Verwaltungsgericht Trier Urteil, 24. Juni 2010 - 3 K 101/10.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2010:0624.3K101.10.TR.0A
bei uns veröffentlicht am24.06.2010

Tenor

Der Beklagte wird aus dem Dienst entfernt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des behördlichen Disziplinarverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Zahlung oder Hinterlegung einer Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.

2

Der am ... 1958 in ... geborene Beklagte steht als Polizeihauptkommissar im Dienst des klagenden Landes. Im Anschluss an den Besuch der Grund- und Hauptschule besuchte er das Staatliche Aufbaugymnasium in ..., von dem er in der Jahrgangsstufe 11 abging. Am ... 1976 wurde der Beklagte als Polizeiwachtmeister in den Polizeidienst des Landes Rheinland-Pfalz eingestellt. Nach Abschluss seines Vorbereitungsdienstes bei der Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz legte er am 28. März 1980 seine Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeidienst ab. Am 10. Juni 1998 folgte die Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeidienst bei der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung Rheinland-Pfalz.

3

In der Zeit vom 03. Juli 1978 bis 31. Juli 1980 wurde der Beklagte als Polizeihauptwachtmeister bei der Kreisverwaltung ... (Polizeiamt ...) und im Anschluss hieran als Polizeihauptwachtmeister, Polizeimeister (ab 01. Juni 1981) und Polizeiobermeister (ab 18. Mai 1988) bei der Kreisverwaltung ... (Schutzpolizeiinspektion ...) eingesetzt. Seit dem 01. September 1993 verrichtete er seinen Dienst beim Polizeipräsidium ... / Polizeiinspektion ..., zunächst als Polizeiobermeister und nach durchlaufenen Beförderungen seit dem 18. Mai 2005 als Polizeihauptkommissar.

4

In seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom ... 2005 wurden seine Leistungen mit der Gesamtbewertung "A" beurteilt.

5

Der Beklagte ist seit dem ... 1984 verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Mit Bescheid vom ... 2009 wurde bei ihm ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt.

6

Straf- und disziplinarrechtlich ist der Beklagte bislang nicht in Erscheinung getreten.

7

Mit Verfügung vom 06. Dezember 2007 wurde gegen den Beklagten wegen des Verdachts eines Dienstvergehens das vorliegende Disziplinarverfahren eingeleitet und mit Rücksicht auf ein sachgleiches Strafverfahren wegen Urkundenfälschung und Betrugs (Staatsanwaltschaft ..., Az. 8003 Js 27215/07) ausgesetzt. Dem Beklagten wurde vorgeworfen, im Mai 2007 gefälschte Gebührenquittungen hergestellt und diese in der Folgezeit bei Verkehrskontrollen verwendet zu haben, um von den kontrollierten Verkehrsteilnehmern wegen angeblicher Fahrzeugmängel ein Verwarnungsgeld zu verlangen und die Zahlung zu quittieren.

8

Mit Verfügung vom 19. Dezember 2007 wurde dem Beklagten die Führung seiner Dienstgeschäfte untersagt. Im Anschluss hieran wurde er mit Verfügung vom 26. Februar 2008 vorläufig des Dienstes enthoben.

9

Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren führte zu einer Verurteilung des Beklagten zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten wegen Betruges und Urkundenfälschung jeweils in besonders schwerem Fall durch das Amtsgericht ... mit Urteil vom 11. August 2009 (Az.: 8003 Js 27215/07 Ds), deren Vollstreckung für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darüber hinaus wurde dem Beklagten die Auflage erteilt, einen Geldbetrag in Höhe von 900,- Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Das Urteil wurde am 19. August 2009 rechtskräftig.

10

Das Disziplinarverfahren wurde nachfolgend mit Verfügung vom 05. November 2009 fortgesetzt, wobei angesichts der umfassenden Beweiserhebung im Strafverfahren auf die Durchführung disziplinarer Ermittlungen verzichtet wurde. Dem Beklagten wurde Gelegenheit gegeben, weitere Ermittlungen sowie hinsichtlich der beabsichtigten Erhebung der Disziplinarklage die Mitbestimmung der Personalvertretung zu beantragen.

11

Auf Antrag des Beklagten wurde die Personalvertretung beteiligt, die der Erhebung der Disziplinarklage zustimmte.

12

Mit Schreiben vom 26. November 2009 regte der Verfahrensbevollmächtigte des Beklagten weitere Ermittlungen an, und legte eine ärztliche Bescheinigung der Praxis Dr. ..., vom 22. Juli 2009 vor. Er wies im Übrigen darauf hin, dass der im Strafverfahren beauftragte Sachverständige Professor Dr. ... in seinem Gutachten vom 23. Juni 2008 zu dem Ergebnis gelangt sei, der Beamte habe die Anlasstaten 2007 zwar nicht in einem Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen, wohl aber während einer subjektiv und objektiv belastenden Lebensphase, die nunmehr überwunden sei. In diesem Zusammenhang sei die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03. Mai 2007, Az. 2 C 9/06 zu berücksichtigen.

13

Nachdem der Beklagte einen Bescheid des Amtes für soziale Angelegenheiten vom ... 2009 vorgelegt hatte, aus dem sich ein Grad der Behinderung von 50 (1. Psychische Erkrankung, Persönlichkeitsstörung [50], 2. Ohrgeräusche [10]) ergibt, wurde ihm mit Schreiben vom 13. Januar 2010 Gelegenheit gegeben, die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung zu beantragen sowie sich innerhalb der Frist von einem Monat nach Zugang des Schreibens abschließend schriftlich zu äußern.

14

Durch Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 28. Januar 2010 beantragte der Beklagte die Mitwirkung der Schwerbehindertenvertretung, die unter dem 17. Februar 2010 eine Stellungnahme abgab.

15

Am 09. März 2010 hat der Kläger Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Dienst erhoben. Dem Beamten wird zur Last gelegt, seine Hingabepflicht, seine Pflicht zu einem achtungs- und vertrauensgerechten Verhalten sowie die Pflicht zur Wahrung des Ansehens der Polizei in der Öffentlichkeit schuldhaft verletzt zu haben, indem er im Mai 2007 insgesamt fünf Gebührenquittungen selbst hergestellt und drei dieser Quittungen bei Verkehrskontrollen zur Ahndung von tatsächlich nicht begangenen Verkehrsverstößen eingesetzt habe. Dabei habe er das vereinnahmte Geld, entsprechend einem zuvor gefassten Entschluss, für sich verwandt. Dieser Sachverhalt stehe fest aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts ... vom 11. August 2009 und sei im vorliegenden Verfahren bindend. Durch die planmäßig verübten Straftaten des Betruges und der Urkundenfälschung habe er in eklatanter Weise seine Pflichten verletzt. Erschwerend sei zu berücksichtigen, dass er als Polizeibeamter zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten dienstlich verpflichtet sei und von ihm in besonderem Maße ein gesetzeskonformer Lebenswandel erwartet werde. In Anbetracht der gravierenden Verfehlungen im Kernbereich seiner Dienstpflichten sowie der damit gezeigten schwerwiegenden Charaktermängel, sei dem Dienstherrn eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beklagten nicht mehr zuzumuten. Eine weitere Verwendung im Polizeidienst sei auch mit Blick auf die Resonanz in der Öffentlichkeit, welche von Polizeibediensteten ein erhöhtes Maß an charakterlicher Integrität erwarte, nicht vermittelbar. Gründe für einen Schuldausschluss bzw. für eine erhebliche Verschuldensminderung lägen ausweislich des im Strafverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Professor Dr. ... vom 23. Juni 2008 nicht vor. Auch die dem Beklagten bescheinigte günstige Zukunftsprognose könne diesen nicht durchgreifend entlasten, da vorliegend keiner der im Rahmen der Zumessungskriterien zu berücksichtigenden anerkannten Milderungsgründe gegeben sei. Die Anwendbarkeit des Milderungsgrundes einer psychischen Ausnahmesituation scheide bereits mangels Kausalität zwischen seelischem Schockzustand und Fehlverhalten aus, da derjenige, der durch ein bestimmtes, schockartig wirkendes Ereignis vorübergehend in seinem Denken und Handeln beeinträchtigt sei, deshalb nicht zwangsläufig die in Rede stehenden Straftaten verüben müsse. Für die Annahme einer einmaligen persönlichkeitsfremden kurzschlussartigen Augenblickstat verbleibe angesichts der geplanten und wiederholten Tatausführung kein Raum. Auch sei die in der Rechtsprechung angenommene Geringwertigkeitsgrenze überschritten. Seine bisherige Unbescholtenheit, sein soziales Engagement, seine damalige belastende - und zwischenzeitlich überwundene - Lebensphase sowie seine Bemühungen zur Vermeidung eines Wiederholungsfalles träten hinter der besonderen Schwere des Dienstvergehens sowie den hieraus resultierenden irreparablen Vertrauensverlust zurück.

16

Der Kläger beantragt,

17

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

18

Der Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Den ihm zur Last gelegten Sachverhalt streite er nicht ab. Dennoch sei er für die geschilderten Taten nicht zur Rechenschaft zu ziehen, weil er zum damaligen Zeitpunkt schuldunfähig gewesen sei. Er habe zum Tatzeitpunkt unter einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen gelitten, wobei diese Symptomatik in dem Gutachten des Professor Dr. ... nicht berücksichtigt worden sei. Die Taten seien völlig persönlichkeitsfremd. Dies sei ein Umstand, der auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer Entfernung aus dem Dienst entgegenstehen könne.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungs- und Personalakten verwiesen. Diese lagen dem Gericht vor und waren ebenso wie die Akten der Staatsanwaltschaft ... (Az.: 8003 Js 27215/07) Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

22

Der Beklagte hat sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht, das unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Umfangs, in dem er seine Pflichten verletzt und das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit beeinträchtigt hat, sowie unter angemessener Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes die Entfernung aus dem Dienst (§§ 3 Abs. 1 Nr. 5, 8, 11 des Landesdisziplinargesetzes - LDG - ) erforderlich macht.

23

Das der Klageerhebung vorangegangene Disziplinarverfahren ist ordnungsgemäß durchgeführt worden. Insbesondere wurden innerhalb der Frist des § 64 LDG keine wesentlichen Mängel des behördlichen Verfahrens oder der Klageschrift geltend gemacht.

24

In der Sache steht fest, dass sich der Beklagte eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht hat. Nach § 85 Abs. 1 Landesbeamtengesetz - LBG- bzw. § 47 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - BeamtStG - begeht der Beamte ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Zu den elementaren und im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes unabdingbaren Verhaltensgeboten gehört die sich aus § 64 S. 3 LBG bzw. § 34 S. 3 BeamtStG ergebende Pflicht des Beamten, sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes so auszurichten, dass es der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf erfordert. Hierzu gehört insbesondere die Pflicht, sich gesetzestreu zu verhalten und nicht gegen Strafgesetze zu verstoßen. Nach § 214 LBG hat ein Polizeibeamter zudem neben den allgemeinen Pflichten die im Wesen des Polizeidienstes begründete besondere Pflicht, das Ansehen der Polizei zu wahren, Dienstzucht zu halten und sich rückhaltlos für den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einzusetzen. Gegen diese Dienstpflichten hat der Beklagte durch das Herstellen von Gebührenquittungen und den Einsatz von drei der insgesamt fünf selbst hergestellten Quittungen in einem solchen Maß verstoßen, welches die Entfernung des Beamten aus dem Dienst erforderlich macht.

25

Die dieser rechtlichen Würdigung zugrunde liegenden Tatsachen ergeben sich aus den Gründen des rechtskräftige Strafurteils des Amtsgerichts ... vom 11. August 2009 (Az.: 8003 Js 27215/07 - 3 Ds). In dem Urteil ist unter anderem ausgeführt:

26

"... Der Angeklagte litt in der Vergangenheit wiederholt unter Depressionen. Erstmals traten diese 1997 während seines berufsbegleitenden Studiums an der Fachhochschule auf. Der Angeklagte behandelte diese Depressionen ohne ärztliche Hilfe durch die Einnahme von Anti-Depressiva. In den Jahren 2003 und 2004 traten erneut Depressionen bei dem Angeklagten auf. Zur damaligen Zeit litt die Tochter des Angeklagten unter epileptischen Anfällen und bei ihr wurde das Guillain-Barre-Syndrom diagnostiziert. Bei dem Guillain-Barre-Syndrom handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung der aus dem Rückenmark hervorgehenden Nervenwurzeln und der peripheren Nerven mit Lähmungserscheinungen, die typischerweise an den Beinen beginnt und sich bis hin zur Atemlähmung ausbreiten kann. Darüber hinaus hatte der Angeklagte den Eindruck, sich in einer finanziellen Notlage zu befinden, da er Schulden aus einer Darlehensverbindlichkeit für den Bau eines Hauses in Höhe von 160.000,- Euro hatte. Im Jahr 2005 klang die Depression des Angeklagten ab und trat erst im Jahr 2007 wieder auf. Damals musste sich die Ehefrau des Angeklagten wegen eines Bandscheibenvorfalls einer Operation unterziehen und befand sich zugleich in medizinischer Behandlung wegen einer Veränderung des Hautbildes. Aufgrund der Nutzung eines Dispositionskredits in Höhe von 3.000,- Euro und des Kredits für den Hausbau unterlag der Angeklagte weiterhin dem Eindruck, sich in einer finanziellen Notlage zu befinden.

27

Nach den Taten, die Gegenstand dieses Urteils sind, befand sich der Angeklagte von Juli 2007 bis Januar 2008 und von März 2009 bis April 2009 in der Psychiatrie ...

II.

28

Die Hauptverhandlung hat aufgrund des Geständnisses des Angeklagten und der Auswertung der aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlichen Urkunden zu folgenden Feststellungen geführt:

29

Im Mai 2007 stellte der Angeklagte in einer Nacht einige Tage vor dem 13.05.2009 mittels eines Computers, eines Perforationsgeräts und eines Tintenstrahldruckers fünf Gebührenquittungen her, die in ihrem Aussehen den von der örtlichen Polizei verwendeten Gebührenquittungen bei Verkehrskontrollen weitgehend entsprachen und lediglich kleinere Unterschiede zu diesen aufwiesen. Der Angeklagte wollte diese Gebührenquittungen im Rahmen von Verkehrskontrollen einsetzen, um von den kontrollierten Verkehrsteilnehmern für tatsächlich nicht vorliegende Verkehrsverstöße ein Verwarnungsgeld zu kassieren. Mit den auf diesem Wege erhaltenen finanziellen Mitteln wollte er seinen unter Ziffer I genannten Dispositionskredit ausgleichen.

