Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 12. Juli 2017 - 8 A 190/15

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:0712.8A190.15.00
bei uns veröffentlicht am12.07.2017

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben und soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 93% und der Beklagte zu 7%.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Beklagten.

2

Der Beklagte erließ unter dem 27.08.2015 die im vorliegenden Verfahren streitbefangene Pfändungs- und Überweisungsverfügung (vgl. Bl. 17 ff Beiakte A, die Ausfertigung für den Drittschuldner datiert vom 27.07.2015, vgl. Bl. 5 ff Beiakte A). Der Pfändungs- und Überweisungsverfügung liegen Verwaltungsgebühren, Mahngebühren, Versäumniszuschläge, Vollstreckungsgebühren und Vollstreckungsauslagen zugrunde. Wegen der Einzelheiten wird auf die Forderungsaufstellung (Bl. 18 ff Beiakte A) Bezug genommen.

3

Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 05.10.2015 Widerspruch, zu dessen Begründung er unter anderem geltend machte, dass die Kostenbescheide des Fachdienstes Bau, Naturschutz- und Regionalentwicklung weder fällig noch vollstreckbar seien. Die Festsetzungen von Widerspruchsgebühren vom 26. und 27.05.2014 seien unwirksam, da er insoweit überhaupt kein Widerspruch eingelegt habe. Hinsichtlich der Mahngebühren, Versäumniszuschläge und Vollstreckungsgebühren sei aus der Verfügung nicht ersichtlich, worauf diese sich beziehen sollten bzw. auf Basis welcher Rechtsgrundlagen sie erhoben werden sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruch (Bl. 27 ff Beiakte A) Bezug genommen.

4

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2015 (Bl. 33 ff Beiakte A) als unbegründet zurückgewiesen. Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit der Baugebühren bzw. der damit verbundenen Widerspruchsgebühren wurde ausgeführt, dass diese dem Anwendungsbereich des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO unterfielen. Die Widerspruchsbescheide hinsichtlich der Mahnungen bzw. Festsetzung von Mahngebühren seien nicht angefochten worden und daher bestandskräftig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Widerspruchsbegründung (Bl. 33 ff Beiakte A) Bezug genommen.

5

Der Kläger hat gegen den am 22.10.2015 zugestellten Widerspruchsbescheid am 23.11.2015 (einen Montag) Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

6

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Pfändungs- und Überweisungsverfügung hinsichtlich der Vollstreckungsgebühren in Höhe von insgesamt 87,50 € (20,00€ + 31,00€ + 36,50€, vgl. Bl. 20 Beiakte A) aufgehoben. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Weiterhin hat der Kläger die Klage hinsichtlich der Baugebühren bzw. Widerspruchsgebühren in Höhe von 225,00€, 112,00€, 300,00€, 150,00€ und 28,00€ (vgl. Bl. 18 ff Beiakte A) in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

7

Er beantragt,

8

den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 27.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2015 in verbleibenden Umfang aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A und B) Bezug genommen.

12

Der Rechtsstreit ist mit Beschluss der Kammer vom 21.06.2016 dem Berichterstatter als Einzelrichter zu Entscheidung übertragen worden.

Entscheidungsgründe

13

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben und soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 VwGO (in unmittelbarer bzw. analoge Anwendung) mit der Kostenfolge aus §§ 161 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO einzustellen.

14

Im aufrechterhaltenen Umfang ist die zulässige Anfechtungsklage unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

