Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 02. Aug. 2017 - PL 11 K 590/16

bei uns veröffentlicht am02.08.2017

Tenor

Es wird festgestellt, dass der weitere Beteiligte auf den Antrag des Antragstellers vom 30.07.2015 verpflichtet ist, einen Wirtschaftsausschuss gemäß § 72 Abs. 1 LPVG bestehend aus mindestens drei Mitgliedern einzurichten.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt die Bildung eines Wirtschaftsausschusses.
Nach entsprechender Beschlussfassung hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 30.07.2015 beim Klinikumsvorstand des Universitätsklinikums Ulm die Bildung eines Wirtschaftsausschusses beantragt. Gleichzeitig hat er vier dem Personalrat angehörende Personen zur Bestellung als Mitglieder des zu bildenden Wirtschaftsausschusses vorgeschlagen.
Mit Schreiben vom 17.08.2015 hat die Dienststelle die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses unter Hinweis auf die Ausgestaltung des § 72 LPVG über die Einrichtung des Wirtschaftsausschusses als Sollvorschrift und auf das im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit beim Klinikum Vorliegen einer atypischen Situation abgelehnt.
Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat dem Antragsteller zur Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses mit Schreiben vom 10.11.2015 mitgeteilt, dass eine Anweisung an das Universitätsklinikum im Rahmen der Rechtsaufsicht nicht erfolge. Das Ministerium sei zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Ermessensfehler des Universitätsklinikums nicht vorliege. Die Begründung (des Klinikums), dass ein atypischer Fall vorliege, erscheine nachvollziehbar.
Am 25.11. 2015 hat der Antragsteller Beschluss gefasst über die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens.
Am 19.02.2016 hat der Antragsteller das Beschlussverfahren eingeleitet. Zur Begründung wird vorgetragen, der weitere Beteiligte sei verpflichtet, auf Antrag des Antragstellers einen Wirtschaftsausschuss einzurichten. Es liege keine atypische Fallgestaltung vor, die den weiteren Beteiligten von der Bildung des Wirtschaftsausschusses freistelle. Aus der Begründung des Gesetzes ergebe sich, dass die Bildung des Wirtschaftsausschusses der Regelfall sei, wenn der Personalrat einen entsprechenden Antrag stelle. Die Gesetzesbegründung nenne als atypischen Fall etwa die Situation in kleineren Dienststellen oder Dienststellen ohne ausgeprägte wirtschaftliche Ausrichtung, bei denen die Notwendigkeit zur Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses herabgesetzt werde, wenn genügend Zeit und Gelegenheit bestehe, in den Vierteljahresgesprächen die dienststellenrelevanten Themen zu behandeln. Der weitere Beteiligte berufe sich zur Begründung des Vorliegens einer atypischen Fallgestaltung zu Unrecht darauf, eine solche ergebe sich aus der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG. Es sei nicht ersichtlich, dass durch die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses die „freie wissenschaftliche Betätigung und Aufgabenerfüllung strukturell gefährdet“ werde, wie dies das Bundesverfassungsgericht für eine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit voraussetze. Durch die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses werde die wissenschaftliche Betätigung und Aufgabenerfüllung frei von staatlicher Einflussnahme weder berührt noch gar strukturell gefährdet. Die Beteiligung des Wirtschaftsausschusses beschränke sich auf Information und Beratung. Irgendwelche Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte, die die vom weiteren Beteiligten beanspruchte Wissenschaftsfreiheit auch nur ansatzweise berühren könnten, stünden dem Wirtschaftsausschuss nicht zu. Es sei nicht ersichtlich, zu welchen Konflikten mit den Informations- und Beratungsrechten eines Wirtschaftsausschusses es im Bereich der Wissenschaftsfreiheit und der Aufgabenwahrnehmung des Klinikums im Krankenhaus- und Gesundheitsbereich kommen sollte. Die von der Personalverfassung ausgeschlossenen Hochschullehrer könnten in den Wirtschaftsausschuss berufen werden. Dass ein vom Antragsteller gewähltes Mitglied dem Aufsichtsrat angehöre und dort über die wirtschaftlichen Angelegenheiten unterrichtet werde, stehe der Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses nicht entgegen, weil dieses Mitglied nicht vom Personalrat entsandt werde und der Schweigepflicht unterliege. Die Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses die Zuständigkeit und Geschäftsführung des Antragstellers betreffe.
Der Antragsteller beantragt,
den weiteren Beteiligten zu verpflichten, auf den Antrag vom 30.07.2015 einen Wirtschaftsausschuss gemäß § 72 Abs. 1 LPVG mit mindestens drei Mitgliedern einzurichten,
hilfsweise,
10 
festzustellen, dass der weitere Beteiligte auf den Antrag vom 30.07.2015 verpflichtet ist, einen Wirtschaftsausschuss gemäß § 72 Abs. 1 LPVG mit mindestens drei Mitgliedern einzurichten
11 
Der weitere Beteiligte beantragt,
12 
den Antrag abzulehnen.
13 
