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| Die Kammer konnte den Rechtsstreit zur Verhandlung und Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 6 VwGO eindeutig vorlagen. |
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| Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Erteilung der Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte ermessensfehlerhaft. Die angefochtenen Bescheide sind daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). |
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| Der Kläger ist ein schwerbehinderter Mensch im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX, weil er einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 - konkret einen GdB von 70 - aufweist, so dass ihm der besondere Schwerbehindertenschutz eingeräumt ist. Daher bedurfte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beigeladene der vorherigen Zustimmung des Beklagten als Integrationsamt (§ 85 SGB IX). |
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| Über einen Antrag des Arbeitgebers auf Erteilung der Zustimmung hat das Integrationsamt nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (BVerwG, Urteile vom 10.11.2008, - 5 B 79/08 -, und 02.07.1992, - 5 C 51.90 BVerwGE 90, 287-; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.04.1989, - 6 S 1 971/88 -). Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, so unterliegt die Verwaltungsentscheidung einer nur eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gemäß § 114 S. 1 VwGO. Danach prüft das Gericht nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 VwGO), insbesondere ob die Behörde in ihre Ermessenserwägungen alle wesentlichen, den Streit zwischen den Beteiligten kennzeichnenden Gesichtspunkte eingestellt hat und ob sie dabei von einem richtigen und vollständigen Sachverhalt ausgegangen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.1994, - 7 S 2294/92 -). Die Ermessensentscheidung ist danach fehlerhaft, wenn die Behörde Umstände außer Betracht lässt, die zu berücksichtigen wären (vgl. hierzu und im weiteren auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.03.1998, - 9 S 1 637/97 -). |
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| Nach § 1 SGB IX verfolgt das Schwerbehindertenrecht die Förderung der selbstbestimmten und gleichberechtigten Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben; deshalb hat das Integrationsamt zu prüfen, ob der Arbeitgeber im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren dem Anspruch des schwerbehinderten Menschen auf eine seinen Fähigkeiten gerecht werdenden Beschäftigung Rechnung trägt (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19.07.2004, - 8 K 3370/03, - unter Bezugnahme auf Dau, Düwell, Haines (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentar - LPK - SGB IX, 2. A., Anm. 13 zu § 89). Schon nach dem früheren SchwbG war anerkannt, dass durch die Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen (nur) die Nachteile des Schwerbehinderten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeglichen werden sollen. Auch der Zweck des § 85 SGB IX geht deshalb dahin, die Schwerbehinderten vor den besonderen Gefahren, denen sie wegen der Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt sind, zu bewahren und sicherzustellen, dass sie gegenüber den gesunden Arbeitnehmern nicht ins Hintertreffen geraten. Dieser Aspekt hat auch die Leitlinie bei der Ermessensentscheidung zu sein, ob der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten zuzustimmen ist. Diese Entscheidung erfordert deshalb eine Abwägung des Interesses des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Interesse des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes. Damit werden die Grenzen dessen bestimmt, was zur Verwirklichung des dem Schwerbehinderten gebührenden weitgehenden Teilhabeanspruchs dem Arbeitgeber zugemutet werden darf (BVerwG, Urteil vom 31.07.2007, - 5 B 81/06 -, ; Urteil vom 02.07.1992, - aaO. -). |
