Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 01. Okt. 2015 - 2 B 2454/15 SN

bei uns veröffentlicht am01.10.2015

Tenor

1. Die Aussetzung der Vollziehung der von der Antragsgegnerin dem Antragsteller erteilten Baugenehmigung vom 3. Dezember 2014, die gegenüber dem Antragsteller von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26. März 2015 erklärt und in dem den Widerspruch des Beigeladenen gegen die Baugenehmigung zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2015 aufrechterhalten worden ist, wird aufgehoben.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

2. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag,

2

die Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung vom 3. Dezember 2014, erstmals ausgesprochen am 26. März 2015, nunmehr angeordnet im Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2015, Az. ..., aufzuheben,

3

ist nach § 80 a Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig und in der Sache begründet.

4

Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Aussetzungsentscheidung der Antragsgegnerin ist § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Danach kann die Behörde in dem Fall, dass ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt, auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 VwGO die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen. Im vorliegenden Fall liegt zwar mit der an den Antragsteller gerichteten Baugenehmigung ein diesen begünstigender Verwaltungsakt vor, gegen den der Beigeladene mit Schreiben vom 26. März 2015 den Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt hat. Ob in dem Widerspruchsschreiben oder bereits in dem diesem vorangegangenen Schreiben des Beigeladenen vom 9. März 2015 zugleich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung zu sehen ist, kann dahinstehen. Der Behörde steht nämlich auch ohne das Vorliegen eines Antrags die Befugnis zu, eine Aussetzungsentscheidung nach § 80 a Abs. 1 VwGO zu treffen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 80 a Rn. 13; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 a Rn. 9; VG Neustadt an der Weinstraße, Beschl. v. 27.10.2010 - 5 L 1033/10.NW -, NVwZ-RR 2011, 227).

5

Dahinstehen kann auch, ob die Aussetzungsentscheidung der Antragsgegnerin im Rahmen einer Abwägung von Vollzugsinteresse des Antragstellers und Aussetzungsinteresse des Beigeladenen (vgl. § 80 a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 VwGO) ursprünglich im Blick auf die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Beigeladenen zu dessen Gunsten zu treffen gewesen wäre, wenn allein die Einhaltung des Abstandsflächenrechts in Rede steht, was aber nicht zum Prüfprogramm der Baugenehmigungsbehörde im Rahmen des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens gehört. Offen bleiben kann auch, ob der Behörde die Aussetzungsentscheidung nach § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO auch dann noch zusteht, wenn sie den Rechtsbehelf des Dritten – wie hier den Widerspruch des Beigeladenen gegen die dem Antragsteller erteilte Baugenehmigung – zurückweist. Denn jedenfalls mit Eintritt der Bestandskraft des begünstigenden Verwaltungsakts – hier der dem Antragsteller erteilten Baugenehmigung – kommt eine Aussetzungsentscheidung nicht (mehr) in Betracht. So liegt es hier.

6

Die Antragsgegnerin hat den Widerspruch des Beigeladenen gegen die dem Antragsteller erteilte Baugenehmigung mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2015 zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid ist dem Beigeladenen ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin befindlichen Postzustellungsurkunde gemäß § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO, § 3 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) i.V.m. § 180 Zivilprozessordnung (ZPO) am 7. Juli 2015 durch Übergabe in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden. Die damit für den Beigeladenen in Gang gesetzte einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO – die dem Widerspruchsbescheid beigegebene Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht zu beanstanden, so dass nicht die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt – endete am Freitag, dem 7. August 2015, ohne dass der Beigeladene Klage erhoben hätte. Folge dessen ist, dass die dem Antragsteller erteilte Baugenehmigung mit Ablauf dieses Tages bestandskräftig geworden ist. Besteht mithin nicht mehr die der Rechtsgrundlage des § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO zugrundeliegende Konstellation des eingelegten Rechtsbehelfs, ist kein Raum für die Aufrechterhaltung der von der Antragsgegnerin erklärten Außervollzugsetzung.