15

Der angefochtene Bescheid vom 27.08.2015 findet seine Rechtsgrundlage in § 300 LVwG. Er genügt den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten (§ 108 Abs. 1 LVwG). Aus Gründen des Schutzes des Vollstreckungsschuldners und der Rechtssicherheit muss der Schuldner anhand der Angaben in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung erkennen können, welche Forderungen aus welchen Verwaltungsakten (bzw. welche Nebenforderung) gegen ihn vollstreckt wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss demzufolge klarstellen auf welchen Bescheid bzw. welchen Bescheiden die Festsetzung der Abgabe beruht und um welche Art von Abgabe es sich handelt (vgl. Beschluss des Schleswig- Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 23.03.2017, 4 B 38/17, zitiert nach Juris). Den vorgenannten Anforderung genügt der angefochtene Bescheid vom 27.08.2015 i.V.m. den Widerspruchsbescheid vom 21.10.2015. Soweit die Verfügung Verwaltungsgebühren, Widerspruchsgebühren und Mahngebühren betrifft, waren die zugrundeliegenden Verwaltungsakte dem Kläger aus den vorangegangenen Verwaltungsverfahren bekannt. Die entsprechenden Bescheide sind ihm unstreitig zugegangen und wirksam geworden. Soweit wird ergänzend auf dem vom Beklagten nachträglich übersandten Verwaltungsvorgang (Beiakte A) verwiesen. Die festgesetzten Säumniszuschläge beziehen sich auf die Verwaltungsgebühren für die Baustilllegung (i.H.v. 225€) den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid (i.H.v. 112€) den Ablehnungsantrag vom 10.04.2013 (i.H.v. 100€) und die Beseitigungsanordnung im Bescheid vom 05.08.2013 (i.H.v. 300€). Der Beklagte hat diese Säumniszuschläge ergänzend in seinem Schreiben vom 20.06.2017 (Anlage 2, vgl. Bl. 117 Gerichtsakte) zusammenfassend dargestellt. Fehler hinsichtlich der konkreten Berechnung sind weder geltend gemacht worden noch für das Gericht ersichtlich.

16

Soweit der Kläger insoweit geltend macht, dass die entsprechenden Gebührenbescheide noch nicht vollziehbar waren, folgt das erkennende Gericht dieser Auffassung nicht. Die sofortige Vollziehbarkeit gem. § 80 Abs. 2 Nr.1 VwGO erfasst nicht nur selbstständige, sondern auch mit der Sachentscheidung verbundene unselbstständige Kostenanforderungen unabhängig davon, ob einem Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung aufschiebende Wirkung zukommt oder nicht. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 VwGO, der die Anforderung von öffentlichen Abgaben insgesamt - und damit auch von allen Gebühren, die per Definition dem Abgabenbegriff unterfallen - erfasst. Hätte der Gesetzgeber insoweit eine Einschränkung gewollt, hätte er dies klargestellt. Auch aus der Regelung des § 22 Abs. 1 HS 2 VwKostG lässt sich nichts anderes herleiten. Aus der damit angesprochenen Verknüpfung der Kostenentscheidung mit dem rechtlichen Schicksal der Sachentscheidung lässt sich nicht auf eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO schließen. Die gesetzliche Regelung, wonach ein Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung auch die Kostenentscheidung erfasst, sagt als solche über dem mit dem Rechtsbehelf verbundene Wirkung nichts aus (ebenso OVG Koblenz, Beschluss vom 25.06.2003 – 12 B 10792/03, NVwZ - RR 2004 157; OVG Weimar, Beschluss vom 18.11.2003 – 3 EO 381/02, NVwZ - RR 2004, 393).

17

Soweit der Beklagte hinsichtlich der Säumniszuschläge im Widerspruchsbescheid irrtümlich eine falsche Rechtsgrundlage (§ 240 AO) angegeben hat, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide. Der Erhebung von Säumniszuschlägen ist auf § 18 Abs. 1 VwKostG zu stützen. Die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage berührt nicht die Rechtmäßigkeit des Bescheides. Insbesondere kann dies nicht die Bedeutung eines Ermessensfehlers haben, da § 18 Abs. 1 VwKostG keine Ermessensnorm darstellt, sondern mit dem Wort „kann“ lediglich eine Befugnis der Behörde begründet.

18

Entgegen der Auffassung des Klägers sind auch die Bescheide mit welchen Widerspruchsgebühren für die Entscheidung über Widersprüche gegen Mahngebühren festgesetzt worden sind, jedenfalls nicht unwirksam. Insoweit folgt das erkennende Gericht der Ausführung des Beklagten in der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2015. Da die Bescheide nicht angefochten worden sind, sind sie bestandskräftig geworden.