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| Haben die zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führenden Gründe in der Behinderung selbst ihre Ursache, stellt der Schwerbehindertenschutz besonders hohe Anforderungen an die bei der Interessenabwägung immer zu berücksichtigende Zumutbarkeitsgrenze beim Arbeitgeber, um auch den im Schwerbehindertengesetz zum Ausdruck gekommenen Schutzgedanken der Rehabilitation verwirklichen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.10.1995, - 5 C 24/93. -, BVerwGE 99, 336 = . Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Vermeidung aller Störungen des betrieblichen Ablaufs in zumutbarer Weise zurücktreten muss (BVerwG, Urteil vom 27.10.1971, - V C 78.70 -, BVerwGE 39, 36 <38>-; Beschluss vom 18.09.1989, - 5 B 100.89 -, Buchholz 436.61 § 15 SchwbG 1986 Nr. 2; Beschluss vom 16.06.1990, - 5 B 1 27.89 -, Buchholz aa0. Nr. 3). |
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| Hinsichtlich der für die Abwägung bedeutsamen Umstände darf sich das Integrationsamt im Grundsatz nicht darauf beschränken, die Behauptungen der Verfahrensbeteiligten, namentlich des Arbeitgebers - lediglich auf ihre Schlüssigkeit hin zu überprüfen. Die Behörde muss vielmehr dem Untersuchungsgrundsatz (§ 20 SGB X) folgend alle Tatsachen ermitteln, die unter Berücksichtigung des Antrags auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung erforderlich sind, um die gegensätzlichen Interessen gegeneinander abzuwägen und sich von der Richtigkeit der für ihre Entscheidung wesentlichen Behauptungen der Verfahrensbeteiligten eine eigene Überzeugung zu bilden (vgl. etwa Bay. VGH, Beschl. v. 18.6.2008 - BV 05.2467 - unter Hinweis auf BVerwG, Urteile vom 19.10.1995, - aaO. -, und vom 06.02.1995, Buchholz 436.61 § 15 SchwbG 1985 Nr. 9 =). Bei seiner Ermessensentscheidung muss das Integrationsamt allerdings nur solche Umstände berücksichtigen, die sich ihm bei vernünftiger Überlegung aufdrängen oder auf die es durch die Beteiligten hingewiesen wird, nicht aber auch solche denkbaren weiteren Umstände, die den persönlichen Lebensbereich des Schwerbehinderten berühren, von ihm aber im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht werden (BVerwG, Beschluss vom 22.11.1994, - 5 B 16.94 -, Buchholz 436.61 § 85 SGB IX Nr. 8; Beschluss vom 23.09.1997, - 9 S 1635/96 -). Auch darf das Integrationsamt insoweit berücksichtigen, inwieweit die Darstellung der Verfahrensbeteiligten überhaupt zweifelhaft oder von der jeweils anderen Seite substantiell bestritten ist. Äußert sich ein Verfahrensbeteiligter zu einzelnen konkreten Aussagen eines anderen Beteiligten nicht, darf das Integrationsamt ebenfalls vom Vorliegen des entsprechenden Sachverhaltes ausgehen. |
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| Dabei kommt es in Fällen wie hier für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich auf den Zeitpunkt des Bescheids an, der die Grundlage für die dann von der Beigeladenen erklärte Kündigung war. Erst nach Ausspruch der Kündigung eingetretene oder vom Schwerbehinderten danach mitgeteilte oder sonstwie bekannt gewordene Umstände können daher die Rechtmäßigkeit der Ermessensbetätigung der Beklagten und damit der erteilten Zustimmung im Grundsatz nicht mehr berühren. Dies kann, wie noch aufgezeigt wird, allerdings dann nicht gelten, wenn die Zustimmungsentscheidung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist und ihre Aufhebung nur deshalb nicht verlangt werden kann, weil der Mangel im Widerspruchsverfahren geheilt wurde. So liegen die Dinge hier. |
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| Die angefochtene Zustimmungsentscheidung des Beklagten war unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen. Denn der Beklagte hatte den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Nach § 87 Abs. 2 SGB IX ist der schwerbehinderte Mensch anzuhören. Dies ist nicht im gebotenem Maße erfolgt. |
