 3. September 2013 handelsrechtlich umfirmiert hat (vgl. Handelsregisterauszug, VG-Akte Bl. 68) gezeigt, dass er beabsichtigt, weiterhin gewerblich selbstständig tätig zu sein. Ein Ausweichen auf andere Gewerbe liegt daher besonders nahe. Diese Umfirmierung liegt zwar nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 -1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.), bestätigt aber zusätzlich die Richtigkeit der in diesem Zeitpunkt angestellten Prognose.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die erweiterte Gewerbeuntersagung vorliegend auch nicht unverhältnismäßig.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn verstoßen kann (BVerwG, B.v. 9.3.1994 - 1 B 33.94 - GewArch 1995, 114; BVerwG, B.v. 1.2.1994 - 1 B 211.93 - GewArch 1995, 114). Auch in Bezug auf die erweiterte Gewerbeuntersagung ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich im Einklang steht (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1993 - 1 B 1/93 - GewArch 1993, 155 m. w. N.; BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 15).

Hingegen sind die Voraussetzungen eines solchen extremen Ausnahmefalls nach Aktenlage nicht gegeben. Der Kläger verliert durch die umfassende Gewerbeuntersagung und den Widerruf seiner Maklererlaubnis zwar die Möglichkeit, durch selbstständige Tätigkeit im Wirtschaftsverkehr seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften; allerdings behält er nach wie vor die Möglichkeit, durch abhängige Beschäftigung seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu sichern. Anhaltspunkte, dass die bei der erweiterten Gewerbeuntersagung gebotene Ermessensausübung aus anderen Gründen fehlerhaft wäre, sind nicht ersichtlich.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen erweiterte Gewerbeuntersagungen gegen die Klägerin zu 1 als Unternehmergesellschaft und den Kläger zu 2 als ihren früheren Geschäftsführer.

Der Kläger zu 2 war bis zum 22. März 2012 Geschäftsführer einer im Werkzeug- und Formenbau tätigen GmbH, gegen welche das Landratsamt E.-... wegen erheblicher Steuer- und Beitragsrückstände ein Gewerbeuntersagungsverfahren einleitete und dieses wegen zwischenzeitlicher Insolvenzeröffnung über das Vermögen der GmbH aussetzte. Der Kläger zu 2 meldete deren Gewerbe zum 22. März 2012 ab und zum gleichen Tag am selben Betriebsort die Klägerin zu 1 als Unternehmergesellschaft (UG) ebenfalls im Werkzeug- und Formenbau mit sich als Geschäftsführer neu an.

Am 5. März 2012 leitete das Landratsamt ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen die Kläger ein und ermittelte Steuer- und Beitragszahlungsrückstände der Klägerin zu 1. Diese betrugen zum 21. Juni 2013 bei der ... 21.228,29 Euro, beim Finanzamt E. 14.066,08 Euro und bei der ... 1.043,64 Euro. Zudem war ein Haftbefehl zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung beim Amtsgericht E. eingetragen (Aktenvermerk vom 21.6.2013, Behördenakte Bl. 89). Daraufhin untersagte das Landratsamt mit Bescheid vom 24. Juni 2013, der Klägerbevollmächtigten zugestellt am 2. Juli 2013, der Klägerin zu 1 das ausgeübte und jedes stehende Gewerbe und dem Kläger zu 2 die Ausübung jedes stehenden Gewerbes und jegliche Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person.

Am 28. Juni 2013 wurde der Kläger als Geschäftsführer der Klägerin abberufen und Frau L. zur Geschäftsführerin bestellt. Diese Änderung wurde am 2. August 2014 ins Handelsregister eingetragen.

Die von den Klägern erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19. November 2013 ab.

Die Kläger haben die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt und beantragen,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. November 2013 und den Bescheid des Landratsamts E.-... vom 24. Juni 2013 aufzuheben.

Zur Begründung machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die Gewerbeuntersagung sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten, insbesondere in ihrem Grundrecht auf Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG. In die Gewerbeuntersagung sei nicht einbezogen worden, dass diese nicht nur die Kläger sondern auch die bei der Klägerin zu 1 Beschäftigten durch Arbeitsplatzverlust massiv beeinträchtigen würde. Die Rückstände im Zeitpunkt der Behördenentscheidung beim Finanzamt und bei den Sozialkassen von ca. 36.000 Euro rechtfertigten nicht die Annahme, dass dies auch in Zukunft und für jegliche Art der Gewerbeausübung im gesamten Bundesgebiet der Fall sein werde. Es liege gerade keine ausweglose wirtschaftliche Krise der Klägerin zu 1 vor, denn die Angestellten erhielten regelmäßig Lohn und Gehalt und die Klägerin zu 1 habe eine Vielzahl von Aufträgen zu erfüllen. Zudem sei ihre Neugründung als Unternehmergesellschaft mit dem Insolvenzverwalter der zuvor betriebenen GmbH abgesprochen gewesen, um die Aufträge und die Arbeitsplätze zu erhalten. Auch sei der Kläger zu 2 nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin. Die Absicht des Klägers, in Zukunft weder ein eigenes Unternehmen zu gründen oder ein solches als Geschäftsführer leiten zu wollen, sei bei der Abwägung missachtet worden. Die Gewerbeuntersagung sei insgesamt unverhältnismäßig.

Der Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Zur Begründung verweist er auf sein Vorbringen im Zulassungsverfahren, wonach sich die Zahlungsrückstände der Klägerin auch unter der neuen Geschäftsführung erhöht hätten und die Altschulden nicht getilgt worden seien. Der Kläger zu 2 sei als Geschäftsführer für die Schulden der Klägerin zu 1 verantwortlich gewesen; seine kurzfristige Abberufung stehe der Untersagung nicht entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

I. Der Verwaltungsgerichtshof konnte trotz Ausbleibens der Kläger und ihrer Bevollmächtigten in deren Abwesenheit verhandeln, weil sie bei der Ladung darauf hingewiesen worden waren (§ 102 Abs. 2 VwGO) und kein Grund für eine Terminsverlegung bestand.

Eine Terminsverlegung von Amts wegen war nicht geboten, weil kein erheblicher Grund hierfür vorlag (§ 173 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 ZPO). Zwar hatte die Klägerbevollmächtigte das Mandat niedergelegt. Die Mandatsniederlegung war jedoch gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof unwirksam, solange kein anderer Bevollmächtigter seine Mandatierung angezeigt hatte (vgl. § 173 VwGO i. V. m. § 87 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO). Dementsprechend hatte die Klägerbevollmächtigte, wie sie dem Verwaltungsgerichtshof auf telefonische Nachfrage am Verhandlungstag mitteilte (vgl. Aktenvermerk vom 14.8.2014), den Klägern angeboten, sie im Termin vor dem Verwaltungsgerichtshof am 14. August 2014 zu vertreten, sollten sie keinen anderen vertretungsbereiten Bevollmächtigten gefunden und ihr dies spätestens am 13. August 2014 mitgeteilt haben (vgl. § 87 Abs. 2 ZPO); eine solche Mitteilung der Kläger sei ihr jedoch nicht zugegangen. Dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung am 14. August 2014 weder persönlich anwesend noch anwaltlich vertreten waren, ist daher von ihnen zu verantworten und stellt keinen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO dar.

II. Die Berufung der Kläger ist unbegründet, weil das Verwaltungsgericht ihre Anfechtungsklagen zu Recht abgewiesen hat, da der angefochtene Bescheid vom 24. Juni 2013 nicht rechtswidrig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, weil die erweiterte Gewerbeuntersagung gegenüber der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 zu Recht auf deren gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 7a Satz 1 und 3 GewO gestützt werden konnte, verhältnismäßig ist und auch im Übrigen an keinen rechtlichen Mängeln leidet.

1. Die erweiterte Gewerbeuntersagung gegenüber der Klägerin zu 1 ist gerechtfertigt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Zutreffend hat der Beklagte die Prognose der Unzuverlässigkeit der Klägerin zu 1 nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO auf die andauernde Missachtung ihrer steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten durch ihren damaligen Geschäftsführer, den Kläger zu 2, gestützt, dessen Verhalten sie sich nach § 5a, § 6 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zurechnen lassen muss. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffende Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts (dort Entscheidungsgründe A und B) Bezug genommen und ergänzend zum Berufungsvorbringen ausgeführt:

a) Die Klägerin zu 1 war im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses aufgrund ihrer mangelnden finanziellen Leistungsfähigkeit gewerberechtlich unzuverlässig.

Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2; std. Rspr.). Dies ist bei der Klägerin zu 1 der Fall, weil sie zum für die Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115; BayVGH, B. v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 15; BayVGH, B. v. 30.4.2012 - 22 C 12.372 -Rn. 16, std. Rspr.) am 2. Juli 2013 Lohn- und Umsatzsteuer zum Stand 21. Juni 2013 von 14.066,08 Euro schuldete, ohne dass eine Zahlungsvereinbarung bestand. Zudem schuldete sie der B... ... 21.228,29 Euro und der ... 1.043,64 Euro (Aktenvermerk vom 21.6.2013, Behördenakte Bl. 89).

Der durch Gesellschafterbeschluss erfolgte Wechsel in der Geschäftsführung zwischen Erstellung und Zustellung des angefochtenen Bescheids - und damit vor dem für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verwaltungsentscheidung am 2. Juli 2013 (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115) - ändert an dieser Prognose nichts. Denn die wirtschaftlich schlechte Lage der Klägerin zu 1 war die Folge einer längeren Entwicklung. Anhaltspunkte dafür, dass sich ihre finanzielle Leistungsunfähigkeit in absehbarer Zeit allein in Folge des Wechsels der Geschäftsführung beheben lassen würde, bestanden mangels eines Sanierungskonzepts nicht.

b) Ohne dass es noch darauf ankommt, belegt auch der Anstieg der Verbindlichkeiten der Klägerin zu 1 nach Bescheidserlass und auch nach dem Wechsel in der Geschäftsführung die Richtigkeit der dem Bescheid zugrunde gelegten Prognose.