19

Hinsichtlich der Auflagen für die Vollstreckung i.H.v. 3,09€ findet der angefochtene Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 27.08.2015 seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Nr. 1 VVKVO.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 161 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 12. Juli 2017 - 8 A 190/15 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Abgabenordnung - AO 1977 | § 240 Säumniszuschläge


(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten d

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 23. März 2017 - 4 B 38/17

bei uns veröffentlicht am 23.03.2017

Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 08.02.2017 wird angeordnet. 2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigela

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 08.02.2017 wird angeordnet.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig

3. Der Streitwert wird auf 70,26 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen durch den Antragsgegner. Die Antragstellerin ist seit Februar 1991 unter der Teilnehmernummer … bei dem Beigeladenen als Rundfunkteilnehmerin unter der rubrizierten Anschrift gemeldet.

2

Mit Bescheid vom 04.07.2014 setzte der Beigeladene Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01.10.2013 bis 31.03.2014 in Höhe von 107,88 € und einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,- € fest. Mit Bescheid vom 01.04.2015 setzte der Beigeladene Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01.04.2014 bis 30.06.2014 in Höhe von 53,94 € und einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,- € fest.

3

Mit Schreiben vom 31.07.2014 und 30.04.2015 legte die Antragstellerin gegen die Bescheide vom 04.07.2014 und 01.04.2015 Widerspruch ein. Der Beigeladene wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2015 zurück.

4

Mit Bescheid vom 04.03.2016 setzte der Beigeladene Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01.07.2014 bis 31.12.2015 in Höhe von 319,32 € und einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,- € fest. Mit Schreiben vom 16.03.2016 legte die Antragstellerin gegen den Festsetzungsbescheid Widerspruch ein. Diesen wies der Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2016 zurück.

5

Mit Schreiben vom 01.08.2016 richtete der Beigeladene ein Vollstreckungsersuchen an den Antragsgegner mit der Bitte, gegen die Antragstellerin die Zwangsvollstreckung für rückständige Rundfunkgebühren/Rundfunkbeiträge, Säumniszuschläge und Nebenforderungen in Höhe von insgesamt 417,87 € durchzuführen. Ausweislich des Schreibens des Beigeladenen seien die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung erfüllt. Die Festsetzungsbescheide seien unanfechtbar geworden bzw. ein Rechtsbehelf habe keine aufschiebende Wirkung. Als Anlage war dem Vollstreckungsersuchen folgende Aufstellung über die rückständigen Forderungen beigefügt (vgl. Bl. 1 Beiakte A):

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6

Mit Schreiben vom 12.08.2016 teilte der Beigeladene dem Antragsgegner mit, dass sich der beizutreibende Betrag durch eine an ihn geleistete Zahlung um 226,36 € gemindert habe und ein Restbetrag in Höhe von 191,51 € verbleibe.

7

Unter dem 29.08.2016 kündigte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin die Vollstreckung wegen der Forderung des Beigeladenen an. Die Vollstreckungsankündigung enthielt folgende Aufstellung:

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8

Mit Schreiben vom 12.08.2016 teilte der Beigeladene dem Antragsgegner mit, dass sich der beizutreibende Betrag durch eine weitere an ihn geleistete Zahlung gemindert habe und ein Restbetrag in Höhe von 97,51 € verbleibe.

9

Mit Pfändungsauftrag vom 15.09.2016 wurde der Vollstreckungsbeamte des Antragsgegners angewiesen, wegen der Rückstände der Antragstellerin die Pfändung beweglicher Sachen vorzunehmen. Der Pfändungsauftrag enthielt die Angabe, dass Rundfunkbeiträge in Höhe von 191,51 € sowie bisherige Vollstreckungskosten in Höhe von 23,- € (gesamt 214,51 €) zu leisten seien. Von diesem Gesamtbetrag wurde handschriftlich ein Betrag von 94,- € abgezogen. Der Vollstreckungsbeamte vermerkte auf dem Antrag, dass er den Pflichtigen am 10.01.2017 nicht angetroffen habe (Bl. 6 Beiakte A).

