Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 28. Okt. 2016 - 2 B 87/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:1028.2B87.16.0A
28.10.2016

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage zum Az. 2 A 212/16 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2016 wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 110,37 € festgesetzt.

Gründe

1

Das vorläufige Rechtsschutzgesuch des Antragstellers hat Erfolg.

2

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in dieser Sache parallel anhängig gemachten Anfechtungsklage (2 A 212/16) stellt die gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO iVm § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO statthafte Rechtsschutzform dar und ist auch im Übrigen nach Ablehnung des zuvor gestellten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung zulässig (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO); er ist auch begründet.

3

In öffentlichen Abgaben- und Kostensachen kommt nach der Rechtsprechung der Kammer die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer erhobenen Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO nur in Betracht, wenn auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Dies folgt aus der Wertung des Gesetzgebers, der mit dem in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO geregelten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten - um eine solche handelt es sich bei der vorliegend streitbefangenen Zweitwohnungssteuerveranlagung - zum Ausdruck gebracht hat, dass eine solche Abgabe regelmäßig zunächst zu erbringen ist, und dass das Risiko, im Ergebnis möglicherweise zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen, den Zahlungspflichtigen trifft. Dementsprechend ist ein Anordnungsantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt VwGO in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO nur dann erfolgreich, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ernstlichen Zweifeln begegnet oder wenn die Vollziehung für den abgaben- bzw. kostenpflichtigen Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

4

Bei Anwendung dieses Maßstabes unterliegt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Antragsgegners vom 15.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2016 über die Heranziehung des Antragstellers zur Vorauszahlung auf die Zweitwohnungssteuer für den Zeitraum Juni bis Dezember 2016 nach dem Erkenntnisstand der Kammer ernstlichen Zweifeln. Ein Erfolg der parallel zum Az. 2 A 212/16 erhobene Klage ist bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich.

5

Zu Recht verweist der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid allerdings darauf, dass die steuererhebende Gemeinde grundsätzlich von der tatsächlichen Vermutung des Vorhaltens der Wohnung zum Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs ausgehen darf. Es obliegt dann dem Zweitwohnungsinhaber, objektive Umstände darzulegen, die diese tatsächliche Vermutung erschüttern. Gerade in den Fällen, in denen - wie hier - die Vermietung in Eigenregie erfolgt, sind strenge Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung zu stellen; es müssten insofern atypische Umstände vorliegen. Der Beteuerung des Zweitwohnungsinhabers, er habe die Wohnung doch als Rendite-Objekt und reine Kapitalanlage angeschafft, kommt insofern keine Bedeutung zu.

6

Aus Sicht der Kammer verkennt der Antragsgegner indes, dass diese Vermutung sich nur auf die Vorhaltung einer besteuerbaren Zweitwohnung für den persönlichen Gebrauch, nicht jedoch auf die Existenz einer besteuerbaren Zweitwohnung bezieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts ist erforderlich für die Annahme einer besteuerbaren Zweitwohnung eine abgeschlossene Wohneinheit mit sanitärer Ausstattung und Kochgelegenheit. Dabei ist unter sanitärer Ausstattung nach Auffassung der Kammer eine Toilette mit Wasserspülung sowie ein Waschbecken mit fließend Wasser zu verstehen. Unter Kochgelegenheit versteht die Kammer zumindest eine Herdplatte sowie eine Spüle (VG Schleswig, Urteil vom 11.10.2016 - 2 A 186/15 -). Ob die zu besteuernde Zweitwohnung diese Anforderungen erfüllt, ist von der steuererhebenden Gemeinde zu prüfen und festzustellen. Gemäß § 88 Abs. 1 AO ermittelt die Finanzbehörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Gemäß § 90 Abs. 1 AO sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Untersuchungsgrundsatz einerseits und Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen andererseits ist hier aus Sicht der Kammer von der Antragsgegnerin nicht fehlerfrei gelöst worden. Der Antragsteller hatte wiederholt vorgetragen, dass die Wohnung von ihm selbst renoviert werde. Es fehlten noch die Kochnische mit Spüle und Herd. Die Renovierung werde voraussichtlich im November/Dezember beendet sein. Nach diesem Vorbringen lag eine besteuerbare Wohnung in der zweiten Jahreshälfte 2016 noch nicht vor. Angesichts des Umstandes, dass Inaugenscheinnahmen vor Ort mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden sind, hält die Kammer es auch für sachgerecht, dem Steuerpflichtigen aufzugeben, Fotos einzureichen, die den Zustand der Wohnung dokumentieren. Angesichts des Zeitalters von Smartphone und Digitalkamera ist es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich zuzumuten, der steuererhebenden Gemeinde entsprechende Fotos vorzulegen, nachdem er sie zuvor erstellt hat. Insoweit dürfte der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sein.

