Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 16. Sept. 2014 - 3 A 223/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Befahrensverbotes in der Sicherheitszone um einen Offshore-Windpark in der Nordsee.
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Die (GDWS), , erließ auf der Grundlage von § 7 der Verordnung zu den Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See idF vom 6.8.2005 (nachfolgend VO-KVR genannt) eine Allgemeinverfügung vom 30.05.2013, mit der das Befahren der erweiterten Sicherheitszone des Offshore-Windparks „BARD Offshore 1“ sowie im Bereich der Konverterplattformen „BorWin alpha“ und „BorWin beta“ mit Ausnahme von Bau- und Kontrollfahrzeugen verboten wurde. Dieser Offshore-Windpark liegt in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone der Nordsee (vgl. hierzu die bei der Gerichtsakte befindliche Seekarte). Die Allgemeinverfügung erging im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, das den Windpark zuvor genehmigt und gemäß § 11 Seeanlagenverordnung eine Sicherheitszone von 500 m um die Anlagen herum angeordnet hatte.
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Von einer Begründung des Verbots wurde nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG abgesehen. In einem Vermerk der Beklagten wird hierzu ausgeführt, das Befahren der erweiterten Sicherheitszone durch Fahrzeuge mit einer Rumpflänge über 24 m sei generell untersagt, eine Ausdehnung des Befahrensverbotes auch auf Fahrzeuge mit einer Rumpflänge bis 24 m sei erforderlich aufgrund des möglichen Auftretens von besonderen Gefährdungen im Baubereich für die Schifffahrt im Rahmen der Errichtungsarbeiten und zur Verhinderung von Behinderungen und Gefährdungen der am Bau beteiligten Fahrzeuge und Geräte. Es sei vorgesehen, nach Errichtung des Windparks und der Konverterplattformen das Befahren des Windparks für Fahrzeuge bis 24 Meter unter Auflagen zu gestatten.
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Gegen diese Allgemeinverfügung legte der Kläger mit Schreiben vom 06.06.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, die , , sei für den Erlass der Verfügung unzuständig, denn nach § 7 Abs. 3 VO-KVR sei explizit die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord für solche Regelungen zuständig.
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Außerdem sei die Ermessensentscheidung fehlerhaft, denn das Befahrensverbot sei unterschiedslos für alle Fahrzeuge ergangen, obwohl sich aus § 7 VO-KVR ergebe, dass Fahrzeugen von weniger als 24 m Rumpflänge grundsätzlich keine Gefährdung zugeordnet werde.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die GDWS, , sei als Rechtsnachfolgerin der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord für den Ausspruch des Befahrensverbotes zuständig. Gemäß Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 19.04.2013 – Z 32/2215.17/29 – hätten die Wasser- und Schifffahrtdirektionen ihren Status als eigenständige Direktionen verloren, und seien nun Außenstellen der GDWS an ihren jeweiligen Standorten geworden. Die Entscheidung sei auch nicht ermessenfehlerhaft. Wegen der punktuellen Verkehrsverdichtung im Windparkbereich aufgrund der während der Bauphase im Bereich der Sicherheitszone befindlichen Vielzahl tätigen Bau- oder Unterstützungsfahrzeugen sei es sachgerecht, alle Fahrzeuge von der Benutzung des Windparks auszuschließen, die in keinem unmittelbaren funktionellen Zusammenhang zum Baugeschehen stehen. Der Verordnungsgeber habe das Verbot von Fahrzeugen von unter 24 Meter unter den Vorbehalt weitergehender Einschränkungen und Ausnahmen gestellt.
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Am 11.11.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Der Kläger trägt vor:
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Die Allgemeinverfügung sei rechtswidrig und daher aufzuheben. Eine Klagebefugnis für eine Anfechtungsklage folge aus dem Umstand, dass er als nautischer Patentinhaber in seinem Recht eingeschränkt werde, das entsprechende Seegebiet zu befahren, das in seinen Navigationsrouten liege. So sei er z.B. als Schiffsführer des Traditionsschiffes S schon einmal gezwungen gewesen, bei der Routenbestimmung auf die Sicherheitszone um den Offshore Windpark „EnBW Baltic 2“ (in der Ostsee) Rücksicht zu nehmen, entsprechendes sei angesichts vielfältiger Aktivitäten des Klägers (z.B. Überführungen für die Offc. GmbH in K; Kooperation mit C. e.V. und Greenpeace) auch für den hier in Rede stehenden Windpark in der Nordsee anzunehmen.
