Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2014 - 22 C 14.1521

bei uns veröffentlicht am19.08.2014
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 5 K 14.228, 23.06.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

Der Klägerin wird unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. Juni 2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines von ihr - dem Verwaltungsgericht noch zu benennenden - Rechtsanwalts gewährt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Anfechtungsklage gegen einen Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2014‚ mit dem ihr die Gewerbeausübung wegen Unzuverlässigkeit in Folge von Überschuldung und Verletzung steuerlicher Pflichten untersagt worden ist.

Mit Beschluss vom 23. Januar 2014 eröffnete das Amtsgericht N. das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin‚ das noch andauert. Am 12. März 2014 meldete die Klägerin ihr ausgeübtes Gewerbe rückwirkend wegen Betriebsaufgabe zum 24. Januar 2014 ab.

Über die von der Klägerin gegen den Bescheid erhobene Anfechtungsklage ist noch nicht entschieden; ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2014 mangels Erfolgsaussichten abgelehnt.

Die Klägerin hat Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Es sei für sie von existenzieller Bedeutung‚ leitend im Landschaftsbau arbeiten zu können. Da sie das Gewerbe abgemeldet habe‚ gehe es ihr nur noch darum ‚ dass ihr die Untersagung nicht die Möglichkeit versperre, unselbstständig als Bauleiterin oder Planerin arbeiten, ihren Lebensunterhalt sichern und ihre Verbindlichkeiten abtragen zu können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines von ihr noch zu benennenden Rechtsanwalts für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht‚ denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).

1. Die Rechtverfolgung der Klägerin bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die Auswirkungen eines nach Erlass der Gewerbeuntersagung (hier durch den am 9.1.2014 zugestellten Bescheid vom 8.1.2014) eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin (hier durch das AG N.‚ B. v. 23.1.2014 - IN 513/13) nach § 12 GewO noch nicht höchstrichterlich geklärt sind. Klärungsbedarf besteht jedenfalls für die auch hier gegebene Fallgruppe, in der die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in offener Rechtsbehelfsfrist und innerhalb der Abwicklungsfrist erfolgt.

Zwar hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein nach Erlass des Gewerbeuntersagungsbescheids eröffnetes Insolvenzverfahren nach § 12 GewO grundsätzlich keinen Einfluss auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung und damit der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses, weil nachträgliche Veränderungen der Sachlage außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115). Dem Schutzzweck des § 12 GewO kann während des Stadiums der Vollstreckung einer Gewerbeuntersagung durch entsprechende Handhabung der Vollstreckungsvorschriften hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH‚ U. v. 27.1.2014 - 22 BV 13.260 - BayVBl. 2014, 338/339 f. Rn. 22‚ 26 ff. m. w. N. zum Meinungsstand).

Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision gegen sein Urteil zugelassen, die eingelegt und noch anhängig ist (BVerwG - 8 C 6.14). Da die schwierige Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, kann der Rechtverfolgung der Klägerin die hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden (vgl. LSG NRW, B. v. 9.9.2013 - L 6 AS 1085/13 B - juris Rn. 2 unter Verweis auf BVerfG, B. v. 10.12.2001 - 1 BvR 1803/97 - juris Rn. 2). Dafür spricht auch, dass das Bundesverwaltungsgericht im o. g. Revisionsverfahren seinerseits dem Kläger im Hinblick auf die „höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage einer Sperrwirkung des § 12 GewO für das Gewerbeuntersagungsverfahren“ Prozesskostenhilfe gewährt hat (vgl. BVerwG, B. v. 5.5.2014).

2. Unter Ansatz der von der Klägerin übermittelten Angaben zur persönlichen und wirtschaftlichen Situation und nach Abzug der Freibeträge für Erwerbstätige ist davon auszugehen, dass sie außer Stande ist, die Kosten der Prozessführung selbst aufzubringen (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 115 ZPO).

