Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 09. Juli 2009 - 4 K 409/09.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2009:0709.4K409.09.NW.0A
bei uns veröffentlicht am09.07.2009

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Abfallgebührenbescheid des Beklagten.

2

Der Kläger ist hauptberuflich als Anzeigenvertreter bei der Tageszeitung „...“ tätig und betreibt daneben seit 2006 unter seiner Wohnanschrift in seinem Arbeitszimmer ein Gewerbe mit den Gegenständen Handel – Internethandel – Webdesign.

3

Mit Bescheid vom 11. Januar 2007 zog der Beklagte den Kläger zu einer Abfallentsorgungsgebühr für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2007 in Höhe von 396 € heran. Darin enthalten war eine Grundgebühr für das vom Kläger angemeldete Gewerbe in Höhe von 93 € sowie eine Leistungsgebühr in Höhe von 42 €. Der streitgegenständliche Bescheid enthielt die folgende Rechtsbehelfsbelehrung:

4

„Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Stadtverwaltung P... schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.“

5

Unter der im Briefkopf des Bescheids der Beklagten angegebenen E-Mail-Adresse „[email protected] ging am 23. Januar 2007 eine mit dem Betreff: „WIDERSPRUCH“ versehene Nachricht der Absenderadresse „[email protected]“ ein. Der Text des elektronischen Dokuments, das nicht mit einer Signatur nach dem Signaturgesetz versehen war, lautete wie folgt:

6

„Sehr geehrte Damen und Herren,

7

hiermit widerspreche ich dem Bescheid Personennummer ... Ich habe sei 1 Jahr ein Gewerbe angemeldet. In diesem Jahr habe ich festgestellt, dass sich für mein Gewerbe, das sich ausschließlich digital am PC und im Internet abspielt, kein Müll anfällt. Und deshalb kann m.E. auch keine Müllgebühr erhoben werden.

8

mfg

9

...“

10

Mit Schreiben vom 30. April 2007 übermittelte die Fachabteilung der Beklagten dem Kläger ein Formular zur Erläuterung der in dem Gewerbebetrieb anfallenden Abfälle mit der Bitte, dieses auszufüllen und bis zum 14. Mai 2007 unterschrieben zurückzusenden, „um nunmehr schnellstmöglich über den Widerspruch entscheiden zu können“. Eine Eingangsbestätigung über den Widerspruch des Klägers mit der Angabe des Aktenzeichens übersandte der Stadtrechtsausschuss der Beklagten am 18. Mai 2007. Mit an die Fachabteilung der Beklagten gerichteter E-Mail vom 30. Juli 2007 wies der Kläger nochmals auf den im Januar 2007 eingelegten Widerspruch hin und führte aus, er halte den Bescheid für wohl hinfällig, da in seinem Online-Büro kein Müll anfalle.

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2009, dem Kläger zugestellt am 17. April 2009, wies der Kreisrechtsauschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurück. Zur Begründung führte der Kreisrechtsauschuss aus, der Widerspruch sei nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingelegt worden. Der Widerspruch müsse unterschrieben werden, eine einfache E-Mail genüge diesen Anforderungen nicht. Der Widerspruch gegen die für den Gewerbebetrieb des Klägers erhobene Gebühr in Höhe von 135 € sei im Übrigen auch unbegründet. Der Kläger müsse für seinen Gewerbebetrieb eine Abfallentsorgungsgebühr zahlen, da es sich hierbei um eine selbständige Anfallstelle für Abfälle handele. Dass die gewerbliche Nutzung nicht völlig untergeordnet sei, zeige sich daran, dass der Büroraum beim Finanzamt als Betriebsaufwendung geltend gemacht werde. Es sei auch davon auszugehen, dass im Büroraum Abfälle außerhalb des Rahmes der privaten Lebensführung anfielen.

12

Der Kläger hat hiergegen am 29. April 2009 Klage erhoben. Er äußert sich zur Zulässigkeit des Widerspruchs und der Klage nicht, ist aber der Auffassung, dass der Gebührenbescheid materiell rechtswidrig sei.

