Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 21. März 2016 - 1 A 109/13

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:0321.1A109.13.0A
bei uns veröffentlicht am21.03.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der am ….1993 in Vladikavkas geborene Kläger ist russischer Staatsangehöriger ossetischer Volkszugehörigkeit und christlichen Glaubens. Er gibt an, im September 2011 (erneut) gemeinsam mit seiner Mutter sein Heimatland verlassen zu haben und am 21. September 2011 mit dem Flugzeug aus Moskau kommend nach Deutschland eingereist zu sein. Er stellte am 11.10.2011 einen Asylantrag, den er im Wesentlichen wie folgt begründete:

2

Er sei mit seiner Familie im Jahre 2002 bereits schon einmal in Deutschland gewesen, wann er wieder in Russische Föderation zurückgereist sei, wisse er nicht mehr. Seine Familie habe gemeinsame Probleme gehabt. Bereits 2006 sei sein Vater auf einem Parkplatz von vier Männern zusammengeschlagen worden. Er sei dabei anwesend gewesen und hätte versucht, seinen Vater zu verteidigen und dabei einen Schlag auf das rechte Auge bekommen.

3

Im Mai 2011 habe es an der Haustür geklingelt und zwei Männer hätten die Wohnung betreten, einer hätte ihn gepackt und zugeschlagen. Die Mutter sei ins Schlafzimmer gebracht und dort zusammengeschlagen worden. Man habe ihn dann in ein Auto verbracht und Hände und Augen verbunden. Er habe sich dann in einem Kellerraum wiedergefunden, dort habe man ihn gequält und geschlagen. Er habe drei Tage in diesem Kellerraum ohne Essen und Wasser verbringen müssen. Nach drei Tagen sei eine andere Person gekommen, die ihm gesagt habe, er kenne den Vater und wisse daher, was die Männer mit ihm vorhätten, man wolle ihn umbringen. Diese dritte Person habe deswegen geraten, einfach wegzulaufen. Er habe ihn rausgelassen. Ein vorbeifahrendes Auto habe ihn dann mitgenommen. Zu Hause hätten seine Mutter und er umgehend die Sachen gepackt und seien nach Nord-Ossetien gefahren, wo sie sich bis zur Ausreise versteckt gehalten hätten. Dies sei das Elternhaus seines Vaters gewesen, sein Vater sei im Jahre 2010 umgebracht worden. Von wem, wisse er nicht. Seine Mutter habe ihm auch nicht erklären können, worum es bei diesen Auseinandersetzungen gegangen sei.

4

Mit Bescheid vom 20.06.2013 lehnte die Beklagte den Asylantrag ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlägen. Gleichzeitig setzte es eine Ausreisefrist und drohte die Abschiebung an. Hiergegen ist rechtzeitig Klage erhoben worden.

5

Der Kläger hat sich zur weiteren Begründung seiner Klage zunächst auf das Vorbringen aus seiner Anhörung bezogen und die Asylanerkennungsbescheide für seine Mutter und seine Geschwister (18.06. und 19.06.2013) überreicht. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso die restliche Familie bei Würdigung des gleichen Sachverhaltes als Asylberechtigte anerkannt sei, nur der Kläger nicht.

6

In der Anhörung im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger ergänzt, soweit ihm aus eigener Erinnerung und Erzählungen der Familie bekannt sei, hätten die Übergriffe gegenüber der Familie im Zusammenhang mit dem Kauf einer Neubauwohnung gestanden, die die Eltern von einem Unternehmen in Vladikavkas gekauft hätten. Dieses Unternehmen sei während der Bauphase pleite gegangen und die Eltern wollten das bereits angezahlte Geld für diesen Wohnungskauf wieder zurückbekommen. Das sei wohl die Ursache für all diese Geschehnisse. Der Kauf dieser Wohnung sei nach 2002 erfolgt, als sie nach kurzem Aufenthalt in Deutschland wieder in die Heimat zurückgekehrt seien. Der Vater sei 2010 getötet worden. Dies habe er von seiner Mutter erfahren. Es habe nach dem Tod des Vaters auch eine polizeiliche Untersuchung gegeben, er wisse aber nicht, ob diese zu einem Ergebnis geführt habe.

7

Fluchtauslösender Vorfall sei ein Überfall durch unbekannte Männer bei ihnen zu Hause gewesen, bei dem er mitgenommen und an einen unbekannten Ort verbracht worden sei. Dort habe man ihn 3 Tage festgehalten und gequält. In der 3. Nacht sei ein weiterer Mann gekommen, der ihm gesagt habe, dass er den Vater gekannt habe und ihm, dem Kläger daher helfen wolle. Er wisse, dass man ihn umbringen werde. Dieser Mann habe ihn dann laufen lassen und er sei dann mit Hilfe eines Autos, das er auf der Straße angehalten habe, wieder nach Hause zurückgekehrt. Seine Mutter habe dann die jüngeren Geschwister, die vorsorglich schon bei einer Tante untergebracht worden waren, abgeholt und man sei dann gemeinsam nach Nord-Ossetien geflohen, wo sie sich bis zur Ausreise in der leer stehenden Wohnung der verstorbenen Großeltern versteckt gehalten hätten.

8

Der Kläger beantragt,

9

die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen,

10

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zu gewähren

11

weiter hilfsweise das Vorliegen von nationalen Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG festzustellen und den Bescheid vom 20.06.2013 aufzuheben, soweit er diesen Verpflichtungen entgegensteht.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Sie verweist zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

16

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Einzelrichterin gemäß § 76 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art 16a Abs.1 GG, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG oder auf Feststellung von nationalen Abschiebungshindernissen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Abschiebungsandrohung ist daher ebenfalls rechtmäßig.

18

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG). Insoweit ist das AsylG in der Fassung der letzten Änderung (Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394) geändert worden ist) zugrundezulegen.

19

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 AsylG.

20

Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft setzt nach § 3 Abs. 4 AsylG voraus, dass der Antragsteller Flüchtling im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG ist und keine Hinderungsgründe nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG vorliegen. Ein „Flüchtling nach Absatz 1“ ist, in wessen Person die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG erfüllt sind und bei dem keine Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG vorliegen. Die Flüchtlingseigenschaft ist des Weiteren nach § 3e AsylG nicht zuzuerkennen, wenn der Ausländer sog. internen Schutz erlangen kann.

21

Der Kläger ist kein Flüchtling iSd § 3 Abs. 1 AsylG.

22

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer ein Flüchtling im Sinn des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge („Genfer Flüchtlingskonvention“), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Dies setzt voraus, dass Verfolgungshandlungen (§ 3a AsylG) von einem tauglichen Akteur (§§ 3c, 3d AsylG) aus bestimmten Verfolgungsgründen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 3b AsylG) zu erwarten sind. Die Furcht vor Verfolgung ist dabei begründet, wenn dem Ausländer die Gefahrenlage iSd § 3 Abs. 1 AsylG aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013, 10 C 23/12, Tz. 19 (Juris), = NVwZ 2013, 936, Tz. 19). Insoweit ist eine Prognose zur der Lage des Ausländers bei einer Rückkehr in das Herkunftsland anzustellen.

23

Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft setzt stets eine individuelle Verfolgungsgefahr für den Schutzsuchenden voraus. Diese individuelle Gefahrenlage kann sich aus Maßnahmen ergeben, die gegen den Schutzsuchenden selbst gerichtet sind (sog. anlassgeprägte Einzelverfolgung) oder aus Maßnahmen, die gegen eine Gruppe gerichtet sind, der der Schutzsuchende angehört (sog. Gruppenverfolgung). Weder unter dem Aspekt der anlassgeprägte Einzelverfolgung noch unter dem Aspekt der Gruppenverfolgung besteht eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung der Kläger.

24

Zugunsten des Schutz suchenden Ausländern gilt eine tatsächliche widerlegbare Vermutung für das (Fort-)Bestehen einer Gefahrenlage iSd § 3 Abs. 1 AsylG, wenn der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist (vgl. Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU). Mit der Aufhebung des § 60 Abs. 1 S. 5 AufenthG a.F. durch Art. 2 Nr. 7 lit. cc) des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU beabsichtigte der Gesetzgeber nicht, diese Vermutung zu beseitigen. Ausweislich der Gesetzesbegründung ging er davon aus, dass die „Regelungen in den aufgehoben Sätzen [...] in das Asylverfahrensgesetz übernommen worden“ sind (BT-Drs. 17/13063, S. 24 zu Nummer 6). Da das AsylG insoweit weiterhin keine Regelung trifft, ist die Berücksichtigung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU im Wege der richtlinienkonformen Auslegung geboten und zulässig.

25

Hieran gemessen ist der Kläger kein Flüchtling, da es bereits an dem Vorliegen von Verfolgungsgründen iSd § 3 Abs.1 Nr.1 iVm § 3b AsylG fehlt. Danach ist Flüchtling, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet.

26

Bei den Geschehnissen, die der Kläger als fluchtauslösend für die Familie geschildert hat, handelt es sich indes ganz offenbar um Übergriffe privater Dritter mutmaßlich des insolventen Bauunternehmens, um die Familie des Klägers wie auch die übrigen Betroffenen von Rückzahlungsansprüchen abzuhalten. Diese Vorgänge knüpfen indes nicht an individuelle geschützte Merkmale im Sinne des § 3 Abs.1 Nr.1 AsylG an.

27

Sonstige Umstände, die eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in die Russische Föderation begründen könnten, sind nicht erkennbar. Insbesondere auch unter Berücksichtigung des Vorhandenseins einer internen Schutzalternative in der Russischen Föderation außerhalb Nord-Ossetiens kommt eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - selbst wenn das Vorbringen des Klägers flüchtlingsschutzrelevant wäre - nicht in Betracht.