10

Unter dem 26.01.2017 erließ der Antragsgegner gegenüber der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung. In dieser war angegeben, dass die Antragstellerin dem Beigeladenen folgende Beträge schuldet:

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11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Pfändungs- und Überweisungsverfügung Bezug genommen (Bl. 11 ff. Beiakte A).

12

Ebenfalls unter dem 26.01.2017 erließ der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung. In dieser ist die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg als Drittschuldner und der Beigeladene als Gläubiger angegeben. Die zu vollstreckende Forderung wurde wie folgt bezeichnet (vgl. Bl. 7 der Gerichtsakte):

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13

Mit Schriftsatz vom 31.01.2017 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung ein führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass diese nicht hinreichend bestimmt sei. Es fehle die Angabe des zu vollstreckenden Leistungsbescheides.

14

Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2017 zurück. Sowohl in der Vollstreckungsankündigung vom 29.08.2016 als auch in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 26.01.2017 sei die Forderung eindeutig bezeichnet worden. Der Vollstreckung seien auch diverse Bescheide und Mahnungen des Beigeladenen vorausgegangen.

15

Die Antragstellerin hat am 20.02.2017 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Sie ist der Ansicht, dass die Pfändungs- und Überweisungsverfügung gegen § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG verstoße. Der Antragsgegner hätte vor Beginn der Vollstreckung prüfen müssen, ob ein entsprechender Leistungsbescheid vorliegt. Aus der Nichtangabe eines Leistungsbescheides in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung folge, dass es einen solchen nicht gebe. Zudem liege ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot vor. Zur inhaltlichen Bestimmtheit einer Pfändungsverfügung gehöre, dass in ihr der zu vollstreckende Leistungsbescheid angegeben wird.

16

Die Antragstellerin beantragt,

17

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 31.01.2017 gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Antragsgegners vom 26.01.2017 wegen eines Betrages in Höhe von insgesamt 140,51 € an die Kreissparkasse Herzogtum- Lauenburg als Drittschuldner anzuordnen.

18

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 01.03.2017 vorgetragen, dass in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung genau bezeichnet worden sei, um welche Forderung für welchen Zeitraum und welchen Gläubiger es sich handelt. Es sei unschädlich, dass das Datum des Leistungsbescheides des Beigeladenen nicht explizit aufgeführt wurde. Die Antragstellerin hätte nicht mehrere Zahlungen geleistet, wenn sie die Leistungsbescheide nicht gekannt hätte.

19

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und mit Schriftsatz vom 03.03.2017 vorgetragen, dass der Antrag unzulässig sei, da die Antragstellerin gegen die benannten Widerspruchsbescheide keine Rechtsmittel eingelegt habe und diese bestandskräftig geworden seien.

II.

20

Der Antrag ist zulässig, er ist insbesondere statthaft. Das Gericht kann gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise wieder anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Antragsgegners entfalten gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 322 Abs. 1, § 248 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (LVwG) keine aufschiebende Wirkung. Bei dem Erlass der Pfändungs- und Überweisungsverfügung handelt es sich um eine Maßnahme der Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen gem. §§ 262 ff. LVwG. Die Pfändung einer Geldforderung erfolgt gem. § 300 LVwG durch den Erlass einer Pfändungsverfügung.

21

Der Antrag der Antragstellerin war nach verständiger Würdigung ihres Begehrens gem. §§ 122 Satz 1, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie die aufschiebende Wirkung einer noch zu erheben Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 08.02.2017 begehrt. Durch den Erlass des Widerspruchsbescheides kann die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht mehr angeordnet werden. Insoweit ist es gem. § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO unschädlich, dass die Klägerin noch keine Klage erhoben hat. Danach kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung schon vor Erhebung der Anfechtungsklage gestellt werden.

22

Der Antragstellerin fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin steht insbesondere nicht entgegen, dass sie gegen die streitgegenständlichen Festsetzungs- und Widerspruchsbescheide keine Klage erhoben hat und diese somit bestandskräftig geworden sind. Bei der Pfändungs- und Überweisungsverfügung handelt es sich um einen eigenständig überprüfbaren und anfechtbaren Verwaltungsakt, der lediglich in dem Sinne im Zusammenhang mit den Festsetzungsbescheiden steht, als deren Vorliegen eine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist. Für Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung bestehen jedoch weitere formelle und materielle Anforderungen, deren Vorliegen mit den entsprechenden Rechtsbehelfen überprüfbar ist.