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Die bereits im Widerspruch erwähnten formell-rechtlichen Bedenken würden aufrecht erhalten. Der von der Beklagten zitierte Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung genüge nicht als Grundlage für eine Zuständigkeitsregelung, die von § 7 Abs. 3 VO-KVR abweiche, denn es sei der Vorbehalt des Gesetzes zu beachten.
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Das Befahrensverbot sei auch materiell rechtswidrig.
- 11
Völkergewohnheitsrechtlich anerkannt sei die Freiheit der Navigation von Schiffen als überbordendes Prinzip auf den Meeren, das selbst nach Zonierung des Meeres durch das Seerechtsübereinkommen (SRÜ) als wichtiges Grundrecht der Seefahrt erhalten bleibe. Dem Sicherheitsbedürfnis der Küstenstaaten für errichtete künstliche Anlagen in der ausschließlichen Wirtschaftszone werde dadurch Rechnung getragen, dass nach § 60 Abs. 5 SRÜ eine 500 m große Sicherheitszone um das künstliche Bauwerk geschaffen werden könne. Die Bundesrepublik habe allerdings durch die vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie durchgeführten Raumordnungsverfahren für die ausschließlichen Wirtschaftszone so viele Anlagen zugelassen (1.423 Windkraftanlagen), dass dies zu weitflächigen Sperrungen der ausschließlichen Wirtschaftszone für die Schifffahrt führe. Die Beklagte verstetige durch ihre Befahrensverbote mittels Allgemeinverfügung die nicht intendierte und dem Grundsatz der freien Navigation widersprechende Sperrung von großräumigen Flächen in der ausschließlichen Wirtschaftszone durch falsche Ermessensauslegung.
- 12
Darüber hinaus habe die Beklagte ihr Ermessen bezüglich des Komplettverbotes des Befahrens der Bauzone fehlerhaft ausgeübt. Der Gesetzgeber statuiere in § 7 Abs. 2 VO- KVR, dass Boote unter 24 m vorbehaltlich der Regelung des Abs. 3 Sicherheitszonen befahren dürfen, und bewerte damit das Gefahrenpotential in Abhängigkeit von der Schiffsgröße. Der Gesetzgeber betone diese Unterscheidung auch in § 7 Abs. 3 VO-KVR und gehe von einer Regelung von Einzelheiten des Befahrensverbotes unter Auflagen und Bedingungen als milderes Mittel aus. Im Gegensatz dazu habe die Beklagte in ihrer Allgemeinverfügung unterschiedslos das gesamte Gebiet für alle Fahrzeuge aller Art unabhängig von Bauaktivitäten vom Befahren des Baugebietes gesperrt. Es sei nicht einzusehen, dass ein erfahrener Schiffsführer eines kleinen Traditionsschiffes oder eines Sportbootes meilenweite Umwege bei Nichtvorliegen von Bautätigkeiten oder objektiver Nichtbehinderung in Kauf nehmen müsse.
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Der Kläger beantragt,
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die Allgemeinverfügung der Beklagten hinsichtlich des Befahrens der Sicherheitszone des im Bau befindlichen Windparks „Bard Offshore 1“ vom 30. Mai 2013 in Form des Widerspruchbescheides vom 07. Oktober 2013 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt vor:
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Die Klage sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig.
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Eine mögliche Verletzung von Rechten des Klägers sei nicht anzunehmen. Auch der vom Kläger dargelegte Umstand, dass er nautischer Patentinhaber sei und regelmäßig verschiedene Fahrzeuge als nautischer Offizier/Schiffsführer in Nord- und Ostsee fahre, ergebe keine Möglichkeit einer Rechtsverletzung. Er müsse zur Erhaltung des Patentes nicht zwangsläufig die hier in Rede stehenden Bereiche queren.
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Die Klage sei im Übrigen unbegründet.
- 21
Die GDWS, , sei zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung nach § 7 Abs. 3 VO- KVR. Durch den Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 19.04.2013 sei geregelt, dass die der GDWS als eigenständige Behörde - Rechtsnachfolgerin der Wasser und Schifffahrtsdirektion Nordfortbestehe.