28

Politisch unverdächtigen Personen - wie dem Kläger - steht in der Russischen Föderation interner Schutz im Sinne von § 3e AsylG zur Verfügung (OVG Bremen, Urteil vom 10.07.2012 - 2 A 483/09.A - Juris; BayVGH, Urteile vom 29.01.2010 - 11 B 07.30343 -; vom 21.06.2010-11 B 08.30103; vom 09.08.2010 - 11 B 09.30091 - und vom 11.11.2010 - 11 B 09.30087 - Juris; OVG F-Stadt, Beschluss vom 07.11.2009 - 2 Bf 337/02.A - Juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.03.2009 - OVG 3 B 16.08 - Juris; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.07.2008 - 2 L 23/06 - Juris; HessVGH, Urteil vom 21.02.2008 - 3 UE 191/07.A - InfAuslR 2008, 271; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 25.10.2006 - A 3 S 46/06 - Juris;)

29

Für den Kläger besteht eine zumutbare interne Schutzalternative in anderen Teilen der Russischen Föderation. Diese ist auch erreichbar und es kann von ihm aufgrund seines Alters unter Würdigung seiner persönlichen Belange und bei Bewertung der gesamten Umstände vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich dort aufhält.

30

Dem Kläger steht wie allen russischen Staatsbürgern das Recht der freien Wahl des Wohnsitzes und des Aufenthaltes in der Russischen Föderation zu (AA, Lagebericht vom 15.10.2014 (Stand: August 2014). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es das Bestreben der Behörden in vielen Gebieten der Russischen Föderation ist, den Zuzug von Personen aus dem Kaukasus mittels restriktiver Verwaltungsvorschriften zu erschweren.

31

Allerdings sind diese Administrativmaßnahmen dem Bereich der vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 01.02.2007 - 1 C 24/06 - NVwZ 2007, 590) als Anfangsschwierigkeiten bezeichneten Hindernisse zuzuordnen, deren Überwindung möglich und im Regelfall auch zumutbar ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03. März 2009 - 3 B 16.08 - Juris).

32

Nach dem Registrierungssystem in der Russischen Föderation ist Voraussetzung für eine dauerhafte Registrierung, dass der Antragsteller einen Wohnraumnachweis führen kann und über einen russischen Inlandspass verfügt. Trotz der Systemumstellung durch das Föderationsgesetz wenden viele Regionalbehörden der Russischen Föderation restriktive örtliche Vorschriften oder Verwaltungspraktiken an, weshalb Personen aus dem Nordkaukasus erhebliche Schwierigkeiten haben, eine offizielle Registrierung zu erhalten. Besonders in Moskau haben insbesondere zurückgeführte Personen aus dem Kaukasus in der Regel nur dann eine Chance, in der Stadt Aufnahme zu finden, wenn sie über genügend Geld verfügen oder auf ein Netzwerk von Bekannten oder Verwandten zurückgreifen können (AA, Lagebericht vom 07.03.2011).

33

Die genannten Registrierungsvoraussetzungen gelten im ganzen Land. Gleichwohl ist eine offizielle Registrierung in anderen Regionen der Russischen Föderation, vor allem in Südrussland, grundsätzlich leichter möglich als in Moskau, unter anderem weil Wohnraum - eine der Registrierungsvoraussetzungen - dort erheblich billiger ist als in der russischen Hauptstadt mit ihren hohen Mieten. Neben Moskau ist es Personen aus dem Nordkaukasus auch gelungen, sich in den Gebieten Rostow, Wolgograd, Stawropol, Krasnodar, Astrachan, Nordossetien und in Karatschajewo- Tscherkessien anzusiedeln (AA, Lagebericht vom 07.03.2011).

34

Der Kläger hat keine individuellen Gesichtspunkte vorgetragen, die gerade in seiner Person begründet sind und die es gerade für ihn unzumutbar erscheinen lassen könnten, sich außerhalb seiner Heimatregion Nord-Ossetien niederzulassen.

35

Dem Kläger ist auch mit Blick auf die Gewährleistung des Existenzminimums eine Aufenthaltsnahme in den übrigen Teilen der Russischen Föderation außerhalb seiner Heimatregion zumutbar. Eine existentielle Bedrohung ist gegeben, wenn das Existenzminimum nicht gesichert ist. Erwerbsfähigen Personen bietet ein verfolgungssicherer Ort das wirtschaftliche Existenzminimum in aller Regel, wenn sie dort - was grundsätzlich zumutbar ist - durch eigene und notfalls auch weniger attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können.

36

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG (vormals unionsrechtliche Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 S. 2 AufenthG a.F.), da keine stichhaltigen Gründe vorliegen, dass ihm ein ernsthafter Schaden droht.

37

Stichhaltige Gründe dafür, dass ihm die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AsylG) oder Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylG) bei einer Rückkehr in die Russische Föderation drohen, sind nicht geltend gemacht oder in sonstiger Weise ersichtlich.

38

Es fehlt auch an stichhaltigen Gründen für die Annahme eines drohenden ernsthaften Schadens in Form einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG). Vom Vorliegen eines solchen internationalen bewaffneten Konflikts ist in Nord-Ossetien als dem maßgeblichen Herkunftsgebiet der Kläger nicht auszugehen.

39

Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Abschiebungsverbotes sind nicht ersichtlich, Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685 - EMRK-) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

40

Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor.

41

Nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine konkrete Gefahr besteht für den Ausländer nur, wenn sie ihm individuell droht. Der Anwendungsbereich des § 60 Abs. 7 S.1 AufenthG erfasst grundsätzlich keine Gefahren, denen die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist.

42

Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger aus individuellen Gründen landesweit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben droht, sind weder geltend gemacht noch in sonstiger Weise erkennbar.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.

44

Die Vollstreckungsentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

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(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

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Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3d Akteure, die Schutz bieten können


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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 25. Okt. 2006 - A 3 S 46/06

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 05. Oktober 2005 - A 11 K 11032/05 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Recht

