Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 13. März 2015 - RN 5 K 15.50118

bei uns veröffentlicht am13.03.2015

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2014 (Gesch.-Z.: ...) wird hinsichtlich der Ziffer 1 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird bis zur Verfahrenstrennung durch den Beschluss vom 11.03.2015 auf 5.000,- EUR und nach der Trennung auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die beklagtenseits ausgesprochene Feststellung in einem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), wonach das Asylverfahren des Klägers unzulässig sei.

Der am …1995 in K … geborene Kläger, eigenen Angaben zufolge sierra-leonischer Staatsangehöriger, vom Stamme der Fulla, Muslim, ledig, reiste wiederrum eigenen Angaben zufolge am 18.12.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 30.12.2013 einen Asylantrag stellte.

In seiner Befragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 27.02.2014 gab der Kläger an, er habe im Jahr 2010 sein Heimatland verlassen, da seine Schwester im dritten Monat von ihm schwanger gewesen sei. Seit dem habe er keinen Kontakt mehr mit seiner Familie. Er sei von Sierra Leone mit dem PKW, zu Fuß und mit einem Fischerboot über Guinea nach Senegal gereist. Bevor er nach Griechenland weitergereist sei, habe er dort 5 bis 6 Monate gelebt. In Griechenland habe er eineinhalb Jahre gelebt und anschließend sei er nach Belgien gereist, wo er am 07.08.2012 einen Asylantrag gestellt habe. Er habe zwei Monate in Antwerpen im Gefängnis verbracht und danach sei er obdachlos gewesen.

Da ein EURODAC-Datenabgleich einen Treffer hinsichtlich Belgien ergab, stellte das Bundesamt am 28.02.2014 ein Übernahmeersuchen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2003 (ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1 ff. - im Folgenden: Dublin-II-VO) an Belgien. Mit Schreiben vom 11.03.2014 akzeptierten die belgischen Behörden gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin-II-VO die Wiederaufnahme des Antragstellers.

Mit Bescheid vom 19.05.2014, dem Kläger am 23.05.2014 zugestellt, entschied das Bundesamt, dass der Asylantrag unzulässig sei. Gleichzeitig wurde die Abschiebung nach Belgien angeordnet. In der Bescheidsbegründung wird ausgeführt, dass aufgrund des bereits in Belgien abgelehnten Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin-II-VO Belgien zur Wiederaufnahme verpflichtet sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, welche die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO auslösen könnten, seien nicht ersichtlich. Im Übrigen wird auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen.

Am 05.06.2014 ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid erheben, die unter dem Aktenzeichen RN 5 K 14.50143 geführt wurde. Zugleich suchte er um einstweiligen Rechtsschutz nach, der unter dem Aktenzeichen RN 5 S 14.50142 geführt und mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25.06.2014 abgelehnt wurde.

Mit Schriftsatz vom 25.02.2015 hob die Beklagte die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids auf und erklärte den Rechtsstreit bezüglich dieser Ziffer vorsorglich für erledigt. Nachdem auch der Kläger den Rechtsstreit bezüglich Ziffer 2 für erledigt erklärt hat, stellte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg den Rechtsstreit hinsichtlich der Ziffer 2 mit Beschluss vom 11.03.2015 ein und trennte gleichzeitig den Rechtsstreit bezüglich Ziffer 1 in das nun vorliegende Verfahren ab.

Der Kläger beantragt,

  • 1.der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2014 (Az.: … - 272) wird aufgehoben.

  • 2.Es wird festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers zulässig ist und in Deutschland materiell behandelt wird.

  • 3.Es wird festgestellt, dass der Kläger in Deutschland asylberechtigt ist, hilfsweise wird festgestellt, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse gem. § 60 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor:

Sie sei zwar nach Ablauf der Überstellungsfrist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden, dies bedeute jedoch nicht, dass der Bescheid aufzuheben sei. Da der Kläger in Belgien bereits einen Asylantrag gestellt habe, stelle sich der hiesige Asylantrag als Zweitantrag i.S.d. § 71a AsylVfG dar. Ein weiteres Asylverfahren sei unter diesen Voraussetzung nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG vorliegen. Ist die Bundesrepublik somit wegen Ablaufs der Überstellungsfrist zuständig geworden, könne ein wegen Unzulässigkeit des Antrags ablehnender Bescheid nur dann aufgehoben werden, wenn Wiederaufgreifensgründe vorliegen, welche bislang nicht vorgetragen worden seien. Wenn jedoch ein früheres Asylverfahren erfolglos abgeschlossen sei und Wiederaufgreifensgründe nicht vorliegen, so könne die Aufhebung von Ziffer 1 des Bescheids nicht allein deswegen verlangt werden, weil die Bundesrepublik nun für die Durchführung des Verfahrens zuständig geworden sei. Sie brächte der Klägerseite gegenüber der ursprünglichen Ablehnung keinen rechtlichen Vorteil. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine entsprechende Umdeutung vor, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt im gleichen Verfahren in gleicher Form hätte erlassen können. Bei beiden Tenorierungen sei das Ziel des Bescheids die Ablehnung einer materiellen Prüfung des Asylantrags.

