Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 27. Okt. 2010 - 5 L 1033/10.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2010:1027.5L1033.10.NW.0A
27.10.2010

Tenor

Die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 12.10.2010, mit der die Vollziehung der dem Antragsteller am 16.04.2009 erteilten Baugenehmigung ausgesetzt wurde, wird aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Nutzungsuntersagung vom 12.10.2010 wird wiederhergestellt, jedoch nur so lange, wie der Klage gegen die Aufhebung der Baugenehmigung vom 16.04.2009 im Verfahren 5 K 410/10.NW gem. § 80 b VwGO noch aufschiebende Wirkung zukommt.

Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Anträge des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die von der Antragsgegnerin am 11.12. bzw. 12.10.2010 getroffenen Maßnahmen, die darauf abzielen, mit sofortiger Wirkung die Nutzung der „Musikwerkstatt“ auf dem Grundstück L. Straße ... in N. zu unterbinden, sind zulässig.

2

Soweit sich der Antrag gegen Ziffer I. der Verfügung der Antragsgegnerin vom 12.10.2010 richtet - Aussetzung der Vollziehung der bis dahin noch vollziehbar gebliebenen Baugenehmigung vom 16.04.2009 gem. § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 VwGO -, ergibt sich die Zulässigkeit aus § 80 a Abs.3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 Satz VwGO.

3

Gegen die in Ziffer II der Verfügung vom 12.10.2010 angeordneten und mit Sofortvollzug versehenen Maßnahmen (Nutzungsuntersagung und Verbot, die Räume der Musikwerkstatt Dritten zum Betrieb einer Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen zu vermieten oder in sonstiger Weise zu überlassen), ist der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 12.10.2010 gem. § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 VwGO zulässig; bezüglich der damit verbundenen Zwangsmittelandrohungen kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3, § 20 AGVwGO beantragt werden.

II.

4

Die Anträge haben auch teilweise Erfolg.

5

1) Hinsichtlich Ziffer I der Verfügung vom 12.10.2010 wird dem Antrag insoweit stattgegeben, als die Aussetzungsentscheidung, mit der die Antragsgegnerin die bisher noch gemäß der gesetzlichen Regelungen in § 212 a Abs. 2 BauGB und § 80 b Abs. 1 VwGO fortbestehende Vollziehbarkeit der Baugenehmigung beenden will, aus formellen Gründen aufgehoben wird.

6

Die Aussetzungsentscheidung, die vorliegend nicht auf einem förmlichen Antrag des Nachbarn beruht, der gegen die Baugenehmigung Widerspruch eingelegt hatte, durfte zwar grundsätzlich wohl in entsprechender Anwendung von § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwO auch von Amts wegen im öffentlichen Interesse erfolgen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 80 a Rn. 13, 7; OVG NRW, Beschl. vom 30.07.1999, - juris -; ). Sie bedurfte dann jedoch analog § 80 Abs. 3 VwGO einer ausreichenden Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung. Vergleichbar der in § 80 Abs. 3 VwGO unmittelbar geregelten Konstellation, dass die Behörde den in § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO geregelten „Normalfall“ der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nach § 80 Abs. 2 Nr.4 im öffentlichen Interesse außer Kraft setzen will, wird auch bei der Aussetzung der Vollziehbarkeit einer bauaufsichtlichen Zulassung der – hier in § 212 a Abs. 2 BauGB geregelte - gesetzliche Regelfall der trotz Drittwiderspruchs fortgeltenden Vollziehbarkeit durchbrochen. Das soll jedoch nur geschehen dürfen, wenn sich die Behörde des Ausnahmecharakters ihrer Maßnahme bewusst ist und das öffentliche Interesse hieran nicht nur behauptet, sondern auch substantiiert, d.h. nicht nur formelhaft, begründet. Die analoge Anwendung des Begründungserfordernisses in § 80 Abs. 3 VwGO im Rahmen von § 80 a VwGO kann auch aus dem Gebot der „Waffengleichheit“ abgeleitet werden (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 a Rn. 13 b).

7

Diesem Begründungserfordernis ist vorliegend nicht Genüge getan. Die Antragsgegnerin hat zur Begründung nur angegeben, die Baugenehmigung stehe nicht in Einklang mit dem materiellen Recht, weil die Nutzungsart (Vergnügungsstätte) gegen den nachbarschützenden Gebietserhaltungsanspruch verstoße. Somit überwiege eindeutig das öffentliche Interesse an der Aussetzung der Vollziehung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage. Damit ist aber kein b e s o n d e r e s öffentliches Interesse analog § 80 Abs. 3 VwGO an der Aussetzung der Genehmigungs-wirkung dargetan, sondern nur die Begründung für die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung als solche in Bezug genommen. Das Begründungserfordernis ist jedoch im vorliegenden Verfahren vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber selbst vorgegebenen Interessenabwägung zu sehen. Danach kann sich der antragstellende Bauherr hier auf eine vorläufig gültige Baugenehmigung berufen, weil der dagegen erhobene Widerspruch der Nachbarn gerade aufgrund der spezialgesetzlichen Regelung in § 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung im Sinne von § 80 Abs. 1 VwGO entfaltet. Daran hat auch der stattgebende Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010 nichts geändert. Dieser ist noch nicht bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller dagegen Klage erhoben hat und der Suspensiveffekt dieser Klage gemäß § 80 b Abs. 1 VwGO derzeit noch fortbesteht, denn die Rechtsmittelfrist gegen das Urteil vom 23. August 2010 ist noch nicht abgelaufen.