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 05. Oktober 2005 - A 11 K 11032/05 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger zu 1 ist am ....1977 in Atsch’Choi-Martan (südlich von Grosny) geboren und nach seinen Angaben ein tschetschenischer Volkszugehöriger. Seine Ehefrau, die Klägerin zu 2 ist am ....1982 ebenfalls in Atsch’Choi-Martan geboren, wo die Eheleute nach ihren Angaben zuletzt auch ihren Wohnort hatten. Am 20.01.2004 reisten die Kläger zusammen mit der Klägerin zu 3, ihrer am ....2003 geborenen Tochter, aus. Am 27.01.2004 wurden sie um 2.05 Uhr, versehen mit einer Bahnfahrkarte nach Belgien, in Dortmund aufgegriffen und suchten um Asyl nach.
Die Klägerin zu 2 war im Besitz eines am 08.05.2003 ausgestellten russischen Inlandspasses (neu). Der Kläger führte hingegen keinen neuen russischen Inlandspass mit, sondern nur eine vorläufige Bescheinigung, eine Art Passersatz, die ihm der Schlepper abgenommen hatte. Ansonsten hatte der Kläger an Dokumenten einen Führerschein, ein Schulzeugnis, eine Heiratsurkunde, die Geburtsurkunde seiner Tochter sowie eine Bescheinigung über die bestandene Fahrprüfung dabei.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt gab der Kläger an, er habe von Herbst/Winter 1996 bis Juni 1997 in einer Spezialeinheit von Maschadow gedient, die in einer ehemaligen Bleistiftfabrik in Atsch’Choi-Martan untergebracht gewesen sei. Danach sei er zur Bahnpolizei gekommen und habe dort bis 1999 in Grosny gearbeitet. Im letzten Jahr habe er von der Landwirtschaft gelebt. Im Sommer 2001 habe er eine Vorladung zur Miliz in Atsch’Choi-Martan erhalten. Er habe ein Gespräch mit drei russischen Milizoffizieren geführt, die von ihm verlangt hätten, wieder bei der Miliz zu arbeiten. Außerdem hätten sie Informationen darüber gefordert, wer noch Waffen besitzen könnte und wer früher noch bei der Miliz gearbeitet habe. Er habe zahlreiche Formulare mitgenommen und sei ohne sich festzulegen gegangen. Sein Vater habe ihm danach geraten, diese Sache bleiben zu lassen, obwohl er 1.000 Dollar bekommen hätte. Im September 2001 sei es nachts zu einer Säuberungsaktion gekommen, bei der einige Personen festgenommen worden seien, darunter auch er. Sie hätten nach Alchasur Dasajew gesucht, ihn dabei auch gefasst und in einem anderen Zimmer verhört. Er - der Kläger - sei erniedrigt, beschimpft, geschlagen und nach Waffen befragt worden. Danach sei er mit 10 Leuten in eine Zelle gesperrt worden. Auch die drei Brüder D. seien bei ihm in der Zelle gewesen. Diese seien abgeholt, schwer misshandelt und dann wieder zurück in die Zelle gebracht worden. Ihn selbst habe man in Ruhe gelassen, weil er sich beim Treppensteigen die Rippen gebrochen habe. Drei Nächte habe er in dieser Zelle verbracht, dann habe ihn sein Vater freigekauft. In der Zeit danach habe er ein einigermaßen friedliches Leben geführt, im Garten und der Landwirtschaft gearbeitet und auch Kontakte zu seinen ehemaligen Kameraden aufrechterhalten. Am 12.12.2003 seien gegen 10.00 Uhr oder 11.00 Uhr vormittags zwei ehemalige Kameraden, Leibwächter von Dudajew, zu ihm nach Hause gekommen. Sie hätten ihn gebeten, ihr Motorrad mit Beiwagen zu verstecken, in dem sich vermutlich Utensilien zum Bau einer Bombe befunden hätten. Er habe nicht Nein sagen können. Nachmittags gegen 3.00 Uhr oder 4.00 Uhr habe er seine Frau zu seinen Schwiegereltern geschickt, weil er ein komisches Gefühl gehabt habe. Er habe an diesem Abend lange gewartet, aber seine Kameraden seien nicht zurückgekommen. Um 0.00 Uhr sei er ins Bett gegangen, gegen 3.00 Uhr oder 4.00 Uhr morgens seien die Militärs gekommen, einige maskiert, und hätten das Haus gestürmt. Ihn hätten sie verprügelt und festgenommen. Auch sein Vater und sein Bruder M. seien verprügelt worden, das Motorrad hätten sie beschlagnahmt. Wohin ihn die Militärs gebracht hätten, wisse er nicht, er sei dort in einer Zelle sieben bis acht Tage eingesperrt gewesen. Ca. 5 bis 6 Tage nach seiner Inhaftierung habe man ihn nach einer halbstündigen Fahrt an einen Ort, nicht weit von Schami-Jurt, einem Nachbardorf, gebracht. Dort habe er die beiden Freunde R. N. und H. Z. getroffen. Alle drei hätten sie Handschellen getragen und seien mit einer Video-Kamera aufgenommen worden, was wohl als Beweis dafür habe dienen sollen, dass sie an dieser Stelle hätten eine Bombe zünden wollen. Nachdem er 8 Tage beim Militär inhaftiert gewesen sei, habe man ihn für 15 Tage zur Miliz gebracht, bevor ihn sein Vater wiederum habe freikaufen können. Dies sei am 04.01.2004 vormittags gewesen. Am 05.01. habe ihn ein Cousin zu der Verwandtschaft seiner Frau für acht Tage nach Walerik gebracht, anschließend sei er noch ein paar Tage bei seiner Tante in Walerik geblieben. Vom 17.01. bis zum 20.01. habe er sich bei seinem Cousin in Atsch’Choi-Martan aufgehalten. Seine Ausreise habe sein Vater organisiert.
Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt bestätigte die Klägerin zu 2, dass der Kläger zu 1 am 12.12.2003 festgenommen worden sei. Sie sei nicht zu Hause gewesen, denn ihr Mann habe sie nachmittags zu ihren Eltern geschickt. Er sei dann am 04.01.2004 wieder freigekommen, nachdem ihn ihr Schwiegervater freigekauft habe. Weiter berichtete sie, dass der Kläger nicht immer zu Hause gewesen sei, sondern mal in Inguschetien und in Walerik gelebt habe. Vom September bis Dezember 2003 habe er in Inguschetien eine Wohnung gemietet gehabt, eigentlich schon von Juni ab, und sei dort in Nasran als Bauarbeiter beschäftigt gewesen.
Mit Bescheid vom 18.07.2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des AufenthG nicht vorliegen. Außerdem wurden die Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Im Falle einer nicht freiwilligen Ausreise wurde ihre Abschiebung in die Russische Föderation oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist, angedroht. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine Asylanerkennung gem. Art. 16 a Abs. 1 GG scheitere schon daran, dass die Kläger das Bundesgebiet auf dem Landweg erreicht hätten. Es bestünde aber auch kein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG, denn die Kläger seien nicht individuell vorverfolgt ausgereist. Die vom Kläger vorgetragene Verfolgungsgeschichte sei nicht glaubhaft. Wenn es tatsächlich zugetroffen hätte, dass sich in dem bei ihm untergestellten Motorrad samt Beiwagen Utensilien für den Bau einer Bombe befunden hätten, wäre er mit Sicherheit von der russischen Armee nicht mehr auf freien Fuß gesetzt worden. Ein weiteres Indiz dafür, dass er nicht die Wahrheit gesagt habe, sei seine Aussage, wonach er im letzten Jahr von der Landwirtschaft gelebt habe, während seine Ehefrau angegeben habe, er sei von September bis Dezember 2003 in Inguschetien gewesen, habe dort eine Wohnung gemietet und sei einer Beschäftigung als Bauarbeiter nachgegangen. Offenbar habe er von Inguschetien aus seine Ausreise betrieben. Dass diese längerfristig geplant gewesen sei, beweise die Vielzahl der Unterlagen, besonders sein Schulzeugnis, das er mitgeführt habe. Seine Festnahme im Rahmen einer Säuberungsaktion im Jahr 2001 könne als wahr unterstellt werden, stehe jedoch nicht mehr im kausalen Zusammenhang mit der Ausreise. Nach seinen eigenen Angabe habe er danach längere Zeit unbehelligt leben können. Auch die allgemeine Lage in der russischen Teilrepublik Tschetschenien führe zu keiner anderen Einschätzung des Asylantrags. Es werde nicht verkannt, dass eine Rückkehr in die russische Teilrepublik Tschetschenien auf Grund der derzeitigen allgemeinen Lage den Ausländern nur schwerlich zugemutet werden könne. Die Kläger könnten ihren Aufenthalt aber in anderen Teilen der Russischen Föderation nehmen. Vor allem in Südrussland sei eine Registrierung und der für die Registrierung notwendige Wohnraum eher möglich als in den großen Städten, wie etwa in den Regionen Stawropol oder der Wolgaregion. Da die Familie nicht in das Blickfeld der russischen Sicherheitsorgane geraten sei und die Kläger somit auch nicht als potentielle Unterstützer der tschetschenischen Sache angesehen würden, sei eine Wohnsitznahme außerhalb Tschetscheniens durchaus möglich, wie vom Kläger bereits unter Beweis gestellt worden sei. Dieser könne durch Arbeiten am Bau oder durch Mitarbeit in der Landwirtschaft den Lebensunterhalt seiner Familie sicherstellen. Gründe für ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG seien ebenfalls nicht ersichtlich. Der schwierige Prozess des Wiederaufbaus einer funktionstüchtigen Wirtschaft habe in den neunziger Jahren zu einem sinkenden Lebensstandard und einer angespannten sozialen Lage in der Russischen Föderation geführt. Der 1999 einsetzende Wirtschaftsaufschwung habe eine allmähliche Verbesserung bewirkt. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sei vom Nahrungsmittelangebot her gewährleistet und es gebe staatliche Unterstützung, z.B. Sozialhilfe für bedürftige Personen auf sehr niedrigem Niveau (AA, Lagebericht vom 26.03.2004). Dieser Bescheid wurde den Klägern am 20.07.2005 zugestellt.
Bereits am 19.07.2005 haben die Kläger Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben sie am 05.10.2005 ihr Klagebegehren dahingehend beschränkt, dass sie nunmehr unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 18.07.2005 die Feststellung begehren, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfüllt sind; hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 5 AufenthG vorliegen, weiter hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG gegeben sind.
Mit Urteil vom 05.10.2005 - A 11 K 11032/05 - hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AuslG vorliegen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Gericht sei davon überzeugt, dass die Kläger tschetschenische Volkszugehörige seien. Es habe zwar nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Kläger individuell vorverfolgt ausgereist seien, indessen sei die Kriegsführung der russischen Seite im und seit dem 2. Tschetschenienkrieg sowie die Übergriffe der in Tschetschenien stationierten russischen Streitkräfte und der pro-russischen Sicherheitskräfte zur Überzeugung des Gerichts gegenüber der tschetschenischen Zivilbevölkerung als Gruppenverfolgung zu bewerten, von der die in Tschetschenien verbliebene tschetschenische Bevölkerung betroffen sei. Auf eine inländische Fluchtalternative in den restlichen Gebieten der russischen Föderation könnten die Kläger nicht verwiesen werden, denn ihnen drohe im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens ebenfalls mit hinreichender Sicherheit politische Verfolgung, nämlich durch die in ihrem Fall zu erwartende Verweigerung der Registrierung und deren Folgen. Weder in Inguschetien, noch in Kabardino-Balkarien oder Krasnador und Stawropol sei hinreichend gewährleistet, dass die Kläger dort einen legalen Aufenthalt begründen könnten. Auch in den übrigen Teilen der Russischen Föderation könne nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Kläger eine Registrierung fänden, und dass sie ohne registriert zu sein, nicht in eine ausweglose Lage gerieten. Das Fehlen der Registrierung sperre den Zugang zum Gesundheits- und Schulwesen, zum freien Wohnungs- und in der Regel auch zum Arbeitsmarkt für unselbständige Tätigkeiten. Ein Aufenthalt in der Russischen Föderation, ohne registriert zu sein, sei generell geeignet, die Kläger aus der Rechtsgemeinschaft des Staates, auszugrenzen und in eine ausweglose Lage zu bringen. Eine solche Maßnahme sei asylerheblich. Ob den Klägern ein Leben in der Illegalität zumutbar sei, hänge von der Prognose über die zu erwartenden Folgen und Beeinträchtigungen ab. Maßgebend hierfür seien etwa die Vermögensverhältnisse des Betroffenen und seiner Familie und seine Fähigkeiten, etwa erlernte Berufe und bisherige Beschäftigungen sowie Kontakte zu ansässig gewordenen Tschetschenen, mittels denen der Betreffende seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Solche Besonderheiten seien für die gesamte Familie vorliegend nicht gegeben. Diese existenzielle Gefährdung sei auch verfolgungsbedingt, denn die Kläger hätten sich in Tschetschenien, wenn sie es nicht verfolgungsbedingt hätten verlassen müssen, weiterhin und wie bisher in dem vertrauten Umfeld ihrer Heimat mit dem Existenznotwendigen versorgen können.
Gegen das ihr am 17.10.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.10.2005 beim Verwaltungsgericht die Zulassung der Berufung beantragt.
Mit Beschluss vom 11.01.2006 - A 3 S 990/05 - hat der Senat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der (Tatsachen)Frage zugelassen, ob tschetschenische Volkszugehörige in Tschetschenien einer Gruppenverfolgung unterliegen und ob für sie in den restlichen Gebieten der Russischen Föderation eine inländische Fluchtalternative besteht. Der Beschluss ist der Beklagten am 19.01.2006 zugestellt worden.
10 
Am 07.02.2006 hat die Beklagte die Berufung begründet, in dem sie auf die Ausführungen in der Antragsschrift auf Zulassung der Berufung vom 19.10.2005 sowie auf die Ausführungen im Zulassungsbeschluss vom 11.01.2006 verwiesen hat.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 05.10.2005 - A 11 K 11032/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
die Berufung zurückzuweisen,
15 
hilfsweise, zusätzlich festzustellen, dass die Voraussetzungen des Art. 15 c RL 2004/83/EG vorliegen.
16 
Zur Begründung beziehen sie sich auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts.
17 
In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger zu den Gründen seines Asylantrags angehört worden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf die darüber gefertigte Niederschrift verwiesen.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Behördenakten und die Erkenntnismittel, aufgelistet in der den Beteiligten mit Schreiben vom 28.09.2006 übermittelten Erkenntnisquellenliste Russische Föderation (Stand: 28.09.2006) sowie die Gerichts- und Behördenakten im Verfahren der Tochter der Kläger zu 1 und 2 (- A 3 S 48/06 -). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung, ebenso wie der Bericht von MEMORIAL „Menschen aus Tschetschenien in der Russischen Föderation, Juli 2005 bis Juli 2006“.

