Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Apr. 2011 - 9 A 138/10

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2011:0413.9A138.10.0A
13.04.2011

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die im Jahre 1946 geborene Klägerin ist brasilianische Staatsangehörige und ledig. Sie begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG.

2

Bereits im Jahre 2006/2007 hatte sich die Klägerin zu Besuchszwecken bei ihrer alleinerziehenden Tochter und deren Kindern in A-Stadt aufgehalten. Dieser Aufenthalt war vom Beklagten gemäß § 25 Abs. 4 AufenthG wegen eines Krankenhausaufenthaltes der Tochter um drei Monate verlängert worden.

3

Am 10. Mai 2009 reiste die Klägerin erneut mit einem gültigen Pass visumfrei in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 23. Juni 2009 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 36 Abs. 2 AufenthG zum Zwecke der Betreuung ihrer Enkelkinder. Zur Begründung führte sie aus, dass ihre Tochter Mutter von fünf Kindern im Alter zwischen 3 und 13 Jahren sei und diese allein erziehen müsse, weil die Väter der Kinder außer dem Unterhalt kaum einen Beitrag zur Erziehung leisteten. Die beiden ältesten Enkel (Zwillinge) hätten ADS und seien besonders betreuungsbedürftig. Ihre Tochter sei mit dieser Situation extrem belastet und habe bislang keinen Ausbildungsplatz annehmen können, um sich so eine eigenständige Lebensgrundlage zu schaffen. Es bestehe bereits Kontakt mit dem Jugendamt, weil Hilfe zur Erziehung nach dem KJHG erforderlich sei, um das Kindeswohl zu sichern. In dieser Situation hätten die bisher besuchsweisen Aufenthalte der Klägerin zur Stabilität der familiären Situation wesentlich beigetragen. Die Klägerin habe einen guten Zugang zu den Kindern gefunden; insbesondere die Kinder mit dem ADS-Syndrom seien deutlich ausgeglichener. Die Betreuungsleistungen der Klägerin könnten die sonst erforderlichen Leistungen des Jugendhilfeträgers zur Abhilfe einer Kindeswohlgefährdung vermeiden. Eine Versagung der Aufenthaltserlaubnis erscheine deshalb ausnahmsweise unvertretbar. Familiäres Einkommen sei in Höhe von insgesamt ... € vorhanden (Unterhaltsleistungen der Väter und Kindergeld); der Familie stehe eine 91 m² große Wohnung mit einer monatlichen Miete in Höhe von ... € zur Verfügung.

4

Zur Glaubhaftmachung der familiären Situation waren dem Antrag eine Bescheinigung der Praxis für Frühförderung und Familientherapie vom 09.09.2008, zwei nahezu gleichlautende ärztliche Bescheinigungen einer gynäkologischen Praxisklinik über die Notwendigkeit einer Hilfe in häuslicher Umgebung vom 04.07.2008 und 26.06.2009 sowie ein kinderärztliches Attest vom 22.11.2008 beigefügt. Zum Nachweis ausreichenden Krankenversicherungsschutzes legte die Klägerin weitere Unterlagen vor. Ergänzend gab sie an, dass der beabsichtigte Aufenthalt nur von vorübergehender Dauer sein solle, bis eine hinreichende Stabilisierung der Familie eingetreten sei.

5

Nach entsprechender Anhörung und weiterer Stellungnahme durch die Klägerin lehnte der Beklagte die beantragte Aufenthaltserlaubnis durch Bescheid vom 15. Januar 2010 ab, forderte die Klägerin zur Ausreise auf und drohte ihr für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise die Abschiebung nach Brasilien an. Ferner wurde sie aufgefordert, ihren Nationalpass zur Einstempelung der Ausreisepflicht vorzulegen. Es fehle bereits an dem bei jedem Familiennachzug zu fordernden Zweck der Wahrung und Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft, weil eine solche Lebensgemeinschaft grundsätzlich auf Dauer angelegt sei und sich nicht auf die Kindererziehung beschränke. Eine außergewöhnliche Härte i.S.d. § 36 Abs. 2 AufenthG werde auch nicht dadurch begründet, dass die alleinerziehende Tochter eine Ausbildung absolvieren und die Betreuung ihrer Kinder mithilfe der Klägerin gewährleisten wolle. Entsprechendes gelte für einen etwaigen Betreuungswunsch auf Seiten der Kinder. Da die Klägerin für jeweils 90 Tage innerhalb eines Halbjahres visumfrei in die Bundesrepublik Deutschland einreisen dürfe, habe sie innerhalb eines ganzen Jahres ohnehin die Möglichkeit eines Aufenthaltes von 180 Tagen. Eine Kindeswohlgefährdung liege nach Auskunft des Jugendamtes nicht vor. Es sei auch nicht ersichtlich, dass es in der Familie zu einer solchen Kindeswohlgefährdung komme, wenn die Klägerin ausreise. Zudem bestehe die Möglichkeit, auf Antrag bestimmte Erziehungshilfen zu bekommen. Schließlich sei auch der Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nicht gesichert.