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| Objektiv steht fest, dass der Kläger zunächst vom Eingang des Zustimmungsantrags nicht unterrichtet und dass ihm zunächst auch keine Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu geboten wurde. Dieser Umstand wurde vom Beklagten erst nach der Durchführung einer Erörterungsverhandlung am 15.07.2009, zu der der Kläger ebenfalls nicht geladen worden war, festgestellt. Der Grund dafür lag in der Übermittlung einer falschen Anschrift des Klägers durch die Beigeladene. |
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| Erst mit Schreiben vom 24.07.2009 wurde der Kläger dann zum Zustimmungsantrag angehört. Das Anhörungsschreiben selbst enthält keine Angaben zu den bereits ermittelten tatsächlichen Umständen, vielmehr wurde dem Kläger ausweislich der Akten (lediglich) der Zustimmungsantrag der Beigeladenen vom 26.05.2009 zur Kenntnis gegeben; nach Aktenlage wurden dem Kläger jedoch nicht die bereits vorliegenden Stellungnahmen des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung vom 09.06.2009 übermittelt, mit welcher eine Stellungnahme abgelehnt bzw. der Kündigung des Klägers entgegen getreten worden war. Aus den Akten lässt sich weiter nicht entnehmen, dass dem Kläger das Protokoll der Erörterungsverhandlung zur Kenntnis gebracht worden wäre, ebensowenig das Schreiben der Schwerbehindertenvertretung vom 22.09.2009, mit welchem der Widerstand gegen die Kündigung des Klägers aufgegeben wurde, sowie der Schriftwechsel der Beklagten mit dem Betriebsrat (Schreiben des KVJS vom 24.09.2009, Antwort vom 28.09.2009). Lediglich die Stellungnahme der Beigeladenen vom 06.08.2009 zum Anhörungsbogen des Klägers vom 30.07.2009 wurde dem Kläger später zugesandt. |
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| Bereits dies führt zur Fehlerhaftigkeit des Zustimmungsbescheids. Denn der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet es, den schwerbehinderten Menschen nicht nur von den Angaben des Arbeitgebers, sondern auch von den Ermittlungen der Hauptfürsorgestelle und den eingeholten Stellungnahmen zu informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, sich damit auseinanderzusetzen (vgl. BayVGH, Urteil vom 20.03.2003, - 12 B 99.1880 -, , mit weiteren Nachweisen; vgl. auch Düwell, aaO). |
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| Der Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör weiterhin auch dadurch verletzt, dass er auf seine Zustimmungsentscheidung ohne vorherige Einholung einer ärztlichen Stellungnahme getroffen hat, ohne den Kläger davon zu unterrichten, obwohl er den Kläger im Rahmen des Anhörungsschreibens vom 24.07.2009 darauf hingewiesen hatte, dass die Einholung einer ärztlichen Stellungnahme erforderlich sei; der Kläger hatte daraufhin die von ihm verlangten Angaben zu den Ärzten gemacht und sie von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden. |
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| Unter dem Gesichtspunkt der Verweigerung rechtlichen Gehörs ist auch zu beanstanden, dass der Beklagte - einseitig zulasten des Klägers - auf dessen Einbeziehung in eine mündliche Verhandlung verzichtet hat. Wie schon dargelegt, war der Kläger im Zeitpunkt der Erörterungsverhandlung am 15.07.2009 objektiv weder angehört noch geladen worden. Im Anhörungsschreiben vom 24.07.2009 wurde der Kläger noch darauf hingewiesen, dass, „soweit erforderlich, … zusätzlich eine Verhandlung anberaumt (wird), bei der alle Beteiligten Gelegenheit haben, Stellung zu nehmen“. Gemäß § 88 Abs. 1 SGB IX trifft das Integrationsamt die Entscheidung über den Zustimmungsantrag, „falls erforderlich, auf Grund mündlicher Verhandlung“. Die mündliche Verhandlung nach Eingang der Stellungnahmen dient der gemeinsamen Erörterung und wird in aller Regel geboten sein (vgl. Düwell, LPK, aaO., Anm 5 zu § 88 mit weiteren Nachweisen). Sie ist in der Regel erforderlich, wenn trotz Einholung der schriftlichen Stellungnahmen noch für die Ausübung des Ermessens bedeutsame Umstände unklar sind. Vorliegend ging das Integrationsamt ursprünglich selbst ganz offensichtlich von der