Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 11. Jan. 2012 - 9 A 35/10
Gericht
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 11.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2010 und des Änderungsbescheides vom 06.05.2010 wird aufgehoben, soweit er einen höheren Beitrag als 194,55 € festsetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 20 % und die Klägerin trägt 80 % der Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beteiligten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um einen Ausbaubeitrag.
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Die Klägerin ist zu 208/10.000 Miteigentümerin des Grundstücks Seestraße ... im Gebiet der Beklagten (Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ...) und Eigentümerin einer dort belegenen Wohnung. Das Grundstück liegt im Bereich eines Bebauungsplans, der für den fraglichen Bereich Mischgebiet mit zweigeschossiger Bebauung festsetzt. In dem Gebäude befinden sich insgesamt 29 Wohnungen und ein Restaurant. Die Wohnungen werden überwiegend als Ferienwohnungen vermietet. Die Vermietung erfolgt teils privat, teils über Vermietungsagenturen, deren Personal die Wohnungen auch betreut; zum Teil werden die Wohnungen durch besondere Serviceanbieter betreut.
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Die Seestraße verläuft zentral durch das Gemeindegebiet der Beklagten. Sie war 1929 eine „Landesstraße der besonderen Wegegemeinde Scharbeutz“, später Kreisstraße und wurde 1986 herabgestuft zur Gemeindestraße.
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In dem vom Bauausschuss der Beklagten am 7. Februar 2006 beschlossenen Bauprogramm heißt es zum Zustand der Einrichtung vor Durchführung der Maßnahme u.a., der Straßenzustand habe sich in den letzten Jahren gravierend verschlechtert. Sowohl in der Fahrbahn als auch in den Gehwegen sei kein ausreichender Unterbau vorhanden, der den derzeitigen Anforderungen der Verkehrsbelastung entspreche. Ein Teil der Regenwasserkanalisation sei unterbemessen und eine bereits 1991 durchgeführte Kanalfilmung zeige gravierende Mängel. Geplant sei, die Seestraße im Bereich der Einmündungen und auf langen Geraden mit verkehrsberuhigenden Elementen zu versehen und Fahrbahn und Gehwege im Straßen- und Oberbau komplett neu aufzubauen. Die Regenwasserkanalisation werde aus Betonrohrleitungen DN 250 bis DN 400 erstellt. Die vorhandenen Hausanschlüsse würden in den öffentlichen Flächen ausgetauscht bzw. neu verlegt, die Kontrollschächte erneuert und höhenmäßig dem künftigen Fahrbahnniveau angepasst. Sämtliche Straßenabläufe würden ausgetauscht bzw. ergänzt und an den Hauptkanal angeschlossen. Die vorhandenen Peitschenleuchten, die teilweise starke Korrosionen aufwiesen und nicht mehr dem technischen Stand entsprächen, würden durch energiesparende Mastaufsatzleuchten ersetzt.
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Nach Durchführung der Arbeiten - Abnahme des zweiten Bauabschnittes erfolgte am 24. April 2006 - und nach Abzug einer bereits geleisteten Vorausleistung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 gegenüber der Klägerin einen verbleibenden Ausbaubeitrag von 57,43 € fest und forderte die Klägerin zur Zahlung dieses Betrages auf. Als Abrechnungsgebiet definierte die Beklagte die Seestraße von der Strandallee bis zur Schulstraße und legte für die Beitragsberechnung eine Gesamtbeitragsfläche von 140.358,33 m² zugrunde. Wegen der auf einzelnen Grundstücken erfolgenden Vermietung an Feriengäste erhob die Beklagte jeweils einen Artzuschlag von 30 % der Grundstücksfläche, so auch für das Grundstück Seestraße ....
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Am 14. Januar 2008 legte die Klägerin dagegen Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2010 zurückwies. Die Klägerin sei mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 242,65 € herangezogen worden. Die Berücksichtigung eines Artzuschlages sei gerechtfertigt. Würden Räumlichkeiten ausschließlich für die Vermietung an Feriengäste vorgehalten, handele es sich um eine gewerbliche Nutzung. Überwiege die Fläche der gewerblichen Nutzung im Gebäude, sei ein Artzuschlag zu berücksichtigen. In der Seestraße ... würden von den 10.000 Miteigentumsanteilen 5.200 Miteigentumsanteile ausschließlich gewerblich genutzt.
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Die Klägerin hat am 10. März 2010 Klage erhoben.