6

Den dagegen am 18. Februar 2010 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass eine außergewöhnliche Härte anzunehmen sei, wenn Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nach dem KJHG bestehe, weil dies der Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung diene. Art. 6 Abs. 1 GG erlaube nicht den Verweis auf staatliche Hilfe. Die von den Vätern geleisteten Unterhaltszahlungen dienten letztlich auch dem Zweck, die Betreuung der Kinder sicherzustellen und dürften deshalb auch für die Versorgung der Klägerin verwendet werden. Im Übrigen komme es im Rahmen des § 2 Abs. 3 S. 4 AufenthG nicht auf etwaige Unterhaltsverpflichtungen an, sondern auf das insgesamt bestehende Haushaltseinkommen. Der familiäre Haushalt bilde sozialrechtlich eine Bedarfsgemeinschaft; so werde vermieden, dass das nachziehende Familienmitglied Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II oder XII erwirke.

7

Mit Bescheid vom 15. Juni 2010 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. In Anbetracht des mittlerweile erreichten Alters der Kinder stehe bereits in Frage, ob überhaupt eine Familiengemeinschaft auf Dauer angestrebt werde. Im Übrigen könne der Wunsch der Kindesmutter, eine Ausbildung aufzunehmen, nicht dazu führen, dass der Nachzug der Klägerin erlaubt werde. Allein die familiäre Lebensgemeinschaft sei das geeignete und notwendige Mittel, die außergewöhnliche Härte zu vermeiden. Für den Erhalt dieser familiären Lebensgemeinschaft müssten nach Art und Schwere so erhebliche Schwierigkeiten drohen, dass die Versagung der Aufenthaltserlaubnis ausnahmsweise als unvertretbar anzusehen sei, wobei nicht nur eine besondere, sondern eine außergewöhnliche Härte vorausgesetzt werde. Aus den vorgelegten Attesten und geschilderten familiären Umständen sei nicht ersichtlich, dass der Tochter und den Enkelkindern allein durch den Zuzug und den Aufenthalt der Klägerin geholfen werden könne. Abgesehen davon, dass die Kindesmutter bisher auch ohne deren Unterstützung die Kinderbetreuung habe wahrnehmen können, obliege auch den jeweiligen Vätern eine Betreuungspflicht. Es könne nicht Aufgabe des Staates sein, ausländischen Staatsangehörigen die Einreise zu erlauben, nur weil sich ein Elternteil weigere oder nicht in der Lage sehe, sich um ein Kind zu kümmern. Schließlich seien auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG, insbesondere die Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nicht nachgewiesen.

8

Gegen den am 18. Juni 2010 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am Montag, den 19. Juli 2010 Klage erhoben, ohne diese zunächst weiter zu begründen. In der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter vorgetragen, dass sich die familiäre Situation im Vergleich zur Zeit der Antragstellung und des Verwaltungsverfahrens schon durch die jeweils dreimonatige Anwesenheit der Klägerin verbessert habe. Die Tochter mache mittlerweile eine Ausbildung als Zahnarzthelferin; ihr Ausbilder nehme auf die besondere familiäre Situation Rücksicht. Wenn die Klägerin nicht anwesend sei, müsse sie sich irgendwie behelfen und sei dann auch auf die Unterstützung durch Freunde angewiesen. Aktuelle Atteste oder Bescheinigungen über gesundheitliche bzw. familiäre Probleme seien nicht vorzulegen; auch von einem Einschreiten oder Tätigwerden des Jugendamtes sei nicht zu berichten. In rechtlicher Hinsicht wiederholt der Klägervertreter seinen bisherigen Vortrag und verweist ergänzend auf die Vorgaben aus Art. 4 der Familiennachzugsrichtlinie, von deren Schutzbereich auch Großeltern erfasst seien. Danach sei im Falle notwendiger Lebenshilfe ein Familiennachzug zu ermöglichen. Eine notwendige Lebenshilfe sei hier schon deshalb gegeben, weil die Tochter der Klägerin alleinerziehend sei und fünf minderjährige Kinder zu versorgen habe. Auf eine akute Kindeswohlgefährdung komme es unter diesen Umständen nicht an. Die Wertung der Richtlinie sei bei der Auslegung des Begriffs „außergewöhnliche Härte“ i.S.d. § 36 Abs. 2 AufenthG zu berücksichtigen.

9

Die Klägerin beantragt,

10

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2010 zu verpflichten, über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

11

Der Beklagte hat keinen eigenen Antrag gestellt und ist auch zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

12

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Klage ist unbegründet.

14

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung gemäß § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO, weil die Ablehnung der begehrten Aufenthaltserlaubnis rechtmäßig ist.

15

Die Klägerin stützt ihr Begehren ausdrücklich nur auf § 36 Abs. 2 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers zum Familiennachzug eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist.