Dazu wird vorgetragen, dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis. Bei der Bildung eines Wirtschaftsausschusses handle es sich nicht um eine Frage der Zuständigkeit und Geschäftsführung der Personalvertretung im Sinne des § 92 Abs. 1 Nr. 3 LPVG, weil die Entscheidung bei der Dienststelle als innerdienstliche Angelegenheit liege. Diese unterliege nur der Kontrolle durch den Aufsichtsrat. Die Ausgestaltung des § 72 Abs. 1 S. 1 LPVG als Sollvorschrift bedeute, dass die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses in atypischen Fällen unterbleiben könne, um den Besonderheiten der öffentlichen Verwaltungen und Betriebe Rechnung tragen zu können. Nach § 118 Abs. 1 BetrVG seien Tendenzbetriebe von der Errichtung eines Wirtschaftsausschusses ausgenommen, weil sie dem Schutz von Grundrechten unterlägen. In gleicher Weise unterlägen Universitäten und Universitätsklinika dem Schutz des Art. 5 Abs. 3 GG, der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre. Der Umstand, dass sowohl Tendenzbetriebe als auch Universitätskliniken besonderen, grundrechtlich garantierten Schutz genössen, lege es nahe, sie in gleicher Weise von der Verpflichtung zur Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses freizustellen. Allein der Aufgabenkatalog des § 72 Abs. 3 LPVG lasse deutlich erkennen, dass ein Wirtschaftsausschuss das Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 GG der Institution Universitätsklinikum und ihrer Wissenschaftler im Kern erheblich einschränke. Die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses ermögliche durch seine Konstruktion und Aufgaben gerade wissenschaftsinadäquate Entscheidungen und gefährde damit die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre. Die freie wissenschaftliche Betätigung und Aufgabenerfüllung wäre strukturell gefährdet. Ein Wirtschaftsausschuss sei rein an wirtschaftlichen Vorgängen orientiert und könne so in hohem Maße einschränkend auf die wissenschaftliche Betätigung und Aufgabenerfüllung wirken. Dass er nur beratend und informierend tätig sein solle, spiele dabei keine Rolle. Durch die Einbindung in die Organisation eines Klinikums könne er durch sein weitgefächertes Betätigungsfeld in hohem Maße die Freiheit der Forschung und Lehre einschränken. Zu beachten sei auch, dass sich die Unterrichtungspflicht nach § 68 Abs. 1 S. 4 LPVG nicht auf wirtschaftliche Angelegenheiten mit Wissenschaftsbezug erstrecke. Die institutionelle Mitwirkung des wissenschaftlichen und nicht wissenschaftlichen Personals in den wirtschaftlich relevanten Angelegenheiten der Universitätsklinika werde durch die Zugehörigkeit eines Vertreters des Personals zum Aufsichtsrat gewährleistet. Eine atypische Fallkonstellation ergebe sich auch aus Sachgründen. Die in der Satzung des Klinikums genannten Zwecke höben es in seiner Bedeutung für das Gesundheitswesen und die Gesellschaft deutlich heraus. Es sei damit nicht mit einer normalen öffentlichen Verwaltung vergleichbar, für die die Bildung eines Wirtschaftsausschusses der Regelfall sein solle. Die in atypischen Fällen zu treffende Ermessensentscheidung sei fehlerfrei erfolgt. Dies habe das Wissenschaftsministerium im Rahmen der Rechtsaufsicht bestätigt. Selbst wenn der Antrag auf Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses Erfolg hätte, stünde allein dem weiteren Beteiligten dessen Einrichtung zu und könnte der Antragsteller lediglich sein Einvernehmen zur konkreten Bestellung dessen Mitglieder versagen, nicht jedoch die Bestellung einer bestimmten Anzahl an Mitgliedern erzwingen.
II.
14 
Soweit in der mündlichen Anhörung nach Erörterung der zunächst angekündigte weitergehende Antrag teilweise zurückgenommen wurde, ist das Verfahren eingestellt.
15 
Der Hauptantrag auf Verpflichtung zur Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses ist nicht zulässig.
16 
Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren ist seinem Charakter nach ein „objektives Verfahren“, das grundsätzlich nicht der Verfolgung von Individualrechten dient. Mit Rücksicht auf die sich aus dem Demokratieprinzip ergebenden Beschränkungen einer Einflussnahme der Personalvertretung auf die Wahrnehmung von Amtsaufgaben durch die Dienststelle und die damit im Zusammenhang stehende Eigenart des Beschlussverfahrens („Innenrechtsstreit“) bedarf es einer eindeutigen gesetzlichen Regelung, sofern der Personalvertretung subjektive materiell-rechtliche Rechtspositionen eingeräumt werden sollen (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08. Oktober 2015 – OVG 60 PV 4.15 –, Rn. 25, juris).
17 