Entscheidungsgründe

 
I.
19 
Die Berufung des Beklagten ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO erfüllt, wonach die Berufungsbegründung einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Berufungsgründe enthalten muss. Welche Mindestanforderungen danach an die Berufungsbegründung zu stellen sind, hängt wesentlich von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Das gesetzliche Erfordernis der Einreichung eines Schriftsatzes zur Berufungsbegründung kann grundsätzlich auch eine auf die erfolgreiche Begründung des Zulassungsantrags verweisende Begründung erfüllen, wenn damit hinreichend zum Ausdruck gebracht werden kann, dass und weshalb das erstinstanzliche Urteil weiterhin angefochten wird. In asylrechtlichen Streitigkeiten genügt eine Berufungsbegründung den Anforderungen des § 124 a Abs. 6 VwGO regelmäßig etwa dann, wenn sie zu einer entscheidungserheblichen Frage ihre von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich macht, was auch durch die Bezugnahme auf die Begründung des insoweit erfolgreichen Zulassungsantrags und auf den Zulassungsbeschluss geschehen kann (st. Rechtspr. des BVerwG, z.B. Urteil vom 18.07.2006 - 1 C 15.05 - ; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.11.1997 - A 16 S 193/97 -, NVwZ 1998, 1089 f.). Dem wird die auf den Berufungszulassungsantrag sowie den Zulassungsbeschluss des erkennenden Senats verweisende Berufungsbegründung der Beklagten vom 02.02.2006 gerecht.
II.
20 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil zu Unrecht verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfüllt sind und daher auch zu Unrecht den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Den Klägern steht nämlich der mit der Berufung weiterverfolgte Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht zu, und die Beklagte kann auch nicht zur (hilfsweise beantragten) Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 5 AufenthG, § 60 Abs. 7 AufenthG und Art. 15 c RL 2004/83/EG verpflichtet werden (siehe § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
1. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (Abkommen vom 28.07.1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1953 II, S. 559 - GFK -) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Nach Satz 4 dieser Bestimmung kann eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 ausgehen vom Staat selbst, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder von nichtstaatliche Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten; dies gilt nach der gesetzlichen Regelung unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Eine Verfolgung liegt vor, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an eines der genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (siehe grundsätzlich: BVerfG, Urteil vom 10.07.1989 - 2 BvR 502, 1000 und 961/86 -, BVerfGE 80, 315, S. 339 und Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand Oktober 2006, RdNr. 41 zu § 60 AufenthG).
22 
Bei Auslegung und Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG ist die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004, ABl. vom 30.09.2004 L 304/12 (Qualifikationsrichtlinie) zu berücksichtigen, denn am 10.10.2006 ist gemäß Art. 38 Abs. 1 RL 2004/83/EG die Umsetzungsfrist für diese Richtlinie abgelaufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kommt nicht fristgerecht umgesetzten Richtlinien im Recht der Mitgliedstaaten eine unmittelbare Wirkung zu, wenn die Richtlinie von ihrem Inhalt her unbedingt und hinreichend bestimmt ist, um im Einzelfall angewandt zu werden, und sie dem Einzelnen subjektiv-öffentliche Rechte einräumt oder jedenfalls seine rechtlichen Interessen schützen will (vgl. EuGH, Urteile vom 05.04.1979 - Rs. 148/78 - , Slg. 1979, 1629 Rn. 23; Ruffert, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV, Kommentar, 2. Aufl. (2002), Art. 249 EGV RdNr. 73 ff.). Diese Voraussetzungen liegen im Fall der Qualifikationsrichtlinie vor; die darin enthaltenen Regelungen erfüllen zum ganz überwiegenden Teil diese Voraussetzungen. Dies hat zur Folge, dass die nationalen Bestimmungen unter Berücksichtigung der Richtlinienbestimmung richtlinienkonform auszulegen sind, und im Falle des Entgegenstehens der nationalen Bestimmung die Richtlinienbestimmung unmittelbare Anwendung findet (vgl. auch Hinweise des Bundesministerium des Innern vom 13.09.2006 zur Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG, S. 2 - künftig: Hinweise des BMI -). Hierbei sind die Anforderungen an die Verfolgungsmotivation und an die in Betracht kommenden (staatlichen und nichtstaatlichen) Verfolgungssubjekte in der RL 2004/83/EG und in dem ihr insoweit nachgebildeten § 60 Abs. 1 AufenthG deckungsgleich geregelt.
23 
Ob und inwieweit sich bei anderen Verfolgungsmerkmalen Abweichungen bei den Voraussetzungen und beim Verfolgungsmaßstab zwischen § 60 Abs. 1 AufenthG und der RL 2004/83/EG ergeben könnten, kann der Senat weitgehend offen lassen. Denn auch wenn von der für die Kläger jeweils günstigsten tatsächlichen und rechtlichen Konstellation hinsichtlich einer Vorverfolgung in Tschetschenien vor der Ausreise ausgegangen wird (dazu 1.) und der Senat zudem auch ihre Verfolgung in Tschetschenien im Falle der Rückkehr unterstellt , können sie Flüchtlingsschutz nach § 60 Abs. 1 AuslG und nach der RL 2004/83/EG jedenfalls deswegen nicht erhalten, weil ihnen jedenfalls eine inländische Fluchtalternative i.S.v. § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG bzw. interner Schutz im Sinne von Art. 8 der Qualifikationsrichtlinie in Gebieten außerhalb Tschetscheniens zur Verfügung steht (dazu 2.).
24 
1. Einem Asylbewerber, der bereits einmal politisch verfolgt war, kommt nach nationalem Recht wie nach der RL 2004/83/EG ein herabgestufter Verfolgungsmaßstab zugute. Nach nationalem Recht kann ihm eine Rückkehr in seine Heimat nur zugemutet werden, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BVerwGE 70, 169 <170 f.>). Nach diesem Maßstab wird nicht verlangt, dass die Gefahr erneuter Übergriffe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Vielmehr ist - über die theoretische Möglichkeit, Opfer eines Übergriffs zu werden, hinaus - erforderlich, dass objektive Anhaltspunkte einen Übergriff als nicht ganz entfernt und damit als durchaus reale Möglichkeit erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1992 - 9 C 62/91 -, NVwZ 1993 S. 191). Dem entspricht im Ergebnis Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie, wonach die Tatsache einer bereits eingetretenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung als ernsthafter Hinweis darauf zu werten ist, dass die Furcht des Schutzsuchenden vor Verfolgung begründet ist.
25 
Der Senat unterstellt zugunsten der Kläger, dass sie vor der Ausreise aus Tschetschenien dort von einer derartigen Verfolgung in Form einer regionalen Gruppenverfolgung betroffen waren. Ob dies tatsächlich der Fall war - ob mithin tschetschenische Volkszugehörige aus Tschetschenien dort aus asylerheblichen Gründen (wegen ihres Volkstums oder ihrer politischen Überzeugung) in der erforderlichen Verfolgungsdichte und -intensität von staatlichen russischen Stellen verfolgt wurden - braucht demgemäß nicht entschieden zu werden. Allerdings folgt der Senat dem Verwaltungsgericht darin, dass die Kläger jedenfalls eine individuelle Vorverfolgung nicht belegen können. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu verwiesen werden. Auch der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass der Kläger jedenfalls hinsichtlich des Vorfalls im Jahre 2003, der Auslöser für seine Flucht gewesen sein soll, von Geschehnissen berichtet hat, die er nicht selbst erlebt hat. Zu oberflächlich und unbeteiligt geriet seine Schilderung. Auch soweit er erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat von sexuellen Erniedrigungen und Demütigungen berichtet hat, zeigte er keine Emotionen und vermittelte dem Senat einen durchweg unbeteiligten Eindruck. Hinzu kommt, dass es sich hierbei um eine deutliche Steigerung seines Vorbringens handelt, und er nicht plausibel erklären konnte, weshalb er diese Geschehnisse nicht bereits bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt oder dem Verwaltungsgericht offenbart hat. Seine Einlassung auf den Vorhalt des Gerichts, es sei ihm schwer gefallen, die sexuellen Demütigungen und Erniedrigungen einem Richter gegenüber zu bekunden, weil es sich bei den Soldaten ja um Männer gehandelt habe, überzeugen den Senat schon deshalb nicht, weil der Kläger sich in einer Art und Weise geäußert hat, die eine wirkliche Betroffenheit vermissen ließ.