16

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht ist der der mündlichen Verhandlung (BVerwG, Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17/08 - E 133, 329 ff. = NVwZ 2010, 262). Eine außergewöhnliche Härte i.S.d. § 36 Abs. 2 AufenthG ergibt sich danach nicht.

17

Zutreffend ist der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid davon ausgegangen, dass bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs der „außergewöhnlichen Härte“ vor allem die Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen sind, der Begriff aber zugleich eine Steigerung gegenüber der in § 31 Abs. 2 AufenthG geforderten „besonderen Härte“ enthält (vgl. nur OVG Saarland, Beschl. v. 23.07.2009 - 2 B 377/09 - in juris Rn. 6). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass es die familiäre Verbundenheit zwischen Eltern und erwachsenen Kindern von Verfassungs wegen nicht gebietet, einen Familiennachzug zu ermöglichen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese familiäre Gemeinschaft nicht nur als Begegnungsgemeinschaft geführt wird, sondern sich als Beistandsgemeinschaft darstellt. Die mit der Versagung der Aufenthaltserlaubnis eintretenden Schwierigkeiten für den Erhalt dieser Gemeinschaft müssten nach ihrer Art und Schwere so ungewöhnlich und groß sein, dass die Versagung der Aufenthaltserlaubnis als schlechthin unvertretbar anzusehen wäre. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der im Bundesgebiet oder der im Ausland lebende Familienangehörige ein eigenständiges Leben nicht führen kann, sondern auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe angewiesen ist und dass diese Hilfe in zumutbarer Weise nur im Bundesgebiet erbracht werden kann (OVG Saarland a.a.O., OVG Lüneburg, Beschl. v. 01.12.2010 - 8 ME 292/10 - im juris Rn. 10, beide mit zahlreichen w.N.).

18

Eine solche Situation lässt sich auf der Grundlage des aktuellen klägerischen Vorbringens nicht feststellen. Von den zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheides ausgehend, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 117 Abs. 5 VwGO verwiesen wird, haben sich an den tatsächlichen Verhältnissen keine entscheidungserheblichen Veränderung ergeben. Ganz im Gegenteil hat der Klägervertreter eingeräumt, dass sich die familiäre Situation weiter verbessert hat. Die Tochter der Klägerin ist offensichtlich ohne Inanspruchnahme staatlicher Hilfe in der Lage, eine Ausbildung zu absolvieren und die Betreuung ihrer Kinder auch dann sicherzustellen, wenn die Klägerin sich nicht besuchsweise in A-Stadt aufhält. Die Betreuungsleistung der Klägerin mag für die Bewältigung des Alltages durchaus hilfreich sein, führt aber nicht dazu, dass ihre Tochter ohne diese Hilfe ein eigenständiges Leben nicht führen könnte.

19

Aus dem klägerischen Hinweis auf Art. 4 Abs. 2a der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung - Familiennachzugsrichtlinie - (ABl. L 251 vom 03. Oktober 2003, S. 12 - 18) ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschrift sieht u.a. die Möglichkeit vor, dass die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften den Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades des Zusammenführenden oder seines Ehegatten die Einreise und den Aufenthalt gestatten, wenn Letztere für ihren Unterhalt aufkommen und Erstere in ihrem Herkunftsland keinerlei sonstige familiäre Bindungen mehr haben.

20

Es kann dahinstehen, ob diese Regelung mit § 36 Abs. 2 S. 1 AufenthG, der den Nachzug sonstiger Familienangehöriger und damit auch von Verwandten in gerader aufsteigender Linie nur bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte und nur nach Ermessen zulässt, hinreichend umgesetzt ist. Gegebenenfalls müsste § 36 Abs. 2 S. 1 AufenthG richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass der Nachzug von Eltern zu ihren ausländischen Kindern stets der Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte dient oder es müsste der Begriff der außergewöhnlichen Härte jedenfalls, wie der Klägervertreter meint, deutlich weiter definiert werden als bislang geschehen. Hiergegen scheinen allerdings bereits die der Richtlinie vorangestellten Erwägungen zu sprechen. Während die 9. Begründungserwägung ausführt, dass die Familienzusammenführung auf jeden Fall für die Mitglieder der Kernfamilie (Ehegatten und minderjährige Kinder) gelten soll, bleibt es nach der 10. Begründungserwägung Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie darüber hinaus auch die Familienzusammenführung von Verwandten in gerader aufsteigender Linie zulassen möchten. Bei dieser Formulierung erscheint zumindest zweifelhaft, dass die Richtlinienbestimmung auch für sonstige Familienangehörige verbindlich festlegt, dass der Familiennachzug ohne weitere tatbestandliche Voraussetzungen nach Ermessen zuzulassen ist (so aber Dienelt in Renner, AuslR, 9. Aufl. 2011, § 36 AufenthG, Rn. 22 f.; wie hier OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.01.2011 - OVG 2 S 100.10 - in juris Rn. 3).