Das Verwaltungsgericht dürfe einen Verwaltungsakt nur dann aufheben, wenn er rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze. Selbst wenn die Ablehnung des Antrags als unzulässig nicht mehr mit der ursprünglichen Begründung der Zuständigkeit eines anderen Staates haltbar sein mag, so ergebe sich die Unzulässigkeit des Antrags doch aus anderen Vorschriften (Zweitantrag, keine Wiederaufgreifensgründe). Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb das Gericht den ablehnenden Bescheid aufheben und die Sache ans Bundesamt zurückverweisen dürfe, weil das Bundesamt noch keine Prüfung unter dem Aspekt des § 71a AsylVfG vorgenommen habe. Bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Zweitantrags handele es sich um kein wesensmäßig anderes Verfahren als das, in dem der nach der Dublin-VO zuständige Staat bestimmt werde. Eine Anhörung des Antragstellers finde erst dann statt, wenn feststehe, dass ein Asylverfahren durchzuführen sei. Nach alledem sei nicht ersichtlich, warum das Gericht nicht selbst über die Frage der Zulässigkeit des Zweitantrags entscheiden können sollte, da der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids nach § 77 Abs. 1 AsylVfG der Zeitpunkt der gerichtlichen, nicht der behördlichen Entscheidung sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf das den Antragsteller betreffende Aktengeheft des Bundesamtes, das dem Gericht vorgelegen hat, Bezug genommen.

Gründe

Die auf Aufhebung des Bescheids gerichtete Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) ist zulässig und hinsichtlich der noch nicht erledigten Ziffer 1 begründet, weil der streitgegenständliche Bescheid diesbezüglich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtswidrig ist und den Kläger zumindest in seinem Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens - und sei es auch als Zweitantrag - gemäß Art. 16a Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO verletzt. Nach Ablauf der hier maßgeblichen 6-monatigen Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO ist die Beklagte (erneut) verpflichtet, die Prüfung des Asylantrags aufzunehmen. Dabei wird sie zu klären haben, ob hier tatsächlich ein Zweitantrag nach § 71a AsylVfG vorliegt, wofür aufgrund des Schreibens der belgischen Behörden vom 11.03.2014 viel spricht. Weil die Beklagte nun für die Durchführung des Zweitantrags zuständig geworden ist, hat der Kläger auch an der Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheids ein anerkennenswertes Rechtsschutzbedürfnis, weil sich dadurch seine Rechtsposition entscheidend verbessert.

Der Bescheid kann nicht wegen Unzulässigkeit der Asylanträge bei Vorliegen ausländischer Anerkennungsentscheidungen oder aufgrund parallel laufender Asylverfahren bzw. im Wege der Umdeutung nach § 47 VwVfG als Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten werden. Auch kann das Gericht nicht in eigener Zuständigkeit über die Zulässigkeit des Zweitantrags entscheiden.

Die daneben gestellten Feststellungsanträge sind unzulässig. Der Kläger hat kein Rechtsschutzbedürfnis auf die im Klageantrag zu 2) begehrte Feststellung, dass der Asylantrag zulässig und die Beklagte für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Der Klageantrag zu 3) auf Feststellung der Asylberechtigung, hilfsweise auf Feststellung von Abschiebungsverboten, ist ebenfalls unzulässig, weil beide Rechtsschutzziele primär mit der Verpflichtungsklage geltend zu machen sind und die Feststellungsklage diesbezüglich gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO subsidiär ist.

Im Einzelnen:

Mit Einverständnis der Parteien konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

1. Die Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids, mit dem der Asylantrag des Klägers als unzulässig zurückgewiesen wurde, findet im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach Ablauf der Überstellungsfrist keine gesetzliche Grundlage mehr.

a. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Damit ist § 27a AsylVfG die zentrale Norm des nationalen Verfahrensrechts zur Verwirklichung eines einheitlichen europäischen Asylrechts mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung und der Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Grundsätzlich soll innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nur ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig sein. Deshalb wurde auf der Grundlage des Art. 78 Abs. 2 lit. e des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Gemeinschaft (AEUV) die Dublin-II-VO erlassen. Sie enthält in Kapitel III eine Rangfolge von Kriterien, nach denen der zuständige Mitgliedstaat bestimmt wird. Bei diesen Zuständigkeitsregeln handelt es sich um rein objektive zwischenstaatliche Regelungen, die keine individuelle Rechtsposition begründen (Günther, in: Kluth/Heusch, Beck’scher Online-Kommentar zum Ausländerrecht, § 27a Rn. 30). Der Kläger hat grundsätzlich, abgesehen von wenigen hier nicht einschlägigen Ausnahmen, kein vor den Gerichten einklagbares Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in einem bestimmten oder in dem für ihn zuständigen Staat (VGH BW, B.v. 06.08.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13).

