Verwaltungsgericht Trier Urteil, 05. Nov. 2018 - 1 K 2920/18.TR
Tenor
1. Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 23.04.2018 und 13.08.2018 verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
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Die Kläger sind syrische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. Bereits am 22.08.2015 reiste der Vater des Klägers zu 1.) und Ehemann der Klägerin zu 2.), ..., in die Bundesrepublik ein. Diesem wurde durch Bescheid der Beklagten vom 10.03.2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Die Klägerin zu 2.) und vier weitere minderjährige Kinder reisten sodann am 02.12.2017 im Wege der Familienzusammenführung ebenfalls in die Bundesrepublik ein, wo sie am 01.04.2018 jeweils einen Asylantrag stellten, der auf die Gewährung internationalen Schutzes beschränkt worden ist. Der volljährige Kläger zu 1.) reiste schließlich als letzter Familienangehöriger am 06. bzw. 07.04.2018 in die Bundesrepublik ein und stellte unter dem 18.04.2018 ebenfalls einen Asylantrag, der in diesem Fall nicht auf die Gewährung internationalen Schutzes beschränkt worden ist.
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Im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung bei der Beklagten gaben die Kläger im Wesentlichen übereinstimmend an, dass sie vor einer in Syrien drohenden Verfolgung durch die dortigen Sicherheitskräfte geflohen seien. Diese drohe ihnen aufgrund des politischen Engagements ihres Vaters bzw. Ehemanns. Dieser sei in einer kurdischen Partei aktiv gewesen und aufgrund dessen auch bereits durch die syrische Regierung inhaftiert und gefoltert worden. Der Kläger zu 1.) ergänzte, dass die gesamte Großfamilie für ihr politisches Engagement in kurdischen Parteien bekannt sei. Ein Cousin seines Vaters sei in diesem Zusammenhang etwa durch die syrischen Sicherheitskräfte getötet worden.
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Mit Bescheiden vom 23.04.2018 (Kläger zu 1.), diesem zugestellt am 30.04.2018 und vom 13.08.2018 (Klägerin zu 2.), dem Klägerbevollmächtigten zugestellt mit Schreiben vom 14.08.2018, erkannte die Beklagte den Klägern jeweils den subsidiären Schutzstatus zu. Im Übrigen wurden ihre Anträge abgelehnt. Aus dem Sachvortrag sei weder eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal ersichtlich. Hinsichtlich der Klägerin zu 2.) komme auch keine Zuerkennungsentscheidung nach Maßgabe des § 26 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AsylG in Betracht, da diese ihren Asylantrag nicht im Normsinne „unverzüglich“ nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik am 02.12.2017 gestellt habe.
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Hiergegen richten sich die am 06.05.2018 (Kläger zu 1.) bzw. 15.08.2018 (Klägerin zu 2.) erhobenen Klagen, die nicht über den klägerischen Vortrag im Asylverfahren hinaus begründet worden sind.
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Das Gericht hat das vormalige Verfahren der Klägerin zu 2.) (1 K 4338/18.TR) durch Beschluss vom 17.10.2018 zum Verfahren des Klägers zu 1.) unter dessen Führung hinzuverbunden.
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Die Kläger b e a n t r a g e n daher zuletzt,
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die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 23.04.2018 und 13.08.2018 zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
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Die Beklagte b e a n t r a g t,
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die Klage abzuweisen.
- 10
Sie bezieht sich zur Begründung ihres Antrags auf den angefochtenen Bescheid.
- 11
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2018 Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen ... und sich im Anschluss, nach erteiltem Einverständnis der Beteiligten, im schriftlichen Verfahren vertagt, wobei zuletzt auch die Asylakte des vorgenannten Zeugen beigezogen worden ist.
- 12
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten, dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2018, der bei Gericht vorhandenen Asyldokumentation über die asyl- und abschiebungsrelevanten Verhältnisse in Syrien und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen der Beklagten (auch zu den dortigen Az. 6353323-475 und 7471273-1-475), die jeweils Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtete Klage hat Erfolg.
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Die Kammer entscheidet gemäß § 87a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 VwGO durch den Berichterstatter als konsentierten Einzelrichter, da sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden zeigten. Im Einverständnis mit den Beteiligten konnte das Gericht zudem gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden. Die jeweiligen Prozesserklärungen der Beklagten ergeben sich hierbei aus der „Allgemeinen Prozesserklärung des Bundesamtes in Verwaltungsstreitsachen wegen Verfahren nach dem Asylgesetz“ vom 27.06.2017 und aus den Klageerwiderungsschriften vom 11.05.2018 bzw. 20.08.2018.