21

Dessen ungeachtet lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin mit ihrem beabsichtigten Aufenthalt unter den nach Sinn und Zweck der Familiennachzugsrichtlinie zu ermittelnden Schutzbereich fällt und die dementsprechenden Anforderungen des Art. 4 Abs. 2a erfüllt. So ist schon nicht dargelegt, dass gerade die Tochter der Klägerin für deren Unterhalt aufkommen würde (losgelöst von der Frage, welche Anforderungen an die Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 S. 4 AufenthG im Falle des Familiennachzugs zu stellen sind). Vor allem aber darf die Klägerin in ihrem Herkunftsland keinerlei sonstige familiäre Bindungen mehr haben. Diese Voraussetzung entspricht der Zwecksetzung der Richtlinie, der es gemäß 3. und 4. Erwägungsgrund vor allem um eine einheitliche und gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen geht, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhalten. Um ihnen auch im Bereich des Familienlebens Rechte zuzuerkennen, die denen der Unionsbürger vergleichbar sind, soll eine energischere Integrationspolitik darauf ausgerichtet sein, die Familienzusammenführung als notwendige Voraussetzung für ein Familienleben und zur Schaffung soziokultureller Stabilität zu fördern. Dem Zweck der nationalen Familiennachzugsregeln entsprechend ist die Ermöglichung eines Familiennachzugs deshalb nur dann vorgesehen, wenn der nachzugswillige Ausländer als einziges Familienmitglied noch im Ausland lebt und hier einen dauerhaften Aufenthalt mit dem Ziel der Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft und Integration anstrebt.

22

Dass die Klägerin einen solchen Aufenthalt anstrebt, kann nicht angenommen werden. Sie ist laut Verwaltungsvorgang zwar ledig, trägt aber nicht vor, in ihrer Heimat keinerlei sonstige familiäre Bindungen mehr zu haben, weshalb sie hier wiederum zwecks Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft auf Dauer aufhältig sein wolle. Vielmehr strebt sie nach ihren eigenen Ausführungen gegenüber dem Beklagten einen Aufenthalt von fünf Jahren (so im Antrag vom 30.07.2009) bzw. einen nur vorübergehenden Aufenthalt an, der zwar zeitlich unbestimmt sei, aber nur dem Zweck dienen solle, die familiäre Situation wieder zu stabilisieren. Hieraus muss geschlossen werden, dass die Klägerin nach Stabilisierung der Familienverhältnisse wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren will und dass sie dort über eine ausreichende Lebensgrundlage und ausreichende familiäre Bindungen verfügt. Insofern kommt eine Berufung auf Art. 4 Abs. 2a der Familiennachzugsrichtlinie im vorliegenden Zusammenhang von vornherein nicht in Betracht; damit scheidet eine Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG ebenso wie nach allen anderen Regelungen des 6. Abschnitts - Aufenthalt aus familiären Gründen - schon mangels tatbestandlicher Voraussetzungen aus.

23

Ob die Klägerin über die Regelungen zum Aufenthalt aus familiären Gründen hinaus zu anderen Zwecken aufenthaltsberechtigt sein könnte, ist nicht Gegenstand des Verfahrens.

24

Auf die Frage der Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 2 Abs. 3 S. 4 AufenthG kommt es nach alledem nicht mehr an.

25

Da auch die übrigen Entscheidungen im angegriffenen Bescheid rechtlich nicht zu beanstanden sind, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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(2) Sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers kann zum Familiennachzug eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Auf volljährige Familienangehörige sind § 30 Abs. 3 und § 31, auf minderjährige Familienangehörige ist § 34 entsprechend anzuwenden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Den Eltern eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative, eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt, ist abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und § 29 Absatz 1 Nummer 2 eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält.

(2) Sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers kann zum Familiennachzug eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Auf volljährige Familienangehörige sind § 30 Abs. 3 und § 31, auf minderjährige Familienangehörige ist § 34 entsprechend anzuwenden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26.5.2009 – 10 L 364/09 - wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 21. April 2009 gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch Bescheid des Antragsgegners vom 20. April 2009 angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die 1940 in Tadschikistan geborene Antragstellerin ist israelische Staatsangehörige. Aus ihrer ersten Ehe ging ihr 1962 geborener Sohn V, dessen Vater deutscher Abstammung war, hervor, der seit Juni 1992 in Deutschland lebt und seit 1993 die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Aus ihrer zweiten, 1988 geschiedenen Ehe entstammt der 1977 geborene Sohn A, mit dem sie im Januar 1993 von Kasachstan nach Israel übersiedelte. Der Kontakt zu diesem brach im Oktober 2007 ab, nachdem er nach seiner Eheschließung mit seiner Ehefrau eine Zeitlang im Haushalt der Antragstellerin weiter gelebt hatte und wegen Streitigkeiten ausgezogen war. Am 29.9.2008 reiste sie ins Bundesgebiet ein und beantragte unter dem 13.10.2008 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu ihrem Sohn V, der unter dem 13.10.2008 eine Verpflichtungserklärung gemäß § 68 AufenthG abgab. Zur Begründung hat sie sich auf ihren schlechten Gesundheitszustand berufen, zu dessen Nachweis sie ärztliche Atteste vorgelegt hat. Der Antragsgegner hat ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter dem 20.4.2009 abgelehnt, die Antragstellerin unter dem 21.4.2009 hiergegen Widerspruch eingelegt. Das Verwaltungsgericht hat ihren Aussetzungsantrag zurückgewiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin richtet sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26.5.2009 – 10 L 364/09 -, durch den ihr Antrag, „den Antragsgegner zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen die Antragstellerin Abstand zu nehmen“, zurückgewiesen wurde. Nachdem die Antragstellerin der Auslegung dieses ausdrücklich mit „Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO“ überschriebenen Antrags als Aussetzungsantrag gemäß § 80 V VwGO durch das Verwaltungsgericht in der Beschwerde nicht entgegen getreten ist, ist - trotz des ohne „Überschrift“, aber ansonsten unverändert gestellten (Beschwerde-) Antrags – auch im Beschwerdeverfahren von einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ablehnenden Bescheid auszugehen.

