Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 09. Mai 2007 - 17 K 138/07

bei uns veröffentlicht am09.05.2007

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Studiendirektor und als Lehrer an einem Gymnasium tätig.
Zur Regelung der Arbeitszeit von Lehrern gibt es die Verwaltungsvorschrift "Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg" vom 10.11.1993. Diese Verwaltungsvorschrift wurde am 10.01.2003 dahingehend geändert, dass die Altersermäßigung für Lehrkräfte zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr gestrichen wurde. Am 08.07.2003 wurde sie erneut geändert. Dabei wurde das Regelstundenmaß für Lehrer an Gymnasien von 24 auf 25 Unterrichtsstunden in der Woche angehoben. Bei beiden Änderungen wurde die Personalvertretung nicht beteiligt.
Mit Beschluss vom 10.01.2006 (6 P 10.04) entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Änderung der Verwaltungsvorschrift vom 10.01.2003 mitbestimmungspflichtig gewesen sei. Hinsichtlich der Änderung der Verwaltungsvorschrift vom 08.07.2003 war ebenfalls ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig (6 P 14.05). Mit Schreiben vom 02.02.2006 schlug das Bundesverwaltungsgericht vor, die Mitbestimmung des Personalrats nachzuholen. Nachdem sich der Beklagte damit einverstanden erklärt hatte, wurde das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 27.03.2006 eingestellt. Das Mitbestimmungsverfahren wurde dann für die Änderungen der Verwaltungsvorschrift ab einschließlich der Änderung vom 10.01.2003 nachgeholt, bezüglich der Änderung vom 08.07.2003 durch Entscheidung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg vom 29.08.2006.
Der Kläger hatte ab dem Schuljahr 2003/2004 25 Wochenstunden Unterricht zu halten. Am 10.05.2006 stellte er einen Antrag auf rückwirkende Festsetzung des Regelstundenmaßes für die Schuljahre ab 2003/2004 auf 24 Wochenstunden und Übertrag der zuviel geleisteten Stunden auf das nächste Schuljahr, hilfsweise auf Mehrarbeitsvergütung.
Mit Bescheid vom 20.06.2006 lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart - Schule und Bildung - den Antrag ab. Zur Begründung führte es insbesondere aus, für das Begehren des Klägers gebe es keine Rechtgrundlage. Die Verwaltungsvorschrift sei wirksam, obwohl die Personalvertretung nicht beteiligt worden sei. Die fehlende Beteiligung habe keine Auswirkung auf die persönliche Rechtsstellung der Lehrkräfte gehabt. Schließlich sei das Mitbestimmungsverfahren nachträglich durchgeführt worden.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Schule und Bildung - mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2006 - zugestellt am 19.10.2006 - im Wesentlichen aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.
Am 17.11.2006 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht weiter geltend, die Verwaltungsvorschrift sei nichtig, da die Personalvertretung nicht mitgewirkt habe. Es habe deshalb keine Rechtsgrundlage für die Anordnung von 25 Wochenstunden Unterricht bestanden. Als Mehrarbeitsstunden seien bisher 190 Stunden angefallen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Schule und Bildung - vom 20.06.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 11.10.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, aus den Schuljahren 2003/2004 bis 2006/2007 jeweils eine Regelstunde als Ausgleich beim Regelstundenmaß im Schuljahr 2007/2008 anzurechnen,
10 
hilfsweise Mehrarbeitsvergütung für 190 Mehrarbeitsstunden in den Schuljahren 2003/2004 bis 2006/2007 zu bezahlen.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er beruft sich darauf, dass die gesamte Verwaltungsvorschrift vom 10.11.1993 nichtig wäre, wenn die Argumentation des Klägers richtig wäre. Denn bisher seien sämtliche Änderungen der Verwaltungsvorschrift ohne Mitwirkung der Personalvertretung verabschiedet worden. Dann gäbe es überhaupt keine Regelungen über die Unterrichtsdeputate. Auch bei Nichtigkeit der Verwaltungsvorschrift hätte der Kläger nicht zuviel gearbeitet. 25 Unterrichtsstunden hielten sich im Rahmen von 41 Zeitstunden nach der Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung. Auch bestehe kein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung oder geldwerte Entschädigung.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die geltend gemachten Ansprüche stehen ihm nicht zu.