7

Vorliegend kommt aber hinzu, dass der Antragsteller dem Antragsgegner mit Schreiben vom 15.08.2016 mitgeteilt hatte, dass aktuell eine Durchfeuchtung einer Innenwand festgestellt worden sei, so dass nicht absehbar sei, wann die Wohnung der Vermietung zugeführt werden könne. Da sie leider keine aktuellen Bilder von der Wohnung hätten, würde eine Ortsbesichtigung am Freitag, d. 19.08.2016 um 14.00 Uhr angeboten. Mit Schreiben vom 14.09.2016 führte der Antragsteller hierzu ergänzend aus, dass die Vermietung vorerst wegen des Durchfeuchtungsschadens unmöglich gemacht sei. In der kommenden Woche finde eine entsprechende Leck-Ortung statt. Dazu könne der Antragsgegner selbstverständlich auch den Sachverständigen der P.-Versicherung, Herrn B., K-Straße, E-Stadt oder die P.-Versicherung direkt befragen. Die Schadensnummer laute: ___/___. Eine Durchfeuchtung einer Wand aufgrund eines Wasserschadens unbekannter Ursache lässt sich aber aus Sicht der Kammer allein mit Fotos kaum dokumentieren. Insoweit endete die Mitwirkungspflicht des Antragstellers, in dem er die Anschrift des Sachverständigen und die Schadensnummer bei der P.-Versicherung mitteilte sowie die Möglichkeit einer Inaugenscheinnahme bei einem seiner nächsten Aufenthalte anbot. Es wäre nun im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes Sache des Antragsgegners gewesen, den Sachverhalt aufzuklären. Gerade hinsichtlich des Durchfeuchtungsschadens wäre ihm dies ohne großen Aufwand durch Rücksprache mit dem Sachverständigen der P.-Versicherung möglich gewesen. Die Feststellung der Existenz einer besteuerbaren Zweitwohnung ließ sich daher in diesem Stadium vom Antragsgegner allein auf der Grundlage des Verwaltungsvorgangs noch nicht treffen.

8

Danach ist dem Antrag mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge stattzugeben.

9

Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG und berücksichtigt entsprechend der ständigen Spruchpraxis der Kammer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der vorliegenden Art den maßgeblichen Wert mit 1/4 des Wertes der streitbefangenen Abgabenforderung iHv 441,48 €.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 90 Mitwirkungspflichten der Beteiligten


(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen un

Abgabenordnung - AO 1977 | § 88 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. (2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 11. Okt. 2016 - 2 A 186/15

bei uns veröffentlicht am 11.10.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betra

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Zweitwohnungssteuer für sein Mobilheim.

2

Er lebt mit Hauptwohnsitz in A-Stadt und ist Eigentümer eines Mobilheims im Gebiet der Gemeinde Neukirchen, amtsangehörige Gemeinde des Beklagten. Die Holz-/Presspappekonstruktion mit gummibereiften Rädern und Achse steht auf dem Campingplatz S., Stellplatz XX. Bevor der Kläger das 26,46 qm große Mobilheim erwarb, war es als Büro genutzt worden. Es verfügt über keine Heizung und ist nicht winterfest, hat eine Kochnische, Wohnbereich, Flur, Schlafplatz und Waschraum.

3

Die Gemeinde Neukirchen erhebt seit den 1980-er Jahren Zweitwohnungssteuer auf Grundlage ihrer „Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Gemeinde Neukirchen“ (im Folgenden: Satzung).

4

Das Finanzamt Ostholstein stufte das Mobilheim des Klägers mit Nachveranlagung vom 12.01.2015 rückwirkend zum 01.01.2013 als „sonstiges bebautes Grundstück - Gebäude auf fremdem Grund und Boden“ mit einem Einheitswert von 1.227,- € ein.