8

Will die Baubehörde in dieser Situation die vorläufige Geltung der Baugenehmigung aussetzen, muss sie dafür besondere Gründe anführen. Das ist hier, wie dargelegt, nicht geschehen. In diesem Zusammenhang ist außerdem auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller hinsichtlich des für die Aufhebung der Genehmigung maßgeblichen Verstoßes des Betriebs der Musikwerkstatt gegen den einschlägigen Bebauungsplan mittlerweile einen Befreiungsantrag gestellt hat, über den die Baubehörde noch nicht entschieden hat.

9

Wie in den Fällen, in denen § 80 Abs. 3 VwGO unmittelbar Anwendung findet, führt der – formale - Mangel einer unzureichenden Begründung allerdings nur zur Aufhebung der Aussetzungsentscheidung. Damit bleibt der Antragsgegnerin – insofern anders als im Fall einer behördlich nicht abänderbaren gerichtlichen Wiederherstellung der Vollziehung aufgrund einer gem. § 80 Abs. 5 VwGO vorgenommenen Interessenabwägung in der Sache - die Möglichkeit, die Aussetzung erneut auszusprechen, sofern sie das besondere öffentliche Interesse daran dann ausreichend zu begründen vermag.

10

2) Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die in Ziffer II der Verfügung vom 12.10.2010 getroffenen, mit Zwangsmittelandrohungen versehenen und für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakte (Nutzungsuntersagung und Verbot, die Räumlichkeiten zum Weiterführen einer Gaststätte mit regelmäßigen Tanzveranstaltungen einem Dritten zu vermieten oder sonst zu überlassen) hat ebenfalls teilweise Erfolg.

11

Die Baubehörde kann gem. § 81 LBauO die Nutzung einer baulichen Anlage, die gegen baurechtliche Vorschriften verstößt, untersagen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Dabei genügt es nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz grundsätzlich, dass die Nutzung formell illegal ist, d.h. dass die dafür erforderliche Genehmigung nicht besteht, es sei denn, die Genehmigungsfähigkeit ist offensichtlich. In solchen Fällen darf regelmäßig auch gleichzeitig der Sofortvollzug der Nutzungs-unter-sagung angeordnet werden. (OVG RP, Urt. vom 22.05.1996, 8 A 11880/95.OVG; vgl. auch Lang in Jeromin, LBauO Rh-Pf, 2. Aufl. 2008, Rn. 71). Auf diese Grundsätze beruft sich auch die Antragsgegnerin.

12

Es bestehen hier jedoch besondere Gründe, die der sofortigen Nutzungsuntersagung entgegenstehen. Dabei kann offen bleiben, ob der Antragsteller nicht vor Erlass der Anordnungen in Ziffer II der Verfügung vom 12.10.2010 hätte förmlich angehört werden müssen (§ 28 VwVfG) bzw. ob ihm angesichts der verschiedenen beachtlichen Gesamtumstände nicht im Rahmen ordnungsgemäßer Ermessensausübung jedenfalls eine angemessene Frist zur Befolgung der Nutzungsuntersagung hätte eingeräumt werden müssen.

13

Die im Rahmen des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung hat jedenfalls deshalb zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Aufschub zugunsten des Antragstellers zu führen, weil die ihm erteilte Baugenehmigung gemäß § 212 a BauGB weiterhin vorläufige Geltung beanspruchen kann und diese – wie oben ausgeführt - durch die Antragsgegnerin auch nicht wirksam ausgesetzt ist, so dass der Betrieb der Musikwerkstatt derzeit nicht als formell illegal angesehen werden kann.

14

Dass das Verwaltungsgericht – wie bereits der Stadtrechtsausschuss – die Baugenehmigung in seinem Urteil vom 23. August 2010 im Verfahren 5 K 410/10.NW als materiell rechtswidrig angesehen hat, weil die Zulassung der mit der mit der Gebietsfestsetzung des Bebauungsplans unvereinbaren Vergnügungsstätte gegen den Gebietserhaltungsanspruch der im Verfahren 5 K 410/10.NW beigeladenen Nachbarn verstößt, bleibt aber im Rahmen der Interessenabwägung nicht außer Betracht. Dem trägt die vorliegende Entscheidung vielmehr gem. § 80 Abs. 5 Sätze 4 und 5 VwGO dadurch Rechnung, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zeitlich an den Fortbestand der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 80 b Abs. 1 VwGO gekoppelt wird. Vorbehaltlich einer erneuten Aussetzungsentscheidung durch die Antragsgegnerin oder einer Entscheidung des OVG gemäß § 80 b VwGO wird nämlich die Aufhebung der Baugenehmigung mit dem gesetzlich bestimmten Ende des Suspensiveffekts der Anfechtungsklage wirksam, so dass dann die Nutzung der Musikwerkstatt auch formell illegal wird.