Die Beschwerde ist begründet, da der angefochtene Bescheid nicht offensichtlich rechtmäßig, der Erfolg des Widerspruchs der Antragstellerin vielmehr als offen anzusehen ist. Bei dieser Sachlage ergibt die Abwägung der widerstreitenden Interessen vorliegend ein Überwiegen des privaten Interesses der Antragstellerin, von den kraft Gesetzes (vgl. § 84 I Nr. 1 AufenthG) festgelegten Folgen der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis vorläufig verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes.

Die Antragstellerin hat ihre Beschwerde im Wesentlichen damit begründet, dass das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht das Vorliegen einer „außergewöhnlichen Härte“ im Sinne des § 36 AufenthG verneint habe. Diese Härte sei dann anzunehmen, wenn im konkreten Einzelfall gewichtige Umstände vorlägen, die unter Berücksichtigung des Schutzgebotes des Art. 6 II und II GG und im Vergleich zu den übrigen geregelten Fällen des Familienachzugs ausnahmsweise die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geböten. Nach den vorl. Anwendungshinweisen zum AufenthG seien solche Umstände härtefallbegründend, aus denen sich ergebe, dass entweder der im Bundesgebiet lebende oder der nachzugswillige Familienangehörige auf die familiäre Lebenshilfe angewiesen sei, die sich nur im Bundesgebiet erbringen lasse (z.B. in Folge einer besonderen Betreuungsbedürftigkeit). Eine solche besondere Betreuungsbedürftigkeit habe die Antragstellerin durch Vorlage des fachärztlichen Attestes vom 19.3.2009 glaubhaft gemacht. Danach leide sie an einem schweren depressiven Syndrom, schwerer Antriebsstörung und ausgeprägter Somatisierung sowie enormem Gewichtsverlust bei Appetitlosigkeit. Eine schwere Depression sei eine ernsthafte Erkrankung, die den Betroffenen sehr große Schwierigkeiten bei der Meisterung alltäglicher Lebenssituationen bereite und häufig von Selbstmordgedanken begleitet sei. Eine Pflegebedürftigkeit aufgrund einer physischen Erkrankung liege zwar nicht vor, sei aber auch nicht erforderlich. Ausweislich des genannten Attestes sei die Antragstellerin wegen ihrer Depression u.a. aufgrund ihrer psychosozialen Vereinsamung in Israel auf die Betreuung ihres Sohnes angewiesen. Wichtig seien das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft, das gemeinsame Gespräch, die Motivierung durch ihren Sohn. Wenn sie allein leben müsste, würde ihr aufgrund der schweren Antriebsstörung gänzlich der Antrieb zu Aufstehen, Ankleiden, Essen, Körperpflege usw. fehlen. Der Antragsgegner habe selbst offenbar keine Zweifel an den vom Arzt getroffenen Feststellungen, da er nur darauf verweise, dass kein besonderer Betreuungs- oder Pflegebedarf ersichtlich sei und die Antragstellerin, die sich als „rüstig“ genug erwiesen habe, die Flugreise von Israel nach Deutschland auf sich zu nehmen, sich in Israel an Einrichtungen für ältere Menschen, Betreuungs- und Pflegestellen verweisen lassen müsse. Der Sohn in Israel sei nicht bereit, die notwendige Lebenshilfe in häuslicher Gemeinschaft für sie zu erbringen, wie der im Bundesgebiet lebende Sohn auch an Eides statt versichert habe. Der Kontakt zwischen beiden sei seit 2007 abgebrochen, was auch vom Antragsgegner nicht ernsthaft in Frage gestellt werde. Eine Bereitschaft zur Sorge dürfe nicht einfach unterstellt werden. Die Antragstellerin müsse sich auch keinesfalls auf Pflegeleistungen durch Dritte verweisen lassen. Zweifelhaft sei die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses ferner insoweit, als das Gericht den Bescheid des Antragsgegners auch im Hinblick auf § 25 V AufenthG für rechtmäßig halte, obwohl dieser tatsächlich ermessensfehlerhaft sei. Der Antragsgegner habe es rechtsfehlerhaft abgelehnt, einen Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen Vorliegens eines Ausreisehindernisses gemäß §§ 60a II, 25 V AufenthG i.V.m. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK zu prüfen. Zur Prüfung, ob ein Abschiebungshindernis vorliege, sei er aber in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen verpflichtet. Eine Duldung könne gemäß § 60a II AufenthG erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erforderten. Aus dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 4.5.2009 ergebe sich, dass dieser rechtsfehlerhaft die Prüfung eines Abschiebeverbotes für gesetzlich nicht zulässig erachte. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V AufenthG scheide aber keineswegs aus „systematischen Gründen“ aus. Vielmehr ergebe sich aus der vom Antragsgegner zitierten Entscheidung des VGH Baden-Württemberg, dass vor der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht zu prüfen sei, ob der Schutz des Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK eine Bleiberecht gebiete; § 25 AufenthG sei nicht gesperrt, sondern ergänzend zu § 36 AufenthG anwendbar. Die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung, dass der Antragsgegner zu Recht darauf hinweise, dass § 25 AufenthG ausscheide, weil die Antragstellerin an der Ausreise weder rechtlich noch tatsächlich gehindert sei sei unzutreffend, da der Antragsgegner einen entsprechenden feststellenden Hinweis nicht gegeben habe. Im Falle einer sachgerechten und ermessensfehlerfreien Entscheidung wäre berücksichtigt worden, dass sich ein solches Abschiebungsverbot bzw. ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung auch aus den Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern aus humanitären Gründen ergeben könne. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass der Lebensunterhalt der Antragstellerin durch den im Bundesgebiet lebenden Sohn sichergestellt sei und Krankenversicherungsschutz bestehe.