5

Mit Bescheid vom 28.09.2015 setzte der Beklagte gegen den Kläger Zweitwohnungssteuer für die Jahre 2013 und 2014 sowie eine Vorauszahlung für das Jahr 2015 in Höhe von jeweils 202,20 € - insgesamt 660,80 € - fest.

6

Der Kläger legte am 13.10.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Satzung der Gemeinde Neukirchen sei nichtig, weil sie gegen das Gebot hinreichender Bestimmtheit verstoße. Ein Mobilheim sei keine Wohnung im Sinne der Satzung. Die steuerliche Gleichstellung von Wohnungen und Mobilheimen sei nach der Rechtsprechung des OVG Schleswig unzulässig. Die Satzung erwähne Mobilheime nicht, deshalb sei die Analogie weder vom Wortlaut noch inhaltlich gedeckt. Es fehle deshalb an einer rechtlichen Grundlage für die Besteuerung von Mobilheimen. Auch eine Besteuerung auf Basis der üblichen Miete i.S.v. § 4 Abs. 3 der Satzung entbehre der Grundlage, da es im Gemeindegebiet keine vergleichbaren Objekte gebe, die den Maßstab für eine Ortsüblichkeit bilden könnten. Mobilheime könnten und würden regelmäßig nicht vermietet. Auch die rückwirkende Erhebung von Zweitwohnungssteuer dürfte unzulässig sein. Durch die Nichterhebung von Zweitwohnungssteuer für Mobilheime in den letzten 30 Jahren habe die Gemeinde Neukirchen einen Vertrauenstatbestand geschaffen.

7

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2015 als unbegründet zurück. Er sei an den Grundlagenbescheid des Finanzamtes zwingend gebunden. Änderungen könnten nur erfolgen, wenn das Finanzamt einen geänderten Grundlagenbescheid erlasse. Nach Bewertungsgesetz und dem „Gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen“ vom 15.03.2006 sei das Finanzamt gesetzlich verpflichtet worden, erstmalig die Feststellung des Einheitswertes für Mobilheime durchzuführen. Diese sei Grundlage für den Grundsteuermessbetrag und für die Zweitwohnungssteuer. Ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand für die Zeiträume vor Inkrafttreten des Ländererlasses könne daraus nicht abgeleitet werden. Entscheidend für die bewertungsrechtliche Einordnung des Mobilheims als Gebäude sei nach dem Erlass, ob es alle Merkmale eines Gebäudes aufweise. Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze hierzu seien auch bei Mobilheimen zu beachten. Mobilheime gelten nach der Satzung als Wohnungen. Der Begriff umfasse jede Wohnmöglichkeit, die als abgeschlossene Einheit mit den dazugehörigen Kriterien (Kochgelegenheit und sanitäre Ausstattung) anzusehen sei. Das Mobilheim des Klägers erfülle diese Voraussetzungen.

8

Der Kläger habe das Mobilheim auch zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs inne.

9

Es sei auch zulässig, anstelle des Mietwertes nach § 79 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) die übliche Miete i.S.d. § 79 Abs. 2 BewG treten zu lassen. Da es in der Gemeinde Neukirchen keinen eigenen Mietspiegel gäbe, erfolge eine Ermittlung anhand des Mietspiegels im Lande Schleswig-Holstein.

10

Zur rückwirkenden Festsetzung der Steuer werde auf § 169 ff. AO verwiesen.

11

Bei den vom Kläger zitierten Urteilen sei es um die Stellplatzsteuer für Dauercamper gegangen. Den dort geäußerten rechtlichen Bedenken habe die Gemeinde dadurch Rechnung getragen, dass sie die Erhebung einer Stellplatzsteuer für Dauercamper in einer gesonderten Satzung regele.

12

Am 10.11.2015 hat der Kläger Klage erhoben.

13

Zur Begründung trägt er ergänzend vor, sein Mobilheim erfülle nicht die rechtlichen Kriterien des Wohnungsbegriffes. Im Unterschied zu anderen sei es nicht ortsfest verbaut worden, sondern ruhe allein auf dem Fahrgestell und weise keine dauerhaften An- und Verbauungen auf. Ihm sei es unbenommen, das Mobilheim nach Beendigung des - im Übrigen nur auf ein Jahr befristeten - Pachtvertrages auf ein alternatives Grundstück zu verbringen. Eine auf Dauer angelegte Wohnnutzung sei auf dem als Camping- und Wochen-endplatz festgesetzten Gelände zudem baurechtlich unzulässig. Würde man sein Mobilheim auf einem Campingplatz mit den im angrenzenden Ferienhausgebiet befindlichen Ferienhäusern gleichstellen, müsste der Beklagte auch sämtliche Wohnwagen und Wohnmobile mit einer Steuer belegen. Das allerdings verstoße eindeutig nach der Rechtsprechung gegen Art. 3 GG.