15

Die Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung und der weiteren Anordnungen unter Ziffer II. der Verfügung vom 12.10.2010 tritt also aufgrund der hier getroffenen Entscheidung automatisch ein, sobald die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Aufhebung der Baugenehmigung endet. Das ist nach § 80 b VwGO spätestens drei Monate nach Ablauf der zweimonatigen Begründungsfrist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das dem Antragsteller am 7. Oktober zugestellte Urteil vom 23. August 2010 der Fall, sofern das OVG Rheinland-Pfalz nicht die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung anordnet.

16

Für den Fall, dass zwischenzeitlich die Antragsgegnerin eine erneute Aussetzungsentscheidung nach § 80 a VwGO erlassen sollte, weist die Kammer vorsorglich darauf hin, dass dann dem Antragsteller wenigstens eine kurze Abwicklungsfrist (etwa bis Ablauf des ersten Montags nach Zustellung der Aussetzungsentscheidung) eingeräumt werden sollte.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Sat z 1 VwGO.

18

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG, wobei das Gericht die Hälfte des Streitwerts im Klageverfahren angesetzt hat, weil es im Verfahren insgesamt – wie auch die von der Antragsgegnerin als Voraussetzung für die Nutzungsuntersagung getroffene Aussetzungsentscheidung zeigt - im Wesentlichen um die Frage des Fortbestands oder Wegfalls der Baugenehmigungswirkung geht.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach de

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

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(1) Die Gemeinde kann eine Umlegung im Sinne des § 45 als vereinfachte Umlegung durchführen, wenn die in § 46 Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen und wenn mit der Umlegung lediglich 1. unmittelbar aneinander grenzende oder in enger Nachba

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 23. Aug. 2010 - 5 K 410/10.NW

bei uns veröffentlicht am 23.08.2010

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der
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Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 01. Okt. 2015 - 2 B 2454/15 SN

bei uns veröffentlicht am 01.10.2015

Tenor 1. Die Aussetzung der Vollziehung der von der Antragsgegnerin dem Antragsteller erteilten Baugenehmigung vom 3. Dezember 2014, die gegenüber dem Antragsteller von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26. März 2015 erklärt und in dem den Wid

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Gemeinde kann eine Umlegung im Sinne des § 45 als vereinfachte Umlegung durchführen, wenn die in § 46 Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen und wenn mit der Umlegung lediglich

1.
unmittelbar aneinander grenzende oder in enger Nachbarschaft liegende Grundstücke oder Teile von Grundstücken untereinander getauscht oder
2.
Grundstücke, insbesondere Splittergrundstücke oder Teile von Grundstücken, einseitig zugeteilt
werden. Die auszutauschenden oder einseitig zuzuteilenden Grundstücke oder Grundstücksteile dürfen nicht selbständig bebaubar sein. Eine einseitige Zuteilung muss im öffentlichen Interesse geboten sein.

(2) Auf die vereinfachte Umlegung sind die Vorschriften des Ersten Abschnitts nur anzuwenden, soweit die Vorschriften dieses Abschnitts dies bestimmen. Einer Anordnung der vereinfachten Umlegung durch die Gemeinde bedarf es nicht.

(3) Die vereinfachte Umlegung ist so durchzuführen, dass jedem Eigentümer nach dem Verhältnis des Werts seines früheren Grundstücks zum Wert der übrigen Grundstücke möglichst ein Grundstück in gleicher oder gleichwertiger Lage zugeteilt wird. Eine durch die vereinfachte Umlegung für den Grundstückseigentümer bewirkte Wertminderung darf nur unerheblich sein. Mit Zustimmung der Eigentümer können von den Sätzen 1 und 2 abweichende Regelungen getroffen werden.

(4) Im Rahmen des Verfahrens der vereinfachten Umlegung betroffene Dienstbarkeiten und Baulasten nach Maßgabe des § 61 Absatz 1 Satz 3 können neu geordnet und zu diesem Zweck auch neu begründet und aufgehoben werden. Betroffene Grundpfandrechte können neu geordnet werden, wenn die Beteiligten dem vorgesehenen neuen Rechtszustand zustimmen.

(5) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnungen bestimmen, dass die nach Maßgabe des § 46 Absatz 2 Nummer 1 und 2 gebildeten Umlegungsausschüsse auch vereinfachte Umlegungsverfahren selbständig durchführen. Die Vorschriften des § 46 Absatz 4 zur Übertragung der Umlegung auf die Flurbereinigungsbehörde oder eine andere geeignete Behörde sind für vereinfachte Umlegungsverfahren entsprechend anzuwenden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger betrieb bis Ende Januar 2009 in der L. Straße ... bis ... in M. die „Musikwerkstatt“. Nachdem dieses Gebäude durch einen Brand vernichtet worden war, suchte er Anfang Februar 2009 einen Ersatzstandort, den er in einem ehemaligen Kasernengebäude in derselben Straße (Hausnummer ...) fand. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „N.G. III. Änderung“ der Beklagten, der für diesen Bereich ein eingeschränktes Gewerbegebiet ausweist.