Verpflichtungsaussprüche im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren sind daher nur anerkannt, wenn und soweit das Personalvertretungsrecht dem jeweiligen Antragsteller eine durchsetzungsfähige Rechtsposition einräumt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.06.2004 – 6 PB 3/04 – juris Rn. 2). Die Vermittlung einer subjektiven materiell-rechtlichen Rechtsposition im Sinne eines individuellen Anspruchs des Personalrats gegen den Dienststellenleiter auf Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses vermag die Kammer § 72 LPVG nicht zu entnehmen. Zwar ergibt sich dies nicht schon aus der Ausgestaltung von Abs. 1 S. 1 als „Soll-Regelung“, jedoch aus der Zusammenschau mit § 72 Abs. 4 LPVG, der die Zusammensetzung des Wirtschaftsausschusses, die Bestellung seiner Mitglieder – letztere im Einvernehmen mit der Personalvertretung - sowie deren Abberufung weitgehend in das Ermessen der Dienststelle stellt. Dies spricht gegen eine vom Gesetzgeber gewollte Schaffung eines individuellen Anspruchs für die Personalvertretung. Auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung zum Gesetz zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes, des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschriften, Landtagsdrucksache 15/4224 vom 22.10. 2013, S. 131 ff.) lässt sich für die Schaffung eines individuellen Anspruchs für die Personalvertretung kein Anhaltspunkt entnehmen. Ob der weitere Beteiligte zur Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses verpflichtet ist, ist daher nicht als ein dem Antragsteller zustehender Anspruch zu prüfen, sondern objektivrechtlich.
18 
Der Hilfsantrag ist zulässig und begründet.
19 
Gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 3 LPVG entscheiden die Verwaltungsgerichte über die Zuständigkeit und Geschäftsführung der Personalvertretungen. Der Begriff „Zuständigkeit der Personalvertretung“ schließt diejenigen Pflichten des Dienststellenleiters ein, denen entsprechende Rechte der Personalvertretung gegenüberstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.03.1995, a.a.O. Rn. 18 zu § 79 Abs. 1 Nr. 3 NWPersVG). Nachdem der Antragsteller die aufgrund seines Antrags bestehende - objektiv zu verstehende - Verpflichtung des weiteren Beteiligten auf Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses nach § 72 Abs. 1 S. 1 LPVG geltend macht, geht es, anders als der weitere Beteiligte meint, um die Zuständigkeit der Personalvertretung in dem genannten Sinn.
20 
Nach § 72 Abs. 1 S. 1 LPVG soll in Dienststellen ab einer Größe der Personalvertretung von mindestens sieben Mitgliedern auf Antrag der Personalvertretung ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden. Da der Antragsteller die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses beantragt hat und die Größe der Personalvertretung von mindestens sieben Mitgliedern unstreitig erreicht ist, ist die Dienststelle verpflichtet, einen Wirtschaftsausschuss einzurichten. Deswegen hat die vom Antragsteller hilfsweise beantragte Feststellung Erfolg.
21 
Die „Soll-Regelung“ in § 71 Abs. 1 S. 1 LPVG bedeutet, dass die Bildung eines Wirtschaftsausschusses im Regelfall zu erfolgen hat. Sie wurde im Gegensatz zu einer entsprechenden Regelung im Betriebsverfassungsgesetz, das den Wirtschaftsausschuss ab 100 ständig Beschäftigten zwingend vorschreibt, bewusst geschaffen, um den Besonderheiten in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben besser Rechnung tragen und in atypischen Fällen von der Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses abgesehen zu können (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung zum Gesetz zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes, des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschriften, Landtagsdrucksache 15/4224 vom 22.10. 2013, S. 132). In atypischen, besonders begründeten Einzelfällen kann die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses unterbleiben (vgl. a.a.O. Seite 212).
22 
Bei dem Universitätsklinikum Ulm kann die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es liege ein atypischer, besonders begründeter Einzelfall vor. Der weitere Beteiligte beruft sich unter Hinweis auf einen Aufsatz von Löwisch/Mandler, „Wirtschaftsausschüsse bei Hochschulen und Universitätsklinika?“ in Ordnung der Wissenschaft 2014, 75 ff. zwar darauf, ein Wirtschaftsausschuss würde das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG der Institution Universitätsklinikum und ihrer Wissenschaftler nicht nur berühren, sondern im Kern erheblich einschränken. Löwisch/Mandler meinen, das Privileg zur wissenschaftlichen Autonomie gegenüber dem Staat werde durch die Regelungen zum Wirtschaftsausschuss erheblich beeinträchtigt (a.a.O. S.77). Dem vermag die Kammer nicht zu folgen. Sie erkennt durch die dem Wirtschaftsausschuss gesetzlich in § 72 Abs. 1 S. 2 LPVG zugewiesene Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten der Dienststelle zu beraten und die Personalvertretung zu unterrichten, keine Möglichkeit zur Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit und damit auch nicht das Vorliegen eines besonders begründeten Einzelfalls, der die Ablehnung der Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses wegen des Vorliegens eines atypischen Falles ermöglichen könnte. Wie durch die Pflicht zur Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses über die in § 72 Abs. 3 LPVG genannten Angelegenheiten, selbst wenn darunter auch Forschungsprojekte, Drittmitteleinwerbungen, Publikationsleistungen oder gemeinsame Forschungsprojekte mit der Industrie usw. verstanden werden, die Wissenschaftsfreiheit beschränkt werden könnte, ist, da dem