3. Die Beiordnung eines zur Vertretung bereiten Rechtsanwalts bleibt dem Verwaltungsgericht überlassen; das insoweit einen ergänzenden Beschluss trifft, sobald die Klägerin einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt benannt hat und anderenfalls selbst einen am Sitz des Verwaltungsgerichts tätigen Rechtsanwalt aussucht (§ 121 Abs. 2 und Abs. 5 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Gewerbeordnung - GewO | § 12 Insolvenzverfahren und Restrukturierungssachen


Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, sind während der Zeit1.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2014 - 22 BV 13.260

bei uns veröffentlicht am 27.01.2014

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleis
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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 04. März 2015 - W 6 K 14.1304

bei uns veröffentlicht am 04.03.2015

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, sind während der Zeit

1.
eines Insolvenzverfahrens,
2.
in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind,
3.
der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) oder
4.
in der in einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist, eine Stabilisierungsanordnung wirksam ist oder dem Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsplan zur Vorprüfung, zur Anberaumung eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins oder zur Bestätigung vorliegt,
nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Antrags auf Anordnung des Restrukturierungs- oder Stabilisierungsinstruments ausgeübt wurde.Dies gilt nicht für eine nach § 35 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 der Insolvenzordnung freigegebene selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn dessen Unzuverlässigkeit mit Tatsachen begründet wird, die nach der Freigabe eingetreten sind.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1. Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung. Am 13. Februar 2003 meldete er in der Gemeinde M. das Gewerbe „Handelsvertreter für Bauelemente“ und am 14. September 2009 in der Gemeinde T. rückwirkend zum 1. Juli 2009 die selbstständige Tätigkeit „Handel und Montage von Bauelementen“ an. Weil der Kläger seine Betriebsverlegung pflichtwidrig nicht gemäß § 14 GewO angezeigt habe, meldete die Gemeinde M. zum 2. Februar 2010 das bei ihr gemeldete Gewerbe des Klägers von Amts wegen ab. Am 1. Juli 2010 wurde der Kläger von der Gemeinde T. von Amts wegen als Einwohner abgemeldet, weil er sich - wie man festgestellt habe - nicht in seiner Wohnung aufhalte; auch sein in T. angemeldetes Gewerbe wurde Anfang September 2010 rückwirkend zum 1. Juli 2010 von Amts wegen abgemeldet.

Einer Mitteilung der AOK vom 23. März 2010 an das Landratsamt Rottal-Inn zufolge schuldete der Kläger noch Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile) für die Monate Mai und Juni 2009 und hatte im Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a. F. abgegeben. Am 28. Juni 2010 unterrichtete das Finanzamt E. das Landratsamt von Steuerrückständen des Klägers in Höhe von ca. 5.000 €. Auf Anhörung zur beabsichtigten erweiterten Gewerbeuntersagung äußerte sich der Kläger am 13. Juli 2010 gegenüber dem Landratsamt und schilderte seine schwierige finanzielle Lage, worauf man ihm riet, zur Vermeidung eines Bescheids bis zum 30. Juli 2010 seinen Gewerbebetrieb wegen Unrentabilität aufzugeben oder eine Insolvenz anzustreben; die Frist wurde mit einer weiteren Anhörung verlängert bis zum 30. August 2010. Am 13. August 2010 hatte die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See bereits die Einleitung eines Insolvenzverfahrens über das Unternehmen des Klägers beantragt.

Mit Bescheid vom 17. September 2010 untersagte das Landratsamt - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 2 des Bescheids) und Androhung eines Zwangsgelds (Nr. 3 des Bescheids) - die Ausübung des zuletzt gemeldeten Gewerbes „Handel und Montage von Bauelementen“, die Gewerbeausübung generell sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person zum 21. Oktober 2010 und ordnete an, innerhalb dieser Frist sei die gewerbliche Tätigkeit einzustellen (Nr. 1 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei unzuverlässig im Sinn des § 35 Abs. 1 GewO, weil er wegen seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Betriebsführung biete. Der Bescheid wurde dem Kläger am 21. September 2010 zugestellt.