7

Die §§ 80, 80 a VwGO sind Teil des Systems des vorläufigen Rechtsschutzes gegen Verwaltungsakte. Widerspruch und Anfechtungsklage kommt danach grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO), was grundsätzlich auch bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung – wie hier – gilt (§ 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Entfällt, wie im Fall von Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens aufgrund der Vorschrift des § 212 a Baugesetzbuch (BauGB), die aufschiebende Wirkung (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO), steht der Behörde aufgrund der §§ 80 a Abs. 1 Nr. 2, 80 Abs. 4 VwGO die Befugnis zu, den kraft Gesetzes entfallenen Suspensiveffekt des Rechtsbehelfs durch die Erklärung der Aussetzung der Vollziehung zu bewirken. Ist der in Rede stehende begünstigende Verwaltungsakt indessen (mittlerweile) in Bestandskraft erwachsen, fehlt es an einem Bedürfnis für die Gewährung (behördlichen) vorläufigen Rechtsschutzes, dessen Wesen gerade darin besteht, während der Dauer eines Rechtsbehelfsverfahrens und mithin (nur) vor Eintritt der Bestandskraft eines Verwaltungsakts den belasteten Drittbetroffenen von dem Vollzug zu verschonen.

8

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, erscheint es billig, ihn seine außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu lassen.

9

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, wobei das Gericht den sich danach ergebenden Hauptsachestreitwert gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 halbiert hat.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 58


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 74


(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Zivilprozessordnung - ZPO | § 180 Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten


Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 73


(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt 1. die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,2. wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- od

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 27. Okt. 2010 - 5 L 1033/10.NW

bei uns veröffentlicht am 27.10.2010

Tenor Die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 12.10.2010, mit der die Vollziehung der dem Antragsteller am 16.04.2009 erteilten Baugenehmigung ausgesetzt wurde, wird aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragsteller

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 12.10.2010, mit der die Vollziehung der dem Antragsteller am 16.04.2009 erteilten Baugenehmigung ausgesetzt wurde, wird aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Nutzungsuntersagung vom 12.10.2010 wird wiederhergestellt, jedoch nur so lange, wie der Klage gegen die Aufhebung der Baugenehmigung vom 16.04.2009 im Verfahren 5 K 410/10.NW gem. § 80 b VwGO noch aufschiebende Wirkung zukommt.

Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Anträge des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die von der Antragsgegnerin am 11.12. bzw. 12.10.2010 getroffenen Maßnahmen, die darauf abzielen, mit sofortiger Wirkung die Nutzung der „Musikwerkstatt“ auf dem Grundstück L. Straße ... in N. zu unterbinden, sind zulässig.

2

Soweit sich der Antrag gegen Ziffer I. der Verfügung der Antragsgegnerin vom 12.10.2010 richtet - Aussetzung der Vollziehung der bis dahin noch vollziehbar gebliebenen Baugenehmigung vom 16.04.2009 gem. § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 VwGO -, ergibt sich die Zulässigkeit aus § 80 a Abs.3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 Satz VwGO.

3

Gegen die in Ziffer II der Verfügung vom 12.10.2010 angeordneten und mit Sofortvollzug versehenen Maßnahmen (Nutzungsuntersagung und Verbot, die Räume der Musikwerkstatt Dritten zum Betrieb einer Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen zu vermieten oder in sonstiger Weise zu überlassen), ist der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 12.10.2010 gem. § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 VwGO zulässig; bezüglich der damit verbundenen Zwangsmittelandrohungen kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3, § 20 AGVwGO beantragt werden.

II.

4

Die Anträge haben auch teilweise Erfolg.

5

1) Hinsichtlich Ziffer I der Verfügung vom 12.10.2010 wird dem Antrag insoweit stattgegeben, als die Aussetzungsentscheidung, mit der die Antragsgegnerin die bisher noch gemäß der gesetzlichen Regelungen in § 212 a Abs. 2 BauGB und § 80 b Abs. 1 VwGO fortbestehende Vollziehbarkeit der Baugenehmigung beenden will, aus formellen Gründen aufgehoben wird.