Zutreffende Rechtsgrundlage für die von der Antragstellerin zum Nachzug zu ihrem in Deutschland lebenden Sohn mit Blick auf ihre Erkrankung begehrte Aufenthaltserlaubnis ist der über § 28 IV AufenthG anwendbare § 36 II 1 AufenthG. Danach steht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug „sonstiger Familienangehöriger“, wozu auch die Eltern Volljähriger zählen, im pflichtgemäßen Ermessen („kann“) der Ausländerbehörde, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Ob die Versagung der Aufenthaltserlaubnis durch den angefochtenen Bescheid vorliegend eine derartige außergewöhnliche Härte bedeutet, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Zunächst ist festzustellen, dass das Tatbestandsmerkmal der „außergewöhnlichen Härte“ sich nicht nur von der „Härte“ schlechthin deutlich abhebt, sondern auch eine Steigerung gegenüber der in § 31 II AufenthG geforderten „besonderen Härte“ bedeutet. Bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs der außergewöhnlichen Härte ist Art. 6 I GG zu berücksichtigen, wobei die Reichweite der Schutzwirkungen dieser Grundrechtsnorm durch das Gewicht der familiären Bindungen beeinflusst wird. Danach ist die familiäre Verbundenheit zwischen Eltern und erwachsenen Kindern regelmäßig nicht derart, dass von Verfassungs wegen die Ermöglichung des Familiennachzugs geboten wäre. Etwas anderes gilt daher nur, wenn die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen angewiesen ist und sich diese Hilfe ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt. (Hailbronner, Ausländerrecht, - Stand: April 2008 -, § 36 Rdnr. 13, m.w.N.) Die mit der Versagung der Aufenthaltserlaubnis eintretenden Schwierigkeiten für den Erhalt der Familiengemeinschaft müssen folglich nach ihrer Art und Schwere so ungewöhnlich und groß sein, dass im Hinblick auf den Zweck der Nachzugsvorschriften, die Herstellung und Wahrung der Familieneinheit zu schützen, die Ablehnung der Erlaubnis schlechthin unvertretbar ist. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der Hilfebedürftige allein ein eigenständiges Leben nicht führen kann, sondern auf die Gewährung von familiärer Lebenshilfe angewiesen ist und dass diese Hilfe zumutbarerweise nur im Bundesgebiet erbracht werden kann. (BVerwG, Beschluss vom 25.6.1997 – 1 B 236/96 -, EzAR 020 Nr. 7 m.w.N.) Im Verhältnis von Eltern und Kindern ist zudem zu berücksichtigen, dass sie bereits von Gesetzes wegen einander Beistand und Rücksicht gemäß § 1618a BGB schuldig sind. Da die Lebenshilfe Ausfluss der familiären Beistandsgemeinschaft ist, kommt es nicht darauf an, dass die Hilfe im Herkunftsland auch von familienfremden Personen erbracht werden kann. (Vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 1.8.1996 – 2 BvR 1119/96 -, InfAuslR 1996, 341; Huber/ Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl. 2008, Rdnr. 829) Eine Bevorzugung deutscher Staatsangehöriger ist weder im Gesetz angelegt, wie der Verweis in § 28 IV AufenthG auf § 36 AufenthG zeigt, noch vom Gesetzgeber gewollt. (Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucksache 15/420 vom 7.3.2003, S. 81, zu § 28 Abs. 4 und S.84, zu § 36, der § 36 Abs. 2 in der aktuellen Fassung entspricht)