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Mit Bescheid vom 6. Mai 2010 - zugestellt am 8. Mai 2010 - hat die Beklagte den Bescheid vom 11. Dezember 2007 geändert und den Beitrag der Klägerin auf 242,65 € festgesetzt. Die mit Bescheid vom 27. März 2006 erhobene und gezahlte Vorausleistung in Höhe von 185,22 € wurde auf den festgesetzten Ausbaubeitrag angerechnet, sodass die Klägerin einen verbleibenden Betrag von 57,43 € zahlen solle.
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Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Artzuschlag nicht gerechtfertigt sei, da die auf dem Grundstück stattfindende Nutzung nicht überwiegend gewerblicher Art sei. Im Ausbaubeitragsrecht würden als gewerbliche Nutzung nur solche Nutzungen erfasst, die eine im Vergleich zur Wohnnutzung deutlich intensivere Inanspruchnahme der Anbaustraße auslösten und deshalb einen größeren Vorteil aus der Ausbaumaßnahme zögen. Für das Kriterium der gewerblichen Nutzung werde auf Tätigkeiten abgestellt, die typischerweise einen erhöhten Besucherverkehr (Ziel- und Quellverkehr) und deshalb eine im Vergleich zur Wohnnutzung intensivere Inanspruchnahme der Anbaustraße verursachten. Dies sei bei der Nutzung von Wohnungen zur temporären Ferienvermietung nicht gegeben. Eine Ferienwohnung werde nicht unbedingt stärker frequentiert als die Wohnung einer durchschnittlichen ortsansässigen Familie. Im Übrigen seien auch die Kosten der Ausbaumaßnahme intransparent und nicht nachvollziehbar. Der Kostenansatz, der dem Vorausleistungsbescheid zugrunde gelegen habe, weiche erheblich von dem des nunmehr angefochtenen Bescheides ab.
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Die Klägerin hat ursprünglich beantragen wollen, den Bescheid vom 11. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2010 aufzuheben. Nach Erlass des Änderungsbescheides hat sie ihr Klageziel mit einem bei Gericht am 7. Juni 2010 eingegangenen Schriftsatz geändert.
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Sie beantragt nunmehr,
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den Bescheid vom 11. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2010 und des Änderungsbescheides vom 6. Mai 2010 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie wiederholt ihre Begründung des Widerspruchsbescheides und weist ergänzend u.a. darauf hin, dass in dem veranlagten Jahr sogar 6.922 Miteigentumsanteile und nicht nur 5.200 Miteigentumsanteile gewerblich genutzt worden seien. Die verbleibenden Miteigentumsanteile würden von den jeweiligen Teileigentümern zeitweise auch selbst genutzt, die hierfür auch Zweitwohnungssteuer entrichteten. Eine Abweichung zwischen der Vorauszahlung und der sich aus der endgültigen Abrechnung ergebenden Beitragslast sei im Übrigen nicht ungewöhnlich, da eine Vorauszahlung kalkuliert werde, eine genaue Beitragsabrechnung aber erst nach Vorlage der geprüften Schlussrechnung vorgenommen werde.
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Auf Anforderung durch das Gericht hat die Beklagte, für den Fall, dass bei Vermietung von Räumlichkeiten an Feriengäste ein Artzuschlag nicht in Frage kommt, eine Aufstellung der Grundstücke nachgereicht, bei denen sie - neben der Seestraße ... - ebenfalls einen Artzuschlag berechnete. Wegen des Inhalts dieser Liste, der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig. Insbesondere war es sachdienlich, den Klagegegenstand im Wege der Klageänderung (§ 91 Abs. 1 VwGO) um den Änderungsbescheid vom 6. Mai 2010 zu erweitern.
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Die Klage ist jedoch nur im tenorierten Umfang begründet. Soweit der Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2010 und des Änderungsbescheides vom 06. Mai 2010 einen Ausbaubeitrag von mehr als 194,55 € festsetzt, ist er rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
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Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ist § 8 KAG i.V.m. der Satzung der Gemeinde Scharbeutz über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung von Straßen, Wegen und Plätzen (Ausbaubeitragssatzung - ABS).