Mit Beschluss vom 23. September 2010 ordnete das Amtsgericht Landshut - Insolvenzgericht - zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen die vorläufige Insolvenzverwaltung an, bestellte einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete zudem an, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Am 11. Oktober 2010 beantragte der Kläger auch selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Nachdem im Auftrag des Insolvenzgerichts am 26. Oktober 2010 ein Sachverständigengutachten zur Vermögenslage des Klägers erstellt worden war, beschloss das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Am 18. Oktober 2010 erhob der Kläger gegen den Gewerbeuntersagungsbescheid des Landratsamts vom 17. September 2010 Anfechtungsklage und beantragte, deren aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen bzw. wiederherzustellen. Diesen Antrag lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 10. Dezember 2010 ab. Die Beschwerde des Klägers führte zur Aufhebung des Beschlusses vom 10. Dezember 2010 und zur Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Februar 2011 - 22 CS 11.34.

Mit Urteil vom 22. November 2012 - RN 5 K 12.26 - wies das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Bescheid vom 17. September 2010 ab.

Der Kläger hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2012 und den Bescheid des Landratsamts Rottal-Inn vom 17. September 2010 aufzuheben.

Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu einem Zeitpunkt, in dem eine Gewerbeuntersagung verfügt, aber noch nicht bestandskräftig geworden sei, erfordere nach dem Sinn und Zweck von § 12 GewO eine neue, das Insolvenzverfahren berücksichtigende Rechtmäßigkeitsbeurteilung der Gewerbeuntersagung. Die Untersagungsvorschriften der Gewerbeordnung bezweckten u. a. den Schutz der Allgemeinheit vor überschuldeten und infolgedessen als unzuverlässig geltenden Gewerbetreibenden. Das streng formell geregelte Insolvenzverfahren führe jedoch dazu, dass die finanziellen Verhältnisse eines Schuldners geordnet, ihm selbst mit der Restschuldbefreiung und dem Wegfall finanzieller Altlasten ein Neuanfang ermöglicht und zugleich die finanziellen Risiken für Vertragspartner beseitigt würden. Wenn also aus den erheblichen finanziellen Verbindlichkeiten eines Gewerbetreibenden dessen Unzuverlässigkeit abgeleitet werde, so müsse das Entfallen der Verbindlichkeiten zum Wegfall der Unzuverlässigkeit führen. Die Möglichkeit eines „Neuanfangs“ müsse einem Gewerbetreibenden vor allem deshalb zugestanden werden, weil die aus der Vermögenslage folgende gewerberechtliche Unzuverlässigkeit auch dann angenommen werde, wenn - wie vorliegend - der Gewerbetreibenden unverschuldet in die Notlage geraten sei. Ebenso wie der Schuldner während des Insolvenzverfahrens vor dem Zugriff der Gläubiger bis zur Entscheidung über eine Restschuldbefreiung vorläufig geschützt sei, müsse er auch vor staatlichen Eingriffen wie der Gewerbeuntersagung geschützt sein. Hinzu komme vorliegend, dass dem Kläger mit dem angegriffenen Bescheid die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit nicht sofort verboten, sondern ihm eine Auslauffrist gewährt worden sei. Insofern unterscheide sich der Fall entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erheblich von der Konstellation, dass die Behörde dem Gewerbetreibenden nur noch die Abwicklung seines - aufgrund der Gewerbeuntersagung an sich schon illegalen - Gewerbes ermöglichen wolle und deshalb von einer Vollstreckung absehe. Vorliegend habe der Kläger aufgrund der ihm gewährten Auslauffrist noch bis zum 21. Oktober 2010 seinen Geschäftsbetrieb ohne Einschränkung weiterführen und sogar neue Verträge abschließen dürfen; die Behörde habe - anders als in der zuvor beschriebenen Konstellation - eine sofortige Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit nicht für notwendig befunden. Der Kläger habe daher im Zeitpunkt der ersten insolvenzrechtlichen Sicherungsanordnung ein von der Rechtsordnung weiterhin anerkanntes Gewerbe ausgeübt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Anwendung von § 12 GewO auch auf solche Gewerbe geboten, die der Insolvenzverwalter wieder freigegeben habe. Der sich aufgrund des Insolvenzverfahrens ergebende völlig neue Lebenssachverhalt gebiete es somit, den Zeitpunkt für die Beurteilung der Sperrwirkung des § 12 GewO zu verschieben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt des Bescheidserlasses (17.9.2010); in diesem Zeitpunkt sei der Kläger als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen gewesen, die erweiterte Gewerbeuntersagung sei nicht zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die nach entsprechendem Verzicht der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Die erweiterte Gewerbeuntersagung im angefochtenen Bescheid des Landratsamts Rottal-Inn vom 17. September 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen.