Nach dem angefochtenen Bescheid vom 20.4.2009 geht der Antragsgegner davon aus, dass die Antragstellerin, die nach dem Abbruch des Kontaktes durch ihren jüngeren Sohn - und dessen Ehefrau – bis zu ihrer Ausreise aus Israel allein lebte, auch weiterhin ein eigenständiges Leben zu führen in der Lage ist. Dazu stützt er sich der Sache nach auf die seinerzeitige Reisefähigkeit der Antragstellerin („rüstig genug“), vermutet keine gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes seitdem und verweist sinngemäß darauf, dass die vorgelegten Atteste keinen besonderen Betreuungs- oder Pflegebedarf auswiesen. Eine Auseinandersetzung mit dem attestierten Krankheitsbild ist in dem Bescheid jedoch nicht erfolgt.

Im noch relativ zeitnah zur Einreise erstellten Attest des Dr. R und Kollegen vom 11.12.2008, bestätigt durch weiteres Attest vom 2.3.2009, sind die physischen Leiden der Antragstellerin dargestellt, aber auch die psychische Erkrankung, aus der sie selbst die erforderliche Lebenshilfe ableitet. Danach stehe „medizinisch gesehen zur Zeit eine deutliche depressive Erkrankung mit psychovegetativen Beschwerden, die durch die Lebensgeschichte begreiflich“ erschienen, im Vordergrund. Unter dem 19.3.2009 bescheinigt der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Schlafmedizin Dr. K insbesondere ein schweres depressives Syndrom, eine schwere Antriebsstörung, eine ausgeprägte Somatisierung sowie einen enormen Gewichtsverlust. Er führt aus, dass die Genese der Depression reaktiv bei psychosozialer Vereinsamung in Israel sei.; dort sei der Beginn der Depression gewesen, in der Vorgeschichte sei die Antragstellerin eher eine depressive Persönlichkeit mit Neigung zur Somatisierung gewesen. Nach anfänglicher Besserung – in Deutschland – sei es durch die ungeklärte Situation hinsichtlich der Aufenthaltserlaubnis zu einer sekundären Verschlechterung mit erneuter Verschlechterung der Depression und stärkerer Somatisierung mit ausgeprägter Angst und ausgeprägtem Gewichtsverlust gekommen. Bei Rückkehr nach Israel sei mit einer weiteren Verschlechterung oder Chronifizierung der Depression zu rechnen, unabhängig von einer guten medizinischen oder psychotherapeutischen Versorgung. Die Antragstellerin sei in dem jetzigen Zustand aufgrund der schweren Depression pflegebedürftig.

Nach diesem letztgenannten fachärztlichen Attest, das die Diagnose „schwere Depression“ mit „schwerer Antriebsstörung“ in den Vordergrund stellt, kann jedenfalls nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin derzeit in der Lage ist, ein eigenständiges Leben zu führen. Dazu, ob die Antragstellerin bei ihrer Einreise dazu noch in der Lage gewesen ist, äußert sich kein Gutachter; hierauf kommt es im gegebenen Zusammenhang aber auch nicht an. Da die begehrte Aufenthaltserlaubnis nach § 36 II 1 AufenthG eine familiäre Notlage beseitigen soll, ist es entgegen der vom Antragsgegner erstinstanzlich vertretenen Ansicht (Schriftsatz vom 22.5.2009, Bl. 34 Gerichtsakte) nicht maßgeblich, ob diese Notlage bereits bei der – hier gemäß § 41 AufenthV visafreien - Einreise bestanden hat, sondern entscheidend ist vielmehr, ob sie im maßgeblichen Zeitpunkt der – abschließenden behördlichen bzw. ggf. gerichtlichen – Entscheidung über den Antrag bzw. ggf. die Verpflichtungsklage vorliegt. Allerdings ergibt sich aus keinem der vorliegenden Atteste, wie sich die attestierte schwere Depression der Antragstellerin mit schwerer Antriebsstörung im Alltag auswirkt und welche Art von Hilfe sie benötigt. Die Bestätigung einer „Pflegebedürftigkeit“ als solche ist indes nicht aussagekräftig. Allerdings hat die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung insoweit ausgeführt, sie sei wegen ihrer Depression auf die Betreuung durch ihren Sohn angewiesen, wobei die häusliche Gemeinschaft, das gemeinsame Gespräch und die Motivierung durch ihren Sohn wichtig seien. Wenn sie allein leben müsste, würde ihr aufgrund der schweren Antriebsstörung der Antrieb u.a. zu Aufstehen, Ankleiden, Essen und Körperpflege fehlen. Von dieser Einschätzung der Antragstellerin ausgehend bedarf es der Klärung, ob und inwieweit ihr Krankheitsbild über die von Einsamkeit geprägte Befindlichkeit eines allein lebenden, isolierten Menschen mit weit entfernt wohnenden Angehörigen, der die Bewältigung des Alltags aus seiner depressiven Stimmung heraus eher nachlässig angeht, hinausgeht. Denn solange hierauf noch mit vielfältig möglichen ergänzenden Unterstützungsmaßnahmen (u.a. Briefe, Telefonanrufe, gelegentliche Besuche von Angehörigen und/ oder Bekannten, Hinzuziehung örtlicher sozialer und medizinischer Einrichtungen) ausreichend reagiert werden kann, ist noch kein Nachzug wegen außergewöhnlicher Härte im Sinne des § 36 AufenthG gerechtfertigt. Es sind daher die Auswirkungen der Erkrankung der Antragstellerin, die konkret erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen sowie die Folgen bei deren Unterlassung vorliegend zu klären, um beurteilen zu können, ob der Antragstellerin tatsächlich aufgrund ihres Gesundheitszustands kein eigenständiges Leben allein in Israel möglich wäre.

