Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 29. Jan. 2019 - W 1 K 18.1219

bei uns veröffentlicht am29.01.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der am … … … geborene Kläger steht im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst bei der Beklagten und begehrt seine Ruhestandsversetzung nach Art. 132 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG).

Der Kläger wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1978 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Feuerwehrmann im Vorbereitungsdienst bei der Stadt Würzburg ernannt, am 1. Juli 1979 in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen und mit Wirkung vom 1. Juli 1981 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Der Kläger war bei der Stadt Würzburg bei der Berufsfeuerwehr beschäftigt. Mit Bescheid der Stadt Würzburg vom 20. März 2001 wurde der Kläger gemäß Art. 34, 35 BayBG a.F. mit Wirkung vom 1. April 2001 unter Beibehaltung seiner Amtsbezeichnung „Brandamtmann“ zum Freistaat Bayern an das Klinikum der Universität Würzburg versetzt. Die bis zu diesem Zeitpunkt bezogene Stellenzulage nach VB Nr. 10 zur BesO A und B ist ab dem 1. April 2001 entfallen; er erhielt wegen dieses Wegfalls eine Ausgleichszulage nach § 13 Abs. 2 BBesG. Zum 1. Juni 2006 wurde der Kläger in den Dienst der Beklagten übernommen. Mit Organisationsverfügung vom 15. November 2013 wurde der Kläger zum stellvertretenden Brandschutzbeauftragten der Beklagten mit entsprechender Aufgaben- und Verantwortungszuweisung ernannt.

Am 10. Oktober 2017 beantragte der Kläger seine Ruhestandsversetzung als Beamter im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst - Einsatzdienste der Feuerwehr. Der Antrag wurde mit Schreiben vom 25. Oktober 2017 abgelehnt, da der Kläger seit seiner Versetzung zur Beklagten nicht mehr im Einsatzdienst der Feuerwehren bzw. in einer Integrierten Leitstelle tätig sei. Eine Rechtsbehelfsbelehrung:enthielt dieses Schreiben nicht.

Mit Schreiben vom 19. September 2018 ließ der Kläger gegen die Ablehnung seiner Ruhestandsversetzung zum 30. November 2018 Klage erheben und zur Begründung vortragen, dass er nach seiner Versetzung zur Beklagten dort weiterhin ein Amt des gehobenen feuerwehrtechnischen Dienstes wahrnehme. Die seinerzeitige kaufmännische Direktorin der Beklagten habe zugesichert, dass es keine Veränderung seiner beamtenrechtlichen Versorgungsansprüche und seines Statusamtes geben werde. Die vorgelegten Dokumente sprächen ebenfalls hierfür.

Als derzeit stellvertretender Brandschutzbeauftragter sei der Kläger in der Stabsstelle Medizinsicherheit bei der Beklagten für die umfangreichen vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzmaßnahmen sowie für das Krisenmanagement zuständig; u.a. habe er folgende Aufgaben wahrzunehmen:

- Bewältigung und Abarbeiten aller Einsatzsituationen und Brandmeldeereignisse gemeinsam mit der Berufsfeuerwehr und den Freiwilligen Feuerwehren Würzburgs

- Bewältigung und Abarbeiten aller Brandgefahren und Brandmeldeereignisse ohne Alarmierung der Feuerwehr, z.B. Brandgerüche

- Bedienung der größten und komplexesten Brandmeldeanlage Unterfrankens

- Ermittlung und Beratung bei feuergefährlichen Arbeitsverfahren und beim Einsatz von brennbaren Arbeitsstoffen inklusive der Durchführung von Feuersicherheitswachen

- Regelmäßige Unterweisung aller Beschäftigten im vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz sowie Aus- und Fortbildung der Beschäftigten mit besonderen Aufgaben

- Alarmorganisation und Alarmplanungen für alle Gefahrenlagen sowie Ausarbeitung von den Brandschutz betreffenden Betriebsanweisungen

- Mitwirken bei baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen, die den Brandschutz betreffen

- Durchführung und Teilnahme an Feuerbeschauen und Brandschauen

- Mitwirken bei Erstellung, Umsetzung und Fortschreibung der Brandschutzordnung der Beklagten, von Brandschutzkonzepten und Brandbekämpfungssowie Alarmplänen

- Planung, Durchführung und Überwachung von vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzmaßnahmen sowie von Räumungsübungen

- Überwachung und Beseitigung von Brandschutzmängeln sowie Pflege, Prüfung und Wartung von Brandschutzeinrichtungen

- Kontrollieren und Sicherstellen der Flucht- und Rettungspläne

- Zentrale Dokumentation aller Tätigkeiten im Brandschutz etc.

Der Kläger sei damit eine „Ein-Mann-Feuerwehr“ der Beklagten; er sei der einzige Feuerwehrbeamte im Dienst der Beklagten. In der Vergangenheit habe es viele verschiedene kleinere und größere Brandereignisse im Klinikum gegeben, bei denen die Zusammenarbeit des Klägers mit der Berufsfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehr erforderlich gewesen sei. Insbesondere im Falle eines Ersteinsatzes durch die Freiwillige Feuerwehr hätten diese Einsätze nur durch die Anwesenheit des Klägers aufgrund seiner Ortskunde, seines umfangreichen Wissens und der erforderlichen Schlüssel zeitnah bewältigt werden können. Mehrmals sei es auch so gewesen, dass der Kläger noch vor Eintreffen der Feuerwehr mit dem vorhandenen Kleinlöschgerät ein Brandereignis persönlich gelöscht habe. Bei den häufigen Brandalarmen ohne Alarmierung der Feuerwehr sei die Sichtung vor Ort durch den Kläger dringend erforderlich. In der Brandschutzpraxis würden Löschübungen durch den Kläger möglichst realistisch mit offenem Feuer durchgeführt; das Löschen mit Wandhydranten oder Feuerlöschern stelle eine Einsatztätigkeit dar. Einen großen Raum der täglichen Arbeit nehme die praktische und theoretische Aus- und Fortbildung der mehr als 6.600 Beschäftigten der Beklagten sowie die brandschutztechnische Betreuung der 21 Kliniken ein.

Der Kläger habe die Funktionsgruppe „Brand-Team“ eingerichtet, die aus fünf Personen bestehe. Der Kläger sei permanent mit einem sog. Alarmfunker, einem dienstlichen Mobiltelefon und während der Dienstzeit mit einem schnurlosen Telefon, ausgestattet und werde hierüber von jedem Alarm der automatischen Brandmeldeanlage informiert. Bis zum Jahr 2013 sei er rund um die Uhr 365 Tage über Brandalarme informiert bzw. um Entscheidung gebeten worden. Bei sehr vielen Einsätzen sei er sofort zum Klinikum gefahren, regelmäßig auch außerhalb seiner regulären Dienstzeiten. Bis zur Einführung einer technischen Bereitschaft im Jahre 2013 sei der Kläger auch nachts vor Ort gewesen. Heute noch werde er in besonderen Einzelfällen von der Leitzentrale auf der privaten Telefonnummer um Rat oder Entscheidung gefragt. Der Kläger sei aufgrund seiner Position jederzeit abrufbereit. Diese Aufgaben würden in anderen Universitätskliniken von einer Werkfeuerwehr übernommen. Als Brandschutzbeauftragter sei er in Notfallsituationen dafür zuständig, erste Maßnahmen und Handlungsanweisungen bis zum Eintreffen der Feuerwehr zu ergreifen, was z.B. auch erste Brandbekämpfung und Evakuierung erfordern könne. Hierbei müsse er ggf. seine Gesundheit riskieren. Auch nach Eintreffen der Berufsfeuerwehr sei er unmittelbar und aktiv am Einsatzgeschehen mit beteiligt. Als Brandschutzbeauftragter habe er eine hohe physische wie psychische Arbeitsbelastung, die vergleichbar und teilweise identisch mit dem Einsatzdienst der Feuerwehr sei.

Die Beklagte gehe fälschlicherweise davon aus, dass Beamte des gehobenen feuerwehrtechnischen Dienstes im Einsatzdienst ausschließlich in der Brandbekämpfung, der Rettung von Personen und der technischen Hilfeleistung tätig seien. Vielmehr aber leiteten diese Einsätze, sie seien Führungskräfte. Im Innendienst nähmen sie u.a. sachbearbeitende Aufgaben wahr. Einsatzdienst sei überdies nicht an einen Dienst rund um die Uhr im Tag- und Nachtdienst gekoppelt.

Zwar sei der Wortlaut des Art. 132 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) auf den Kläger nicht anwendbar; allerdings gebe die Verwaltungsvorschrift Nr. 34.2.2 Satz 5 zu erkennen, dass eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand auch möglich sei, wenn eine vergleichbare Belastung wie im Einsatzdienst bestehe, was aufgrund des Aufgabenspektrums des Klägers der Fall sei. Er nehme nicht nur organisatorische Aufgaben wahr, sondern müsse auch im Einsatz tätig werden, was auch nachts nötig werden könne. Er habe sich jederzeit abrufbereit zu halten und müsse im Notfall vor Ort sein. Selbst wenn die Feuerwehr vor Ort eintreffe, könne er sich nicht darauf berufen, dass diese die Aufgaben übernehme; vielmehr müsse er weiterhin vor Ort alles Notwendige koordinieren und sei Ansprechpartner für die Rettungskräfte.

Überdies sei es so, dass die staatlichen Feuerwehrschulen in Bayern bei Stellenangeboten mit einer Mitnahme der besonderen Altersgrenze werben würden, sofern mindestens 20 Jahre Dienst bei Feuerwehren im Einsatzdienst oder in einer Integrierten Leitstelle verbracht worden seien. Die staatlichen Feuerwehrschulen gehörten nach dem Bayerischen Feuerwehrgesetz nicht zu den Feuerwehren. Für eine dem Einsatzdienst vergleichbare Situation genüge es in diesem Zusammenhang, wenn im Rahmen der praktischen Ausbildung möglichst reale Einsatzbedingungen herrschten. Der Kläger sei über 22,5 Jahre im Einsatzdienst der Feuerwehr tätig gewesen. Seine Tätigkeit bei der Beklagten sei in physischer und psychischer Hinsicht vergleichbar einer Tätigkeit im Einsatzdienst der Feuerwehr. Eine geringere Bewertung der Leistungen und Belastungen des Klägers gegenüber der Tätigkeit der Beamten der Feuerwehrschulen sei sachlich nicht gerechtfertigt und verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Der Kläger beantragt,

Der Bescheid des Universitätsklinikums Würzburg vom 25. Oktober 2017 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger spätestens zum Ablauf des Monats nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung in den Ruhestand zu versetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit der Versetzung des Klägers sei zwingend einhergegangen, dass er nicht mehr im Einsatzdienst der Feuerwehr tätig sei, so dass ihm ab dem Versetzungszeitpunkt auch die Stellenzulage nach VB Nr. 10 zur Besoldungsordnung A und B nicht mehr gewährt worden sei. Es werde bestritten, dass die ehemalige kaufmännische Direktorin zugesichert habe, dass es zu keiner Veränderung bei den Versorgungsansprüchen kommen werde. Auch aus der Personalakte sowie den vom Kläger vorgelegten Dokumenten sei diesbezüglich nichts ersichtlich. Der Kläger behaupte selbst nicht einmal, dass ihm zugesichert worden sei, dass sich sein Ruhestandszeitpunkt nicht verändern werde.