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Die Allgemeinverfügung sei auch materiell rechtmäßig, denn die Entscheidung nach § 7 Abs. 3 VO-KVR sei ermessensfehlerfrei getroffen worden.
- 23
Eine entsprechende Einschränkung auch für die Kleinschifffahrt sei im Interesse der Gefahrenabwehr erforderlich. Die Problematik sei ausführlich geprüft und abgewogen worden. Dem Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sei aufgrund der Gefährdungen beim Bau der Anlagen der Vorrang vor dem Interesse der Kleinschifffahrt eingeräumt worden. Auch Kleinfahrzeuge unter 24 m könnten die Baufahrzeuge behindern oder gefährden. Hier seien insbesondere das Einschleppen von Bauteilen, das Einmessen der Turbinenstandorte, Taucher- und Vermessungsarbeiten sowie der Verlegung der parkinternen Energiekabel zu nennen. Außerdem seien gerade auch die kleineren Fahrzeuge Gefährdungen wegen der Bauarbeiten ausgesetzt, zumal sie häufig nicht mit UKW-Sprechfunk ausgestattet seien. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit liege nicht vor. Es gehe nicht um großflächige Fahrgebietssperrungen. Im Rahmen der Raumordnung würde durch die Ausweisung von Eignungsgebieten, Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für die Schifffahrt ein Ausgleich zwischen den Nutzungsinteressen herbeigeführt, der gewährleiste, dass die bestehenden Schifffahrtsverbindungen nicht unterbunden würden und Umwege auf ein Mindestmaß beschränke.
- 24
Keine vergleichbar geeignete Lösung wäre es, die Sperrung von tatsächlicher Bauaktivität abhängig zu machen. Die Gefahren während der Bauphase gingen nicht nur von Verkehrsaktivitäten der Baufahrzeuge aus, sondern auch davon, dass in dem Gebiet die Fundamentpfähle von noch nicht fertig gestellten Pylonen stehen könnten, die nur zum Teil bis an die Wasseroberfläche reichten. Weiterhin sei auch bei bestehenden Anlagen oberhalb der Wasserfläche, deren Errichtung sich über längere Zeit hinziehen könne, eine ordnungsgemäße Kennzeichnung (z.B. durch Befeuerung) während der Bauphase technisch nicht möglich (wegen fehlender Stromversorgung und Vorrichtungen zur Aufnahme von Befeuerungselementen). Damit könnten gefährliche Hindernisse für die regelmäßig nicht mit Radar ausgerüsteten Kleinfahrzeuge bestehen.
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Innerhalb der Baugebiete seien regelmäßig Messgeräte und Sensoren verankert, die in verschiedenen Wassertiefen baubegleitende Schallmessungen durchführten oder andere Werte erfassten. Die Positionen würden häufig wechseln und seien nur den dort beschäftigen Fahrzeugen bekannt. Es seien Kollisionen zu befürchten.
- 26
Der Offshore-Windpark „Bard Offshore 1“ sei bereits in Betrieb genommen, es fänden jedoch noch Bauarbeiten statt. Nach Abschluss der Bauarbeiten erfolge die Aufhebung der Baustelle sowie eine Aktualisierung der Allgemeinverfügung. Damit sei im Verlaufe des Jahres 2014 zu rechnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
- 29
Die für eine Anfechtungsklage erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) ist hier unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung des Grundrechts auf Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) anzunehmen. Klagebefugt ist, wer in hinreichend substantiierter Weise Tatsachen vorträgt, die eine Verletzung seiner eigenen Rechte möglich erscheinen lassen. Das ist hier der Fall. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass er als nautischer Patentinhaber nicht nur theoretisch durch das streitige Verbot beeinträchtigt sein könnte, sondern dass er als Schiffsführer des Traditionsschiffes „S“ (Rumpflänge 23 m) schon einmal konkret auf eine Sicherheitszone bei der Routenplanung habe Rücksicht nehmen müssen. Dies könne sich angesichts der seemännischen Aktivitäten des Klägers in der Zukunft wiederholen, und zwar auch bezüglich der hier in Rede stehenden Sicherheitszone in der Nordsee. Die Kammer sieht keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Angaben zu bezweifeln.
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Die Klage ist unbegründet, denn die Allgemeinverfügung vom 30.05.2013 in der Form des Widerspruchbescheides vom 07.10.2013 ist rechtmäßig.