23

Der Antragstellerin fehlt auch nicht deshalb das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für ihren Antrag, weil bislang gegen den am 09.02.2017 mit Zustellungsurkunde zugestellten Widerspruchsbescheid vom 08.02.2017 bei dem erkennenden Gericht keine Klage erhoben wurde. Unabhängig von der Beurteilung des von den Beteiligten aufgeworfenen Problems, ob der Antragsgegner auch die zuständige Widerspruchsbehörde gem. § 73 Abs. 1 VwGO ist, wäre eine eventuelle Klage gegen den Widerspruchsbescheid derzeit nicht verfristet. Die Klagefrist würde – entgegen dem in § 74 Abs. 1 VwGO normierten Grundsatz der Monatsfrist – gem. § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr betragen. Die im Widerspruchsbescheid vorhandene Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO. In der Belehrung fehlt der Hinweis auf die Möglichkeit, eine Klage bei dem erkennenden Gericht auch im Wege der elektronischen Kommunikation einzulegen. Der bloße Verweis auf die Möglichkeit, den Rechtsbehelf schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben, ist in diesem Falle nicht ausreichend, weil sie geeignet ist, bei dem Betroffenen den Eindruck zu erwecken, trotz Eröffnung des Zugangs für die Übermittlung elektronischer Dokumente sei die Einlegung auf diesem Wege nicht zulässig (vgl. eingehend und m.w.N. VG Schleswig, Urt. v. 05.11.2015 – 1 A 24/15 – juris, dieser Entscheidung folgend VG Schleswig, Urt. v. 12.01.2017 – 4 A 157/15 – n.v.).

24

Die aufgeworfene Frage, ob der Antragsgegner für den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2017 gem. § 73 Abs. 1 VwGO sachlich zuständig gewesen ist, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich und bedarf daher keiner Erörterung. Eine Verletzung der gesetzlichen Vorgaben für die sachliche Zuständigkeit würde jedenfalls nicht zur Nichtigkeit des Widerspruchsbescheides gem. § 113 LVwG führen.

25

Der Antrag ist begründet. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bzw. einer Anfechtungsklage anordnen, wenn das Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Nichtvollzug des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsaktes, hier der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 26.01.2017, überwiegt. Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung hat sich an den voraussichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu orientieren.

26

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegt das Interesse der Antragstellerin an dem Nichtvollzug der Pfändungs- und Überweisungsverfügung das behördliche Vollzugsinteresse. Nach der gebotenen summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 26.01.2017.

27

Rechtsgrundlage für die Vollstreckung der vom Beigeladenen festgesetzten Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge sind §§ 262 ff., 300 LVwG.

28

Die in § 269 Abs. 1 LVwG normierten Voraussetzungen für den Beginn der Vollstreckung sind (überwiegend) erfüllt. § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG bestimmt, dass die Vollstreckung erst dann beginnen darf, nachdem ein Verwaltungsakt vorliegt, durch den die Schuldnerin oder der Schuldner zur Leistung aufgefordert wird (Leistungsbescheid).

29

Die Antragstellerin wurde vom Beigeladenen durch den Erlass der Bescheide vom 04.07.2014, 01.04.2015 und 04.03.2016 aufgefordert, die dort festgesetzten Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge zu zahlen. Hierbei handelt es sich um Leistungsbescheide im Sinne von § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG.

30

Ein Verstoß gegen § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG liegt nicht deshalb vor, weil der Antragsgegner nicht selbst über die benannten Leistungsbescheide verfügte und sich von deren Vollstreckbarkeit überzeugt hat. § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG verlangt lediglich, dass die der Vollstreckung zugrunde liegende Leistungsbescheide überhaupt vorliegen. Der Antragsgegner war daher grundsätzlich nicht verpflichtet, die Angaben des Beigeladenen über das Bestehen der Bescheide und deren Vollstreckbarkeit zu überprüfen. Sollte sich im Laufe des Vollstreckungsverfahrens jedoch herausstellen, dass die zu vollstreckenden Bescheide nicht existieren oder nicht wirksam geworden sind bzw. nicht vollstreckbar sind, ginge dies zu Lasten der Vollstreckungsbehörde.