30

Der Angeklagte stellte die zuvor genannten Gebührenquittungen zunächst ohne eine Vergleichsvorlage aus dem Gedächtnis her und veränderte diese in den nachfolgenden Tagen, um sie an die von der Polizei verwendeten Original-Gebührenquittungen anzugleichen. Die durch den Angeklagten hergestellten Gebührenquittungen wiesen die Kenn-Nr. 1379 auf und unterschieden sich leicht in ihrem Schriftbild, in ihrer farblichen Gestaltung, dem Wortlaut des abgedruckten Verwarnungstextes sowie durch das Fehlen des Siegels mit dem Wappen von Rheinland-Pfalz und der Inschrift 'Polizeipräsidium ...' von den von der Polizei verwendeten Original-Gebührenquittungen. Farblich waren die vom Angeklagten hergestellten Gebührenquittungen blau, rot und weiß gestaltet, während die Original-Gebührenquittungen blau, orange, und weiß gestaltet sind.

31

Der Angeklagte verwendete drei der fünf selbst hergestellten Gebührenquittungen in der Folgezeit bei Verkehrskontrollen, in denen er den kontrollierten Verkehrsteilnehmern in seiner Funktion als Polizeibeamter während des Dienstes und in Uniform gegenüber trat. Diese Kontrollen vollzogen sich im Einzelnen wie folgt:

32

In der Nach vom 13. auf den 14.05.2007 führte die Polizeiinspektion ... auf der B ... zwischen ... und der Tankstellenanlage ... eine Lkw-Kontrolle durch, in deren Verlauf der spanische Staatsangehörige ... durch eine Streifenwagenbesatzung bestehend aus Polizeioberkommissar ... und dem Angeklagten wegen eines Verkehrsverstoßes angehalten und kontrolliert wurde. Bei der Kontrolle von Herrn ... verbliebt Polizeioberkommissar ... in dem Streifenwagen, während der Angeklagte in das Führerhaus des von Herr ... gesteuerten Lkw einstieg und dort Herrn ... aufforderte, wegen weiterer angeblicher Mängel, die tatsächlich nicht vorlagen, ein Verwarngeld in Höhe von insgesamt 70,- Euro zu zahlen. Herr ..., der der deutschen Sprache nur teilweise mächtig ist, verstand aufgrund seiner Sprachschwierigkeiten die behaupteten Mängel nicht - was dem Angeklagten auch bewusst war und dessen Absicht entsprach - zahlte aber unter dem Eindruck, dass der Angeklagte als Polizeibeamter auftrat, die ohne rechtliche Grundlage geforderten 70,- Euro an den Angeklagten. Der Angeklagte händigte ihm daraufhin zwei der von ihm zuvor selbst gefertigten Gebührenquittungen aus, um den Eindruck einer rechtmäßigen Kontrolle und rechtmäßigen Einforderung eines Verwarnungsgeldes zu untermauern. Die vereinnahmten 70,- Euro behielt der Angeklagte entsprechend seinem Tatplan für sich (Fall 1).

33

An einem weiteren Tag im Mai 2007 verlangte der Angeklagte ebenfalls im Rahmen einer in Uniform durchgeführten Verkehrskontrolle von einem unbekannten Verkehrsteilnehmer die Zahlung eines Verwarngeldes in unbekannter Höhe wegen angeblicher Mängel, die tatsächlich nicht vorlagen und stellte diesem nach Erhalt des Verwarngeldes die dritte selbst hergestellte Gebührenquittung aus, um den Eindruck einer rechtmäßigen Kontrolle und Zahlungsaufforderung zu untermauern (Fall 2).

34

Der Angeklagte handelte in beiden Fällen in der Absicht, durch das so vereinnahmte Geld einen Dispositionskredit auszugleichen ...

35

Der Angeklagte hat sich nach dem unter II festgestellten Sachverhalt in zwei Fällen des Betruges in einem besonders schweren Fall gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 4 StGB in Tateinheit mit Urkundenfälschung in einem besonders schweren Fall gemäß § 267 Abs. 1 Abs. 3 Nr. 4 StGB schuldig gemacht..."

36

Diese Feststellungen des Strafgerichts sind nach § 16 Abs. 1 LDG im Disziplinarverfahren für die Disziplinarkammer bindend. Eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils kommt nach § 16 Abs. 1 S. 2 LDG nicht in Betracht. Dies wäre nur dann zulässig, wenn die Kammer infolge der Bindung an das Strafurteil gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden, wenn etwa die Feststellungen im Widerspruch zu den Denkgesetzen oder jeder Lebenserfahrung stehen würden oder aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig wären. Die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen auch anders gewesen sein könnte, reicht zu einem Lösungsbeschluss nicht aus (vgl. ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Urteil vom 26. November 1991 - Az.: 1 D 19.91 - JURIS).

37

Anhaltspunkte, die nach diesen Überlegungen geeignet wären, eine Lösung von den Feststellungen des Strafgerichts zu rechtfertigen, sind vorliegend - sowohl was den inneren als auch den äußeren Tatbestand der Straftat betrifft - nicht ersichtlich. Der Beklagte war im Termin zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... in vollem Umfang geständig. Auch im Disziplinarverfahren hat er keine Gründe vorgetragen, die die Richtigkeit der Feststellungen infrage stellen könnten. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf das Vorliegen von Schuldausschlussgründen zum Tatzeitpunkt. Der Beklagte ist den dahingehenden Feststellungen des Gutachters Professor Dr. ... in seinem Gutachten vom 23. Juni 2008, die bereits Gegenstand des Strafverfahrens waren und auch dem vorliegenden Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden, nicht substantiiert entgegen getreten. Auch von Amts wegen erschließen sich dem Gericht keine Gründe insoweit eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Eine mögliche verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten, auf die noch einzugehen sein wird, stellt keinen Schuldausschlussgrund dar und lässt daher das Vorliegen eines Dienstvergehens unberührt. Damit bleibt festzustellen, dass der Beklagte sich in zwei Fällen des vorsätzlichen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig gemacht hat. Das hierin begründete innerdienstliche Dienstvergehen nach § 85 Abs. 1 LDG macht nach § 11 Abs. 2 LDG auch unter Berücksichtigung der erinnerten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03. Mai 2007 (Az.: 2 C 9/06) die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis unausweichlich.

38

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 LDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme ist demnach die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

39

Das Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten, vor, bei und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt.

40

Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

41

Aus den gesetzlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 S. 2 LDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte darüber zu befinden, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, oder ob die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen ist. Ergibt die prognostische Gesamtwürdigung, dass ein endgültiger Vertrauensverlust noch nicht eingetreten ist, haben die Verwaltungsgerichte diejenige Disziplinarmaßnahme zu verhängen, die erforderlich ist, um den Beamten zur Beachtung der Dienstpflichten anzuhalten und der Ansehensbeeinträchtigung entgegen zu wirken (BVerwG a.a.O.).

42

Ausgehend von der Schwere des Dienstvergehens war im vorliegenden Einzelfall die Verhängung der Höchstmaßnahme gerechtfertigt, da keine Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung zu Gunsten des Beklagten derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist.

43

Durch betrügerisches Verhalten - egal ob innerhalb oder außerhalb des Dienstes - verletzt ein Beamter im Regelfall die ihm obliegende Pflicht, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert, in erheblichem Maße. Der betrügerisch handelnde Beamte setzt sich durch ein solches Verhalten vor allem erheblichen Zweifeln an seiner Vertrauenswürdigkeit aus. Die Verwaltung, die nicht jedes Verhalten ihrer Bediensteten kontrollieren kann, ist auf deren Ehrlichkeit und Redlichkeit angewiesen; schon deshalb erschüttert derjenige, der sich eines Betruges schuldig macht, im Regelfall das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die angemessene disziplinarrechtliche Reaktion hängt jedoch von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Kommentar, § 13 BDG Rnr. 34 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

44

Vorliegend hat der Beklagte unter Ausnutzung seiner dienstlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in mehreren Schritten unechte Gebührenquittungen hergestellt mit dem Ziel, diese bewusst im Rechtsverkehr einzusetzen und die dadurch zu Unrecht erlangten Gelder für sich zu verwenden. Entsprechend seinem Tatplan hat der Beklagte sodann zunächst zwei und dann wiederum eine dieser Urkunden bei Verkehrskontrollen eingesetzt, wobei er bewusst sein Auftreten als Polizeibeamter - im ersten Fall gegenüber einem der deutschen Sprache nicht mächtigen Verkehrsteilnehmer - ausgenutzt hat, um den Erfolg und zugleich die Verdeckung seiner Straftat zu gewährleisten. Ein derart planmäßig handelnder Polizeibeamter versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten und stellt seine Integrität und Vertrauenswürdigkeit als Beamter nicht nur gegenüber seinem Dienstherrn, sondern auch gegenüber der Allgemeinheit derart in Frage, dass allein aufgrund der Schwere des Dienstvergehens die Verhängung der Höchstmaßnahme in jedem Fall als indiziert anzusehen ist.

45

Das erhebliche Gewicht des Dienstvergehens spiegelt sich vorliegend unbeschadet der vorbenannten Erwägungen auch darin wider, dass das Strafgericht eine nicht unerhebliche Freiheitsstrafe trotz der umfangreich gewürdigten Strafzumessungserwägungen zu Gunsten des Beklagten verhängt hat. Zwar ist die im Strafverfahren ausgesprochene Strafe dann für das Disziplinarmaß nicht präjudiziell, wenn das Fehlverhalten des Beamten strafrechtlich und disziplinarrechtlich unterschiedliche Bedeutung hat. Hier aber schlägt die strafrechtliche Bedeutung auf die disziplinarrechtliche Wertung durch, weil Ansehensschädigung und Vertrauensbeeinträchtigung von der Straftat und ihren einzelnen Umständen abhängen, so dass die Einstufung des Falles und das Strafmaß auch präjudizielle Bedeutung für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999, Az.: 1 D 72/97 - JURIS).

46

Weder das Persönlichkeitsbild des Beamten noch der Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit lassen vorliegend ausnahmsweise eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme zu. Insbesondere kann der Beklagte sich nicht auf ein persönlichkeitsfremdes Verhalten berufen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zugriffsdelikten hat als persönlichkeitsfremdes Verhalten solche Milderungsgründe anerkannt, die typischerweise Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten umfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existentiellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Sie erfassen das persönlichkeitsfremde Verhalten in einer finanziellen oder einer psychischen Ausnahmesituation. Darüber hinaus erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens vor drohender Entdeckung. Da diese Milderungsgründe nicht als abschließender Kanon der Entlastungsgründe anzusehen sind, müssen aber auch sonstige Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die im Vergleich zu den Milderungsgründen geeignet sein können, den Schluss zu rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauensverhältnis noch nicht vollends zerstört. Generell gilt jedoch, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (BVerwG a.a.O.).

47

Auch in entsprechender Anwendung dieser auf Zugriffsdelikte zugeschnittenen Milderungsgründe kann der Beklagte sich nicht auf deren Vorliegen berufen. Zunächst lag der Wert des von ihm durch die Straftaten erlangten Vorteils unbestritten bei ca. 150 Euro und damit über der anerkannten Geringwertigkeitsschwelle von etwa 50 Euro.

48

Die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der freiwilligen Offenbarung sowie der freiwilligen Wiedergutmachung des Schadens liegen ebenfalls nicht vor.

49

Dem Beamten kommt auch nicht der Milderungsgrund der unverschuldeten unausweichlichen finanziellen Notlage zugute (vgl. BVerwG, Urteil vom 06. Juni 2007, Az.: 1 D 2.06, Urteil vom 13. Mai 1997, Az.: 1 D 44.96 - JURIS). Dieser Milderungsgrund setzt voraus, dass der Zugriff auf das Bargeld bzw. das sich Verschaffen des Bargeldes zu dem Zweck erfolgt, eine für den Beamten existentielle Notlage abzuwenden oder zu mildern. In einer derart existentiellen finanziellen Notlage befand der Beklagte sich jedoch unstreitig zum Zeitpunkt der von ihm begangenen Verfehlungen nicht. Zwar waren seine finanziellen Verhältnisse aufgrund eines Darlehens und eines Dispositionskredits angespannt. Jedoch war der Lebensunterhalt seiner Familie zum hier maßgeblichen Tatzeitpunkt ebenso wie in den Jahren davor, in denen immer wieder finanzielle Engpässe zu verzeichnen waren, nicht bedroht. Unbeschadet dessen war der finanzielle Engpass in erster Linie durch den Bau eines Eigenheims selbst herbeigeführt, so dass auch keine unverschuldete Notlage vorlag, wie dies jedoch der Milderungsgrund voraussetzt. Im Übrigen war die zugespitzte finanzielle Situation auch nicht ausweglos, da der Beklagte Schuldnerberatungen um Rat und Hilfe hätte bitten können, wovon er jedoch keinen Gebrauch gemacht hat. Insofern entlastet ihn auch eine irrige Vorstellung von seiner finanziellen Notlage nicht, da er auch in diesem Fall fremde Hilfe hätte in Anspruch nehmen können.

50

Da der Beklagte darüber hinaus planmäßig vorgegangen ist, d.h. zunächst die Quittungsbelege gefertigt und sie nach Tagen erst bewusst eingesetzt hat, kann er sich auch nicht auf den Milderungsgrund eines einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblicksversagens in einer besonderen Versuchungssituation berufen.