26 
2. Auf der Grundlage der (unterstellten) (Gruppen-) Vorverfolgung der Kläger wäre ein Anspruch auf Flüchtlingsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG dann gegeben, wenn sie zum einen auch bei einer Rückkehr nach Tschetschenien wegen ihrer tschetschenischen Volkszugehörigkeit einer (regionalen) Gruppenverfolgung - mit der erforderlichen Verfolgungsmotivation und Verfolgungsdichte - unterlägen, wobei sie sich auf einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab berufen könnten, und wenn ihnen zum anderen eine zumutbare inländische Flüchtalternative in anderen Landesteilen Russlands nicht zur Verfügung stünde. Ob die erstgenannte Voraussetzung (Gruppenverfolgung in Tschetschenien, hinreichende Sicherheit) gegeben ist, braucht der Senat ebenfalls nicht zu entscheiden. Denn auch wenn er diesen Verfolgungssachverhalt zu Gunsten der Kläger unterstellt, können sich die Kläger jedenfalls an einen Ort innerhalb der Russischen Föderation begeben, an dem sie eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG nach Maßgabe der Auslegungskriterien nach Art. 8 RL 2004/83/EG (interner Schutz) finden können.
27 
a) Gemäß Art. 8 Abs. 1 RL 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) können die Mitgliedsstaaten bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz feststellen, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht, und von dem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält. Gemäß Art. 8 Abs. 2 RL 2004/83/EG berücksichtigen die Mitgliedsstaaten bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllt, die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Antragstellers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag. Art. 8 RL 2004/83/EG ermächtigt die Mitgliedsstaaten zunächst grundsätzlich, den internationalen Schutz einzuschränken, wenn die betreffende Person in einem Teil des Herkunftslandes unter zumutbaren Umständen Schutz vor Verfolgung gefunden hat oder findet. Wie Art. 1 Nr. 38 a) bb) und cc) des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (Stand: 13.03.2006) zeigt, werden diese Vorgaben in der Neufassung des § 60 Abs. 1 AufenthG aufgegriffen und umgesetzt.
28 
Nach Art. 8 Abs. 2 RL 2004/83/EG kommt es nunmehr auf die am Ort des internen Schutzes bestehenden „allgemeinen Gegebenheiten“ und zusätzlich auch auf die „persönlichen Umstände“ des Asylsuchenden im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag an (so auch die Begründung des oben genannten Gesetz-Entwurfs zu Art. 1, Nr. 38 zur Auslegung von Art. 8 RL 2004/83/EG, S. 193 f.). Zur Interpretation des Begriffs der persönlichen Umstände kann auf Art. 4 Abs. 3 Buchst. c RL 2004/83/EG zurückgegriffen werden, wonach die individuelle Lage und die persönlichen Umstände des Asylsuchenden einschließlich solcher Faktoren wie familiärer und sozialer Hintergrund, Geschlecht und Alter, bei der Entscheidung zugrunde zu legen sind. Zu fragen ist sodann auf der Grundlage dieses gemischt objektiv-individuellen Maßstabs, ob von einem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich am Ort der internen Fluchtalternative aufhält. Erforderlich hierfür ist , dass er am Zufluchtsort unter persönlich zumutbaren Bemühungen jedenfalls sein Existenzminimum sichern kann. Fehlt es an einer solchen Möglichkeit der Existenzsicherung, ist eine interne Schutzmöglichkeit nicht gegeben.
29 
Dies entspricht im Kern der geltenden Rechtsprechung zu den Mindestanforderungen einer inländischen Fluchtalternative. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierbei auch bisher schon die individuellen Umstände des Asylsuchenden in den Blick genommen. So hat es eine inländische Fluchtalternative beispielsweise dann verneint, wenn für einen vorverfolgten Flüchtling am Zufluchtsort das wirtschaftliche Existenzminimum wegen in seiner Person liegender Merkmale - etwa wegen Behinderung oder wegen hohen Alters - nicht gewährleistet ist oder wenn der Vorverfolgte am Ort der Fluchtalternative keine Verwandten oder Freunde hat, bei denen er Obdach oder Unterstützung finden könnte, und ohne eine solche Unterstützung dort kein Leben über dem Existenzminimum möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.1993 - 9 C 45.92 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). In einer neuen Entscheidung hat sich das Bundesverwaltungsgericht ferner mit der Frage auseinandergesetzt, was dem Betroffenen am Ort der Fluchtalternative an Tätigkeiten zumutbar ist, um seinen Lebensunterhalt zu sichern (Beschluss vom 31.08.2006 - 1 B 96/06 - ) und hat damit Erwägungen angestellt, die auch den Anforderungen des Art. 8 RL 2004/83/EG Rechnung tragen. Nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, denen der Senat folgt, bietet ein verfolgungssicherer Ort erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum grundsätzlich dann, wenn sie dort - was grundsätzlich zumutbar ist - durch eigene und notfalls auch weniger attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer "Schatten- oder Nischenwirtschaft" stattfinden. Der Verweis auf eine entwürdigende oder eine kriminelle Arbeit - etwa durch Beteiligung an Straftaten im Rahmen „mafiöser“ Strukturen - ist dagegen nicht zumutbar (BVerwG, Beschluss vom 17.05.2005 - 1 B 100/05 - ). Maßgeblich ist grundsätzlich auch nicht, ob der Staat den Flüchtlingen einen durchgehend legalen Aufenthaltsstatus gewähren würde, vielmehr ist in tatsächlicher Hinsicht zu fragen, ob das wirtschaftliche Existenzminimum zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.08.2006 - 1 B 96/06 - a.a.O.; a.A. OVG Magdeburg, Urteil v. 31.03.2006 - 2 L 40/06 - , d.h. ob mit den erlangten Mitteln auch die notwendigsten Aufwendungen für Leben und Gesundheit aufgebracht werden können.
30 
b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist es den Klägern - nach der gegenwärtigen Sachlage (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG sowie Art. 8 Abs. 2 RL 2004/83/EG) - zuzumuten und kann von ihnen daher auch vernünftigerweise erwartet werden, dass sie ihren Aufenthalt in einem anderen Landesteil der Russischen Föderation nehmen, an dem sie vor Verfolgung sicher sind und wo ihr soziales und wirtschaftliches Existenzminimum gewährleistet ist. Selbst wenn dabei mit dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Hess. VGH, Urteil vom 18.05.2006 - 3 UE 177/04.A - ) und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Bay.VGH, Urteil vom 31.01.2005 - 11 B 02.31597 - ) die Regionen Inguschetien, Kabardino-Balkarien, Krasnodar und Stawropol als Orte/Räume einer inländischen Fluchtalternative ebenso ausgenommen werden wie die russische Hauptstadt Moskau und Petersburg, hat zumindest die Klägerin zu 2 gegenwärtig die Möglichkeit, in der tschetschenischen Diaspora innerhalb Russlands eine Registrierung zu erhalten und mit ihrer Registrierung für die ganze Familie das soziale und wirtschaftliche Existenzminimum zu sichern, denn sie verfügt über einen neuen gültigen russischen Inlandspass, der u.a. Voraussetzung für eine Registrierung ist. Hierzu ist im Einzelnen folgendes auszuführen:
31 
Art. 27 der russischen Verfassung von 1993 garantiert zwar die Niederlassungsfreiheit. Dieses Recht ist indessen strikt begrenzt durch regionale und lokale Bestimmungen und durch das de facto vielerorts noch gültige Propiska-System, das vor dem mit dem Föderationsgesetz im Jahre 1993 eingeführten Registrierungssystem galt und das nicht nur eine Meldung durch den Bürger, sondern auch die Gestattung oder Verweigerung durch die Behörden vorsah. Nach dem Registrierungssystem ist nunmehr Voraussetzung für eine dauerhafte Registrierung, dass der Antragsteller einen Wohnraumnachweis führen kann und über einen russischen Inlandspass verfügt. Ein in Deutschland ausgestelltes Passersatzpapier reicht für eine dauerhafte Registrierung nicht aus (AA, Lagebericht vom 18.08.2006, S. 26). Trotz der Systemumstellung durch das Föderationsgesetz wenden viele Regionalbehörden der Russischen Föderation restriktive örtliche Vorschriften oder Verwaltungspraktiken an, weshalb Tschetschenen außerhalb Tschetscheniens erhebliche Schwierigkeiten haben, eine offizielle Registrierung zu erhalten. Besonders in Moskau haben zurückgeführte Tschetschenen in der Regel nur dann eine Chance, in der Stadt Aufnahme zu finden, wenn sie über genügend Geld verfügen oder auf ein Netzwerk von Bekannten oder Verwandten zurückgreifen können. Hierbei haben sich die administrativen Schwierigkeiten und auch die Behördenwillkür nach der Geiselnahme im Oktober 2002 gegenüber - besonderes auch rückkehrenden - Tschetschenen verstärkt; daran dürfte sich auf absehbare Zeit angesichts der weiterhin fortbestehenden Terrorgefahr auch nichts ändern (AA, Lagebericht vom 18.08.2006, S. 26).