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Die Rechtsgrundlage für diese Allgemeinverfügung -§ 7 Abs. 3 Satz 2 VO-KVR- wurde einwandfrei angewendet. Danach können die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen Nord und Nordwest die Bedingungen für die Befreiung vom Befahrensverbot (in Sicherheitszonen) für Fahrzeuge, deren Rumpflänge 24 Meter nicht übersteigt, festlegen. Diese Vorschrift ist auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Seeaufgabengesetz ergangen und bietet keinen Anlass zu der Annahme, dass sie mit höherrangigem Recht nicht vereinbar ist.
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Die GDWS, , war für den Erlass der Verfügung sachlich und örtlich zuständig. Dass die verantwortliche Behörde nach der Neustrukturierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung zum 01.05.2013 nun nicht mehr die Bezeichnung führt, wie sie sich in § 7 Abs. 3 VO- KVR findet (Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord), ist unerheblich. Die der GDWS entspricht als Mittelbehörde für den hier in Rede stehenden Aufgabenbereich organisatorisch der früheren Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord (vgl. Errichtungserlass zur Gründung der des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 19.04.2013) und leitet daher ihre Zuständigkeit für den Erlass der streitigen Verfügung zutreffend direkt aus § 7 Abs. 3 VO-KVR ab.
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Die hierzu vom Kläger vorgebrachten rechtlichen Bedenken teilt die Kammer nicht. Nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 GG und dem Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (Seeaufgabengesetz) gehört die Gefahrenabwehr bezüglich der Seeschifffahrt seewärts der Begrenzung des Küstenmeeres zu den Gegenständen der bundeseigenen Verwaltung. Dementsprechend regelt nach Art. 86 Satz 2 GG die Bundesregierung die Einrichtung der Behörden. Dabei sind Länderinteressen -anders als im Rahmen der Art. 84 und 85 GG- nicht berührt, so dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestehen, dass hier der zuständige Fachminister für die Bundesregierung gehandelt hat (vgl. hierzu BVerwGE 36, 327).
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Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, ein solcher Errichtungserlass werde dem Vorbehalt des Gesetzes nicht gerecht. Die durch Rechtsvorschrift geregelte Zuständigkeitsregelung in § 7 Abs. 3 VO-KVR umfasst bezüglich der benannten Behörde von vornherein auch Fälle der Rechtsnachfolge und der geänderten Behördenbezeichnung; in solchen Fällen ist im Interesse der Klarheit lediglich eine gelegentliche Anpassung des Verordnungstextes erforderlich, wie dies auch sonst geschieht, wenn sich Behördenbezeichnungen ändern. Im Übrigen lässt sich aus dem Gesetzesvorbehalt nach Art. 20 Abs. 3 GG kein allgemeiner institutionell organisatorischer Vorbehalt ableiten, wonach auch Zuständigkeitsregelungen in Gesetzesform erlassen werden müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.10.1975, Az. 2 BvR 883/73; BVerwG, Urteil vom 22.01.2004, Az. 4 A 32/02).
- 35
Die angefochtene Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 VwVfG ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig.
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Entgegen der Auffassung des Klägers liegt kein Verstoß gegen das Völkerrecht vor. Bei allen staatlichen Beschränkungen des Schiffsverkehrs seewärts der Begrenzung des Küstenmeeres ist zwar -wovon der Kläger richtig ausgeht- das Völkerrecht zu beachten. Dies wird im nationalen Recht der Bundesrepublik Deutschland auch anerkannt, wie sich z.B. aus § 1 Abs. 3 b des Seeaufgabengesetzes ergibt, wonach dem Bund die Gefahrenabwehr in diesem Bereich nur dann obliegt, „...wenn das Völkerrecht dies zulässt oder erfordert“. Zu den zu berücksichtigenden Grundsätzen gehört bei staatlichen Maßnahmen außerhalb des Küstenmeeres die international anerkannte Freiheit der Schifffahrt auf hoher See (vgl. Art. 87 Abs. 1 des Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von Montego Bay vom 10.12.1982 -SRÜ- , dem die Bundesrepublik Deutschland zugestimmt hat: Vertragsgesetz Seerechtsübereinkommen vom 2.9.1994, BGBl. 1994, Teil II, Seite 1798). Jedoch ergibt sich aus dem SRÜ zugleich, dass die Freiheit der Schifffahrt nicht schrankenlos gewährleistet wird. So wird ausdrücklich das Recht der Küstenstaaten anerkannt, in der ausschließlichen Wirtschaftszone z.B. Energiegewinnungsanlagen zu errichten, entsprechende Sicherheitszonen mit Befahrensverboten für alle Schiffe einzurichten und dort geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen (Art. 60 Abs. 1, 4, und 6 SRÜ).