13

Der Kläger beantragt,

14

den Gebührenbescheid vom 11. Januar 2007 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses vom 15. April 2009 aufzuheben.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen; diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist bereits unzulässig, denn es fehlt an einer ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens.

19

Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Widerspruch innerhalb der Widerspruchsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben ist, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Wird diese Frist versäumt, wird der Verwaltungsakt bestandskräftig. Die Wahrung der Widerspruchsfrist ist Zulässigkeitsvoraussetzung für den Widerspruch und auch für die Klage. Wird der Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückgewiesen, ist die hierauf erhobene Klage ebenfalls unzulässig (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, vor § 68 Rdnr. 7 und § 70 Rdnr. 6 m.w.N.).

20

Die Rechtsbehelfsbelehrung in dem angefochtenen Bescheid vom 11. Januar 2007 war korrekt, so dass die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit der Bekanntgabe des Bescheids in Lauf gesetzt wurde. Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Diesen Anforderungen genügt die im Bescheid vom 11. Januar 2007 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung. Diese weist auf den Widerspruch als Rechtsbehelf, die Frist von einem Monat nach Bekanntgabe und die Stadt P... als Sitz der Verwaltungsbehörde hin. Der Umstand, dass darin nicht die genaue Anschrift der Beklagten mit Postleitzahl, Straße und Hausnummer angegeben ist, ist unschädlich. Der Sitz der Behörde ist mit der Angabe des Ortes ausreichend bezeichnet (s. BVerwG E 25, 261 und BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 - 3 C 23.08 -, juris).

21

Vorliegend hat der Kläger innerhalb der Widerspruchsfrist aber das Formerfordernis des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht eingehalten. Denn er hat den Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2007 unzweifelhaft weder „schriftlich“ (s. zur fehlenden Schriftform von E-Mails das Urteil der Kammer vom 11. Februar 2008 - 4 K 1537/07.NW -, juris) noch „zur Niederschrift der Behörde“ erhoben.

22

Der Kläger hat den Widerspruch vom 23. Januar 2007 auch nicht wirksam in elektronischer Form eingelegt.

23

Die in § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordnete Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Denn über § 79 VwVfG findet die Regelung des § 3 a VwVfG ergänzend Anwendung (Dolde/Porsch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO Kommentar, Stand Oktober 2008, § 70 Rdnr. 6 b m.w.N.). Die wirksame elektronische Einlegung des Widerspruch setzt aber voraus, dass die Behörde sowohl den Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente nach § 3 a Abs.1 VwVfG als auch nach § 3 a Abs. 2 VwVfG eröffnet hat und der Widerspruch vom Absender mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist.

24

Hier fehlt es bereits an einer Zugangseröffnung des Beklagten nach § 3 a Abs. 2 VwVfG. Durch die zwingend erforderliche Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur soll sichergestellt werden, dass den einzelnen Funktionen einer gesetzlich angeordneten Schriftform - Abschlussfunktion, Perpetuierungsfunktion, Identitätsfunktion, Echtheitsfunktion, Verifikationsfunktion, Beweisfunktion und Warnfunktion - entsprochen wird. Erst die Sicherung der Funktionsäquivalenz ermöglicht die Gleichstellung mit dem schriftlichen Verfahren (Catrein, NWVBl 2001, 50, 54). Elektronische Signaturen sind technische Verfahren, die gewährleisten, dass eine entsprechend signierte Nachricht von einem identifizierbaren Absender stammt und während der elektronischen Übermittlung zum Empfänger nicht verändert wurde (Schmitz/Schlatmann, NVwZ 2002, 1281, 1283; Schliesky, NVwZ 2003, 1322, 1323). Hat die Behörde den Zugang für den Empfang von Dokumenten mit qualifizierter digitaler Signatur durch ausdrückliche Klarstellung im Briefkopf oder auf ihrer Internetseite eröffnet, ergeben sich keine Probleme; der Widerspruchsführer kann den Widerspruch formgerecht elektronisch übermitteln. Fehlt es an einem Hinweis der Behörde auf den Ausschluss oder die ausdrückliche Bereitschaft zur Entgegennahme von qualifiziert signierten Dokumenten, so ist die Zugangseröffnung nach § 3 a Abs. 2 VwVfG nach der Verkehrsanschauung und der Verbreitung der hierfür erforderlichen Signaturtechnik zu bestimmen(so ausdrücklich die Gesetzesbegründung in BT-Dr 14/9000, Seite 31). Da die elektronische Signatur in der öffentlichen Verwaltung bisher aber noch keine größere Bedeutung erlangt hat, kann von einer Zugangseröffnung nach der Verkehrsanschauung bis auf weiteres nicht ausgegangen werden.