1. Dass über das Vermögen des Klägers ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hindert eine gerichtliche Entscheidung nicht. Der Prozess ist dadurch nicht nach § 240 Satz 1 ZPO i. V. m. § 173 VwGO unterbrochen worden, weil vorliegend der Streitgegenstand nicht - wie dies § 240 ZPO voraussetzt - „die Insolvenzmasse betrifft“. Die (erweiterte) Gewerbeuntersagung ist keine Regelung, die sich auf Vermögenswerte des Gewerbetreibenden bezieht. Sie knüpft vielmehr an in seiner Person liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Dieses personenbezogene Recht fällt nicht in die Insolvenzmasse (BayVGH, B. v. 16.8.2012 - 22 ZB 12.949 - juris, m. w. N.).

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung waren vorliegend im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheids mit seinem Zugang (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG), der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist (dazu unter 3), erfüllt.

2.1. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (vgl. BVerwG, U. v. 5.8.1965 - I C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Grundsätzlich unerheblich ist, ob den Gewerbetreibenden ein Verschulden an seiner Situation trifft und welche Ursachen zu einer Überschuldung oder wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.; BayVGH, B. v. 8.7.2013 - 22 C 13.1163 - und vom 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803 jeweils m. w. N.). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.).

Vorliegend hatte der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids am 17. September 2010 Steuerrückstände von 5.013 €, er schuldete zudem seit über einem Jahr der AOK Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 845 €. Diese Beträge sind - absolut betrachtet - zwar niedrig. Hinzu kommt aber, dass der Kläger am 21. Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a. F. abgegeben hat, wobei sich dem Protokoll hierzu (Bl. 23 der Verwaltungsverfahrensakte) Schulden des Klägers von mehr als 12.000 € entnehmen lassen, und der Kläger selbst gegenüber dem Beklagten vorgetragen hat, mittellos zu sein. Insgesamt liegen damit Tatsachen vor, die auf - relativ zu Einkommen und Vermögen - erhebliche Schulden, eine mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine ausweglose wirtschaftliche Krise des Klägers schließen lassen. Bestätigt wird diese Einschätzung im Nachhinein durch das am 26. Oktober 2010 im Auftrag des Insolvenzgerichts erstattete Sachverständigengutachten, wonach der Kläger zahlungsunfähig sei. Dass der Kläger irgendein Konzept zum Abbau seiner Schulden entwickelt hätte, ist nicht erkennbar. Der Kläger hat im Berufungsverfahren gegen diese vom Verwaltungsgericht vorgenommene Bewertung nichts vorgetragen.

2.2. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist (sog. „erweiterte Gewerbeuntersagung“). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B. v. 28.8.2013 - 22 ZB 13.1419 - und B. v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Einer besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes bedarf eine erweiterte Gewerbeuntersagung auch dann nicht, wenn - wie vorliegend - die Steuerschulden vergleichsweise niedrig sind (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - juris); es bleibt auch in einem solchen Fall dabei, dass die erweiterte Gewerbeuntersagung unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig ist, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B. v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - juris Rn. 33; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - juris Rn. 14). Für solche besonderen Umstände gab es vorliegend im Zeitpunkt des Bescheidserlasses keine Anhaltspunkte. Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird im Nachhinein bestätigt durch den Vortrag des Klägers im Klageverfahren, wonach er - sinngemäß - aufgrund seines Alters und des zeitlichen Abstands zur letztmaligen Arbeit in seinem erlernten Beruf auf ein selbstständig ausgeübtes Gewerbe angewiesen sei.