51

Es ist auch nicht der Milderungsgrund des Handelns in einer psychischen Ausnahmesituation gegeben. Eine solche Situation wird in aller Regel hervorgerufen durch den plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensumstände des Betroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslöst, der seinerseits zur Begehung eines Dienstvergehens führt (BVerwG, Urteil vom 09. Mai 2001, Az.: 1 D 22.00 - JURIS -). Ein solcher Schock, der zudem kausal zur Begehung des hier angeschuldigten Dienstvergehens des Beklagten geführt haben könnte, ist indes nicht ersichtlich. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Beklagte - wie insbesondere der Gutachter Professor Dr. ... in seinem Gutachten vom 23. Juni 2008 anschaulich verdeutlicht - sich zu Beginn des Jahres 2007, bedingt durch den Bandscheibenvorfall seiner Ehefrau, die Diagnose eines Melanoms und die Befürchtung, dass die bereits 2004 an einem Guillain-Barre-Syndrom erkrankte Tochter einen Rückfall erlitten haben könnte, in einer schweren psychischen Belastungssituation befand, die, wie der Gutachter ausführt, zweifellos geeignet war, den Beklagten "nachhaltig zu erschüttern". Grundsätzlich kann auch nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, dass die Konfrontation mit einer Erkrankung naher Familienangehöriger ein plötzliches unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des vorgenannten Milderungsgrundes darstellen kann, welches schockartig auf die Seelenlage einwirken kann (vgl. Weis, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Kommentar, J 975 Rnr. 110). Auch verkennt das Gericht nicht, dass das im Zusammenhang mit dem Schock gezeigte Fehlverhalten kein schocktypisches Verhalten sein muss, und dass sich ein Schockzustand auch über einen längeren Zeitraum erstrecken kann (vgl. BVerwG vom 09. Mai 2001, Az.: 1 D 22/00 - JURIS). Der Annahme eines vom Bundesverwaltungsgericht lediglich geforderten schockbedingten Verhaltens stehen jedoch vorliegend die konkreten Tatumstände entgegen, denn diese müssen in jedem Fall indiziell belegen, dass ein kurzschlussartiges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten vorliegt. Die dem Beklagten konkret zur Last gelegte Tatausführung lässt jedoch gerade nicht auf eine kopflose oder panikartige Reaktion auf die Kenntnisnahme der Erkrankung seiner Familienangehörigen schließen. Wie der Beklagte insbesondere auch im Termin zur mündlichen Verhandlung dargelegt hat, erschienen ihm die Fertigung von Gebührenquittungen und deren nachträglicher Einsatz als "die Lösung für seine Probleme". Dementsprechend gab er auch beim Gutachter an: "Ich dachte, ich kriege damit alles in den Griff". Diese Äußerungen belegen, dass der Beklagte bewusst nach Lösungswegen gesucht hat, um insbesondere einen Ausweg aus seiner schlechten finanziellen Situation zu finden. Das Ergebnis seiner Überlegungen mündete darin, dass er einige Tage vor dem 13. Mai 2007 in einer Nacht Gebührenquittungen herstellte, die den tatsächlich verwendeten Quittungen ähnlich sahen. Die zunächst aus dem Gedächtnis heraus hergestellten Quittungen veränderte er in den nachfolgenden Tagen, um sie an die von der Polizei verwendeten Originalgebührenquittungen anzugleichen. All dies geschah in der vorgefassten Absicht, diese bei Verkehrskontrollen auch tatsächlich einzusetzen. Im Rahmen einer Verkehrskontrolle in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai 2007 suchte der Beklagte sich sodann bewusst den spanischen Verkehrsteilnehmer ... aus, um gerade dessen Hilfslosigkeit aufgrund der mangelnden Sprachkenntnisse auszunutzen. Dabei war dem Beklagten auch bewusst, dass der LKW-Fahrer unter dem Eindruck, einem Polizeibeamten gegenüber zu stehen, die sodann ohne rechtliche Grundlage geforderten 70 Euro an ihn aushändigte. Um die Rechtmäßigkeit seiner Kontrolle zu untermauern, übergab er dem LKW-Fahrer sodann zwei der von ihm gefälschten Gebührenquittungen. Ein derart bewusst gewolltes, geplantes und zielstrebig ausgeführtes Handeln ist unter keinen Umständen geeignet, den Tatbestand eines schockbedingten Fehlverhaltens zu begründen.

52

Bleibt damit dem Beklagten die Berufung auf die von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Milderungsgründe verwehrt, liegen darüber hinaus aber auch keine sonstigen Umstände vor, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der Beamte das Vertrauensverhältnis noch nicht vollends zerstört hat (vgl. BVerwG, a.a.O.).

53

Als ein solcher entlastender Gesichtspunkt kommt grundsätzlich eine Tathandlung im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB in Betracht. Dass der Beklagte jedoch nicht im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat, ergibt sich vorliegend aus dem bereits im Strafverfahren eingeholten Gutachten des Professor Dr. ... vom 23. Juni 2008, dessen Feststellungen weder im Strafverfahren noch im vorliegenden Disziplinarverfahren substantiiert in Frage gestellt wurden. Ausdrücklich hat der Bevollmächtigte des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung folgerichtig keinen förmlichen Beweisantrag zum Zwecke weiterer Sachverhaltsaufklärung gestellt. Unabhängig davon drängen sich dem erkennenden Gericht keine Gründe auf, die von Amts wegen eine solche erforderlich machen könnten. Der Gutachter hat in seinem Gutachten in sich widerspruchsfrei und substantiiert dargelegt, dass das inkriminierte Verhalten unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Beklagten und lebensgeschichtlichen Determinanten psychodynamisch zwar ein Stück weit nachvollziehbar werde, jedoch sowohl die Vorbereitungshandlungen als auch die Tatausführung nicht geeignet seien, eine erhebliche Beeinträchtigung seines Steuerungsvermögens nahezulegen. Dabei hat der Gutachter bewusst auch den Umstand eines möglichen Schuldwahns in seine Einschätzung mit einbezogen, der wiederum von Seiten des Dr. ..., Facharzt für psychotherapeutische Medizin, mit ärztlicher Bescheinigung vom 31. März 2010 als möglicher Grund für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit in Erwägung gezogen wurde, ohne diese Möglichkeit jedoch bezogen auf die Feststellungen des Professor Dr. ... zu spezifizieren. Insgesamt gesehen stellen die Ausführungen des Dr. ... keinen qualifizierten Angriff der einzelnen fachlichen Schlussfolgerungen des Prof. Dr. med. ... dar, so dass sich die Notwendigkeit der Einholung eines erneuten Gutachtens auch von Amts wegen nicht erschließt.

54

Der Beklagte kann sich schließlich auch nicht auf die Überwindung einer abgeschlossenen negativen Lebensphase berufen. Dabei ist der Beklagte zunächst darauf zu verweisen, dass zwar von einer Entfernung aus dem Dient abgesehen werden kann, wenn aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden kann, dass der Beamte künftig nicht mehr in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird (vgl. BVerwG a.a.O.). Eine prognostische Gesamtwürdigung, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, ist jedoch grundsätzlich dann nicht mehr anzustellen, wenn die durch das Fehlverhalten des Beamten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums auch bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen ist (vgl. ebenfalls BVerwG a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juli 2009, Az.: DB 16 S 2045/08 - JURIS). Dies ist vorliegend der Fall.

55

Angesichts der oben dargelegten Umstände des konkreten Einzelfalls ist eine nicht wiedergutzumachende Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums eingetreten. Durch das betrügerische Verhalten und die vorangegangenen Urkundenfälschungen unter Ausnutzung seiner beamtenrechtlichen Stellung als Polizeibeamter hat der Beklagte auch bei Würdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte, insbesondere einer im Anschluss an die Tatbegehung durchgeführten stationären und später ambulant fortgesetzten Behandlung, eine derart beamtenunwürdige Haltung an den Tag gelegt, die zu einer irreparablen Beschädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums geführt hat.

56

Darüber hinaus ist vorliegend darauf zu verweisen, dass der vom Beklagten in Bezug genommene Fall, der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03. Mai 2007 (a.a.O.) zugrunde lag, mit dem vorliegenden Verfahren nicht zu vergleichen ist. In dem dort zur Entscheidung stehenden Verfahren litt der beklagte Beamte an einer Spielsucht, die bereits aufgrund ihrer pathologischen Natur das Vorliegen einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht von vorneherein ausschließen ließ. Darüber hinaus wurde in dieser Entscheidung ausgeführt, dass nicht auszuschließen sei, dass der beklagte Beamte die angeschuldigten Beschaffungstaten unter dem Druck dieser pathologischen Spielsucht begangen habe und von daher Entgleisungen während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase vorliegen könnten. Für das Vorliegen einer vergleichbaren vollständig überwundenen negativen Lebensphase bestehen vorliegend keinerlei Anhaltspunkte. Ob eine solche vorliegt, obliegt allein der tatrichterlichen Feststellung. Zwar hat der Gutachter Professor Dr. ... in seinem Gutachten hierzu angemerkt, dass diese Voraussetzungen im Fall des Beklagten vorliegen könnten. Die hierzu vom Gutachter angestellten Erwägungen tragen jedoch diesen Schluss nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, welche negative Lebensphase der Beklagte überwunden haben sollte. Unter Darstellung des Lebenslaufs des Beklagten verweist der Gutachter auf Persönlichkeitsdefizite, die im Jahr 1997 bereits zu einem "ersten Einbruch" beim Beklagten im Rahmen der Vorbereitung auf das Examen geführt hätten. Anschaulich verdeutlicht der Gutachter die enge wechselseitige Beziehung zwischen einer zwanghaften Wesensartung, wie beim Beklagten vorherrschend, und daraus resultierenden depressiven Störungen. Hierzu führt der Gutachter im Einzelnen aus, dass ein negatives Welt- und Menschenbild und die damit verbundene Armut an Lebensfreude dazu beitragen können, dass sich in Belastungssituationen Verstimmungen entwickeln. Auf der einen Seite sei es möglich, dass zwanghafte Persönlichkeitsmerkmale bei depressiver Verstimmung an Intensität zunehmen oder erstmals in störender Weise zutage treten, etwa in Folge der depressiven Selbstunsicherheit, Ängstlichkeit und Entscheidungsschwäche. Andererseits komme es nicht selten im Gefolge von Schwierigkeiten, die durch zwanghaftes Verhalten entstehen, zu reaktiv-depressiven Zuständen, wobei eine innere Verflechtung von zwanghaften Persönlichkeitsmerkmalen und depressiven Symptomen auftreten könne.

57

Zu Beginn des Jahres 2007 kam es beim Beklagten - so der Gutachter - erneut zu einem Einbruch. Bestimmt war die Situation damals zum einen durch die unverändert an die Grenzen seiner Möglichkeiten gehende finanzielle Belastung, zum anderen durch die Erkrankung der Ehefrau und der Tochter. Diese Ereignisse leiteten beim Beklagten eine psychische Dekompensation ein, zu der ihn seine zwanghaft-abhängige Wesensstruktur disponierte. Damit belegt der Gutachter jedoch eindeutig, dass die Wesensstruktur des Beklagten zeit seines Lebens als "zwanghaft" zu kennzeichnen ist. Lediglich diese Persönlichkeitsmerkmale des Beklagten waren Anlass zu einer stationären und später ambulant fortgesetzten Behandlung des Beamten. Auch wenn mit dem Gutachter davon auszugehen ist, dass der Beklagte infolge dieser Therapien Einsicht gewonnen hat in die Determinanten der Tatbereitschaft, so kann hierin nicht das Überwinden einer - mit einer heilbaren Sucht vergleichbaren - negativen Lebensphase gesehen werden. Vielmehr steht generell die Wesensstruktur des Beklagten, nicht jedoch eine zu überwindende Lebensphase im Vordergrund der Überlegungen zu den möglichen Ursachen des Fehlverhaltens. Schließlich ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass beim Beklagten aktuell, d.h. nach der Begutachtung durch Professor Dr. ..., wegen einer psychischen Erkrankung, Persönlichkeitsstörung, ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt wurde, so dass offenkundig die durch die zwanghaft-abhängige Wesensstruktur disponierten depressiven Zustände ohnehin entgegen der Einschätzung des Gutachters nach wie vor fortbestehen.

58

Zugunsten des Beklagten ist damit nur in Rechnung zu stellen, dass er sich in den Jahren seiner Dienstausübung nichts hat zu Schulden kommen lassen und er zuvor weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Seine dienstlichen Leistungen und sein dienstliches Engagement waren - wie sich aus den Disziplinar- und Personalakten ergibt - besonders hervorzuheben. Allein diese Umstände vermögen jedoch ebenso wenig wie die Tatsache, dass der Beklagte sich unmittelbar nach Tataufdeckung umfassend geständig und reuig gezeigt hat, zum Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme zu führen. Diese Gesichtspunkte sind nicht geeignet, die Schwere der Tat aufzuwiegen, die durch die konkreten Umstände der Tatausführung geprägt ist. Hier sei nochmals darauf hingewiesen, dass der Beklagte planmäßig und bewusst vorgegangen ist, um die von ihm hergestellten Gebührenquittungen einzusetzen. Beim Einsatz selbst hat er sich eines wehrlosen Opfers bedient, dies wiederum mit dem Ziel, seine Tathandlung unentdeckt bleiben zu lassen. Die Hilflosigkeit des ausländischen Verkehrsteilnehmers hat der Beamte zunächst bewusst dadurch ausgenutzt, dass er ihm einen nicht vorhandenen Verkehrsverstoß vorgehalten hat. Dann hat er eine Gebührenquittung über 30 Euro ausgestellt und nachfolgend noch eine weitere, nachdem er gesehen hat, dass Herr ... mehr Bargeld bei sich führte. Selbst wenn dem Beklagten unterstellt werden kann, dass er nach dem Einsatz der Gebührenquittungen - wie beim Gutachter angegeben - ein Wechselbad der Gefühle durchlebt hat, so sah er sich dennoch zu keinem Zeitpunkt veranlasst, den Unrechtsgehalt seines Handelns zu reflektieren und sich eines besseren zu besinnen. Stattdessen wiederholte der Beklagte den Einsatz der von ihm gefälschten Gebührenquittungen wenige Tage später ein weiteres Mal, so dass er insgesamt durch seine Verfehlungen einen wirtschaftlichen Vorteil von etwa 150 Euro erlangt hat. Hierdurch hat der Beamte insgesamt ein Verhalten an den Tag gelegt, welches den Schluss nahelegt, dass er sich bereits so weit von seinem Pflichtenkreis als Polizeibeamter entfernt hat, dass er für den öffentlichen Dienst nicht mehr tragbar ist. Auch unter Berücksichtigung des Eindrucks, den der Beamte im Termin zur mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, wo die gesundheitlichen Probleme des Beklagten offen zutage getreten sind, bieten sich dem Gericht dennoch keine Anhaltspunkte dafür, dass ihm noch ein Rechtsvertrauen in eine ordnungsgemäße Pflichtenerfüllung entgegengebracht werden könnte. Insgesamt kann daher nur festgestellt werden, dass der Beklagte aus allein eigennützigen Motiven seinen privaten Belangen Vorrang vor den dienstlichen eingeräumt hat. Eine Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erweist sich von daher als unvermeidlich.