Erforderlichkeit aus, denn es hat die Beteiligten mit Schreiben vom 06.07.2009 zu einer mündlichen Verhandlung am 15.07.2009 in den Räumen der Beigeladenen in Stuttgart eingeladen. Dazu bestand auch zumindest deshalb Anlass, weil die Schwerbehindertenvertretung in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2009 mitgeteilt hatte, dass der beabsichtigten Kündigung entgegen getreten werde und der Betriebsrat in der Stellungnahme vom selben Tage ausgeführt hatte, es werde zu dieser Angelegenheit keine Stellungnahme abgegeben. Der Umstand, dass eine mündliche Verhandlung unter Ausschluss des Klägers durchgeführt worden war, hätte bereits deren Wiederholung unter Beteiligung des Klägers geboten. Auch hätten die bereits ausgeführten Umstände dem Beklagten Anlass zu einer erneuten Erörterungsverhandlung geben müssen, bei welcher dem Kläger auch hätte unterbreitet werden müssen, dass dem Zustimmungsantrag allein aufgrund einer sog. Tauglichkeitsbescheinigung stattgegeben werden solle. Zwar stellt der Verzicht auf eine notwendige mündliche Verhandlung die Wirksamkeit der Zustimmungsentscheidung nicht in Frage mit der Folge, dass die restriktive Regelung über die Unbeachtlichkeit dieses Mangels in § 42 S. 2 SGB X hier ausnahmsweise keine Anwendung findet, jedoch stellt sich dieser Verzicht ebenfalls als Ausdruck der Gehörsverletzung dar (vgl. Düwell, aaO.). |
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| Soweit der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde, kann dieser Verfahrensmangel auch im Rahmen des schwerbehindertenrechtlichen Kündigungsschutzverfahrens jedoch grundsätzlich geheilt werden (vgl. dazu § 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGBX). Dabei genügt es, wenn der Betroffene durch den Erhalt des Verwaltungsaktes von den entscheidungserheblichen Tatsachen Kenntnis und die Gelegenheit erhält, sich hierzu zu äußern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.02.1997, - 5 B 108/96 - zur unterlassenen Anhörung des Betriebsrates; vgl. Bayer.VGH, aaO., mit weiteren Nachweisen, insbesondere auf die Rechtsprechung des BVerwG zur unterbliebenen Anhörung des schwerbehinderten Menschen; vgl. auch Schroeder-Printzen u.a., SGB X, 3. A., Anm. 7 zu § 41 SGB X mit weiteren Nachweisen). Im Rahmen des SGB IX wird zudem die Möglichkeit der Heilung im Rahmen der Pflicht zur Anhörung des Betroffenen im Widerspruchsverfahren besonders hervorgehoben (§ 121 Abs. 2; vgl. dazu Düwell, aaO., Anm. 29 zu § 87). Die Heilung soll jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - über den Widerspruch dieselbe Behörde entscheidet, die auch schon den Ausgangsbescheid erlassen hat, auch bei Ermessensentscheidungen zulässig sein (Bayer.VGH, aaO.). |
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| Demnach ist vorliegend von einer Heilung der Anhörungsmängel auszugehen, denn der Ausgangsbescheid hat die entscheidungserheblichen Tatsachen ausführlich und überwiegend zutreffend dargelegt. Aus der Begründung des Bescheids war auch zu entnehmen, dass der Beklagte keine ärztliche Stellungnahme eingeholt hat. Daher hatte der Kläger hinreichend Gelegenheit gegeben, sich hierzu im Rahmen der Begründung seines Widerspruchs zu äußern, was er auch getan hat. |
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| Dies hat allerdings - entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Rechtsmeinung - zur Folge, dass der Kläger mit diesem erst zur Heilung führenden Vortrag im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht mit Hinweis darauf ausgeschlossen sein kann, dass es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Anfechtung von Zustimmungsentscheidungen, die bereits im Ausgangsverfahren ergangen sind, ausschließlich auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Zustimmungsbescheides ankommen kann, der schwerbehinderte Mensch mit späterem Vorbringen mithin präkludiert sei. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich um Umstände handelt, die der Kläger im Rahmen einer ordnungsgemäßen Anhörung auch vor dem Ergehen der Zustimmungsentscheidung hätte geltend machen können. |