Zutreffend sei, dass der Kläger als stellvertretender Brandschutzbeauftragter umfangreiche Aufgaben und Verantwortlichkeiten wahrnehme, die sich aus der Anlage zur Organisationsverfügung vom 15. November 2013 ergäben. Hinsichtlich der vom Kläger erwähnten Einsatzsituationen und Brandmeldeereignisse gemeinsam mit der Feuerwehr erfolge die Brandbekämpfung im Einsatz federführend und allein durch die Feuerwehr. Der Kläger sei bei derartigen Situationen, wenn er im Dienst sei, zwar ebenso wie der Technische Betrieb der Beklagten meist vor Ort, habe jedoch dann die Funktion eines Verbindungsmannes, der die Örtlichkeiten kenne. Aktiv im Sinne der Brandbekämpfung müsse der Kläger nicht eingreifen. In Einzelfällen möge es vorgekommen sein, dass der Kläger bereits vor dem Eintreffen der Feuerwehr selbst Maßnahmen ergriffen habe, was jedoch auch durch andere Mitarbeiter geschehen könne, z.B. durch Benutzung eines Feuerlöschers. Einsatzsituationen der Feuerwehr mit Brandbekämpfung o.ä. gebe es bei der Beklagten ca. 50 mal/ Jahr. Dieser Aufgabenbereich sei zeitlich in Relation zu den übrigen Aufgaben des Klägers als untergeordnet anzusehen. Der Kläger sei in diesen Fällen zumeist nur während seiner regulären Dienstzeit vor Ort, außerhalb derselben eher selten. Wenn der Kläger nicht im Dienst sei, erhalte er auch keine Meldung von der Brandmeldeanlage; die Behauptung, er sei bis zum Jahre 2013 rund um die Uhr über Brandalarme und sonstige Ereignisse zu Hause informiert und um Handlungsentscheidung gebeten worden, sei in dieser Pauschalität nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe keinen Bereitschaftsdienst; er sei nicht - wie es für den Einsatzdienst bei der Feuerwehr typisch sei - rund um die Uhr im Tag- und Nachtdienst tätig. Die an den Kläger gestellten Anforderungen sowie physischen und psychischen Belastungen seien - etwa hinsichtlich Risiken für Leben und Gesundheit - nicht mit einem Einsatzdienst bei der Feuerwehr vergleichbar oder gar identisch.

Was die Bewältigung von Brandgefahren und Brandmeldeereignissen ohne Alarmierung der Feuerwehr angehe, so gehe der Kläger entweder selbst vor Ort oder kläre die Angelegenheit telefonisch. Derartige Situationen seien keinesfalls als reale Einsatzsituationen mit Brand- oder Gefahrstoffbekämpfung anzusehen, bei denen Gefahr für Leib oder Leben bestehe. Auch sämtliche weiteren angeführten Tätigkeiten seien nicht als Einsatzdienst der Feuerwehr oder diesem vergleichbare Tätigkeiten anzusehen; dies gelte auch für Löschübungen mit Wandhydranten oder Feuerlöschern im Rahmen der Aus- und Fortbildung bzw. Unterweisung, da diese zu reinen Übungszwecken vorgenommen würden und nicht im Rahmen einer Einsatztätigkeit. Zusammenfassend sei es so, dass der Großteil der Aufgaben des Klägers in der Ausbildung/Unterweisung der Mitarbeiter im Brandschutz, im vorbeugenden Brandschutz sowie in einer Überwachungs-, Planungs- und Mitwirkungstätigkeit liege.

Die vom Kläger vorgelegten Stellenausschreibungen unter Angabe einer Mitnahme der besonderen Altersgrenze bei staatlichen Feuerwehrschulen etc. zeigten gerade, dass eine solche Mitnahme explizit vereinbart werden müsse und hierauf kein Anspruch bestehe. Ein vor diesem Hintergrund behaupteter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei nicht ersichtlich. Der Klägerbevollmächtigte habe selbst darauf hingewiesen, dass Art. 132 BayBG im hiesigen Fall nach seinem Wortlaut nicht eingreife. Art. 132 BayBG verlange gerade eine aktuelle laufbahnentsprechende Verwendung bei einer Einrichtung oder Dienststelle der Feuerwehr, die wiederum besondere physische und psychische Belastungen durch den Einsatzdienst voraussetze, was ersichtlich nicht der Fall sei. Auch eine dem Einsatzdienst vergleichbare Tätigkeit habe der Kläger nicht zu leisten. Die vom Kläger erwähnte Verwaltungsvorschrift sei bereits ihrem Wortlaut nach nur auf die Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes der staatlichen Feuerwehrschulen anzuwenden. Weitergehendes sei in der Verwaltungsvorschrift nicht geregelt worden. Eine Vergleichbarkeit mit den Beamten an Feuerwehrschulen könne ebenfalls nicht angenommen werden, da dort Feuerwehrmänner für den realen Einsatz im „echten“ Feuerwehrdienst ausgebildet würden, sodass dort eine ganz andere Belastung bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Das klägerische Begehren ist dahingehend zu verstehen, dass mit dem vorliegenden Verfahren (allein) eine Ruhestandsversetzung nach Art. 132 i.V.m. Art. 129 BayBG begehrt wird, § 88 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine gegenüber der Ruhestandsversetzung nach der allgemeinen Altersgrenze des Art. 62 BayBG frühere Ruhestandsversetzung, da die Voraussetzungen des Art. 132 BayBG vorliegend nicht erfüllt sind, insbesondere ist der Kläger nicht im Einsatzdienst der Feuerwehr tätig. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2017 ist vielmehr rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 132 BayBG gilt für die Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Einsatzdienst der Feuerwehren Art. 129 BayBG entsprechend. Dies gilt ebenso für die Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes, die in einer Integrierten Leitstelle tätig sind. Art. 129 BayBG regelt, dass für Polizeivollzugsbeamte auf Lebenszeit als Altersgrenze das Ende des Monats gilt, in dem diese das 62. Lebensjahr vollenden (im Falle des Klägers mit dem Geburtsjahrgang 1957 abweichend hiervon 60 Jahre und 11 Monate, Art. 143 Abs. 2 Satz 2 BayBG). Beamte im Sinne des Satzes 1 können auf Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

Bereits nach dem Wortlaut des Art. 132 BayBG ist der Kläger weder in einer Integrierten Leitstelle noch im Einsatzdienst der Feuerwehren tätig, was er im Übrigen auch selbst nicht für sich in Anspruch nimmt (vgl. Klageschrift vom 19.9.2018, S.10). Denn Feuerwehrdienst bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch Dienst bei der Feuerwehr. Der Begriff „Feuerwehr“ bezeichnet Einrichtungen zum abwehrenden und vorbeugenden Brandschutz und zur technischen Hilfeleistung in Katastrophenfällen. Er wird durch das Organisationsrecht bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 8.6.2000 - 2 C 16.99 - juris m.w.N.). Der Kläger gehört im Rahmen seiner Tätigkeit als stellvertretender Brandschutzbeauftragter beim Universitätsklinikum Würzburg weder einer Freiwilligen Feuerwehr, einer Pflichtfeuerwehr, einer Berufsfeuerwehr noch einer Werkfeuerwehr i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Bayerisches Feuerwehrgesetz (BayFwG) an, so dass er auch nicht in deren Einsatzdienst (abwehrender Brandschutz und technischer Hilfsdienst bei sonstigen Unglücksfällen oder Notständen im öffentlichen Interesse, Art. 1 Abs. 1 BayFwG) tätig werden kann. Insbesondere hat die Beklagte - anders als andere Universitätskliniken - gerade keine Werkfeuerwehr nach Art. 15 BayFwG für ihren Zuständigkeitsbereich eingerichtet, in welcher der Kläger tätig werden könnte.

Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Einsatzdienst von Feuerwehrbeamten der 3. Qualifikationsebene nicht ausschließlich in Brandbekämpfung und technischer Hilfeleistung bestehe, sondern auch in vielfältigen Aufgaben des Innendienstes wie etwa Schulungstätigkeiten oder der Wahrnehmung von Führungsaufgaben. Der Kläger verkennt in diesem Zusammenhang zum einen, dass Art. 132 BayBG gerade einen Einsatzdienst bei der Feuerwehr voraussetzt, welcher er - wie bereits ausgeführt - im Rahmen seiner Tätigkeit beim Universitätsklinikum Würzburg nicht angehört. Dies stellt einen entscheidenden Unterschied hinsichtlich der organisatorischen Anbindung zwischen der Tätigkeit des Klägers und der Tätigkeit in der 3. Qualifikationsebene etwa bei einer Berufsfeuerwehr dar, welcher eine Vergleichbarkeit beider Sachverhaltskonstellationen bereits ausschließt. Unabhängig davon fehlt es der konkreten Tätigkeit des Klägers auch inhaltlich an den zusätzlichen Besonderheiten des Einsatzdienstes, welche die Rechtfertigung dafür bilden, Art. 132 BayBG in Anspruch nehmen zu können (vgl. hierzu näher unten). Feuerwehrtechnische Beamte einer Berufsfeuerwehr hingegen sind bereits dadurch als dem Einsatzdienst zugehörig anzusehen, da sie - neben der Wahrnehmung von Tätigkeiten im Innendienst - auch etwa mit der Einsatzleitung in Brandfällen betraut sind, wie der Kläger mit Schriftsatz vom 26. November 2018 unter Bezugnahme auf die Anlage K 16 mitgeteilt hat. Derartige Einsatzleitungen muss der Kläger beim Universitätsklinikum Würzburg im Falle von Brandereignissen mit Alarmierung der Feuerwehr gerade nicht übernehmen, da diese allein von den Feuerwehren der Stadt Würzburg wahrgenommen werden.

Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, dass für die Frage des Vorliegens des Tatbestandsmerkmals „im Einsatzdienst der Feuerwehren“ der gesamte Zeitraum des Berufslebens in den Blick genommen werden müsse. Eine derartige Auslegung findet im Wortlaut des Art. 132 BayBG keine Stütze. Vielmehr lässt sich aus der gesetzlichen Formulierung „Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes im Einsatzdienst der Feuerwehren“ sowie „Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes, die in einer Integrierten Leitstelle tätig sind“ klar ersehen, dass diese tatbestandlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze bzw. der begehrten Ruhestandsversetzung vorliegen müssen (so auch BeckOK BeamtenR Bayern, Art. 132 BayBG Rn. 3). Dass im Gegensatz dazu frühere, aktuell nicht mehr wahrgenommene Tätigkeiten im Einsatzdienst der Feuerwehren ausreichend sein könnten, um die Vorschrift des Art. 132 BayBG in Anspruch nehmen zu können, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der abschlagsfreien Versorgung gemäß Art. 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) und deren gesetzliche Voraussetzungen in Art. 132 BayBG nicht in Bezug genommen werden und erstere Vorschrift gesetzessystematisch vielmehr voraussetzt, dass ein Fall des Art. 132 BayBG vorliegt („in den Fällen des Abs. 2 Satz 1 Nr. 4“ - wo wiederum Art. 129-132 BayBG benannt werden).