59

Zu einem anderen Ergebnis kann auch nicht der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit führen. Die in der Entfernung liegende Härte ist für den Beamten - auch unter familiären und wirtschaftlichen Gesichtspunkten - nicht unverhältnismäßig, weil sie auf ihm zurechenbarem Verhalten beruht und zudem der Aufrechterhaltung der Integrität und Funktionsfähigkeit sowie auch der Wahrung des Ansehens des Berufsbeamtentums und damit dem Interesse der Allgemeinheit dienen.

60

Die Kostenentscheidung beruht auf § 99 Abs. 1 LDG; gerichtliche Disziplinarverfahren sind gebührenfrei (§ 109 Abs. 1 LDG).

61

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 20 LDG i.V.m. §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Trier Urteil, 24. Juni 2010 - 3 K 101/10.TR

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Trier Urteil, 24. Juni 2010 - 3 K 101/10.TR

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 24. Juni 2010 - 3 K 101/10.TR zitiert 12 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme


(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Strafgesetzbuch - StGB | § 267 Urkundenfälschung


(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch i

Landbeschaffungsgesetz - LBG | § 64


(1) Werden Grundstücke, die vor dem 5. Mai 1955 12 Uhr von den Behörden einer beteiligten Macht in Anspruch genommen worden sind und auf denen nach der Inanspruchnahme Gebäude errichtet worden sind, gemäß Artikel 13 des Ersten Teils des Vertrags zur

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 24. Juni 2010 - 3 K 101/10.TR zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 24. Juni 2010 - 3 K 101/10.TR zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2009 - DB 16 S 2045/08

bei uns veröffentlicht am 30.07.2009

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2005 - DB 10 K 13/05 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Referenzen

(1) Werden Grundstücke, die vor dem 5. Mai 1955 12 Uhr von den Behörden einer beteiligten Macht in Anspruch genommen worden sind und auf denen nach der Inanspruchnahme Gebäude errichtet worden sind, gemäß Artikel 13 des Ersten Teils des Vertrags zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen über diesen Zeitpunkt hinaus von den Regierungen des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, der Vereinigten Staaten von Nordamerika und der Französischen Republik zur Unterbringung ihrer Botschaften und Konsulate benutzt, so können sie nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes weiterhin in Anspruch genommen werden.

(2) Das gleiche gilt für Grundstücke, die durch die Behörden einer beteiligten Macht zur Errichtung von nicht nur vorübergehenden Zwecken dienenden Bauwerken und Anlagen oder für Truppenübungsplätze, Flugplätze und ähnliche Vorhaben in Anspruch genommen worden sind, sofern die Inanspruchnahme der Grundstückenach Artikel 48 des Vertrags über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenvertrag) vom 23. Oktober 1954und dem Gesetz über die vorläufige Fortgeltung der Inanspruchnahme von Gegenständen für Zwecke der ausländischen Streitkräfte und ihrer Mitglieder vom 3. Juli 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 639) am 31. Dezember 1956 noch fortbesteht und die Grundstücke für die in § 1 Abs. 1 genannten Zwecke weiterhin benötigt werden. Die Vorschriften des Bundesleistungsgesetzes vom 19. Oktober 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 815) und des Schutzbereichgesetzes vom 7. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 899) bleiben unberührt.

(3) Hinsichtlich der in den Absätzen 1 und 2 genannten Grundstücke gilt die Inanspruchnahme vom 5. Mai 1955, 12 Uhr an bis zum 31. Dezember 1968 als vorzeitige Besitzeinweisung im Sinne des § 38; kann in einem Einzelfall bis zu diesem Zeitpunkt die Enteignung nicht durchgeführt werden und besteht der Bedarf, insbesondere wegen der Verpflichtungen des Bundes aus Artikel 48 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut fort, so hat die Enteignungsbehörde auf schriftlichen Antrag der zuständigen Behörde, der zwei Monate vorher eingegangen sein soll, die Besitzeinweisung durch Beschluß in dem notwendigen Umfang aufrechtzuerhalten. Ergeht ein solcher Beschluß, so kann der Eigentümer die unverzügliche Durchführung der Enteignung beantragen. Über diesen Antrag ist binnen sechs Monaten zu entscheiden. Die Besitzeinweisung steht dem Angebot der Besitzübertragung im Sinne des § 50 hinsichtlich der sofortigen Fälligkeit der Anerkenntnisbeträge gleich. Die Besitzeinweisung ist aufzuheben, wenn der Bedarf fortfällt. Kommt eine Einigung über die Besitzeinweisungsentschädigung nicht zustande, so wird diese von der Enteignungsbehörde festgesetzt. § 63 gilt entsprechend.