Wirtschaftsausschuss keinerlei Entscheidungskompetenz oder Möglichkeit zur Einflussnahme eingeräumt ist, nicht nachvollziehbar. Der Wirtschaftsausschuss hat nach § 72 Abs. 1 S. 2 LPVG die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten der Dienststelle zu beraten und die Personalvertretung zu unterrichten. Der Personalrat soll durch den Wirtschaftsausschuss als Beratungs- und Informationsgremium an der Schnittstelle zwischen Dienststelle und Personalvertretung in die Lage versetzt werden, teilweise komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge, die für die Dienststelle maßgebend sind, nachzuvollziehen. Der Wirtschaftsausschuss trifft keine Entscheidungen und bereitet Entscheidungen der Personalvertretung auch nicht vor (vgl. Gesetzesbegründung, Landtagsdrucksache 15/4224 vom 22.10.2013, S. 131; 213). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Organisationsnormen dann mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht vereinbar, wenn durch sie ein Gesamtgefüge geschaffen wird, das die freie wissenschaftliche Betätigung und Aufgabenerfüllung strukturell gefährdet (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22. Dezember 2014 – 1 BvR 1553/14 –, Rn. 11, juris). Angesichts der nur beratenden und unterrichtenden Funktion des Wirtschaftsausschusses besteht bei dessen Einrichtung auch am Universitätsklinikum Ulm, worauf der Antragsteller zutreffend hingewiesen hat, keine strukturelle Beschränkung der Wissenschaftsfreiheit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Einbindung in die Organisation des Universitätsklinikums ändert daran nichts.
23 
Das Vorbringen der Vertreterin des weiteren Beteiligten in der mündlichen Anhörung, § 72 Abs. 1 S. 1 LPVG finde von vorneherein bereits deswegen keine Anwendung, weil das Universitätsklinikum Ulm mit seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern der Wissenschaftsfreiheit unterfalle, so dass bereits gar nicht darauf abzustellen sei, ob ein atypischer Sonderfall im Sinne von § 72 Absatz ein S. 1 LPVG vorliege, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Dieser rechtliche Ansatz findet im Gesetz keinen Niederschlag. Der Gesetzgeber hat in bewusster Abkehr von der Regelung im Betriebsverfassungsgesetz, wo nach § 118 Abs. 1 S. 2 die Vorschrift des § 106 BetrVG über die Errichtung eines Wirtschaftsausschusses auf die in § 118 Abs. 1 S. 1 BetrVG genannten Tendenzbetriebe keine Anwendung findet, die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses grundsätzlich für alle Dienststellen ab einer Größe der Personalvertretung von mindestens sieben Mitgliedern vorgeschrieben. Nur ausnahmsweise für atypische, besonders begründete Einzelfälle hat er - wie bereits ausgeführt - von der Verpflichtung zur Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses abgesehen (vgl. Gesetzesbegründung, Landtagsdrucksache 15/4224 vom 22.10.2013, Seite 212). Der Umstand, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung der „Soll-Regelung“ die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses nur in besonders begründeten Einzelfällen versagen wollte, macht deutlich, dass der Ansatz des weiteren Beteiligten nicht zutreffend, mithin eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, ob wegen besonderer Umstände, etwa weil es um eine nur kleine Dienststelle geht oder um eine Dienststelle ohne ausgeprägte wirtschaftliche Ausrichtung, von der Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses abgesehen werden kann.
24 
Das Universitätsklinikum Ulm, das nach den Darlegungen der Vertreterin des weiteren Beteiligten in der mündlichen Anhörung mit rund 6000 Beschäftigten jährlich einen Umsatz von ca. 400 Millionen Euro erzielt, ist nicht als atypischer, besonders zu betrachtender Einzelfall einzustufen, bei dem die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses unterbleiben kann. Durch die hohe Beschäftigtenzahl und den hohen Jahresumsatz liegt gerade eine ausgeprägte wirtschaftliche Ausrichtung vor, die gegen eine Atypik spricht. Zudem hätte es nahegelegen, dass der Gesetzgeber, hätte er die vier Universitätskliniken des Landes wegen bei ihnen vorliegender Besonderheiten als Sonderfälle betrachtet, die von der Verpflichtung zur Einrichtung von Wirtschaftsausschusses auszunehmen sind, dies gesondert geregelt hätte, wie es etwa in § 99 LPVG für Lehre und Forschung und in § 100 LPVG für Beschäftigte an Hochschulen mit Aufgaben an einem Universitätsklinikum der Fall ist. Da dies nicht erfolgt ist, können die Universitätskliniken auch nicht als Sonderfälle betrachtet werden. Daher kann der weitere Beteiligte auch nicht mit seinem Vorbringen durchdringen, eine Atypik sei für das Universitätsklinikum Ulm auch aus Sachgründen begründet, die sich aus seiner in der Satzung hervorgehobenen Bedeutung für das Gesundheitswesen und die Gesellschaft ergäben.
25 
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gerichtskosten werden nicht erhoben (vgl. §§ 2 Abs. 2 GKG, 2a Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz, 92 Abs. 2 LPVG). Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