Zum 16./17. September 2013 betrugen ihre Rückstände beim Finanzamt 14,351,81 Euro, bei der B. ... trotz Teilpfändungen 28.492,19 Euro und bei der ... 2.024,62 Euro (Aktenvermerk vom 16./17.9.2013, Behördenakte Bl. 147). Zum 14. November 2013 betrugen sie beim Finanzamt gar 25.475,54 Euro, bei der B. ... 27.986,69 Euro und bei der ... 1.018,44 Euro (Aktenvermerk vom 14.11.2013, VG-Akte Bl. 52). Zum 23. Juni 2014 betrugen ihre Rückstände beim Finanzamt 27.178,27 Euro (darunter 7.500 Euro Lohnsteuer), bei der B. ... noch 15.926,73 Euro und bei der ... 2.094,76 Euro, wobei mangels Beitragsnachweisen Schätzungen der Beiträge für März bis Mai 2014 erfolgten (Aktenvermerk vom 23.6.2014, VGH-Akte Bl. 73).

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Gewerbeuntersagung auch nicht unverhältnismäßig.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn verstoßen kann (BVerwG, B. v. 9.3.1994 - 1 B 33.94 - GewArch 1995, 114; BVerwG, B. v. 1.2.1994 - 1 B 211.93 - GewArch 1995, 114). Die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls sind nach Aktenlage nicht gegeben. Die von der Klägerin zu 1 behaupteten Gefahren eines Arbeitsplatzverlustes ihrer Beschäftigten rechtfertigen nicht, von einer Gewerbeuntersagung wegen fortgesetzter Pflichtverletzung abzusehen.

Soweit die Klägerin zu 1 meint, das Interesse ihrer Beschäftigten am Erhalt ihrer Arbeitsplätze sei nicht mit dem angemessenen Gewicht in der Entscheidung über die Gewerbeuntersagung berücksichtigt worden, ihnen drohe mit dem Arbeitsplatzverlust auch der Verlust ihres ihnen von der Klägerin bisher regelmäßig gezahlten Gehalts, ist dem nicht zu folgen. Zum Einen sind die Belange Drittbetroffener wie der Beschäftigten für die im bipolaren Verhältnis zwischen Gewerbetreibenden und Gewerbebehörde ergehende Gewerbeuntersagung und die dafür ausschlaggebenden Belange nachrangig (vgl. Dietz, GewArch 2014, 225/232 m. w. N.). Zum Anderen entspricht es nicht der Fürsorge für ihre Beschäftigten, diesen zwar den Netto-Lohn auszuzahlen, aber die Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, die der Erfüllung der Lohnsteuerpflicht der Arbeitnehmer und ihrer sozialen Absicherung dienen, schuldig zu bleiben. Die Veruntreuung hierfür nach § 39b EStG bestimmter Mittel kann strafbar sein (vgl. § 266a StGB). Auf diese Weise hat sich die Klägerin zu 1 außerdem einen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber mit ihr konkurrierenden Betrieben verschafft, die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für ihre Mitarbeiter pünktlich entrichten.

d) Angesichts der Höhe der aufgelaufenen Steuer- und Beitragsschulden und der lang andauernden gewerbeübergreifenden Pflichtverletzungen der Klägerin zu 1 ist auch die erweiterte Gewerbeuntersagung nicht als unverhältnismäßig anzusehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B. v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785 - Rn. 14) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist - wie hier - bei beharrlichen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Pflichtverletzungen ohne konkrete Aussicht auf Besserung unzweifelhaft gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist deshalb unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B. v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - Rn. 33; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 14). Für solche besonderen Umstände fehlen vorliegend alle Anhaltspunkte, denn die Klägerin zu 1 hat an ihrer Gewerbeausübung festgehalten, als sich ihre Überschuldung und wirtschaftliche Unzuverlässigkeit wenige Monate nach Aufnahme ihres Geschäftsbetriebs abzeichnete. Dass sie ihr Gewerbe sogar noch nach Bescheidserlass fortgesetzt hat, obwohl auch der Wechsel in ihrer Geschäftsführung nicht die erhoffte Wende gebracht hatte, bestätigt im Nachhinein die Richtigkeit der dem Bescheid zugrunde gelegten Prognose.

Die erweiterte Gewerbeuntersagung bedarf selbst bei vergleichsweise niedrigen Steuerschulden, zu denen der aufgelaufene Steuerrückstand von 14.066,08 Euro im Zeitpunkt des Bescheidserlasses angesichts der Liquiditätsprobleme der Klägerin zu 1 nicht zählt, sowie von Beitragsrückständen bei der B. ... von 21.228,29 Euro und bei der ... von 1.043,64 Euro (Aktenvermerk vom 21.6.2013, Behördenakte Bl. 89), keiner besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - Rn. 7). Für die erweiterte Gewerbeuntersagung ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang steht (vgl. BVerwG, B. v. 12.1.1993 - 1 B 1/93 - GewArch 1993, 155 m. w. N.; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 15). Daran ist auch vorliegend festzuhalten, denn eine Gewerbetätigkeit, die nur unter laufenden Pflichtverletzungen gegenüber Finanzamt und Sozialkassen stattfindet, genießt mit Blick auf die von ihr geschädigten Gemeinwohlgüter der finanziellen Funktionsfähigkeit der öffentlichen Kassen und der sozialen Sicherung der Beschäftigten einerseits sowie der Fairness des Wettbewerbs andererseits nur einen geminderten Schutz durch die Berufsfreiheit, so dass das öffentliche Interesse an der Untersagung hier die privaten Belange des Gewerbetreibenden weit überwiegt.

2. Ebenso ist die erweiterte Gewerbeuntersagung gegenüber dem Kläger zu 2 als früherem Geschäftsführer der Klägerin zu 1 gerechtfertigt, weil die aktenkundigen Tatsachen auch bei ihm die Annahme rechtfertigen, dass er die für eine gewerbliche Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Zutreffend hat der Beklagte die Prognose der Unzuverlässigkeit des Klägers zu 2 nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, Abs. 7a Satz 1 und Satz 3 GewO auf die andauernde Missachtung der steuerlichen und sozialrechtlichen Zahlungspflichten der Klägerin zu 1 gestützt, für deren Erfüllung er nach § 5a, § 6 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verantwortlich war.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit ebenfalls auf die zutreffende Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts (dort Entscheidungsgründe C I, III V und D) Bezug genommen und ergänzend zum Berufungsvorbringen ausgeführt: Auch beim Kläger zu 2 ist die erweiterte Gewerbeuntersagung ebenfalls unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung zulässig, weil er an der Gewerbeausübung durch die Klägerin zu 1 festgehalten hat, als sich auch deren Überschuldung und wirtschaftliche Unzuverlässigkeit bereits wenige Monate nach Aufnahme ihres Geschäftsbetriebs abzeichneten. Dass die Gründung der Klägerin zu 1 mit dem Insolvenzverwalter der GmbH abgestimmt war, ändert nichts an der gesellschafts- und gewerberechtlichen Verantwortlichkeit des Klägers zu 2 für die anschließende Gewerbeausübung durch die Klägerin zu 1. Die bloße Absichtsbekundung, nicht anderweitig tätig zu werden, reicht angesichts der bisherigen leitenden Tätigkeit des Klägers zu 2 in zwei verschiedenen Firmen nicht für die Annahme, dass seine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge ausscheidet.

Ebenso ist in seinem Fall auch die Untersagung der Tätigkeit als Vertretungsberechtigter gerechtfertigt, da er bei jetzt zwei Unternehmen gezeigt hat, dass er den Aufgaben des Geschäftsführers persönlich und fachlich nicht gewachsen ist.

Die erweiterte Gewerbeuntersagung verletzt den Kläger zu 1 nicht in seiner von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit, weil sie im vorliegenden Fall zum Schutz des überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Kassen durch pünktliche Entrichtung von Steuer- und Beitragszahlungen sowie zum Schutz der Wirtschaft vor unlauteren Wettbewerbsverzerrungen durch dauerhafte Nichtentrichtung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gerechtfertigt ist.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 ff. ZPO i. V. m. § 167 Abs. 2 VwGO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für seine Anfechtungsklage gegen einen Bescheid der Beklagten vom 6. August 2013, mit dem sie dem Kläger die Ausübung des Gewerbes „Betrieb einer Detektei und Auskunftei, Bürodienstleistungen, Büroorganisation, Internetdienstleistungen, Branchenbuch“ sowie jegliche anderweitige selbstständige Tätigkeit im Bereich des stehenden Gewerbes und die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person ab Eintritt der Bestandskraft des Bescheids wegen unterlassener Steueranmeldungen und -erklärungen sowie hoher Steuerschulden untersagt hat. Den Akten ist hierzu zu entnehmen:

1. Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 12. September 2012 an die Beklagte:

Rückständige Umsatzsteuer der Jahre 2011 und 2012 einschließlich Nebenforderungen: 11.739,50 Euro.

Keine freiwilligen Zahlungen seit Beginn der Tätigkeit, Forderungspfändungen erfolglos, seit Betriebsbeginn am 1. März 2011 keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, Besteuerungsgrundlagen geschätzt.

2. Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 22. Januar 2013 an die Beklagte:

Rückständige Umsatzsteuer der Jahre 2011 und 2012 einschließlich Nebenforderungen angestiegen auf: 33.781,50 Euro.

Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos, weiterhin keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht.

3. Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 31. Juli 2013 an die Beklagte:

Rückständige Umsatzsteuer der Jahre 2011 bis 2013 einschließlich Nebenforderungen angestiegen auf: 58.042,50 Euro.

Weiterhin keine Zahlungen und keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht.