25

Ungeachtet dessen ist der elektronische Widerspruch des Klägers vom 23. Januar 2007 nicht mit der von § 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG geforderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Hierauf kann auch nicht ausnahmsweise verzichtet werden. Angesichts der klaren gesetzlichen Regelung zur qualifizierten elektronischen Signatur in § 3 a VwVfG ist eine Übertragung des oben dargestellten Maßstabs in Bezug auf den schriftlichen Widerspruch auf den per einfacher E-Mail eingelegten Widerspruch abzulehnen (s. VGH Kassel, NVwZ-RR 2006, 377; VG München, Urteil vom 05. Februar 2009 - M 15 K 07.2394 -, juris; VG Frankfurt, Gerichtsbescheid vom 05. November 2008 – 3 K 2180/08.F -, juris; Dolde/Porsch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 70 Rdnr. 6 b; Kopp/Ramsauer, VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2005, § 3 a Rdnr.14 a; Ziekow, VwVfG Kommentar, 1. Auflage 2006, § 3 a Rdnr. 6; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 2006, 519 zu § 55a VwGO). Mit der vom Gesetzgeber in § 3 a Abs. 2 Satz 2 VwVfG ausdrücklich vorgeschriebenen Beifügung einer qualifizierten elektronischen Signatur soll sichergestellt sein, dass das elektronische Dokument dem angegebenen Absender zuzurechnen ist und nach der Signierung nicht mehr von dritter Seite (unbemerkt) verändert werden kann. Diese Sicherheit ist aber nicht gegeben, wenn das Dokument über keine qualifizierte elektronische Signatur verfügt. Eine entsprechende Gewissheit in Bezug auf die Authentizität und Integrität des elektronischen Dokuments lässt sich auch nicht anderweitig „eindeutig und ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste“ gewinnen, wie es für den „Nachweis“ der Urheberschaft und des Verkehrswillens bei nicht unterschriebenen der Schriftform bedürftigen Prozessäußerungen vorausgesetzt ist. Insbesondere reicht es dazu nicht aus, dass aus der Absenderkennung der E-Mail hervorgeht, dass das Dokument von dem persönlichen Postfach des Beteiligten bzw. seines Verfahrensbevollmächtigten aus versandt worden ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 2006, 519). Nach alledem entfaltet ein der Behörde zugeleitetes einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehendes elektronisches Dokument, das nicht wie von § 3 a Abs. 2 Satz 2 VwVfG gefordert qualifiziert elektronisch signiert ist, keinerlei Wirkung.

26

Dem Kläger war auch nicht - von Amts wegen - Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist gemäß § 70 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 – 4 VwGO zu bewilligen. Nach § 60 VwGO ist die Wiedereinsetzung auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Verschuldet im Sinne dieser Vorschrift ist eine Fristversäumnis, wenn die Einhaltung der Frist nach den gesamten Umständen zumutbar war. Diese Zumutbarkeit kann grundsätzlich angenommen werden, wenn der Kläger - wie hier - korrekt belehrt worden ist, der Widerspruch sei (ausschließlich) schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben (vgl. VG Frankfurt, Gerichtsbescheid vom 05. November 2008 – 3 K 2180/08.F -, juris).