Steht entsprechend vorstehender Ausführungen der Wortlaut des Art. 132 BayBG dem vom Kläger begehrten Anspruch bereits klar entgegen, so wird dieses Ergebnis durch die Auslegung des Begriffs „Einsatzdienst der Feuerwehren“ nach dessen Sinn und Zweck ebenfalls bestätigt. In diesem Zusammenhang kann auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Gewährung der sog. Feuerwehrzulage (vgl. Art. 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BayBesG, Anlage I (zu § 20 Abs. 2 Satz 1 BBesG) BesO A und B, Allgemeine Vorbemerkungen Nr. 10 Abs. 1 Satz 1) verwiesen werden, da in den genannten Vorschriften der inhaltsgleiche Begriff des „Einsatzdienstes der Feuerwehr“ verwendet wird und die Zielrichtung für die Gewährung der Zulage sowie die Möglichkeit eines früheren Ruhestandseintritts identisch sind. Nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.1991 - 2 C 17/90 sowie U.v. 21.3.1996 - 2 C 24/95 - jeweils juris) wird die Feuerwehrzulage - und in gleicher Weise die Möglichkeit der früheren Ruhestandsversetzung nach Art. 132 BayBG - vor nachfolgendem Hintergrund gewährt:

„Mit der Anknüpfung der Gewährung der Zulage an bestimmte Beamtengruppen und an die ihnen zugeordneten Funktionen wird die Zulageberechtigung von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Laufbahn als auch von der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben abhängig gemacht. Für die Zugehörigkeit zu einer Beamtengruppe ist die konkrete organisationsrechtliche Zuordnung des Beamten maßgebend (BVerwGE 79, 22 <24>; Urteile vom 6. April 1989 - BVerwG 2 C 10.87 - ; vom 18. April 1991 - BVerwG 2 C 11.90 -). Die Gewährung der Feuerwehrzulage hat ihren Grund darin, daß die Zuordnung der Ämter der in der Nr. 10 Absatz 1 Satz 1 der Vorbemerkungen bezeichneten Beamten zu den Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A das typische Tätigkeitsbild der im Einsatzdienst der Berufsfeuerwehr stehenden Beamten nicht hinreichend berücksichtigt. Die von der allgemeinen Ämterbewertung nicht erfaßten Besonderheiten des jeweiligen Dienstes dieser Beamten sollen abgegolten werden. "Besonderheiten des … Einsatzdienstes" (Abs. 3, jetzt Abs. 2) bezeichnet die typischen zusätzlichen Anforderungen, die an jeden Beamten im Einsatzdienst der Berufsfeuerwehr zu stellen sind, von der allgemeinen Ämterbewertung aber nicht erfaßt sind. Dazu gehören beispielsweise das Erfordernis, in schwierigen Situationen (Brand, Notfälle, Naturkatastrophen usw.) unter physischer und psychischer Belastung schnell und verantwortlich tätig zu werden, sowie die Bereitschaft, in Erfüllung der übertragenen Aufgaben ggf. Leben und Gesundheit einzusetzen. Diese berufstypischen Besonderheiten rechtfertigen die Gewährung der Zulage und ihre Beschränkung auf den genannten Personenkreis (vgl. Urteile vom 10. Februar 1983 - BVerwG 2 C 20.81 - ; vom 24. Januar 1985 - BVerwG 2 C 9.84 - ) zur vergleichbaren Polizeizulage nach Nr. 9 der Vorbemerkungen).… Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Feuerwehrzulage umfaßt der Begriff Einsatzdienst in Nr. 10 Abs. 1 Satz 1 der Vorbemerkungen nur solche Tätigkeiten, die der unmittelbaren Brandbekämpfung (abwehrender Brandschutz) und der Hilfeleistung zuzuordnen sind, weil sich nur dort die gesondert zu honorierenden berufstypischen Erschwernisse dauerhaft realisieren (vgl. Urteile vom 20. April 1983 - BVerwG 6 C 113.80 - ; vom 3. Januar 1990 - BVerwG 6 C 11.87 - ). Danach erfüllen diejenigen Beamten des Feuerwehrdienstes die Voraussetzungen zur Gewährung der Feuerwehrzulage, die der Laufbahn des mittleren oder gehobenen feuerwehrtechnischen Dienstes angehören und regelmäßig zum unmittelbaren Brandbekämpfungs- oder Hilfeleistungsdienst herangezogen werden, mithin, wie für den Einsatzdienst typisch, im Tag- und Nachtdienst zur Verfügung stehen. Dabei kommt es weder auf die Zahl der geleisteten Einsätze noch auf die Art und den Umfang der bei den einzelnen Einsätzen geleisteten bzw. zu leistenden Dienste entscheidend an (vgl. dazu Urteile vom 26. Juni 1981 - BVerwG 6 C 85.78 - ; vom 24. Januar 1985 - BVerwG 2 C 9.84 - ).“

Zum notwendigen Umfang der Wahrnehmung besonderer Funktionen, an welche die Gewährung einer Stellenzulage geknüpft ist, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ausgeführt (vgl. BVerwG, U.v. 16. Juli 1998 - 2 C 25/97; U.v. 5.5.1995 - 2 C 13/94 - jeweils juris):

„Diese wie auch andere besoldungsrechtliche Stellenzulagen setzen nach § 42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 BBesG gegenüber dem regelmäßigen Inhalt des jeweils besoldeten Amtes die Wahrnehmung herausgehobener Funktionen voraus. Sie sind - soweit nicht für die einzelne Zulage ein anderer Maßstab festgelegt ist - nach Grund und Höhe daran ausgerichtet, daß der Beamte die herausgehobene Funktion nicht nur teilweise neben anderen Aufgaben, sondern in vollem, nach der Natur der Tätigkeit möglichen Umfang wahrnimmt. Der Dienstposten muß generell durch die zulageberechtigende Funktion geprägt sein (u.a. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 1993 - BVerwG 2 B 95.93 - ; BVerwGE 98, 192 <194>; Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 2 C 24.95 - ; Urteil vom 23. April 1998 - BVerwG 2 C 1.97 - ). Die herausgehobene Funktion, um derentwillen die Stellenzulage gewährt werden soll, muß einen quantitativ besonders umfangreichen Teil der Gesamtaufgaben ausmachen, wenn der Dienstposten verschiedenartige, für die Zulageberechtigung unterschiedlich zu beurteilende Funktionen umfaßt (BVerwGE 98, 192 <194>). Die Stellenzulage darf regelmäßig nur dann gewährt werden, wenn der Beamte (Soldat) eine andere als die zulageberechtigende Tätigkeit nur in geringfügigem Umfang ausübt.“

Dies zugrunde gelegt ist der Kläger beim Universitätsklinikum Würzburg nicht im Einsatzdienst der Feuerwehren tätig. Denn unter Zugrundelegung der vom Kläger selbst vorgelegten Aufgabenbeschreibung für seinen Dienstposten - aus der von der Beklagten vorgelegten Zuordnung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten gegenüber dem Kläger mit Anlage zur Organisationsverfügung vom 15. November 2013 ergibt sich im Kern nichts Abweichendes - wird nicht erkennbar, dass er regelmäßig von seinem Dienstherrn zu Tätigkeiten der unmittelbaren Brandbekämpfung und Hilfeleistung herangezogen würde. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang für die Kammer vielmehr überzeugend dargelegt, dass die Brandbekämpfung in Einsatzsituationen, bei denen die Feuerwehr alarmiert wird, federführend und allein durch diese erfolgt. Der Kläger muss hierbei im Gegensatz zu den anrückenden Kräften der Berufsfeuerwehr/ Freiwilligen Feuerwehr nicht aktiv in die Brandbekämpfung, Gefahrstoffbeseitigung etc. eingreifen; er ist auch nicht Einsatzleiter, sondern übt - soweit er vor Ort ist - lediglich die Funktion eines Verbindungsmannes aus, der als Beschäftigter der Beklagten sachkundig ist und die Örtlichkeiten kennt. Nachvollziehbar ist dies gerade vor dem Hintergrund, dass die Beklagte - wie bereits ausgeführt - für ihren Zuständigkeitsbereich keine Werkfeuerwehr errichtet hat, welche den abwehrenden Brandschutz und technischen Hilfsdienst eigenständig zu organisieren hätte, Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayFwG. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang erklärt hat, dass er in Einzelfällen Brände noch vor Eintreffen der Feuerwehr mit einem Kleinlöschgerät abgelöscht habe, so ergibt sich hieraus nichts Anderes, da ein derartiges Eingreifen offensichtlich nicht über die allgemeine Hilfeleistung und Gefahreneindämmung in Unglücksfällen hinausgeht, wie sie letztlich von jedem Beschäftigten der Beklagten zu erwarten ist; gerade hierzu dienen auch die regelmäßigen Unterweisungen aller Beschäftigten der Beklagten durch den Kläger samt entsprechender Löschübungen. Die Löschübungen selbst stellen entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls keinen Einsatzdienst der Feuerwehr dar, da es sich hierbei lediglich um innerbetriebliche Schulungsmaßnahmen handelt und nicht etwa um reale Brandbekämpfung oder auch nur die realitätsnahe Ausbildung von Feuerwehrleuten wie etwa an staatlichen Feuerwehrschulen (vgl. Ziffer 34.2.2 Satz 5 BayVwVBes). Die typischen zusätzlichen Anforderungen des Einsatzdienstes der Feuerwehr sind vor diesem Untergrund bei der klägerischen Tätigkeit nicht erkennbar. Dies gilt umso mehr, als der Kläger auch keinen Tag- und Nachtdienst oder Bereitschaftsdienst zu leisten hat, was ebenfalls zu den typischen Besonderheiten des Einsatzdienstes der Feuerwehren zu rechnen ist (vgl. BVerwG, a.a.O.). Hierbei kommt es - wie bereits ausgeführt - allein auf die aktuelle Situation an, so dass nicht geklärt werden muss, ob diesbezüglich ggf. bis zum Jahr 2013 eine (teilweise) abweichende Situation bestanden hat. Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass der Kläger - im Gegensatz zu den Feuerwehrbeamten der Berufsfeuerwehr sowie Freiwilligen Feuerwehr Würzburg - auf seinem Dienstposten in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben ggf. Leben und Gesundheit einzusetzen hätte.

Die Bewältigung von Brandgefahren und Brandmeldeereignissen ohne Alarmierung der Feuerwehr (z.B. Brandgerüche, Brandmeldealarme von Brandschutztüren) sind in ihrer Bedeutung (noch) nicht als Einsatzsituationen mit Brand- oder Gefahrstoffbekämpfung einzustufen, bei denen etwaig Gefahr für Leib oder Leben besteht. Wenn eine Alarmierung der Feuerwehr in diesen Situationen gerade nicht erfolgt/erforderlich ist, so kann man in der Abarbeitung dieser Vorkommnisse auch keinen Einsatzdienst der Feuerwehr sehen. Die weiteren umfangreichen Tätigkeiten des Klägers in der Fortbildung/Unterweisung der Klinikbeschäftigten, im vorbeugenden Brandschutz sowie bei Beratungs-, Planungs-, Organisations- und Überwachungstätigkeiten mit Bezug zum Brandschutz stellen mangels Erfordernis, unter psychischer und physischer Belastung schnell und verantwortlich tätig zu werden, ersichtlich ebenfalls keine spezifischen Tätigkeiten im Einsatzdienst der Feuerwehr dar.

Selbst wenn man entgegen vorstehender Ausführungen davon ausginge, dass die Unterstützung der Berufsfeuerwehr/Freiwilligen Feuerwehr durch den Kläger und erste Brandbekämpfungsmaßnahmen vor Eintreffen der Feuerwehr inhaltlich vom Einsatzdienst der Feuerwehr umfasst wären, so wird der Dienstposten des Klägers als stellvertretender Brandschutzbeauftragter jedoch zumindest nicht - wie von der überzeugenden höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert - durch diese speziellen Tätigkeiten geprägt. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang nachvollziehbar ausgeführt, dass es im Universitätsklinikum pro Jahr zu ca. 50 Einsatzsituationen der Feuerwehr mit Brandbekämpfung o.ä. komme. Dieser Aufgabenbereich sei zeitlich in Relation zu den umfangreichen sonstigen Aufgaben des Klägers als untergeordnet anzusehen, was für die Kammer überzeugend ist und der Kläger selbst auch nicht in Abrede gestellt hat. Überdies dürfte der Kläger angesichts eines nicht gegebenen Bereitschaftsdienstes für seine Person auch nicht bei allen diesen Schadensereignissen vor Ort gewesen sein und ein eigenständiges Einschreiten mittels Kleinlöschgerät hat sich ohnehin auf Einzelfälle beschränkt (der Kläger spricht insoweit allgemein auf die Vergangenheit bezogen von „mehrmals“). Die Tätigkeit des Klägers wird - was sich bereits aus der von ihm vorgelegten Aufgabenbeschreibung augenscheinlich ergibt - durch die Aufgaben in der Fortbildung, im vorbeugenden Brandschutz sowie durch vielfältige Maßnahmen organisatorischer Art geprägt.