31

Das Gericht geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass die benannten Festsetzungs- und Widerspruchsbescheide der Antragstellerin bekannt gegeben wurden und wirksam geworden sind. Die Antragstellerin hat gegen die jeweiligen Festsetzungsbescheide Widerspruch eingelegt und nicht geltend gemacht, die Widerspruchsbescheide vom 05.12.2016 und 05.04.2016 nicht erhalten zu haben. Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Antragstellerin zudem vorgetragen, dass sie bezüglich der streitgegenständlichen Forderungen teilweise Zahlungen an den Beigeladenen geleistet hat.

32

Das Gericht hat hingegen ernstliche Zweifel daran, dass für die im Vollstreckungsersuchen des Beigeladenen benannten Mahngebühren in Höhe von 7,50 € ein entsprechender Leistungsbescheid vorliegt. Ausweislich des Vollstreckungsersuchens sollen die Mahngebühren mit Bescheid vom 04.07.2014 festgesetzt worden sein. In dem benannten Bescheid findet sich eine solche Kostenposition jedoch nicht. Eine Vollstreckung wegen dieses Betrages hätte somit nicht erfolgen dürfen.

33

Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 26.01.2017 ist jedenfalls deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil sie gegen das in § 108 Abs. 1 LVwG normierte Bestimmtheitsgebot verstößt. Danach muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

34

Der Bestimmtheitsmangel folgt daraus, dass die zu vollstreckende(n) Forderung(en) in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung nicht hinreichend konkret bezeichnet wurde(n). Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung ist in § 300 LVwG geregelt. Diese Vorschrift enthält – im Gegensatz zu anderen landesrechtlichen Regelungen und zu § 260 Abgabenordnung (AO) – keine Vorgaben zur Bezeichnung des Schuldgrundes. Insoweit ist daher auf allgemeine, in der Rechtsprechung entwickelte, Grundsätze zur Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen im Wege der Forderungspfändung zurückzugreifen.

35

Die Pfändungsverfügung muss als Verwaltungsakt die nötige Klarheit und Bestimmtheit so in sich tragen, dass Anordnung und Umfang der Pfändung mit Sicherheit zu ersehen und zu erkennen sind. Sie muss die gepfändete Forderung so genau bezeichnen, dass keine Verwechslungsmöglichkeit besteht und unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll (vgl. Schlatmann, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG VwZG, § 309 AO Rn 4 m.w.N.; Fritzsch, in: Koenig, Kommentar zur AO, § 309 Rn 39 m.w.N.). Zu den – vor allem anhand von § 260 AO dargestellten – Mindestanforderungen gegenüber dem Vollstreckungsschuldner gehört dabei, dass die Pfändungsverfügung grundsätzlich (Steuer)Art, Höhe und Zeitraum der Forderung angeben muss, aus denen sich der gepfändete und eingezogene Betrag ergibt (vgl. Werth, in: Klein, Abgabenordnung, 13. Aufl. 2016, § 260 Rn 2 m.w.N.).

36

Ob zur notwendigen Angabe des Schuldgrundes, d.h. bei der Bezeichnung der zu vollstreckenden Forderung, auch zwingend die Benennung des konkreten Leistungsbescheides gehört, wird in der Rechtsprechung offensichtlich nicht einheitlich beurteilt (vgl. beispielsweise VG Schwerin Beschl. v. 20.10.2015 – 6 B 1469/15 SN – BeckRS 2015, 56488 und VG Kassel, Beschl. v. 22.06.2015 – 1 L 677/15.KS – BeckRS 2015, 48904, die eine solche Voraussetzung jedenfalls nicht ausdrücklich formulieren).