6

Die Aussetzungsentscheidung, die vorliegend nicht auf einem förmlichen Antrag des Nachbarn beruht, der gegen die Baugenehmigung Widerspruch eingelegt hatte, durfte zwar grundsätzlich wohl in entsprechender Anwendung von § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwO auch von Amts wegen im öffentlichen Interesse erfolgen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 80 a Rn. 13, 7; OVG NRW, Beschl. vom 30.07.1999, - juris -; ). Sie bedurfte dann jedoch analog § 80 Abs. 3 VwGO einer ausreichenden Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung. Vergleichbar der in § 80 Abs. 3 VwGO unmittelbar geregelten Konstellation, dass die Behörde den in § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO geregelten „Normalfall“ der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nach § 80 Abs. 2 Nr.4 im öffentlichen Interesse außer Kraft setzen will, wird auch bei der Aussetzung der Vollziehbarkeit einer bauaufsichtlichen Zulassung der – hier in § 212 a Abs. 2 BauGB geregelte - gesetzliche Regelfall der trotz Drittwiderspruchs fortgeltenden Vollziehbarkeit durchbrochen. Das soll jedoch nur geschehen dürfen, wenn sich die Behörde des Ausnahmecharakters ihrer Maßnahme bewusst ist und das öffentliche Interesse hieran nicht nur behauptet, sondern auch substantiiert, d.h. nicht nur formelhaft, begründet. Die analoge Anwendung des Begründungserfordernisses in § 80 Abs. 3 VwGO im Rahmen von § 80 a VwGO kann auch aus dem Gebot der „Waffengleichheit“ abgeleitet werden (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 a Rn. 13 b).

7

Diesem Begründungserfordernis ist vorliegend nicht Genüge getan. Die Antragsgegnerin hat zur Begründung nur angegeben, die Baugenehmigung stehe nicht in Einklang mit dem materiellen Recht, weil die Nutzungsart (Vergnügungsstätte) gegen den nachbarschützenden Gebietserhaltungsanspruch verstoße. Somit überwiege eindeutig das öffentliche Interesse an der Aussetzung der Vollziehung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage. Damit ist aber kein b e s o n d e r e s öffentliches Interesse analog § 80 Abs. 3 VwGO an der Aussetzung der Genehmigungs-wirkung dargetan, sondern nur die Begründung für die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung als solche in Bezug genommen. Das Begründungserfordernis ist jedoch im vorliegenden Verfahren vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber selbst vorgegebenen Interessenabwägung zu sehen. Danach kann sich der antragstellende Bauherr hier auf eine vorläufig gültige Baugenehmigung berufen, weil der dagegen erhobene Widerspruch der Nachbarn gerade aufgrund der spezialgesetzlichen Regelung in § 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung im Sinne von § 80 Abs. 1 VwGO entfaltet. Daran hat auch der stattgebende Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010 nichts geändert. Dieser ist noch nicht bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller dagegen Klage erhoben hat und der Suspensiveffekt dieser Klage gemäß § 80 b Abs. 1 VwGO derzeit noch fortbesteht, denn die Rechtsmittelfrist gegen das Urteil vom 23. August 2010 ist noch nicht abgelaufen.

8

Will die Baubehörde in dieser Situation die vorläufige Geltung der Baugenehmigung aussetzen, muss sie dafür besondere Gründe anführen. Das ist hier, wie dargelegt, nicht geschehen. In diesem Zusammenhang ist außerdem auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller hinsichtlich des für die Aufhebung der Genehmigung maßgeblichen Verstoßes des Betriebs der Musikwerkstatt gegen den einschlägigen Bebauungsplan mittlerweile einen Befreiungsantrag gestellt hat, über den die Baubehörde noch nicht entschieden hat.

9

Wie in den Fällen, in denen § 80 Abs. 3 VwGO unmittelbar Anwendung findet, führt der – formale - Mangel einer unzureichenden Begründung allerdings nur zur Aufhebung der Aussetzungsentscheidung. Damit bleibt der Antragsgegnerin – insofern anders als im Fall einer behördlich nicht abänderbaren gerichtlichen Wiederherstellung der Vollziehung aufgrund einer gem. § 80 Abs. 5 VwGO vorgenommenen Interessenabwägung in der Sache - die Möglichkeit, die Aussetzung erneut auszusprechen, sofern sie das besondere öffentliche Interesse daran dann ausreichend zu begründen vermag.

10

2) Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die in Ziffer II der Verfügung vom 12.10.2010 getroffenen, mit Zwangsmittelandrohungen versehenen und für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakte (Nutzungsuntersagung und Verbot, die Räumlichkeiten zum Weiterführen einer Gaststätte mit regelmäßigen Tanzveranstaltungen einem Dritten zu vermieten oder sonst zu überlassen) hat ebenfalls teilweise Erfolg.