Dieses „Zuständigkeitssystem“ suspendiert aber nicht das subjektiv öffentliche Recht jedes Asylbewerbers auf Durchführung eines Asylverfahrens. Im Hinblick auf die Beklagte resultiert dieser materielle Prüfungsanspruch letztlich aus Art. 16a Abs. 1 GG bzw. aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO, wonach die Mitgliedstaaten zur Prüfung des Asylantrags verpflichtet sind, auch wenn der Antrag in der Sache ein Zweitantrag nach § 71a AsylVfG ist. Nur wenn der Mitgliedstaat bei der Prüfung des Asylantrags feststellt, dass an sich ein anderer Mitgliedstaat für den Asylantrag zuständig ist, kann er seine eigene Prüfung beenden, den Antragsteller auf einen anderen Mitgliedstaat verweisen und ihn dorthin abschieben.

Diese Zuständigkeitsverlagerung hat nach den Regelungen des Kapitels III der Dublin-II-VO jedoch stets zwei Voraussetzungen: Zum einen muss der Staat in dem Asylantrag gestellt wurde davon überzeugt sein, dass ein anderer Mitgliedstaat zur Prüfung zuständig ist; zum anderen muss der ersuchte Mitgliedstaat - je nach Fallkonstellation - der Aufnahme zustimmen bzw. mit der Wiederaufnahme einverstanden sein. Nur durch diese beiden Elemente wird letztlich ein Zuständigkeitsstreit verhindert und die materielle Prüfung des Asylantrags innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sichergestellt.

b. Aus den vorstehenden Erwägungen wird nun deutlich, warum der streitgegenständliche Bescheid in Ziffer 1 nach Ablauf der Überstellungsfrist rechtswidrig geworden ist.

Im vorliegenden Fall hat sich Belgien mit einer Wiederaufnahme nach Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin-II-VO einverstanden erklärt. Die Bereitschaft zur Wiederaufnahme ist jedoch gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO zeitlich begrenzt. Wird die Überstellung des Antragstellers nicht innerhalb einer Frist von 6 Monaten durchgeführt, fällt die Zuständigkeit wieder auf den ersuchenden Staat (hier die Beklagte) zurück. Ab diesem Zeitpunkt ist der ersuchte Staat nach den zwischenstaatlichen Zuständigkeitsregelungen nicht mehr verpflichtet, den Asylbewerber wiederaufzunehmen. Ab diesem Zeitpunkt entfällt somit die zweite Voraussetzung der Zuständigkeitsverlagerung, nämlich die sichere Bereitschaft des ersuchten Staates zur Aufnahme des Antragstellers bzw. Wiederaufnahme.

Deshalb findet die Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Stütze mehr in § 27a AsylVfG. Der Asylantrag des Klägers kann nun nicht mehr als unzulässig abgewiesen werden, da die ursprüngliche Zuständigkeit des zunächst benannten Mitgliedstaates nicht mehr gegeben ist. Die Beklagte hat auch keine Gründe vorgetragen, woraus sich die weitere Zuständigkeit des hier ersuchten Mitgliedstaates ergeben soll.

c. Der Bescheid führt zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch zu einer Rechtsverletzung des Klägers. Er hat gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG ein subjektiv öffentliches Recht auf Durchführung eins Asylverfahrens. Diese Recht gilt auch im Falle eines Zweitantrags und es ist verletzt, wenn sich die Beklagte nach Ablauf der Überstellungsfrist weiter auf die zum Zeitpunkt des Bescheidserlass bestehenden Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruft.

Für die Rechtsverletzung kommt es nicht darauf an, ob der Fristablauf für den Kläger nunmehr ein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland begründet. Durch den Fristablauf wird das Verfahren gleichsam in den Zustand zurückversetzt, indem es sich bei Antragstellung in Deutschland befunden hat. Damit lebt die Pflicht der Beklagten zur Behandlung des Asylantrags wieder auf. Im Anschluss daran muss sich die Beklagte Gewissheit darüber verschaffen, ob es sich um einen Erst- oder um einen Zweitantrag handelt. Zudem wird die Beklagte der Frage nachgehen müssen, was der Kläger im Rahmen des in Belgien durchgeführten Asylverfahrens vorgetragen hat. Dafür sieht Art. 21 Abs. 3 der Dublin-II-VO eine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten vor: Soweit dies nämlich zur Prüfung des Asylantrags erforderlich ist, kann der zuständige Mitgliedstaat (die Beklagte) einen anderen Mitgliedstaat (Belgien) ersuchen, ihm die Gründe, die der Asylbewerber zur Stützung seines Antrags angeführt hat, und gegebenenfalls die Gründe für die bezüglich seines Antrags getroffene Entscheidung mitzuteilen.