37

Aus Gründen des Schutzes des Vollstreckungsschuldners und der Rechtssicherheit folgt die Kammer der – insbesondere in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung – vertretenen Auffassung, dass der Schuldner anhand der Angaben in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung erkennen können muss, welche Forderung aus welchem Verwaltungsakt (bzw. welche Nebenforderung) gegen ihn vollstreckt wird (vgl. VG München, Beschl. v. 30.11.2005 – M 10 S 05.2069 -; VG Augsburg, Beschl. v. 17.03.2006 – Au 1 S 06.23 – jeweils nach juris). Nur wenn der Vollstreckungsschuldner dies weiß, kann er prüfen, ob die Voraussetzungen der Vollstreckung gegeben sind und ob sich folglich die Einlegung eines Rechtsbehelfs für ihn lohnt (vgl. BFH, Urt. v. 18.07.2000 – VII R 101/98 – BFHE 192, 232 ff.; VGH Mannheim, Urt. v. 07.06.1989 – 6 S 3244/88 – juris). Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss demzufolge klarstellen, auf welchem Bescheid bzw. welchen Bescheiden die Festsetzung der Abgabe beruht und um welche Art von Abgabe es sich handelt (vgl. auch VG München, Beschl. v. 18.03.2011 – M 10 E 11.1109 – juris, m.w.N.; VG Augsburg, Beschl. v. 08.01.2013 – Au 5 V 12.1392 - juris).

38

Nach Auffassung der Kammer erfordert das Selbstvollstreckungsrecht bei Verwaltungsakten, den Schuldgrund so genau und eindeutig wie möglich anzugeben. Schuldgrund ist dabei nicht bereits das Rechtsverhältnis zwischen dem Vollstreckungsschuldner und dem Gläubiger der Forderung. Dieser wird erst durch den konkreten Leistungsbescheid, welcher als Verwaltungsakt die Zahlungspflicht konkret regelt, gebildet (vgl. auch VG Neustadt [Weinstraße], Beschl. v. 19.05.2014 – 1 L 323/14.NW – juris, m.w.N.).

39

Den soeben dargestellten Anforderungen genügt die Bezeichnung der zu vollstreckenden Forderung in der streitbefangenen Pfändungs- und Überweisungsverfügung nicht. Zwar wurde vom Antragsgegner angeben, welche Forderungsart (Rundfunkbeiträge) in welcher Höhe und für welchen Zeitraum vollstreckt werden soll. Es fehlt jedoch die Angabe der jeweiligen Festsetzungsbescheide des Beigeladenen, welche die Grundlage der Gesamtforderung des Beigeladenen bildet.

40

Die vorliegende Konstellation zeigt exemplarisch, warum es aus objektiv-rechtlichen Gründen geboten ist, auch die jeweiligen Leistungsbescheide in die Bezeichnung des Schuldgrundes aufzunehmen. Bei dem vom Antragsgegner vollstreckten Betrag handelt es sich um eine Gesamtforderung, die sich aus mehreren Festsetzungsbescheiden zusammensetzt. Aus der Angabe in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung lässt sich jedoch nicht erkennen, welche konkrete Beitragsforderung des Beigeladenen für welchen Zeitraum vollstreckt werden soll. Die jeweiligen Festsetzungsbescheide setzen nämlich für verschiedene Zeiträume Beitragsforderungen in unterschiedlicher Höhe fest. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin vor und während des Vollstreckungsverfahrens Teilzahlungen geleistet hat. Aus der Pfändungs- und Überweisungsverfügung, die den Gesamtzeitraum Oktober 2013 bis Dezember 2015 und damit in zeitlicher Hinsicht alle drei Festsetzungsbescheide umfasst, lässt sich nicht erkennen, ob in welcher Höhe welche Teilforderungen des Beigeladenen – in Anwendung von § 14 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – bereits erloschen sind.

41

Mit dem von der Kammer formulierten Bestimmtheitsgebot werden auch keine überzogenen Anforderungen an die Vollstreckungsbehörden bei der Ausstellung von Pfändungs- und Überweisungsverfügungen wegen der Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen gestellt. Üblicherweise übermittelt der Beigeladene den Vollstreckungsbehörden – wie hier – mit dem Vollstreckungsersuchen eine Auflistung der maßgeblichen Festsetzungsbescheide. Diese Angaben könnten in die Bezeichnung der Forderung(en) in den während des Vollstreckungsverfahrens versandten Schriftsätzen und Bescheiden implementiert werden.