Der Kläger hat gegen den Bescheid Klage erhoben und hierfür Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 23. April 2014 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Gewerbeuntersagung gerechtfertigt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Zutreffend haben der Beklagte und das Verwaltungsgericht die Prognose der Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO auf die Missachtung seiner steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten gestützt.

Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2; std. Rspr.). Dies ist beim Kläger der Fall, weil er zum für die Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 -1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115; BayVGH, B. v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 15; BayVGH, B. v. 30.4.2012 - 22 C 12.372 -Rn. 16, std. Rspr.) vom 6. August 2013 nach der Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 31. Juli 2013 Umsatzsteuer der Jahre 2011 bis 2013 einschließlich Nebenforderungen in Höhe von 58.042,50 Euro schuldete und bis dahin weder fällige Zahlungen geleistet noch fällige Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hatte. Damit hat der Kläger seit Aufnahme seines Gewerbes hartnäckig gegen elementare steuerliche Pflichten verstoßen, wie sie von jedem Gewerbetreibenden zu erfüllen sind. Anhaltspunkte für eine durchgreifende Änderung in der Zukunft sind nicht erkennbar. Im Einzelnen:

a) Soweit der Kläger meint, eine Gewerbeuntersagung könne nicht auf lediglich geschätzte Steuerschulden gestützt werden, ist demgegenüber in der Rechtsprechung anerkannt, dass Steuerschulden, die auf Schätzungen beruhen, weil Steuererklärungen und Steueranmeldungen pflichtwidrig nicht rechtzeitig eingereicht wurden, nichts an der Verwertbarkeit im gewerberechtlichen Untersagungsverfahren ändern (vgl. BVerwG, B. v. 29.1.1988 - 1 B 164.87 - GewArch 1988, 162/163; BVerwG, B. v. 22.6.1994 - 1 B 114.94 - GewArch 1995, 111; BayVGH, B. v. 14.2.2012 - 22 ZB 11.2464 - Rn. 23 m. w. N.; BayVGH, B. v. 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803/804). So liegt es hier. Da der Kläger seinen Steuererklärungspflichten nicht nachgekommen ist, konnte das Finanzamt seine Steuerschulden nur schätzen.

b) Soweit der Kläger meint, sein „laxer, wenn auch wenig entschuldbarer Umgang mit der Buchführung“ sei nachträglich noch heilbar, verkennt er, dass für die Zuverlässigkeitsprognose auf den für die Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses vom 6. August 2013 abzustellen ist, zu dem er nach der Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 31. Juli 2013 keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hatte, also selbst nach seiner Auffassung keine „Heilung“ eingetreten wäre.

c) Sein Einwand, auf eine „einzige Verfehlung“ könne die Gewerbeuntersagung nicht gestützt werden, verkennt zum Einen, dass auch einmalige aber schwere Pflichtverstöße eine Gewerbeuntersagung rechtfertigen können. Zum Anderen handelt es sich hier nicht um eine „einzige Verfehlung“, sondern um eine Vielzahl steuerlicher Pflichtverletzungen über Jahre hinweg.

d) Entgegen der Auffassung des Klägers spielen die Ursachen seiner Pflichtverletzungen in der Vergangenheit für sich genommen gewerberechtlich keine Rolle.

Auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Lage wie den vom Kläger angeführten Neuaufbau seiner beruflichen Existenz nach der Trennung von seiner Ehefrau, einen niedrigen Auftragsstand oder Probleme bei der Bedienung des von ihm verwendeten Computerprogramms sowie die fehlende finanzielle Möglichkeit, einen Steuerberater zu beauftragen, kommt es nicht an. Für eine Gewerbeuntersagung ist belanglos, ob der Gewerbetreibende seine öffentlich-rechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten nicht erfüllen konnte oder nicht erfüllen wollte (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.; BayVGH, B. v. 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803 m. w. N.).

Allein maßgeblich ist die Prognose, ob der Kläger künftig sein Gewerbe ordnungsgemäß führen wird. Für die Annahme einer positiven Prognose bietet der Kläger aber keine Anhaltspunkte.

Für eine positive Prognose ist erforderlich, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe auch im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Erklärungs- und Zahlungspflichten künftig ordnungsgemäß auszuüben. Je länger das zuvor gezeigte Fehlverhalten andauerte, desto mehr müssen sich auch die Tatsachen auf einen längeren Zeitraum erstrecken, sozusagen nachhaltig sein, die die Grundlage für die Annahme eines geläuterten Verhaltens sein können. Ein kurzfristiges Wohlverhalten kann eine über lange Zeit zu Tage getretene Unzuverlässigkeit nicht ohne Weiteres ausräumen, insbesondere wenn dieses Wohlverhalten nicht Teil eines durchdachten und Erfolg versprechenden Sanierungskonzepts oder Ergebnis eines inneren Reifeprozesses des Gewerbetreibenden ist (vgl. dazu BayVGH, B. v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 14 f. m. w. N.).

So ist es hier. Die bloße wiederholt verwendete Ankündigung, die steuerlichen Verhältnisse zu ordnen, reicht nicht aus, wenn die bisherigen Bekundungen nur leere Versprechungen geblieben sind (vgl. Zusagen des Klägers in seinen Schreiben vom 6.11.2012, Behördenakte Bl. 10/11 a. E., vom 20.2.2013, Bl. 29/30 Mitte und 32, vom 8.4.2013, Bl. 34, vom 27.5.2013, Bl. 35). Im Ergebnis hat der Kläger seit Aufnahme seines Gewerbes drei Jahre lang weder Umsatzsteuer vorangemeldet noch gezahlt, so dass von einem verfestigten Fehlverhalten auszugehen ist. Da der Kläger die längst fälligen Steuererklärungen nicht abgegeben und so auch keine Reduzierung der Steuerschulden erreicht sowie kein tragfähiges Sanierungskonzept entwickelt hat, ist davon auszugehen, dass er die aufgelaufenen Steuerrückstände in absehbarer Zeit auch nicht wird tilgen können.

e) Vorliegend ist die Gewerbeuntersagung nicht unverhältnismäßig.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn verstoßen kann (BVerwG, B. v. 9.3.1994 - 1 B 33.94 - GewArch 1995, 114; BVerwG, B. v. 1.2.1994 - 1 B 211.93 - GewArch 1995, 114). Die Voraussetzungen eines solchen extremen Ausnahmefalls sind nach Aktenlage nicht gegeben. Die vom Kläger behaupteten geringen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt rechtfertigen nicht, von einer Gewerbeuntersagung wegen fortgesetzter Pflichtverletzung abzusehen.

Soweit der Kläger meint, die Behörde hätte zuvor andere „Strafen“ ergreifen oder ihn „verwarnen“ müssen, ist dem nicht zu folgen. Die Beklagte hat ihm vor Erlass des Bescheids ausdrücklich Gelegenheit gegeben, „sich umgehend mit dem Finanzamt in Verbindung zu setzen und die Rückstände zumindest ratenweise zu begleichen“ (Schreiben vom 18.9.2012, Behördenakte Bl. 5), worauf der Kläger mitteilte, die Beträge nicht zu bezahlen, weil sie „in der Höhe unverhältnismäßig“ seien (Schreiben vom 6.11.2012, Behördenakte Bl. 10/11). Insofern hat die Behörde den Kläger tatsächlich gewarnt, allerdings vergeblich. Die erforderlichen Umsatzsteuererklärungen hat er selbst unter dem Druck der drohenden Gewerbeuntersagung nicht abgegeben (Mitteilung des Finanzamts N.-... vom 22.1.2013, Behördenakte Bl. 23).

f) Verstöße der Gewerbeuntersagung gegen Gemeinschaftsrecht sind nicht ersichtlich.

Der Kläger kann sich als deutscher Staatsbürger gegenüber Behörden seines Heimatstaats nicht auf etwaige grenzüberschreitende Rechte berufen; mangels grenzüberschreitenden Bezugs auch nicht auf die unionsrechtlich verbürgte Dienstleistungsfreiheit. Die streitgegenständliche Gewerbeuntersagung hat keinerlei grenzüberschreitenden Bezug, da der Kläger ein in Deutschland ansässiges Unternehmen betreibt, seine Gewerbetätigkeit auf dem innerstaatlichen Markt im Streit steht und er seine Dienstleistungen hier anbietet. Auch die Charta der Grundrechte der EU (GrCH) ist vorliegend weder anwendbar noch verletzt. Dies ergibt sich aus Art. 51 Abs. 1 GrCh, weil die zugrunde liegende Befugnisnorm des § 35 Abs. 1 GewO nicht zum Recht der Europäischen Union gehört und ihre Durchführung daher nicht den Anwendungsbereich der Grundrechte-Charta eröffnet.

2. Auch die erweiterte Gewerbeuntersagung begegnet entgegen der Auffassung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B. v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785 - Rn. 14) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist - wie hier - bei beharrlichen steuerlichen Pflichtverletzungen ohne konkrete Aussicht auf Besserung unzweifelhaft gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist deshalb unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B. v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - Rn. 33; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 14). Für solche besonderen Umstände fehlen vorliegend alle Anhaltspunkte, denn der Kläger hat nicht nur an seiner Gewerbeausübung festgehalten, als sich seine Überschuldung und wirtschaftliche Unzuverlässigkeit abzeichnete, sondern er hat nach seinem eigenen Vorbringen sein Gewerbe sogar aufgenommen, als er bereits „hoch verschuldet“ war, „um nicht dem Staat zur Last zu fallen.“

b) Angesichts der Höhe der aufgelaufenen Steuerschulden und der lang andauernden Pflichtverletzungen bezüglich fälliger Umsatzsteuervoranmeldungen und -zahlungen ist auch die erweiterte Gewerbeuntersagung nicht als unverhältnismäßig anzusehen.