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Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG sind Beiträge zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung der notwendigen öffentlichen Einrichtung nach festen Verteilungsmaßstäben von denjenigen Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, zur Nutzung von Grundstücken dinglich Berechtigten und Gewerbetreibenden zu erheben, denen hierdurch Vorteile erwachsen. Entsprechend erhebt die Beklagte nach § 1 ABS Beiträge zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Aus- und Umbau sowie die Erneuerung u.a. von Straßen, Wegen und Plätzen von den Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern oder an deren Stelle von den zur Nutzung an diesen Grundstücken dinglich Berechtigten, denen die jeweilige Maßnahme Vorteile bringt. Die Voraussetzungen nach diesen Vorschriften sind erfüllt.
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Bei der Seestraße handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges, seine Verkehrsfunktion sowie vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als ein eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (vgl. Habermann in: Habermann/ Arndt, Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein, Rn. 132 m.w.N.). Abzustellen ist auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 21.10.2009 - 2 LB 14/09 -), hier mithin auf den 24. April 2006. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass die auf ihrem Gemeindegebiet liegende Einrichtung Seestraße nach diesem Maßstab begrenzt wird durch die Einmündung in die Strandallee einerseits und den Beginn der Schulstraße an der platzartigen Erweiterung im Süden andererseits.
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Die Seestraße ist auch als dem öffentlichen Verkehr gewidmet anzusehen. Die Beklagte nimmt an, dass sich dies schon aus den Umstufungen zur Kreis- und später zur Gemeindestraße ergibt. Ob darin zugleich eine formgerechte Widmung zu sehen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls greift die Widmungsfiktion des § 57 Abs. 3 Satz 2 StrWG, da aufgrund der zentralen Lage der Seestraße davon auszugehen ist, dass diese bereits bei Inkrafttreten des Straßen- und Wegegesetzes neben ihrer Erschließungsfunktion auch einem nicht unerheblichen öffentlichen Verkehr gedient hat.
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Die streitige Maßnahme war beitragsfähig und notwendig im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG. Dabei steht den Gemeinden hinsichtlich der Beurteilung dessen, was notwendig ist, ein weiter Ermessensspielraum zu, der vom Gericht nur eingeschränkt überprüfbar und der nur dann überschritten ist, wenn keine Gründe ersichtlich sind, die die Maßnahme im durchgeführten Umfang rechtfertigen könnten (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 24.02.1999 - 2 L 146/96 - NordÖR 1999, 312). Nach diesem Maßstab und angesichts des dokumentierten Zustandes bestehen an der Notwendigkeit der Maßnahme vor der Baumaßnahme keine Zweifel. Fahrbahn, Gehweg, Straßenentwässerung und Beleuchtung wurden sodann angemessen erneuert bzw. verbessernd ausgebaut.
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Der Klägerin ist durch die Maßnahme ein beitragsrechtlich relevanter Vorteil entstanden. Das Grundstück Seestraße ... liegt unmittelbar an der ausgebauten Straße, so dass die Klägerin die öffentliche Einrichtung von hier aus nutzen kann. Ihr wird damit ein die Beitragserhebung rechtfertigender Vorteil geboten, da die Zugänglichkeit des Grundstücks verbessert und dessen Gebrauchswert erhöht wird (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 28.10.1997 - 2 L 281/95 - NordÖR 1998, 88). Ob eine Straßenbaumaßnahme grundstücksbezogene Vorteile vermittelt, ist nicht aus der subjektiven Sicht des einzelnen Grundstückeigentümers und insbesondere nicht unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nutzung seines Grundstücks, sondern objektiv zu beurteilen (vgl. Habermann, a.a.O. Rn. 140 und 142; Thiem/ Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, § 8 Rn. 53 m.w.N.).
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Der danach dem Grunde nach berechtigterweise erhobene Beitrag hat allerdings nicht in voller Höhe Bestand.
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Zutreffend hat die Beklagte zunächst den umlagefähigen Aufwand ermittelt, insbesondere die Seestraße als abgerechnete öffentliche Einrichtung tatsächlich zutreffend als Haupterschließungsstraße eingestuft. In dem angefochtenen Bescheid wird zwar auf § 4 Abs. 1 Nr. 2a ABS Bezug genommen, was dafür spräche, dass die Beklagte von einer Anliegerstraße ausgeht. Der Berechnung wird tatsächlich aber eine Haupterschließungsstraße i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1b und 2b ABS zugrunde gelegt, davon ausgehend, dass die Seestraße nicht nur dem Anliegerverkehr, sondern im Wesentlichen dem innerörtlichen Verkehr dient. Diese Einstufung ist für die Anlieger von Vorteil und wird von der Klägerin auch nicht angegriffen. Gesichtspunkte, die dagegen sprechen, sind nicht ersichtlich.