14


Der Kläger beantragt,

15

den Bescheid der Beklagten vom 28.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2015 aufzuheben.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Für die Einordnung des Mobilheims als Wohnung komme es auf den Umfang der baurechtlichen Nutzungsmöglichkeiten und die Art der Ausstattung nicht an. Es liege ausschließlich im privaten Entscheidungsbereich des Klägers, sein „nur sehr einfach ausgestattetes“ Mobilheim bei mangelnder Heizung, Isolierung, Dämmung usw. entsprechend nachzurüsten und diese technischen Voraussetzungen zu schaffen.

19

Das Fehlen jeglicher Anbauten und der Verweis des Klägers, dass sein Mobilheim jederzeit auf der eigenen Achse fortbewegt werden könne, sei auf dem Mobilheimplatz die absolute Ausnahme. Seit Erwerb des Mobilheims habe der Kläger es zudem nicht bewegt. Für den Fall bedürfe es nach § 46 StVO einer entsprechenden Erlaubnis für den Schwertransport, um das Mobilheim mittels Sattelzugmaschine im Straßenverkehr bewegen zu dürfen. Dies sei zudem mit erheblichen Kosten verbunden.

20

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

22

Die Erhebung von Zweitwohnungssteuer mit Bescheid vom 28.09.2015 für das Mobilheim des Klägers auf dem in der Gemeinde Neukirchen befindlichen Campingplatz S. auf dem Stellplatz XX ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

23

Rechtsgrundlage der Heranziehung des Klägers zu einer Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2013 ist die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Gemeinde Neukirchen vom 18.03.2003 in der Fassung der 3. Nachtragssatzung vom 16.06.2011, für die Jahre 2014 und 2015 die Satzung in der zum 01.01.2014 in Kraft getretenen Neufassung vom 13.12.2013 i.V.m. §§ 2 Abs. 1, Sätze 1 und 2, 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein (KAG).

24

Nach den insoweit gleichlautenden Satzungsregelungen erhebt die Gemeinde Neukirchen als örtliche Aufwandsteuer eine Zweitwohnungssteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung im Gemeindegebiet, d.h. für das Innehaben einer Wohnung, über die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs oder dem seiner Familienmitglieder verfügen kann (§§ 1 und 2 Abs. 1 und 2 der Satzung). In § 4 der Satzung werden der Steuermaßstab und die Berechnung der Steuer geregelt.

25

Der Kläger, der seine Hauptwohnung in A-Stadt unterhält, erfüllt den Steuertatbestand des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der Satzung, denn er ist Inhaber eines Mobilheims, über das er zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs verfügen kann.

26

Entgegen seiner Auffassung hat er in S. eine Zweitwohnung in Form eines Mobilheims inne. Nach eigenen Angaben nutzt er das Mobilheim ausschließlich selbst und hält es damit - unabhängig von der Dauer und Anzahl der Aufenthalte - zum Zwecke der eigenen Erholung vor. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob das Mobilheim nach Alter und Ausstattung für Vermietungszwecke geeignet ist. Der Zweitwohnungsinhaber betreibt einen besteuerbaren Aufwand, wenn er in seiner Person oder in der eines Angehörigen die Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung nutzt bzw. sie für diese Zwecke vorhält, so dass er sich zumindest die Möglichkeit der Eigennutzung offen hält (BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, juris; BVerwG, Urt. v. 10.10.1995 - 8 C 40/93 -, juris; BVerwG, Beschl. v. 20.04.1998 - 8 B 25/98 -, juris).