Aus diesem Grund besteht für die im Klageantrag zu 2) begehrte Feststellung kein Rechtsschutzinteresse, weil die Beklagte nach Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheids ohnehin gesetzlich verpflichtet ist, das Verwaltungsverfahren wiederaufzunehmen. Eine dahingehende Feststellung wäre nur dann notwendig, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie auch nach Aufhebung des Bescheides untätig bleiben will. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte.

2. Soweit die Beklagte auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.6.2014 - 10 C 7/13) Bezug nimmt, wonach sie bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt sei, und somit ein gleichwohl gestellter Antrag unzulässig sei, ist der Bezug zum vorliegenden Fall nicht erkennbar. Der Kläger ist im ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat weder als Flüchtlinge anerkannt worden noch wurde ihm subsidiärer Schutz gewährt.

3. Der streitgegenständliche Bescheid kann auch nicht im Wege der Umdeutung gemäß § 47 VwVfG als eine ablehnende Entscheidung über einen Zweitantrag aufrecht erhalten werden, weil mehrere Voraussetzungen der Umdeutung im Hinblick auf die Ziffer 1) des Bescheids fehlen.

a. Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt den Verwaltungsakt in den umgedeutet werden soll bereits „enthält“ (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 47 Rn. 33). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Regelungsausspruch unverändert bleiben muss; nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen aber zwischen der umzudeutenden und der durch die Umdeutung erzeugten Regelung keine wesentlichen rechtlichen Unterschiede bestehen d.h. der neue Verwaltungsakt muss die gleiche materiell-rechtliche Tragweite besitzen (BVerwG, U.v. 28.02.1975 - IV C 30.73 - juris Rn. 27 m.w.N).

b. Hinsichtlich der Ziffer 1) ist diese Voraussetzung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht (mehr) erfüllt, weil jetzt die Ablehnung der Prüfung des Zweitantrags die ursprünglich im Dublin-Verfahren ergangene Entscheidung in ihrer rechtlichen Tragweite deutlich übersteigt. Nach Ablauf der Überstellungsfrist hat die Ablehnung des Zweitantrags eine entscheidende andere Rechtswirkung.

Die Entscheidung im Dublin Verfahren erschöpft sich nämlich in der Beantwortung der Zuständigkeitsfrage. Für § 27a AsylVfG kommt es nur darauf an, ob die Beklagte nach dem Dublin-Regime für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die gleiche Frage stellt sich zunächst auch bei § 71a Abs. 1 AsylVfG, wonach in Deutschland nur dann ein Zweitverfahren durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik für das Zweitverfahren zuständig ist. Insoweit deckt sich die materiell-rechtliche Tragweite beider Entscheidungen. Dieses Deckungsverhältnis besteht aber nur solange, solange sichergestellt ist, dass die Beklagte nicht zur Prüfung des Zweitantrags zuständig ist. Eine Entscheidung nach § 27a AsylVfG und § 71a AsylVfG unterscheidet sich während offener Überstellungsfrist nicht. Hier wie dort wäre der materiell-rechtliche Gehalt der Entscheidung identisch, denn er würde sich in der Aussage erschöpfen, dass die Bundesrepublik Deutschland für das jeweilige Verfahren nicht zuständig ist. Daneben würde, ebenso wie bei § 27a AsylVfG, gemäß § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG eine Abschiebungsanordnung in den zuständigen Staat erfolgen. Denn solange die Beklagte für den Zweitantrag nicht zuständig ist, kommt es auf Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht an.

Sobald jedoch die Überstellungsfrist abgelaufen ist, kommt die von der Beklagten beabsichtigte Umdeutung nicht in Betracht, denn sie verändert in maßgeblicher Hinsicht die materiell-rechtliche Tragweite der Entscheidung. Ab diesem Zeitpunkt verneint der Bescheid nämlich Wiederaufgreifensgründe und zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse. Die Beklagte müsste nämlich im Rahmen des Zweitantrags nicht nur die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, sondern gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG prüfen. Damit würde aber der Bescheid ganz andere Rechtswirkungen erhalten, die in dem ursprünglichen Ausgangsbescheid keine Rolle gespielt haben und somit darin auch nicht enthalten waren. Deshalb scheidet die von der Beklagten vorgenommenen Umdeutung der Ziffer 1) des Bescheids bereits an der Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses aus.