(4) Für die Bemessung der Entschädigung ist der Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme maßgebend. Bereits gezahlte Entschädigungen für Veränderungen am Zustand des Grundstücks nach der Inanspruchnahme sind zu berücksichtigen.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2005 - DB 10 K 13/05 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ... geborene Beklagte besuchte von 1973 bis 1982 die Grund- und Hauptschule, legte am 17.09.1985 die Gesellenprüfung als Bäcker ab, erwarb am 28.06.1991 die Fachschulreife und am 25.06.1992 die Fachhochschulreife. Am 26.07.1995 bestand er an der Staatlichen Fachschule für Lebensmitteltechnik ... die staatliche Abschlussprüfung in der Fachrichtung Lebensmittelverarbeitungstechnik und erhielt die Berechtigung, die Berufsbezeichnung staatlich geprüfter Lebensmittelverarbeitungstechniker zu führen. Am 01.04.1996 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Zollanwärter ernannt. Er absolvierte erfolgreich die Ausbildung für den mittleren Grenzzolldienst und wurde am 28.03.1998 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Zollsekretär zur Anstellung ernannt. Mit Wirkung zum 01.08.1999 folgte die Ernennung zum Zollsekretär unter gleichzeitiger Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit. Am 01.01.2002 wurde der Beamte zum Zollobersekretär ernannt. Er war nach dem Ende seiner Ausbildung hauptsächlich als Grenzaufsichtsbeamter beim Hauptzollamt ... eingesetzt. Der Beklagte wurde zum 01.04.2001 mit der Bewertung „tritt hervor“ dienstlich beurteilt. Weitere Beurteilungen zum 01.04.2003 und zum 01.05.2005 mit „entspricht den Anforderungen“ wurden noch nicht ausgehändigt.
Der Beklagte ist seit dem ... verheiratet und hat drei in den Jahren 2000, 2004 und 2008 geborene Kinder. Er erhält Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 7, die ab dem 06.07.2004 um 15 v.H. gekürzt sind. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er keine Verbindlichkeiten.
Der Beklagte ist bislang disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts ... vom 27.10.2004 - ... - wurde der Beklagte wegen Diebstahls in drei Fällen sowie versuchten Diebstahls zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 45 EUR verurteilt. Dem Urteil liegen folgende Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde:
„1. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Frühjahr 2003 entnahm der Beklagte zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr aus dem Geldbeutel der Geschädigten ... beim Zollamt ... einen 20-Euro-Schein.
2. Am 03.09.2003 entnahm der Beklagte zwischen 16.00 Uhr und 24.00 Uhr auf einer Fahrt mit dem Dienstfahrzeug aus dem Geldbeutel der Geschädigten ... einen 50-Euro-Schein und einen 20-Euro-Schein.
3. Am 05.10.2003 entnahm der Beklagte zwischen 13.00 Uhr und 20.00 Uhr beim Zollamt ... aus dem Geldbeutel der Geschädigten ... einen 50-Euro-Schein und einen 20-Euro-Schein.
4. In der Nacht vom 12./13.10.2003 versah der Beklagte zusammen mit ... gemeinsam den Dienst im Zollamt .... Da inzwischen der Verdacht bestand, dass er für die vorangegangenen Diebstähle verantwortlich war, war ... von ihrem Vorgesetzten angewiesen worden, vier Geldscheine zu fotokopieren und anschließend zusammen mit ihrem Geldbeutel im Abfertigungsraum liegen zu lassen. Zwischen 19.45 Uhr und 23.00 Uhr am 12.10.2003 entnahm der Beklagte aus dem Geldbeutel der Geschädigten einen 50-Euro-Schein und einen 5-Euro-Schein, wie von der Geschädigten vorher beabsichtigt war. Die beiden Geldscheine wurden beim Angeklagten aufgefunden.
Die Diebstähle erfolgten während der Dienstzeit. Der Angeklagte war in Uniform und trug jeweils seine Dienstwaffe bei sich.“
10 
Hinsichtlich der Schuldfähigkeit des Beklagten wird in dem Urteil ausgeführt:
11 
„Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ... besteht bei dem Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-selbstunsicheren Anteilen. Die Störungen sind so ausgeprägt, dass sie einer schweren seelischen Andersartigkeit gem. den §§ 20, 21 StGB entsprechen. Neurotische Elemente aus dem Unterbewusstsein spielen hier eine Rolle. Die Diebstähle waren mit einem symbolischen Wunsch nach Nähe zu Frauen verbunden. Nach Meinung des Sachverständigen handelte der Angeklagte zu den jeweiligen Tatzeiten jedoch in voller Einsichtsfähigkeit. Die Einsichtsfähigkeit war durch seine Krankheit nicht betroffen. Jedoch war die Steuerungsfähigkeit nach Meinung des Sachverständigen im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert. Für einen Schuldausschluss gibt es hingegen keine konkreten Anzeichen.“
12 
In dem diesen Ausführungen zu Grunde liegenden, von der Staatsanwaltschaft ... eingeholten Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie, Neurologie sowie für psychotherapeutische Medizin ..., vom 11.02.2004, wegen dessen weiteren Inhalts auf Blatt 99 bis 109 der Akte des Strafverfahrens verwiesen wird, wird in der abschließenden Beurteilung ausgeführt:
13 
„Bei dem ...-jährigen Zollbeamten ... besteht eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-unsicheren Anteilen (ICD 10: F 61.0). Die Störungen sind so ausgeprägt, dass sie einer schweren seelischen Andersartigkeit gemäß §§ 20/21 StGB entsprechen. Sie wirken sich im täglichen Leben in einer deutlichen Aggressionshemmung und der Unfähigkeit, seine Wünsche zu formulieren und durchzusetzen, aus.
14 
In der Ehe von ... ist in den letzten zwei Jahren eine Entfremdung eingetreten, ohne dass dies zwischen den Eheleuten thematisiert worden wäre. Die sexuellen Beziehungen sind auf Veranlassung der Ehefrau schon vor der jetzt bestehenden zweiten Schwangerschaft stark zurückgegangen, was für ... offenbar auch kein Anlass für ein Gespräch mit seiner Frau war. Statt dessen meldete er sich häufiger als nötig zum Nachtdienst, wo er mit Kolleginnen Dienst tun konnte, war aufgrund seiner gehemmten Persönlichkeit aber nicht in der Lage, seine Kontaktversuche ihnen gegenüber zum Ausdruck zu bringen.
15 
Statt dessen kam es zu einer Verschiebung dieser Wünsche auf das Verlangen, heimlich in die Intimsphäre der Frauen einzudringen und etwas von ihnen in Besitz zu nehmen. Dieser Vorgang ist neurotisch motiviert und dürfte in seiner Entstehung dem Bewusstsein von ... weitgehend entzogen gewesen sein. Eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit ist nicht anzunehmen, da ..., wie er berichtete, zahlreiche Male vor den Taschen der Frauen stand, ohne etwas zu entwenden, und Störungen der Impulskontrolle aus anderen Lebensbereichen nicht bekannt geworden sind.“
16 
Der Beklagte befand sich vom 30.10. bis zum 27.11.2003 in stationärer Behandlung in der Fachklinik für Psychotherapie und Psychosomatik ... - ärztlicher Direktor ... -und in der Folgezeit bis zum 30.01.2008 in ambulanter analytisch orientierter Behandlung des .... In dem Entlassungsbericht der Klinik ... vom 04.12.2003, wegen dessen Inhalts auf Blatt 75 bis 79 der Akte des vorliegenden Verfahrens verwiesen wird, wird als Diagnose genannt: „Mittelgradige depressive Reaktion bei spezifischer abnormer Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle auf dem Hintergrund einer ausgeprägt anankastischen Persönlichkeitsstörung“. Auf die weiteren ärztlichen Bescheinigungen des ... vom 12.11.2003 (Blatt 91 der Strafakte des Amtsgerichts ...), 05.12.2003 (Blatt 33 der Ermittlungsakte der Klägerin), 03.02.2005 (Blatt 32 der Ermittlungsakte der Klägerin), 03.08.2006 (Blatt 43 der VGH-Akte DB 16 S 6/06) und vom 09.05.2008 (Blatt 193 der VGH-Akte DB 16 S 6/06) wird verwiesen. In der Stellungnahme vom 09.05.2008 heißt es unter anderem:
17 
„Die in meinem Schreiben vom 03.08.2006 prognostizierte dauerhafte Stabilisierung des Patienten ist eingetreten. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann ich jetzt erneute pathologische Handlungen des ..., wie sie Anlass für das jetzt noch laufende Verfahren gewesen waren, ausschließen. ... ist psychisch stabilisiert und aus diesem Grunde nicht mehr behandlungsbedürftig.“
18 
Bereits mit Verfügung des Vorstehers des Hauptzollamts ... vom 20.10.2003 wurde gegen den Beamten wegen des Verdachts des Diebstahls zu Lasten von Kollegen in vier Fällen das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet und ein Ermittlungsführer bestimmt; hiervon wurde der Beamte unterrichtet. Mit Verfügung vom 27.10.2003 enthob die Oberfinanzdirektion ... den Beklagten vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung von Teilen der Dienstbezüge gemäß § 38 Abs. 2 BDG an.
19 
Mit Verfügung vom 19.01.2005 setzte der Vorsteher des Hauptzollamtes ... das bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen den Beklagten anhängig gewesenen Strafverfahrens ausgesetzte Disziplinarverfahren fort.
20 
Mit Schreiben vom 25.05.2005 wurde dem Beklagten der Ermittlungsbericht vom 04.05.2005 übersandt und ihm Gelegenheit gegeben, sich abschließend zu äußern.
21 
In seiner abschließenden schriftlichen Äußerung vom 31.05.2005 führte der Bevollmächtigte des Beklagten aus: Aus den vorliegenden ärztlichen Gutachten ergebe sich, dass der Beklagte psychisch so erkrankt gewesen sei, dass er nicht anders habe handeln können. Es handele sich um eine einmalige, unbedachte, kurzschlussartige und persönlichkeitsfremde Tat. Die Diebstahlhandlungen und der versuchte Diebstahl müssten auf Grund seiner Erkrankung als Handlungseinheit betrachtet werden. Er habe nicht nach jeder einzelnen Diebstahlhandlung die Möglichkeit gehabt, sich des Unrechts seines Handelns bewusst zu werden. Auf Grund seiner Erkrankung habe der Zwang bestanden, wieder so zu handeln. Dieses Handeln sei aber seiner ursprünglichen Persönlichkeit fremd; nie zuvor in seinem Leben sei es zu ähnlichen Handlungen gekommen. Der neurotische Zwang, das Geld der Beamtinnen an sich zu nehmen, sei so groß gewesen, dass er nicht anders habe handeln können. Dies sei ihm nicht vorzuwerfen, weil es auf einer schwerwiegenden Erkrankung beruhe, die er nicht verschuldet habe.
22 
Die Personalvertretung wurde zur Erhebung der Disziplinarklage gehört und erhob mit Schreiben vom 18.08.2005 keine Einwendungen.
23 
Am 13.09.2005 hat die Klägerin Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg erhoben und beantragt, den Beamten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dabei wurde dem Beklagten vorgeworfen, in vier Fällen Diebstähle - davon in einem Fall einen versuchten Diebstahl - zum Nachteil von Kolleginnen begangen und damit gleichzeitig gegen seine Pflicht zur Uneigennützigkeit und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 54 Sätze 2 und 3 BBG verstoßen zu haben. Dadurch habe der Beklagte das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit so nachdrücklich zerstört, dass dem Beamtenverhältnis die Grundlage entzogen sei. Von der Rechtsprechung anerkannte Milderungsgründe seien nicht gegeben.
24 
Der Beklagte hat den ihm zur Last gelegten Sachverhalt eingeräumt, aber eine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Dienst für ausreichend gehalten und diesbezüglich die Ausführungen aus seiner schriftlichen Stellungnahme vom 31.05.2005 wiederholt und vertieft.
25 