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Dies bietet eine sichere völkerrechtliche Grundlage für die D. den zur Energiewende notwendigen Ausbau von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone zu betreiben bzw. zu fördern.
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Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, die Anzahl der Windenergieanlagen auf See mit umfassenden Sicherheitszonen sei inzwischen sehr hoch (1423 Anlagen), so dass eine übermäßige Sperrung des Seegebiets für die Schifffahrt anzunehmen sei. Hierzu ist entscheidend, dass der Umfang und die Lage von Offshore-Windparks in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone Gegenstand der Raumordnungsplanung ist (vgl. § 17 Abs. 3 Raumordnungsgesetz). Damit ist ein Verfahren vorgesehen, das darauf abzielt, dass ein Ausgleich gefunden wird zwischen den Interessen der Seeschifffahrt und den Interessen der Energiewirtschaft bzw. den energiepolitischen Zielen in Zusammenhang mit der Energiewende. Hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass aufgrund grober Abwägungsfehler die hierzu vorliegende Raumordnungsplanung fehlerhaft sein könnte, oder dass im Genehmigungsverfahren vom Raumordnungsplan abgewichen wurde, wurden nicht vorgetragen. Der bloße Hinweis auf die Gesamtzahl der genehmigten Anlagen reicht insoweit zur Begründung von Zweifeln nicht aus, denn die Zahl der Anlagen ist in Beziehung zu setzen zu dem großen Seegebiet, das der Seeschifffahrt auch jenseits der Wasserstraßen weiterhin zur Verfügung steht.
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Im Übrigen würde selbst eine übermäßig hohe Gesamtzahl von Anlagen in der Ostsee nicht die Rechtmäßigkeit der streitigen Allgemeinverfügung berühren, denn diese Regelung knüpft an eine bestandskräftige Anlagengenehmigung und an eine bestandskräftige Einrichtung einer Sicherheitszone durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie an. Wenn -wie hier- eine entsprechende künstliche Anlage im Meer geschaffen wird, und damit ein Hindernis für die Schifffahrt entsteht, ist die Annahme fernliegend, dass das Völkerrecht einer effektiven Gefahrenvorsorge (Verkehrssicherung) für diese Anlage durch den verantwortlichen Staat entgegen stehen könnte.
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Auch sonst hält die streitige Allgemeinverfügung einer gerichtlichen Überprüfung stand. Gemäß 7 Abs. 3 Satz 2 VO-KVR legen die zuständigen Behörden „die Bedingungen für die Befreiung vom Befahrensverbot für Fahrzeuge, deren Rumpflänge 24 Meter nicht übersteigt“ fest. In der Kommentarliteratur wird zur Reichweite dieser Ermächtigungsgrundlage der Standpunkt vertreten, es bestehe ein weiter Ermessensspielraum zur Risikobewertung, und dies erlaube die Regelung von Bedingungen für die Durchfahrt (z.B. Abhängigkeit von Jahreszeit, Sicht, Wetter), aber auch ein gänzliches Absehen von der „Verbotsbefreiung“ für einzelne Gebiete mit besonderer Gefährdung (Danner/Theobald, Energierecht, 78. Ergänzungslieferung, RN 4 zu § 11 Seeanlagenverordnung). Dem ist angesichts des Wortlauts von § 7 Abs. 2 und 3 VO-KVR und der damit verfolgten Zwecke (vgl. hierzu § 1 Nr. 3 und § 9 Abs. 1 Nr. 2 Seeaufgabengesetz) beizupflichten.