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(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Schließung der auf dem Klinikgelände gelegenen Bettenstation der nuklearmedizinischen Klinik am Universitätsklinikum Düsseldorf. Dieses ist gegenüber der Universität seit dem Jahr 2000 organisatorisch verselbständigt (vgl. § 41 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. März 2000, GV. NW S. 190, in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Errichtung des Klinikums Düsseldorf der Universität Düsseldorf als Anstalt des öffentlichen Rechts vom 1. Dezember 2000, GV. NW S. 729). Die Universitätskliniken dienen neben den Aufgaben der Krankenversorgung den medizinischen Fachbereichen der Universitäten zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre (§ 2 Abs. 1 Satz 1 KlV-Dü bis 31. Dezember 2007, jetzt § 31a Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 16. September 2014, GV. NW S. 547, sowie § 2 Abs. 1 Satz 1 Universitätsklinikum-Verordnung). Ihre Entscheidungskompetenzen beziehen sich vor allem auf die Organisation der Krankenversorgung mit dem Ziel, den dort bestehenden Anforderungen gerecht zu werden. Soweit Entscheidungen im Bereich der Krankenversorgung den Bereich von Forschung und Lehre betreffen, sind sie an das Einvernehmen der medizinischen Fachbereiche gebunden (§ 2 Abs. 2 Satz 3 KlV-Dü beziehungsweise § 2 Abs. 3 Satz 3 UKVO). Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2002 entschieden, dass diese landesrechtlichen Vorgaben den verfassungsrechtlich geforderten Ausgleich zwischen Wissenschaftsfreiheit und effizienter Krankenversorgung bei sachgerechter Auslegung erreichen und deshalb mit dem Grundgesetz vereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. November 2002 - 1 BvR 2145/01 u.a. -, juris, Rn. 40 ff.; bestätigt durch BVerfGK 12, 440 <447 ff.>; 14, 72 <81 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 1. Februar 2010 - 1 BvR 1165/08 -, juris, Rn. 28 f.).