- 15
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO zulässig, und auch in der Sache begründet. Den Klägern steht im gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu. Die Bescheide der Beklagten vom 23.04.2018 und 13.08.2018 erweisen sich jeweils als rechtswidrig und verletzen die Kläger in eigenen Rechten, soweit sie zu einem hiervon abweichenden Ergebnis gelangen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
- 16
1. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist. Hiernach ist Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juni 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -, BGBl. 1953 II S. 560) unter anderem, wer sich wegen begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
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2. Ob eine Verfolgung droht, ist anhand einer Prognose zu beurteilen, die von einer zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes auszugehen und die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat zum Gegenstand hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. März 1990 - 9 C 14.89 -, BVerwGE 85, 12, juris Rn. 13, m.w.N.).
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a. Ausgangspunkt der zu treffenden Prognoseentscheidung ist das bisherige Schicksal des Schutzsuchenden. Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat beziehungsweise von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war (Vorverfolgung), ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein ernsthafter Hinweis auf die Begründetheit seiner Furcht vor Verfolgung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377, juris Rn. 23, unter Hinweis auf: EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - C-175/08 u.a. [Abdulla u.a.] -, NVwZ 2010, 505, juris Rn. 92 ff.). Der Asylsuchende muss danach bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles sein Heimatland aus Furcht vor politischer Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG verlassen haben. Aufgabe des Schutzsuchenden ist es insoweit, von sich aus unter genauer Angabe von Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung Verfolgung droht.
- 19
b. Die begründete Furcht vor Verfolgung kann jedoch gemäß § 28 Abs. 1a AsylG auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist. Ist der Asylsuchende unverfolgt ausgereist, liegen eine Verfolgungsgefahr und damit eine begründete Furcht vor Verfolgung vor, wenn ihm bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen (vgl. hierzu zusammenfassend: BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7. Februar 2008 - 10 C 33.07 -, DVBl. 2008, 118, juris Rn. 37).
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3. Ausgehend von diesen Maßstäben ist den Klägern die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 AsylG zuzuerkennen. Sie haben ihr Heimatland zwar nicht in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise vorverfolgt verlassen; ihnen droht in der nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU vorzunehmenden Gesamtschau jedoch eine flüchtlingsrelevante Verfolgung aufgrund der beachtlichen Gefahr einer primär durch den Zeugen... bedingten Reflexverfolgung, sollten sie in ihr Heimatland zurückkehren müssen.
- 21
a. Das Gericht konnte sich u.a. anhand der glaubhaften Aussagen des glaubwürdigen Zeugen ... in der mündlichen Verhandlung am 17.10.2018 die gemäß § 108 Abs. 1 VwGO erforderliche Gewissheit verschaffen, dass dieser – und auch andere Familienangehörige – in seiner syrischen Heimat langjährig in der kurdischen Yekiti – Partei aktiv gewesen und aufgrund dessen bereits vor Ausbruch des dortigen Bürgerkrieges in den Fokus der syrischen Sicherheitskräfte geraten ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2018 (dort S. 5 ff.) verwiesen. Das Vorliegen einer entsprechenden, flüchtlingsrelevanten Gefährdungslage bezüglich des Zeugen ... wurde offenbar auch durch die Beklagte angenommen, da sie diesem mit Bescheid vom 10.03.2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat (vgl. hierzu auch den Aktenvermerk auf Bl. 64 d. Asylakte zum Az. 6353323-475). Die Aussagen des Zeugen ... sind im Übrigen vollständig kongruent zu den entsprechenden Angaben der Kläger im vorausgegangenen Asylverfahren. Gleiches gilt hinsichtlich der Angaben, die der Zeuge ... selbst gegenüber der Beklagten tätigte (vgl. Bl. 61 ff. der Asylakte 6353323-475).