32 
Die genannten Registrierungsvoraussetzungen gelten im ganzen Land. Gleichwohl ist eine offizielle Registrierung in anderen Regionen der Russischen Föderation, vor allem in Südrussland, grundsätzlich leichter möglich als in Moskau, unter anderem weil Wohnraum - eine der Registrierungsvoraussetzungen - dort erheblich billiger ist als in der russischen Hauptstadt mit ihren hohen Mieten. Neben Moskau, wo etwa 200.000 Tschetschenen leben und den oben genannten, als Ort des internen Schutzes möglicherweise nicht in Betracht kommenden Regionen, ist es Tschetschenen auch gelungen, sich im Gebiet Rostow (70.000), in der Wolgaregion (50.000), in Nordossetien (4.000) und in Karatschajewo-Tscherkessien (23.000) anzusiedeln (AA, Lagebericht vom 18.08.2006, S. 18).
33 
c) Zur Überzeugung des Senats wird es auch der Klägerin zu 2, die im Besitz eines neuen gültigen russischen Inlandspasses ist, gelingen, in diesen tschetschenischen Siedlungsgebieten Wohnraum für sich und ihre Familie zu erlangen und damit grundsätzlich die geforderten Rechtsvoraussetzungen für eine Registrierung zu erfüllen. Im Hinblick auf die Möglichkeit, eine Registrierung zu erhalten bzw. ohne eine solche zu leben, führt MEMORIAL in seinem Schreiben vom 16.10.2005 allerdings aus, dass es sich auch an kleinen Orten nicht ohne Registrierung leben lasse, denn diese werde an jedem Ort benötigt. Hinzu komme, dass in kleinen Ortschaften alles sichtbar sei und man nicht „mit der großen Masse verschmelzen“ könne. Der Senat geht gleichwohl nicht davon aus, dass die Klägerin zu 2 an einem solchen Ort ohne Registrierung wird leben müssen. Trotz aller Schwierigkeiten, vor die sich die Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe bei Registrierungen gestellt sehen, ist nach Auskunft des Auswärtigen Amtes eine Registrierung in vielen Landesteilen möglich, wenn auch oft erst nach Intervention von Nicht-Regierungsorganisationen, Duma-Abgeordneten oder anderen einflussreichen Persönlichkeiten oder durch Bestechung (Lagebericht des AA vom 18.08.2006, Stand Juli 2006, S. 27). Bei ihren diesbezüglichen Bemühungen kann die Klägerin zu 2 auch auf die Unterstützung ihres Ehemannes zählen. Auch wenn dieser selbst über keinen gültigen Inlandspass verfügt und damit die Registrierungsvoraussetzungen für seine Person nicht erfüllt, wird es ihm gelingen, in der stark männlich dominierten tschetschenischen Diaspora Wohnraum zu organisieren und für sich selbst - auch ohne eigene Registrierung (dazu sogleich) - zumindest in der so genannten „Schattenwirtschaft“ eine Arbeit zu finden, die es ihm ermöglicht, das wirtschaftliche Existenzminimum für sich und seine Familie zu sichern. Darauf, ob er sich selbst registrieren lassen kann - wofür mangels eines gültigen Passes wenig spricht - und ob es ihm zumutbar wäre, zunächst nach Tschetschenien zurückzukehren, um sich einen neuen Pass zu beschaffen (dazu AA vom 22.11.2005 an VG Berlin), kommt es vorliegend nicht an. Denn für ihn als Angehörigen einer grundsätzlich registrierungsberechtigten Ehefrau ist auch ohne gültigen Pass eine Aufenthaltsnahme in einer als Ort des internen Schutzes in Betracht kommenden anderen Region der Russischen Föderation möglich und zumutbar (vgl. hierzu auch Hess. VGH, Urteil vom 18.05.2006 - 3 UE 177/04.A- Nr. 53 des Dokuments; für den Fall eines 35jährigen allein stehenden Mannes).
34 
Der Senat verkennt nicht, dass die Konsequenzen einer Nichtregistrierung gravierend sind und Rechtspositionen sowie eine Reihe sozialer Leistungen von der Registrierung abhängen, so das Recht auf Beschäftigung, auf medizinische Versorgung und Ausbildung. Gleichwohl werden sich die Kläger nach den besonderen Umständen des Falles in den Zufluchtgebieten mit zumutbaren Anstrengungen eine ausreichende Lebensgrundlage schaffen können ( zu den generellen Verhältnissen nicht registrierter Tschetschenen vgl. zuletzt AA, Lagebericht vom 18.08.2006, S. 27). Entscheidend ist, dass die Klägerin zu 2 über einen gültigen russischen Inlandspass verfügt. Damit wird es ihr nach Einschätzung des Senats möglich sein, in der Russischen Föderation - außerhalb der oben angeführten Regionen, die als Orte des internen Schutzes nicht in Betracht kommen - eine Registrierung zu erhalten. Jedenfalls auf Grundlage dieser Registrierung wird es den Klägern im Familienverbund gelingen, sich durch eine Tätigkeit des Klägers in der in der Russischen Föderation weit verbreiteten sog. „Schattenwirtschaft“ eine ausreichende Lebensgrundlage zu schaffen. Der Kläger ist ersichtlich gesund und zu körperlicher Arbeit in der Lage. Er hat auch bereits in der Landwirtschaft gearbeitet und beim Bau mitgeholfen. Darauf, ob der Familie auch ohne Registrierung „vernünftigerweise“ angesonnen werden könnte, sich in einer der Zufluchtsregionen aufzuhalten - laut MEMORIAL („Menschen aus Tschetschenien in der Russischen Föderation, Juli 2005 bis Juli 2006“, S. 35) ist seit Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 122 der Empfang von staatlichen Unterstützungsgeldern und Renten bei fehlender Registrierung nicht möglich und wird der Besuch des Kindergartens und manchmal sogar der Schulbesuch erschwert - kommt es nicht an.
III.
35 
Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 5 AufenthG vor, wobei für die Auslegung Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 1 und 2 und die Art. 6 bis 8 RL 2004/83/EG jeweils heranzuziehen sind (vgl. Hinweise des BMI, S.15). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern bei einer Rückkehr in die Russische Föderation Folter (§ 60 Abs. 2 AufenthG), die Todesstrafe (§ 60 Abs. 3 AufenthG) oder insbesondere eine unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 der EMRK (§ 60 Abs. 5 AufenthG) droht. Art. 2 e RL 2004/83/EG definiert die „Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ als Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der bei einer Rückkehr Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 der Richtlinie zu erleiden. Auch für diese Personen sieht Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG vor, dass für sie - falls sie bereits vor ihrer Ausreise einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten haben -, der herab gestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab Anwendung findet. Auch wenn der Senat dessen Vorliegen auch hier bei den Klägern unterstellt, scheidet ein Anspruch aus den oben genannten Gründen aus.
36 
Auch für eine Schutzgewährung nach § 60 Abs. 7 AufenthG gilt entsprechendes. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Mit Blick auf die Qualifikationsrichtlinie ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt ist. Bei der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG gelten Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 1 und 2 und die Art. 6 bis 8 der Richtlinie 2004/83/EG. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Hinblick auf die Tatsache, dass die Umsetzungsfrist für die Qualifikationsrichtlinie mittlerweile abgelaufen ist, hilfsweise beantragt haben, zusätzlich festzustellen, dass die Voraussetzungen des Art. 15 c RL 2004/83/EG vorliegen, können sie damit gleichfalls nicht durchdringen, denn Art. 15 c RL 2004/83/EG ist ein Unterfall des § 60 Abs. 7 AufenthG und regelt die subsidiäre Schutzgewährung in Fällen willkürlicher Gewalt im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten. Ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall auf die Situation in Tschetschenien zutreffen, kann dahinstehen, denn auch hier gilt, dass den Klägern nach den obigen Ausführungen eine zumutbare interne Schutzalternative zur Verfügung steht, diese auch erreichbar ist und von ihnen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sich dort aufhalten.
IV.
37 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
38 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. Insbesondere kommt es auf die Frage, ob (und welche) tschetschenische Volkszugehörige in Tschetschenien einer (regionalen) Gruppenverfolgung ausgesetzt sind, wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht an.