Die erweiterte Gewerbeuntersagung bedarf selbst bei vergleichsweise niedrigen Steuerschulden, zu denen der hier aufgelaufene Steuerrückstand von 58.042,50 Euro nicht zählt, keiner besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - Rn. 7). In Bezug auf die erweiterte Gewerbeuntersagung ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang steht (vgl. BVerwG, B. v. 12.1.1993 - 1 B 1/93 - GewArch 1993, 155 m. w. N.; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 15).

3. Die Verfahrensrügen des Klägers bezüglich des Prozesskostenhilfeverfahrens greifen nicht durch und ändern zudem nichts an den fehlenden Erfolgsaussichten seiner Klage in der Hauptsache.

Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestand im Prozesskostenhilfeverfahren nicht (arg. ex § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Entgegen seiner Rüge wurde dem Kläger rechtliches Gehör gewährt, denn er konnte sich zu den für sein Prozesskostenhilfegesuch entscheidungserheblichen Tatsachen äußern und Rechtsausführungen machen (vgl. Schreiben vom 23.9.2013, VG-Akte Bl. 13 ff.; Verfügung vom 4.4.2014, VG-Akte Bl.40), bevor das Verwaltungsgericht entschieden hat.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, daß ein Eröffnungsgrund gegeben ist.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, sind während der Zeit

1.
eines Insolvenzverfahrens,
2.
in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind,
3.
der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) oder
4.
in der in einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist, eine Stabilisierungsanordnung wirksam ist oder dem Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsplan zur Vorprüfung, zur Anberaumung eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins oder zur Bestätigung vorliegt,
nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Antrags auf Anordnung des Restrukturierungs- oder Stabilisierungsinstruments ausgeübt wurde.Dies gilt nicht für eine nach § 35 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 der Insolvenzordnung freigegebene selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn dessen Unzuverlässigkeit mit Tatsachen begründet wird, die nach der Freigabe eingetreten sind.

Tenor

Der Klägerin wird unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. Juni 2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines von ihr - dem Verwaltungsgericht noch zu benennenden - Rechtsanwalts gewährt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Anfechtungsklage gegen einen Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2014‚ mit dem ihr die Gewerbeausübung wegen Unzuverlässigkeit in Folge von Überschuldung und Verletzung steuerlicher Pflichten untersagt worden ist.

Mit Beschluss vom 23. Januar 2014 eröffnete das Amtsgericht N. das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin‚ das noch andauert. Am 12. März 2014 meldete die Klägerin ihr ausgeübtes Gewerbe rückwirkend wegen Betriebsaufgabe zum 24. Januar 2014 ab.

Über die von der Klägerin gegen den Bescheid erhobene Anfechtungsklage ist noch nicht entschieden; ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2014 mangels Erfolgsaussichten abgelehnt.

Die Klägerin hat Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Es sei für sie von existenzieller Bedeutung‚ leitend im Landschaftsbau arbeiten zu können. Da sie das Gewerbe abgemeldet habe‚ gehe es ihr nur noch darum ‚ dass ihr die Untersagung nicht die Möglichkeit versperre, unselbstständig als Bauleiterin oder Planerin arbeiten, ihren Lebensunterhalt sichern und ihre Verbindlichkeiten abtragen zu können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines von ihr noch zu benennenden Rechtsanwalts für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht‚ denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).

1. Die Rechtverfolgung der Klägerin bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die Auswirkungen eines nach Erlass der Gewerbeuntersagung (hier durch den am 9.1.2014 zugestellten Bescheid vom 8.1.2014) eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin (hier durch das AG N.‚ B. v. 23.1.2014 - IN 513/13) nach § 12 GewO noch nicht höchstrichterlich geklärt sind. Klärungsbedarf besteht jedenfalls für die auch hier gegebene Fallgruppe, in der die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in offener Rechtsbehelfsfrist und innerhalb der Abwicklungsfrist erfolgt.

Zwar hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein nach Erlass des Gewerbeuntersagungsbescheids eröffnetes Insolvenzverfahren nach § 12 GewO grundsätzlich keinen Einfluss auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung und damit der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses, weil nachträgliche Veränderungen der Sachlage außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115). Dem Schutzzweck des § 12 GewO kann während des Stadiums der Vollstreckung einer Gewerbeuntersagung durch entsprechende Handhabung der Vollstreckungsvorschriften hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH‚ U. v. 27.1.2014 - 22 BV 13.260 - BayVBl. 2014, 338/339 f. Rn. 22‚ 26 ff. m. w. N. zum Meinungsstand).

Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision gegen sein Urteil zugelassen, die eingelegt und noch anhängig ist (BVerwG - 8 C 6.14). Da die schwierige Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, kann der Rechtverfolgung der Klägerin die hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden (vgl. LSG NRW, B. v. 9.9.2013 - L 6 AS 1085/13 B - juris Rn. 2 unter Verweis auf BVerfG, B. v. 10.12.2001 - 1 BvR 1803/97 - juris Rn. 2). Dafür spricht auch, dass das Bundesverwaltungsgericht im o. g. Revisionsverfahren seinerseits dem Kläger im Hinblick auf die „höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage einer Sperrwirkung des § 12 GewO für das Gewerbeuntersagungsverfahren“ Prozesskostenhilfe gewährt hat (vgl. BVerwG, B. v. 5.5.2014).

2. Unter Ansatz der von der Klägerin übermittelten Angaben zur persönlichen und wirtschaftlichen Situation und nach Abzug der Freibeträge für Erwerbstätige ist davon auszugehen, dass sie außer Stande ist, die Kosten der Prozessführung selbst aufzubringen (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 115 ZPO).

3. Die Beiordnung eines zur Vertretung bereiten Rechtsanwalts bleibt dem Verwaltungsgericht überlassen; das insoweit einen ergänzenden Beschluss trifft, sobald die Klägerin einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt benannt hat und anderenfalls selbst einen am Sitz des Verwaltungsgerichts tätigen Rechtsanwalt aussucht (§ 121 Abs. 2 und Abs. 5 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, sind während der Zeit

1.
eines Insolvenzverfahrens,
2.
in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind,
3.
der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) oder
4.
in der in einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist, eine Stabilisierungsanordnung wirksam ist oder dem Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsplan zur Vorprüfung, zur Anberaumung eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins oder zur Bestätigung vorliegt,
nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Antrags auf Anordnung des Restrukturierungs- oder Stabilisierungsinstruments ausgeübt wurde.Dies gilt nicht für eine nach § 35 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 der Insolvenzordnung freigegebene selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn dessen Unzuverlässigkeit mit Tatsachen begründet wird, die nach der Freigabe eingetreten sind.

(1) Gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 2) steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Kläger und der Beklagte der Einlegung der Sprungrevision schriftlich zustimmen und wenn sie von dem Verwaltungsgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluß zugelassen wird. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich zu stellen. Die Zustimmung zu der Einlegung der Sprungrevision ist dem Antrag oder, wenn die Revision im Urteil zugelassen ist, der Revisionsschrift beizufügen.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 vorliegen. Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Die Ablehnung der Zulassung ist unanfechtbar.

(3) Lehnt das Verwaltungsgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluß ab, beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung von neuem, sofern der Antrag in der gesetzlichen Frist und Form gestellt und die Zustimmungserklärung beigefügt war. Läßt das Verwaltungsgericht die Revision durch Beschluß zu, beginnt der Lauf der Revisionsfrist mit der Zustellung dieser Entscheidung.

(4) Die Revision kann nicht auf Mängel des Verfahrens gestützt werden.

(5) Die Einlegung der Revision und die Zustimmung gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Verwaltungsgericht die Revision zugelassen hat.

Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, sind während der Zeit

1.
eines Insolvenzverfahrens,
2.
in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind,
3.
der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) oder
4.
in der in einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist, eine Stabilisierungsanordnung wirksam ist oder dem Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsplan zur Vorprüfung, zur Anberaumung eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins oder zur Bestätigung vorliegt,
nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Antrags auf Anordnung des Restrukturierungs- oder Stabilisierungsinstruments ausgeübt wurde.Dies gilt nicht für eine nach § 35 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 der Insolvenzordnung freigegebene selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn dessen Unzuverlässigkeit mit Tatsachen begründet wird, die nach der Freigabe eingetreten sind.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, sind während der Zeit

1.
eines Insolvenzverfahrens,
2.
in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind,
3.
der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) oder
4.
in der in einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist, eine Stabilisierungsanordnung wirksam ist oder dem Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsplan zur Vorprüfung, zur Anberaumung eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins oder zur Bestätigung vorliegt,
nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Antrags auf Anordnung des Restrukturierungs- oder Stabilisierungsinstruments ausgeübt wurde.Dies gilt nicht für eine nach § 35 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 der Insolvenzordnung freigegebene selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn dessen Unzuverlässigkeit mit Tatsachen begründet wird, die nach der Freigabe eingetreten sind.

Tenor

Der Bescheid vom 11. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2014 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine (erweiterte) Gewerbeuntersagung.

2

Der Kläger betreibt seit dem 22. Januar 2004 das Gewerbe „Trockenbau und Abbruch, Maurer- und Betonbauerhandwerk“ unter der Adresse ….

3

Mit Schreiben vom 22. April 2013 an das Bezirksamt … beantragte die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, dem Kläger die Erlaubnis zur Führung seines Gewerbes zu entziehen und begründete das Begehren damit, dass der Kläger der Knappschaft Rentenversicherungsbeiträge, Säumniszuschläge und Nebenkosten in Höhe von insgesamt 13.825,39 EUR schulde, deren Vollstreckung bislang erfolglos geblieben sei.