c. Die Umdeutung scheitert aber auch an den verfahrensrechtlichen Voraussetzung. Für den durch Umdeutung gewonnenen Verwaltungsakt dürfen nämlich keine Verfahrensvorschriften gelten, die bei dem ursprünglichen Verwaltungsakt nicht eingehalten worden sind (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 47 Rn. 17). Dadurch wird sichergestellt, dass jedenfalls die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, die die Behörde hätte beachten müssen, wenn sie den Verwaltungsakt schon ursprünglich in der nunmehr gewollten Form hätte erlassen wollen Hier hat es die Beklagte unterlassen, den Kläger vorbeugend für den Fall, dass die Überstellungsfrist von 6-Monaten nicht eingehalten werden kann, zu den maßgeblichen Tatsachen eines Zweitantrags (materielle Fluchtgründe und Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) nach § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG anzuhören. Nach dem vorgelegten Behördenakt hat die Beklagte lediglich eine Befragung zur Vorbereitung der Anhörung nach § 25 AsylVfG durchgeführt. Ergebnis war dann die Einleitung eines Dublin-Verfahrens und der Erlass des streitgegenständlichen Bescheids. Eine Gelegenheit zum Vortrag materieller Fluchtgründe oder zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG bestand nie. Von der Anhörung konnte auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da dies nur dann möglich ist, wenn die Anhörung für die Feststellung der Voraussetzungen nicht erforderlich ist. Hier war die Anhörung aber notwendig, weil ein Asylverfahren in einem Drittstaat erfolglos durchgeführt wurde und die Beklagte mangels weiterer Angaben noch nicht geklärt hat, ob Wiederaufgreifensgründe vorliegen. Nach einer solchen Klärung wird die Beklagte auch nicht umhinkommen, dass dann durchgeführte Zweitverfahren - für das sie nun unstreitig zuständig geworden ist - mit einer entsprechenden Verbescheidung zum Abschluss zu bringen.

d. Entgegen der Ansicht der Beklagten war es dem Gericht verwehrt, selbst über die Frage der Zulässigkeit des Zweitantrag zu entscheiden. Bereits seit langem ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass weder vom Kläger lediglich auf „Wiederaufgreifen“ geklagt werden kann, noch vom Gericht „isoliert“ über die Frage entschieden werden kann, ob ein Asylverfahren wieder aufzunehmen ist (BVerwG, U.v. 10.02.1998 - 9 C 28/97). Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits mehrfach betont hat, sind die Verwaltungsgerichte nur dann verpflichtet Spruchreife herzustellen, wenn sie abweichend vom Bundesamt die Voraussetzungen nach §§ 71a Abs. 1 AsylVfG i.V.m. 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG als erfüllt ansehen. Nur dann ist das Gericht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO verpflichtet, alle für die Entscheidung maßgebenden tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs in eigener Verantwortung festzustellen. Davon unterscheidet sich jedoch die hier gegebene Fallkonstellation in einem ganz wesentlichen Punkt: vorliegend hat nämlich die Beklagte noch gar keine Entscheidung darüber getroffen, ob Wiederaufgreifensgründe vorliegen oder nicht. Sie hat bislang lediglich geprüft, ob sie für die Durchführung des Verfahrens zuständig ist. Würde das Gericht in dieser Konstellation die Voraussetzungen des Zweitantrag selber prüfen und anschließend gleich über die rechtlichen Folgen entscheiden, so würde es keine Verwaltungsentscheidung überprüfen, sondern sich selbst an die Stelle der Behörde setzen. Dies wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 1 GG) und den Wortlaut des Gesetzes in § 71a Abs. 1 Satz 1 letzter HS. AsylVfG unzulässig, da der Gesetzgeber die Prüfung dem Bundesamt zugewiesen hat.

4. Nachdem die Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids ausscheidet, erlangt der Kläger entgegen der Ansicht der Beklagten auch einen rechtlichen Vorteil. Erst mit der Aufhebung der Ziffer 1 werden die Weichen für die erstmalige Durchführung eines Zweitverfahrens gestellt, welches mit den dort maßgeblichen Verfahrensgarantien und Verfahrensanforderungen durchgeführt werden muss. Ein solches Verfahren hat die Beklagte bislang noch nicht einmal eingeleitet. Warum in dieser Konstellation für den Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis bestehen soll, konnte die Beklagte nicht überzeugend darlegen (so auch VGH Baden-Württemberg, U.v. 19.01.2015 - A 11 S 2508/14 - juris Rn. 8).

5. Da der Kläger in der Hauptsache teilweise obsiegt hat und teilweise unterlegen ist, waren die Kosten untereinander gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 zu teilen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert beträgt für Klageverfahren nach dem AsylVfG gemäß § 30 RVG 5.000,- €, und zwar unabhängig davon, welche und wie viele Klagebegehren verfolgt werden. Dementsprechend war der Gegenstandswert des Verfahrens bis zur Abtrennung auf 5.000,- € festzusetzen. Da das Gericht die Bedeutung der Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids gleich bewertet, war der Gegenstandswert nach der Verfahrensabtrennung auf 2.500,- € festzusetzen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

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bei uns veröffentlicht am 19.01.2015

Tenor Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. November 2014 - A 6 K 202/14 - wird abgelehnt.Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Gründe   1