Die Ermessenserwägungen des Landratsamts im angefochtenen Bescheid, die bei einer erweiterten Gewerbeuntersagung - im Gegensatz zur „gebundenen“ Gewerbeuntersagung - erforderlich sind, halten vorliegend der gerichtlichen Prüfung stand.

3. An der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Bescheidserlasses für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der (erweiterten) Gewerbeuntersagung ändert sich vorliegend nichts dadurch, dass über das Vermögen des Klägers die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet wurde (Beschluss vom 23.9.2010), nachdem der Bescheid (am 21.9.2010) bereits wirksam, aber noch nicht bestandskräftig geworden und auch die im Bescheid gewährte Frist noch nicht abgelaufen war, bis zu der die gewerbliche Betätigung eingestellt werden musste, und dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat. Die von § 12 GewO grundsätzlich ausgelöste Sperrwirkung ist vorliegend auf diesen Beurteilungszeitpunkt ohne Einfluss.

3.1. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 GewO waren vorliegend gegeben. § 12 GewO bestimmt: „Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, finden während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 InsO) keine Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde“. Die Sperrwirkung des § 12 GewO erfordert, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem den vorliegenden Kläger betreffenden Beschluss vom 14. Februar 2011 - 22 CS 11.34 - ZInsO 2011, 1846 ausgeführt hat, zunächst, dass die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht (auch) auf anderen Gründen als auf „ungeordneten Vermögensverhältnissen“ im Sinn des § 12 GewO beruht. Diese Voraussetzung ist beim Kläger erfüllt. Seine beträchtlichen Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 60.000 EUR (vgl. die Vermögensübersicht als Anlage zum Insolvenzgutachten vom 26.10.2010) sprechen dafür, dass die Pflichtverletzungen und Zahlungsrückstände ganz überwiegend mit seiner sich auch aus anderen Umständen ergebenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit zusammenhängen. Jedenfalls sind keine gegenteiligen Anhaltspunkte bekannt geworden. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Klageverfahren - denen keiner der Beteiligten entgegen getreten ist - ist weiterhin mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch davon auszugehen, dass der Kläger sowohl im Zeitpunkt des Fremdinsolvenzantrags vom 13. August 2010 als auch im Zeitpunkt der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung gemäß § 21 InsO (23.9.2010) das untersagte Gewerbe tatsächlich ausgeübt hat.

3.2. Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage, ob sich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Bescheidserlass (wobei unter „Erlass“ der Zugang des Bescheids zu verstehen ist, vgl. Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) verschiebt, ist - mit der in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung - zu verneinen.

3.2.1. Gegen eine Verschiebung des Beurteilungszeitpunkts lässt sich der Wortlaut des § 12 Satz 1 GewO anführen, wonach eine „Anwendung“ solcher Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse ermöglichen, während der in § 12 GewO genannten Zeiträume untersagt ist. Insoweit hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (U. v. 21.11.2002 - 8 UE 3195/01 - GewArch 2004, 162 Rn. 27 f.) ausgeführt, aus der Formulierung, wonach Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes ermöglichen, während eines Insolvenzverfahrens „keine Anwendung ... finden“, ergebe sich, dass während eines schon laufenden Insolvenzverfahrens insbesondere keine Gewerbeuntersagung verfügt werden dürfe. Das Anwendungsverbot nach § 12 GewO greife daher nicht ein, wenn die die Untersagung des Gewerbes betreffende Vorschrift bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. vor der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO „angewendet“ worden sei. Weiter folge hieraus, dass § 12 GewO den nach ständiger Rechtsprechung maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nicht verschiebe, so dass eine in diesem Zeitpunkt rechtmäßige Gewerbeuntersagung nicht durch die spätere Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO oder die spätere Einleitung eines Insolvenzverfahrens rechtswidrig werde. Vielmehr bleibe es auch in einem solchen Fall dabei, dass es für die materielle Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Betroffenen und für die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankomme. Dieser Argumentation ist grundsätzlich zuzustimmen.