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| Der Kläger hat im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geltend gemacht, er könne eine gute Prognose beanspruchen, weil die vom Betriebsarzt bescheinigte Untauglichkeit für den Fahrdienst durch eine Augenoperation in absehbarer Zeit zu beheben und ihre Durchführung auch beabsichtigt sei. Die im Rahmen der betriebsärztlichen Untersuchungen vorgeschlagenen Maßnahmen, namentlich die stationäre Untersuchung in der ...-Klinik, habe er aufgegriffen, sie hätten sich jedoch als ungeeignet erwiesen. Er wolle wieder als Fahrer vollschichtig arbeiten. Der Beigeladenen sei es zuzumuten, den Erfolg einer entsprechenden Operation abzuwarten. - Der Kläger hat entsprechende ärztliche Bescheinigungen, insbesondere der ...-Klinik, vorgelegt. |
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| Unter diesen Voraussetzungen erweist sich die Ermessensentscheidung des Beklagten, die er mit seinem Widerspruchsbescheid vom 16.04.2010 aufrecht erhalten hat, als ermessensfehlerhaft. |
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| Vorliegend hat die Beigeladene den Antrag auf Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung mit der Begründung gestellt, der Kläger weise seit Jahren erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten auf, weshalb von einer negativen Gesundungsprognose auszugehen sei mit der Folge, dass die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses der Beigeladenen nicht mehr zuzumuten sei. - Dies hat der Beklagte seiner Ermessensentscheidung zugrunde gelegt, ohne die hierfür notwendigen Feststellungen getroffen zu haben. |
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| Dabei handelt es sich um personenbezogene Kündigungsgründe. Personenbezogen sind die Gründe für die Kündigung, wenn sie in einem sachlichen Zusammenhang mit der anerkannten Behinderung des Schwerbehinderten stehen. Unter diesen Voraussetzungen kommt den Belangen des Schwerbehinderten ein erhöhtes Gewicht zu. Allerdings schließen sie nicht von vornherein die Kündigung als ermessensfehlerhaft aus, denn der Arbeitgeber ist nicht gehalten, den Schwerbehinderten "durchzuschleppen" (BVerwG, Urteil vom 28.02.1968, - V C 33.66 -, BVerwGE 29, 140, 142 = ; st. Rspr. des VGH Baden-Württemberg, vgl. Urteile vom 22.02.1989, - 6 S 1905/87-, vom 28.04.1989, - aaO. -, und vom 23.05.1990, - 6 S 3656/88 -). |
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| Von unzumutbarem "Durchschleppen" kann allerdings nur dann gesprochen werden, wenn die krankheitsbedingten Fehlzeiten das Übliche wesentlich überschreiten, wenn die mit diesen Fehlzeiten verbundenen Minderleistungen beim Arbeitgeber zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen, wenn aufgrund einer Prognose davon auszugehen ist, dass sich diese Lage nicht ändern wird, und wenn beim Arbeitgeber kein anderer Arbeitsplatz vorhanden ist, an dem der Schwerbehinderte ungeachtet seiner Behinderung - allerdings unter Berücksichtigung seiner Arbeitsfähigkeit und seines Arbeitswillens, der Verhältnisse und der Ordnung im Betrieb sowie des Betriebsfriedens - beschäftigt werden kann (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, aaO., unter Bezugnahme auf BVerwG, aaO.; vgl. auch Düwell, LPK, aaO., Anm. 16 zu § 89). |
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| Die Ermessensentscheidung des Beklagten leidet unter dem Mangel, dass der Beklagte das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht hinreichend aufgeklärt hat. |
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| Der Beklagte konnte zwar davon ausgehen, dass die Fehlzeiten der Klägerin das übliche Maß wesentlich überschritten haben. Insgesamt stand der Kläger mit Ausnahme einer Unterbrechung von etwa 3 Monaten in der Zeit zwischen 07.05. und 08.08.2006 der Beigeladenen seit dem 23.09.2002 bis zum Juni 2008 nicht mehr zur Verfügung, sondern war er arbeitsunfähig. |