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Nach dem Vorstehenden ist besonders plastisch belegt, dass die dem Zeugen ... drohende Rückkehrgefährdung auch auf die Kläger als unmittelbare Angehörige ausstrahlen würde. Nach der gegenwärtigen Erkenntnismittellage steht im Ergebnis nämlich fest, dass diese im Falle der hypothetischen Rückkehr nach Syrien ebenfalls zum Ziel flüchtlingsrechtlich relevanter Verfolgungshandlungen (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Variante 1 und 2; Nr. 2 bis 4 AsylG) durch den syrischen Staat (§ 3c Nr. 1 AsylG) aufgrund (§ 3a Abs. 3 AsylG) einer diesen zumindest zugeschriebenen politisch – oppositionellen Einstellung (§§ 3 Abs. 1 Nr. 1; 3b Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 AsylG) werden würden. Im Einzelnen:
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Nach Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe setzten syrische Stellen Oppositionelle bereits vor dem Beginn der Unruhen im Jahr 2011 regelmäßig unter Druck, indem sie ihre Familienangehörigen Repressionen und Schikanen aussetzten. Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs hat diese Strategie zusätzlich an Gewicht gewonnen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe: Schnellrecherche der SFH – Länderanalyse vom 25. Januar 2017 zu Syrien: Reflexverfolgung, verfügbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/mittlerer-osten-zentralas-ien/syrien/170125-syr-reflexverfolgung-update.pdf, zuletzt abgerufen am 05.11.2018 und BFA [Österreich], Länderinformationsblatt der Staatendokumentration Syrien, Stand: 05.01.2017).
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Auch der UNHCR beschreibt die Gefahr einer Reflexverfolgung eindringlich:
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Die tatsächlich oder vermeintlich oppositionellen Ansichten einer Person werden häufig auch Personen in ihrem Umfeld, wie Familienmitgliedern, Nachbarn und Kollegen zugeschrieben. Die Familienangehörigen (beispielsweise Ehegatten, Kinder, Geschwister, Eltern und auch entferntere Verwandt) von (tatsächlichen oder vermeintlichen) Protestteilnehmern, Aktivisten, Mitgliedern von Oppositionsparteien oder bewaffneten oppositionellen Gruppen, Überläufern und Wehrdienstentziehern und anderen Personen wurden Berichten zufolge willkürlich verhaftet, in incommunicado Haft genommen, gefoltert und in sonstiger Weise − einschließlich unter Anwendung sexueller Gewalt – misshandelt sowie auch willkürlich hingerichtet. Verläuft die Fahndung nach einem Regierungsgegner bzw. einer Person, die für einen Regierungsgegner gehalten wird, erfolglos, gehen die Sicherheitskräfte Berichten zufolge dazu über, die Familienangehörigen der betreffenden Person festzunehmen oder zu misshandeln. Dies geschieht entweder, um Vergeltung zu üben für die Aktivitäten bzw. den Loyalitätsbruch der gesuchten Person oder um Informationen über ihren Aufenthaltsort zu gewinnen und/oder mit der Absicht, die betreffende Person dazu zu bewegen, sich zu stellen bzw. die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu gestehen. Wie aus Berichten hervorgeht, wurden weibliche Verwandte verhaftet und als „Tauschobjekte“ für Gefangenenaustausch mit regierungsfeindlichen bewaffneten Gruppen verwendet. Darüber hinaus liegen Berichte vor, dass sogar Nachbarn, Kollegen und Freunde verfolgt wurden.
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(UNHCR, Relevante Herkunftsinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR – Leitfadens für Syrien, Februar 2017 (deutsche Version April 2017), S. 12/13 m.w.N., abzurufen unter: https://www.ecoi.net/en/file/local/1399083/1930_1493896269_opendocpdf.pdf, zuletzt abgerufen am 05.11.2018).
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Soweit die obergerichtliche Judikatur – zu Recht – der allzu pauschalen Annahme einer Reflexverfolgung entgegentritt (vgl. u.a.: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 09. August 2017 – A 11 S 710/17 –, juris Rn. 50 m.w.N.) liegt der Fall, bedingt durch die Vita des Zeugen ... und das politische Engagement der gesamten Großfamilie, erkennbar anders. Die Kläger laufen daher eine ungleich höhere Gefahr, im Falle der hypothetischen Rückkehr nach Syrien in flüchtlingsrelevanter Weise verfolgt zu werden, als dies bei einer bloß kurdischen Volkszugehörigkeit (vgl. hierzu: OVG Rheinland – Pfalz, Beschluss vom 06.03.2018 – 1 A 10419/17.OVG –) oder einem lediglich gelegentlichen bzw. unbedeutenden politischen Engagement der Fall wäre (vgl. hierzu auch: VG Trier, Urteil vom 11.04.2017 – 1 K 9052/16.TR –).