4

Im Zuge des daraufhin eingeleiteten Gewerbeuntersagungsverfahrens ermittelte die Beklagte folgenden Sachverhalt: Im Einzelnen schuldete der Kläger dem Finanzamt … 12.430,13 EUR, der Handwerkskammer … 1.040,15 EUR, der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover 2.168,40 Euro, der Berufsgenossenschaft Bau 1.842,75 EUR und der Bundesagentur für Arbeit 2.605,06 Euro. Der Rückstand bei der Knappschaft-Bahn-See war auf 14.165,59 EUR angewachsen. Beim Amtsgericht … lagen vier Pfändungsaufträge vor. Ein (älteres) Insolvenzverfahren (Az.: …) wurde am 27. September 2012 mangels Masse eingestellt. In einem weiteren Insolvenz(eröffnungs-)verfahren (Az.: …) hatte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 27. April 2013 Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet, diese jedoch mit Beschluss vom 14. Mai 2013 wieder aufgehoben.

5

Die Beklagte setzte den Kläger mit Anhörungsschreiben vom 10. Mai 2013 über das eingeleitete Gewerbeuntersagungsverfahren in Kenntnis und gewährte ihm die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.

6

Mit Bescheid vom 11. Juli 2013, dem Kläger am 16. Juli 2013 zugestellt, untersagte die Beklagte dem Kläger gemäß § 35 Abs. 1 GewO die Ausübung des Gewerbes „Trockenbau und Abbruch, Maurer- und Betonhandwerk“ sowie jede andere selbstständige Gewerbeausübung. Zudem wurde dem Kläger die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person untersagt. Die Beklagte ordnete den Sofortvollzug an. Zur Begründung der Untersagung verwies die Beklagte auf die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers, die sich aus den im Einzelnen aufgeführten Rückständen ergäbe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheids vom 11. Juli 2013 verwiesen.

7

Mit Schreiben vom 16. August 2013 widersprach der nunmehr anwaltlich vertretene Kläger der Gewerbeuntersagung und beantragte zugleich die Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Zur Begründung führte er u.a. aus, er habe bereits einen erheblichen Teil seiner Schulden reduziert und verfüge mittlerweile über ausreichende finanzielle Mittel und die erforderliche betriebswirtschaftliche Organisation, um sowohl die laufenden Verbindlichkeiten wie auch sukzessive die Altverbindlichkeiten zu bedienen. Ein Sanierungskonzept werde derzeit ausgearbeitet.

8

Die Beklagte setzte am 19. August 2013 die sofortige Vollziehung aus und teilte dies mit Schreiben vom 20. August 2013 der Klägerseite mit.

9

Am 12. Februar 2014 stellte der Kläger einen (Eigen-)Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 27. Februar 2014 ordnete das Amtsgericht … in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des Klägers Sicherungsmaßnahmen im Sinne der §§ 21, 22 InsO an (Az.: …). Mit Beschluss vom 10. März 2014 eröffnete das Amtsgericht … das Insolvenzverfahren.

10

Die Klägerseite ergänzte mit Schreiben vom 28. Februar 2014 ihre Widerspruchsbegründung. Sie führte aus, dass die angefochtene Verfügung keinen Bestand haben könne, weil zumindest inzwischen die Voraussetzungen nicht mehr vorlägen. Der Zurückweisung des Widerspruchs stehe § 12 GewO entgegen.

11

Mit Insolvenz-Bekanntmachung vom 19. März 2014 zum Az. 67g IN 87/14 wurde die Freigabe der selbstständigen gewerblichen Tätigkeit des Klägers durch den Insolvenzverwalter angezeigt.

12

Mit Bescheid vom 25. März 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass der Kläger aufgrund seiner Schulden in Höhe von über 24.000,- EUR als unzuverlässig einzustufen sei. Eine Unterscheidung zwischen aktuellen und Altverbindlichkeiten sei nicht angezeigt. Es sei nicht zu erwarten, dass der Kläger mit seinem Betrieb künftig genügend Gewinne erwirtschaften werde, um seinen Zahlungspflichten nachzukommen. Auch § 12 GewO stehe der Gewerbeuntersagung nicht entgegen, da die Untersagung am Ende des Insolvenzverfahrens wieder auflebe, soweit keine Restschuldbefreiung erlangt werden könne. Da das Ende des Verfahrens noch nicht abzusehen sei, bleibe die Untersagung wirksam und es bestehe kein Grund, sie zu widerrufen.

13

Der Kläger hat am 14. April 2014 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, der Zurückweisung des Widerspruchs habe § 12 GewO entgegengestanden. Er habe den Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens – und zugleich den Antrag auf Restschuldbefreiung – gestellt, weil sich im Rahmen der Erstellung des Sanierungskonzept ergeben habe, dass sein Betrieb zwar über ausreichend Einnahmen zur Deckung der laufenden Verbindlichkeiten verfüge, nicht jedoch eine zeitnahe vollständige Bedienung seiner Altverbindlichkeiten zulasse. Etwaige Verbindlichkeiten, die nach Erlass des Widerspruchbescheides entstanden seien, müssten bei der Bewertung außer Betracht bleiben.

14

Der Kläger beantragt,

15

1) die Gewerbeuntersagung vom 11. Juli 2013 des Bezirksamts … in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2014 aufzuheben;

16

2) die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Begründungen im Bescheid vom 11. Juli 2013 und im Widerspruchsbescheid vom 25. März 2014. Ergänzend verweist sie auf eine aktuelle Rückstandsaufstellung des Finanzamts … .

20

Die Sachakte der Beklagten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Sachakte der Beklagten Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

I.

21

Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter allein, da sich die Beteiligten mit einer solchen Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 87a Abs. 2, 3 VwGO).

II.

22

Die zulässige Klage hat Erfolg. Die erweiterte Gewerbeuntersagung vom 11. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

23

1. Die auf § 35 Abs. 1 GewO gestützte erweiterte Gewerbeuntersagung ist rechtswidrig, weil ihrem Erlass die Vorschrift des § 12 Satz 1 GewO entgegenstand.

24

Nach § 12 Satz 1 GewO finden Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans keine Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Diese Voraussetzungen (hierzu unter b) waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2014 (hierzu unter a) gegeben. Dies führt zur Rechtswidrigkeit der verfügten (erweiterten) Gewerbeuntersagung (hierzu unter c).

25

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und somit für die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.2.1982, BVerwGE 65, 9), also im vorliegenden Fall der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchbescheids vom 25. März 2014. § 12 GewO bewirkt insoweit auch keine zeitliche Verschiebung des maßgeblichen Beurteilungszeitraums. Hiergegen spricht insbesondere der Wortlaut des § 12 Satz 1 GewO, wonach eine „Anwendung“ solcher Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse ermöglichen, während der in § 12 Satz 1 GewO genannten Zeiträume untersagt ist (vgl. VGH München, Urt. v. 27.1.2014, ZInsO 2014, 725; VGH Kassel, Urt. v. 21.11.2002, NVwZ 2003, 626).

26

b) Die Voraussetzungen des § 12 Satz 1 GewO liegen vor.

27

aa) Zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2014 war über das Vermögen des Klägers ein Insolvenzverfahren eröffnet und noch nicht abschlossen (Eröffnungsbeschluss vom 10. März 2014). Bereits zuvor hatte das zuständige Amtsgericht Hamburg am 27. Februar 2014 Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21, 22 InsO angeordnet.

28

bb) Die Beklagte hat die Gewerbeuntersagung gegen den Kläger mit dessen gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit begründet, welche wiederum auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützt wurde. Dabei stützt sie sich ausschließlich auf Tatsachen, die vor der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter entstanden waren, so dass der Anwendungsbereich des § 12 Satz 2 GewO – wonach eine Gewerbeuntersagung dann in Betracht kommt, wenn die Unzuverlässigkeit auf Tatsachen gestützt wird, die nach der auf § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO beruhenden Freigabe der selbstständigen Tätigkeit eingetreten sind – nicht eröffnet ist.

29

cc) Der Kläger hat das Gewerbe „Trockenbau und Abbruch, Maurer- und Betonbauerhandwerk“ zum Zeitpunkt des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 12. Februar 2014 ausgeübt, und zwar rechtmäßig, weil die Beklagte den zunächst im Ausgangsbescheid vom 11. Juli 2013 angeordneten Sofortvollzug am 19. August 2013 ausgesetzt hatte.

30

c) Ist somit aufgrund des § 12 Satz 1 GewO die Vorschrift des § 35 Abs. 1 GewO gesperrt, so handelte die Beklagte bei Erlass des Widerspruchbescheids ohne Rechtsgrundlage, was zur Rechtswidrigkeit sowohl der auf § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO gestützten Gewerbeuntersagung für das ausgeübte Gewerbe als auch der erweiterten Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO führt. Die Rechtswidrigkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung folgt im Übrigen auch daraus, dass diese zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO akzessorisch ist (BVerwG, Urt. v. 2.2.1982, a.a.O.).

31

Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 25. März 2014 die Ansicht vertritt, § 12 GewO stehe dem Erlass des Widerspruchbescheids nicht entgegen, weil dieser nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ihre schützende Wirkung verliere, so verkennt sie die Reichweite des Anwendungsbereich der Norm. Jedenfalls während des laufenden Insolvenzverfahrens – im Falle des Erlasses eines Insolvenzplans sogar noch darüber hinaus – sperrt § 12 GewO u.a. den § 35 Abs. 1 GewO, so dass in diesem Zeitraum eine auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützte Gewerbeuntersagung nicht in Betracht kommt. Zwar weist die Beklagte im Ansatz zu Recht darauf hin, dass § 12 GewO insoweit nur temporärer Charakter zukommt und (oftmals) am Ende eines Insolvenzverfahrens noch Grund für die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit bestehen dürfte, was jedoch nichts an der Sperrwirkung während dieses Zeitraums ändert. Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung ist die Entscheidung des Gesetzgebers, dem Insolvenzverfahren Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Abwehr von Gefahren einzuräumen, die durch einen wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse unzuverlässigen Gewerbetreibenden entstehen können. Während der genannten Zeitabschnitte soll dementsprechend nicht die Gewerbeüberwachungsbehörde, sondern die Gläubigerversammlung darüber entscheiden, ob ein Unternehmen fortgeführt oder stillgelegt wird (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs eines Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (EGInsO) vom 24.11.1992, BT-Drs. 12/3803, S. 103).