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Trotz der teilweise unpräzisen Formulierungen in § 7 Abs. 3 VO-KVR ist der Umfang der Ermächtigung hinreichend klar. Aus dem Zusammenhang mit den Regelungen in § 7 Abs. 2 VO-KVR wird deutlich, dass der Verordnungsgeber insoweit mit dem Begriff „Befreiung“ an dieser Stelle nicht einen begünstigenden Verwaltungsakt meint (wie dieser allerdings nach § 7 Abs. 2 VO-KVR für größere Schiffe möglich sein soll), sondern die Privilegierung ansprechen wollte, die kleinere Schiffe generell gemäß § 7 Abs. 2 VO-KVR aufgrund der für sie geltenden Ausnahme vom Befahrensverbot genießen. Da diese Privilegierung in § 7 Abs. 2 VO-KVR „vorbehaltlich des Absatzes 3“ geregelt ist, besteht kein Zweifel, dass die zuständige Behörde im Rahmen des § 7 Abs. 3 Satz 2 VO-KVR ermächtigt sein soll, aufgrund besonderer Umstände diese Privilegierung für einzelne Gebiete einzuschränken bis hin zur zeitweiligen oder dauerhaften Aufhebung. Die in diesem Zusammenhang verwendete Formulierung „Bedingungen für die Befreiung“ ist daher auch nicht nur als Ermächtigung zur Regelung Nebenbestimmungen zu einer Erlaubnis zu verstehen, sondern als umfassende Ermächtigung zur Gestaltung des Benutzungsregimes in Sicherheitszonen.
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Was die gerichtliche Überprüfung der behördliche Ermessensausübung im Rahmen von § 7 VO-KVR angeht, ist § 114 VwGO mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Betroffene nur verlangen kann, dass seine eigenen Interessen ohne Rechtsfehler abgewogen werden mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einrichtung der Verkehrsbeschränkung sprechen. Es gilt insoweit nichts anderes als bei der Anfechtung einer straßenverkehrsrechtlichen Anordnung (vgl. zum Straßenverkehrsrecht BVerwG, Urteil vom 27.1.1993, 11 C 35/92).
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Entscheidend ist deshalb, dass die vom Kläger geltend gemachten Beeinträchtigungen der Kleinschifffahrt von der Behörde abgewogen und in nachvollziehbarer Weise als nachrangig gegenüber dem Interesse der öffentlichen Sicherheit angesehen wurden. Die Beklagte hat überzeugend dargelegt, dass die Bauarbeiten im Bereich eines Offshore- Windparks mit besonderen Gefahren für die Schifffahrt verbunden sind, so dass es zur sicheren Vermeidung von Kollisionen und Unfällen bis zum endgültigen Abschluss der Bauarbeiten erforderlich ist, die Sicherheitszone vollständig von betriebsfremdem Schiffsverkehr frei zu halten. Mit punktuellen Maßnahmen ist der Schutz nicht vergleichbar effektiv zu erreichen, da die Gefährdungssituation nicht über längere Zeit gleichartig ist, sondern sich im Zuge des Baufortschritts laufend wandelt. Dass für die Bauzeit effektive Schutzmaßnahmen getroffen werden, entspricht nicht nur dem Interesse des Bauherrn und dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des beim Bau beteiligten Schiffsverkehrs, sondern vor allem auch dem Sicherheitsinteresse des betriebsfremden Schiffsverkehrs. Die damit verbundenen Umwege für den betriebsfremden Schiffsverkehr sind zumutbar. Ein milderes, vergleichbar effektives Mittel zur Gefahrenabwehr ist nicht ersichtlich. Die streitigen Einschränkungen für die Kleinschifffahrt sind daher erforderlich und geeignet, und damit als verhältnismäßig zu bewerten.
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Es ist davon auszugehen, dass veränderten Umständen (Aufhebung der Baustelle) durch eine geänderte Allgemeinverfügung Rechnung getragen wird, so wie dies angekündigt worden ist.