II.

2

1. Im Ausgangsverfahren klagte der Beschwerdeführer gegen die Schließung der genannten Bettenstation. Die im fachgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren zunächst ergangenen letztinstanzlichen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts wurden zweimal vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses zurückverwiesen (BVerfGK 12, 440; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 1. Februar 2010 - 1 BvR 1165/08 -, juris; sowie die ablehnende Entscheidung über den im letzten Verfahren gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, BVerfGK 14, 72). Nun wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem dieses auf die Revision des Universitätsklinikums seine Berufung gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache zurückgewiesen hat, und rügt die Umsetzung der Schließungsentscheidung durch das Universitätsklinikum.

3

2. Das Bundesverwaltungsgericht stellt in der angegriffenen Entscheidung maßgeblich auf den für die Organisation der Hochschulmedizin erforderlichen angemessenen Ausgleich zwischen der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrenden einerseits und der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG geforderten bestmöglichen Krankenversorgung andererseits ab. Er werde verfehlt, wenn das Universitätsklinikum überprüfen müsse und dafür einzustehen habe, dass ein vom Fachbereich erteiltes Einvernehmen unter Beachtung der Wissenschaftsfreiheit des Beschwerdeführers zustande gekommen sei.

4

Durch die Verselbständigung der Universitätskliniken werde die für die Wirkkraft der Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrenden relevante Unterscheidung zwischen universitärer Forschung und Lehre einerseits und der Krankenversorgung andererseits vielmehr auch in der Organisationsstruktur der Hochschulmedizin sichtbar. Im Rahmen dieser Aufgaben- und Verantwortungsteilung werde die primäre Zuständigkeit der medizinischen Fachbereiche für die Wissenschaftsfreiheit organisatorisch durch das Einvernehmen gesichert. Die medizinischen Hochschullehrenden könnten ihren grundrechtlich garantierten Einfluss mittels der Einvernehmensregelung über die Fachbereichsorgane auch auf wissenschaftsrelevante Maßnahmen der Universitätsklinika ausüben. Damit könnten die Fachbereiche auch den materiellen (Grund-)Ausstattungsansprüchen der Hochschullehrenden gegenüber den Universitätskliniken zum Durchbruch verhelfen.

5

Dieses Regelungssystem könne seine Ausgleichsfunktion indes nur erfüllen, wenn sich die Universitätskliniken in Fragen der Forschung und Lehre in der Krankenversorgung auf ihre dienende Funktion beschränken könnten und andererseits auch die Fachbereiche von ihrer unmittelbaren Verantwortung für die Krankenversorgung jenseits ihres mit Forschung und Lehre verflochtenen Bereichs entlastet seien. Dafür sei es unabdingbar, dass die medizinischen Fachbereiche die alleinige Verantwortung für Beschlüsse über ein Einvernehmen trügen, die sich auch auf die Wahrung grundrechtlicher Belange erstrecke. Die Universitätskliniken müssten ihren Entscheidungen ein Einvernehmen als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ohne weitere Prüfung zugrunde legen können. Das Klinikum müsse Fachbereichsbeschlüsse weder daraufhin überprüfen, ob sie grundrechtswahrend zustande gekommen seien, noch - weitergehend - ob sie materiell mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und insbesondere mit dem Recht auf eine für die wissenschaftliche Betätigung erforderliche Grundausstattung vereinbar seien. Würden die Universitätskliniken mit dieser Aufgabe belastet und hätten sie für das Ergebnis einzustehen, würden die Effektivitätsgewinne der organisatorischen Verselbständigung der Universitätskliniken weitgehend zunichte gemacht, mit entsprechenden Gefahren für die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 20 Abs. 1 GG geschützten Rechtsgüter.

6

Der Beschwerdeführer sei in diesem Regelungssystem auch nicht in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG beeinträchtigt. Er könne gerichtlich im Verhältnis zum Fachbereich klären lassen, ob ein Einvernehmen mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit vereinbar sei. Solange der medizinische Fachbereich das Einvernehmen nicht erteilt habe, könnten Hochschullehrerinnen und -lehrer im Wege der allgemeinen Leistungsklage vom Klinikum Unterlassung verlangen oder diesem das fehlende Einvernehmen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO entgegenhalten. Habe der Fachbereich - wie hier - sein Einvernehmen erteilt, müssten Hochschullehrende mit einer allgemeinen Leistungsklage zu erreichen suchen, dass dieser sein Einvernehmen wieder zurücknimmt. Ein solcher actus contrarius könne - vorbehaltlich der Grenzen des Vertrauensschutzes - wegen der grundrechtlichen Sicherungsfunktion des Einvernehmens für die Wissenschaftsfreiheit wie bei anderen Mitwirkungsakten bei einem mehrstufigen Verwaltungsakt geboten sein, wenn ein Einvernehmen die Wissenschaftsfreiheit verletzt. Auch insofern stehe vorläufiger Rechtsschutz nach § 123 VwGO zur Verfügung.