16 
Allerdings war die hier maßgebliche Änderung der Verwaltungsvorschrift "Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg" vom 08.07.2003 als Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung nach § 79 Abs. 1 Nr. 9 LPVG mitbestimmungspflichtig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.01.2006, Buchholz 251.0 § 84 BaWüPersVG Nr. 1, und vom 28.12.1998, BVerwGE 108, 233). Da diese Änderung ohne die erforderliche Zustimmung des Personalrats erfolgte, ist sie als allgemeine Maßnahme unwirksam (vgl. Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, BPersVG, § 69 RdNr. 14, 18 ff.; Lorenzen/Etzel/Gerold/Schlattmann/Rehag/Faber, BPersVG, § 69 RdNr. 56). Das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren kann aber nachgeholt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.1995, NVwZ 1997, 80). Dies ist vorliegend durch die Entscheidung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg vom 29.08.2006 geschehen. Ab diesem Zeitpunkt jedenfalls ist die Änderung vom 08.07.2003 rechtmäßig und wirksam. Offen bleiben kann, ob das Nachholen auf den Zeitpunkt des Erlasses der Änderung am 08.07.2003 zurückwirkt. Denn für die Klageanträge ist es unerheblich, ob die Verwaltungsvorschrift bis zum Nachholen unwirksam war oder nicht.
17 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausgleich von Unterrichtsstunden nach Ziff. IV. Variabler Einsatz der Regelstundenmaße der Verwaltungsvorschrift "Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg". Dort wird geregelt: Sofern aus Gründen der Lehrauftragsverteilung die Unterrichtsverpflichtung eines Lehrers nicht seinem Regelstundenmaß entspricht, ist der erforderliche Ausgleich spätestens im darauf folgenden Schuljahr vorzunehmen.
18 
Auf diese Vorschrift kann sich der Kläger nicht berufen. Denn sie ist auch dann nicht einschlägig, wenn das Regelstundenmaß bis zur Entscheidung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport vom 29.08.2006 nur 24 Wochenstunden betragen hat. Die - dann zu hohe - Unterrichtsverpflichtung des Klägers mit 25 Wochenstunden erfolgte nämlich nicht aus Gründen der Lehrauftragsverteilung, sondern aufgrund fehlerhafter Anwendung der Verwaltungsvorschrift "Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg". Der Beklagte wendet Ziffer IV der Verwaltungsvorschrift auch nicht tatsächlich für Fallkonstellationen wie die vorliegende an. Das ergibt sich aus den Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 08.01.2007 unter Ziffer VI. Dies haben auch die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
19 
Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Anrechnung von Unterrichtsstunden folgt auch nicht aus Treu und Glauben. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 28.05.2003 - 2 C 28.02 - (Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38) entschieden, dass ein Anspruch auf Dienstbefreiung bestehen kann, wenn ein Beamter aufgrund fehlerhafter Auslegung der Regelungen der Dienstzeit - tatsächlich - zuviel Arbeitszeit geleistet hat. Eine Dienstbefreiung kommt aber nur insoweit in Betracht, als die monatliche Mehrarbeitszeit über die normativ zulässige Arbeitszeit hinausgeht. Nach § 90 Abs. 2 LBG ist ein Beamter verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun; dabei beschränkt sich die ohne Ausgleich zu leistende Mehrarbeit auf fünf Stunden pro Monat.
20 
Bei Anwendung dieser Vorgaben hat der Kläger keinen Anspruch auf irgendeine Form von Ausgleich, insbesondere nicht auf Verringerung des Regelstundenmaßes.
21 
Der vorliegend zur Entscheidung stehende Sachverhalt lässt sich mit dem Sachverhalt nicht vergleichen, der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.05.2003 (2 C 28.02) zugrunde lag. Während dort die tatsächlich geleistete Arbeitszeit feststand, ist die vom Kläger tatsächlich geleistete Arbeitszeit in den Schuljahren 2003/2004 bis 2006/2007 unbekannt und auch nicht feststellbar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.1989, Buchholz 237.0 § 90 BaWüLBG Nr. 2, und Urt. v. 28.01.2004, Buchholz 237.4 § 76 HmbLBG Nr. 2 m.w.N.)..