Sofern sich ergeben sollte, dass die Antragstellerin auch mit zumutbarer ergänzender Unterstützung von Hilfsdiensten wegen der Besonderheit ihrer Erkrankung nicht mehr allein leben kann, könnte sie aus jetziger Sicht nicht auf die Unterstützung durch ihren jüngeren Sohn verwiesen werden. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass sie in ihrem Herkunftsland Israel ohne familiäre Unterstützung und isoliert sei. Dazu hat sie darauf hingewiesen, dass sie mit ihrem jüngeren Sohn - und nach dessen Eheschließung auch mit dessen Ehefrau zunächst - in Israel in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe, bis Auseinandersetzungen im Jahre 2007 zum Auszug des Paares geführt hätten. Seitdem lehne dieser Sohn jeglichen Kontakt mit ihr ab. Dies wird durch die eidesstattliche Versicherung ihres im Bundesgebiet lebenden Sohnes vom 12.5.2009 bestätigt, der zudem angegeben hat, dass auch sein eigenes Bemühen, bei einem Besuch in Israel mit seinem Halbbruder Kontakt aufzunehmen, gescheitert sei; einer Versöhnung stehe dessen Ehefrau entgegen. Angesichts dieser Erklärung kann entgegen der Ansicht des Antragsgegners im angefochtenen Bescheid nicht angenommen werden, der jüngere Sohn werde sich bei Rückkehr der Antragstellerin in Israel künftig auch nur im geringsten - und erst recht nicht im erforderlichen - Maße um sie kümmern.

Da der im Bundesgebiet lebende berufstätige Sohn aufnahmebereit und zur Fürsorge bereit ist sowie die entsprechenden Erklärungen einschließlich der Verpflichtungserklärung gemäß § 68 AufenthG abgegeben hat, bliebe allerdings noch zu klären, ob er mit seiner eigenen Familie in der Lage ist, seiner Mutter in der häuslichen Gemeinschaft auf Dauer die erforderliche Betreuung zukommen zu lassen.

Ob die Erteilung der von der Antragstellerin begehrten Aufenthaltserlaubnis für ihren Nachzug tatsächlich erforderlich ist, um eine außergewöhnliche Härte zu vermeiden, die Versagung also unvertretbar ist, ist somit nach den vorgelegten Unterlagen nicht feststellbar, aber auch keineswegs auszuschließen.

Angesichts der offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragstellerin war deren privates Interesse am vorläufigen weiteren Verbleib im Bundesgebiet gegen das gegenläufige staatliche, in der gesetzlichen Wertung des § 84 I AufenthG zum Ausdruck kommende Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids abzuwägen. Dabei erscheint die Zurückstellung des staatlichen Interesses durch die Aussetzung des Sofortvollzugs gerechtfertigt, da der Aufenthalt der Antragstellerin im Bundesgebiet die noch erforderliche Sachverhaltsklärung erleichtert und ihr Sohn entsprechend seiner schon unter dem 13.10.2008 abgegebenen Verpflichtungserklärung offensichtlich für ihren Lebensunterhalt einschließlich Kranken- und Pflegeversicherung aufkommt, so dass sie der Allgemeinheit für die Zeit bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Aufenthaltserlaubnis nicht zur Last fällt.

Die Beschwerde musste daher Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 I VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 II, 47, 53 III, 52 II GKG, wobei die Halbierung des Regelstreitwertes für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren der Senatsrechtsprechung entspricht.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Den Eltern eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative, eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt, ist abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und § 29 Absatz 1 Nummer 2 eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält.

(2) Sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers kann zum Familiennachzug eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Auf volljährige Familienangehörige sind § 30 Abs. 3 und § 31, auf minderjährige Familienangehörige ist § 34 entsprechend anzuwenden.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.