Eine analoge Anwendung des Art. 132 BayBG auf die Tätigkeit des Klägers kommt vorliegend ebenfalls nicht in Betracht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei den Art. 129-132 BayBG nach dem Regelungsgefüge des Bayerischen Beamtengesetzes um Ausnahmevorschriften im Hinblick auf die allgemeine Altersgrenze des Art. 62 BayBG handelt. Ausnahmevorschriften sind jedoch einer erweiternden Auslegung, insbesondere im Wege der Analogie, grundsätzlich nicht zugänglich. Sie sind nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen vielmehr eng auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 15.9.2010 - 8 C 21/09; U.v. 21.6.2005 - 2 WD 12/04 - jeweils juris). Unabhängig hiervon ist auch das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke in Art. 132 BayBG nicht erkennbar; vielmehr hat der Gesetzgeber offensichtlich explizit nicht allgemein schwierige und/oder belastende Arbeitsumstände im Rahmen der Tätigkeit feuerwehrtechnischer Beamter zum gesetzlichen Anknüpfungspunkt gemacht, sondern bewusst alleine den Einsatzdienst der Feuerwehren sowie die Tätigkeit in einer Integrierten Leitstelle. Entsprechend obiger Darstellungen ist überdies auch eine vergleichbare Interessenlage zwischen der Tätigkeit auf dem Dienstposten des Klägers und dem Einsatzdienst der Feuerwehren nicht gegeben.

Darüber hinaus kann sich der Kläger zur Begründung für den begehrten Anspruchs auch nicht auf die Verwaltungsvorschriften des Freistaats Bayern zu Art. 34 BayBesG berufen. Nach Ziffer 34.2.2 Satz 5 BayVwVBes erfasst die Zulagenberechtigung auch „die Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes und die weiteren Lehrkräfte der staatlichen Feuerwehrschulen, da die dortigen Anforderungen hinsichtlich der Belastungen mit dem Einsatzdienst bei der Feuerwehr vergleichbar sind.“ Der Kläger wird ersichtlich nicht vom Wortlaut dieser Verwaltungsvorschrift erfasst, so dass bereits aus diesem Grunde eine Anspruchsbegründung aufgrund einer Selbstbindung der Verwaltung ausgeschlossen ist. Nach der Formulierung ist klar erkennbar, dass davon nicht sämtliche Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes erfasst werden, sondern nur die an den staatlichen Feuerwehrschulen tätigen feuerwehrtechnischen Beamten, worauf die Wortwahl „und die weiteren Lehrkräfte der staatlichen Feuerwehrschulen“ klar hindeutet. Auch mit der Wendung „dortige Anforderungen“ im nachfolgenden Nebensatz wird erkennbar allein auf die Anforderungen an den staatlichen Feuerwehrschulen Bezug genommen, an denen sowohl die feuerwehrtechnischen Beamten als auch die weiteren Lehrkräfte tätig sein müssen. Da der Kläger an einer solchen Schule nicht beschäftigt ist, ist die Verwaltungsvorschrift auf ihn nicht in Anwendung zu bringen. Dass die Verwaltungsvorschrift - wie der Kläger meint - über ihren Wortlaut hinaus eine frühere Ruhestandsversetzung für alle Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes schaffen soll, bei denen die Belastungen mit dem Einsatzdienst der Feuerwehr vergleichbar sind, lässt sich dem Regelungsgehalt gerade nicht entnehmen, sondern wäre ausdrücklich zu regeln gewesen. Desweiteren scheitert ein Anspruch aufgrund einer Selbstbindung der Verwaltung auch daran, dass der Kläger selbst herausgestellt hat, dass er beim Universitätsklinikum Würzburg und sogar darüber hinaus in ganz Bayern einen Einzelfall darstelle, so dass sich eine ständige Verwaltungspraxis, die Fälle wie den des Klägers erfassen würde, gar nicht gebildet haben kann. Eine Art. 3 Abs. 1 GG verletzende Ungleichbehandlung durch die beklagte Universitätsklinik im Verhältnis zu feuerwehrtechnischen Beamten an den staatlichen Feuerwehrschulen kann auch deshalb nicht erfolgt sein, da die Feuerwehrschulen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten fallen. Überdies ist auch diesbezüglich keine inhaltliche Vergleichbarkeit der Tätigkeiten gegeben, da die Tätigkeit an den Feuerwehrschulen der Ausbildung von künftigen Feuerwehrleuten dient und unter realen Einsatzbedingungen geschult wird, sodass dort quantitativ und qualitativ höhere Belastungen bestehen als im Rahmen der Tätigkeit des Klägers (vgl. oben).

Überdies besteht auch keine Verpflichtung des Gesetzgebers bzw. der obersten Dienstbehörden als Verfasser der Verwaltungsvorschriften, für alle Beamten, die auf Dienstposten beschäftigt sind, auf denen schwierige bzw. belastende Arbeitsumstände herrschen, ebenfalls eine frühere Ruhestandmöglichkeit zu schaffen. Denn der Gesetzgeber besitzt - gerade im Bereich begünstigender Regelungen - einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser darf Generalisierungen und Typisierungen vornehmen, sodass es sachgerecht ist, wenn er die Absenkung der Ruhestandsaltersgrenze auf bestimmte typischerweise belastende Funktionen, wie sie in Art. 129-132 BayBG geregelt sind, beschränkt. Jede gesetzliche Regelung von Altersgrenzen muss generalisieren und enthält daher auch unvermeidbare Härten. Unebenheiten, Friktionen und Mängel, die sich daraus ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Gesamtregelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. hierzu etwa: BayVfGH, E.v. 21.6.2011 - Vf. 31-VII-10 - juris), woran die Kammer vorliegend keinen Zweifel hat.

Schließlich vermag der Kläger seinen Anspruch auch nicht auf eine Zusicherung der früheren kaufmännischen Direktorin des Universitätsklinikums Würzburg zu stützen. Eine solche bedürfte zu ihrer Wirksamkeit von Gesetzes wegen der Schriftform, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Vor diesem Hintergrund scheiden die vom Kläger angegebenen mündlichen Absprachen aus den Jahren 2000/2001 sowie aus der jüngeren Vergangenheit mit Vorgesetzten als Grundlage für eine rechtswirksame Zusicherung von vornherein aus. Auch aus dem Inhalt der vorgelegten Personalakte sowie einzelner im Laufe des Gerichtsverfahrens vorgelegter Schriftstücke ergibt sich - auch unter Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände - keine Zusicherung dahingehend, dass der Kläger auch bei der Beklagten weiterhin feuerwehrtechnischer Beamter im Einsatzdienst der Feuerwehr bleibt und infolgedessen Anspruch auf die Inanspruchnahme der besonderen Altersgrenze nach Art. 132 BayBG haben wird. Aus den Akten ergibt sich allein, dass die Beklagte seinerzeit ein dringendes Interesse an der Einstellung des Klägers gehabt und für diesen daher eine Planstelle des gehobenen feuerwehrtechnischen Dienstes geschaffen hat. Eine Zusicherung dahingehend, dass der Kläger auch weiterhin bei der Beklagten gerade im Einsatzdienst der Feuerwehr tätig sein würde, ergibt sich daraus nicht. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Anlage K 2 zur Klageschrift Bezug genommen hat, so beinhaltet diese allein die Mitteilung der Versetzung zum Klinikum der Universität Würzburg mit Wirkung zum 1. April 2001 sowie die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit zur Stadt Würzburg beim Klinikum der Universität Würzburg; der Kläger führe weiterhin die Amtsbezeichnung „Brandamtmann“. Auch daraus ergibt sich lediglich die Beibehaltung des innegehabten Statusamtes, nicht jedoch die Zusicherung einer spezifischen künftigen Beschäftigung im Einsatzdienst der Feuerwehr. Diese Einschätzung wird in besonderer Weise gerade dadurch gestützt, dass die Feuerwehrzulage nach VB Nr. 10 zur BesO A und B gemäß Bescheid der Bezirksfinanzdirektion Würzburg vom 17. April 2001 unmittelbar mit Versetzung des Klägers zur Beklagten am 1. April 2001 entfallen ist, da der Kläger nicht mehr im Einsatzdienst der Feuerwehr tätig sei. Insbesondere vor diesem Hintergrund erscheint es wenig nachvollziehbar, dass der Kläger berechtigt darauf vertrauen konnte, die Vorschrift des Art. 132 BayBG künftig noch in Anspruch nehmen zu können, da diese ebenfalls eine Tätigkeit im Einsatzdienst der Feuerwehr voraussetzt.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Bundesbesoldungsgesetz - BBesG | § 42 Amtszulagen und Stellenzulagen


(1) Für herausgehobene Funktionen können Amtszulagen und Stellenzulagen vorgesehen werden. Sie dürfen 75 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe des Beamten, Richters oder Soldaten und dem Endgrundgehalt der

Bundesbesoldungsgesetz - BBesG | § 13 Ausgleichszulage für den Wegfall von Stellenzulagen


(1) Der Wegfall einer Stellenzulage aus dienstlichen Gründen, die nicht vom Beamten, Richter oder Soldaten zu vertreten sind, wird ausgeglichen, wenn die Stellenzulage zuvor in einem Zeitraum von sieben Jahren insgesamt mindestens fünf Jahre zugestan

Bundesbesoldungsgesetz - BBesG | § 20 Bundesbesoldungsordnungen A und B


(1) Die Ämter der Beamten und Soldaten und ihre Besoldungsgruppen werden in Bundesbesoldungsordnungen geregelt. Dabei sind die Ämter nach ihrer Wertigkeit unter Berücksichtigung der gemeinsamen Belange aller Dienstherren den Besoldungsgruppen zuzuord

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 15. Sept. 2010 - 8 C 21/09

bei uns veröffentlicht am 15.09.2010

Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Festsetzung einer angemessenen Vergütung für eine von ihr durchgeführte Abwicklung der Praxis des am 19. Dezember

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(1) Der Wegfall einer Stellenzulage aus dienstlichen Gründen, die nicht vom Beamten, Richter oder Soldaten zu vertreten sind, wird ausgeglichen, wenn die Stellenzulage zuvor in einem Zeitraum von sieben Jahren insgesamt mindestens fünf Jahre zugestanden hat. Die Ausgleichszulage wird auf den Betrag festgesetzt, der am Tag vor dem Wegfall zugestanden hat. Jeweils nach Ablauf eines Jahres vermindert sich die Ausgleichszulage ab Beginn des Folgemonats um 20 Prozent des nach Satz 2 maßgebenden Betrages. Erhöhen sich die Dienstbezüge wegen des Anspruchs auf eine Stellenzulage, wird diese auf die Ausgleichszulage angerechnet. Zeiten des Bezugs von Stellenzulagen, die bereits zu einem Anspruch auf eine Ausgleichszulage geführt haben, bleiben für weitere Ausgleichsansprüche unberücksichtigt.

(2) Bestand innerhalb des Zeitraumes nach Absatz 1 Satz 1 ein Anspruch auf mehrere Stellenzulagen für einen Gesamtzeitraum von mindestens fünf Jahren, ohne dass eine der Stellenzulagen allein für fünf Jahre zugestanden hat, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass die Stellenzulage mit dem jeweils niedrigsten Betrag ausgeglichen wird.

(3) Ist eine Stellenzulage infolge einer Versetzung nach § 28 Absatz 3 des Bundesbeamtengesetzes weggefallen, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass sich der Zeitraum des Bezugs der Stellenzulage nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 auf zwei Jahre verkürzt.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn ein Ruhegehaltempfänger erneut in ein Beamten-, Richter- oder Soldatenverhältnis berufen wird oder wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Verwendungswechsel eine zuvor gewährte Stellenzulage nur noch mit einem geringeren Betrag zusteht und die jeweilige Zulagenvorschrift keinen anderweitigen Ausgleich vorsieht.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Ämter der Beamten und Soldaten und ihre Besoldungsgruppen werden in Bundesbesoldungsordnungen geregelt. Dabei sind die Ämter nach ihrer Wertigkeit unter Berücksichtigung der gemeinsamen Belange aller Dienstherren den Besoldungsgruppen zuzuordnen.