32

Soweit die Beklagte weiter ausführt, dass kein Grund bestehe, eine bereits vor Einleitung des Insolvenzverfahrens verfügte Gewerbeuntersagung zu widerrufen, so mag dies zwar richtig sein. Jedoch ging es im vorliegenden Fall nicht um einen Widerruf i.S.d. §§ 48 ff. VwVfG, sondern um die Überprüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit der im Ausgangsbescheid verfügten Gewerbeuntersagung, wobei der Widerspruchsbescheid als „letztes Wort der Verwaltung“ dem Bescheid seine maßgebliche Gestalt – hier in Form der (erweiterten) Gewerbeuntersagung – gibt. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass sowohl der Ausgangs- als auch der Widerspruchsbescheid – als prozessuale Einheit – aufzuheben sind, unabhängig von der Frage, ob der Ausgangsbescheid vom 11. Juli 2013 unter dem gleichen rechtlichen Mangel leidet. Denn Gegenstand der Anfechtungsklage ist im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1964, BVerwGE 19, 327; OVG Bautzen, Urt. v. 18.4.2001, NVwZ-RR 2002, 409).

33

2. Der Kläger wird durch die Rechtswidrigkeit der Gewerbeuntersagung nicht nur reflexhaft in seinem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG), sondern vielmehr in seiner Gewerbefreiheit (§ 1 GewO) verletzt.

III.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 709 ZPO.

IV.

35

Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren war notwendig, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Dem Gericht liegt ein entsprechender Antrag des Klägers vor. Im Übrigen war der Prozessvertreter bereits im Vorverfahren bevollmächtigt. Über die Notwendigkeit, im Vorverfahren einen Prozessvertreter hinzuzuziehen, ist nach Lage des Einzelfalls unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse zu entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 1.10.2009, 6 B 14/09, juris). Dabei ist rückblickend auf die Situation des Vollmachtgebers im Zeitpunkt der Mandatierung abzustellen (BVerwG, Beschl. v. 21.12.2011, 1 WB 51/11, juris) und die Sicht einer verständigen, umsichtigen, aber nicht rechtskundigen Person zu Grunde zu legen (BVerwG, Beschl. v. 1.10.2009, a.a.O.; OVG Hamburg, Urt. v. 28.1.2014, 3 Bf 60/13, juris). Insgesamt ist die Rechtslage bei Zusammentreffen von Insolvenzrecht und Gewerberecht unübersichtlich. Die korrekte Anwendung setzt Kenntnisse des Insolvenzrechts sowie der Motivlage der Gesetzgebung voraus. Solche Kenntnisse dürften von rechtsunkundigen Personen regelmäßig nicht zu erwarten sein. Berücksichtigt man darüber hinaus das Verhalten der Beklagten sowie die Tragweite der Entscheidung aus Sicht des Klägers, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger im Vorverfahren auch ohne rechtlichen Beistand ausgekommen wäre.

Tenor

Der Klägerin wird unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. Juni 2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines von ihr - dem Verwaltungsgericht noch zu benennenden - Rechtsanwalts gewährt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Anfechtungsklage gegen einen Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2014‚ mit dem ihr die Gewerbeausübung wegen Unzuverlässigkeit in Folge von Überschuldung und Verletzung steuerlicher Pflichten untersagt worden ist.

Mit Beschluss vom 23. Januar 2014 eröffnete das Amtsgericht N. das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin‚ das noch andauert. Am 12. März 2014 meldete die Klägerin ihr ausgeübtes Gewerbe rückwirkend wegen Betriebsaufgabe zum 24. Januar 2014 ab.

Über die von der Klägerin gegen den Bescheid erhobene Anfechtungsklage ist noch nicht entschieden; ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2014 mangels Erfolgsaussichten abgelehnt.

Die Klägerin hat Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Es sei für sie von existenzieller Bedeutung‚ leitend im Landschaftsbau arbeiten zu können. Da sie das Gewerbe abgemeldet habe‚ gehe es ihr nur noch darum ‚ dass ihr die Untersagung nicht die Möglichkeit versperre, unselbstständig als Bauleiterin oder Planerin arbeiten, ihren Lebensunterhalt sichern und ihre Verbindlichkeiten abtragen zu können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines von ihr noch zu benennenden Rechtsanwalts für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht‚ denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).

1. Die Rechtverfolgung der Klägerin bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die Auswirkungen eines nach Erlass der Gewerbeuntersagung (hier durch den am 9.1.2014 zugestellten Bescheid vom 8.1.2014) eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin (hier durch das AG N.‚ B. v. 23.1.2014 - IN 513/13) nach § 12 GewO noch nicht höchstrichterlich geklärt sind. Klärungsbedarf besteht jedenfalls für die auch hier gegebene Fallgruppe, in der die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in offener Rechtsbehelfsfrist und innerhalb der Abwicklungsfrist erfolgt.

Zwar hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein nach Erlass des Gewerbeuntersagungsbescheids eröffnetes Insolvenzverfahren nach § 12 GewO grundsätzlich keinen Einfluss auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung und damit der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses, weil nachträgliche Veränderungen der Sachlage außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115). Dem Schutzzweck des § 12 GewO kann während des Stadiums der Vollstreckung einer Gewerbeuntersagung durch entsprechende Handhabung der Vollstreckungsvorschriften hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH‚ U. v. 27.1.2014 - 22 BV 13.260 - BayVBl. 2014, 338/339 f. Rn. 22‚ 26 ff. m. w. N. zum Meinungsstand).

Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision gegen sein Urteil zugelassen, die eingelegt und noch anhängig ist (BVerwG - 8 C 6.14). Da die schwierige Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, kann der Rechtverfolgung der Klägerin die hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden (vgl. LSG NRW, B. v. 9.9.2013 - L 6 AS 1085/13 B - juris Rn. 2 unter Verweis auf BVerfG, B. v. 10.12.2001 - 1 BvR 1803/97 - juris Rn. 2). Dafür spricht auch, dass das Bundesverwaltungsgericht im o. g. Revisionsverfahren seinerseits dem Kläger im Hinblick auf die „höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage einer Sperrwirkung des § 12 GewO für das Gewerbeuntersagungsverfahren“ Prozesskostenhilfe gewährt hat (vgl. BVerwG, B. v. 5.5.2014).

2. Unter Ansatz der von der Klägerin übermittelten Angaben zur persönlichen und wirtschaftlichen Situation und nach Abzug der Freibeträge für Erwerbstätige ist davon auszugehen, dass sie außer Stande ist, die Kosten der Prozessführung selbst aufzubringen (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 115 ZPO).

3. Die Beiordnung eines zur Vertretung bereiten Rechtsanwalts bleibt dem Verwaltungsgericht überlassen; das insoweit einen ergänzenden Beschluss trifft, sobald die Klägerin einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt benannt hat und anderenfalls selbst einen am Sitz des Verwaltungsgerichts tätigen Rechtsanwalt aussucht (§ 121 Abs. 2 und Abs. 5 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1. Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung. Am 13. Februar 2003 meldete er in der Gemeinde M. das Gewerbe „Handelsvertreter für Bauelemente“ und am 14. September 2009 in der Gemeinde T. rückwirkend zum 1. Juli 2009 die selbstständige Tätigkeit „Handel und Montage von Bauelementen“ an. Weil der Kläger seine Betriebsverlegung pflichtwidrig nicht gemäß § 14 GewO angezeigt habe, meldete die Gemeinde M. zum 2. Februar 2010 das bei ihr gemeldete Gewerbe des Klägers von Amts wegen ab. Am 1. Juli 2010 wurde der Kläger von der Gemeinde T. von Amts wegen als Einwohner abgemeldet, weil er sich - wie man festgestellt habe - nicht in seiner Wohnung aufhalte; auch sein in T. angemeldetes Gewerbe wurde Anfang September 2010 rückwirkend zum 1. Juli 2010 von Amts wegen abgemeldet.

Einer Mitteilung der AOK vom 23. März 2010 an das Landratsamt Rottal-Inn zufolge schuldete der Kläger noch Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile) für die Monate Mai und Juni 2009 und hatte im Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a. F. abgegeben. Am 28. Juni 2010 unterrichtete das Finanzamt E. das Landratsamt von Steuerrückständen des Klägers in Höhe von ca. 5.000 €. Auf Anhörung zur beabsichtigten erweiterten Gewerbeuntersagung äußerte sich der Kläger am 13. Juli 2010 gegenüber dem Landratsamt und schilderte seine schwierige finanzielle Lage, worauf man ihm riet, zur Vermeidung eines Bescheids bis zum 30. Juli 2010 seinen Gewerbebetrieb wegen Unrentabilität aufzugeben oder eine Insolvenz anzustreben; die Frist wurde mit einer weiteren Anhörung verlängert bis zum 30. August 2010. Am 13. August 2010 hatte die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See bereits die Einleitung eines Insolvenzverfahrens über das Unternehmen des Klägers beantragt.

Mit Bescheid vom 17. September 2010 untersagte das Landratsamt - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 2 des Bescheids) und Androhung eines Zwangsgelds (Nr. 3 des Bescheids) - die Ausübung des zuletzt gemeldeten Gewerbes „Handel und Montage von Bauelementen“, die Gewerbeausübung generell sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person zum 21. Oktober 2010 und ordnete an, innerhalb dieser Frist sei die gewerbliche Tätigkeit einzustellen (Nr. 1 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei unzuverlässig im Sinn des § 35 Abs. 1 GewO, weil er wegen seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Betriebsführung biete. Der Bescheid wurde dem Kläger am 21. September 2010 zugestellt.