11

Die Baubehörde kann gem. § 81 LBauO die Nutzung einer baulichen Anlage, die gegen baurechtliche Vorschriften verstößt, untersagen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Dabei genügt es nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz grundsätzlich, dass die Nutzung formell illegal ist, d.h. dass die dafür erforderliche Genehmigung nicht besteht, es sei denn, die Genehmigungsfähigkeit ist offensichtlich. In solchen Fällen darf regelmäßig auch gleichzeitig der Sofortvollzug der Nutzungs-unter-sagung angeordnet werden. (OVG RP, Urt. vom 22.05.1996, 8 A 11880/95.OVG; vgl. auch Lang in Jeromin, LBauO Rh-Pf, 2. Aufl. 2008, Rn. 71). Auf diese Grundsätze beruft sich auch die Antragsgegnerin.

12

Es bestehen hier jedoch besondere Gründe, die der sofortigen Nutzungsuntersagung entgegenstehen. Dabei kann offen bleiben, ob der Antragsteller nicht vor Erlass der Anordnungen in Ziffer II der Verfügung vom 12.10.2010 hätte förmlich angehört werden müssen (§ 28 VwVfG) bzw. ob ihm angesichts der verschiedenen beachtlichen Gesamtumstände nicht im Rahmen ordnungsgemäßer Ermessensausübung jedenfalls eine angemessene Frist zur Befolgung der Nutzungsuntersagung hätte eingeräumt werden müssen.

13

Die im Rahmen des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung hat jedenfalls deshalb zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Aufschub zugunsten des Antragstellers zu führen, weil die ihm erteilte Baugenehmigung gemäß § 212 a BauGB weiterhin vorläufige Geltung beanspruchen kann und diese – wie oben ausgeführt - durch die Antragsgegnerin auch nicht wirksam ausgesetzt ist, so dass der Betrieb der Musikwerkstatt derzeit nicht als formell illegal angesehen werden kann.

14

Dass das Verwaltungsgericht – wie bereits der Stadtrechtsausschuss – die Baugenehmigung in seinem Urteil vom 23. August 2010 im Verfahren 5 K 410/10.NW als materiell rechtswidrig angesehen hat, weil die Zulassung der mit der mit der Gebietsfestsetzung des Bebauungsplans unvereinbaren Vergnügungsstätte gegen den Gebietserhaltungsanspruch der im Verfahren 5 K 410/10.NW beigeladenen Nachbarn verstößt, bleibt aber im Rahmen der Interessenabwägung nicht außer Betracht. Dem trägt die vorliegende Entscheidung vielmehr gem. § 80 Abs. 5 Sätze 4 und 5 VwGO dadurch Rechnung, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zeitlich an den Fortbestand der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 80 b Abs. 1 VwGO gekoppelt wird. Vorbehaltlich einer erneuten Aussetzungsentscheidung durch die Antragsgegnerin oder einer Entscheidung des OVG gemäß § 80 b VwGO wird nämlich die Aufhebung der Baugenehmigung mit dem gesetzlich bestimmten Ende des Suspensiveffekts der Anfechtungsklage wirksam, so dass dann die Nutzung der Musikwerkstatt auch formell illegal wird.

15

Die Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung und der weiteren Anordnungen unter Ziffer II. der Verfügung vom 12.10.2010 tritt also aufgrund der hier getroffenen Entscheidung automatisch ein, sobald die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Aufhebung der Baugenehmigung endet. Das ist nach § 80 b VwGO spätestens drei Monate nach Ablauf der zweimonatigen Begründungsfrist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das dem Antragsteller am 7. Oktober zugestellte Urteil vom 23. August 2010 der Fall, sofern das OVG Rheinland-Pfalz nicht die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung anordnet.

16

Für den Fall, dass zwischenzeitlich die Antragsgegnerin eine erneute Aussetzungsentscheidung nach § 80 a VwGO erlassen sollte, weist die Kammer vorsorglich darauf hin, dass dann dem Antragsteller wenigstens eine kurze Abwicklungsfrist (etwa bis Ablauf des ersten Montags nach Zustellung der Aussetzungsentscheidung) eingeräumt werden sollte.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Sat z 1 VwGO.

18

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG, wobei das Gericht die Hälfte des Streitwerts im Klageverfahren angesetzt hat, weil es im Verfahren insgesamt – wie auch die von der Antragsgegnerin als Voraussetzung für die Nutzungsuntersagung getroffene Aussetzungsentscheidung zeigt - im Wesentlichen um die Frage des Fortbestands oder Wegfalls der Baugenehmigungswirkung geht.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.