Mit Urteil vom 12.12.2005 hat das Verwaltungsgericht Freiburg den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Dabei hat es in tatsächlicher Hinsicht die Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts ... zugrunde gelegt, an die es sich auch hinsichtlich des vorsätzlichen und schuldhaften Verhaltens gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG gebunden sah. Beim Beklagten bestehe zwar eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-selbstunsicheren Anteilen und seien die Diebstähle mit einem symbolischen Wunsch nach Nähe zu Frauen verbunden gewesen. Die Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB sei erheblich vermindert gewesen, jedoch habe der Beklagte zur jeweiligen Tatzeit in voller Einsichtsfähigkeit gehandelt. Für einen Schuldausschluss gebe es keine konkreten Anzeichen. Der Schuldvorwurf im disziplinarrechtlichen Sinne könne nicht anders beurteilt werden als im strafgerichtlichen Verfahren. In rechtlicher Hinsicht wiege das Dienstvergehen sehr schwer. Bei im Dienst begangenem Diebstahl zum Nachteil von Kollegen werde grundsätzlich auf die Entfernung aus dem Dienst erkannt. Durchgreifende Milderungsgründe seien nicht gegeben. Eine Gelegenheitstat liege nicht vor; die vier Diebstahlhandlungen über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten könnten nicht als einheitliche Handlung angesehen werden. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstörung des Beklagten. Denn jedenfalls seine Einsichtsfähigkeit sei dadurch nicht beeinträchtigt gewesen. Auch habe er das Dienstvergehen nicht als Folge einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation begangen. Die erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten biete keinen Anhaltspunkt für weitere von der Rechtsprechung anerkannte Milderungsgründe. Nachdem die ärztliche Behandlung noch nicht abgeschlossen sei, erscheine ein entsprechendes Fehlverhalten für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass noch ein Restvertrauen des Dienstherrn und der Kollegen bestehe und eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Dienst in Betracht komme.
26 
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte eine auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass er wegen einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung subjektiv nicht vorwerfbar gehandelt habe und deswegen eine mildere Maßnahme gerechtfertigt sei. Zu keinem Zeitpunkt habe er rational erklären können, weshalb er die Diebstähle gegenüber Kolleginnen begangen habe. Diese seien mit einem zwanghaften symbolischen Wunsch nach Nähe zu Frauen verbunden gewesen. Warum es letztlich ein paar Geldscheine gewesen seien und nichts anderes, sei rational nicht zu erklären. Wirtschaftliche Schwierigkeiten habe er nicht gehabt. Ihm komme zudem der Milderungsgrund der Gelegenheitstat zu Gute. Es habe sich jedes Mal um eine einmalige, unbedachte, kurzschlussartige, persönlichkeitsfremde Tat gehandelt. Ohne die Erkrankung wäre es nicht zu den Taten gekommen. Auf Grund der ärztlichen Behandlung sei ein entsprechendes Fehlverhalten für die Zukunft ausgeschlossen.
27 
Mit Urteil vom 26.10.2006 - DB 16 S 6/06 - (juris) hat der Disziplinarsenat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und ausgeführt: Der dreimalige Diebstahl des Geldes von Kolleginnen und der weitere Versuch eines solchen Diebstahls bedeuteten ein schwerwiegendes Dienstvergehen, das die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erfordere. Ein im Dienst begangener Diebstahl zu Lasten der Kollegen werde dem Zugriff auf amtlich anvertrautes Geld gleichgestellt und habe grundsätzlich die Entfernung aus dem Dienst zur Folge. Gewichtige Gründe, die den Schluss rechtfertigten, es sei ausnahmsweise noch kein vollständiger Vertrauensverlust eingetreten, lägen nicht vor. Keiner der anerkannten Milderungsgründe greife zu Gunsten des Beklagten ein. Anhaltspunkte für die schockartige Auslösung einer psychischen Ausnahmesituation lägen ebenso wenig vor wie solche für eine persönlichkeitsfremde Haltung oder eine überwundene negative Lebensphase. Vom Strafgericht sei mit bindender Wirkung festgestellt worden, dass ein Schuldausschließungsgrund nicht vorliege. Die allein verbleibende verminderte Schuldfähigkeit sei für sich genommen noch kein Einwand gegen die objektive Untragbarkeit im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG. Der bisherige Therapieverlauf zeige, dass der Beklagte die von ihm geltend gemachte Krankheit keineswegs dauerhaft überwunden habe.
28 
Auf die mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.08.2007 - 2 B 23.07 - zugelassene Revision hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 - (Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3) das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Wegen der von den Bemessungsvorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG geforderten prognostischen Gesamtwürdigung könne die Frage, ob der Beamte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gehandelt habe, bei Zugriffsdelikten und den ihnen vergleichbaren Kollegendiebstählen nicht schematisch als unbeachtlich behandelt werden. Das Berufungsgericht sei, wie schon zuvor das Verwaltungsgericht und das Amtsgericht, von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten ausgegangen, doch lasse sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen, auf welchen Feststellungen diese rechtliche Wertung beruhe. Es referiere lediglich „eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-selbstunsicheren Anteilen“ und beziehe sich auf das psychiatrische Gutachten vom 11.02.2004. Der dem Gutachten entnommene Hinweis, der Beklagte habe oft vor den Taschen der Frauen gestanden, ohne etwas zu entwenden, spreche aber eher gegen als für eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit. Jedenfalls habe für das Berufungsgericht begründeter Anlass bestanden, dieser Frage selbst nachzugehen. Das Berufungsurteil leide auch deswegen an einem Abwägungsmangel, weil die vom Berufungsgericht angenommene verminderte Schuldfähigkeit bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens nicht mit dem ihr zukommenden erheblichen Gewicht herangezogen worden sei. Das Berufungsgericht sei insoweit der vom Bundesverwaltungsgericht inzwischen aufgegebenen früheren Rechtsprechung gefolgt, nach der eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit bei Zugriffsdelikten und ihnen gleichstehenden Dienstvergehen wie hier dem Kollegendiebstahl letztlich unbeachtlich sei, und habe die erheblich verminderte Schuldfähigkeit lediglich im Hinblick auf die Frage erörtert, ob der Beklagte seine Erkrankung überwunden habe oder ob mit einer Fortdauer der von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Störungen zu rechnen gewesen sei.
29 
Der Beklagte begehrt weiterhin, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Sämtliche bisher befassten Gerichte seien von seiner erheblich verminderten Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt des ihm vorgeworfenen Dienstvergehens ausgegangen. Entsprechendes ergebe sich aus den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen des ... und aus dem psychiatrischen Gutachten des .... Zwar sei er weiterhin der Ansicht, dass er entgegen der Schlussfolgerung des ... zum Tatzeitpunkt vollständig schuldunfähig gewesen sei. Dies könne aber letztlich dahinstehen, weil die Schuldfähigkeit als erheblich vermindert betrachtet werden müsse. Er habe, nachdem er jahrelang seinen Dienst untadelig verrichtet habe, eine schwerwiegende Erkrankung erlitten, die ihm nicht vorzuwerfen sei, weil sie sich seinem Einflussbereich entzogen habe. Ohne diese Erkrankung wären die Taten nie geschehen. Diese Erkrankung sei geheilt, er könne an seinen Arbeitsplatz zurückkehren und es werde nicht wieder zu ähnlichen Handlungen kommen. Er habe deshalb nicht das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren. Er habe sich bei den Geschädigten entschuldigt und den Schaden, der verhältnismäßig gering gewesen sei, wieder gut gemacht. Seine Kollegen, darunter zwei der bestohlenen Kolleginnen, hätten sich ausdrücklich gegen seine Entlassung ausgesprochen. Auch die Allgemeinheit habe Verständnis dafür, dass ein Beamter ebenso wie jeder andere Arbeitnehmer im Dienst erkranken könne und nur auf Grund dieser Erkrankung Fehlleistungen erbringe.
30 
Der Beklagte beantragt weiterhin,
31 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2005 - DB 10 K 13/05 - zu ändern und eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu verhängen.
32 
Die Klägerin beantragt,
33 
die Berufung zurückzuweisen.
34 
Sie führt aus: Zum Zeitpunkt der Fehlverhalten des Beklagten könne möglicherweise eine verminderte Schuldfähigkeit vorgelegen haben, diese habe aber unter Berücksichtigung der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten und damit der Schwere des Dienstvergehens die Schwelle der Erheblichkeit bei Weitem nicht erreicht. Nach den geständigen Einlassungen des Beklagten müsse davon ausgegangen werden, dass er die ihm nachgewiesenen Diebstähle wohlüberlegt, geplant und zielgerichtet durchgeführt habe. Dies werde insbesondere in dem angeschuldigten Vorfall deutlich, in dem der Beklagte eine Kollegin gedrängt habe, ihren Geldbeutel im gemeinsam genutzten Fahrzeug so zu deponieren, dass er leicht und relativ sicher vor Entdeckung darauf habe zugreifen können. Damit habe er aber nicht einem inneren Zwang gehorchend, sondern zielgerichtet und planvoll gehandelt. Soweit der Beklagte meine, er habe den Zwang verspürt, „etwas Intimes“ besitzen zu wollen, sei ein Geldschein einer der unpersönlichsten Gegen-stände, den eine Person mit sich führen könne. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass es dem Beklagten bei seinen Taten nur um die Beschaffung von Geldmitteln gegangen sei. Seine Diebstahlhandlungen unterschieden sich in nichts von „normalen“ Vergehen dieser Art. Eine möglicherweise bestehende Persönlichkeitsstörung sei für die ausgeführten Diebstähle weder Ursache noch Anlass gewesen. Im Übrigen sei sich der Beklagte in Phasen nachlassenden Suchtdrangs der Tragweite seines Fehlverhaltens, das eindeutig auf Wiederholung angelegt gewesen sei, bewusst gewesen. Damit sei eine Anerkennung dieses vorgeblichen Zwanges als Milderungsgrund ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände erscheine es nicht möglich, Vorgesetzten, Kollegen und Öffentlichkeit zu vermitteln, dass der Beklagte weiterhin als Zollbeamter tätig sein könne. Die von dem Beklagten vorgelegte Eingabe ehemaliger Kollegen, mit der diese um „Gnade“ für ihn bitten würden, sei nur von einer der geschädigten Beamtinnen unterzeichnet. Dass der Beklagte seine Krankheit mittlerweile nach seinem eigenen Vorbringen überwunden habe, führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Milderungsgrund der Überwindung einer negativen Lebensphase könne den eingetretenen Verlust der Vertrauenswürdigkeit nicht rückgängig machen, auch könne dem Beklagten die lange Verfahrensdauer nicht als entlastender Umstand zugerechnet werden, selbst wenn er diese Zeit zur Therapie genutzt habe. Es könne nicht außer Acht gelassen werden, dass es dem Rechtsempfinden widersprechen würde, die Entscheidung über ein schwerwiegendes Dienstvergehen so lange hinauszuzögern, bis möglicherweise eine vorliegende Störung ausreichend behandelt sei. Im Übrigen enthalte das Attest vom 09.05.2008 keine Aussage dazu, ob unter Umständen eine erneute eheliche Entfremdung ein Wiederaufleben dieser Störungen verursachen könne und wie der Beklagte diesen entgegenwirken solle und könne.
35 
Dem Senat liegen die Personalakten, die Ermittlungsakten der Klägerin, die Strafakte des Amtsgerichts ... sowie die Akten der Disziplinarkammer und des Bundesverwaltungsgerichts vor. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