Gründe

 
I.
19 
Die Berufung des Beklagten ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO erfüllt, wonach die Berufungsbegründung einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Berufungsgründe enthalten muss. Welche Mindestanforderungen danach an die Berufungsbegründung zu stellen sind, hängt wesentlich von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Das gesetzliche Erfordernis der Einreichung eines Schriftsatzes zur Berufungsbegründung kann grundsätzlich auch eine auf die erfolgreiche Begründung des Zulassungsantrags verweisende Begründung erfüllen, wenn damit hinreichend zum Ausdruck gebracht werden kann, dass und weshalb das erstinstanzliche Urteil weiterhin angefochten wird. In asylrechtlichen Streitigkeiten genügt eine Berufungsbegründung den Anforderungen des § 124 a Abs. 6 VwGO regelmäßig etwa dann, wenn sie zu einer entscheidungserheblichen Frage ihre von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich macht, was auch durch die Bezugnahme auf die Begründung des insoweit erfolgreichen Zulassungsantrags und auf den Zulassungsbeschluss geschehen kann (st. Rechtspr. des BVerwG, z.B. Urteil vom 18.07.2006 - 1 C 15.05 - ; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.11.1997 - A 16 S 193/97 -, NVwZ 1998, 1089 f.). Dem wird die auf den Berufungszulassungsantrag sowie den Zulassungsbeschluss des erkennenden Senats verweisende Berufungsbegründung der Beklagten vom 02.02.2006 gerecht.
II.
20 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil zu Unrecht verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfüllt sind und daher auch zu Unrecht den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Den Klägern steht nämlich der mit der Berufung weiterverfolgte Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht zu, und die Beklagte kann auch nicht zur (hilfsweise beantragten) Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 5 AufenthG, § 60 Abs. 7 AufenthG und Art. 15 c RL 2004/83/EG verpflichtet werden (siehe § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
1. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (Abkommen vom 28.07.1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1953 II, S. 559 - GFK -) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Nach Satz 4 dieser Bestimmung kann eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 ausgehen vom Staat selbst, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder von nichtstaatliche Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten; dies gilt nach der gesetzlichen Regelung unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Eine Verfolgung liegt vor, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an eines der genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (siehe grundsätzlich: BVerfG, Urteil vom 10.07.1989 - 2 BvR 502, 1000 und 961/86 -, BVerfGE 80, 315, S. 339 und Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand Oktober 2006, RdNr. 41 zu § 60 AufenthG).
22 
Bei Auslegung und Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG ist die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004, ABl. vom 30.09.2004 L 304/12 (Qualifikationsrichtlinie) zu berücksichtigen, denn am 10.10.2006 ist gemäß Art. 38 Abs. 1 RL 2004/83/EG die Umsetzungsfrist für diese Richtlinie abgelaufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kommt nicht fristgerecht umgesetzten Richtlinien im Recht der Mitgliedstaaten eine unmittelbare Wirkung zu, wenn die Richtlinie von ihrem Inhalt her unbedingt und hinreichend bestimmt ist, um im Einzelfall angewandt zu werden, und sie dem Einzelnen subjektiv-öffentliche Rechte einräumt oder jedenfalls seine rechtlichen Interessen schützen will (vgl. EuGH, Urteile vom 05.04.1979 - Rs. 148/78 - , Slg. 1979, 1629 Rn. 23; Ruffert, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV, Kommentar, 2. Aufl. (2002), Art. 249 EGV RdNr. 73 ff.). Diese Voraussetzungen liegen im Fall der Qualifikationsrichtlinie vor; die darin enthaltenen Regelungen erfüllen zum ganz überwiegenden Teil diese Voraussetzungen. Dies hat zur Folge, dass die nationalen Bestimmungen unter Berücksichtigung der Richtlinienbestimmung richtlinienkonform auszulegen sind, und im Falle des Entgegenstehens der nationalen Bestimmung die Richtlinienbestimmung unmittelbare Anwendung findet (vgl. auch Hinweise des Bundesministerium des Innern vom 13.09.2006 zur Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG, S. 2 - künftig: Hinweise des BMI -). Hierbei sind die Anforderungen an die Verfolgungsmotivation und an die in Betracht kommenden (staatlichen und nichtstaatlichen) Verfolgungssubjekte in der RL 2004/83/EG und in dem ihr insoweit nachgebildeten § 60 Abs. 1 AufenthG deckungsgleich geregelt.
23 
Ob und inwieweit sich bei anderen Verfolgungsmerkmalen Abweichungen bei den Voraussetzungen und beim Verfolgungsmaßstab zwischen § 60 Abs. 1 AufenthG und der RL 2004/83/EG ergeben könnten, kann der Senat weitgehend offen lassen. Denn auch wenn von der für die Kläger jeweils günstigsten tatsächlichen und rechtlichen Konstellation hinsichtlich einer Vorverfolgung in Tschetschenien vor der Ausreise ausgegangen wird (dazu 1.) und der Senat zudem auch ihre Verfolgung in Tschetschenien im Falle der Rückkehr unterstellt , können sie Flüchtlingsschutz nach § 60 Abs. 1 AuslG und nach der RL 2004/83/EG jedenfalls deswegen nicht erhalten, weil ihnen jedenfalls eine inländische Fluchtalternative i.S.v. § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG bzw. interner Schutz im Sinne von Art. 8 der Qualifikationsrichtlinie in Gebieten außerhalb Tschetscheniens zur Verfügung steht (dazu 2.).
24 
1. Einem Asylbewerber, der bereits einmal politisch verfolgt war, kommt nach nationalem Recht wie nach der RL 2004/83/EG ein herabgestufter Verfolgungsmaßstab zugute. Nach nationalem Recht kann ihm eine Rückkehr in seine Heimat nur zugemutet werden, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BVerwGE 70, 169 <170 f.>). Nach diesem Maßstab wird nicht verlangt, dass die Gefahr erneuter Übergriffe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Vielmehr ist - über die theoretische Möglichkeit, Opfer eines Übergriffs zu werden, hinaus - erforderlich, dass objektive Anhaltspunkte einen Übergriff als nicht ganz entfernt und damit als durchaus reale Möglichkeit erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1992 - 9 C 62/91 -, NVwZ 1993 S. 191). Dem entspricht im Ergebnis Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie, wonach die Tatsache einer bereits eingetretenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung als ernsthafter Hinweis darauf zu werten ist, dass die Furcht des Schutzsuchenden vor Verfolgung begründet ist.
25 
Der Senat unterstellt zugunsten der Kläger, dass sie vor der Ausreise aus Tschetschenien dort von einer derartigen Verfolgung in Form einer regionalen Gruppenverfolgung betroffen waren. Ob dies tatsächlich der Fall war - ob mithin tschetschenische Volkszugehörige aus Tschetschenien dort aus asylerheblichen Gründen (wegen ihres Volkstums oder ihrer politischen Überzeugung) in der erforderlichen Verfolgungsdichte und -intensität von staatlichen russischen Stellen verfolgt wurden - braucht demgemäß nicht entschieden zu werden. Allerdings folgt der Senat dem Verwaltungsgericht darin, dass die Kläger jedenfalls eine individuelle Vorverfolgung nicht belegen können. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu verwiesen werden. Auch der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass der Kläger jedenfalls hinsichtlich des Vorfalls im Jahre 2003, der Auslöser für seine Flucht gewesen sein soll, von Geschehnissen berichtet hat, die er nicht selbst erlebt hat. Zu oberflächlich und unbeteiligt geriet seine Schilderung. Auch soweit er erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat von sexuellen Erniedrigungen und Demütigungen berichtet hat, zeigte er keine Emotionen und vermittelte dem Senat einen durchweg unbeteiligten Eindruck. Hinzu kommt, dass es sich hierbei um eine deutliche Steigerung seines Vorbringens handelt, und er nicht plausibel erklären konnte, weshalb er diese Geschehnisse nicht bereits bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt oder dem Verwaltungsgericht offenbart hat. Seine Einlassung auf den Vorhalt des Gerichts, es sei ihm schwer gefallen, die sexuellen Demütigungen und Erniedrigungen einem Richter gegenüber zu bekunden, weil es sich bei den Soldaten ja um Männer gehandelt habe, überzeugen den Senat schon deshalb nicht, weil der Kläger sich in einer Art und Weise geäußert hat, die eine wirkliche Betroffenheit vermissen ließ.
26 
2. Auf der Grundlage der (unterstellten) (Gruppen-) Vorverfolgung der Kläger wäre ein Anspruch auf Flüchtlingsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG dann gegeben, wenn sie zum einen auch bei einer Rückkehr nach Tschetschenien wegen ihrer tschetschenischen Volkszugehörigkeit einer (regionalen) Gruppenverfolgung - mit der erforderlichen Verfolgungsmotivation und Verfolgungsdichte - unterlägen, wobei sie sich auf einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab berufen könnten, und wenn ihnen zum anderen eine zumutbare inländische Flüchtalternative in anderen Landesteilen Russlands nicht zur Verfügung stünde. Ob die erstgenannte Voraussetzung (Gruppenverfolgung in Tschetschenien, hinreichende Sicherheit) gegeben ist, braucht der Senat ebenfalls nicht zu entscheiden. Denn auch wenn er diesen Verfolgungssachverhalt zu Gunsten der Kläger unterstellt, können sich die Kläger jedenfalls an einen Ort innerhalb der Russischen Föderation begeben, an dem sie eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG nach Maßgabe der Auslegungskriterien nach Art. 8 RL 2004/83/EG (interner Schutz) finden können.
27 
a) Gemäß Art. 8 Abs. 1 RL 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) können die Mitgliedsstaaten bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz feststellen, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht, und von dem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält. Gemäß Art. 8 Abs. 2 RL 2004/83/EG berücksichtigen die Mitgliedsstaaten bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllt, die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Antragstellers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag. Art. 8 RL 2004/83/EG ermächtigt die Mitgliedsstaaten zunächst grundsätzlich, den internationalen Schutz einzuschränken, wenn die betreffende Person in einem Teil des Herkunftslandes unter zumutbaren Umständen Schutz vor Verfolgung gefunden hat oder findet. Wie Art. 1 Nr. 38 a) bb) und cc) des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (Stand: 13.03.2006) zeigt, werden diese Vorgaben in der Neufassung des § 60 Abs. 1 AufenthG aufgegriffen und umgesetzt.
28 
Nach Art. 8 Abs. 2 RL 2004/83/EG kommt es nunmehr auf die am Ort des internen Schutzes bestehenden „allgemeinen Gegebenheiten“ und zusätzlich auch auf die „persönlichen Umstände“ des Asylsuchenden im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag an (so auch die Begründung des oben genannten Gesetz-Entwurfs zu Art. 1, Nr. 38 zur Auslegung von Art. 8 RL 2004/83/EG, S. 193 f.). Zur Interpretation des Begriffs der persönlichen Umstände kann auf Art. 4 Abs. 3 Buchst. c RL 2004/83/EG zurückgegriffen werden, wonach die individuelle Lage und die persönlichen Umstände des Asylsuchenden einschließlich solcher Faktoren wie familiärer und sozialer Hintergrund, Geschlecht und Alter, bei der Entscheidung zugrunde zu legen sind. Zu fragen ist sodann auf der Grundlage dieses gemischt objektiv-individuellen Maßstabs, ob von einem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich am Ort der internen Fluchtalternative aufhält. Erforderlich hierfür ist , dass er am Zufluchtsort unter persönlich zumutbaren Bemühungen jedenfalls sein Existenzminimum sichern kann. Fehlt es an einer solchen Möglichkeit der Existenzsicherung, ist eine interne Schutzmöglichkeit nicht gegeben.
29 