2

Am 9. März 2009 stellte der Kläger einen Bauantrag betreffend die teilweise Nutzungsänderung und den Umbau des vorhandenen Gebäudes. Dazu erklärte er, dass der Verkauf von alkoholischen und nicht alkoholischen Getränken sowie ein Imbiss und Musikveranstaltungen geplant seien, und legte eine Beschreibung der Betriebsstätte vor. Die Öffnungszeiten sollten 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr betragen. Das Vorhaben umfasst eine Nutzfläche von etwa 318 m² und außerdem die Errichtung von 53 Stellplätzen auf der Freifläche nördlich bzw. nordöstlich des Gebäudes. Dem Bauantrag fügte der Kläger ein Gutachten der Firma D... vom 17. März 2009 über die Prognose von Schallimmissionen bei. Dieses betrifft die Schallimmissionen durch den Betrieb der Musikwerkstatt und dem damit verbundenen Parkplatzverkehr an den nächstgelegenen Wohnhäusern. Außerdem wurde eine brandschutztechnische Stellungnahme des Diplomingenieurs S... vom 16. April 2009 vorgelegt.

3

Mit Datum vom 16. April 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger einen „vorläufigen Bauschein“ zur Nutzungsänderung des Gebäudes in eine „Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen mit max. 300 Personen“. Danach wird die vorläufige Genehmigung auf jederzeitigen Widerruf und nur unter Einhaltung der nachfolgenden Auflagen erteilt, wozu u.a. das D...-Gutachten (Auflage Nr. 14) und eine Schallimmissionswerteregelung gehören (Auflage Nr. 15). Auch werden weitergehende Forderungen bezüglich des Lärmschutzes vorbehalten (Auflage Nr. 16). Unter Auflage Nr. 17 heißt es dann: „Die maximale Anzahl der Personen, die sich in der Gaststätte aufhalten dürfen, wird auf 300 Personen (gemäß Prognose von Schallimmissionen vom 17. März 2009) beschränkt“. Außerdem werden gewerbeaufsichtliche Auflagen der SGD Süd zum Gegenstand der Genehmigung gemacht, die sich auf den Betrieb von Diskotheken beziehen (Bl. 5 der Bauakte).

4

Nach den genehmigten Plänen erfährt das Erdgeschoss des bestehenden Gebäudes nur insofern Veränderungen, als eine Kassenzone und eine Garderobe bzw. ein Vorraum geschaffen werden. Eine weitere Nutzung des Erdgeschosses für das Vorhaben des Klägers ist nicht vorgesehen. Im Obergeschoss finden sich neben dem Treppenbereich, einem Vorraum und den Toiletten die Nutzungsbezeichnungen „Lounge“ mit 166,16 m² und „Regie“ sowie „Podest“ und „Bar/Ausschank“. Davon getrennt soll eine „Raucherlounge“ mit einer Größe von 78,82 m² und einer Bestuhlung von 15 Sitzplätzen sowie ein weiterer Bar-/Ausschankbereich eingerichtet werden. Die eingereichten Pläne für die Nutzung des darüber gelegenen sog. Galeriegeschosses, die eine weitere Bestuhlung von 32 Sitzplätzen vorsehen, enthalten den Roteintrag der Beklagten: „Galeriegeschoss darf nicht benutzt werden“. Hintergrund sind bestimmte Brandschutzanforderungen, die zum Zeitpunkt der Erteilung des Bauscheins nicht erfüllt waren.

5

Nachdem der Kläger die Musikwerkstatt eröffnet hatte, erreichten die Beklagte schon im April 2009 Nachbarbeschwerden über Lärmstörungen und Müll aufgrund des neuen Betriebes. Zu diesen Nachbarn gehören die Beigeladenen zu 1) und 2), die Eigentümer des Grundstücks L. Straße Nr. …, Flurstück-Nr. ... östlich des Baugrundstücks. Dort betreiben sie ein Gerüstbauunternehmen und wohnen in der zugehörigen Betriebswohnung. Es handelt sich dabei nach dem Lärmschutzgutachten der D…. um die nächst gelegene Wohnung zum Bauvorhaben. Mit Anwaltschreiben vom 8. August 2009 legten sie schließlich – zugleich auch für die Firma G… H… – gegen die Baugenehmigung vom 16. April 2009 Widerspruch ein. Sie rügten weiter nächtliche Eigentums- und Gesundheitsverletzungen und machten geltend, die Musikwerkstatt sei im Gewerbegebiet unzulässig, da der Bebauungsplan Vergnügungsstätten ausschließe. Zwar werde das Vorhaben in der Genehmigung als Gaststätte bezeichnet. Ergänzend werde aber ausgeführt, dass damit regelmäßige Musikveranstaltungen verbunden seien. Die gewerbeaufsichtlichen Auflagen bezögen sich ausdrücklich auf einen Diskothekenbetrieb, der auch tatsächlich stattfinde, was schon die Bezeichnung „Musikwerkstatt“ belege. Keineswegs handele es sich um eine Gaststätte, in der gelegentlich oder nebenbei Musikveranstaltungen stattfänden.