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. November 2014 - A 6 K 202/14 - wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der Antrag, mit dem die Beklagte eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache rechtlicher Art (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) geltend macht, entspricht nicht den Darlegungsanforderungen nach § 78 Abs. 4 Satz 4. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nur dargelegt, wenn in Bezug auf die Rechtslage oder die Tatsachenfeststellung eine konkrete Frage aufgeworfen und erläutert wird, warum sie bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlich geklärt werden müssen. Es muss deshalb in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung deutlich werden, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen, warum es also erforderlich ist, dass sich das Berufungsgericht noch einmal klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt und entscheidet, ob die Bedenken durchgreifen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.03.2000 - A 6 S 48/00 - juris und vom 28.05.1997 - A 16 S 1388/97 - AuAS 1997, 261; OVG NRW, Beschluss vom 21.03.2007 - 15 A 750/07.A - juris; HessVGH, Beschlüsse vom 28.01.1993 - 13 UZ 2018/92 - juris und vom 13.09.2001 - 8 UZ 944/00.A - InfAuslR 2002, 156; SächsOVG, Beschluss vom 02.01.2013 - A 4 A 25/11 - juris; Berlit, in: GK-AsylVfG § 78 Rn. 609 ff.).
Die Beklagte hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
„Darf ein Bescheid des Bundesamtes, durch den ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bereits dann aufgehoben werden, wenn das Verwaltungsgericht in § 27a AsylVfG keine ausreichende gesetzliche Grundlage für diesen Bescheid sieht, oder bedarf es darüber hinaus der Feststellung, dass das frühere Asylverfahren erfolglos beendet wurde und Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen?“
Sie wendet sich mit dem Zulassungsantrag der Sache nach allein dagegen, dass das Verwaltungsgericht die Ziffer 1 ihres Bescheids aufgehoben hat, mit der diese den Asylantrag als unzulässig abgelehnt hatte. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, dass - unbestritten - die Überstellungsfrist in erheblichem Maße überschritten worden sei und nicht mehr damit gerechnet werden könne, dass noch eine zeitnahe Überstellung möglich sein werde. Gegen die die Ziffer 2 (Abschiebungsanordnung) aufhebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts werden ausdrücklich keine Einwände erhoben.
Die Beklagte legt ihren Angriffen gegen die Ziffer 1 ihres Bescheids aufhebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein Verständnis des Mechanismus des Dublin-Systems zugrunde, das sich den Bestimmungen des maßgeblichen Unionsrechts so nicht entnehmen lässt, jedenfalls wird dieses Verständnis nicht dem Darlegungserfordernis genügend begründet. Die Beklagte geht explizit davon aus, dass in den Fällen, in denen ein Antragsteller zunächst in einem ersten Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt habe und vor dessen abschließender Bescheidung in einen zweiten Mitgliedstaat weiterreise und dort einen weiteren Asylantrag stelle, mit diesem zweiten Antrag einen Antrag stelle, für den das Asylverfahrensgesetz kein Verfahren vorsehe. Der Fall sei mit den Fällen vergleichbar, in denen ein Antragsteller in Deutschland erneut einen Antrag stelle, obwohl zu seinem ersten Antrag noch ein Klageverfahren anhängig sei. Ebenso wenig wie ein weiterer Asylantrag in Deutschland während eines noch rechtshängigen Klageverfahrens zulässig sei, sei nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III die Durchführung paralleler Prüfungsverfahren in verschiedenen Mitgliedstaaten zulässig. Diese Sicht der Dinge trifft jedoch so nicht zu, jedenfalls finden sich in der Begründung keine ausreichend tragfähigen Erwägungen, die dieses Verständnis auch nur ansatzweise stützen würden.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass es nur drei Entscheidungs- bzw. Fallvarianten geben könne, die sich in tatsächlicher Hinsicht ausschlössen, nämlich entweder den Fall einer Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland mit der Folge einer Überstellung in den anderen Mitgliedstaat oder den Fall einer Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland, die zu einem Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG führe, oder aber den Fall einer bereits erfolgten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus durch den anderen Mitgliedstaat.