27

Zwar ist einzuräumen, dass auch der Sachbearbeitung beim Abfallentsorgungsbetrieb der Beklagten der Formmangel des eingelegten Widerspruchs nicht auffiel. Dementsprechend unterblieb innerhalb der Widerspruchsfrist auch ein Hinweis an den Kläger auf die unzureichende Form des Widerspruchs. Daraus kann der Kläger jedoch nichts herleiten. Eine Pflicht der Behörde, den Widerspruchsführer auf den Formfehler hinzuweisen, sofern die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist, gibt es nicht. Vielmehr geht der Irrtum des Widerspruchsführers über die Wirksamkeit der Widerspruchseinlegung zu seinen Lasten (Geis in: Sodan/Ziekow, VwGO Kommentar, 2. Auflage 2006, § 70 Rdnr. 19). Zwar haben Behörden ebenso wie Gerichte gegenüber den Verfahrensbeteiligten gewisse Fürsorgepflichten. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (NJW 1995, 3173, 3175; s. auch BVerwG, NVwZ-RR 2003, 901, und OVG Sachsen-Anhalt, LKV 2009, 144) folgt aus der auf dem Gebot eines fairen Verfahrens beruhenden nachwirkenden Fürsorgepflicht des erstinstanzlichen Gerichts für die Prozessparteien, dass es fristgebundene Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren, die bei ihm eingereicht werden, an das zuständige Rechtsmittelgericht weiterleiten muss. Da es um die Einhaltung von Fristen geht, gebietet die Fürsorgepflicht die Weiterleitung ohne schuldhaftes Zögern. Allerdings braucht das Gericht dem Bürger und dessen Bevollmächtigtem nicht die Verantwortung für die Einhaltung der Formalien abnehmen (BVerwG, NVwZ-RR 2003, 901). Es muss nicht den Beteiligten, der seinen Schriftsatz versehentlich bei ihm eingereicht hat, etwa durch Telefonat oder Telefax auf diesen Irrtum hinweisen (BVerfG, NJW 2001, 1343). Überträgt man diese Rechtsprechung auf die nicht formgerechte Einlegung eines Widerspruchs bei der Verwaltungsbehörde, so besteht eine Hinweispflicht der Behörde im Allgemeinen nicht. Der Bürger ist in der Regel nicht schutzbedürftig, zumal dem Ausgangsbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt ist, die - wie hier - auf die notwendige Form des Widerspruchs hinweist (OVG Greifswald, NVwZ 1999, 201). Im Einzelfall kann sich aus Fürsorgegesichtspunkten innerhalb der Widerspruchsfrist eine Hinweispflicht dann ergeben, wenn der Bürger trotz der Rechtsbehelfsbelehrung darauf vertrauen durfte, dass er den Widerspruch auch elektronisch einlegen könne. Ein solches Vertrauen kommt unter Umständen in Betracht, wenn der Sachbearbeiter der Behörde vor Ergehen des Verwaltungsakts bereits mit dem Bürger auf elektronischem Wege kommuniziert hat. Weist die Behörde in einem solchen Fall den Widerspruchsführer ohne schuldhaftes Zögern nicht auf die Beseitigung des Formmangels hin, so ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 70 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 – 4 VwGO wegen Mitverschuldens der Behörde nicht von vornherein ausgeschlossen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt ferner in den Fällen in Betracht, in denen die Behörde den nicht signierten Widerspruch anstandslos als Widerspruch entgegengenommen hat und dem Widerspruchsführer umgehend eine Eingangsbestätigung hat zukommen lassen (vgl. BVerwGE 50, 248, 254 f. zur anstandslosen Annahme eines telefonischen Widerspruchs).

28

In Anwendung dieser Grundsätze liegt hier kein Mitverschulden der Beklagten vor. Weder fand zwischen dem Kläger und der Fachabteilung der Beklagten davor eine elektronische geführte Korrespondenz statt noch übermittelte die Beklagte dem Kläger nach Eingang des elektronischen Widerspruchs innerhalb der Widerspruchsfrist eine Eingangsbestätigung. Die nicht formgerechte Einlegung des Widerspruchs innerhalb der Monatsfrist hat daher allein der Kläger zu verantworten.