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| Wie schon in anderen Verfahren, bei welchen es um das sog. „Durchschleppen“ ging, auch hat der Beklagte jedoch keinerlei Feststellungen zur Frage getroffen, ob diese Fehlzeiten des Klägers bei der Beigeladenen zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten geführt haben. Dies ist umso schwerwiegender, als der Beigeladene im vorliegenden Verfahren zu keinem Zeitpunkt derartige Erschwernisse auch nur behauptet hat. Lediglich in dem Antragsschreiben vom 26.05.2009 findet sich ein Hinweis. Dort wird ausgeführt, dass die Beigeladene „die betrieblichen Belange“ mit den sozialen und persönlichen Belangen des Klägers abgewogen habe, ohne allerdings näher auszuführen, was sie darunter verstanden wissen wollte. Für die Antragstellung war offensichtlich nur maßgeblich, dass nach dem Tauglichkeitsgutachten des eigenen Betriebsarztes von einer dauerhaften Fahruntüchtigkeit des Klägers auszugehen war. In der mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin der Beigeladenen hierzu ausgeführt, dass das Unternehmen über 520 Beschäftigte im Fahrdienst verfüge und im Falle des (krankheitsbedingten) Ausfalls eines Fahrers ein Vertretungsplan bestehe. Sie ist der These des Gerichts, dass damit die größten Schwierigkeiten eher bei einer normalen und kurzzeitigen Erkrankung eines Mitarbeiters bestünden, nicht entgegen getreten. |
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| Allerdings hat sie darauf hingewiesen, dass infolge der Rechtsprechung der EuGH zum Entgeltanspruch der Arbeitnehmer für krankheitsbedingt ausgefallenen Urlaubsanspruch etwa seit 2006 entsprechende finanzielle Belastungen bestünden, die sich beim Kläger auf jährlich 4000 bis 5000 EUR (brutto) beliefen. Tatsächlich hat der EuGH aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in Verbindung mit Art, 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12.06.1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit mit Urteil vom 20.01.2009 in der Rechtssache C-350/06 auf einen entsprechenden Entgeltanspruch erkannt. |
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| Diesen Umstand, der im Rahmen der o.a. Grundsätze zum „Durchschleppen“ tatsächlich eine wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers darstellen kann, obwohl der Kläger im übrigen seit langem keine Lohn- oder Lohnfortzahlungsansprüche mehr hat, hat der Beklagte seiner Ermessensentscheidung jedoch nicht zugrunde gelegt, weil er schon keine entsprechenden Feststellungen getroffen hat. |
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| Auch hinsichtlich der zu stellenden Prognose hat der Beklagte keine sicheren Tatsachenfeststellungen getroffen. Insoweit hat der Beklagte - im Ausgangs- wie im Widerspruchsbescheid wortgleich - darauf abgestellt, dass es dem Kläger aufgrund der anerkannten Behinderung dauerhaft nicht mehr möglich sei, seine Tätigkeit als Busfahrer auszuüben, und sich dabei auf die sog. Tauglichkeitsgutachten des Betriebsarztes vom 21.06.2008 und vom 04.05.2009 bezogen, wobei noch nicht einmal die Schlüssigkeit dieser Einschätzungen hinterfragt wurde. |
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| Bei diesen Bescheinigungen handelt es sich nicht um Gutachten, weil sie die Grundlagen der Untersuchung und deren Ergebnisse nicht offen legen und keine nachvollziehbaren Schlussfolgerungen daraus ziehen. Es handelt sich vielmehr um unüberprüfbare Behauptungen von nicht näher dargelegten „dauerhaften gesundheitlichen Bedenken“ bzw. einer „dauerhaften Untauglichkeit für Fahr- und Steuertätigkeit“. In der Bescheinigung von 2008 wird darauf hingewiesen, dass „Befunde diesbezüglich angefordert“ worden seien, sie lagen, wie der Widervorlagevermerk deutlich macht, im Zeitpunkt der Bescheinigung jedenfalls nicht vor. Die Bescheinigung aus dem Jahr 2009 bezieht sich auf „Befund und telefonische Rückversicherung bei Fachärztin“, wobei alles unklar bleibt, was Grundlage der Beurteilung des Betriebsarztes war: welcher Befund mit welchem Inhalt vorlag, bei welcher Fachärztin mit welcher Fachrichtung aufgrund welcher Erkenntnisse der Betriebsarzt sich rückversichern wollte. Schon aus diesen Gründen durfte sich der Beklagte nicht einfach auf diese - aus sich heraus schon unschlüssigen - Bescheinigungen stützen. |