27

Steuergegenstand ist gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung das Innehaben einer Zweitwohnung im Gemeindegebiet der Gemeinde Neukirchen. Es handelt sich bei dieser Steuer um eine örtliche Aufwandsteuer, die nach Art. 105 Abs. 2 a GG und § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG von dem Beklagten erhoben werden darf. Sie besteuert die über die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Einkommensverwendung, die mit der Haltung einer Zweitwohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung, also zur Nutzung durch den Inhaber selbst oder seine Angehörigen, verbunden ist (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Steuergut ist demnach die in der Haltung einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, juris). Gleiches gilt für das Innehaben eines Mobilheimes auf einem Dauerstandplatz. Auch mit dem Innehaben eines Mobilheims auf einem Dauerstandplatz wird ein Aufwand betrieben, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht. Während das Innehaben einer Hauptwohnung dem allgemeinen Grundbedarf des Wohnens dient, gilt dies für Mobilheime, die nicht als Hauptwohnung dienen, nicht. Auch Zweitwohnungen dienen, wenn sie vom Eigentümer genutzt werden, in der Regel der Erholung und der Urlaubsgestaltung. Dennoch stellt das Innehaben einer weiteren Wohnmöglichkeit einen besonderen Aufwand dar. Das Vorhalten einer Wohnung oder eines Mobilheims - sei es auch ausschließlich zu Urlaubs- und Erholungszwecken - dient nicht der Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs. Selbst wenn man davon ausginge, dass Urlaub und Erholung zum allgemeinen Lebensbedarf gehörten, ist dazu weder das Innehaben einer Zweitwohnung noch eines Mobilheims erforderlich. Der Aufwand für ein Mobilheim auf einem Campingplatz, als da sind Erwerbskosten sowie die Standplatzkosten, ist damit einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a GG grundsätzlich fähig (so für Mobilheime, Wohnmobile, Wohn- und Campingwagen OVG Schleswig, Urteil vom 19.11.2003 - 2 KN 1/03 - m.w.N., juris; Beschluss vom 25.01.2006 - 2 KN 1/05 - juris; VG Schleswig, Urteil vom 04.12.2015 - 2 A 227/13).

28

Das Mobilheim des Klägers genügt darüber hinaus den tatsächlichen Anforderungen an eine Zweitwohnung im Sinne von § 2 Abs. 1 der Satzung. Dessen Ausstattung unterscheidet sich nicht wesentlich von der einfacher Ferienhäuser. Unerheblich ist insbesondere, dass es über Räder und eine Deichsel verfügt und damit theoretisch beweglich ist. Auch das Mobilheim des Klägers wird - nachdem es nach Eigentümerwechsel auf einen Stellplatz verbracht wurde - trotz des Vorhandenseins von Achse und Rädern ortsfest genutzt. Ein Bewegen von Mobilheimen ist zudem nur mit erheblichem Aufwand (Sattelzugmaschine, Erlaubnis nach § 46 StVO) möglich.

29

Mobilheime erfüllen den satzungsmäßigen Wohnungsbegriff im üblichen Sinne. Was unter Wohnung zu verstehen ist, muss unter Beachtung von Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Satzung beantwortet werden. Es widerspricht zunächst nicht dem Wortlaut, ein Mobilheim als Wohnung anzusehen. Synonyme sind u.a. „Behausung“, „Obdach“ oder „Unterkunft“. Eine Wohnung liegt zwar regelmäßig, nicht aber zwingend in einem Gebäude. So gibt es Hausboote, Schiffe, Wohn-/Bauwagen und eben Mobilheime, mit denen der Wohnbedarf, wenn meist auch nur temporär, befriedigt werden kann. Vom Sinn und Zweck der Satzungsbestimmungen ist ein dauerhafter Aufenthalt nicht erforderlich, vielmehr der Zweitwohnungssteuer als Aufwandssteuer sogar wesensfremd; besteuert wird die weitere Unterkunft, die eben nicht Hauptwohnung sein darf. Deshalb ist auch die Existenz einer Heizung und demgemäß eine ganzjährige Nutzbarkeit des Mobilheims nicht Voraussetzung. Ausreichend ist vielmehr allein eine Beheizbarkeit (OVG Schleswig, Beschluss vom 17.03.2015 - 2 LA 8/15), die auch im Falle des Klägers z.B. durch einen elektrischen Heizlüfter ohne weiteres gegeben ist. Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer als Jahressteuer wäre zudem nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erst dann unverhältnismäßig, wenn die Nutzungsmöglichkeit zwei Monate unterschreiten würde (BVerwG Urteil vom 26.09.2001 - 9 C 1/01 - juris).