3.2.2. Für diese Ansicht spricht ferner die im materiellen Recht angelegte systematische Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren, wonach gemäß dem Regelungszusammenhang von § 35 Abs. 1 und 6 GewO spätere Änderungen der Verhältnisse im Rahmen des Antrags auf Wiedergestattung geltend zu machen sind (OVG NRW, U. v. 12.4.2011 - 4 A 1449/08 - NVwZ-RR 2011, 553 Rn. 44 ff. m. w. N.; Fortführung mit B. v. 19.5.2011 - 4 B 1707/10 - GewArch 2011, 314). § 12 GewO ändert an dieser grundsätzlichen systematischen Trennung nichts.

3.2.3. Auch die teleologische Auslegung der einschlägigen Vorschriften gebietet es nicht, dass sich an der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Bescheidserlasses dadurch etwas ändert, dass nach Erlass der Gewerbeuntersagung insolvenzrechtliche Maßnahmen im Sinn des § 12 GewO ergriffen werden; der Zweck des § 12 GewO erfordert nicht, vom Zeitpunkt des Bescheidserlasses als maßgeblichem Beurteilungszeitpunkt abzuweichen.

3.2.3.1. Der Gesetzgeber verfolgt mit § 12 GewO das Ziel, die Sanierungschancen des insolventen Unternehmens zu erhalten, dem Insolvenzverfahren im Verhältnis zum gewerberechtlichen Untersagungsverfahren die absolute Priorität zuzuweisen und damit sicherzustellen, dass keine dem Insolvenzverfahren zuwiderlaufenden Entscheidungen getroffen werden.

Nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts genügt dafür eine Ausdehnung der Sperrwirkung auf das Verwaltungsvollstreckungsverfahren; während der in § 12 GewO genannten Zeitabschnitte dürften daher nach seiner Ansicht keine Maßnahmen zur Vollziehung einer solchen Gewerbeuntersagung getroffen werden, die schon vor den insolvenzrechtlichen Verfügungen im Sinn des § 12 GewO ergangen sei (OVG NRW, U. v. 12.4.2011, a. a. O., Rn. 44 ff., insb. Rn. 50 bis 53, m. w. N.; Fortführung mit B. v. 19.5.2011 - 4 B 1707/10 - GewArch 2011, 314).

Allerdings könnte - worauf Vertreter der Gegenansicht hinweisen - eine Ausdehnung der Sperrwirkung auf die Phase der Verwaltungsvollstreckung dazu führen, dass gegen einen nicht rechtstreuen Gewerbetreibenden, der eine vor dem Ergehen insolvenzrechtlicher Maßnahmen im Sinn des § 12 GewO sofort vollziehbar oder bestandskräftig gewordene Gewerbeuntersagung beharrlich missachtet, keine Zwangsmaßnahmen (z. B. in dem vom NdsOVG mit Beschluss vom 8.12.2008 - 7 ME 144/08 - GewArch 2009, 162 entschiedenen Fall: Festsetzung eines Zwangsgelds) ergriffen werden könnten. Ein solches Ergebnis sei zu vermeiden, so dass Maßnahmen zur Vollstreckung einer Gewerbeuntersagung nicht als „Anwendung von Untersagungsvorschriften“ angesehen werden dürften und somit eine sofort vollziehbare oder bestandskräftige Gewerbeuntersagung ungeachtet eines inzwischen eingeleiteten Insolvenzverfahrens zwangsweise durchgesetzt werden könnte, weil die „Anwendung“ der Untersagungsvorschriften bereits abgeschlossen sei (NdsOVG, B. v. 8.12.2008, a. a. O., Rn. 4 unter Hinweis auf Hahn, GewArch 2000, 361 und Landmann/Rohmer, GewO, § 12 Rn. 14; Krumm, GewArch 2010, 465).