 
36 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die Disziplinarkammer hat den Beklagten entsprechend dem Antrag der Klägerin zu Recht aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
37 
Da der Beamte die Berufung zulässigerweise auf das Disziplinarmaß beschränkt hat, steht für den Senat bindend fest, dass er mit dem von dem Verwaltungsgericht im Anschluss an das Urteil des Amtsgerichts ... vom 27.10.2004 festgestellten Verfehlungen (Diebstahl von Bargeld zu Lasten von Kolleginnen in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch verblieben ist) schuldhaft die ihm obliegenden Beamtenpflichten aus § 54 Sätze 2 und 3 BBG a.F., jetzt: § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBG, (Pflichten, das Amt uneigennützig und nach bestem Wissen zu verwalten und mit seinem Verhalten dem Vertrauen und der Achtung gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern) schuldhaft verletzt und ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG begangen hat. Der Senat hat deshalb nur noch darüber zu befinden, ob die von der Disziplinarkammer ausgesprochene Entfernung aus dem Dienst (§§ 5 Nr. 5, 10 BDG) gerechtfertigt oder aber, was der Beamte anstrebt, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen ist.
38 
Der Senat teilt die von der Disziplinarkammer getroffene Einschätzung, dass auf Grund des festgestellten - schwerwiegenden - Dienstvergehens die Entfernung aus dem Dienst unumgänglich ist. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
39 
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Auf Grund dieser Vorgaben ist über die erforderliche Disziplinarmaßnahme im Wege einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG ist ein aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Dies ist anzunehmen, wenn auf Grund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteile vom 29.05.2008, a.a.O, und vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695).
40 
Zutreffend ist die Disziplinarkammer davon ausgegangen, dass der hier gegebene Fall des Kollegendiebstahls nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, vom 29.09.1998 - 1 D 82.97 -, juris und vom 13.03.1996 - 1 D 55.95 -, m.w.N.; Urteil des Senats vom 16.10.2008 - 16 S 1109/08 -) hinsichtlich der Schwere im Grundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar ist. Für die Zugriffsdelikte wie auch für den Kollegendiebstahl gilt nämlich gleichermaßen, dass der Dienstherr sich auf die Ehrlichkeit seiner Bediensteten verlassen können muss. Die in einer Dienststelle zusammen arbeitenden Bediensteten müssen hinsichtlich der Sicherheit ihres Eigentums auf die Ehrlichkeit ihrer Kollegen, die sie sich nicht aussuchen können, zählen können. Auch die Verwaltung vertraut darauf, dass ein Beamter das notwendige Zusammensein mit seinen Kollegen während der Dienstzeit nicht zu strafbaren Handlungen zu deren Nachteil ausnutzt. Der Diebstahl gegenüber Kollegen vergiftet das Betriebsklima, stört den Arbeitsfrieden in schwerwiegender Weise und beweist eine beamtenunwürdige Haltung (BVerwG, Urteile vom 08.08.1995 - 1 D 7.95 -, juris und vom 29.09.1998, a.a.O.; Urteil des Senats vom 16.10.2008, a.a.O.). Auf Grund der Schwere dieses Dienstvergehens ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten oder gestohlenen Beträge - wie hier einschließlich des Versuchs mit insgesamt 215 EUR - die Schwelle der Geringwertigkeit von etwa 50 EUR (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 22.09.2006 - 2 B 52.06 -, DÖD 2007, 187; Urteil vom 11.06.2002 - 1 D 31.01 -, BVerwGE 116, 308; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB 16 S 3390/08 -) deutlich übersteigen. Diese Indizwirkung entfällt jedoch, wenn sich im Einzelfall auf Grund des Persönlichkeitsbilds des Beamten Entlastungsgründe von solchem Gewicht ergeben, die den Schluss rechtfertigen, dass der Beamte das Vertrauensverhältnis noch nicht vollends zerstört hat (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 25.10.2007, jew. a.a.O.; Urteile des Senats vom 16.10.2008, a.a.O. und vom 10.04.2008 - DL 16 S 6/07 -; Niedersächs. OVG, Urteil vom 12.04.2007 - 19 LD 4/06 -, juris).
41 
Als durchgreifende Entlastungsgesichtspunkte kommen zunächst die in der Rechtsprechung entwickelten Milderungsgründe in Betracht. Diese Milderungsgründe, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, tragen zum einen existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Diese Milderungsgründe sind jedoch kein abschließender Kanon der hier zu berücksichtigenden Entlastungsgründe. Es ist vielmehr auch nach anderen Entlastungsgründen vergleichbaren Gewichts zu fragen, die die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabsetzen und damit ein Restvertrauen noch rechtfertigen können. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf der Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände.
42 
Die Voraussetzungen des zunächst in Betracht zu ziehenden Milderungsgrundes des „Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2007 - 1 D 2.06 -, Urteil vom 13.05.1997 - 1 D 44.96 -, Urteil vom 26.01.1994 - 1 D 34.93 -, jew. juris; Urteil des Senats vom 10.04.2008, a.a.O.) liegen nicht vor. Dieser Milderungsgrund setzt voraus, dass der Zugriff auf das Bargeld allein zu dem Zweck erfolgt, eine für den Beamten existenzielle Notlage abzuwenden oder zu mildern (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2007, a.a.O. m.w.N.; Urteil des Senats vom 10.04.2008, a.a.O.). Ein solcher Fall ist nicht gegeben, da der Beamte zum Tatzeitpunkt wie auch heute in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt, wie er nochmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat.
43 
Auch liegt kein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen in einer besonderen Versuchungssituation vor (vgl. zu diesem Milderungsgrund etwa: BVerwG, Urteile vom 26.02.1997 - 1 D 16.99 -, und vom 04.06.1996 - 1 D 94.95 -, jew. juris; Urteil des Senats vom 31.01.2008 - DL 16 S 32/06 -; vgl. zur unbedachten Gelegenheitstat, die ein gewisses Maß an Spontaneität, Kopflosigkeit und Unüberlegtheit voraussetzt, auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.11.2001 - DL 17 S 15/01 -, juris). Der Beamte hat nicht einmalig versagt, sondern über einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr in vier Fällen Geld von Kolleginnen entwendet oder dies versucht.
44 
Es ist auch nicht der Milderungsgrund des Handelns in einer psychischen Ausnahmesituation gegeben. Eine solche Situation wird in aller Regel hervorgerufen durch den plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensumstände des Betroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslöst, der seinerseits zur Begehung des Dienstvergehens führt (BVerwG, Urteil vom 09.05.2001 - 1 D 22.00 -, BVerwGE 114, 240). Ein solcher Schock, der zur Begehung des Dienstvergehens des Beklagten geführt haben könnte, ist indes nicht ersichtlich.
45 
Ferner vermag der Senat keine Verhaltensweisen des Beklagten mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen festzustellen, die das begangene Dienstvergehen in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.2007, a.a.O.). Insbesondere hat der Beklagte nicht bereits vor Entdeckung der Tat sein Fehlverhalten offenbart und/oder den entstandenen Schaden ausgeglichen.
46 
Der Entfernung des Beklagten aus dem Dienst steht auch nicht der von ihm vornehmlich geltend gemachte Entlastungsgrund einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit entgegen. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, jew. a.a.O.; Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -, juris) wegen der von den Bemessungsvorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG geforderten prognostischen Gesamtwürdigung die Frage, ob der Beamte im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat, bei Zugriffsdelikten und den ihnen vergleichbaren Kollegendiebstählen nicht schematisch als unbeachtlich behandelt werden. Liegt eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne des § 21 StGB vor, ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Er kann eine Disziplinarmaßnahme zwar nicht ausschließen, muss aber Anlass zu Überlegungen geben, ob dann noch die schärfste Disziplinarmaßnahme geboten ist.
47 
Hinsichtlich der Frage, ob der Beklagte das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, ist der Senat nicht an die entsprechenden Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts ... vom 27.10.2004 gemäß §§ 57 Abs. 1, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG gebunden. Denn die Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zur Schuldfähigkeit binden das Disziplinargericht nur, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der Betreffende schuldfähig oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB ist. Ist - wie hier - die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung verneint, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB 16 S 3390/08 -).
48 
Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die hier relevante Frage der Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Disziplinargerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab und wird die Schwelle der Erheblichkeit damit bei Zugriffsdelikten und dem ihnen gleichzusetzenden Kollegendiebstahl nur in Ausnahmefällen erreicht sein (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 und Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.).
49 
Im Anschluss an das zeitnah zu den Dienstvergehen des Beklagten erstellte psychiatrische Gutachten des ... vom 11.02.2004, an den Entlassungsbericht der Klinik ... vom 04.12.2003 und an die fachärztliche Stellungnahme des den Beklagten behandelnden Chefarztes der Fachklinik für Psychiatrie und Psychosomatik ... vom 05.12.2003 geht der Senat davon aus, dass der Beklagte das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat.
50 
Das von der Staatsanwaltschaft ... eingeholte psychiatrische Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie, Neurologie ..., vom 11.02.2004 gelangt zu dem Ergebnis, dass bei dem Beklagten eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-selbstunsicheren Anteilen (ICD 10: F 61.) besteht, die sich im täglichen Leben in einer deutlichen Aggressionshemmung und der Unfähigkeit auswirken, Wünsche zu formulieren und sie durchzusetzen. Es sei zu einer Verschiebung dieser Wünsche hin auf das Verlangen gekommen, heimlich in die Intimsphäre der Frauen einzudringen und etwas von ihnen in Besitz zu nehmen. Dieser Vorgang sei neurotisch motiviert und in seiner Entstehung dem Bewusstsein des Beklagten weitgehend entzogen gewesen. Zwar sei die Einsichtsfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten davon nicht betroffen gewesen, doch müsse die Steuerungsfähigkeit als erheblich vermindert angesehen werden. Diese Angaben hat ... in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... am 27.10.2004 ausweislich des Protokolls bestätigt. Nach dem Entlassungsbericht der ..., in der sich der Beklagte vom 30.10. bis zum 27.11.2003 zur stationären psychiatrischen Behandlung aufgehalten hat, ist bei dem Beklagten die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Reaktion bei spezifischer abnormer Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle auf dem Hintergrund einer ausgeprägten anankastischen (zwanghaften) Persönlichkeitsstörung gestellt worden. Bei den Delikten sei die Schuldfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur eingeschränkt, sondern aufgehoben gewesen. Der Beklagte habe bereits zwei Jahre zuvor gegen imperative Wünsche angekämpft, sich den Geldbörsen von Mitarbeiterinnen zu nähern, bis er schließlich nicht mehr habe widerstehen können. Er habe sich wie magnetisch von den Geldbörsen angezogen gefühlt. Ein Gefühl von Schuld sei, trotz seiner sonstigen Gewissenhaftigkeit dabei nicht aufgetreten. Er habe unter Zwang gehandelt und nach den Diebstählen ein befreiendes Gefühl „ich hab`s geschafft“ gehabt, um danach wiederum in Selbstvorwürfe zu geraten. Er habe es jedoch aus Scham vor der Handlung nicht gewagt, sich jemandem zu offenbaren. Der Beklagte sei in einem lustfeindlichen und autoritären Milieu aufgewachsen und habe von früh an die Haltung, für andere da sein und es ihnen recht machen zu müssen, verinnerlicht. Zweifel und das Hinterfragen von Befehlen und Wünschen seien ihm verboten gewesen. Nachdem er eine Beziehung und letztlich die Ehe zu seiner Ehefrau eingegangen sei, sei es ihm auch verboten gewesen, erotische Phantasien und Wünsche gegenüber anderen Frauen zu entwickeln, welche sich dann doch eingestellt hätten. Das imperative Verbot des rigiden und überstrengen Über-Ich des Patienten habe sich als neurotische Kompromissbildung vom realen Objekt, den von ihm letztlich doch als attraktiv empfundenen Mitarbeiterinnen, auf den Wunsch auf etwas verschoben, das mit ihnen in Verbindung gestanden sei und mit den Attitüden „Intim, Geheimnis, Nähe und Eindringen“ zu tun gehabt habe. Dies habe zwingend-impulsiven Charakter gehabt. Die Rigidität und die Strenge des Über-Ichs würden die Macht der deliktischen Impulse erklären. In der ärztlichen Bescheinigung vom 05.12.2003 führt der den Beklagten behandelnde ... zusammenfassend aus, dass es sich um massive Zwangshandlungen auf dem Hintergrund einer schwerwiegenden seelischen Störung handele, wobei der Beklagte primär ein überaus gewissenhafter, sittenstrenger und gegenüber anderen überzuvorkommender Mensch sei, bei dem es im Rahmen von Impulsdurchbrüchen zu den delinquenten Handlungen gekommen sei.
51 
Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen geht auch der Senat, ebenso wie das Amtsgericht ... in seinem Urteil vom 27.10.2004, von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung auf Grund einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften Anteilen aus. Soweit die Klägerin gegen eine solche Wertung vorbringt, dass der Beklagte, wie der Diebstahl zu Lasten der Kollegin ... am 03.09.2003 zeige (vgl. deren Beschuldigtenvernehmung, Blatt 47 ff. der Strafakte des Amtsgerichts ...), geplant und zielgerichtet vorgegangen sei, und dass der Beklagte oft vor den Taschen der Frauen gestanden habe, ohne etwas entwendet zu haben, war dies dem Gutachter ... ausweislich der Angaben in seinem Gutachten vom 11.02.2004 bekannt. Diese Verhaltensweisen wurde in dem Gutachten aber - angesichts der in der ärztlichen Bescheinigung des ... vom 05.12.2003 hervorgehobenen krankhaften Impulsdurchbrüche bei Tatbegehung auch dem Senat nachvollziehbar -lediglich als Umstände bewertet, die nicht zur vollständigen Aufhebung der Steuerungsfähigkeit führen, aber nicht die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit in Frage stellen. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für eine weitere Aufklärung der Frage des Grades der Verminderung der Schuldfähigkeit, etwa durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, auch in Anbetracht der unsicheren Basis einer mehrjährig nachträglichen Beurteilung (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.04.2000 - 4 S 1588/98 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 22.12.2004 - 5 K 1484/03 -, VENSA), zumal nach abgeschlossener Therapie des Beklagten, keinen Anlass.
52 
Die erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten führt hier nicht dazu, dass von dessen Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden kann. Dieser Umstand ist allerdings mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens heranzuziehen. Bei der dazu gebotenen Würdigung der weiteren Begebenheiten des Einzelfalls (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 und Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.; Urteil des Senats vom 02.04.2009 - DL 16 S 3290/08 -, juris) kommt der Senat hier zu dem Schluss, dass der Beklagte auch bei Berücksichtigung der erheblich geminderten Schuldfähigkeit mit dem ihr zukommenden Gewicht im Zolldienst untragbar ist. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Pflicht, das Eigentum von Kollegen zu achten, um eine leicht einsehbare und sich jedem Mitarbeiter ohne weiteres aufdrängende Kernpflicht handelt und der Beklagte ausweislich des Gutachtens des ... vom 11.02.2004 und dessen Aussagen in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... am 27.10.2004 in entsprechender Einsichtsfähigkeit gehandelt hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte in mehreren Fällen und dazu über einen längeren Zeitraum auf das Geld von Kolleginnen zugegriffen hat, davon in einem Fall sogar nach dem Rat an eine Kollegin, in die Hosentasche gestecktes Geld in einen Geldbeutel zu tun, auf den der Beklagte dann Zugriff nahm. Es kommt hinzu, dass der Beklagte die Diebstähle begangen hat, kurz nachdem er wegen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Absicht, sich Mehrwertsteuer unberechtigt erstatten zu lassen, in einem Personalgespräch mit dem Vorsteher des Hauptzollamtes ... vom 31.01.2003 eindringlich gemahnt wurde, sich künftig korrekt zu verhalten. Mithin ist eine kurz vor Begehung der dem Beklagten zur Last gelegten Taten ergangene Mahnung seines Dienstvorgesetzten zu gesetzestreuem Verhalten, die der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat, erfolglos geblieben. Schon diese Umstände lassen es für sich genommen als nahezu ausgeschlossen erscheinen, Vorgesetzten und Kollegen auch unter Berücksichtigung einer festgestellten erheblich verminderten Schuldfähigkeit eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beklagten zuzumuten. Insoweit fällt auch auf, dass das von dem Beklagten vorgelegte Schreiben von Mitarbeitern seiner Dienststelle vom 22.06.2005, in dem zu Gunsten des Beklagten gebeten wird, „Gnade vor Recht walten zu lassen“ lediglich von sechs Kollegen unterzeichnet wurde und auch zwei Kolleginnen, die von dem Beklagten bestohlen wurden, sich dieser Bitte nicht angeschlossen haben.
53 
Weiter stellt der Senat in Rechnung, dass der Beklagte - wenn er auch bei Begehung der ihm zur Last gelegten Taten erheblich vermindert schuldfähig war - durchaus in der Lage gewesen ist, in anderen Fällen von seinem Drang Abstand zu nehmen, Geld von Kolleginnen zu entwenden, als er vor deren Taschen stand. Zudem hat sich der Beklagte nach den Diebstählen „Selbstvorwürfe“ gemacht und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass ihm die Diebstähle kurz nach der Tat leid getan hätten. Für ihn ist es nach dem psychiatrischen Gutachten des ... vom 11.02.2004 zudem - zwanghaft - vornehmlich darum gegangen, etwas aus den Geldbeuteln der Frauen herauszunehmen und damit in die Intimsphäre der Frauen einzudringen, während es ihn seinen Angaben bei der Untersuchung am 20.01.2004 zufolge weniger gereizt habe, das Geld zu besitzen und er das Geld zunächst in einem Umschlag im Auto mitgeführt und erst dann nach und nach ausgegeben habe. Diese Umstände belegen aber, dass der Beklagte jedenfalls nach Begehung der Diebstähle, die er nach den Angaben seines ihn behandelnden Psychiaters im Wege von krankhaften Impulsdurchbrüchen begangen hat, durchaus die Möglichkeiten zu Korrekturen seines Verhaltens gegenüber seinen Kolleginnen oder jedenfalls dazu gehabt hätte, für sich geeignete Hilfe in Anspruch zu nehmen. So führte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch aus, er habe schon bemerkt, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung gewesen sei. Bei Einbeziehung dieser Aspekte führt die disziplinarische Würdigung des Gewichts des Dienstvergehens auch unter Berücksichtigung einer tatbezogen gegebenen erheblich verminderten Schuldfähigkeit zu dem Ergebnis, dass der Beamte das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat und damit für den Dienst in der Zollverwaltung untragbar geworden ist.
54 
Der Umstand, dass dem Beklagten in dem zuletzt von ... vorgelegten ärztlichen Attest vom 09.05.2008 bescheinigt wird, dass er sich psychisch stabilisiert habe, nicht mehr behandlungsbedürftig sei und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erneute pathologische Handlungen ausgeschlossen werden könnten, führt ebenfalls nicht zum Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme.
55 
Zwar kann von einer Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden, wenn auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden kann, dass der Beamte künftig nicht mehr in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007), wobei hier dahinstehen kann, ob - wie von der Klägerin problematisiert -, eine Wiederholungsgefahr im Wege der „Überwindung einer negativen Lebensphase“ unmittelbar nach der Tatbegehung oder doch in einem mit der Tatbegehung engen Zusammenhang stehenden Zeitraum weggefallen sein muss. Denn eine prognostische Gesamtwürdigung, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, ist dann nicht mehr anzustellen, wenn die durch das Fehlverhalten des Beamten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums auch bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist (vgl. ebenfalls BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, a.a.O.; vgl. auch Urteile des Senats vom 18.06.2009 - DL 16 S 71/09 -, juris und vom 02.04.2009, a.a.O.). Angesichts der oben dargelegten Umstände ist auch unter Berücksichtigung der tatbezogen erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten bei den von ihm hier zu Lasten von Kolleginnen begangenen Diebstählen diese Voraussetzung gegeben. Durch diese Diebstähle hat der Beklagte auch bei Würdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte, insbesondere einer im Anschluss an die Tatbegehung erfolgreich abgeschlossenen Therapie, eine beamtenunwürdige Haltung an den Tag gelegt, die zu einer irreparablen Beschädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums geführt hat.
56 
Damit vermag der Senat - ebenso wie das Verwaltungsgericht - unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände, auch der langjährigen dienstlichen Unbescholtenheit des Beklagten und seiner ordentlichen dienstlichen Beurteilungen, nicht zu erkennen, dass die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung für den eingetretenen Vertrauensverlust durch vorrangig zu berücksichtigende und durchgreifende Entlastungsgründe entfallen ist und der Beklagte gegenüber seinem Dienstherrn noch ein Restvertrauen für sich in Anspruch nehmen könnte. Ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und seinem Dienstherrn zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion. Die hierin liegende Härte ist für den Beklagten - auch unter familiären und wirtschaftlichen Gesichtspunkten - nicht unverhältnismäßig, da sie auf zurechenbarem Verhalten beruht.
57 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO und umfasst zugleich die Kosten des Revisionsverfahrens. Obgleich der Beklagte im Revisionsverfahren obsiegt hat, ist er auch insoweit zur Kostentragung verpflichtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2008 - 3 S 358/08 - m.w.N.).
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG vorliegt.