- 28
b. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin zu 2.) – was zutreffend ist –, ihren Asylantrag nicht im Sinne des § 26 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG und § 121 Abs. 1 Satz 1 BGBunverzüglich nach ihrer Einreise am 02.12.2017, sondern erst mit rund viermonatiger Verzögerung am 01.04.2018 gestellt hat. Der Umstand, dass damit der Anerkennungstatbestand des § 26 AsylG für die Klägerin zu 2.) gesperrt ist, führt im Umkehrschluss jedoch nicht dazu, dass diese sich auch im Übrigen nicht auf das Institut der flüchtlingsrechtlichen Reflexverfolgung als solches berufen könnte. Zwar handelt es sich bei § 26 AsylG ebenfalls um einen (gesetzlich explizit geregelten) Fall der Reflexverfolgung, in dessen Rahmen vor dem Hintergrund des Art. 6 GG auf die Geltendmachung individueller Fluchtgründe verzichtet wird (vgl. hierzu auch die Vorbemerkung Nr. 36 der Richtlinie 2011/95/EU); bei dem so erhaltenen internationalen Schutzstatus handelt es sich jedoch nicht um ein genuines, sondern lediglich um ein abgeleitetes Recht, das zudem akzessorisch mit dem (Weiter-)Bestehen des internationalen Schutzes eines Primärverfolgten verbunden ist (vgl. hierzu etwa: (BeckOK AuslR/Günther AsylG § 26 Rn. 4-5a, beck-online).
- 29
Umgekehrt vermittelt das nicht ausdrücklich normierte Rechtsinstitut der „Reflexverfolgung“ einen genuinen Schutzstatus aufgrund eigener Fluchtgründe, die lediglich durch die familiäre Verbundenheit mit einem bzw. mehreren Primärverfolgten induziert werden. Bereits die damit feststehende, unterschiedliche Rechtsnatur der beiden Subtypen einer Reflexverfolgung verbietet es, die Ausschlusswirkung des § 26 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG auch auf die Reflexverfolgung im Übrigen auszudehnen.
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Hinzu kommt im konkreten Fall auch, dass sich die begründete Furcht der Klägerin zu 2.) vor einer flüchtlingsrelevanten Reflexverfolgung nicht nur aus einer Primärverfolgung des Zeugen ... ableitet, sondern aufgrund der familiären Besonderheiten auch von einer, den gesamten politisch aktiven Familienverbund treffenden, (Reflex-)Verfolgung, wie sie nicht zuletzt auch in der übereinstimmend-glaubhaften Schilderung der Tötung eines der Cousins des Zeugen ... durch syrische Sicherheitskräfte zum Ausdruck kam. Der Umstand, dass dieses Risikomoment von § 26 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AsylG gar nicht erfasst würde, spricht ebenfalls gegen eine umfassende Ausschlusswirkung im vorgenannten Sinne.
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Zuletzt hindert auch der im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung zu beachtende Art. 4 Abs. 5 lit. d) der Richtlinie 2011/95/EU nicht die Beachtlichkeit der durch die Klägerin zu 2.) geltend gemachten Fluchtgründe, da diese Vorschrift das Erfordernis einer unverzüglichen Antragstellung lediglich im Kontext einer dem jeweiligen Schutzsuchenden zuzubilligenden Beweiserleichterung aufstellt und daher bereits bei grammatikalischer Auslegung keinen Ausschlusstatbestand konstituiert.
- 32
4. Der Klage ist daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge stattzugeben. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
- 33
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.
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6. Die Zulassung der Berufung kommt aufgrund der Rechtsmittelsystematik des AsylG nicht in Betracht (§ 78 AsylG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Trier Urteil, 05. Nov. 2018 - 1 K 2920/18.TR
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Referenzen - Gesetze
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.
(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.
(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.
(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.
(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn
- 1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist, - 2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, - 3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und - 4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn
- 1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist, - 2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, - 3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben, - 4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und - 5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.
(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.
(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn
- 1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist, - 2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, - 3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und - 4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn
- 1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist, - 2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, - 3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben, - 4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und - 5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.
(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.
(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
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in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.