29

Die Klage ist ausnahmsweise auch nicht deshalb zulässig, weil der Stadtrechtsausschuss der Beklagten sich im Widerspruchsbescheid auch mit der Sache auseinandergesetzt hat. Zwar darf die Widerspruchsbehörde nach der herrschenden Meinung (s. z.B. BVerwG, NVwZ 1983, 285; OVG Nordrhein-Westfalen, BauR 2007, 677), der die Kammer folgt, einen nicht fristgerecht erhobenen oder mit Formmängeln behafteten Widerspruch grundsätzlich in der Sache bescheiden und damit den Klageweg wieder eröffnen. So ist der Stadtrechtsausschuss der Beklagten hier aber nicht verfahren, denn er hat sich zunächst ausdrücklich auf die fehlende Schriftform des Widerspruchs des Klägers berufen und sich nur hilfsweise zur Sache eingelassen. Eine in erster Linie auf die Unzulässigkeit des Widerspruchs gestützte Widerspruchsentscheidung wird aber nicht dadurch zu einer Sachentscheidung, dass die Widerspruchsbehörde sich zusätzlich zur materiellen Rechtlage äußert. Eine Sachentscheidung ist nur dann anzunehmen, wenn die Widerspruchsbehörde vorbehaltlos, d.h. nicht nur hilfsweise auf die materielle Rechtslage eingeht, sich mithin über die Form- oder Fristversäumnis hinwegsetzt (s. auch VG Saarlouis, Beschluss vom 13. März 2007 – 2 L 343/07 -, juris).

30

Diese rechtliche Würdigung steht im Einklang mit der Rechtsprechung zu der Frage der hilfsweisen Sacheinlassung der Behörde im Klageverfahren, wenn zuvor überhaupt kein Vorverfahren stattgefunden hat. Zwar hat das BVerwG in der Vergangenheit in einzelnen Entscheidungen (s. DVBl. 1981, 502 und NVwZ 1984, 507) die Auffassung vertreten, das Vorverfahren sei auch dann entbehrlich, wenn die Behörde dessen Fehlen ausdrücklich rügt und die Klageabweisung aus Sachgründen nur hilfsweise beantragt. Diese Auffassung wird - soweit ersichtlich - indes seitdem nicht mehr vertreten. In anderen Entscheidungen des BVerwG findet sich vielmehr der gegenteilige Hinweis, wonach die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens wegen sachlicher Einlassung ausgeschlossen sei, wenn der Beklagte in der Klageerwiderung zwar Ausführungen zur Sache mache, zugleich aber das Fehlen eines Vorverfahrens und die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage rüge (vgl. BVerwG, Buchholz 310 § 68 Nr. 35 und DVBl. 2000, 485). Auch in der Kommentarliteratur (vgl. etwa Dolde/Porsch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 68 Rdnr. 29; Geis, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 68 RdNr. 162; Kopp/Schenke, a.a.O., § 68 Rdnr. 28) und der aktuellen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (s. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04. März 2009 – 9 S 371/08 -, juris; VG Saarlouis, Urteil vom 16. Januar 2008 – 5 K 1101/07 -, juris), der sich die erkennende Kammer anschließt, lehnt die Auffassung, die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens könne bereits durch die hilfsweise Einlassung zur Sache geheilt und die Berufung auf die fehlenden Zulässigkeitsvoraussetzungen damit unbeachtlich werden, ab. Dafür spricht maßgeblich, dass die im Hinblick auf die Disponibilität des Widerspruchsverfahrens angenommene Entbehrlichkeit eine entsprechende Disposition der Beklagten voraussetzt. Diese fehlt jedoch in Konstellationen, in denen auch in der Klageerwiderung zunächst und ausdrücklich auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen und deshalb Klagabweisung beantragt worden ist. Entsprechend ist die Situation in einer Konstellation wie der Vorliegenden, in der die Widerspruchsbehörde sich im Widerspruchsbescheid vornehmlich auf die Unzulässigkeit des Widerspruchs berufen hat. Auch hier fehlt es an der Disposition der Widerspruchsbehörde, auf die Zulässigkeit des Widerspruchs zu verzichten.