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| Es bleibt zudem völlig im Dunkeln, wie der Beklagte zu der Feststellung gelangen konnte, dass die Untauglichkeit auf einer anerkannten Behinderung des Klägers beruhte, denn es ist zwar zu erahnen, aber nicht belegt, dass dieser Einschätzung die (einseitige) Augenerkrankung des Klägers zugrunde liegt. Dazu hat der Kläger allerdings im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ( wie ausgeführt: rechtzeitig) eine gute Prognose geltend gemacht, weil seine Sehbeeinträchtigung operabel sei, und eine entsprechende Bescheinigung der ...-Klinik vom 29.06.2007 vorgelegt. Der Beklagte durfte somit lediglich auf der Grundlage der o.g. Bescheinigungen des Betriebsarztes, der zudem der Partei der Beigeladenen zuzurechnen ist, keinesfalls davon ausgehen, dass es sich um eine dauerhafte, die Eignung des Klägers als Busfahrer künftig gänzlich ausschließende krankheitsbedingte Beeinträchtigung handelte, sondern er hätte, wie im Anhörungsschreiben vom 24.07.2009 auch angekündigt, eine ärztliche Stellungnahme der ...-Klinik oder ein sonstiges augenfachärztliches Gutachten dazu einholen müssen. Nur auf einer solchen Grundlage hätte er die Prognose über die Dauerhaftigkeit der Sehbeeinträchtigung zulasten des Klägers treffen können und dürfen. Er hätte auch nur auf einer solchen Grundlage entscheiden können und dürfen, ob der Beigeladenen bei ggfs. anzunehmender Operabilität der Sehbehinderung die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zumutbar gewesen wäre, was der Kläger geltend gemacht hatte. Warum dies unterblieben ist, ist den angefochtenen Bescheiden nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich. |
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| Auf die Frage, ob bei der Beigeladenen tatsächlich kein Arbeitsplatz vorhanden war, an dem der Kläger auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten zugrunde gelegten Leistungseinschränkungen eingesetzt hätte werden können, kommt es somit nicht mehr an. Immerhin hat die Schwerbehindertenvertretung in ihrer Stellungnahme vom 22.09.2009 ihre ursprünglich ablehnende Haltung aufgegeben und insoweit die Position der Beigeladenen bestätigt. Eigene Feststellungen, wie die in der mündlichen Verhandlung getroffene - wonach die vom Kläger insoweit angesprochenen Dienste von der Beigeladenen an außenstehende Unternehmen vergeben worden seien (sog. „Outsourcing“) - hatte der Beklagte ebenfalls nicht getroffen. |
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| Somit ist im Ergebnis festzuhalten: Es steht nicht fest, dass dem Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt eine schlechte Prognose zur Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit und deren Umfang zu stellen war. Dass die vom Kläger beabsichtigte Operation auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht erfolgt ist und er, wie er eingeräumt hat, derzeit auch keine Busse fahren dürfte, steht dem nicht entgegen. Denn für die Rechtmäßigkeit einer Prognose kommt es auf deren tatsächliche Grundlagen an, nicht aber darauf, ob sie durch den weiteren Verlauf bestätig oder widerlegt werden kann. Die Voraussetzungen für eine fehlerfreie, dem Zweck des schwerbehindertenrechtlichen Kündigungsschutzes gerecht werdende Abwägung waren damit nicht gegeben. Deshalb waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und § 154 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Klage(-abweisungs)antrag gestellt und somit kein Kostenrisiko auf sich genommen hat, trägt er seine außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß § 188 S. 2 VwGO ist das Verfahren gerichtskostenfrei. |
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