6

Demgegenüber machte der Kläger im Widerspruchsverfahren geltend, der Widerspruch der Beigeladenen sei verspätet erhoben worden, da schon Anfang Februar 2009 in der Zeitung angekündigt worden sei, dass die Musikwerkstatt in fünf Wochen am neuen Standort eröffnen solle. In diesem Zuge habe er auch Kontakt zu den Beigeladenen gehabt und alles Erdenkliche daran gesetzt, die für Lärmimmissionen festgelegten Grenzwerte einzuhalten und zahlreiche Messungen durchführen lassen. Die Gaststätte sei auch wie genehmigt nach dem Bebauungsplan zulässig, jedenfalls habe er einen Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes. Die erforderlichen Baumaßnahmen zur Nutzungsänderung mit einem Kostenvolumen von 170.000,- € seien vollständig abgeschlossen und sämtliche beteiligten Behörden in die Konzeption der Gaststätte eingeweiht gewesen. Sie hätten die entsprechende Planung und Genehmigung forciert. Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB lägen insoweit vor. Zur Vorläufigkeit der Baugenehmigung führte der Kläger noch aus, diese habe sich nur auf noch nicht erfüllte brandschutztechnische Auflagen bezogen. Er habe aber darauf vertrauen dürfen, dass der endgültigen Erteilung keine anderen Gründe entgegengestellt würden. Aufgrund einer geänderten An- und Abfahrt zur Gaststätte seien seit Ende des Jahres 2009 jedenfalls keine Beeinträchtigungen der Widerspruchsführer mehr zu erwarten.

7

Mit Bescheid vom 15. März 2010 gab der Stadtrechtsausschuss dem Widerspruch der Beigeladenen zu 1) und 2) sowie der Firma G… H… statt und hob die dem Kläger erteilte Baugenehmigung vom 16. April 2009 auf. Zur Begründung stellte er darauf ab, bei dem Betrieb der Musikwerkstatt handele es sich objektiv um eine Vergnügungsstätte, denn die Tanz- und Musikdarbietungen stünden deutlich im Vordergrund. Geprägt sei die Musikwerkstatt durch regelmäßige, ständig wechselnde Unterhaltungsprogramme. Gerade die Mottopartys gäben dem Betrieb das Gepräge und machten es zur Vergnügungsstätte, wofür auch die Erhebung eines Eintrittsgeldes ein deutliches Kennzeichen sei, ebenso wie die Öffnungszeiten ab 22.00 Uhr. Es habe bisher – soweit ersichtlich – keinen Öffnungstag ohne Musikveranstaltung gegeben. Dass auch kleine Speisen und Getränke verabreicht würden, mache aus der Musikwerkstatt noch keine Schank- und Speisewirtschaft, zumal es in dem Gebäude keine Küche gebe. Für den Betrieb einer Diskothek spreche schließlich auch, dass über die Homepage ein Einwilligungsformular heruntergeladen werden könne betreffend den Diskothekenbesuch von Jugendlichen unter 18 Jahren.

8

Als Vergnügungsstätte sei das Vorhaben wegen der im geltenden Bebauungsplan geregelten Nutzungsausschlüsse unzulässig. Daraus ergebe sich die Rechtsverletzung der Nachbarn, denn diese hätten einen Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart.

9

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19. April 2010 Klage erhoben.

10

Er macht geltend, er habe das bestehende Konzept der Musikwerkstatt am neuen Standort fortsetzen wollen, der nur 200 m vom alten entfernt sei. Es handele sich um einen Veranstaltungsort mit Livekonzerten, Mottopartys, Comedy und Kleinkunstveranstaltungen und nicht um eine Diskothek. Sowohl das Jugendamt M. als auch die Musikhochschule Mannheim seien in Veranstaltungen eingebunden. Die Stadt habe sein Vorhaben stets unterstützt. Es hätten zahlreiche Besprechungen stattgefunden. Die genehmigte Nutzungsänderung sei planungsrechtlich zulässig. Sie entspreche dem Betrieb am alten Standort. Insoweit könne sich der Kläger auf Bestandsschutz berufen. Der Widerspruch der Beigeladenen sei bereits verwirkt, da sie schon seit Anfang Februar 2009 über sein Vorhaben informiert gewesen seien. Die Nachbarrechte könnten nämlich auch schon vor Ablauf der Jahresfrist verwirkt sein, wenn der Nachbar durch sein Verhalten beim Bauherrn den berechtigten Eindruck erweckt habe, er werde keine Einwendungen gegen das Vorhaben erheben.