22 
Im Übrigen lässt die Erhöhung des Regelstundenmaßes um eine Unterrichtsstunde nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass damit auch die Wochenarbeitszeit von 41 Stunden überschritten wurde. Die Erteilung von Unterricht im Umfang des Regelstundenmaßes ist bei Lehrern zwar Teil der regelmäßigen Arbeitszeit, die übrige vom Lehrer aufzuwendende Zeit differiert aber entsprechend der pädagogischen Aufgabe wegen der erforderlichen Unterrichtsvorbereitung, der Korrekturen, Elternbesprechungen, Konferenzen und auch nach Schülerzahl, Schulfächern und nach den individuellen Fähigkeiten und Erfahrungen der einzelnen Lehrer und ist im Einzelnen nicht messbar und überprüfbar, sondern kann nur - grob pauschalierend - geschätzt werden (BVerwG, Beschl. v. 14.12.1989 und Urt. v. 28.01.2005, jeweils a.a.O.). Schon daraus ergibt sich, dass eine Erhöhung der Anzahl der Unterrichtsstunden nicht zwangsläufig zu einer längeren Arbeitszeit führen muss.
23 
Zu beachten ist allerdings, dass sich bei dieser grob pauschalierenden Betrachtung die vom Dienstherrn abverlangte Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der jährlichen Gesamtarbeitszeit im Rahmen der 41-Stunden-Woche halten muss (vgl. BVerwG, Beschl. v . 14.12.1989, a.a.O.) und damit - einschließlich der zulässigen Mehrarbeitszeit - durchschnittlich 46 Wochenstunden nicht überschreiten darf. Diese Grenze ist im Falle des Klägers bei weitem nicht überschritten. Bei einer Deputatsverpflichtung von 24 Unterrichtsstunden und einer Wochenarbeitszeit von 41 Stunden entfallen fiktiv durchschnittlich auf eine Unterrichtsstunde 1,71 Stunden Arbeitszeit (41:24). Die durch eine zuviel geleistete Unterrichtsstunde verursachte Mehrarbeitszeit beträgt damit fiktiv 1,71 Stunden in der Woche. Dies ergibt bei einem Monat mit vier Wochen, in denen Unterricht stattfindet, eine fiktive Mehrarbeit von 6,84 Stunden, bei 3 Wochen von 5,13 Stunden. Wenn man berücksichtigt, dass im Schuljahr 2003/2004 nur in den Monaten Oktober, März und Juli während vier Wochen Unterricht stattfand, im Übrigen aber höchstens drei Wochen bzw. weniger bis gar kein Unterricht, wird deutlich, dass im Jahresdurchschnitt keine Mehrarbeit von über fünf Stunden pro Monat anfiel. Dies war in den anderen hier in Betracht kommenden Schuljahren im Wesentlichen gleich. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass das Begehren des Klägers, eine Unterrichtsstunde angerechnet zu bekommen, bedeutete, dass er damit 1,71 Arbeitsstunden Befreiung erhielte. Diese Zeit überschritte nach der dargelegten Berechnung aber in neun Monaten die - fiktive - über 5 Stunden hinausgehende Mehrarbeitszeit erheblich.
24 
Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. Dem Kläger steht die begehrte Mehrarbeitsvergütung nicht zu. Es fehlt schon an der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte erforderlichen schriftlichen Anordnung oder Genehmigung der Mehrarbeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 35.02 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.12.1997 - 4 S 2759/95 -).
25 
Der Kläger kann diesen Anspruch auch nicht als Schadensersatzanspruch geltend machen. Denn es fehlt an einem in Geld zu ersetzenden Schaden. Zusätzlicher Dienst eines Beamten ist kein Schaden im Sinne des allgemeinen oder des beamtenrechtlichen Schadensersatzrechts (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 35.02 -).
26 
Der Anspruch kann auch nicht aus einem Folgenbeseitigungsanspruch hergeleitet werden. Denn ein Folgenbeseitigungsanspruch kann nicht auf Schadensersatz oder Entschädigungsentgelt bestehen, sondern allein auf die Wiederherstellung des durch einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff veränderten rechtmäßigen Zustands, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand (BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 35.02 -).
