Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 02. Nov. 2007 - 9 K 3830/07

bei uns veröffentlicht am02.11.2007

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,-- festgesetzt.

Gründe

 
Der am 26.06.2007 gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, die die Antragstellerin gegen die der Beigeladenen Ziffer 1 unter dem 20.04.2006 erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines - bisher als Teppichhandlung genutzten - vorhandenen Gebäudes in eine Einrichtung mit Gebetsräumen, Aufenthaltsräumen, Waschräumen, Räumen für Nachhilfeunterricht, Büros, Foyer, Küche und Ladenräumen erhoben hat, ist zulässig (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO), aber unbegründet.
Das Interesse der Antragstellerin, den Vollzug der Baugenehmigung vorläufig auszusetzen, muss gegenüber der gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehbarkeit der Baugenehmigung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO; § 212a Satz 1 BauGB) und dem Interesse der Beigeladenen (nach Mitteilung der Beigeladenen Ziffer 1 ist der Beigeladene Ziffer 2 der neue Eigentümer des Grundstückes, der Beigeladene Ziffer 3 der neue Bauherr), von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen zu können, zurücktreten.
Die Klage wird voraussichtlich erfolglos bleiben. Ein Abwehrrecht des Nachbarn gegen eine dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung besteht nur, wenn ein genehmigtes Vorhaben gegen Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die zumindest auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Nur ein Verstoß gegen solche nachbarschützenden Vorschriften hätte zur Folge, dass die Antragstellerin in ihren subjektiven Rechten verletzt wäre und könnte deshalb im Klageverfahren die Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigung rechtfertigen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach derzeitigem, im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht weiter aufzuklärenden Erkenntnisstand, dürfte kein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts vorliegen. Bei der hier gebotenen und nur möglichen summarischen Prüfung besteht daher eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin erfolglos bleiben wird.
Offen bleiben kann, ob die Antragstellerin ihre Einwendungen rechtzeitig erhoben hat. Denn das genehmigte Vorhaben verstößt aller Voraussicht nach nicht gegen von der Antragsgegnerin zu prüfende (§ 58 Abs. 1 LBO) bauordnungsrechtliche oder bauplanungsrechtliche Vorschriften, die dem Schutz der Antragstellerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind.
Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das genehmigte Vorhaben nach § 30 Abs. 1 BauGB, denn das Grundstück liegt im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Siegesstraße ehemaliges Ziegeleigelände“ Nr. 027/01 vom 23.03.1977. Dieser weist das Gebiet als Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO 1968 aus. Mischgebiete dienen danach dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Zulässig sind Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Gartenbaubetriebe und Tankstellen. Keine der beiden Hauptnutzungsarten Wohnen und Gewerbe darf ein deutliches Übergewicht über die andere haben bzw. optisch eindeutig dominieren. Die in § 6 BauNVO genannten Anlagen für kirchliche und kulturelle Zwecke und das Ladengeschäft sind dort allgemein zulässig, sie müssen nicht der Gebietsversorgung dienen, vielmehr kann sich ihr Einzugsbereich auch überwiegend oder vollständig auf andere Baugebiete erstrecken. Sie müssen aber nach Art und Umfang gebietsverträglich sein und dürfen die Zweckbestimmung des konkreten Baugebiets nicht gefährden.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass das genehmigte Bauvorhaben in dem Mischgebiet mit dessen Zweckbestimmung nicht zu vereinbaren wäre und der Antragstellerin daher zum Zwecke des Erhalts des Gebietscharakters ein über das Gebot der Rücksichtnahme hinausgehender Schutz- und Abwehranspruch auf Bewahrung der Gebietsart zusteht. Dieser Abwehranspruch wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebietes eingeleitet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28/91 -, BVerwGE 94, 151). Was in einem Mischgebiet zulässig ist, richtet sich neben § 6 BauNVO auch nach der Zweckbestimmung dieses Gebiets. Dabei ist zu berücksichtigen, welche Funktionen den einzelnen Baugebieten im Verhältnis zu anderen Baugebieten der Baunutzungsverordnung zukommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.12.2000 - 4 B 4.00 -, NVwZ-RR 2001, 217). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist bei typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, dass das Bauvorhaben mit dem Charakter eines Mischgebiets zu vereinbaren ist. Bei dem Vorhaben handelt es sich um eine Anlage für kirchliche und kulturelle Zwecke, die in den bereits vorhandenen Gebäuden des bisher dort eingerichteten Teppichhandels betrieben werden soll. Vorgesehen ist in dem eingeschossigen Gebäude ein Gebetsraum für Männer von 180 m² und für Frauen von 110 m², daneben Aufenthaltsräume, Büros, Abstellräume, ein Laden und Unterrichtsräume. Diese Größendimension überschreitet voraussichtlich nicht das im Mischgebiet zulässige und von den Nachbarn hinzunehmende Maß. Denn bei diesem Umfang handelt es sich voraussichtlich nicht um eine zentrale Einrichtung, wie dies etwa bei einer durch das Verwaltungsgericht München - auf dessen Entscheidung (Urt. v. 12.02.2007 - M 8 K 06.3625 -) die Antragstellerin Bezug nimmt - zu beurteilenden Moschee mit einem Flächenangebot von 5.191 m² und Gebetsräumen von 850 m² und 760 m², der Fall war. Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, ob das Vorhaben im Schwerpunkt als Anlage für kulturelle Zwecke oder als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen ist, denn beide Nutzungsarten sind im Mischgebiet zulässig. Auch ein islamisches Gebetshaus ist im Hinblick auf den weltanschaulich neutral auszulegenden Begriff unter die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO zu subsumieren.
Das Bauvorhaben verstößt voraussichtlich auch nicht gegen das § 15 BauNVO zu entnehmende Gebot der Rücksichtnahme. Die an das Gebot zu stellenden Anforderungen hängen wesentlich von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Danach sind Bauvorhaben unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Dabei sind die Auswirkungen der erstrebten Nutzung, das Interesse des Nachbarn an einer Verhinderung der Beeinträchtigungen und Nachteile, die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, gegeneinander abzuwägen. Es kann grundsätzlich umso mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit seinem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Die hierbei vorzunehmende Interessenabwägung hat sich daran auszurichten, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dabei muss allerdings demjenigen, der sein eigenes Grundstück in einer sonst zulässigen Weise baulich nutzen will, insofern ein Vorrang zugestanden werden, als er berechtigte Interessen nicht deshalb zurückzustellen braucht, um gleichwertige fremde Interessen zu schonen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.02.1977 - 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122). In diesem Sinne dürfte hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung - ungeachtet der generellen Zulässigkeit von Anlagen für kirchliche und kulturelle Zwecke in einem Mischgebiet - auch im konkreten Einzelfall kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vorliegen. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung ist von ihrem jetzigen Inhalt auszugehen. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung dürfte zu Lasten der Antragstellerin u.a. die Vorbelastung durch den bisher betriebenen Teppichhandel zu berücksichtigen sein.
Soweit die Antragstellerin befürchtet, dass durch die genehmigte Nutzungsänderung die Lärmbeeinträchtigungen zunehmen werden, wurde hiergegen in der Baugenehmigung Vorsorge getroffen. Eventuelle Änderungsvorschläge oder -anträge, über die nicht entschieden ist, sind nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Auch der inzwischen wegen abweichender Ausführung verhängte Baustopp ist vorliegend nicht zum Verfahrensgegenstand geworden, sondern stellt eine Maßnahme gerade zur Überwachung der Einhaltung der in der Baugenehmigung getroffenen Regelungen dar.