Dies entspricht im Kern der geltenden Rechtsprechung zu den Mindestanforderungen einer inländischen Fluchtalternative. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierbei auch bisher schon die individuellen Umstände des Asylsuchenden in den Blick genommen. So hat es eine inländische Fluchtalternative beispielsweise dann verneint, wenn für einen vorverfolgten Flüchtling am Zufluchtsort das wirtschaftliche Existenzminimum wegen in seiner Person liegender Merkmale - etwa wegen Behinderung oder wegen hohen Alters - nicht gewährleistet ist oder wenn der Vorverfolgte am Ort der Fluchtalternative keine Verwandten oder Freunde hat, bei denen er Obdach oder Unterstützung finden könnte, und ohne eine solche Unterstützung dort kein Leben über dem Existenzminimum möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.1993 - 9 C 45.92 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). In einer neuen Entscheidung hat sich das Bundesverwaltungsgericht ferner mit der Frage auseinandergesetzt, was dem Betroffenen am Ort der Fluchtalternative an Tätigkeiten zumutbar ist, um seinen Lebensunterhalt zu sichern (Beschluss vom 31.08.2006 - 1 B 96/06 - ) und hat damit Erwägungen angestellt, die auch den Anforderungen des Art. 8 RL 2004/83/EG Rechnung tragen. Nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, denen der Senat folgt, bietet ein verfolgungssicherer Ort erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum grundsätzlich dann, wenn sie dort - was grundsätzlich zumutbar ist - durch eigene und notfalls auch weniger attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer "Schatten- oder Nischenwirtschaft" stattfinden. Der Verweis auf eine entwürdigende oder eine kriminelle Arbeit - etwa durch Beteiligung an Straftaten im Rahmen „mafiöser“ Strukturen - ist dagegen nicht zumutbar (BVerwG, Beschluss vom 17.05.2005 - 1 B 100/05 - ). Maßgeblich ist grundsätzlich auch nicht, ob der Staat den Flüchtlingen einen durchgehend legalen Aufenthaltsstatus gewähren würde, vielmehr ist in tatsächlicher Hinsicht zu fragen, ob das wirtschaftliche Existenzminimum zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.08.2006 - 1 B 96/06 - a.a.O.; a.A. OVG Magdeburg, Urteil v. 31.03.2006 - 2 L 40/06 - , d.h. ob mit den erlangten Mitteln auch die notwendigsten Aufwendungen für Leben und Gesundheit aufgebracht werden können.
30 
b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist es den Klägern - nach der gegenwärtigen Sachlage (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG sowie Art. 8 Abs. 2 RL 2004/83/EG) - zuzumuten und kann von ihnen daher auch vernünftigerweise erwartet werden, dass sie ihren Aufenthalt in einem anderen Landesteil der Russischen Föderation nehmen, an dem sie vor Verfolgung sicher sind und wo ihr soziales und wirtschaftliches Existenzminimum gewährleistet ist. Selbst wenn dabei mit dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Hess. VGH, Urteil vom 18.05.2006 - 3 UE 177/04.A - ) und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Bay.VGH, Urteil vom 31.01.2005 - 11 B 02.31597 - ) die Regionen Inguschetien, Kabardino-Balkarien, Krasnodar und Stawropol als Orte/Räume einer inländischen Fluchtalternative ebenso ausgenommen werden wie die russische Hauptstadt Moskau und Petersburg, hat zumindest die Klägerin zu 2 gegenwärtig die Möglichkeit, in der tschetschenischen Diaspora innerhalb Russlands eine Registrierung zu erhalten und mit ihrer Registrierung für die ganze Familie das soziale und wirtschaftliche Existenzminimum zu sichern, denn sie verfügt über einen neuen gültigen russischen Inlandspass, der u.a. Voraussetzung für eine Registrierung ist. Hierzu ist im Einzelnen folgendes auszuführen:
31 
Art. 27 der russischen Verfassung von 1993 garantiert zwar die Niederlassungsfreiheit. Dieses Recht ist indessen strikt begrenzt durch regionale und lokale Bestimmungen und durch das de facto vielerorts noch gültige Propiska-System, das vor dem mit dem Föderationsgesetz im Jahre 1993 eingeführten Registrierungssystem galt und das nicht nur eine Meldung durch den Bürger, sondern auch die Gestattung oder Verweigerung durch die Behörden vorsah. Nach dem Registrierungssystem ist nunmehr Voraussetzung für eine dauerhafte Registrierung, dass der Antragsteller einen Wohnraumnachweis führen kann und über einen russischen Inlandspass verfügt. Ein in Deutschland ausgestelltes Passersatzpapier reicht für eine dauerhafte Registrierung nicht aus (AA, Lagebericht vom 18.08.2006, S. 26). Trotz der Systemumstellung durch das Föderationsgesetz wenden viele Regionalbehörden der Russischen Föderation restriktive örtliche Vorschriften oder Verwaltungspraktiken an, weshalb Tschetschenen außerhalb Tschetscheniens erhebliche Schwierigkeiten haben, eine offizielle Registrierung zu erhalten. Besonders in Moskau haben zurückgeführte Tschetschenen in der Regel nur dann eine Chance, in der Stadt Aufnahme zu finden, wenn sie über genügend Geld verfügen oder auf ein Netzwerk von Bekannten oder Verwandten zurückgreifen können. Hierbei haben sich die administrativen Schwierigkeiten und auch die Behördenwillkür nach der Geiselnahme im Oktober 2002 gegenüber - besonderes auch rückkehrenden - Tschetschenen verstärkt; daran dürfte sich auf absehbare Zeit angesichts der weiterhin fortbestehenden Terrorgefahr auch nichts ändern (AA, Lagebericht vom 18.08.2006, S. 26).
32 
Die genannten Registrierungsvoraussetzungen gelten im ganzen Land. Gleichwohl ist eine offizielle Registrierung in anderen Regionen der Russischen Föderation, vor allem in Südrussland, grundsätzlich leichter möglich als in Moskau, unter anderem weil Wohnraum - eine der Registrierungsvoraussetzungen - dort erheblich billiger ist als in der russischen Hauptstadt mit ihren hohen Mieten. Neben Moskau, wo etwa 200.000 Tschetschenen leben und den oben genannten, als Ort des internen Schutzes möglicherweise nicht in Betracht kommenden Regionen, ist es Tschetschenen auch gelungen, sich im Gebiet Rostow (70.000), in der Wolgaregion (50.000), in Nordossetien (4.000) und in Karatschajewo-Tscherkessien (23.000) anzusiedeln (AA, Lagebericht vom 18.08.2006, S. 18).
33 
c) Zur Überzeugung des Senats wird es auch der Klägerin zu 2, die im Besitz eines neuen gültigen russischen Inlandspasses ist, gelingen, in diesen tschetschenischen Siedlungsgebieten Wohnraum für sich und ihre Familie zu erlangen und damit grundsätzlich die geforderten Rechtsvoraussetzungen für eine Registrierung zu erfüllen. Im Hinblick auf die Möglichkeit, eine Registrierung zu erhalten bzw. ohne eine solche zu leben, führt MEMORIAL in seinem Schreiben vom 16.10.2005 allerdings aus, dass es sich auch an kleinen Orten nicht ohne Registrierung leben lasse, denn diese werde an jedem Ort benötigt. Hinzu komme, dass in kleinen Ortschaften alles sichtbar sei und man nicht „mit der großen Masse verschmelzen“ könne. Der Senat geht gleichwohl nicht davon aus, dass die Klägerin zu 2 an einem solchen Ort ohne Registrierung wird leben müssen. Trotz aller Schwierigkeiten, vor die sich die Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe bei Registrierungen gestellt sehen, ist nach Auskunft des Auswärtigen Amtes eine Registrierung in vielen Landesteilen möglich, wenn auch oft erst nach Intervention von Nicht-Regierungsorganisationen, Duma-Abgeordneten oder anderen einflussreichen Persönlichkeiten oder durch Bestechung (Lagebericht des AA vom 18.08.2006, Stand Juli 2006, S. 27). Bei ihren diesbezüglichen Bemühungen kann die Klägerin zu 2 auch auf die Unterstützung ihres Ehemannes zählen. Auch wenn dieser selbst über keinen gültigen Inlandspass verfügt und damit die Registrierungsvoraussetzungen für seine Person nicht erfüllt, wird es ihm gelingen, in der stark männlich dominierten tschetschenischen Diaspora Wohnraum zu organisieren und für sich selbst - auch ohne eigene Registrierung (dazu sogleich) - zumindest in der so genannten „Schattenwirtschaft“ eine Arbeit zu finden, die es ihm ermöglicht, das wirtschaftliche Existenzminimum für sich und seine Familie zu sichern. Darauf, ob er sich selbst registrieren lassen kann - wofür mangels eines gültigen Passes wenig spricht - und ob es ihm zumutbar wäre, zunächst nach Tschetschenien zurückzukehren, um sich einen neuen Pass zu beschaffen (dazu AA vom 22.11.2005 an VG Berlin), kommt es vorliegend nicht an. Denn für ihn als Angehörigen einer grundsätzlich registrierungsberechtigten Ehefrau ist auch ohne gültigen Pass eine Aufenthaltsnahme in einer als Ort des internen Schutzes in Betracht kommenden anderen Region der Russischen Föderation möglich und zumutbar (vgl. hierzu auch Hess. VGH, Urteil vom 18.05.2006 - 3 UE 177/04.A- Nr. 53 des Dokuments; für den Fall eines 35jährigen allein stehenden Mannes).
34 
Der Senat verkennt nicht, dass die Konsequenzen einer Nichtregistrierung gravierend sind und Rechtspositionen sowie eine Reihe sozialer Leistungen von der Registrierung abhängen, so das Recht auf Beschäftigung, auf medizinische Versorgung und Ausbildung. Gleichwohl werden sich die Kläger nach den besonderen Umständen des Falles in den Zufluchtgebieten mit zumutbaren Anstrengungen eine ausreichende Lebensgrundlage schaffen können ( zu den generellen Verhältnissen nicht registrierter Tschetschenen vgl. zuletzt AA, Lagebericht vom 18.08.2006, S. 27). Entscheidend ist, dass die Klägerin zu 2 über einen gültigen russischen Inlandspass verfügt. Damit wird es ihr nach Einschätzung des Senats möglich sein, in der Russischen Föderation - außerhalb der oben angeführten Regionen, die als Orte des internen Schutzes nicht in Betracht kommen - eine Registrierung zu erhalten. Jedenfalls auf Grundlage dieser Registrierung wird es den Klägern im Familienverbund gelingen, sich durch eine Tätigkeit des Klägers in der in der Russischen Föderation weit verbreiteten sog. „Schattenwirtschaft“ eine ausreichende Lebensgrundlage zu schaffen. Der Kläger ist ersichtlich gesund und zu körperlicher Arbeit in der Lage. Er hat auch bereits in der Landwirtschaft gearbeitet und beim Bau mitgeholfen. Darauf, ob der Familie auch ohne Registrierung „vernünftigerweise“ angesonnen werden könnte, sich in einer der Zufluchtsregionen aufzuhalten - laut MEMORIAL („Menschen aus Tschetschenien in der Russischen Föderation, Juli 2005 bis Juli 2006“, S. 35) ist seit Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 122 der Empfang von staatlichen Unterstützungsgeldern und Renten bei fehlender Registrierung nicht möglich und wird der Besuch des Kindergartens und manchmal sogar der Schulbesuch erschwert - kommt es nicht an.
III.
35 
Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 5 AufenthG vor, wobei für die Auslegung Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 1 und 2 und die Art. 6 bis 8 RL 2004/83/EG jeweils heranzuziehen sind (vgl. Hinweise des BMI, S.15). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern bei einer Rückkehr in die Russische Föderation Folter (§ 60 Abs. 2 AufenthG), die Todesstrafe (§ 60 Abs. 3 AufenthG) oder insbesondere eine unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 der EMRK (§ 60 Abs. 5 AufenthG) droht. Art. 2 e RL 2004/83/EG definiert die „Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ als Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der bei einer Rückkehr Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 der Richtlinie zu erleiden. Auch für diese Personen sieht Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG vor, dass für sie - falls sie bereits vor ihrer Ausreise einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten haben -, der herab gestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab Anwendung findet. Auch wenn der Senat dessen Vorliegen auch hier bei den Klägern unterstellt, scheidet ein Anspruch aus den oben genannten Gründen aus.
36 
Auch für eine Schutzgewährung nach § 60 Abs. 7 AufenthG gilt entsprechendes. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Mit Blick auf die Qualifikationsrichtlinie ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt ist. Bei der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG gelten Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 1 und 2 und die Art. 6 bis 8 der Richtlinie 2004/83/EG. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Hinblick auf die Tatsache, dass die Umsetzungsfrist für die Qualifikationsrichtlinie mittlerweile abgelaufen ist, hilfsweise beantragt haben, zusätzlich festzustellen, dass die Voraussetzungen des Art. 15 c RL 2004/83/EG vorliegen, können sie damit gleichfalls nicht durchdringen, denn Art. 15 c RL 2004/83/EG ist ein Unterfall des § 60 Abs. 7 AufenthG und regelt die subsidiäre Schutzgewährung in Fällen willkürlicher Gewalt im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten. Ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall auf die Situation in Tschetschenien zutreffen, kann dahinstehen, denn auch hier gilt, dass den Klägern nach den obigen Ausführungen eine zumutbare interne Schutzalternative zur Verfügung steht, diese auch erreichbar ist und von ihnen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sich dort aufhalten.
IV.
37 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
38 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. Insbesondere kommt es auf die Frage, ob (und welche) tschetschenische Volkszugehörige in Tschetschenien einer (regionalen) Gruppenverfolgung ausgesetzt sind, wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht an.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.