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Trotz der für die Abgrenzung von Zweit- und Hauptwohnung bestehenden Tatbestandswirkung des Melderechts im Zweitwohnungssteuerrecht (OVG Schleswig, Urteil vom 06.08.2015 - 2 LB 7/15 - juris), wendet die Rechtsprechung nicht den - weiten - Wohnungsbegriff des Melderechts an, der jeden zum Wohnen oder Schlafen benutzten umschlossenen Raum ausreichen lässt (§ 20 BMG). Erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung vielmehr eine abgeschlossene Wohneinheit mit sanitärer Ausstattung und Kochgelegenheit (vgl. nur OVG Schleswig, Urteil vom 20.03.2002 - 2 L 136/00 - juris). Dabei ist unter sanitärer Ausstattung nach Auffassung der Kammer eine Toilette mit Wasserspülung sowie ein Waschbecken mit fließend Wasser zu verstehen. Nicht erforderlich hingegen ist das Vorhandensein einer Dusche oder gar einer Badewanne. Unter Kochgelegenheit versteht die Kammer zumindest eine Herdplatte sowie eine Spüle.

31

Diese Anforderungen erfüllt das Mobilheim des Klägers.

32

Soweit der Kläger Gegenteiliges aus den Entscheidungen des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts zu 2 KN 1/03 und 2 KN 1/05 entnehmen will, kann er damit nicht durchdringen. Im Rahmen von Normenkontrollverfahren hat der Senat entschieden, dass die steuerliche Gleichstellung von Mobilheimen, Wohnmobilen und Wohn- und Campingwagen mit Zweitwohnungen durch satzungsrechtliche Fiktion gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Eine Vergleichbarkeit werde auch nicht dadurch hergestellt, dass auf Campingplätzen sanitäre Einrichtungen vorhanden seien (Urteil vom 19.11.2003 - 2 KN 1/03). Die in dieser Normenkontrollentscheidung beanstandete Satzungsbestimmung erfasste jedoch neben den Mobilheimen auch - ausstattungsunabhängig - Wohnmobile, Wohn- und Campingwagen. Wohnmobile verfügen in der Regel aber nur über eine Chemietoilette, einfache Wohnwagen besitzen keinerlei Sanitäreinrichtungen. Eine generelle Vergleichbarkeit mit Wohnungen konnte in dem Fall deshalb nicht angenommen werden. Der Senat hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass einige mobile Unterkünfte hinsichtlich ihrer Ausstattung auch dem Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts genügen können (Urteil vom 25.01.2006 - 2 KN 1/05; s.a. Beschluss vom 04.07.2014 - 4 LA 31/14).

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Auch die mit Bescheid vom 28.09.2015 errechnete Höhe der jährlichen Zweitwohnungssteuer hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Das Finanzamt hat das Mobilheim des Klägers als sonstiges bebautes Grundstück - Gebäude auf fremdem Grund und Boden - eingeordnet und mit Bescheid vom 12.02.2015 gemäß § 76 Abs. 2 BewG im Sachwertverfahren einen Einheitswert von 1.227,- € festgesetzt. Es ist damit keine Jahresrohmiete i.S.d. § 79 Abs. 1 BewG im Ertragswertverfahren zu ermitteln. Nach § 4 Abs. 3 der Satzung tritt dann an die Stelle des Mietwertes die übliche Miete im Sinne des § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG. Nach dieser Vorschrift ist die übliche Miete in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Der Beklagte hat für das Mobilheim des Klägers in Ermangelung eines eigenen Mietspiegels als Schätzgrundlage den Mietspiegel der Oberfinanzdirektion Kiel, Stand 1.1.1964, Übersicht V (frei finanzierte Nachkriegsbauten), die Ortsklasse B/C für Neukirchen, die Ausstattungsgruppe b) (Wasserleitung im Haus, WC, Ofenheizung, einfache Fußböden, einfache Fenster), sowie die Bezugsfertigkeit 1963 (Ende der Tabelle) zugrundegelegt und kommt so auf einen Mietwert je qm von 2,25 DM = 1,15 €. Dieser Betrag wurde mit der Größe des Mobilheims von 26,46 qm multipliziert, für Schönheitsreparaturen nach Ziff. 7 des Mietspiegels wurde ein Zuschlag iHv 5 % sowie nach Ziff. 4 des Mietspiegels ein Zuschlag für kleinen Wohnraum iHv 20 % gemacht. Damit gelangte der Beklagte auf eine Monatsmiete von 38,04 € bzw. eine Jahresmiete von 456,44 €. Nach Multiplikation mit auf den Stand September 1998 festgeschriebenem Hochrechnungsfaktor von 443 % (§ 4 Abs. 2 der Satzung) und unter Zugrundlegung eines Steuersatzes von 10 % (§ 5) sowie einer Verfügbarkeit von 100 % (§ 4 Abs. 5) errechnete der Beklagte richtig einen Zweitwohnungssteuerbetrag von jährlich 202,20 €. Diese Vorgehensweise entspricht der Praxis der Finanzämter, der Kommunen und der erkennenden Kammer.