31

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

32

Beschluss

33

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 135 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

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(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

Für förmliche Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte gelten die Verwaltungsgerichtsordnung und die zu ihrer Ausführung ergangenen Rechtsvorschriften, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist; im Übrigen gelten die Vorschriften dieses Gesetzes.

(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet.

(2) Eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Signierung mit einem Pseudonym, das die Identifizierung der Person des Signaturschlüsselinhabers nicht unmittelbar durch die Behörde ermöglicht, ist nicht zulässig. Die Schriftform kann auch ersetzt werden

1.
durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird;
2.
bei Anträgen und Anzeigen durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes;
3.
bei elektronischen Verwaltungsakten oder sonstigen elektronischen Dokumenten der Behörden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt;
4.
durch sonstige sichere Verfahren, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, welche den Datenübermittler (Absender der Daten) authentifizieren und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes sowie die Barrierefreiheit gewährleisten; der IT-Planungsrat gibt Empfehlungen zu geeigneten Verfahren ab.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(3) Ist ein der Behörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, teilt sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mit. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Behörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.

(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.

(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.

(4) Sichere Übermittlungswege sind

1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt,
2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
Das Nähere zu den Übermittlungswegen gemäß Satz 1 Nummer 3 bis 5 regelt die Rechtsverordnung nach Absatz 2 Satz 2.

(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.