(2) Die Bundesbesoldungsordnung A – aufsteigende Gehälter – und die Bundesbesoldungsordnung B – feste Gehälter – sind Anlage I. Die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppen sind in Anlage IV ausgewiesen.

(1) Für herausgehobene Funktionen können Amtszulagen und Stellenzulagen vorgesehen werden. Sie dürfen 75 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe des Beamten, Richters oder Soldaten und dem Endgrundgehalt der nächsthöheren Besoldungsgruppe nicht übersteigen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Amtszulagen sind unwiderruflich und ruhegehaltfähig. Sie gelten als Bestandteil des Grundgehaltes.

(3) Die Stellenzulagen dürfen nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktion gewährt werden. Wird dem Beamten, Richter oder Soldaten vorübergehend eine andere Funktion übertragen, die zur Herbeiführung eines im besonderen öffentlichen Interesse liegenden unaufschiebbaren und zeitgebundenen Ergebnisses im Inland wahrgenommen werden muss, wird für die Dauer ihrer Wahrnehmung die Stellenzulage weiter gewährt; sie wird für höchstens drei Monate auch weiter gewährt, wenn die vorübergehende Übertragung einer anderen Funktion zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Behördenbereichs, in dem der Beamte, Richter oder Soldat eingesetzt wird, dringend erforderlich ist. Daneben wird eine Stellenzulage für diese andere Funktion nur in der Höhe des Mehrbetrages gewährt. Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen, trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle.

(4) Die Stellenzulagen sind widerruflich und nur ruhegehaltfähig, wenn dies gesetzlich bestimmt ist.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Festsetzung einer angemessenen Vergütung für eine von ihr durchgeführte Abwicklung der Praxis des am 19. Dezember 1998 verstorbenen Steuerberaters Jörg Sch.

2

Zum Praxisabwickler war sie von der Beklagten mit Urkunde vom 24. Dezember 1998 gemäß § 70 StBerG auf Vorschlag der Witwe des Verstorbenen bestellt worden. Mit Vertrag vom 26. August 1999 verkauften die Erben des verstorbenen Steuerberaters die Praxis zu einem Kaufpreis von 150 000 DM. Der Verkaufserlös wurde in voller Höhe an sie ausgezahlt.

3

Mit Schreiben vom 23. Juli 1999 stellte die Klägerin für ihre Abwicklertätigkeit den Erben des verstorbenen Steuerberaters einen Betrag von 347 693,66 DM in Rechnung, wobei sie geltend machte, die Praxis des verstorbenen Steuerberaters habe sich in einem chaotischen Zustand befunden, so dass ein Einsatz von 3 Steuerberatern und 5 Diplom-Betriebswirten sowie weiterer Mitarbeiter erforderlich gewesen sei, um die Praxis-Unterlagen den betreffenden Akten zuzuordnen, die Rückstände aufzuarbeiten und die laufenden Aufträge fortzuführen. Da hierauf von den Erben lediglich ein Teilbetrag von 60 000 DM gezahlt wurde, erhob die Klägerin gegen diese beim Landgericht M. Klage auf Zahlung einer Praxisabwickler-Vergütung in Höhe von 273 223,71 DM zuzüglich Zinsen. Sie errechnete ihren Anspruch anhand des Zeitaufwandes der von ihr eingesetzten Steuerberater und Diplom-Betriebswirte, den sie auf 2 350,87 Stunden bezifferte. Als Stundensatz legte sie die Mittelgebühr nach § 13 Abs. 2 StBGebV in Höhe von 127,50 DM zugrunde. Nachdem Vergleichsbemühungen des Landgerichts gescheitert waren und die Klägerin der gerichtlichen Anregung, einen Antrag auf Festsetzung der angemessenen Vergütung gemäß § 70 i.V.m. § 69 StBerG bei der Beklagten zu stellen, nicht nähergetreten war, holte das Landgericht bei der Beklagten ein Sachverständigengutachten zu der Angemessenheit der Forderung der Klägerin ein. Das Gutachten der Beklagten vom 19. November 2003 kam unter Zugrundelegung von 1 732,5 Stunden zu dem Ergebnis, dass für die der Praxisabwicklung zurechenbaren Leistungen eine Vergütung von 256 236,75 DM angemessen sei.

4

Nach einem Berichterstatterwechsel wies das Landgericht die Verfahrensbeteiligten darauf hin, dass es angesichts der bestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten Aufgabe der Beklagten sei, die Höhe der angemessenen Abwicklervergütung festzusetzen. Den daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag auf Festsetzung der angemessenen Vergütung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 11. April 2005 mit der Begründung ab, für eine Festsetzung der Abwicklervergütung durch sie sei kein Raum, weil § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG nicht die Fälle betreffe, in denen - wie hier - die Bestellung des Praxisabwicklers auf Antrag der Erben erfolgt sei. Daraufhin wandte sich das Landgericht mit Schreiben vom 29. Juni 2005 an das Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde der Beklagten, das unter dem 4. August 2005 ausführte, es teile die Rechtsauffassung des Landgerichts. Die Beklagte habe die Vergütung des Praxisabwicklers festzusetzen, wenn sich die Beteiligten hierüber nicht einigen könnten. Eine Differenzierung danach, ob die Abwickler-Bestellung auf Antrag oder von Amts wegen erfolgt sei, sehe das Gesetz nicht vor. Die Steuerberaterkammer hafte für die Vergütung des Praxisabwicklers wie ein Bürge. Unter Hinweis auf dieses Schreiben des Finanzministeriums beantragte die Klägerin daraufhin unter dem 11. August 2005 bei der Beklagten die Festsetzung einer angemessenen Abwicklervergütung in Höhe von 131 011,77 € zuzüglich Zinsen. Nach einer Besprechung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 25. Oktober 2005 teilte das Finanzministerium der Beklagten mit Schreiben vom 4. November 2005 mit, aus seiner Sicht könne festgestellt werden, dass der bestellte Praxisabwickler nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG Anspruch auf eine angemessene Vergütung habe. Im vorliegenden Fall erscheine es angemessen, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Die Beklagte werde gebeten, unter Beachtung der vorstehenden Kriterien die Abwicklervergütung festzusetzen.

5

Mit Bescheid vom 11. November 2005, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt wurde, setzte die Beklagte daraufhin die Höhe der angemessenen Vergütung auf 30 000 € fest. Zwar sei sie nach wie vor der Auffassung, sie sei nicht zur Festsetzung der angemessenen Vergütung verpflichtet; im Interesse des Fortgangs der Angelegenheit habe ihr Präsidium jedoch dessen ungeachtet entschieden, der Bitte des Finanzministeriums zu entsprechen und eine Festsetzung vorzunehmen. Hinsichtlich der Bemessung der Höhe der Vergütung habe sie sich an dem Schreiben des Finanzministeriums vom 4. November 2005 orientiert, wonach entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischen der Vergütung des Abwicklers und der im Zusammenhang mit der Abwicklung von diesem getätigten Aufwendungen unterschieden werden müsse. Nur für die Festsetzung der Vergütung des Abwicklers sei die Kammer zuständig. Das insoweit anzusetzende durchschnittliche Monatsgehalt eines angestellten Steuerberaters liege ausweislich einer im Jahr 1999 durchgeführten Umfrage bei ungefähr 5 000 €, so dass sich bei einer Dauer der Abwicklertätigkeit der Klägerin von 6 Monaten ein Gesamtbetrag von 30 000 € ergebe.

6

Nachdem die Bemühungen des Landgerichts, in dem noch rechtshängigen Verfahren (Az: 2 0 319/99 LG M.) eine vergleichsweise Einigung herbeizuführen, gescheitert waren, hat die Klägerin auf Anregung des Landgerichts am 27. April 2006 Klage beim Verwaltungsgericht K. erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die ihr zustehende Vergütung für die Praxisabwicklung unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 11. November 2005 auf 139 746 € zuzüglich Zinsen festzusetzen. Die Beklagte hat demgegenüber insbesondere geltend gemacht, die Klage sei mangels vorheriger Durchführung des nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Widerspruchsverfahrens unzulässig, was sie, die Beklagte, ausdrücklich rüge. Das Widerspruchsverfahren sei keinesfalls entbehrlich und hätte Gelegenheit geboten, die Sache nochmals zu erörtern. Vorsorglich und unter ausdrücklicher Klarstellung, dass damit ein Verzicht auf die Rüge der fehlenden Durchführung des Vorverfahrens nicht verbunden sei, halte sie die Klage zudem auch für unbegründet. Dem Einwand der Beklagten, die Klage sei wegen fehlenden Vorverfahrens unzulässig, ist die Klägerin unter Hinweis auf mehrere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur ausnahmsweisen Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens entgegengetreten. Für den Fall, dass das Verwaltungsgericht davon abweichen wolle und ein Widerspruchsverfahren für erforderlich halte, erbitte sie einen entsprechenden Hinweis, damit sie noch vor Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO Widerspruch einlegen könne. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. März 2007 als unzulässig abgewiesen und ausgeführt, es fehle an dem nach § 68 VwGO erforderlichen Vorverfahren.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung mit Urteil vom 4. März 2009 mit der Begründung zurückgewiesen, das Verwaltungsgericht habe die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Es fehle an dem gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahren. Eine der in § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO genannten Ausnahmen, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedürfe, liege nicht vor. Die Erforderlichkeit des Vorverfahrens entfalle auch nicht deshalb, weil die Beklagte selbst zuständige Widerspruchsbehörde gewesen wäre. Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne nicht sicher entnommen werden, ob ein Vorverfahren auch dann entbehrlich sei, wenn sich die Beklagte auf das Fehlen des Vorverfahrens ausdrücklich berufen und nur hilfsweise zur Sache eingelassen habe. In der Kommentarliteratur werde diese Auffassung, die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens könne bereits bei hilfsweiser Einlassung der Behörde zur Sache geheilt und das Berufen auf die fehlende Zulässigkeitsvoraussetzung damit unbeachtlich werden, einhellig abgelehnt. Dieser Auffassung sei zu folgen. Bei ausdrücklicher Berufung auf das Fehlen des Vorverfahrens und lediglich hilfsweiser Einlassung sei kein ausreichender Grund dafür ersichtlich, von dem vor Durchführung einer Verpflichtungsklage zwingend vorgeschriebenen Vorverfahren abzusehen. Entgegen der von der Klägerin vorgebrachten Meinung erweise sich das Vorverfahren auch nicht deshalb als entbehrlich, weil sich die Einschätzung der Beklagten bereits als "unabänderlich" erwiesen habe und die Durchführung eines Vorverfahrens daher zwecklos gewesen wäre. Auch die Schreiben des Finanzministeriums rechtfertigten nicht, die von der Klägerin erhobene Klage ohne vorherige Durchführung eines Vorverfahrens für zulässig zu erachten. Dies gelte jedenfalls, wenn, wie hier, eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung nicht vorliege.