3.2.3.2. Die Bedenken gegen eine Ausdehnung der gesetzlichen Sperrwirkung gemäß § 12 GewO auf jegliche Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen sind nicht von der Hand zu weisen. Die Ablehnung einer solchen auch das Verwaltungsvollstreckungsverfahren erfassenden Sperrwirkung bedeutet aber nicht, dass als einzige Möglichkeit zur angemessenen Berücksichtigung der mit einem Insolvenzverfahren verfolgten Ziele die Verlegung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts auf einen Zeitpunkt nach Erlass der Gewerbeuntersagung bliebe. Vielmehr kann der vom Gesetzgeber verfolgte Schutzzweck auch auf andere Weise während des Stadiums der Vollstreckung einer sofort vollziehbaren oder bestandskräftigen Gewerbeuntersagung erreicht werden. Denn nach den einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen muss die zuständige Behörde vor der Anwendung eines jeden Zwangsmittels eine gesonderte Entscheidung über das „Ob“ und das „Wie“ der Vollstreckung treffen. Dies ergibt sich aus dem bundesrechtlich wie landesrechtlich für Zwangsmittel zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen geltenden Gebot der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVG bzw. die der bundesrechtlichen Regelung nachgebildeten landesrechtlichen Vorschriften, z. B. Art. 29 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayVwZVG). Ausdruck dieses Verhältnismäßigkeitsgebots sind auch Art. 37 Abs. 4 Satz 1 BayVwZVG bzw. § 15 Abs. 3 VwVG (Einstellung der Vollstreckung, sobald der Pflichtige seiner Verpflichtung nachkommt bzw. der Vollstreckungszweck erreicht ist). Dabei könnte auch eine möglicherweise erforderliche Differenzierung erfolgen zwischen einerseits demjenigen Gewerbetreibenden, der eine für sofort vollziehbar erklärte Gewerbeuntersagung einfach missachtet hat und nur aus diesem Grund im Zeitpunkt der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (in das er sich möglicherweise sogar durch eigenen Insolvenzantrag „geflüchtet“ hat) ein Gewerbe zwar tatsächlich, aber rechtswidrig ausübt, und andererseits demjenigen, der während einer ihm eingeräumten Abwicklungsfrist oder deswegen, weil der Sofortvollzug nicht angeordnet wurde, bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Gewerbe rechtmäßig betreibt. Hierbei könnte z. B. berücksichtigt werden, ob ein verwirktes Zwangsgeld von einem nicht „rechtstreuen“ Gewerbetreibenden beigetrieben werden oder ob von einer solchen Maßnahme im Interesse eines erfolgreichen Insolvenzverfahrens Abstand genommen werden soll.

Die Vollstreckungsvorschriften ermöglichen also eine Handhabung, die dem mit § 12 GewO bezweckten Schutz sowohl des zu sanierenden insolventen Gewerbebetriebs als auch der Gläubiger und des Geschäftsverkehrs angemessen Rechnung trägt.

3.2.4. Auch das Anliegen, dem Gewerbetreibenden mit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens die Chance zu einem „Neuanfang“ zu geben, rechtfertigt nicht, den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit und der Rechtmäßigkeit der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. vor vorläufigen Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO ergangenen Gewerbeuntersagung zu verschieben. Vielmehr ist insofern ein Antrag auf Wiedergestattung der Gewerbeausübung das richtige Instrument. Insoweit ist zu bedenken, dass das „Wartejahr“ gemäß § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO nicht zwingend ist, sondern dass das Gesetz die Wiederaufnahme des Gewerbes vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagung dann ermöglicht, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

4. Gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid bestehen keine Bedenken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO.

Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, sind während der Zeit

1.
eines Insolvenzverfahrens,
2.
in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind,
3.
der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) oder
4.
in der in einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist, eine Stabilisierungsanordnung wirksam ist oder dem Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsplan zur Vorprüfung, zur Anberaumung eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins oder zur Bestätigung vorliegt,
nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Antrags auf Anordnung des Restrukturierungs- oder Stabilisierungsinstruments ausgeübt wurde.Dies gilt nicht für eine nach § 35 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 der Insolvenzordnung freigegebene selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn dessen Unzuverlässigkeit mit Tatsachen begründet wird, die nach der Freigabe eingetreten sind.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.