In der Baugenehmigung sind u.a. folgende Nebenbestimmungen enthalten:
10 
„37. (992) Dieser Baugenehmigung ist die Stellungnahme des Landratsamtes vom 09.03.2006/13.04.2006/18.04.2006 als Beilage angefügt.
a) Die Stellungnahmen folgender Fachbereiche sind zu beachten und einzuhalten:
-Baurechtliche Auflagen, gewerberechtliche und arbeitsschutztechnische Forderungen und Hinweise des Landratsamtes Fachbereich Gewerbeaufsicht.“
11 
Das Landratsamt L. führte in der Stellungnahme vom 13.04.2006 aus, bei einem Betrieb der Einrichtung nach 22.00 Uhr könnten insbesondere die sozialen Geräusche (Rufen, Schreien etc. ) dazu beitragen, dass die Spitzenpegel in der Wohnnachbarschaft, entsprechend der TA Lärm für ein Mischgebiet überschritten sein könnten. Deshalb seien die Öffnungszeiten, wie in der Schalltechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros M. vom 21.03.2005 ausgeführt, auf den Zeitraum von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr zu beschränken; dies gelte auch für die Sommermonate und die Fastenzeiten.
12 
Unter Nr. 1 der in der Stellungnahme des Landratsamtes L. genannten Auflagen ist ausgeführt:
13 
„In den nach dem Bebauungsplan ausgewiesenen Gebieten dürfen folgende Immissionsrichtwerte, einschließlich des Fahrzeugverkehrs auf dem Grundstück (z. B. Stellplätze) sowie die Durchführung von Veranstaltungen, Treffen, Freizeitaktivitäten und Fortbildungen etc., Warenanlieferungen mit Ladearbeiten, Zu- und Abluftführungen, der Betrieb und die Einrichtung von technischen Maschinen und Apparaten, wie z. B. Be- und Entlüftungsanlagen, usw., nicht überschritten werden: allgemeines Wohngebiet (WA) tags 55 dB(A), nachts 40 dB(A), gemischte Bauflächen (MI, MK) tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A). Soweit örtlich durch eine Polizeiverordnung nichts anderes bestimmt ist, beginnt die Nachtzeit um 22:00 Uhr und endet um 6:00 Uhr."
14 
Nach Nr. 5 der Stellungnahme des Landratsamtes darf die Parkierungsfläche (Stellplätze) nur in der Zeit von 6:00 Uhr bis 21:00 Uhr genutzt werden.
15 
Nach Nr. 6 dürfen keine lärmintensiven Aktivitäten, z. B. Musik, Tanz, sowohl im Gebäude S. Allee 56 als auch im Außenbereich (Parkierungsfläche, Stellplätze) stattfinden. Diese Regelung gilt auch für die Sommermonate und die Fastenzeiten.
16 
Im Bauvorbescheid vom14.06.2005 ist hierzu ausgeführt, die Öffnungszeiten (6:00 Uhr bis 21:00 Uhr) seien zu beachten und einzuhalten. Dies wurde inzwischen durch eine Ergänzungsentscheidung vom 04.09.2007 so nochmals gegenüber dem jetzigen Bauherrn, dem Beigeladenen Ziffer 3, konkretisiert. Danach darf die Nutzung (einschließlich der Gebetsräume) nur von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr erfolgen. Der Parkplatz ist bis 21.00 Uhr zu räumen. Die Anlieferung zum Laden darf nur während der Tageszeit vom 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr erfolgen.
17 
Unter Nr. 38 der angefochtenen Baugenehmigung wird die Nutzfläche auf maximal 300 m² beschränkt.
18 
Nr. 39 begrenzt die Gesamtzahl der sich gleichzeitig versammelnden Personen auf maximal 300 Personen. Ausnahmsweise darf an maximal vier Tagen im Jahr (z.B. an hohen Feiertagen) die Personenzahl bis zu 350 Personen betragen. Auf den Bauvorbescheid vom 14.06.2005 wird darin außerdem hingewiesen.