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Zur Begründung ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, der Verwaltungsgerichtshof sei trotz Vorliegens eines entsprechenden Ausnahmefalles unter Verstoß gegen Bundesrecht von der Notwendigkeit eines Vorverfahrens ausgegangen und habe deshalb die Berufung zu Unrecht zurückgewiesen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein Vorverfahren entbehrlich, wenn es seinen Zweck nicht mehr erfüllen könne. Das sei jedenfalls dann zu bejahen, wenn die Widerspruchsbehörde bereits außerhalb eines Widerspruchsverfahrens mit der Sache befasst gewesen sei und dabei eine sachliche Überprüfung der Entscheidung der Ausgangsbehörde schon vorgenommen habe. Ferner sei von einem Vorverfahren abzusehen, wenn das Verhalten der Widerspruchsbehörde

9

vor oder während eines gerichtlichen Verfahrens mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten lasse, dass ein Widerspruch erfolglos sein würde. Weder die Rechtsschutz-, noch die Kontroll- noch die Entlastungsfunktion des Widerspruchsverfahrens seien dann noch erfüllbar. Die Beklagte sei bereits seit dem Streit zwischen den Erben und der Beklagten intensiv in den Fall einbezogen gewesen und habe sich wiederholt nicht in der Lage gesehen, ihre Entscheidung zu revidieren. Das Berufungsgericht habe zudem nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Finanzministerium als Aufsichtsbehörde in der Sache bereits entschieden habe. Bei dem Schreiben des Finanzministeriums vom 4. November 2005 handele es sich nicht um eine unverbindliche Empfehlung oder Bitte, sondern um eine staatsaufsichtliche Maßnahme im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 2 StBerG. Angesichts dessen sei nicht mehr zu erwarten gewesen, dass die Beklagte zu einem späteren Zeitpunkt plötzlich einen anderen Rechtsstandpunkt einnehmen werde. Ein Beschreiten des Rechtsweges sei daher für die Klägerin unvermeidbar gewesen. Aufgrund des gesamten Verlaufs der Ereignisse im Vorfeld des Rechtsstreits habe sie, die Klägerin, davon ausgehen müssen, dass für eine erneute Anrufung der Behörde im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens keine Veranlassung mehr bestanden habe. Für eine solche Fallgestaltung sei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu verweisen. Auch ein (anderer) Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg habe diese Rechtsprechung mit einer aktuellen Entscheidung vom 27. Juni 2007 (Az: 4 S 2829/06) bestätigt.

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Die Klage sei auch materiell begründet. Es sei widersprüchlich, wenn die Beklagte in ihrem Kammer-Gutachten im Zivilrechtsstreit vor dem Landgericht M. eine um rund 100 000 € höhere Vergütung für angemessen angesehen habe als in ihrem angegriffenen Bescheid. Im Kammer-Gutachten seien die von ihr, der Klägerin, aufgelisteten Stunden, also der tatsächliche Zeit- und Personalaufwand, als angemessen erachtet worden. Der Begriff der angemessenen Vergütung sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nachprüfung in vollem Umfang unterliege. Ein Anhaltspunkt für die Bemessung sei der Stundensatz oder das Gehalt, das für einen Angestellten oder freien Mitarbeiter in der Steuerberaterpraxis gezahlt werde. Zu berücksichtigen seien aber auch der Zeitaufwand, den der Abwickler für die Bewältigung seiner Aufgabe benötigte, seine berufliche Erfahrung, die Schwierigkeiten und die Dauer der Abwicklung sowie der Umstand, dass die Tätigkeit eines Abwicklers eine Berufspflicht sei, die im Interesse des Berufsstandes geleistet werde. Die Angemessenheit eines Stundensatzes von 65,19 € werde auch durch die Praxis anderer Steuerberaterkammern bestätigt (vgl. VG Frankfurt/Main, Urteil vom 15. März 2006 - 12 E 300/05 - juris). Die Beklagte sei in ihrem Sachverständigengutachten ebenfalls von einem Stundensatz in dieser Höhe ausgegangen. Im Übrigen habe die Beklagte bei der Berechnung ihrer eigenen Vergütung für die Erstellung ihres Gutachtens im Verfahren vor dem Landgericht M. einen Stundensatz von 51,13 € zugrunde gelegt; nicht einmal diesen billige sie der Klägerin zu. Die Klägerin habe allein für dieses von der Beklagten erstellte Gutachten Kosten von 15 000 DM vorschießen müssen. Der von der Klägerin bei der Praxisabwicklung zu erbringende Arbeitsaufwand sei derart außergewöhnlich gewesen, dass die Beklagte zu Recht in ihrem Gutachten vom 19. November 2003 zu dem Ergebnis gelangt sei, die Festlegung einer pauschalen Abwicklervergütung auf der Basis eines Monatsgehalts wäre nicht angemessen. Was als Gebührenforderung gegenüber den Erben angemessen sei, könne nun im Verhältnis zu der für diese als Bürge haftenden Beklagten nicht unangemessen sein.

11

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. März 2009 und des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2007 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts K. die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin zustehende angemessene Vergütung für die Praxisabwicklung unter Änderung des Bescheides vom 11. November 2005 auf 139 746 € zuzüglich Zinsen festzusetzen.

12

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Die Revision sei bereits deshalb unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen genüge, die § 139 Abs. 3 VwGO an eine Revisionsbegründung stelle. Sie erschöpfe sich weitgehend in Bezugnahmen auf früheres Vorbringen und wiederhole dieses. Zudem setze sie sich nicht hinreichend mit der grundsätzlichen Erforderlichkeit eines Vorverfahrens und der nur ausnahmsweisen Entbehrlichkeit eines solchen Vorverfahrens auseinander. Selbst wenn die Revision zulässig wäre, sei sie unbegründet. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergebe sich für den vorliegenden Fall keine Ausnahme von der Erforderlichkeit des Vorverfahrens. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Schreibens des Finanzministeriums vom 4. November 2005 sei zutreffend. Das Bundesverwaltungsgericht sei an diese Auslegung gebunden. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liege nicht vor.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist zulässig (1.) und begründet (2.). Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt Bundesrecht und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

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1. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Revisionsbegründung den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO. Sie enthält einen bestimmten Antrag und substantiiert die gerügte Rechtsverletzung in hinreichendem Maße. Denn die Klägerin macht darin ausdrücklich einen Verstoß gegen § 68 VwGO geltend, den sie darin sieht, dass beide vorinstanzlichen Urteile die Klage zu Unrecht mit der Begründung für unzulässig gehalten hätten, das nach § 68 VwGO erforderliche Vorverfahren sei nicht durchgeführt worden und ein solches Vorverfahren sei auch nicht entbehrlich. Zur Begründung führt sie unter Bezugnahme auf mehrere näher bezeichnete Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts aus, dass nach ihrer Rechtsauffassung ein Widerspruchsverfahren ausnahmsweise dann nicht (mehr) erforderlich sei, wenn es seinen Zweck nicht mehr erfüllen könne. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Widerspruchsbehörde bereits außerhalb eines förmlichen Widerspruchsverfahrens mit der Sache befasst gewesen sei und dabei eine sachliche Überprüfung der Entscheidung der Ausgangsbehörde schon vorgenommen habe.

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Die Revisionsbegründung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch aus sich heraus und ohne dass dazu andere Schriftsätze herangezogen werden müssten, verständlich. (vgl. dazu u.a. Urteil vom 1. Juli 1965 - BVerwG 3 C 105.64 - BVerwGE 21, 286 <288> = Buchholz 427.2 § 8 FG Nr. 57a). Soweit die Beklagte die in der Revisionsbegründung erfolgte teilweise wörtliche Wiederholung von Ausführungen aus früheren Schriftsätzen, insbesondere aus der Berufungsbegründung vom 14. März 2008, rügt, ergibt sich daraus kein Verstoß gegen die gesetzliche Begründungspflicht. Der Schriftsatz vom 13. Mai 2009, mit dem die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Revision begründet haben, enthält keine bloße Bezugnahme auf frühere eigene Schriftsätze oder Schreiben der Klägerin, sondern greift darin Begründungselemente aus früheren Schriftsätzen auf.

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2. Die Revision der Klägerin ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und beruht hierauf; es erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO)

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2.1 Allerdings ist der Verwaltungsgerichtshof zu Recht davon ausgegangen, dass das Begehren der Klägerin, die Beklagte zur Festsetzung der angemessenen Vergütung nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG zu verpflichten, auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtet ist. Die dafür allein statthafte Klageart ist nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO die Verpflichtungsklage. Vor Erhebung der Verpflichtungsklage sind, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts ganz oder - wie im vorliegenden Fall - teilweise abgelehnt worden ist, nach § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Die erfolglose Durchführung des Vorverfahrens muss im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage von Amts wegen geprüft werden (stRspr, vgl. u.a. Urteile vom 9. Februar 1967 - BVerwG 1 C 49.64 - BVerwGE 26, 161 = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 35, vom 17. Februar 1981 - BVerwG 7 C 55.79 - BVerwGE 61, 360 = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 20 und vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 114.81 - BVerwGE 66, 342 = Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 7 sowie Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 68 Rn. 33 ff. m.w.N.).

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Ein Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. November 2005 war auch nicht wegen des Fehlens einer Rechtsbehelfsbelehrung entbehrlich. Die verfahrensrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung sind in § 58 VwGO abschließend geregelt. Ist die Rechtsmittelbelehrung unterblieben, ist nach § 58 Abs. 2 VwGO die Einlegung des Rechtsbehelfs - abweichend von der sonst maßgeblichen Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO - innerhalb eines Jahres zulässig. Dass ein Rechtsbehelf entbehrlich wird, wenn über ihn nicht belehrt wird, ist dort nicht bestimmt. Damit bleibt es auch im Falle einer fehlenden oder unrichtigen Rechtsmittelbelehrung bei der Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO (Urteil vom 20. April 1994 - BVerwG 11 C 2.93 - BVerwGE 95, 321 = Buchholz 436.36 § 18 BAföG Nr. 13).

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Innerhalb der nach § 58 Abs. 2 VwGO maßgeblichen Jahresfrist hat die Klägerin keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. November 2005 eingelegt. Auch nachdem die Beklagte mit ihrem Klageerwiderungsschriftsatz vom 8. Juni 2006 und damit noch vor Ablauf der Jahresfrist das Fehlen eines Widerspruchsverfahrens ausdrücklich gerügt hatte, hat die Klägerin unter Berufung auf mehrere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur ausnahmsweisen Entbehrlichkeit eines Widerspruchsverfahrens von der (nachträglichen) Einlegung eines Widerspruchs Abstand genommen und keine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO (analog) oder nach § 94 VwGO (vgl. dazu Urteil vom 13. Januar 1983 a.a.O. <345> = juris Rn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 68 Rn. 4 m.w.N.; Geis, in: Sodan/Ziekow, a.a.O. Rn. 118) beantragt.

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Das Widerspruchsverfahren war im vorliegenden Fall auch nicht gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO durch Gesetz ausgeschlossen.

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Da der von der Klägerin begehrte Verwaltungsakt nicht von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde, sondern von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erlassen war/ist, war ein Widerspruchsverfahren auch nicht nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 Nr. 1 VwGO entbehrlich.

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2.2 Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch verkannt, dass die Klage trotz fehlenden Widerspruchsverfahrens nach § 68 VwGO dennoch zulässig ist.

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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist über die gesetzlich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ein Vorverfahren ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn dem Zweck des Vorverfahrens bereits Rechnung getragen ist oder der Zweck des Vorverfahrens ohnehin nicht mehr erreicht werden kann (vgl. dazu u.a. Urteile vom 27. Februar 1963 - BVerwG 5 C 105.61 - BVerwGE 15, 306 <310> = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 2, vom 9. Juni 1967 - BVerwG 7 C 18.66 - BVerwGE 27, 181 <185> = Buchholz 442.15 § 4 StVO Nr. 4, vom 23. Oktober 1980 - BVerwG 2 A 4.78 - Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 14, vom 15. Januar 1982 - BVerwG 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325 <330> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 47, vom 27. September 1988 - BVerwG 1 C 3.85 - Buchholz 130 § 9 RuStAG Nr. 10 und vom 4. August 1993 - BVerwG 11 C 15.92 - Buchholz 436.36 § 46 BAföG Nr. 16).

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Diese Rechtsprechung ist zwar im Fachschrifttum auf Kritik gestoßen (vgl. dazu u.a. Ulrich Meier, Die Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens, 1992, S. 69 ff.; Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 68 Rn. 29 ff.; Rennert, in: Eyermann/Fröhler, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 68 Rn. 29 ff.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 68 Rn. 4 jeweils m.w.N.). Ihr wird vor allem eine Unvereinbarkeit mit dem gesetzlichen Wortlaut und der Systematik sowie dem Zweck der Regelungen der §§ 68 ff. VwGO vorgeworfen.