11

Weiter verweist der Kläger auf umfangreiche Schallschutzmaßnahmen, die getroffen worden seien. Insgesamt sei das Vorhaben mittlerweile vollständig realisiert, so dass ihm jedenfalls ein Befreiungsanspruch zur Seite stehe. Es sei auch nicht ersichtlich, welche Gründe bei Aufstellung des Bebauungsplans zum Ausschluss der Vergnügungsstätten in dem Gebiet geführt hätten. Vom damaligen Gebietskonzept sei nicht mehr viel übrig. So sei in unmittelbarer Nähe zum Betrieb der Beigeladenen eine Lagerhalle genehmigt worden und es solle ein zusätzlicher Bahnhaltepunkt in dem Gebiet errichtet werden, womit beträchtlicher Lärm zu erwarten sei.

12

Der Kläger beantragt,

13

den Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010 aufzuheben.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie führt aus, an der Sach- und Rechtslage habe sich nichts geändert, und nimmt Bezug auf die Verwaltungsentscheidungen.

17

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,

18

die Klage abzuweisen

19

und verweisen zur Begründung auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren sowie auf die Gründe des Widerspruchsbescheides.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die von der Beklagten vorgelegten Bau- und Widerspruchsakten sowie die Bebauungsplanakten. Ihr Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2010 gewesen.

Entscheidungsgründe

21

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO im Wesentlichen zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

22

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2010, denn dieser ist rechtmäßig. Der Stadtrechtssausschuss hat zu Recht den zum Betrieb der Musikwerkstatt erteilten Bauschein vom 16. April 2009 zur Nutzungsänderung in eine Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen auf den Widerspruch der – von der Baugenehmigung als Verwaltungsakt mit Drittwirkung – betroffenen Nachbarn, der Beigeladenen zu 1) und 2), hin aufgehoben, weil diese in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sind.

23

Etwas anderes gilt allerdings, soweit mit dem angefochtenen Bescheid zugleich der Widerspruch der von der Beigeladenen zu 1) geführten Firma G… H… als zulässig und begründet angesehen worden ist. Da die Einzelfirma selbst nicht Eigentümerin des hier betreffenden Betriebs- und Wohngrundstücks ist bzw. nicht sein kann (vgl. Baumbach/Hopt, Kommentar zum HGB, zu § 17, RdNr. 18), konnte namens der Firma die Verletzung bauplanungsrechtlicher Nachbarrechte von vornherein nicht geltend gemacht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1998, NVwZ 1998, 956).

24

Ein Rechtschutzbedürfnis des Klägers für eine Teilaufhebung des damit hinsichtlich der Firma G… H… zu Unrecht ergangenen Widerspruchsbescheides ist aber insoweit nicht zu erkennen.

25

Der Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses vom 15. März 2010 ist im Übrigen rechtmäßig.

26

Der Kläger rügt zu Unrecht, der Widerspruch der Beigeladenen gegen die ihm erteilte Baugenehmigung vom 16. April 2009, der mit Anwaltsschreiben vom 8. August 2009 erhoben wurde, sei verspätet gewesen.

27

Da die streitige Baugenehmigung den Beigeladenen nicht bekannt gegeben worden ist, galt die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 70 Abs. 1 VwGO für sie nicht. Zwar wird der Rechtsbehelf unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung unzulässig, wenn der Bauherr nach Treu und Glauben nicht mehr mit der Erhebung rechnen muss. Der Nachbar ist daher so zu stellen, als sei ihm die Baugenehmigung zu dem Zeitpunkt bekannt gegeben worden, in dem er von ihr sichere Kenntnis erlangt hat bzw. hätte erlangen können. Die Frist für die Einlegung eines Widerspruchs beträgt dann - in Anlehnung an § 58 Abs. 2 VwGO - in der Regel ein Jahr (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.1974, NJW 1974, 1260), wobei aber besondere Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.3.2010, 4 B 5/10, veröffentlicht in juris).

28

Dass die Beigeladenen hier ihr nachbarliches Abwehrrecht ausnahmsweise vor Ablauf der Jahresfrist ab Kenntnis von der Erteilung der Baugenehmigung verwirkt haben könnten, weil sie bereits früher eindeutig zu erkennen gegeben hätten, dass sie die Zulassung der Nutzungsänderung akzeptieren, ist vom Kläger jedoch selbst nicht vorgetragen worden. Der Umstand, dass über sein Vorhaben schon Anfang Februar 2009 und damit zwei Monate vor der Erteilung des Bauscheins in der Presse berichtet wurde, ist insofern nicht relevant.

29

Die zugunsten des Klägers ergangene Baugenehmigung der Beklagten vom 16. April 2009 wurde unter Verletzung der Nachbarrechte der Beigeladenen erteilt.