Gründe

 
36 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die Disziplinarkammer hat den Beklagten entsprechend dem Antrag der Klägerin zu Recht aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
37 
Da der Beamte die Berufung zulässigerweise auf das Disziplinarmaß beschränkt hat, steht für den Senat bindend fest, dass er mit dem von dem Verwaltungsgericht im Anschluss an das Urteil des Amtsgerichts ... vom 27.10.2004 festgestellten Verfehlungen (Diebstahl von Bargeld zu Lasten von Kolleginnen in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch verblieben ist) schuldhaft die ihm obliegenden Beamtenpflichten aus § 54 Sätze 2 und 3 BBG a.F., jetzt: § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBG, (Pflichten, das Amt uneigennützig und nach bestem Wissen zu verwalten und mit seinem Verhalten dem Vertrauen und der Achtung gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern) schuldhaft verletzt und ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG begangen hat. Der Senat hat deshalb nur noch darüber zu befinden, ob die von der Disziplinarkammer ausgesprochene Entfernung aus dem Dienst (§§ 5 Nr. 5, 10 BDG) gerechtfertigt oder aber, was der Beamte anstrebt, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen ist.
38 
Der Senat teilt die von der Disziplinarkammer getroffene Einschätzung, dass auf Grund des festgestellten - schwerwiegenden - Dienstvergehens die Entfernung aus dem Dienst unumgänglich ist. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
39 
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Auf Grund dieser Vorgaben ist über die erforderliche Disziplinarmaßnahme im Wege einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG ist ein aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Dies ist anzunehmen, wenn auf Grund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteile vom 29.05.2008, a.a.O, und vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695).
40 
Zutreffend ist die Disziplinarkammer davon ausgegangen, dass der hier gegebene Fall des Kollegendiebstahls nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, vom 29.09.1998 - 1 D 82.97 -, juris und vom 13.03.1996 - 1 D 55.95 -, m.w.N.; Urteil des Senats vom 16.10.2008 - 16 S 1109/08 -) hinsichtlich der Schwere im Grundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar ist. Für die Zugriffsdelikte wie auch für den Kollegendiebstahl gilt nämlich gleichermaßen, dass der Dienstherr sich auf die Ehrlichkeit seiner Bediensteten verlassen können muss. Die in einer Dienststelle zusammen arbeitenden Bediensteten müssen hinsichtlich der Sicherheit ihres Eigentums auf die Ehrlichkeit ihrer Kollegen, die sie sich nicht aussuchen können, zählen können. Auch die Verwaltung vertraut darauf, dass ein Beamter das notwendige Zusammensein mit seinen Kollegen während der Dienstzeit nicht zu strafbaren Handlungen zu deren Nachteil ausnutzt. Der Diebstahl gegenüber Kollegen vergiftet das Betriebsklima, stört den Arbeitsfrieden in schwerwiegender Weise und beweist eine beamtenunwürdige Haltung (BVerwG, Urteile vom 08.08.1995 - 1 D 7.95 -, juris und vom 29.09.1998, a.a.O.; Urteil des Senats vom 16.10.2008, a.a.O.). Auf Grund der Schwere dieses Dienstvergehens ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten oder gestohlenen Beträge - wie hier einschließlich des Versuchs mit insgesamt 215 EUR - die Schwelle der Geringwertigkeit von etwa 50 EUR (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 22.09.2006 - 2 B 52.06 -, DÖD 2007, 187; Urteil vom 11.06.2002 - 1 D 31.01 -, BVerwGE 116, 308; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB 16 S 3390/08 -) deutlich übersteigen. Diese Indizwirkung entfällt jedoch, wenn sich im Einzelfall auf Grund des Persönlichkeitsbilds des Beamten Entlastungsgründe von solchem Gewicht ergeben, die den Schluss rechtfertigen, dass der Beamte das Vertrauensverhältnis noch nicht vollends zerstört hat (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 25.10.2007, jew. a.a.O.; Urteile des Senats vom 16.10.2008, a.a.O. und vom 10.04.2008 - DL 16 S 6/07 -; Niedersächs. OVG, Urteil vom 12.04.2007 - 19 LD 4/06 -, juris).
41 
Als durchgreifende Entlastungsgesichtspunkte kommen zunächst die in der Rechtsprechung entwickelten Milderungsgründe in Betracht. Diese Milderungsgründe, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, tragen zum einen existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Diese Milderungsgründe sind jedoch kein abschließender Kanon der hier zu berücksichtigenden Entlastungsgründe. Es ist vielmehr auch nach anderen Entlastungsgründen vergleichbaren Gewichts zu fragen, die die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabsetzen und damit ein Restvertrauen noch rechtfertigen können. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf der Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände.
42 
Die Voraussetzungen des zunächst in Betracht zu ziehenden Milderungsgrundes des „Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2007 - 1 D 2.06 -, Urteil vom 13.05.1997 - 1 D 44.96 -, Urteil vom 26.01.1994 - 1 D 34.93 -, jew. juris; Urteil des Senats vom 10.04.2008, a.a.O.) liegen nicht vor. Dieser Milderungsgrund setzt voraus, dass der Zugriff auf das Bargeld allein zu dem Zweck erfolgt, eine für den Beamten existenzielle Notlage abzuwenden oder zu mildern (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2007, a.a.O. m.w.N.; Urteil des Senats vom 10.04.2008, a.a.O.). Ein solcher Fall ist nicht gegeben, da der Beamte zum Tatzeitpunkt wie auch heute in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt, wie er nochmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat.
43 
Auch liegt kein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen in einer besonderen Versuchungssituation vor (vgl. zu diesem Milderungsgrund etwa: BVerwG, Urteile vom 26.02.1997 - 1 D 16.99 -, und vom 04.06.1996 - 1 D 94.95 -, jew. juris; Urteil des Senats vom 31.01.2008 - DL 16 S 32/06 -; vgl. zur unbedachten Gelegenheitstat, die ein gewisses Maß an Spontaneität, Kopflosigkeit und Unüberlegtheit voraussetzt, auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.11.2001 - DL 17 S 15/01 -, juris). Der Beamte hat nicht einmalig versagt, sondern über einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr in vier Fällen Geld von Kolleginnen entwendet oder dies versucht.
44 
Es ist auch nicht der Milderungsgrund des Handelns in einer psychischen Ausnahmesituation gegeben. Eine solche Situation wird in aller Regel hervorgerufen durch den plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensumstände des Betroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslöst, der seinerseits zur Begehung des Dienstvergehens führt (BVerwG, Urteil vom 09.05.2001 - 1 D 22.00 -, BVerwGE 114, 240). Ein solcher Schock, der zur Begehung des Dienstvergehens des Beklagten geführt haben könnte, ist indes nicht ersichtlich.
45 
Ferner vermag der Senat keine Verhaltensweisen des Beklagten mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen festzustellen, die das begangene Dienstvergehen in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.2007, a.a.O.). Insbesondere hat der Beklagte nicht bereits vor Entdeckung der Tat sein Fehlverhalten offenbart und/oder den entstandenen Schaden ausgeglichen.
46 
Der Entfernung des Beklagten aus dem Dienst steht auch nicht der von ihm vornehmlich geltend gemachte Entlastungsgrund einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit entgegen. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, jew. a.a.O.; Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -, juris) wegen der von den Bemessungsvorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG geforderten prognostischen Gesamtwürdigung die Frage, ob der Beamte im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat, bei Zugriffsdelikten und den ihnen vergleichbaren Kollegendiebstählen nicht schematisch als unbeachtlich behandelt werden. Liegt eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne des § 21 StGB vor, ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Er kann eine Disziplinarmaßnahme zwar nicht ausschließen, muss aber Anlass zu Überlegungen geben, ob dann noch die schärfste Disziplinarmaßnahme geboten ist.
47 
Hinsichtlich der Frage, ob der Beklagte das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, ist der Senat nicht an die entsprechenden Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts ... vom 27.10.2004 gemäß §§ 57 Abs. 1, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG gebunden. Denn die Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zur Schuldfähigkeit binden das Disziplinargericht nur, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der Betreffende schuldfähig oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB ist. Ist - wie hier - die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung verneint, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB 16 S 3390/08 -).
48 
Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die hier relevante Frage der Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Disziplinargerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab und wird die Schwelle der Erheblichkeit damit bei Zugriffsdelikten und dem ihnen gleichzusetzenden Kollegendiebstahl nur in Ausnahmefällen erreicht sein (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 und Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.).
49 
Im Anschluss an das zeitnah zu den Dienstvergehen des Beklagten erstellte psychiatrische Gutachten des ... vom 11.02.2004, an den Entlassungsbericht der Klinik ... vom 04.12.2003 und an die fachärztliche Stellungnahme des den Beklagten behandelnden Chefarztes der Fachklinik für Psychiatrie und Psychosomatik ... vom 05.12.2003 geht der Senat davon aus, dass der Beklagte das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat.
50 
Das von der Staatsanwaltschaft ... eingeholte psychiatrische Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie, Neurologie ..., vom 11.02.2004 gelangt zu dem Ergebnis, dass bei dem Beklagten eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-selbstunsicheren Anteilen (ICD 10: F 61.) besteht, die sich im täglichen Leben in einer deutlichen Aggressionshemmung und der Unfähigkeit auswirken, Wünsche zu formulieren und sie durchzusetzen. Es sei zu einer Verschiebung dieser Wünsche hin auf das Verlangen gekommen, heimlich in die Intimsphäre der Frauen einzudringen und etwas von ihnen in Besitz zu nehmen. Dieser Vorgang sei neurotisch motiviert und in seiner Entstehung dem Bewusstsein des Beklagten weitgehend entzogen gewesen. Zwar sei die Einsichtsfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten davon nicht betroffen gewesen, doch müsse die Steuerungsfähigkeit als erheblich vermindert angesehen werden. Diese Angaben hat ... in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... am 27.10.2004 ausweislich des Protokolls bestätigt. Nach dem Entlassungsbericht der ..., in der sich der Beklagte vom 30.10. bis zum 27.11.2003 zur stationären psychiatrischen Behandlung aufgehalten hat, ist bei dem Beklagten die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Reaktion bei spezifischer abnormer Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle auf dem Hintergrund einer ausgeprägten anankastischen (zwanghaften) Persönlichkeitsstörung gestellt worden. Bei den Delikten sei die Schuldfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur eingeschränkt, sondern aufgehoben gewesen. Der Beklagte habe bereits zwei Jahre zuvor gegen imperative Wünsche angekämpft, sich den Geldbörsen von Mitarbeiterinnen zu nähern, bis er schließlich nicht mehr habe widerstehen können. Er habe sich wie magnetisch von den Geldbörsen angezogen gefühlt. Ein Gefühl von Schuld sei, trotz seiner sonstigen Gewissenhaftigkeit dabei nicht aufgetreten. Er habe unter Zwang gehandelt und nach den Diebstählen ein befreiendes Gefühl „ich hab`s geschafft“ gehabt, um danach wiederum in Selbstvorwürfe zu geraten. Er habe es jedoch aus Scham vor der Handlung nicht gewagt, sich jemandem zu offenbaren. Der Beklagte sei in einem lustfeindlichen und autoritären Milieu aufgewachsen und habe von früh an die Haltung, für andere da sein und es ihnen recht machen zu müssen, verinnerlicht. Zweifel und das Hinterfragen von Befehlen und Wünschen seien ihm verboten gewesen. Nachdem er eine Beziehung und letztlich die Ehe zu seiner Ehefrau eingegangen sei, sei es ihm auch verboten gewesen, erotische Phantasien und Wünsche gegenüber anderen Frauen zu entwickeln, welche sich dann doch eingestellt hätten. Das imperative Verbot des rigiden und überstrengen Über-Ich des Patienten habe sich als neurotische Kompromissbildung vom realen Objekt, den von ihm letztlich doch als attraktiv empfundenen Mitarbeiterinnen, auf den Wunsch auf etwas verschoben, das mit ihnen in Verbindung gestanden sei und mit den Attitüden „Intim, Geheimnis, Nähe und Eindringen“ zu tun gehabt habe. Dies habe zwingend-impulsiven Charakter gehabt. Die Rigidität und die Strenge des Über-Ichs würden die Macht der deliktischen Impulse erklären. In der ärztlichen Bescheinigung vom 05.12.2003 führt der den Beklagten behandelnde ... zusammenfassend aus, dass es sich um massive Zwangshandlungen auf dem Hintergrund einer schwerwiegenden seelischen Störung handele, wobei der Beklagte primär ein überaus gewissenhafter, sittenstrenger und gegenüber anderen überzuvorkommender Mensch sei, bei dem es im Rahmen von Impulsdurchbrüchen zu den delinquenten Handlungen gekommen sei.
51 
Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen geht auch der Senat, ebenso wie das Amtsgericht ... in seinem Urteil vom 27.10.2004, von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung auf Grund einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften Anteilen aus. Soweit die Klägerin gegen eine solche Wertung vorbringt, dass der Beklagte, wie der Diebstahl zu Lasten der Kollegin ... am 03.09.2003 zeige (vgl. deren Beschuldigtenvernehmung, Blatt 47 ff. der Strafakte des Amtsgerichts ...), geplant und zielgerichtet vorgegangen sei, und dass der Beklagte oft vor den Taschen der Frauen gestanden habe, ohne etwas entwendet zu haben, war dies dem Gutachter ... ausweislich der Angaben in seinem Gutachten vom 11.02.2004 bekannt. Diese Verhaltensweisen wurde in dem Gutachten aber - angesichts der in der ärztlichen Bescheinigung des ... vom 05.12.2003 hervorgehobenen krankhaften Impulsdurchbrüche bei Tatbegehung auch dem Senat nachvollziehbar -lediglich als Umstände bewertet, die nicht zur vollständigen Aufhebung der Steuerungsfähigkeit führen, aber nicht die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit in Frage stellen. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für eine weitere Aufklärung der Frage des Grades der Verminderung der Schuldfähigkeit, etwa durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, auch in Anbetracht der unsicheren Basis einer mehrjährig nachträglichen Beurteilung (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.04.2000 - 4 S 1588/98 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 22.12.2004 - 5 K 1484/03 -, VENSA), zumal nach abgeschlossener Therapie des Beklagten, keinen Anlass.
52 
Die erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten führt hier nicht dazu, dass von dessen Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden kann. Dieser Umstand ist allerdings mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens heranzuziehen. Bei der dazu gebotenen Würdigung der weiteren Begebenheiten des Einzelfalls (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 und Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.; Urteil des Senats vom 02.04.2009 - DL 16 S 3290/08 -, juris) kommt der Senat hier zu dem Schluss, dass der Beklagte auch bei Berücksichtigung der erheblich geminderten Schuldfähigkeit mit dem ihr zukommenden Gewicht im Zolldienst untragbar ist. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Pflicht, das Eigentum von Kollegen zu achten, um eine leicht einsehbare und sich jedem Mitarbeiter ohne weiteres aufdrängende Kernpflicht handelt und der Beklagte ausweislich des Gutachtens des ... vom 11.02.2004 und dessen Aussagen in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... am 27.10.2004 in entsprechender Einsichtsfähigkeit gehandelt hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte in mehreren Fällen und dazu über einen längeren Zeitraum auf das Geld von Kolleginnen zugegriffen hat, davon in einem Fall sogar nach dem Rat an eine Kollegin, in die Hosentasche gestecktes Geld in einen Geldbeutel zu tun, auf den der Beklagte dann Zugriff nahm. Es kommt hinzu, dass der Beklagte die Diebstähle begangen hat, kurz nachdem er wegen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Absicht, sich Mehrwertsteuer unberechtigt erstatten zu lassen, in einem Personalgespräch mit dem Vorsteher des Hauptzollamtes ... vom 31.01.2003 eindringlich gemahnt wurde, sich künftig korrekt zu verhalten. Mithin ist eine kurz vor Begehung der dem Beklagten zur Last gelegten Taten ergangene Mahnung seines Dienstvorgesetzten zu gesetzestreuem Verhalten, die der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat, erfolglos geblieben. Schon diese Umstände lassen es für sich genommen als nahezu ausgeschlossen erscheinen, Vorgesetzten und Kollegen auch unter Berücksichtigung einer festgestellten erheblich verminderten Schuldfähigkeit eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beklagten zuzumuten. Insoweit fällt auch auf, dass das von dem Beklagten vorgelegte Schreiben von Mitarbeitern seiner Dienststelle vom 22.06.2005, in dem zu Gunsten des Beklagten gebeten wird, „Gnade vor Recht walten zu lassen“ lediglich von sechs Kollegen unterzeichnet wurde und auch zwei Kolleginnen, die von dem Beklagten bestohlen wurden, sich dieser Bitte nicht angeschlossen haben.
53 
Weiter stellt der Senat in Rechnung, dass der Beklagte - wenn er auch bei Begehung der ihm zur Last gelegten Taten erheblich vermindert schuldfähig war - durchaus in der Lage gewesen ist, in anderen Fällen von seinem Drang Abstand zu nehmen, Geld von Kolleginnen zu entwenden, als er vor deren Taschen stand. Zudem hat sich der Beklagte nach den Diebstählen „Selbstvorwürfe“ gemacht und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass ihm die Diebstähle kurz nach der Tat leid getan hätten. Für ihn ist es nach dem psychiatrischen Gutachten des ... vom 11.02.2004 zudem - zwanghaft - vornehmlich darum gegangen, etwas aus den Geldbeuteln der Frauen herauszunehmen und damit in die Intimsphäre der Frauen einzudringen, während es ihn seinen Angaben bei der Untersuchung am 20.01.2004 zufolge weniger gereizt habe, das Geld zu besitzen und er das Geld zunächst in einem Umschlag im Auto mitgeführt und erst dann nach und nach ausgegeben habe. Diese Umstände belegen aber, dass der Beklagte jedenfalls nach Begehung der Diebstähle, die er nach den Angaben seines ihn behandelnden Psychiaters im Wege von krankhaften Impulsdurchbrüchen begangen hat, durchaus die Möglichkeiten zu Korrekturen seines Verhaltens gegenüber seinen Kolleginnen oder jedenfalls dazu gehabt hätte, für sich geeignete Hilfe in Anspruch zu nehmen. So führte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch aus, er habe schon bemerkt, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung gewesen sei. Bei Einbeziehung dieser Aspekte führt die disziplinarische Würdigung des Gewichts des Dienstvergehens auch unter Berücksichtigung einer tatbezogen gegebenen erheblich verminderten Schuldfähigkeit zu dem Ergebnis, dass der Beamte das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat und damit für den Dienst in der Zollverwaltung untragbar geworden ist.
54 
Der Umstand, dass dem Beklagten in dem zuletzt von ... vorgelegten ärztlichen Attest vom 09.05.2008 bescheinigt wird, dass er sich psychisch stabilisiert habe, nicht mehr behandlungsbedürftig sei und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erneute pathologische Handlungen ausgeschlossen werden könnten, führt ebenfalls nicht zum Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme.
55 
Zwar kann von einer Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden, wenn auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden kann, dass der Beamte künftig nicht mehr in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007), wobei hier dahinstehen kann, ob - wie von der Klägerin problematisiert -, eine Wiederholungsgefahr im Wege der „Überwindung einer negativen Lebensphase“ unmittelbar nach der Tatbegehung oder doch in einem mit der Tatbegehung engen Zusammenhang stehenden Zeitraum weggefallen sein muss. Denn eine prognostische Gesamtwürdigung, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, ist dann nicht mehr anzustellen, wenn die durch das Fehlverhalten des Beamten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums auch bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist (vgl. ebenfalls BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, a.a.O.; vgl. auch Urteile des Senats vom 18.06.2009 - DL 16 S 71/09 -, juris und vom 02.04.2009, a.a.O.). Angesichts der oben dargelegten Umstände ist auch unter Berücksichtigung der tatbezogen erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten bei den von ihm hier zu Lasten von Kolleginnen begangenen Diebstählen diese Voraussetzung gegeben. Durch diese Diebstähle hat der Beklagte auch bei Würdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte, insbesondere einer im Anschluss an die Tatbegehung erfolgreich abgeschlossenen Therapie, eine beamtenunwürdige Haltung an den Tag gelegt, die zu einer irreparablen Beschädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums geführt hat.
56 
Damit vermag der Senat - ebenso wie das Verwaltungsgericht - unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände, auch der langjährigen dienstlichen Unbescholtenheit des Beklagten und seiner ordentlichen dienstlichen Beurteilungen, nicht zu erkennen, dass die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung für den eingetretenen Vertrauensverlust durch vorrangig zu berücksichtigende und durchgreifende Entlastungsgründe entfallen ist und der Beklagte gegenüber seinem Dienstherrn noch ein Restvertrauen für sich in Anspruch nehmen könnte. Ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und seinem Dienstherrn zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion. Die hierin liegende Härte ist für den Beklagten - auch unter familiären und wirtschaftlichen Gesichtspunkten - nicht unverhältnismäßig, da sie auf zurechenbarem Verhalten beruht.
57 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO und umfasst zugleich die Kosten des Revisionsverfahrens. Obgleich der Beklagte im Revisionsverfahren obsiegt hat, ist er auch insoweit zur Kostentragung verpflichtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2008 - 3 S 358/08 - m.w.N.).
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG vorliegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.