19 
Die Immissionsrichtwerte für das Mischgebiet - tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A) - können sowohl nach dem von der I. G. L. bei der Antragsgegnerin vorgelegten Gutachten des Ingenieurbüros M. + Partner GbR als auch nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten der W. Bauphysik GbR vom 21.05.2007 tagsüber (zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr) eingehalten werden. Hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin, S, -Allee, werden nach den Berechnungen der W. Bauphysik GbR während der oben aufgezeigten - nach der Baugenehmigung zulässigen - Nutzungszeiten diese Immissionsrichtwerte nicht überschritten. In dem Gutachten werden verschiedene Situationen dargelegt und die Auswirkungen auf die Umgebung errechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf das den Beteiligten bekannte Gutachten Bezug genommen. Das Grundstück der Antragstellerin in der S.-Allee ist darin als IO 1 und IO 2 bezeichnet. Für die Situation 0 (Zeitraum 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr mit 180 PKW-Bewegungen), die Situation A (weitere Aktivitäten auf dem Parkplatz aufgrund des Ladens), Situation B (zahlreiche Teilnahme der Vereinsmitglieder an den Gebeten; alle 5 Gebete innerhalb des Zeitraumes von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr), Situation C (maximale Teilnahme der Vereinsmitglieder an den Gebeten, durchgängige Nutzung und Auslastung der Unterrichtsräume zwischen 7.00 Uhr und 21.00 Uhr) sind die Immissionsrichtwerte hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin nicht überschritten. Soweit weitere Konstellationen errechnet werden (Situation D -Nachtstunde 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr- Situation E und Situation F - Nachtstunde vor Sonnenaufgang -), betreffen diese nicht die beabsichtigte und genehmigte Nutzung. Soweit die Werte nachts überschritten würden, kommt es darauf nicht an, weil nach der hier zu überprüfenden Baugenehmigung und der zu deren Gegenstand gemachten Stellungnahme des Landratsamtes Ludwigsburg vom 13.04.2006 sowie der inzwischen ergangenen Ergänzungsentscheidung vom 04.09.2007 die Öffnungszeiten von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr begrenzt sind und auch die Parkierungsfläche außerhalb dieser Zeiten nicht genutzt werden darf. Damit werden die durch die geänderte Nutzung zugelassenen Lärmimmissionen für die Antragstellerin auf ein zumutbares Maß reduziert. Jedenfalls bei der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ergibt sich nichts anderes.
20 
Auf die Einhaltung dieser Vorgaben haben die zuständigen Behörden gegebenenfalls auch hinzuwirken. Dass es zwangsweise zu einer nicht nur seltenen Überschreitung der Richtwerte kommen wird, kann bei summarischer Prüfung nicht festgestellt werden. Die Antragstellerin muss Überschreitungen des festgelegten Beurteilungspegels nur bei sogenannten Notsituationen oder seltenen Ereignissen hinnehmen (vgl. Nr. 7.1 und Nr. 7.2 TA Lärm). Im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist eine weitere Prüfung der Gutachten oder eine Beweisaufnahme nicht veranlasst.
21 
Soweit die Antragstellerin Wertminderung befürchtet, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts klargestellt, dass Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung nicht für sich genommen einen Maßstab dafür bilden, ob Beeinträchtigungen i.S. des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Entscheidend ist danach vielmehr, wie schutzwürdig die baurechtliche Stellung des Betroffenen ist. Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen ist vorliegend keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots festzustellen.