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Der Senat hält jedoch nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach ein Widerspruchsverfahren nach § 68 VwGO ausnahmsweise dann entbehrlich ist, wenn dessen Zweck bereits Rechnung getragen ist oder der Zweck des Vorverfahrens ohnehin nicht mehr erreicht werden kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Ausgangsbehörde - wie hier nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO - zugleich Widerspruchsbehörde ist und den in Rede stehenden Bescheid aufgrund einer sie bindenden Weisung der (Rechts-)Aufsichtsbehörde erlassen hat, so dass sie bei Fortbestehen der Weisung den Ausgangsbescheid in einem Widerspruchsverfahren ohnehin nicht mehr ändern könnte.

27

Der Wortlaut des § 68 Abs. 1 VwGO steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Aus dem Normtext des § 68 Abs. 1 VwGO ("sind... nachzuprüfen") folgt nur, dass die Durchführung eines Vorverfahrens für die Beteiligten nicht disponibel ist (vgl. Urteile vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 114.81 - BVerwGE 66, 342 <345> = Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 7; Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 68 Rn. 159 m.w.N.). Die Zulässigkeit von (weiteren) Ausnahmen von der Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens über die in §§ 68 ff. VwGO explizit normierten hinaus hängt davon ab, ob diese abschließenden Charakter ("numerus clausus") haben oder nicht. Diese Frage lässt sich anhand des Wortlautes nicht eindeutig entscheiden. Ihre Beantwortung hängt letztlich vom Sinn der in Rede stehenden Regelung(en) ab. Dieser kann angesichts der Offenheit des Wortlautes nur anhand des Regelungszusammenhangs und der Regelungssystematik, der Gesetzeshistorie sowie der mit der Regelung ersichtlich intendierten Zwecksetzung(en) festgestellt werden.

28

Die Entstehungsgeschichte der Regelungen der §§ 68 ff. VwGO ist hinsichtlich der Voraussetzungen einer (ausnahmsweisen) Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens nicht ergiebig. Die Frage, ob ein Vorverfahren nach §§ 68 ff. VwGO - über die im Gesetz normierten Fälle hinaus - ausnahmsweise auch in weiteren Fällen entbehrlich sein kann, ist, soweit ersichtlich, weder in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BTDrucks 3/55 S. 38 und S. 72 ff.) noch in den Gesetzesberatungen im Parlament thematisiert worden. Im Verlauf der Beratungen des Rechtsausschusses des Bundestages wurde von dem Vertreter der Bundesregierung allerdings darauf hingewiesen, dass der Regierungsentwurf hinsichtlich der Regelung zum Vorverfahren "nicht etwas völlig Neues enthalte, sondern an alte Vorbilder anknüpfe und versuche, diese in ein möglichst gutes Gleis zu bringen" (vgl. die Nachweise bei von Mutius, Das Widerspruchsverfahren der VwGO als Verwaltungsverfahren und Prozessvoraussetzung, 1969, S. 102 ff. m.w.N.). Damit war auch - jedenfalls implizit - die vor Inkrafttreten der VwGO zu den Vorgängerregelungen ergangene Rechtsprechung einbezogen. Da sich in den Gesetzgebungsmaterialien keine Hinweise darauf finden, dass der Gesetzgeber der VwGO in der Frage der Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens eine Korrektur der damals bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen einer Entbehrlichkeit des Vorverfahrens (vgl. u.a. Urteile vom 27. Januar 1954 - BVerwG 2 C 113.53 - BVerwGE 1, 72 = Buchholz 332 § 44.MRVO Nr. 1, vom 3. Dezember 1954 - BVerwG 2 C 100.53 - BVerwGE 1, 247 <249>, vom 6. März 1959 - BVerwG 7 C 71.57 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 10 = DVBl 1959, 777 und vom 18. Dezember 1959 - BVerwG 7 C 95.57 - BVerwGE 10, 82 = Buchholz 401.62 Getränkesteuer Nr. 4) vornehmen wollte, liegt der Schluss nahe, dass die §§ 68 ff. VwGO auch insoweit "nicht etwas völlig Neues" in Kraft setzten, sondern "an alte Vorbilder" anknüpfen wollten. Jedenfalls ergibt sich damit aus der Gesetzgebungsgeschichte im Rahmen der sog. historischen Auslegung der hier in Rede stehenden Vorschriften kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass die damals bereits ergangene und vorliegende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur ausnahmsweisen Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens in den Fällen, in denen dessen Zweck bereits Rechnung getragen ist oder der Zweck des Vorverfahrens ohnehin nicht mehr erreicht werden kann, durch den Gesetzgeber der neuen VwGO korrigiert werden sollte.

29

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Gesetzessystematik, namentlich aus dem Regelungszusammenhang, in dem die in § 68 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1, § 68 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 Nr. 1 und Nr. 2 sowie in § 75 VwGO normierten Ausnahmen von der Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens stehen. Für die in diesen Vorschriften normierten Abweichungen ("Ausnahmen") waren jeweils spezifische Gründe und Motive des Gesetzgebers maßgebend. Zwischen der in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO normierten Grundregelung und den zitierten Vorschriften besteht ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Ausnahmevorschriften sind einer erweiternden Auslegung, insbesondere im Wege der Analogie, nicht zugänglich (vgl. dazu u.a. Urteile vom 17. Dezember 1996 - BVerwG 1 C 24.95 - Buchholz 451.29 Schornsteinfeger Nr. 40 Rn. 26, vom 21. Juni 2005 - BVerwG 2 WD 12.04 - NJW 2006, 77 <98 >= juris Rn. 249 und vom 17. August 2005 - BVerwG 6 C 15.04 - BVerwGE 124, 110 <121 ff.> = juris Rn. 37 ff.; Muscheler, in: Drenseck/Seer (Hrsg.), Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 135 ff.<154 ff., 157 ff.>). Um eine solche Erweiterung durch Analogiebildung geht es aber nicht , wenn sich aus Sinn und Zweck der Regelung eine weitere, wenn auch im Gesetz nicht ausdrücklich normierte Ausnahme vom Erfordernis des Widerspruchsverfahrens ergibt und der Regeltatbestand deshalb einschränkend ausgelegt werden muss. Dies gilt namentlich für den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts konkretisierten Fall, dass der Gesetzeszweck ein Widerspruchsverfahren deshalb nicht (mehr) gebietet und erfordert, weil im konkreten Fall dem Zweck des Vorverfahrens bereits Rechnung getragen ist oder der Zweck des Vorverfahrens ohnehin nicht mehr erreicht werden kann.

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Das Vorverfahren soll zum einen im öffentlichen Interesse eine Selbstkontrolle der Verwaltung durch die Widerspruchsbehörde ermöglichen. Außerdem soll es zu einem möglichst effektiven individuellen Rechtsschutz beitragen; für den Rechtsuchenden soll eine gegenüber der gerichtlichen Kontrolle zeitlich vorgelagerte und ggf. erweiterte Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet werden, was insbesondere etwa bei der Kontrolle von Ermessensentscheidungen z.B. im Hinblick auf die im Widerspruchsverfahren für die Widerspruchsbehörde gegebene Möglichkeit einer Prüfung auch der Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts von Bedeutung sein kann. Schließlich soll das Vorverfahren im öffentlichen Interesse die Gerichte entlasten und damit Ressourcen schonen helfen ("Filterwirkung"). Diese dreifache normative Zwecksetzung eines Widerspruchsverfahrens ist allgemein anerkannt (vgl. dazu die Nachweise zur Rechtsprechung und Fachliteratur u.a. bei Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, Vorb. § 68 Rn. 1; Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 68 Rn. 1 FN. 1 und Rn. 2 ff.). Da das Widerspruchsverfahren weder allein den Interessen der Verwaltung noch allein denen des Betroffenen, sondern mehreren Zwecken und damit insgesamt jedenfalls auch dem öffentlichen Interesse an einer über den Gesichtspunkt des Individualrechtsschutzes hinausgehenden (Selbst-)Kontrolle der Verwaltung und einer Entlastung der Verwaltungsgerichte dient, steht es weder im Belieben der Verwaltungsbehörden noch in dem des jeweiligen Rechtsschutzsuchenden, hierauf umstandslos zu verzichten. Wenn allerdings die genannten Zweck(e) eines Vorverfahrens schon auf andere Weise erreicht worden sind oder nicht mehr erreicht werden können, wäre ein Widerspruchsverfahren funktionslos und überflüssig (stRspr, vgl. u.a. Urteile vom 9. Juni 1967 - BVerwG 7 C 18.66 - BVerwGE 27, 181 <185>, insoweit nicht vollständig abgedruckt = Buchholz 442.15 § 4 StVO Nr. 4, vom 23. März 1982 - BVerwG 1 C 157.79 - Buchholz 451.25 LadschlG Nr. 20 S. 1 <6>, vom 24. Juni 1982 - BVerwG 2 C 91.81 - BVerwGE 66, 39 <41> = Buchholz 232 § 61 BBG Nr. 4 und § 62 BBG Nr. 2, vom 2. September 1983 - BVerwG 7 C 97.81 - Buchholz 442.03 § 9 GüKG Nr. 13 = juris Rn. 8 ff., vom 17. August 1988 - BVerwG 5 C 78.84 - Buchholz 424.01 § 65 FlurbG Nr. 5 S. 7<9>, vom 27. September 1988 - BVerwG 1 C 3.85 - Buchholz 130 § 9 RuStAG Nr. 10 S. 37<38 f.>, vom 21. September 1989 - BVerwG 2 C 68.86 - Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 15 S. 8<10>, vom 18. Mai 1990 - BVerwG 8 C 48.88 - BVerwGE 85, 163 <168> = DVBl 1990, 1350, vom 4. August 1993 - BVerwG 11 C 15.92 - Buchholz 436.36 § 46 BAföG Nr. 16 = NVwZ 1995, 76 und vom 20. April 1994 - BVerwG 11 C 2.93 - BVerwGE 95, 321 = Buchholz 436.36 § 18 BAföG Nr. 13 = juris Rn. 18). Ob diese Voraussetzung im konkreten Fall vorliegt, bestimmt sich freilich nicht nach der subjektiven Einschätzung der Behörde oder des Rechtsschutzsuchenden. Vielmehr ist auf einen objektivierten Beurteilungsmaßstab abzustellen.

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Ungeachtet der Frage, ob im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bereits ein hilfsweises Einlassen in der Sache durch die beklagte Behörde ausreicht, um von einem Erreichen der dem Gesetz zugrunde liegenden Regelungszwecke der §§ 68 ff. VwGO auszugehen (bejahend: u.a. Urteile vom 23. Oktober 1980 - BVerwG 2 A 4.78 - Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 14, vom 2. September 1983 - BVerwG 7 C 97.81 - Buchholz 442.03 § 9 GüKG Nr. 13 = NVwZ 1984, 507 und vom 9. Mai 1985 - BVerwG 2 C 16.83 - Buchholz 421.20 Hochschulpersonalrat Nr. 14 = NVwZ 1986, 374 = juris Rn. 21; verneinend: Beschluss vom 26. September 1989 - BVerwG 8 B 39.89 - Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 35 = juris Rn. 8), können die vom Gesetz normierten Zwecke eines Vorverfahrens unabhängig von der subjektiven Einschätzung der Prozessbeteiligten objektiv jedenfalls dann nicht (mehr) erreicht werden, wenn die Behörde durch die zuständige Aufsichtsbehörde zu ihrer Entscheidung verbindlich angewiesen worden ist (vgl. Urteile vom 23. Oktober 1980 a.a.O. und vom 27. September 1988 a.a.O.). Denn im Rahmen eines (nachgeholten) Widerspruchsverfahrens bestünde dann die in § 72 VwGO vorgesehene Abhilfemöglichkeit nicht mehr, so dass angesichts der rechtlichen Bindung der Behörde durch die aufsichtsbehördliche Weisung die von §§ 68 ff. VwGO bezweckte "Selbstkontrolle der Verwaltung" (durch die Widerspruchsbehörde) nicht mehr erreichbar wäre. Damit könnte das Widerspruchsverfahren auch nicht mehr den weiteren normativen Zweck erfüllen, für den Rechtsuchenden eine gegenüber der gerichtlichen Kontrolle zeitlich vorgelagerte und ggf. erweiterte Rechtsschutzmöglichkeit zu eröffnen. Angesichts der rechtlichen Bindung der Widerspruchsbehörde wäre auch der mit dem Widerspruchsverfahren intendierte dritte normative Zweck nicht mehr erreichbar, die Gerichte zu entlasten ("Filterwirkung").