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Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, die Berechnung der Zweitwohnungssteuer sei fehlerhaft, weil sein Mobilheim mangels Heizung nur in den Sommermonaten nutzbar sei. Das führt nicht dazu, dass der Steuermaßstab der üblichen Miete nach § 4 Abs. 3 der Satzung nicht herangezogen werden könnte. Selbst wenn eine Zweitwohnung über keine Heizung und keinen Ofen verfügt, ist sie nicht nur in dem Zeitraum von Mai bis September bewohnbar. Tage mit Minustemperaturen finden sich in Norddeutschland im Frühling und im Herbst ausgesprochen selten. Selbst im Winter herrscht nicht durchgängig Frost. Jedenfalls im Frühling und Herbst kann eine Zweitwohnung z. B. an Wochenenden mit Hilfe eines Heizlüfters genutzt werden. Es besteht auch keine Notwendigkeit, bereits im September oder Oktober die Wasserleitung abzudrehen und zu entleeren, um Frostschäden zu verhindern. Selbst wenn damit möglicherweise ca. drei Monate verbleiben, während derer die Nutzung jedenfalls bei Frost nicht möglich wäre, rechtfertigt dies nicht die Annahme, die Jahresmiete dürfe nicht nach dem Maßstab des § 4 Abs. 3 der Satzung bestimmt werden. Der für die Bemessung herangezogene Mietspiegel der Oberfinanzdirektion Kiel vom 07.08.1967 berücksichtigt zwar bei Feststellung der Ausstattungsgruppen, ob ein Gebäude mit einer Ofenheizung oder mit einer Sammelheizung ausgestattet ist, nicht hingegen den Umstand, dass ein Gebäude weder über eine Heizung noch über Öfen verfügt und von daher in den Wintermonaten nicht durchgehend bewohnbar ist. Zu berücksichtigen ist aber, dass der Steuermaßstab des § 4 Abs. 3 nicht dazu dienen soll, realitätsnah die auf dem Wohnungsmarkt tatsächlich erzielbare Wohnungsmiete zu ermitteln. Bei der Regelung des § 4 Abs. 3 der Satzung geht es nicht um die steuerliche Belastung einer „Marktmiete“ oder eines tatsächlich erzielbaren Mietwerts, sondern um die Gewinnung eines Maßstabes, der die Vergleichbarkeit der Mietwerte der in der Gemeinde vorhandenen Zweitwohnungen bzw. Mobilheime untereinander gewährleistet. Durch diese Regelung wird nicht - im Sinne eines Wirklichkeitsmaßstabes - der reale Aufwand des einzelnen Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Vorhaltung seiner Zweitwohnung (etwa in Gestalt einer „Eigenmiete“ oder der Kosten für die Kapitalbindung und sonstige Aufwendungen) erfasst, sondern ein fingierter Aufwand, der den besteuerbaren Aufwand normativ quantifiziert und (so) den Mietwert der in der Gemeinde vorhandenen Zweitwohnungen gleichsam auf „einen Nenner“ bringt (OVG Schleswig, Urteil vom 18.10.2000 - 2 L 67/99). Dies mag im Einzelfall dazu führen, dass die übliche Miete den getätigten Aufwand nicht realitätsnah abbildet. Hierauf kommt es aber nicht an. Steuergesetze betreffen in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftliche ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Art. 3 Abs. 1 GG ist erst dort verletzt, wo der ungleichen Behandlung verschiedener Sachverhalte ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt. Dabei hat der Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabes (so BVerfG, Beschluss vom 17.02.2010 - 1 BvR 529/09).