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Soweit die Klägerin vorträgt, der Kostenansatz, der dem Vorausleistungsbescheid zugrunde gelegen habe, weiche erheblich von dem im angefochtenen Bescheid aufgeführten umlagefähigen Aufwand ab, ist diese Abweichung irrelevant. Dass hier andere Beträge genannt werden als in dem Vorausleistungsbescheid beruht auf den unterschiedlichen Grundlagen (Kostenvoranschlag bzw. -prognose einerseits und Abschlussrechnungen andererseits) und liegt in der Natur der Sache. Die als gravierend bezeichneten Abweichungen hat die Beklagte im Übrigen nachvollziehbar zu erklären vermocht. Auch gehört es weder zum notwendigen Regelungsinhalt noch zur wesentlichen rechtlichen oder tatsächlichen Begründung eines Beitragsbescheides, auf die Unterschiede zwischen prognostiziertem Kostenansatz und tatsächlichem Aufwand einzugehen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 157 Abs. 1 AO und § 109 Abs. 1 LVwG).
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Das Abrechnungsgebiet hat die Beklagte zutreffend bestimmt. Beiträge können nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Straßenbaumaßnahme Vorteile erwachsen. Da der einzelne Grundstückseigentümer als Inhaber des Eigentumsrechts an einem bestimmten Grundstück, dessen Gebrauchswert sich infolge der Straßenbaumaßnahme erhöht hat, zu einem Beitrag herangezogen wird, scheiden aus dem Kreis der Beitragspflichtigen die Grundstückseigentümer aus, die die öffentliche Einrichtung nur wie jeder andere Verkehrsteilnehmer in Anspruch nehmen können. Damit kommen als beitragspflichtige Grundstückseigentümer nur solche in Betracht, deren Grundstücke zu der öffentlichen Einrichtung in einer räumlich engen Beziehung stehen, d.h. die von ihrem Grundstück aus die öffentliche Einrichtung nutzen können. Zum Kreis der vorteilhabenden und damit beitragspflichtigen Grundstückseigentümer gehören daher diejenigen, deren Grundstücke unmittelbar an die ausgebaute Einrichtung angrenzen und von der Einrichtung aus zugänglich sind (Anliegergrundstücke), daneben aber auch Eigentümer bestimmter Hinterliegergrundstücke (vgl. Habermann, a.a.O. Rn. 176, 177 m.w.N.). Die von der Beklagten vorgenommene Bestimmung des Abrechnungsgebietes und der heranzuziehenden Grundstückseigentümer ist nach diesem Maßstab nicht zu beanstanden und wird auch von der Klägerin nicht gerügt.
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Hiervon ausgehend ist allerdings die Berechnung der Beitragsfläche und damit die konkrete Höhe des festgesetzten Beitrags zu Gunsten der Klägerin zu korrigieren, soweit die Beklagte auch für Grundstücke, auf denen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht überwiegend eine Vermietung von Ferienwohnungen oder Gästezimmern stattfand, einen Artzuschlag wegen gewerblicher Nutzung gemäß § 6 Abs. 4 ABS erhoben hat.
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Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 ABS werden die nach § 6 Abs. 3 ABS - hier unbeanstandet - ermittelten Flächen um 30 v.H. erhöht für Grundstücke in Kern-, Gewerbe-, Industrie- oder sonstigen Sondergebieten sowie für Grundstücke in anderen Gebieten, die überwiegend gewerblich oder industriell genutzt werden. Ob ein Grundstück, das sowohl Wohnzwecken als auch gewerblichen Zwecken dient, überwiegend im Sinne des Satzes 1 genutzt wird, bestimmt sich nach dem Verhältnis, in dem die Nutzung der Geschossflächen zueinander steht, § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS.
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Mit allen Beteiligten übereinstimmend ist festzustellen, dass die Seestraße zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht in einem der in § 6 Abs. 4 Satz 1 ABS genannten Gebiete lag und dass auch eine industrielle Nutzung einzelner Grundstücke nicht stattfand. Soweit die Beklagte allerdings für die Vermietung an Feriengäste eine überwiegende gewerbliche Nutzung angenommen und deshalb einen Artzuschlag erhoben hat, vermag die Kammer ihr darin nicht zu folgen.