42

Des Weiteren genügt aber auch die schlichte Bezeichnung des Schuldgrundes mit „Rundfunkbeiträge“ vorliegend nicht den Bestimmtheitsanforderungen. Bestandteil der vom Beigeladenen an den Antragsgegner übermittelten Gesamtforderung waren auch Mahngebühren und Säumniszuschläge. Jedenfalls die vom Beigeladenen – hier vermeintlich - festgesetzten Mahngebühren können nicht unter den Begriff des Rundfunkbeitrags gefasst werden. Dieser Teil der Gesamtforderung hätte bei der Angabe des Schuldgrundes spezifiziert werden müssen. Überdies zeigt sich gerade bei den Mahngebühren die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Benennung des konkreten Leistungsbescheides, da entgegen der Angabe des Beigeladenen im Vollstreckungsersuchen vom 01.08.2016 mit Bescheid vom 04.07.2014 offensichtlich keine Mahngebühren festgesetzt wurden. Ob die vorgenannten Erwägungen auch für die gem. § 11 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge festgesetzten Säumniszuschläge gelten und diese nicht von dem Begriff „Rundfunkbeitrag“ erfasst werden, bedarf hier keiner Entscheidung.

43

Gegen die Beitreibung der vom Antragsgegner festgesetzten Gebühren und Auslagen bestehen ebenfalls teilweise rechtliche Bedenken.

44

Der in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung mit „Pfändungsgebühr“ benannte Betrag in Höhe von 20,- € dürfte zwar zu Recht festgesetzt und gem. § 14 Abs. 2 der Landesverordnung über Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren (VVKVO) i. V. m. Anlage 3 zur VVKVO zutreffend berechnet worden sein. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Pfändungsgebühren ist insoweit § 12 Nr. 2 i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 VVKVO.

45

Allerdings hat das Gericht ernstliche Zweifel an der Berechtigung zur Festsetzung von „Vollstreckungsgebühren“ in Höhe von 23,- €. Zum einen ist fraglich, was unter dem Begriff Vollstreckungsgebühren zu verstehen ist. Die VVKVO enthält keinen Gebührentatbestand „Vollstreckungsgebühren“. Die als „numerus clausus“ zu verstehende Auflistung in § 12 VVKVO sieht keine Erhebung von Vollstreckungsgebühren vor. Aufgrund des Verlaufs der Vollstreckungsmaßnahmen geht das Gericht jedoch davon aus, dass hiermit wohl die Pfändungsgebühren gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 VVKVO für die Beauftragung des Vollstreckungsbeamten zur Vornahme einer Sachpfändung abgegolten werden sollten. Insofern dürfte jedoch der Gebührensatz falsch angesetzt worden sein. Im Zeitpunkt der Beauftragung des Vollstreckungsbeamten am 15.09.2016 (Bl. 6 Beiakte A), auf den es gem. § 18 Nr. 2 VVKVO (Entstehung der Gebührenschuld durch Erteilung des Vollstreckungsauftrags) ankommt, betrug die Höhe der für den Beigeladenen zu vollstreckenden Forderung ausweislich des Schreibens vom 09.09.2016 noch 97,51 €. Die Pfändungsgebühren hätten daher in Bezug auf diesen Betrag gem. Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 Nr. 1 VVKVO lediglich in Höhe von 20,- € festgesetzt werden dürfen. Die Vollstreckungsankündigung vom 29.08.2016 führt gem. § 18 VVKVO noch nicht zur Entstehung einer Gebührenschuld.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und ist somit kein Kostenrisiko eingegangen. Daher entspricht es gem. § 162 Abs. 3 VwGO auch der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären.

47

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Hierbei ist zunächst die Höhe des zur Vollstreckung bestimmten Betrages maßgeblich (140,51 €), wovon nach der Rechtsprechung der Kammer im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens die Hälfte anzusetzen war.


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.