Primär geht es in der hier zunächst ins Auge zu fassenden ersten Fallkonstellation nicht darum, dass zwei Asylanträge parallel nebeneinander geprüft werden müssten; wenn im ersten Mitgliedstaat gar kein Antrag gestellt wurde, die Bundesrepublik Deutschland aber nicht zuständig ist, stellt sich die Frage mehrerer Asylanträge ohnehin nicht, diese Fallkonstellation führt auf den Aufnahmefall des Art. 21 VO Dublin III. Das Dublin-System geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass zunächst ein erster Asylantrag in einem ersten Mitgliedstaat gestellt wird (sei dieser nun zuständig oder auch nicht). Wird nun in einem zweiten Mitgliedstaat ein weiterer Asylantrag gestellt, bevor im ersten Mitgliedstaat der erste Antrag abschließend behandelt wurde (vgl. Art.18 Abs. 1 lit. b) VO Dublin III), so kann der zweite Mitgliedstaat die Behandlung ablehnen, sofern er sich für nicht zuständig hält und das Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 23 Abs. 1 VO Dublin III einleiten. Stimmt hierauf der erste Mitgliedstaat der Aufnahme zu oder verstreicht die gesetzliche Antwortfrist, ohne dass eine Antwort gegeben wurde (vgl. Art. 25 Abs. 2 VO Dublin III), so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, ungeachtet der Frage, ob er nach den primären Zuständigkeitskriterien der Art. 7 ff. VO Dublin III überhaupt zuständig war. Der Senat bemerkt in diesem Zusammenhang mit Rücksicht auf das Vorbringen der Beklagten im Zulassungsverfahren, dass in dieser Konstellation nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass der oder die Betreffende durch die Ausreise aus dem ersten Mitgliedstaat konkludent seinen oder ihren ersten Antrag zurückgenommen hat; eine andere Frage ist, ob das nationale Verfahrensrecht hier Rechtsfolgen an ein regelmäßiges Nichtbetreiben des Verfahrens knüpft (vgl. in diesem Zusammenhang Art. 33 Abs. 1 RL 2005/85/EG v. 01.12.2005 - VRL a.F. und Art. 28 Abs. 2 RL 2013/32/EU v. 26.06.2013 - VRL n.F). Ergänzend ist zum Vortrag der Beklagten zu bemerken, dass der erste Mitgliedstaat im Falle einer Überstellung auf Verlangen des Antragstellers oder der Antragstellerin nach Art. 18 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III verpflichtet ist, das Verfahren wieder zu eröffnen und dabei das Verfahren nicht als Folgeverfahren behandeln darf, sofern noch keine Sachentscheidung getroffen worden war (vgl. künftig auch Art. 28 Abs.2 VRL n.F.). Der im zweiten Mitgliedstaat gestellte Asylantrag ist aber im Falle einer ausdrücklichen oder fingierten Zustimmung des ersten Mitgliedstaats nicht vollständig obsolet geworden, er „ruht“ gewissermaßen vorläufig. Wird der Asylbewerber nämlich, wie hier, durch den zweiten Mitgliedstaat nicht innerhalb der Überstellungsfrist an den ersten Mitgliedstaat überstellt (vgl. Art. 29 Abs. 2 VO Dublin III), so wird der zweite Mitgliedstaat wieder zuständig mit der Folge, dass der zweite Asylantrag wieder „auflebt“ und vom zuständigen Mitgliedstaat sachlich zu bescheiden ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nach der von der Beklagten mit durchgreifenden Rügen nicht infrage gestellten Auffassung des Verwaltungsgerichts der zweite Mitgliedstaat wegen einer unter dem Aspekt des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots, wie es mittlerweile auch der Europäische Gerichtshof in ständiger Spruchpraxis betont (vgl. Urteile vom 10.12.2013 - C-394/12 - juris, Rn. 59, und vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a. - juris, Rn. 79; vgl. auch die 4. und 5. Erwägungsgründe der VO Dublin III), erheblichen und daher relevanten Verzögerung der Überstellung nicht mehr an den ersten Mitgliedstaat überstellen darf, da andernfalls eine sachgerechte inhaltliche Überprüfung des Asylgesuchs in angemessener Zeit nicht mehr gewährleistet wäre, ein Umstand, der im Verständnis des Europäischen Gerichtshofs sicherlich auch einen Daseinsgrund des Dublin-Systems ausmachen dürfte. Dann jedoch stellt sich gar nicht die Frage zweier parallel durchgeführter sachlicher Prüfungsverfahren. Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin kein Rechtsschutzbedürfnis haben sollte, um die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids anzufechten. Diese Frage könnte sich überhaupt erst stellen, wenn das Asylverfahren im ersten Mitgliedstaat unanfechtbar abgeschlossen wurde. Dass dieses der Fall sein könnte, ergibt sich aber weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus dem der Beklagten (einschließlich der von ihr vorgelegten Akten). Abgesehen davon vermag der Senat auch nicht hinreichend deutlich dem Vorbringen der Beklagten zu entnehmen, weshalb im Falle einer endgültigen Ablehnung durch den ersten Mitgliedstaat kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestehen soll. Zwar könnte dann auf den ersten Blick in Betracht zu ziehen sein, dass nunmehr der zweite Antrag seinen Charakter geändert hat und zum Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylVfG „mutiert“ ist, allerdings wäre zu diskutieren, ob ein solcher Zweitantrag überhaupt bereits wirksam gestellt wurde. Denn es drängt sich nicht ohne weiteres auf, dass der früher im Mai 2013 gestellte Antrag, der zu einem Zeitpunkt eingereicht wurde, als nach dem Vortrag der Klägerin eine Entscheidung in Italien noch nicht ergangen war, und damit noch kein zulässiger Zweitantrag sein konnte, automatisch allein infolge einer Veränderung der Verfahrenslage zu einem Zweitantrag werden kann (vgl. zu einer vergleichbaren