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Um welche Grundstücke es sich dabei im einzelnen handelt, lässt sich anhand der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Abrechnungsunterlagen, der mit Schreiben vom 22. Dezember 2011 nachgereichten Liste und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlungen ermitteln. Hierzu zählt auch das Grundstück Seestraße ..., in dessen Gebäude sich ein Restaurant und 29, in verschiedenem Umfang zur Vermietung an Feriengäste genutzte Wohnungen befand. Insgesamt waren betroffen die Grundstücke
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- Strandallee ... (684,45 m²),
- Seestraße ... (251,85 m²),
- Seestraße ... (663,99 m²),
- Seestraße ... (1.006,98 m²)
- Seestraße ... (530,55 m²),
- Seestraße ... (512,46 m²),
- Seestraße ... (682,50 m²),
- Seestraße ... (328,38 m²),
- Seestraße ... (288,60 m²),
- Seestraße ... (294,84 m²),
- Seestraße ... (634,14 m²) und
- Seestraße ... (312,78 m²).
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Zusammengefasst wurden auf diesen Grundstücken privat oder über eine Vermittlungsagentur Ferienwohnungen und / oder Gästezimmer vermietet und die Räumlichkeiten entweder privat, vom Personal der Vermittlungsagentur, von Reinigungsfirmen oder auch einem Hausmeisterservice in mehr oder weniger großem Umfang betreut. Typische Betreuungsleistungen sind Betten beziehen, Wäschepakete stellen, Kühlschränke bestücken, Endreinigung der Wohnung oder auch Pflege der Außenanlage. In den Gebäuden befanden sich teilweise noch Gastronomie- und Einzelhandelsbetriebe, Fahrschulen, Reisebüros oder auch ein Fahrradverleih.
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Bei einer solchen Vermietung von Räumlichkeiten an Feriengäste besteht aus Sicht der Kammer keine Rechtfertigung für die Annahme einer gewerblichen Nutzung und für einen daran anknüpfenden Artzuschlag, obwohl dies nach einem Urteil des OVG Schleswig (vom 13.10.1999 - 2 L 116/97 - SchlHA 2000, 43) der Fall sein soll. Darin heißt es:
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Ausschlaggebend für den Artzuschlag ist das Vorhandensein einer gegenüber der Wohnnutzung qualifizierten Nutzungsart (...), die wegen ihrer im Vergleich zur Wohnnutzung gesteigerten Abhängigkeit von der qualitativen Ausgestaltung der Straße im Falle einer vorteilhaften Straßenbaumaßnahme mit zusätzlichen Vorteilen für den Grundstückseigentümer verbunden ist. Der Begriff der „gewerblichen Nutzung“ ist daher nicht im Sinne des Gewerberechts zu verstehen. (...) Werden Räumlichkeiten ausschließlich für die Vermietung an Feriengäste vorgehalten, handelt es sich insoweit um gewerbliche Nutzung. Diese gewerblich genutzten Flächen sind zu den übrigen Räumlichkeiten ins Verhältnis zu setzen. Überwiegt danach die gewerbliche Nutzung, ist ein Artzuschlag zu berücksichtigen.
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Zutreffend ist der Ausgangspunkt dieser Entscheidung. Gewerblich genutzt im Sinne des Beitragsrechts sind Grundstücke, auf denen eine Tätigkeit ausgeübt wird, die erfahrungsgemäß zu einem im Vergleich zur Wohnnutzung erhöhten Ziel- und Quellverkehr führt und deshalb eine deutlich intensivere Inanspruchnahme der beitragsfähigen Anbaustraße bewirkt. Als solche im Verhältnis zur Wohnnutzung qualifizierten Nutzungsarten sind zunächst die industrielle und die gewerbliche Nutzung im engeren Sinne zu verstehen, derentwegen durch betriebliche Fahrzeuge, Kunden- und Lieferantenverkehr in erhöhtem Maße ein Ziel- und Quellverkehr entsteht. Darüber hinaus sind aber auch solche Nutzungen zu berücksichtigen, die auch ohne gewerbliche Tätigkeit auf einen erhöhten Besucher- oder Kundenverkehr abstellen und deshalb ebenfalls erfahrungsgemäß eine ins Gewicht fallend intensivere Inanspruchnahme einer Anbaustraße