Mit Beschluss vom 23. September 2010 ordnete das Amtsgericht Landshut - Insolvenzgericht - zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen die vorläufige Insolvenzverwaltung an, bestellte einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete zudem an, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Am 11. Oktober 2010 beantragte der Kläger auch selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Nachdem im Auftrag des Insolvenzgerichts am 26. Oktober 2010 ein Sachverständigengutachten zur Vermögenslage des Klägers erstellt worden war, beschloss das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Am 18. Oktober 2010 erhob der Kläger gegen den Gewerbeuntersagungsbescheid des Landratsamts vom 17. September 2010 Anfechtungsklage und beantragte, deren aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen bzw. wiederherzustellen. Diesen Antrag lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 10. Dezember 2010 ab. Die Beschwerde des Klägers führte zur Aufhebung des Beschlusses vom 10. Dezember 2010 und zur Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Februar 2011 - 22 CS 11.34.

Mit Urteil vom 22. November 2012 - RN 5 K 12.26 - wies das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Bescheid vom 17. September 2010 ab.

Der Kläger hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2012 und den Bescheid des Landratsamts Rottal-Inn vom 17. September 2010 aufzuheben.

Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu einem Zeitpunkt, in dem eine Gewerbeuntersagung verfügt, aber noch nicht bestandskräftig geworden sei, erfordere nach dem Sinn und Zweck von § 12 GewO eine neue, das Insolvenzverfahren berücksichtigende Rechtmäßigkeitsbeurteilung der Gewerbeuntersagung. Die Untersagungsvorschriften der Gewerbeordnung bezweckten u. a. den Schutz der Allgemeinheit vor überschuldeten und infolgedessen als unzuverlässig geltenden Gewerbetreibenden. Das streng formell geregelte Insolvenzverfahren führe jedoch dazu, dass die finanziellen Verhältnisse eines Schuldners geordnet, ihm selbst mit der Restschuldbefreiung und dem Wegfall finanzieller Altlasten ein Neuanfang ermöglicht und zugleich die finanziellen Risiken für Vertragspartner beseitigt würden. Wenn also aus den erheblichen finanziellen Verbindlichkeiten eines Gewerbetreibenden dessen Unzuverlässigkeit abgeleitet werde, so müsse das Entfallen der Verbindlichkeiten zum Wegfall der Unzuverlässigkeit führen. Die Möglichkeit eines „Neuanfangs“ müsse einem Gewerbetreibenden vor allem deshalb zugestanden werden, weil die aus der Vermögenslage folgende gewerberechtliche Unzuverlässigkeit auch dann angenommen werde, wenn - wie vorliegend - der Gewerbetreibenden unverschuldet in die Notlage geraten sei. Ebenso wie der Schuldner während des Insolvenzverfahrens vor dem Zugriff der Gläubiger bis zur Entscheidung über eine Restschuldbefreiung vorläufig geschützt sei, müsse er auch vor staatlichen Eingriffen wie der Gewerbeuntersagung geschützt sein. Hinzu komme vorliegend, dass dem Kläger mit dem angegriffenen Bescheid die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit nicht sofort verboten, sondern ihm eine Auslauffrist gewährt worden sei. Insofern unterscheide sich der Fall entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erheblich von der Konstellation, dass die Behörde dem Gewerbetreibenden nur noch die Abwicklung seines - aufgrund der Gewerbeuntersagung an sich schon illegalen - Gewerbes ermöglichen wolle und deshalb von einer Vollstreckung absehe. Vorliegend habe der Kläger aufgrund der ihm gewährten Auslauffrist noch bis zum 21. Oktober 2010 seinen Geschäftsbetrieb ohne Einschränkung weiterführen und sogar neue Verträge abschließen dürfen; die Behörde habe - anders als in der zuvor beschriebenen Konstellation - eine sofortige Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit nicht für notwendig befunden. Der Kläger habe daher im Zeitpunkt der ersten insolvenzrechtlichen Sicherungsanordnung ein von der Rechtsordnung weiterhin anerkanntes Gewerbe ausgeübt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Anwendung von § 12 GewO auch auf solche Gewerbe geboten, die der Insolvenzverwalter wieder freigegeben habe. Der sich aufgrund des Insolvenzverfahrens ergebende völlig neue Lebenssachverhalt gebiete es somit, den Zeitpunkt für die Beurteilung der Sperrwirkung des § 12 GewO zu verschieben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt des Bescheidserlasses (17.9.2010); in diesem Zeitpunkt sei der Kläger als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen gewesen, die erweiterte Gewerbeuntersagung sei nicht zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die nach entsprechendem Verzicht der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Die erweiterte Gewerbeuntersagung im angefochtenen Bescheid des Landratsamts Rottal-Inn vom 17. September 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen.

1. Dass über das Vermögen des Klägers ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hindert eine gerichtliche Entscheidung nicht. Der Prozess ist dadurch nicht nach § 240 Satz 1 ZPO i. V. m. § 173 VwGO unterbrochen worden, weil vorliegend der Streitgegenstand nicht - wie dies § 240 ZPO voraussetzt - „die Insolvenzmasse betrifft“. Die (erweiterte) Gewerbeuntersagung ist keine Regelung, die sich auf Vermögenswerte des Gewerbetreibenden bezieht. Sie knüpft vielmehr an in seiner Person liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Dieses personenbezogene Recht fällt nicht in die Insolvenzmasse (BayVGH, B. v. 16.8.2012 - 22 ZB 12.949 - juris, m. w. N.).

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung waren vorliegend im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheids mit seinem Zugang (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG), der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist (dazu unter 3), erfüllt.

2.1. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (vgl. BVerwG, U. v. 5.8.1965 - I C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Grundsätzlich unerheblich ist, ob den Gewerbetreibenden ein Verschulden an seiner Situation trifft und welche Ursachen zu einer Überschuldung oder wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.; BayVGH, B. v. 8.7.2013 - 22 C 13.1163 - und vom 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803 jeweils m. w. N.). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.).

Vorliegend hatte der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids am 17. September 2010 Steuerrückstände von 5.013 €, er schuldete zudem seit über einem Jahr der AOK Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 845 €. Diese Beträge sind - absolut betrachtet - zwar niedrig. Hinzu kommt aber, dass der Kläger am 21. Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a. F. abgegeben hat, wobei sich dem Protokoll hierzu (Bl. 23 der Verwaltungsverfahrensakte) Schulden des Klägers von mehr als 12.000 € entnehmen lassen, und der Kläger selbst gegenüber dem Beklagten vorgetragen hat, mittellos zu sein. Insgesamt liegen damit Tatsachen vor, die auf - relativ zu Einkommen und Vermögen - erhebliche Schulden, eine mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine ausweglose wirtschaftliche Krise des Klägers schließen lassen. Bestätigt wird diese Einschätzung im Nachhinein durch das am 26. Oktober 2010 im Auftrag des Insolvenzgerichts erstattete Sachverständigengutachten, wonach der Kläger zahlungsunfähig sei. Dass der Kläger irgendein Konzept zum Abbau seiner Schulden entwickelt hätte, ist nicht erkennbar. Der Kläger hat im Berufungsverfahren gegen diese vom Verwaltungsgericht vorgenommene Bewertung nichts vorgetragen.

2.2. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist (sog. „erweiterte Gewerbeuntersagung“). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B. v. 28.8.2013 - 22 ZB 13.1419 - und B. v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Einer besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes bedarf eine erweiterte Gewerbeuntersagung auch dann nicht, wenn - wie vorliegend - die Steuerschulden vergleichsweise niedrig sind (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - juris); es bleibt auch in einem solchen Fall dabei, dass die erweiterte Gewerbeuntersagung unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig ist, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B. v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - juris Rn. 33; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - juris Rn. 14). Für solche besonderen Umstände gab es vorliegend im Zeitpunkt des Bescheidserlasses keine Anhaltspunkte. Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird im Nachhinein bestätigt durch den Vortrag des Klägers im Klageverfahren, wonach er - sinngemäß - aufgrund seines Alters und des zeitlichen Abstands zur letztmaligen Arbeit in seinem erlernten Beruf auf ein selbstständig ausgeübtes Gewerbe angewiesen sei.

Die Ermessenserwägungen des Landratsamts im angefochtenen Bescheid, die bei einer erweiterten Gewerbeuntersagung - im Gegensatz zur „gebundenen“ Gewerbeuntersagung - erforderlich sind, halten vorliegend der gerichtlichen Prüfung stand.

3. An der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Bescheidserlasses für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der (erweiterten) Gewerbeuntersagung ändert sich vorliegend nichts dadurch, dass über das Vermögen des Klägers die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet wurde (Beschluss vom 23.9.2010), nachdem der Bescheid (am 21.9.2010) bereits wirksam, aber noch nicht bestandskräftig geworden und auch die im Bescheid gewährte Frist noch nicht abgelaufen war, bis zu der die gewerbliche Betätigung eingestellt werden musste, und dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat. Die von § 12 GewO grundsätzlich ausgelöste Sperrwirkung ist vorliegend auf diesen Beurteilungszeitpunkt ohne Einfluss.

3.1. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 GewO waren vorliegend gegeben. § 12 GewO bestimmt: „Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, finden während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 InsO) keine Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde“. Die Sperrwirkung des § 12 GewO erfordert, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem den vorliegenden Kläger betreffenden Beschluss vom 14. Februar 2011 - 22 CS 11.34 - ZInsO 2011, 1846 ausgeführt hat, zunächst, dass die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht (auch) auf anderen Gründen als auf „ungeordneten Vermögensverhältnissen“ im Sinn des § 12 GewO beruht. Diese Voraussetzung ist beim Kläger erfüllt. Seine beträchtlichen Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 60.000 EUR (vgl. die Vermögensübersicht als Anlage zum Insolvenzgutachten vom 26.10.2010) sprechen dafür, dass die Pflichtverletzungen und Zahlungsrückstände ganz überwiegend mit seiner sich auch aus anderen Umständen ergebenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit zusammenhängen. Jedenfalls sind keine gegenteiligen Anhaltspunkte bekannt geworden. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Klageverfahren - denen keiner der Beteiligten entgegen getreten ist - ist weiterhin mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch davon auszugehen, dass der Kläger sowohl im Zeitpunkt des Fremdinsolvenzantrags vom 13. August 2010 als auch im Zeitpunkt der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung gemäß § 21 InsO (23.9.2010) das untersagte Gewerbe tatsächlich ausgeübt hat.