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Die Anknüpfung an die vom Beklagten ermittelte übliche Miete ist ein sachgerechter Anknüpfungspunkt, weil sie es ermöglicht, mit sehr geringem Aufwand die Steuerhöhe zu ermitteln. Die individuelle Ermittlung der jeweiligen fiktiven Miete wäre dem gegenüber mit einem außer Verhältnis zur Steuerhöhe stehenden Aufwand verbunden und wäre zudem ihrerseits mit der Gefahr von Gleichheitsverstößen verbunden. Die steuererhebende Gemeinde müsste dann unter Berücksichtigung der jeweils vorherrschenden Witterungsverhältnisse im jeweiligen Steuerjahr unter Würdigung der jeweils unterschiedlichen Bauausführungen der Zweitwohnungen den Umfang der Bewohnbarkeit und die sich daraus ergebende Miethöhe umständlich und aufwändig ermitteln. Die Fälle, in denen eine Zweitwohnung nicht einmal über eine Heizung verfügt, dürften aber derart gering sein, dass sie im Rahmen der Typisierung und Pauschalierung vernachlässigbar sind (VG Schleswig, Urteil vom 27.10.2014 - 2 A 41/13; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.01.2003 - 9 C 3/02 -, BVerwGE 117, 345).

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Die Kammer folgt nicht der Auffassung des Klägers, sein Mobilheim erfülle den Wohnungsbegriff deshalb nicht, weil es auf einem bauplanungsrechtlich als Camping- und Wochenendplatz festgesetzten Gebiet stehe. Dort sei eine Dauernutzung unzulässig. Es liege also ein rechtliches Hindernis für eine Wohnungsnutzung und damit auch für eine steuerrechtliche Annahme einer Wohnung vor. Wie bereits erörtert, ist dem Zweitwohnungssteuerrecht immanent, dass eben keine dauerhafte Nutzung des besteuerten Objekts stattfindet, weil es sonst die Hauptwohnung wäre. Zudem übersieht der Kläger, dass in allen Sondergebieten nach § 10 BauNVO - d.h. insbesondere Wochenendhaus-, Ferienhaus- und Campingplatzgebieten - nur Baulichkeiten zulässig sind, die nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend zu Urlaubs- und Wochenendaufenthalten genutzt werden.

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Schließlich bestehen auch keine rechtlichen Bedenken an der Heranziehung des Klägers zu Zweitwohnungssteuer für die Jahre 2013, 2014 und 2015 nach langjähriger (nach Schätzung des Klägers 30-jähriger) Nichtheranziehung von Mobilheimen durch den Beklagten. Der Kläger kann sich nicht deswegen auf Vertrauensschutz berufen, weil der Beklagte trotz insoweit gleich lautender Satzungsbestimmung und Überlegungen hierzu schon Mitte der 1990-er Jahre in der Vergangenheit Mobilheimbesitzer nicht zu Zweitwohnungssteuer veranlagt hat. Da nach Auffassung der Kammer das Mobilheim des Klägers eine Zweitwohnung i.S.v. § 2 Abs. 1 der Satzung ist, war eine ausdrückliche Aufnahme von Mobilheimen in die Satzung nicht erforderlich, die Frage des Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot belastender Gesetze stellt sich mithin nicht. Vielmehr genießt der Kläger wegen eines reinen Vollzugsdefizits den Vorteil der späten Veranlagung.

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Schutzwürdiges Vertrauen wurde auch nicht dadurch verletzt, dass der Kläger erst einige Jahre nach Ablauf der Steuerjahre zur Zweitwohnungssteuer herangezogen wurde. Die Anwendung der Steuersatzung liegt nicht im Ermessen des Beklagten. Auf Grund der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hat er eine Steuererhebung auch für zurückliegende Jahre vorzunehmen, sobald er Erkenntnisse für die Erfüllung des Steuertatbestandes erlangt. Das war hier mit der Festsetzung des Einheitswerts durch das Finanzamt Ostholstein für das Mobilheim des Klägers der Fall. Eine zeitliche Grenze, die dem Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen dient, wird regelmäßig allein durch die Frist über die vierjährige Festsetzungsverjährung (§ 15 KAG) gezogen. Mit dem Eintritt der Verjährung erlöschen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 47 AO i.V.m. § 11 KAG). Festsetzungsverjährung ist hier jedoch nicht eingetreten.

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Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.

(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.

(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.

(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:

1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird,
2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger,
3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können,
4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
Einzelheiten der Risikomanagementsysteme dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Auf dem Gebiet der von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern legen die obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs der Steuergesetze im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen fest.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.