7

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Das Bundesverwaltungsgericht habe verkannt, dass die Schließungsentscheidung sein Recht auf verfahrensmäßige Gewährleistung seiner Wissenschaftsfreiheit verletze. Das Hochschulrecht schreibe auch seit Ausgliederung der Universitätskliniken keine Gewaltentrennung zwischen Klinikum und Fachbereich vor; vielmehr bestünden vielfältige Kooperations- und wechselseitige Unterstützungspflichten bis hin zu Personalunionen auf Leitungs- und Mitgliederebene. Das Klinikum müsse zur Sicherung eines wissenschaftsadäquaten Verfahrens die Erteilung des Einvernehmens kontrollieren; dies würde die Wahrnehmung seiner Aufgaben für die Krankenversorgung nicht stören. Schließlich habe das Bundesverwaltungsgericht ihm zu Unrecht entgegengehalten, dass er nicht gerichtlich gegen den Fachbereich vorgegangen sei.

III.

8

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Sie ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil sie teils unzulässig, teils unbegründet ist und daher keine Aussicht auf Erfolg hat.

9

1. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinem Recht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG.

10

a) Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG enthält neben einem individuellen Freiheitsrecht eine objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde, wertentscheidende Grundsatznorm. Der Staat muss danach für funktionsfähige Institutionen eines freien universitären Wissenschaftsbetriebs sorgen und durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass das individuelle Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung so weit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist (vgl. BVerfGE 127, 87 <114>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 3217/07 -, juris, Rn. 55; stRspr).

11

Die Sicherung der Wissenschaftsfreiheit durch organisatorische Regelungen verlangt, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch ihre Vertretung in Hochschulorganen Gefährdungen der Wissenschaftsfreiheit abwehren und ihre fachliche Kompetenz zur Verwirklichung der Wissenschaftsfreiheit in die Organisation einbringen können. Organisationsnormen sind dann mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht vereinbar, wenn durch sie ein Gesamtgefüge geschaffen wird, das die freie wissenschaftliche Betätigung und Aufgabenerfüllung strukturell gefährdet (vgl. BVerfGE 127, 87 <115 f.>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 3217/07 -, juris, Rn. 57).

12

In einer wissenschaftlichen Einrichtung der Universitätsmedizin, die sowohl Aufgaben der Forschung und Lehre wie auch Aufgaben der Krankenversorgung erfüllt, hat der Gesetzgeber neben dem Schutz der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und dem für die Aufgaben der Berufsausbildung bedeutsamen Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 35, 79 <121>) auch den Schutz der Gesundheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG zu berücksichtigen (vgl. dazu BVerfGE 57, 70 <98 ff.>), die eng miteinander verzahnt sind (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 3217/07 -, juris, Rn. 55). Im Bereich der universitären Krankenversorgung stehen sich daher verschiedene Grundrechte und verfassungsrechtlich geschützte Interessen gegenüber; Aufgabe des Gesetzgebers ist es, zwischen diesen möglicherweise gegensätzlichen Grundrechtspositionen einen Ausgleich zu finden. Zum angemessenen Ausgleich gehört, dass sowohl dem Interesse an bestmöglicher Krankenversorgung als auch der Freiheit medizinischer Forschung und Lehre durch geeignete Koordinations- und Kooperationsmöglichkeiten beider Funktionsbereiche und durch sachgerechte organisatorische Verzahnungen Rechnung getragen wird (vgl. BVerfGE 57, 70 <99 f.> im Anschluss an StGH Bad.-Württ., Urteil vom 24. November 1973 - 1/73 -, DÖV 1974, S. 632 <633>).