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Was Schiffe über 24 m Rumpflänge angeht, sind diese wegen der weiten Formulierung des Befahrensverbotes in den Geltungsbereich der Allgemeinverfügung einbezogen. Damit ist jedoch keine eigenständige Beschränkung für solche Fahrzeuge verbunden, da für sie das Befahrensverbot schon unmittelbar aus § 7 Abs. 2 VO-KVR folgt und keiner Umsetzung durch einen Verwaltungsakt bedarf. Die Allgemeinverfügung wirkt insoweit nur deklaratorisch. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil die GDWS gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 VO-KVR befugt ist, Einzelheiten des Befahrensverbotes für größere Schiffe zu regeln; das umfasst die Befugnis, klarstellend zu verdeutlichen, dass ein Befahrensverbot auch für größere Schiffe gilt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 47
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Annotations
(1) Sicherheitszonen sind Wasserflächen, die sich in einem Abstand von 500 m, gemessen von jedem Punkt des äußeren Randes, um Anlagen oder sonstige Vorrichtungen zur wissenschaftlichen Meeresforschung oder zur Erforschung oder Ausbeutung von Naturschätzen erstrecken. Die nach § 53 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, nach § 10 des Seeanlagengesetzes oder nach § 11 der Seeanlagenverordnung von der zuständigen Genehmigungsbehörde eingerichteten Sicherheitszonen gelten als Sicherheitszonen im Sinne dieser Verordnung.
(2) Sicherheitszonen dürfen nicht befahren werden; dies gilt nicht für Fahrzeuge, die für die Versorgung der Anlagen oder Vorrichtungen eingesetzt sind sowie vorbehaltlich des Absatzes 3 für Fahrzeuge deren Rumpflänge 24 Meter nicht übersteigt oder die vom Befahrensverbot befreit sind.
(3) Die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt kann durch Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder im Einzelfall Einzelheiten des Befahrensverbotes regeln und Befreiungen vom Befahrensverbot auch mit Auflagen oder Bedingungen, bei Sicherheitszonen nach § 53 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 10 des Seeanlagengesetzes oder nach § 11 der Seeanlagenverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, zulassen, soweit dies mit den Anforderungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vereinbar ist. Sie legt ferner nach den in Satz 1 genannten Voraussetzungen und Verfahren die Bedingungen für die Befreiung vom Befahrensverbot für Fahrzeuge, deren Rumpflänge 24 Meter nicht übersteigt, fest. Die insoweit erlassenen Allgemeinverfügungen werden nach Maßgabe des § 54 des Windenergie-auf-See-Gesetzes und des § 11 des Seeanlagengesetzes bekannt gemacht sowie von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt im Elektronischen Wasserstraßen-Informationsservice*nachrichtlich veröffentlicht.
(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
(2) Einer Begründung bedarf es nicht,
- 1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift; - 2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist; - 3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist; - 4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt; - 5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, für die Kriminalpolizei und zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden.
(2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes werden diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Soziale Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt, werden abweichend von Satz 1 als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes geführt, wenn das aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist.
(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Unterbehörden mit Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages errichtet werden.
(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichswasserstraßen.
(2) Der Bund verwaltet die Bundeswasserstraßen durch eigene Behörden. Er nimmt die über den Bereich eines Landes hinausgehenden staatlichen Aufgaben der Binnenschiffahrt und die Aufgaben der Seeschiffahrt wahr, die ihm durch Gesetz übertragen werden. Er kann die Verwaltung von Bundeswasserstraßen, soweit sie im Gebiete eines Landes liegen, diesem Lande auf Antrag als Auftragsverwaltung übertragen. Berührt eine Wasserstraße das Gebiet mehrerer Länder, so kann der Bund das Land beauftragen, für das die beteiligten Länder es beantragen.
(3) Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau von Wasserstraßen sind die Bedürfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit den Ländern zu wahren.
Führt der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oder durch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechtes aus, so erläßt die Bundesregierung, soweit nicht das Gesetz Besonderes vorschreibt, die allgemeinen Verwaltungsvorschriften. Sie regelt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, die Einrichtung der Behörden.
(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.
(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.
(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.
(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.
(1) Führen die Länder die Bundesgesetze im Auftrage des Bundes aus, so bleibt die Einrichtung der Behörden Angelegenheit der Länder, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen. Sie kann die einheitliche Ausbildung der Beamten und Angestellten regeln. Die Leiter der Mittelbehörden sind mit ihrem Einvernehmen zu bestellen.
(3) Die Landesbehörden unterstehen den Weisungen der zuständigen obersten Bundesbehörden. Die Weisungen sind, außer wenn die Bundesregierung es für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten. Der Vollzug der Weisung ist durch die obersten Landesbehörden sicherzustellen.
(4) Die Bundesaufsicht erstreckt sich auf Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Ausführung. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Bericht und Vorlage der Akten verlangen und Beauftragte zu allen Behörden entsenden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.