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
28 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

Gründe

 
15 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die geltend gemachten Ansprüche stehen ihm nicht zu.
16 
Allerdings war die hier maßgebliche Änderung der Verwaltungsvorschrift "Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg" vom 08.07.2003 als Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung nach § 79 Abs. 1 Nr. 9 LPVG mitbestimmungspflichtig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.01.2006, Buchholz 251.0 § 84 BaWüPersVG Nr. 1, und vom 28.12.1998, BVerwGE 108, 233). Da diese Änderung ohne die erforderliche Zustimmung des Personalrats erfolgte, ist sie als allgemeine Maßnahme unwirksam (vgl. Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, BPersVG, § 69 RdNr. 14, 18 ff.; Lorenzen/Etzel/Gerold/Schlattmann/Rehag/Faber, BPersVG, § 69 RdNr. 56). Das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren kann aber nachgeholt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.1995, NVwZ 1997, 80). Dies ist vorliegend durch die Entscheidung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg vom 29.08.2006 geschehen. Ab diesem Zeitpunkt jedenfalls ist die Änderung vom 08.07.2003 rechtmäßig und wirksam. Offen bleiben kann, ob das Nachholen auf den Zeitpunkt des Erlasses der Änderung am 08.07.2003 zurückwirkt. Denn für die Klageanträge ist es unerheblich, ob die Verwaltungsvorschrift bis zum Nachholen unwirksam war oder nicht.
17 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausgleich von Unterrichtsstunden nach Ziff. IV. Variabler Einsatz der Regelstundenmaße der Verwaltungsvorschrift "Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg". Dort wird geregelt: Sofern aus Gründen der Lehrauftragsverteilung die Unterrichtsverpflichtung eines Lehrers nicht seinem Regelstundenmaß entspricht, ist der erforderliche Ausgleich spätestens im darauf folgenden Schuljahr vorzunehmen.
18 
Auf diese Vorschrift kann sich der Kläger nicht berufen. Denn sie ist auch dann nicht einschlägig, wenn das Regelstundenmaß bis zur Entscheidung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport vom 29.08.2006 nur 24 Wochenstunden betragen hat. Die - dann zu hohe - Unterrichtsverpflichtung des Klägers mit 25 Wochenstunden erfolgte nämlich nicht aus Gründen der Lehrauftragsverteilung, sondern aufgrund fehlerhafter Anwendung der Verwaltungsvorschrift "Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg". Der Beklagte wendet Ziffer IV der Verwaltungsvorschrift auch nicht tatsächlich für Fallkonstellationen wie die vorliegende an. Das ergibt sich aus den Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 08.01.2007 unter Ziffer VI. Dies haben auch die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
19 
Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Anrechnung von Unterrichtsstunden folgt auch nicht aus Treu und Glauben. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 28.05.2003 - 2 C 28.02 - (Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38) entschieden, dass ein Anspruch auf Dienstbefreiung bestehen kann, wenn ein Beamter aufgrund fehlerhafter Auslegung der Regelungen der Dienstzeit - tatsächlich - zuviel Arbeitszeit geleistet hat. Eine Dienstbefreiung kommt aber nur insoweit in Betracht, als die monatliche Mehrarbeitszeit über die normativ zulässige Arbeitszeit hinausgeht. Nach § 90 Abs. 2 LBG ist ein Beamter verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun; dabei beschränkt sich die ohne Ausgleich zu leistende Mehrarbeit auf fünf Stunden pro Monat.
20 
Bei Anwendung dieser Vorgaben hat der Kläger keinen Anspruch auf irgendeine Form von Ausgleich, insbesondere nicht auf Verringerung des Regelstundenmaßes.
21 
Der vorliegend zur Entscheidung stehende Sachverhalt lässt sich mit dem Sachverhalt nicht vergleichen, der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.05.2003 (2 C 28.02) zugrunde lag. Während dort die tatsächlich geleistete Arbeitszeit feststand, ist die vom Kläger tatsächlich geleistete Arbeitszeit in den Schuljahren 2003/2004 bis 2006/2007 unbekannt und auch nicht feststellbar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.1989, Buchholz 237.0 § 90 BaWüLBG Nr. 2, und Urt. v. 28.01.2004, Buchholz 237.4 § 76 HmbLBG Nr. 2 m.w.N.)..