30

Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass die für die Genehmigung gewählte Bezeichnung „vorläufiger Bauschein“ sich auf den auf Seite 2 geregelten Widerrufsvorbehalt bezieht. Die entsprechende allgemeine Regelung des § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist nämlich auch im baurechtlichen Genehmigungsverfahren anwendbar (vgl. Jeromin, Kommentar zur LBauO, zu § 70, RdNr. 127), während die Erteilung einer vorläufigen Baugenehmigung an sich regelmäßig nicht in Betracht kommt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.11.2003, juris; VG Koblenz, Beschluss vom 25.1.2005, 7 L 85/05.KO m.w.N.).

31

Die von den Beigeladenen angefochtene Baugenehmigung ist rechtswidrig, denn das Vorhaben des Klägers ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Nach der Art der Nutzung widerspricht es dem einschlägigen Bebauungsplan der Beklagten.

32

Ungeachtet der Bezeichnung in der Baugenehmigung - Nutzungsänderung in eine Gaststätte - hat die Beklagte den Betrieb einer Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO zugelassen. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Nutzungsbestimmung mit dem Zusatz „mit regelmäßigen Musikveranstaltungen mit max. 300 Personen“ versehen ist, zum anderen aber auch aufgrund der genehmigten Pläne und der der Genehmigung beigefügten Nebenbestimmungen.

33

Bereits der Rechtsausschuss hat zur Qualifizierung der Musikwerkstatt als Vergnügungsstätte auf die vom OVG Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 9.3.2007 (8 A10066/07, veröffentlicht in juris) zur Abgrenzung von einem Gaststättenbetrieb herangezogenen Kriterien zurückgegriffen, die sich auch die Kammer zu Eigen macht:

34

„Bei Vergnügungsstätten handelt es sich um Gewerbebetriebe besonderer Art, die dem „Amusement“ dienen und durch kommerzielle Freizeitgestaltung gekennzeichnet sind. Gemeint sind gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa als Diskotheken, Spielhallen, Tanzbars und Nachtlokale) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen. Für den städtebaulichen Bezug ist wesentlich, dass solche Einrichtungen typischerweise mit negativen Folgewirkungen, wie zum Beispiel Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität, verbunden sind (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: VGH BW, Beschluss vom 28. November 2006 - 3 S 2377/06 -, juris, Rn. 5; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 4 a BauNVO, Rn. 58 ff.; Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 7 Rn. 16, jew. m.w.N.). Vergnügungsstätten unterscheiden sich insbesondere von Schank- und Speisewirtschaften, die eine eigenständige städtebauliche Nutzungskategorie darstellen (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO). Schank- und Speisewirtschaften sind gewerbliche Betriebe, in denen Getränke aller Art allein oder zusammen mit Speisen an Gäste zum Zwecke des Verzehrs in den Wirtschaftsräumen verabreicht werden. Hierzu gehören etwa Restaurants, Cafés, Wein- oder Bierstuben, Eisdielen und Trinkhallen (vgl. Bielenberg, a.a.O., § 2 BauNVO, Rn. 33). Dabei verliert eine Schank- und Speisewirtschaft nicht dadurch ihren planungsrechtlichen Charakter, dass gelegentlich in ihr Tanzveranstaltungen durchgeführt werden oder Unterhaltungsmusik geboten wird. Eine Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßigen Musikdarbietungen ist hingegen eine Vergnügungsstätte (vgl. Bielenberg, a.a.O., § 4 a BauNVO, Rn. 58 a).“

35

Die Nutzungsbezeichnung des Vorhabens des Klägers als Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen ist danach ein gewichtiges Indiz für die Genehmigung einer Vergnügungsstätte. Weiter sprechen die eingereichten Baupläne gegen den Betrieb einer Gaststätte, denn im Erdgeschoss ist eine dafür untypische Kassenzone vorgesehen und die Hauptnutzfläche im Obergeschoss wird als „Lounge“ mit den Bereichen „Podest“ und „Regie“ sowie „Bar/Ausschank“ bezeichnet, ohne dass hier überhaupt eine Bestuhlung vorgesehen ist. Außerdem belegen die späten Öffnungszeiten ebenso wie die zum Bestandteil der Genehmigung gewordenen Auflagen der SGD Süd, die zeigen, dass der Betrieb gewerbeaufsichtlich als Diskothek behandelt wird, und die Betriebsbeschreibung im Lärmschutzgutachten der Fa. D... den Charakter des Vorhabens als Vergnügungsstätte.

36

Diese Einordnung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Musikwerkstatt nach dem Konzept des Klägers keine Diskothek im herkömmlichen Sinn sein soll. Insgesamt besteht kein Zweifel daran, dass die angefochtene Baugenehmigung in bauplanungsrechtlicher Hinsicht die Nutzung des bestehenden Gebäudes als Vergnügungsstätte zulässt.

37

Planungsrechtliche Beurteilungsgrundlage des klägerischen Vorhabens ist § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 8 BauNVO, da das Grundstück in dem durch den Bebauungsplan “N.-G. III. Änderung“ der Beklagten ausgewiesenen Gewerbegebiet liegt, gegen dessen Rechtsverbindlichkeit keine Bedenken bestehen. In Gewerbegebieten, die nach § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen, sind zwar Gewerbebetriebe aller Art als Regelnutzung zulässig (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Hiervon ausgenommen sind jedoch Vergnügungsstätten, die nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zugelassen werden können (vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, zu § 8 RdNr. 46).