3.2. Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage, ob sich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Bescheidserlass (wobei unter „Erlass“ der Zugang des Bescheids zu verstehen ist, vgl. Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) verschiebt, ist - mit der in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung - zu verneinen.

3.2.1. Gegen eine Verschiebung des Beurteilungszeitpunkts lässt sich der Wortlaut des § 12 Satz 1 GewO anführen, wonach eine „Anwendung“ solcher Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse ermöglichen, während der in § 12 GewO genannten Zeiträume untersagt ist. Insoweit hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (U. v. 21.11.2002 - 8 UE 3195/01 - GewArch 2004, 162 Rn. 27 f.) ausgeführt, aus der Formulierung, wonach Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes ermöglichen, während eines Insolvenzverfahrens „keine Anwendung ... finden“, ergebe sich, dass während eines schon laufenden Insolvenzverfahrens insbesondere keine Gewerbeuntersagung verfügt werden dürfe. Das Anwendungsverbot nach § 12 GewO greife daher nicht ein, wenn die die Untersagung des Gewerbes betreffende Vorschrift bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. vor der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO „angewendet“ worden sei. Weiter folge hieraus, dass § 12 GewO den nach ständiger Rechtsprechung maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nicht verschiebe, so dass eine in diesem Zeitpunkt rechtmäßige Gewerbeuntersagung nicht durch die spätere Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO oder die spätere Einleitung eines Insolvenzverfahrens rechtswidrig werde. Vielmehr bleibe es auch in einem solchen Fall dabei, dass es für die materielle Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Betroffenen und für die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankomme. Dieser Argumentation ist grundsätzlich zuzustimmen.

3.2.2. Für diese Ansicht spricht ferner die im materiellen Recht angelegte systematische Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren, wonach gemäß dem Regelungszusammenhang von § 35 Abs. 1 und 6 GewO spätere Änderungen der Verhältnisse im Rahmen des Antrags auf Wiedergestattung geltend zu machen sind (OVG NRW, U. v. 12.4.2011 - 4 A 1449/08 - NVwZ-RR 2011, 553 Rn. 44 ff. m. w. N.; Fortführung mit B. v. 19.5.2011 - 4 B 1707/10 - GewArch 2011, 314). § 12 GewO ändert an dieser grundsätzlichen systematischen Trennung nichts.

3.2.3. Auch die teleologische Auslegung der einschlägigen Vorschriften gebietet es nicht, dass sich an der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Bescheidserlasses dadurch etwas ändert, dass nach Erlass der Gewerbeuntersagung insolvenzrechtliche Maßnahmen im Sinn des § 12 GewO ergriffen werden; der Zweck des § 12 GewO erfordert nicht, vom Zeitpunkt des Bescheidserlasses als maßgeblichem Beurteilungszeitpunkt abzuweichen.

3.2.3.1. Der Gesetzgeber verfolgt mit § 12 GewO das Ziel, die Sanierungschancen des insolventen Unternehmens zu erhalten, dem Insolvenzverfahren im Verhältnis zum gewerberechtlichen Untersagungsverfahren die absolute Priorität zuzuweisen und damit sicherzustellen, dass keine dem Insolvenzverfahren zuwiderlaufenden Entscheidungen getroffen werden.

Nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts genügt dafür eine Ausdehnung der Sperrwirkung auf das Verwaltungsvollstreckungsverfahren; während der in § 12 GewO genannten Zeitabschnitte dürften daher nach seiner Ansicht keine Maßnahmen zur Vollziehung einer solchen Gewerbeuntersagung getroffen werden, die schon vor den insolvenzrechtlichen Verfügungen im Sinn des § 12 GewO ergangen sei (OVG NRW, U. v. 12.4.2011, a. a. O., Rn. 44 ff., insb. Rn. 50 bis 53, m. w. N.; Fortführung mit B. v. 19.5.2011 - 4 B 1707/10 - GewArch 2011, 314).

Allerdings könnte - worauf Vertreter der Gegenansicht hinweisen - eine Ausdehnung der Sperrwirkung auf die Phase der Verwaltungsvollstreckung dazu führen, dass gegen einen nicht rechtstreuen Gewerbetreibenden, der eine vor dem Ergehen insolvenzrechtlicher Maßnahmen im Sinn des § 12 GewO sofort vollziehbar oder bestandskräftig gewordene Gewerbeuntersagung beharrlich missachtet, keine Zwangsmaßnahmen (z. B. in dem vom NdsOVG mit Beschluss vom 8.12.2008 - 7 ME 144/08 - GewArch 2009, 162 entschiedenen Fall: Festsetzung eines Zwangsgelds) ergriffen werden könnten. Ein solches Ergebnis sei zu vermeiden, so dass Maßnahmen zur Vollstreckung einer Gewerbeuntersagung nicht als „Anwendung von Untersagungsvorschriften“ angesehen werden dürften und somit eine sofort vollziehbare oder bestandskräftige Gewerbeuntersagung ungeachtet eines inzwischen eingeleiteten Insolvenzverfahrens zwangsweise durchgesetzt werden könnte, weil die „Anwendung“ der Untersagungsvorschriften bereits abgeschlossen sei (NdsOVG, B. v. 8.12.2008, a. a. O., Rn. 4 unter Hinweis auf Hahn, GewArch 2000, 361 und Landmann/Rohmer, GewO, § 12 Rn. 14; Krumm, GewArch 2010, 465).

3.2.3.2. Die Bedenken gegen eine Ausdehnung der gesetzlichen Sperrwirkung gemäß § 12 GewO auf jegliche Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen sind nicht von der Hand zu weisen. Die Ablehnung einer solchen auch das Verwaltungsvollstreckungsverfahren erfassenden Sperrwirkung bedeutet aber nicht, dass als einzige Möglichkeit zur angemessenen Berücksichtigung der mit einem Insolvenzverfahren verfolgten Ziele die Verlegung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts auf einen Zeitpunkt nach Erlass der Gewerbeuntersagung bliebe. Vielmehr kann der vom Gesetzgeber verfolgte Schutzzweck auch auf andere Weise während des Stadiums der Vollstreckung einer sofort vollziehbaren oder bestandskräftigen Gewerbeuntersagung erreicht werden. Denn nach den einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen muss die zuständige Behörde vor der Anwendung eines jeden Zwangsmittels eine gesonderte Entscheidung über das „Ob“ und das „Wie“ der Vollstreckung treffen. Dies ergibt sich aus dem bundesrechtlich wie landesrechtlich für Zwangsmittel zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen geltenden Gebot der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVG bzw. die der bundesrechtlichen Regelung nachgebildeten landesrechtlichen Vorschriften, z. B. Art. 29 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayVwZVG). Ausdruck dieses Verhältnismäßigkeitsgebots sind auch Art. 37 Abs. 4 Satz 1 BayVwZVG bzw. § 15 Abs. 3 VwVG (Einstellung der Vollstreckung, sobald der Pflichtige seiner Verpflichtung nachkommt bzw. der Vollstreckungszweck erreicht ist). Dabei könnte auch eine möglicherweise erforderliche Differenzierung erfolgen zwischen einerseits demjenigen Gewerbetreibenden, der eine für sofort vollziehbar erklärte Gewerbeuntersagung einfach missachtet hat und nur aus diesem Grund im Zeitpunkt der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (in das er sich möglicherweise sogar durch eigenen Insolvenzantrag „geflüchtet“ hat) ein Gewerbe zwar tatsächlich, aber rechtswidrig ausübt, und andererseits demjenigen, der während einer ihm eingeräumten Abwicklungsfrist oder deswegen, weil der Sofortvollzug nicht angeordnet wurde, bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Gewerbe rechtmäßig betreibt. Hierbei könnte z. B. berücksichtigt werden, ob ein verwirktes Zwangsgeld von einem nicht „rechtstreuen“ Gewerbetreibenden beigetrieben werden oder ob von einer solchen Maßnahme im Interesse eines erfolgreichen Insolvenzverfahrens Abstand genommen werden soll.

Die Vollstreckungsvorschriften ermöglichen also eine Handhabung, die dem mit § 12 GewO bezweckten Schutz sowohl des zu sanierenden insolventen Gewerbebetriebs als auch der Gläubiger und des Geschäftsverkehrs angemessen Rechnung trägt.

3.2.4. Auch das Anliegen, dem Gewerbetreibenden mit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens die Chance zu einem „Neuanfang“ zu geben, rechtfertigt nicht, den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit und der Rechtmäßigkeit der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. vor vorläufigen Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO ergangenen Gewerbeuntersagung zu verschieben. Vielmehr ist insofern ein Antrag auf Wiedergestattung der Gewerbeausübung das richtige Instrument. Insoweit ist zu bedenken, dass das „Wartejahr“ gemäß § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO nicht zwingend ist, sondern dass das Gesetz die Wiederaufnahme des Gewerbes vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagung dann ermöglicht, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

4. Gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid bestehen keine Bedenken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO.

Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, sind während der Zeit

1.
eines Insolvenzverfahrens,
2.
in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind,
3.
der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) oder
4.
in der in einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist, eine Stabilisierungsanordnung wirksam ist oder dem Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsplan zur Vorprüfung, zur Anberaumung eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins oder zur Bestätigung vorliegt,
nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Antrags auf Anordnung des Restrukturierungs- oder Stabilisierungsinstruments ausgeübt wurde.Dies gilt nicht für eine nach § 35 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 der Insolvenzordnung freigegebene selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn dessen Unzuverlässigkeit mit Tatsachen begründet wird, die nach der Freigabe eingetreten sind.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.