32

Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn das Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg hatte in seiner Eigenschaft als Rechtsaufsichtsbehörde der beklagten Steuerberaterkammer diese nach § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG zur mit dem Bescheid vom 11. November 2005 dann auch erfolgten Festsetzung der angemessenen Abwicklervergütung angewiesen. Hieran war die Beklagte gebunden.

33

Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass das an die Beklagte gerichtete Schreiben des Finanzministeriums vom 4. November 2005 nicht lediglich eine "Empfehlung" bzw. "Bitte" darstellt. Denn unbeschadet der höflich gehaltenen Formulierung wird die Beklagte darin durch ihre Aufsichtsbehörde aufgefordert, die Vergütung "unter Beachtung der vorstehenden Kriterien" festzusetzen. Der Erklärungsgehalt des Schreibens lässt nach dem gemäß §§ 133, 157 BGB (analog) maßgeblichen objektivierten Empfängerhorizont keinen Zweifel daran aufkommen, dass die vom Finanzministerium vorgetragene "Bitte" als verbindliche Weisung zu verstehen war.

34

Der verbindliche "Aufsichtscharakter" des Schreibens wird zudem bei Berücksichtigung der maßgeblichen, dem Adressaten bekannten näheren Umstände seines Zustandekommens und Ergehens deutlich. Bereits mit Schreiben vom 4. August 2005, das der Beklagten zur Kenntnis gegeben wurde, hatte das Finanzministerium auf die unter Vorlage der Akten durch das Landgericht M. erfolgte Anfrage diesem mitgeteilt, es teile die "vorläufig geäußerte Rechtsauffassung des Gerichts in Bezug auf die Pflicht der Steuerberaterkammer N., die umstrittene Verfügung für die Abwicklung festzusetzen". Dabei wird vom Finanzministerium ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein rechtlicher Spielraum für eine andere Interpretation der Vorschriften entgegen der Auffassung der Steuerberaterkammer nicht bestehe. Sowohl die deutliche Formulierung des Schreibens als auch die Tatsache, dass sich das Finanzministerium mit seiner Auffassung "nach außen" hin im amtlichen Verkehr mit einem Gericht festgelegt hat, sprechen dafür, dass es sich nicht um eine bloße Meinungsäußerung oder Empfehlung, sondern um eine verbindliche Auskunft gegenüber dem anfragenden Gericht handelte. Das Schreiben des Finanzministeriums vom 7. September 2005 bestätigte gegenüber der Beklagten, dass eine Rechtspflicht der Beklagten zur Festsetzung der angemessenen Abwicklervergütung bestehe. Zu Recht ist der Verwaltungsgerichtshof deshalb davon ausgegangen, dass die in diesem Schreiben enthaltenen Hinweise auf die "Staatsaufsicht", auf die bislang fehlende Abstimmung durch die Beklagte sowie auf die Möglichkeit einer Vergütungsfestsetzung von Amts wegen durch das Finanzministerium keinen Zweifel an dessen Durchsetzungswillen lassen. Nachdem die Beklagte hiergegen Einwände erhoben hatte, hielt das Landesfinanzministerium dann mit seinem an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 4. November 2005 an seiner Rechtsauffassung ausdrücklich fest und bekräftigte sie unmissverständlich.

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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs enthält das Schreiben des Finanzministeriums vom 4. November 2005 eine verbindliche Vorgabe allerdings nicht nur bezüglich der Verpflichtung der Beklagten, überhaupt eine Vergütung festzusetzen, sondern auch bezogen auf die umstrittene Höhe der angemessenen Vergütung. Die gegenteilige Auslegung des Berufungsgerichts verletzt revisibles Recht.

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Der Senat ist befugt, die Auslegung dieses Schreibens durch die Vorinstanz in der Revision am Maßstab der §§ 133, 157 BGB zu überprüfen (vgl. Urteile vom 9. Juni 1983 - BVerwG 2 C 34.80 - BVerwGE 67, 222 <234> = Buchholz 238.5 § 26 DRiG Nr. 1, vom 27. September 1990 - BVerwG 4 C 44.87 - BVerwGE 85, 348 <366> = Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 9, vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <286> = Buchholz 237.7 § 72 NWLBG Nr. 4 und vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 <212 f. Rn. 17 ff. > m.w.N. = Buchholz 316 § 35 VwVfG Nr. 60; vgl. auch Eichberger, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Rn. 156 zu § 137), die im öffentlichen Recht entsprechend anzuwenden sind (vgl. dazu u.a. Urteile vom 12. Dezember 2001 - BVerwG 8 C 17.01 - BVerwGE 115, 302 <307> = Buchholz 310 § 69 VwGO Nr. 7 und vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 <160> m.w.N. = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264; Vogenauer, §§ 133, 157, Auslegung, in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, Band I, 2003, S. 562 <583 ff. Rn. 33 ff. und Rn. 44 ff.> m.w.N.). Danach ist nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Es kommt entscheidend auch nicht auf den inneren Willen des Erklärenden, sondern darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen ist ("objektivierter Empfängerhorizont"). Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er aus der Erklärung und sonstigen Umständen für den Erklärungsempfänger erkennbar wird (vgl. Urteil vom 27. April 1990 - BVerwG 8 C 70.88 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 9 S. 1<5>). Die Auslegung muss sich auf die Erklärung in ihrer Gesamtheit und das mit ihr erkennbar verfolgte Ziel beziehen (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 1 B 110.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 6 S. 12<14>, Urteil vom 12. Dezember 2001 a.a.O. und hat unter Berücksichtigung aller dem Erklärungsempfänger objektiv erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu erfolgen (Urteil vom 15. November 2000 - BVerwG 8 C 28.99 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 40 S. 31<32>). Dabei ist auf den Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung beim Erklärungsempfänger abzustellen (vgl. Beschluss vom 13. September 1999 - BVerwG 11 B 14.99 - NVwZ-RR 2000, 135 und Urteil vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <279> = Buchholz 406.27 § 31 BBerG Nr. 2).

37

Der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Bestimmung des Regelungsgehalts des Schreibens des Finanzministeriums vom 4. November 2005 diese Auslegungsmaßstäbe in bundesrechtswidriger Weise angewandt und deshalb zu Unrecht verneint, dass auch hinsichtlich der im Schreiben erwähnten Maßstäbe für die Festsetzung der angemessenen Abwicklervergütung eine verbindliche Anordnung getroffen worden ist.

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Eine solche Zielrichtung des Schreibens ergibt sich bereits daraus, dass es sich - für den Erklärungsempfänger klar erkennbar - gerade auch mit Einzelfragen der Höhe der Festsetzung der streitigen Vergütung befasst. Zum einen wird "aus der Sicht des Finanzministeriums" - in zeitlicher Hinsicht - festgestellt, dass die Praxisabwicklung ab Januar 1999 erfolgte und spätestens im Juni 1999 durch die Aufgabe von Verkaufsanzeigen abgeschlossen wurde. Des Weiteren wird in dem Schreiben ausgeführt, dass es "im vorliegenden Fall", also konkret bezogen auf die bestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen der Klägerin und der Beklagten, angemessen erscheine, die Durchschnittsvergütung eines angestellten Steuerberaters als "Maßstab für die Abwicklervergütung" heranzuziehen. Im anschließenden Schlussabsatz des Schreibens weist dann das Ministerium die Beklagte ausdrücklich an, "unter Beachtung der vorstehenden Kriterien die Abwicklervergütung festzusetzen". Mit "vorstehenden Kriterien" waren ersichtlich alle in dem Schreiben zuvor dargestellten und für die Festsetzung der Vergütung maßgeblichen Kriterien gemeint. Der unmittelbar davor behandelte "Maßstab der Abwicklervergütung" war davon nicht ausgenommen. Das Schreiben war nach seinem für die Beklagte objektiv erkennbaren Sinngehalt insgesamt darauf gerichtet, diese zu veranlassen, aus Rechtsgründen eine bestimmte Einzelfallregelung mit öffentlich-rechtlichem Charakter, nämlich die von der Klägerin auf Anraten des Landgerichts beantragte Festsetzung der angemessenen Vergütung, unter Zugrundelegung der "Durchschnittsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung" vorzunehmen. Für die objektive Erkennbarkeit des - auch auf den Maßstab für die Abwicklervergütung bezogenen - Weisungscharakters des Schreibens des Finanzministeriums vom 4. November 2005 ist nicht entscheidend, dass es keine präzise Festlegung auf einen bestimmten ziffernmäßigen Festsetzungsbetrag hinsichtlich der Vergütung enthielt. Das Finanzministerium gab der Beklagten einen handhabbaren Berechnungsmaßstab an die Hand, den die Beklagte dann auch ihrem Festsetzungsbescheid vom 11. November 2005 zugrunde legte. Die betragsmäßige Höhe dieser Durchschnittsvergütung eines angestellten Steuerberaters ließ sich, was die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt hat, dem ihr verfügbaren statistischen Datenmaterial entnehmen. Dementsprechend ist die Beklagte auch verfahren und kam damit - wie sie selbst in ihrem Bescheid vom 11. November 2005 zum Ausdruck gebracht hat - ungeachtet ihrer gegenteiligen Rechtsauffassung der an sie ergangenen Anweisung nach. Dabei gab sie kund, auch "bei der Bemessung der Höhe der Vergütung" habe sie sich "an dem Hinweis im Schreiben des Finanzministeriums B. vom 4. November 2005 orientiert", der auf die in mehreren ihr bekannten Gerichtsentscheidungen entwickelten Grundsätze zurückgehe.

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Die von der Beklagten angeführten späteren Erklärungen des Finanzministeriums (Schreiben vom 17. November 2005 sowie dessen E-mail-Korrespondenz mit der Beklagten vom 27. Februar 2009) sind für die Auslegung unerheblich. Denn dafür kommt es auf die Umstände zum Zeitpunkt ihres Zugangs beim Erklärungsempfänger an. Spätere Erklärungen und Stellungnahmen vermögen den objektiven Erklärungsgehalt der auszulegenden Willenserklärung nicht mehr zu beeinflussen.

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Entgegen der Auffassung der Beklagten ändert auch der Umstand, dass dem Finanzministerium nur die Rechtsaufsicht, jedoch nicht die Fachaufsicht gegenüber der beklagten Steuerberaterkammer obliegt, nichts am festgestellten Inhalt des (Anweisungs-)Schreibens vom 4. November 2005. Für die Auslegung und die Ermittlung des Regelungsgehalts des Schreibens ist nur der geäußerte Wille des Erklärenden entscheidend, aber nicht, ob dieses rechtmäßig war, insbesondere ob es sich innerhalb der rechtlichen Grenzen hielt, die dem Finanzministerium als Rechtsaufsichtsbehörde nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes gegenüber der Beklagten als Selbstverwaltungskörperschaft gezogen sind.

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Da der Verwaltungsgerichtshof die Berufung wegen des fehlenden Widerspruchsverfahrens und der daraus abgeleiteten Unzulässigkeit der Klage abgewiesen hat, beruht sein Urteil auf dem festgestellten Verstoß gegen Bundesrecht und stellt sich im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Der Senat kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die auf die Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung einer angemessenen Vergütung in der im Klageantrag genannten Höhe gerichtete Klage trotz ihrer Zulässigkeit abzuweisen ist. Die dafür notwendige Sachprüfung muss zunächst vom Berufungsgericht vorgenommen werden.

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Auf die Revision der Klägerin war deshalb das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.