22 
Im Übrigen lässt die Erhöhung des Regelstundenmaßes um eine Unterrichtsstunde nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass damit auch die Wochenarbeitszeit von 41 Stunden überschritten wurde. Die Erteilung von Unterricht im Umfang des Regelstundenmaßes ist bei Lehrern zwar Teil der regelmäßigen Arbeitszeit, die übrige vom Lehrer aufzuwendende Zeit differiert aber entsprechend der pädagogischen Aufgabe wegen der erforderlichen Unterrichtsvorbereitung, der Korrekturen, Elternbesprechungen, Konferenzen und auch nach Schülerzahl, Schulfächern und nach den individuellen Fähigkeiten und Erfahrungen der einzelnen Lehrer und ist im Einzelnen nicht messbar und überprüfbar, sondern kann nur - grob pauschalierend - geschätzt werden (BVerwG, Beschl. v. 14.12.1989 und Urt. v. 28.01.2005, jeweils a.a.O.). Schon daraus ergibt sich, dass eine Erhöhung der Anzahl der Unterrichtsstunden nicht zwangsläufig zu einer längeren Arbeitszeit führen muss.
23 
Zu beachten ist allerdings, dass sich bei dieser grob pauschalierenden Betrachtung die vom Dienstherrn abverlangte Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der jährlichen Gesamtarbeitszeit im Rahmen der 41-Stunden-Woche halten muss (vgl. BVerwG, Beschl. v . 14.12.1989, a.a.O.) und damit - einschließlich der zulässigen Mehrarbeitszeit - durchschnittlich 46 Wochenstunden nicht überschreiten darf. Diese Grenze ist im Falle des Klägers bei weitem nicht überschritten. Bei einer Deputatsverpflichtung von 24 Unterrichtsstunden und einer Wochenarbeitszeit von 41 Stunden entfallen fiktiv durchschnittlich auf eine Unterrichtsstunde 1,71 Stunden Arbeitszeit (41:24). Die durch eine zuviel geleistete Unterrichtsstunde verursachte Mehrarbeitszeit beträgt damit fiktiv 1,71 Stunden in der Woche. Dies ergibt bei einem Monat mit vier Wochen, in denen Unterricht stattfindet, eine fiktive Mehrarbeit von 6,84 Stunden, bei 3 Wochen von 5,13 Stunden. Wenn man berücksichtigt, dass im Schuljahr 2003/2004 nur in den Monaten Oktober, März und Juli während vier Wochen Unterricht stattfand, im Übrigen aber höchstens drei Wochen bzw. weniger bis gar kein Unterricht, wird deutlich, dass im Jahresdurchschnitt keine Mehrarbeit von über fünf Stunden pro Monat anfiel. Dies war in den anderen hier in Betracht kommenden Schuljahren im Wesentlichen gleich. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass das Begehren des Klägers, eine Unterrichtsstunde angerechnet zu bekommen, bedeutete, dass er damit 1,71 Arbeitsstunden Befreiung erhielte. Diese Zeit überschritte nach der dargelegten Berechnung aber in neun Monaten die - fiktive - über 5 Stunden hinausgehende Mehrarbeitszeit erheblich.
24 
Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. Dem Kläger steht die begehrte Mehrarbeitsvergütung nicht zu. Es fehlt schon an der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte erforderlichen schriftlichen Anordnung oder Genehmigung der Mehrarbeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 35.02 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.12.1997 - 4 S 2759/95 -).
25 
Der Kläger kann diesen Anspruch auch nicht als Schadensersatzanspruch geltend machen. Denn es fehlt an einem in Geld zu ersetzenden Schaden. Zusätzlicher Dienst eines Beamten ist kein Schaden im Sinne des allgemeinen oder des beamtenrechtlichen Schadensersatzrechts (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 35.02 -).
26 
Der Anspruch kann auch nicht aus einem Folgenbeseitigungsanspruch hergeleitet werden. Denn ein Folgenbeseitigungsanspruch kann nicht auf Schadensersatz oder Entschädigungsentgelt bestehen, sondern allein auf die Wiederherstellung des durch einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff veränderten rechtmäßigen Zustands, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand (BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 - 2 C 35.02 -).
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
28 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

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(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

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