verursachen als eine Wohnnutzung (z.B. freiberufliche Tätigkeit in Arztpraxen oder Rechtsanwaltskanzleien, öffentliche Gebäude der Verwaltung, Schulen, Gerichte). Entscheidend für die Belastung eines Anliegergrundstücks mit dem Artzuschlag ist es, ob seine Nutzung mehr derjenigen eines Gewerbe- oder Industriebetriebes, der in verstärktem Maße An- und Abfahrverkehr und damit eine überdurchschnittliche Inanspruchnahme der ausgebauten Straßen mit sich bringt, oder mehr der Nutzung eines Grundstücks zu Wohnzwecken vergleichbar ist. Bei der Feststellung einer derart qualifizierten Nutzung ist auf die Nutzungsart und den dadurch typischerweise ausgelösten Verkehr abzustellen und nicht auf den Ziel- und Quellverkehr im jeweiligen Einzelfall, so dass auch etwa eine schlecht gehende Arztpraxis zu Recht als „gewerbeähnlich" einzustufen ist. Entscheidend ist danach der allgemeine Charakter der Nutzung und nicht der individuelle Umfang des Verkehrs gerade zum Zeitpunkt der Entstehung des Beitragsanspruchs (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urt. v. 11.12.1987 - 8 C 85/86 - BVerwGE 78, 321; VGH Kassel, Urt. v. 24.11.1994 - 5 UE 255/94 - NVwZ-RR 1995, 350; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 36 Rn. 5 mit § 18 Rn. 59 f.; entsprechend zum Ausbaubeitragsrecht: OVG Lüneburg, Urt. v. 21.11.1988 - 9 OVG A 68/87 - AgrarR 1990, 179; OVG Schleswig, Urt. v. 13.10.1999 - 2 L 116/97 - SchlHA 2000, 43; OVG Magdeburg, Beschl. v. 19.11.2004 - 2 M 337/04 - in juris Rn. 8; Driehaus a.a.O. § 36 Rn. 5; Habermann, a.a.O. Rn. 252; Thiem/ Böttcher, a.a.O. § 8 Rn. 676 f.).
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Das o.g. Urteil des OVG Schleswig behauptet zwar eine gewerbliche Nutzung im Sinne des Beitragsrechts, begründet dies aber nicht. Während der Betrieb von Hotels und Pensionen typischerweise durch das Personal einerseits und durch den Anliefer-, Ver- und Entsorgungsbedarf andererseits einen erhöhten Zu- und Abgangsverkehr erzeugt, stellt die Vermietung von Wohnungen oder Gästezimmern an Feriengäste im Regelfall keine gegenüber der Wohnnutzung qualifizierte Nutzungsart dar (so i.E. auch Habermann, a.a.O.). Denn es ist nicht erkennbar, dass nennenswert mehr Verkehr allein dadurch entsteht, dass eine Wohnung - oder ein einzelnes Zimmer - nicht vom Eigentümer selbst genutzt oder im Rahmen eines Dauermietvertrages vermietet, sondern jeweils nur kurzfristig an Feriengäste vermietet wird.
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Dies gilt auch dann, wenn es - wie hier geltend gemacht - regelmäßig zum Vermietungsbetrieb gehören sollte, die jeweilige Endreinigung der Ferienwohnungen vom Personal des Vermieters oder durch eine Reinigungsfirma vorzunehmen, die Betten zu beziehen, den Kühlschrank zu bestücken oder die Appartements und die Außenanlage von einem Hausmeisterservice betreuen zu lassen. Auch dies rückt die Vermietung von Wohnungen oder Zimmer an Feriengäste beitragsrechtlich betrachtet noch nicht in eine überzeugende Nähe zum Hotel- oder Pensionsbetrieb. Vergleichbare Dienstleistungen werden auch in dauerhaft bewohnten Häusern oder Wohnungen erbracht, etwa wenn wöchentlich eine Reinigungskraft erscheint oder sonst bei der Versorgung der Kinder, des Haushalts oder des Gartens fremde Hilfe in Anspruch genommen wird. Die genannten Dienstleistungen sind typischerweise auch nicht so personalintensiv wie die eines Hotel- oder Pensionsbetriebs, da sie nur bei der An- und Abreise, aber nicht täglich im Sinne einer „Rundumversorgung“ erbracht werden. Hinzu kommt, dass die Ferienwohnungen im Unterschied zu den Hotel- oder Pensionszimmern regelmäßig mit eigener Küche und eigenem Bad ausgestattet sind und der Feriengast sich selbst versorgt, sodass er insoweit auch freier disponieren und planen kann als ein Hotelgast.