38

Die Zulässigkeit der Musikwerkstatt auf der Grundlage der Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB kommt jedoch nicht in Betracht, denn die Beklagte hat unter Ziffer 1.3.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans die Erteilung von Ausnahmen nach § 8 Abs. 2 (Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke) und Abs. 3 (Vergnügungsstätten) BauNVO ausdrücklich ausgeschlossen. Nur wenn aber die für die Aufstellung des Bebauungsplans zuständige Gemeinde festgesetzt hat, dass eine Ausnahme erteilt werden kann, ist § 31 Abs. 1 BauGB im Baugenehmigungsverfahren anwendbar (Söfker, a.a.O. zu § 31 RdNr. 22).

39

Ist das Vorhaben des Klägers in dem maßgeblichen Bebauungsplangebiet der Art der Nutzung nach unzulässig, so folgt daraus bereits eine Verletzung der Nachbarrechte der Beigeladenen.

40

Als Grundstückseigentümer im selben Baugebiet steht ihnen der vorliegend aus § 30 Abs. 1 BauGB, § 8 BauNVO herzuleitende Gebietserhaltungsanspruch zu. Dieser in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte Schutzanspruch des Nachbarn auf die Bewahrung der Gebietsart nach der BauNVO gründet darauf, dass die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet hat. Ein Nachbar im Baugebiet soll sich danach, weil und soweit er in der Ausnutzung seines Grundstücks öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden können, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. So wird insbesondere die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können (BVerwG, Beschluss vom 18.12.2007, NVwZ 2008, 427 m.w.N.).

41

Die Frage, ob von dem Betrieb der Musikwerkstatt unzumutbare Beeinträchtigungen auf das Grundstück der Beigeladenen ausgehen, stellt sich damit im vorliegenden Verfahren nicht. In diesem Zusammenhang ist hier auch nicht zu prüfen, ob sich der Kläger zu Recht darauf beruft, er habe im Hinblick auf die Zulässigkeit der Musikwerkstatt von der Art der Nutzung her einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB. Nach der Vorschrift kann zwar eine solche Befreiung unter im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

42

Eine Befreiungsgewährung zur Art der Nutzung des im Gewerbegebiet gelegenen Bauvorhabens ist jedoch mit der angefochtenen Baugenehmigung nicht verbunden. Offensichtlich hat die Beklagte schon keine Notwendigkeit dafür gesehen, da sie den zugelassenen Betrieb der Musikwerkstatt mit der gewählten Nutzungsbezeichnung „Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen“ nicht als Vergnügungsstätte, sondern als einen nach § 8 Abs. 2 BauNVO regelmäßig zulässigen Gewerbebetrieb angesehen hat. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte – ohne es ausdrücklich auszusprechen – konkludent eine gegebenenfalls erforderliche Befreiung erteilt hat.

43

Das bloße Vorliegen einer Befreiungslage würde aber nicht genügen, um die ohne zusätzlich erteilte Befreiung ergangene Baugenehmigung als rechtmäßig ansehen zu können. Vielmehr bedarf es der tatsächlichen Befreiungserteilung, wenn nur dadurch ein bestimmtes Vorhaben in einem Baugebiet zugelassen werden kann (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. 2. 2010, 1 B 11356/09.OVG, veröffentlicht in ESRIA).

44

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen einen Sachantrag gestellt haben und dadurch selbst ein Kostenrisiko eingegangen sind, entspricht es der Billigkeit, auch ihre außergerichtlichen Kosten dem im Verfahren unterlegenen Kläger aufzuerlegen.

45

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

46

Beschluss

47

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000 € festgesetzt (§§ 52 Abs 1, 63 Abs. 2 GKG; vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. 6. 2010, 8 E 10650/10.OVG).

48

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

49

Beschluss

50

1. Der Antrag der Beigeladenen auf Beiladung der Firma G… H… gemäß § 65 Abs. 2 VwGO wird abgelehnt, denn die Firma ist nicht beteiligtenfähig im Sinne des § 61 Nr.1 VwGO. Es handelt sich um eine von der Beigeladenen zu 1) geführte Einzelfirma, der anders als einer OHG oder KG (vgl. §§ 124, 161 Abs. 2 HGB) keine Teilrechtsfähigkeit verliehen ist, so dass sie nicht den juristischen Personen gemäß § 61 Nr. 1 VwGO als gleichgestellt angesehen wird (vgl. Sodann-Ziekow, Kommentar zur VwGO, 2. Aufl. zu § 61, RdNr. 24). Im vorliegenden Verfahren kann daher nur die Firmeninhaberin als natürliche Person beteiligt werden, die ohnehin beigeladen ist.

51

2. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Beigeladenen wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt, denn die Zuziehung durfte vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden, erscheint also - wie hier aus Sicht der Beigeladenen - nicht willkürlich und überflüssig, sondern zweckdienlich.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.