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b) Diesen Anforderungen wird das angegriffene Urteil mit seiner Auslegung des zugrunde liegenden Regelungssystems zum verfassungsrechtlich geforderten Ausgleich zwischen der Wissenschaftsfreiheit und der Krankenversorgung gerecht. Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, dieser Ausgleich könne nur dadurch erreicht werden, dass die Universitätskliniken sich bei der Wahrung der Belange von Forschung und Lehre in der Krankenversorgung auf ihre dienende Funktion beschränkten, während die medizinischen Fachbereiche von ihrer unmittelbaren Verantwortung für die Krankenversorgung jenseits ihres mit Forschung und Lehre verflochtenen Bereichs entlastet seien, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Daraus folgt eine alleinige Verantwortung der medizinischen Fachbereiche dafür, dass ihre Einvernehmensbeschlüsse im Hinblick auf die den Bereich von Forschung und Lehre betreffenden Klinikentscheidungen das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrenden wahren. Dies genügt den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Organisation der Hochschulmedizin (zur vorrangigen Zuständigkeit der Universität und deren Fachbereich Medizin für Forschungs- und Lehraufgaben bereits BVerfGK 14, 72 <81 f.>). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit organisatorisch und gewährleistet damit, dass die Professorinnen und Professoren des Fachbereichs Medizin über den Fachbereichsrat auch auf wissenschaftsrelevante Entscheidungen des Universitätsklinikums Einfluss nehmen können (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 3217/07 -, juris, Rn. 76; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. November 2002 - 1 BvR 2145/01 u.a. -, juris, Rn. 42; BVerfGK 12, 440 <448>). Im Erfordernis des Einvernehmens verwirklicht sich der organisatorische Schutz der fachbereichsinternen Beteiligungsrechte der Trägerinnen und Träger der Wissenschaftsfreiheit. Weitergehende Teilhaberechte bei der Selbstverwaltung wissenschaftsrelevanter Angelegenheiten, die dem Schutz ihrer selbstbestimmten Grundrechtswahrnehmung dienen, sind verfassungsrechtlich nicht geboten.

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2. Die primäre Verantwortung des medizinischen Fachbereichs für die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrenden schmälert auch nicht den von Art. 19 Abs. 4 GG garantierten effektiven Rechtsschutz der Grundrechtsberechtigten. Dem Beschwerdeführer stand im Rahmen der Auseinandersetzungen um die Schließung einer Station des Klinikums von Beginn an die Möglichkeit offen, gerichtlich (auch) gegen den Fachbereich vorzugehen (so schon BVerfGK 12, 440 <452>; 14, 72 <80 ff.>).

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3. Die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Universitätsklinikums vom 14. September 2006, die Station NU 01 zu schließen, sowie gegen deren faktischen Vollzug in der Folgezeit ist unzulässig. Der Beschwerdeführer hat es versäumt, seine Rechte gegen den Fachbereich vor den dafür zuständigen Gerichten geltend zu machen.

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4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) In allen Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Der Wirtschaftsausschuss hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten.

(2) Der Unternehmer hat den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten, soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden, sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehört in den Fällen des Absatzes 3 Nr. 9a insbesondere die Angabe über den potentiellen Erwerber und dessen Absichten im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer; Gleiches gilt, wenn im Vorfeld der Übernahme des Unternehmens ein Bieterverfahren durchgeführt wird.

(3) Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten im Sinne dieser Vorschrift gehören insbesondere

1.
die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens;
2.
die Produktions- und Absatzlage;
3.
das Produktions- und Investitionsprogramm;
4.
Rationalisierungsvorhaben;
5.
Fabrikations- und Arbeitsmethoden, insbesondere die Einführung neuer Arbeitsmethoden;
5a.
Fragen des betrieblichen Umweltschutzes;
5b.
Fragen der unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz;
6.
die Einschränkung oder Stillegung von Betrieben oder von Betriebsteilen;
7.
die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen;
8.
der Zusammenschluss oder die Spaltung von Unternehmen oder Betrieben;
9.
die Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks;
9a.
die Übernahme des Unternehmens, wenn hiermit der Erwerb der Kontrolle verbunden ist, sowie
10.
sonstige Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren können.

(1) Auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend

1.
politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder
2.
Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes Anwendung findet,
dienen, finden die Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht. Die §§ 106 bis 110 sind nicht, die §§ 111 bis 113 nur insoweit anzuwenden, als sie den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile für die Arbeitnehmer infolge von Betriebsänderungen regeln.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform.

(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.

(2) Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2a Absatz 1, § 103 Absatz 3, § 108 Absatz 3 und § 109 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie nach den §§ 122 und 126 der Insolvenzordnung werden Kosten nicht erhoben.

(3) Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt. Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.

(4) Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Gerichten für Arbeitssachen finden bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit bleiben unberührt.

(5) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.