Problematik GK-AsylVfG, § 71 Rn. 62). Hierzu verhält sich die Begründung des Zulassungsantrags mit keinem Wort. Abgesehen davon würde erst mit einer Aufhebung der Ziffer 1 die Weiche für die erstmalige Durchführung eines Zweitverfahrens mit den dort maßgeblichen Verfahrensgarantien und Verfahrensanforderungen gestellt (wie etwa der Pflicht zur umfassenden Anhörung nach § 71a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 AsylVfG, von der nur unter den besonderen Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 2 abgesehen werden kann, während die Anhörung im Dublin-Verfahren bereits grundsätzlich nach Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 VO Dublin III beschränkt ist; oder etwa die Verpflichtung zur Prüfung nationaler Abschiebungsverbote nach § 71a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG), das die Beklagte bislang noch nicht einmal eingeleitet hat, weshalb nicht einleuchtet, warum kein Rechtsschutzbedürfnis bestehen soll. Der nicht näher begründete Hinweis auf § 47 VwVfG allein genügt nicht dem Darlegungserfordernis. Insbesondere fehlt es an einer schlüssigen Darlegung, dass eine solche Umdeutung überhaupt möglich sein könnte, insbesondere dass der Verwaltungsakt auf das gleiche oder ein im Wesentlichen gleiches Ziel gerichtet wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., 2014, § 47 Rn. 13 ff.). Die Entscheidung der Beklagten war im vorliegenden Fall auf die Unzulässigkeit im Sinne des § 31 Abs. 6 AsylVfG gerichtet und darauf, die zwingende Rechtsfolge des § 34a Abs. 1 AsylVfG herbeizuführen. Hingegen wird mit der Entscheidung zu § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt, die dann in erster Linie die Rechtsfolge des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34 bzw. § 36 AsylVfG (in Bezug auf den Herkunftsstaat) auslöst und damit eine völlig andere Qualität hat als eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Diese Entscheidung würde aber voraussetzen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, was, wie dargelegt, im Rahmen eines eigenständigen Verwaltungsverfahren mit eigenen Verfahrensgarantien zu klären und zu entscheiden ist. Zwar verweist § 71a Abs. 4 auch auf § 34a AsylVfG; diese Verfahrensweise ist jedoch gerichtet auf die Überstellung nach der Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG und nicht nach dem Dublin-System, worauf aber gerade der angegriffene Bescheid abzielt. Hinzu kommt, dass fraglich ist, ob im Anwendungsbereich des Dublin-Systems überhaupt noch der andere Mitgliedstaat als sicherer Drittstaat behandelt und von der nationalen Drittstaatenregelung Gebrauch gemacht werden darf mit der Folge, dass die Drittstaatenregelung nur noch solche – gegenwärtig nicht existierende – Drittstaaten betreffen könnte, die nicht Teil des Dublin-Systems sind (vgl. GK-AsylVfG, § 27a Rn. 56 ff). Abgesehen davon ist hier die Rechtsfolge des § 34a AsylVfG allenfalls optional und von einer Ermessensentscheidung der Beklagten abhängig. Vor diesem Hintergrund liegt es eher ferne, davon auszugehen, dass die genannte zwingende Voraussetzung einer jeden Umdeutung vorliegen könnte.
Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren vertieften Ausführungen zu der von der Beklagten angedachten dritten Fallvariante einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus durch den ersten Mitgliedstaat. Angesichts der Tatsache, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen könnten, ist nicht ersichtlich, dass im Berufungsverfahren der Frage nachzugehen sein könnte, wie zu verfahren wäre, wenn sich nach Erlass einer auf § 27a i.V.m. § 30 Abs. 6 und § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützten Verfügung herausstellen sollte, dass der Klägerin bereits in Italien der Flüchtlingsstatus oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden sein sollte. Lediglich der Vollständigkeit halber verweist der Senat darauf, dass - entgegen der Auffassung der Beklagten - die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2014 (10 C 7.13) in Bezug auf eine Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nicht unmittelbar übertragen werden kann, weil § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nur auf § 60 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AufenthG verweist und gerade nicht auf Satz 2, weshalb sich jedenfalls insoweit keine Bindung der Bundesrepublik Deutschland an eine anderweitige Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ergeben könnte.
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Angesichts dessen kann der Senat offen lassen, ob der Antrag nicht auch deshalb unzulässig ist, weil er allein Erwägungen zur Anwendung der VO Dublin III enthält, die angegriffene Entscheidung aber von der Anwendbarkeit der VO Dublin II ausgeht, was jedoch von der Beklagten mit durchgreifenden Rügen nicht infrage gestellt wurde.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylVfG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.