22 
Die Antragstellerin befürchtet eine Beeinträchtigung im Zusammenhang mit der Zahl der Stellplätze. Die Antragsgegnerin hat unter Nr. 22 der besonderen Nebenbestimmungen in der angefochtenen Baugenehmigung die Zahl der baurechtlich notwendigen Stellplätze auf 32 festgesetzt. § 37 Abs.1 LBO, der die Anzahl der notwendigen Stellplätze regelt, entfaltet keinen Nachbarschutz. Es liegt auch kein Verstoß gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO vor. Danach darf die Nutzung der Stellplätze die Gesundheit nicht schädigen, das Wohnen und Arbeiten, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht erheblich stören. Als erheblich werden nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (vgl. z.B. Beschlüsse vom 09.03.1989 - 3 S 412/89; vom 19.06.1990 - 3 S 324/90 - und vom 15.09.1994 - 3 S 1866/94) nur solche Störungen betrachtet, die das Maß des für die Umgebung billigerweise Zumutbaren überschreiten. Bei der Bestimmung des Maßes dessen, wann eine Störung "erheblich" bzw. was an Störungen billigerweise noch zumutbar und hinzunehmen ist, kommt es auf das Ergebnis einer situationsbezogenen Abwägung und einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen an (vgl. zu der Situation bei immissionsschutzrechtlichen Abwehransprüchen, BVerwGE 79, 254 (260); BVerwG, NJW 1989, 1291). Die Frage, ob eine Störung den Grad der Erheblichkeit erreicht, hängt deshalb maßgebend von den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der konkreten Situation ab. So spielen bei der Beurteilung insbesondere die Gebietsart, der konkrete Standort, die Zahl und die Benutzungsart der Stellplätze, die Art und Weise der Verbindung zum öffentlichen Verkehrsraum sowie die Funktion der Stellplätze als "notwendige" oder zusätzliche Stellplätze eine Rolle. Daneben sind ebenso von Bedeutung die Lage und Beschaffenheit des Nachbargrundstücks, wie überhaupt die durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Nachbargrundstücks (vgl. zu "erheblichen" Belästigungen, BVerwG, Buchholz 406.25, § 22 BImSchG Nr. 10, S. 37 m.w.N.). Der Grad der erheblichen, d.h. billigerweise nicht mehr zumutbaren Störung ist in diesem Fall auch unter Berücksichtigung der vom Vertreter der Antragstellerin per E-mail übermittelten Lichtbilder nicht überschritten. Dies gilt sowohl für die Zahl der Stellplätze als auch für die Zufahrt. In der angefochtenen Baugenehmigung ist sowohl der Zeitraum der Benutzung der Parkierungsflächen als auch die Personenzahl begrenzt. Die Einhaltung der vorgegebenen Zeiten und der Personenzahl ist eine Frage des Ordnungsrechts und nicht des Baurechts und wird gegebenenfalls ebenfalls von den zuständigen Behörden zu kontrollieren sein. Dies gilt auch für das Verkehrsaufkommen durch die Besucher. Die Nachbarn einer in einem Baugebiet allgemein zulässigen (kirchlichen und kulturellen) Anlage haben die mit deren Benutzung üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen grundsätzlich hinzunehmen. Hierzu gehört auch der An- und Abfahrtsverkehr. Ein nicht mehr zumutbarer Parkplatzsuchverkehr ist unter Berücksichtigung der Anzahl der geforderten Stellplätze nicht zu erwarten.
23 
Auch das übrige Vorbringen der Antragstellerin vermag nicht zur Feststellung der Verletzung nachbarschützender Vorschriften zu führen.
24 
Befürchtungen der Antragstellerin, dass eine anderweitige Nutzung (etwa Einbau von Wohnungen) beabsichtigt sein könnte, spielt für die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung keine Rolle. Diese ist mit ihrem jetzigen Inhalt zu überprüfen.
25 
Eine Verbindung des Nutzers der Anlage, der I. G. L. (IGL), eines im Vereinsregister beim Amtsgericht L. eingetragenen Vereins, zu dem Dachverband Milli Görüs, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird, spielt im baurechtlichen Verfahren keine Rolle. Soweit die Antragstellerin meint, es liege eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung i.S.d. § 3 LBO vor, sind hierfür keine konkreten Anhaltspunkte vorhanden. Die Prüfung von Vereinsverboten und entsprechende Ermittlungen sind anderen Behörden übertragen.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Antragstellerin hat gemäß § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, weil diese als nach der Baugenehmigung Berechtigte notwendig beizuladen waren. Dies gilt unabhängig davon, ob sie selbst einen Antrag gestellt haben und damit ein Kostenrisiko eingegangen sind (VGH Baden-Württ., Urteil vom 18.7.1996 - 3 S 2895/95 -).
27 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 und 52 Abs. 1, 2 GKG.

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1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.