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Bei der damit erforderlich werdenden Abgrenzung insbesondere zwischen Pensionen - die im Vergleich zu Hotels regelmäßig niedrigere Standards und einen nur eingeschränkten Restaurationsbetrieb haben - und der privaten Vermietung von Gästezimmern orientiert sich die Kammer an der sog. G-Klassifizierung für Gästehäuser, Gasthöfe und Pensionen, die der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband e.V. (DEHOGA) in Kooperation mit dem Deutschen Tourismusverband (DTV) entwickelt hat. Danach zählen u.a. die tägliche Zimmerreinigung und ein Frühstücks- und Getränkeangebot selbst bei einer Unterkunft für einfache Ansprüche (1 Stern) zum Standard (siehe www.g-klassifizierung.de). Dieser Minimalstandard des täglichen Bettenmachens, Zimmerreinigens und Frühstücksbereitens ist es, der die Pension typischerweise von der Vermietung privater Gästezimmer unterscheidet.
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Zum Vergleich sei im Übrigen verwiesen auf die Rechtsprechung des OVG Magdeburg für den Bereich der heimmäßigen Unterbringung älterer Menschen, die hinsichtlich des Artzuschlages unterscheidet zwischen Altenwohnheimen (betreutes Wohnen) und klassischen Altersheimen einerseits und Altenpflegeheimen andererseits - je nachdem, ob (noch) der Wohncharakter im Vordergrund steht oder der Bedarf nach Betreuung und Versorgung (OVG Magdeburg, Beschl. v. 19.11.2004 - 2 M 337/04 - in juris Rn. 9; zustimmend Driehaus, a.a.O. Rn. 62). Entsprechend kann angenommen werden, dass auch beim Feriengast der Wohncharakter typischerweise im Vordergrund steht.
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Hiervon ausgehend gelangt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die maßgebliche Beitragsfläche von den angenommenen 140.358,33 m² auf 134.166,81 m² zu reduzieren ist, weil bei den oben aufgeführten Grundstücken ohne die Ferienwohnungen / Zimmer keine überwiegende gewerbliche Nutzung i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS mehr verbleibt und die erhobenen Artzuschläge deshalb wieder abzuziehen sind. Umgekehrt wäre für das Grundstück Seestraße ... ein Artzuschlag zu erheben gewesen, da hier ein baurechtlich eingeschossiges Hotel Garni mit Frühstücksbuffet, Schwimmbad und Sonnenbank betrieben wird. Zuzüglich der weiteren 30 % (= 491,10 m²) ergibt sich daraus eine Beitragsfläche von 134.657,91 m² und ein erhöhter Beitragssatz von 2,7866267 €/m². Auf das Grundstück Seestraße ... entfällt mithin ein Gesamtanteil von 9.353,59 € und auf die Klägerin als Miteigentümerin zu 208/10.000 Anteilen ein Beitrag von 194,55 €. In Höhe des überschießend festgesetzten Beitrags von (242,65 € - 194,55 € =) 48,10 € ist der angefochtene Bescheid daher aufzuheben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Kammer lässt die Berufung zu gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Wie sich aus den obigen Entscheidungsgründen ergibt, weicht die Kammer mit diesem Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig (OVG Schleswig, Urt. v. 13.10.1999 - 2 L 116/97 - SchlHA 2000, 43) ab. Das Urteil beruht u.a. auf dieser Abweichung.
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Annotations
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist.
(2) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bildet einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden.
(1) Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen und Fristen, die von einer Finanzbehörde gesetzt sind, können vorbehaltlich des Absatzes 2 verlängert werden. Sind solche Fristen bereits abgelaufen, können sie vorbehaltlich des Absatzes 2 rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen.
(2) Absatz 1 ist
- 1.
in den Fällen des § 149 Absatz 3 auf Zeiträume nach dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres und - 2.
in den Fällen des § 149 Absatz 4 auf Zeiträume nach dem in der Anordnung bestimmten Zeitpunkt
(3) Die Finanzbehörde kann die Verlängerung der Frist mit einer Nebenbestimmung versehen, insbesondere von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.
(4) Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen und Fristen, die von einer Finanzbehörde gesetzt sind, können ausschließlich automationsgestützt verlängert werden, sofern zur Prüfung der Fristverlängerung ein automationsgestütztes Risikomanagementsystem nach § 88 Absatz 5 eingesetzt wird und kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.