(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. März 2007 - 9 K 1149/06

- wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob das in § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordnete Vorverfahren entbehrlich ist, wenn sich die Beklagte sachlich auf die Klage eingelassen hat oder wenn die ablehnende Auffassung der Aufsichtsbehörde bereits anderweitig zum Ausdruck gekommen ist. Die Klägerin begehrt die Festsetzung der Vergütung für eine von ihr durchgeführte Praxisabwicklung in Höhe von 139.746,-- EUR.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft. Sie wurde nach dem Tod eines in Einzelpraxis selbständig tätigen Steuerberaters von der Beklagten am 24.12.1998 zum Praxisabwickler gemäß § 70 des Steuerberatungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.11.1975 (BGBl. I S. 2735; zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2008, BGBl. I S. 2955 - StBerG -) bestellt. Die Praxis befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem chaotischen Zustand. Teilweise über Jahre hinweg waren Mandate offenbar unbearbeitet geblieben und die Unterlagen unsystematisch auf dem Fußboden gestapelt. Nach Angaben der Klägerin war ein Einsatz von insgesamt 22 Mitarbeitern mit einem Gesamtzeitaufwand von 5.655 Arbeitsstunden erforderlich, um die Unterlagen den betreffenden Akten zuzuordnen, die Rückstände aufzuarbeiten und die laufenden Aufträge fortzuführen. Durch Kaufvertrag vom 26.08.1999 wurde die Praxis schließlich zu einem Kaufpreis von 150.000,-- DM verkauft. Der Verkaufserlös wurde in voller Höhe an die Erben des verstorbenen Steuerberaters ausgezahlt, die hiervon 60.000,-- DM an die Klägerin leisteten.
Die Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung ist im vorhinein nicht bestimmt worden. In der Bestellung vom 24.12.1998 findet sich hierzu lediglich der Hinweis, dass ihr „Anspruch auf eine angemessene Vergütung“ zustehe. Die Klägerin selbst berechnete ihren Anspruch anhand des Zeitaufwands der von ihr eingesetzten Steuerberater und Diplombetriebswirte, den sie auf 2.150,87 Stunden bezifferte. Als Stundensatz legte die Klägerin den rechnerischen Mittelwert von 127,50 DM der in § 13 Abs. 2 StBGebV festgelegten Stundensätze zugrunde und errechnete so (unter Berücksichtigung von 16 % Mehrwertsteuer) eine Summe von 347.693,66 DM. In der hierauf vor dem Landgericht Mannheim gegen die Erben des verstorbenen Praxisinhabers erhobenen Zahlungsklage (2 O 319/99) wurde - nachdem die Klägerin der gerichtlichen Anregung, einen Antrag auf Festsetzung der angemessenen Vergütung gemäß § 70 i.V.m. § 69 StBerG bei der Steuerberaterkammer zu stellen, nicht näher getreten war - ein Sachverständigengutachten bei der Steuerberaterkammer eingeholt. Dieses kam im Ergebnis zu einem reduzierten Stundenansatz von 1.732,5 Stunden und errechnete damit eine angemessene Vergütung in Höhe von 256.236,75 DM.
Nachdem der zuständige Einzelrichter infolge eines eingetretenen Berichterstatterwechsels ausgetauscht worden war, wies das Landgericht darauf hin, dass die Höhe der Vergütung nach vorläufiger Rechtsauffassung des Gerichts nur durch Festsetzung der Steuerberaterkammer bestimmt werden könne. Den daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag auf Festsetzung der angemessenen Vergütung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 11.04.2005 ab. Für eine Festsetzung der Abwicklervergütung durch die Steuerberaterkammer sei kein Raum, weil § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG nicht die Fälle betreffe, in denen - wie hier - die Bestellung des Praxisabwicklers auf Antrag der Erben erfolgt sei. Mit Schreiben vom 20.04.2005 erinnerte die Klägerin hiergegen, dass die Bestellung des Praxisabwicklers nach § 70 StBerG stets von Amts wegen erfolge und die Frage, ob dies auf Antrag der Erben erfolge, daher keine ausschlaggebende Bedeutung haben könne. Durch Schriftsatz vom 17.06.2005 bekräftigte die Beklagte indes ihre Rechtsauffassung und hielt an der Ablehnung fest.
Mit Schreiben vom 29.06.2005 wandte sich das Landgericht daraufhin an das Finanzministerium Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde der Beklagten, welches unter dem 04.08.2005 ausführte, es teile die Rechtsauffassung des Landgerichts. Die Steuerberaterkammer habe gemäß § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG auf Antrag die Vergütung festzusetzen; eine Differenzierung für die Fälle, in denen die Bestellung „auf Antrag“ erfolgt, sehe das Gesetz nicht vor. Aus der Festsetzung folge überdies, dass die Beklagte für diese Vergütung wie ein Bürge hafte. Unter Hinweis auf dieses Schreiben des Finanzministeriums beantragte die Klägerin am 11.08.2005 erneut die Festsetzung der angemessenen Abwicklungsvergütung und bezifferte diese auf 131.011,77 EUR zuzüglich Zinsen. Die Beklagte hielt mit Schreiben vom 29.08.2005 jedoch daran fest, dass im vorliegenden Fall eine Festsetzungsverpflichtung nicht bestehe. Nachdem das Finanzministerium sich unter dem 07.09.2005 direkt an die Beklagte gewandt hatte, widersprach diese der Rechtsauffassung des Ministerium durch Schriftsatz vom 19.09.2005. Mit Schreiben vom 04.11.2005 teilte das Finanzministerium der Beklagten daraufhin mit, aus Sicht des Finanzministeriums könne festgestellt werden, dass der von der Steuerberaterkammer bestellte Praxisabwickler nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG Anspruch auf eine angemessene Vergütung habe. Im vorliegenden Fall erscheine es dem Finanzministerium angemessen, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Die Beklagte werde gebeten, unter Beachtung der vorstehenden Kriterien die Abwicklervergütung festzusetzen.
Mit Bescheid vom 11.11.2005 setzte die Beklagte daraufhin die Höhe der angemessenen Vergütung auf 30.000,-- EUR fest. Zwar sei sie in Ansehung der besonderen Umstände nach wie vor der Auffassung, dass eine Verpflichtung zur Festsetzung der angemessenen Vergütung nicht bestehe; im Interesse des Fortgangs der Angelegenheit habe das Präsidium dessen ungeachtet entschieden, der Bitte des Finanzministeriums zu entsprechen und eine Festsetzung vorzunehmen. Hinsichtlich der Höhe der Vergütung sei von einer Tätigkeitsdauer von sechs Monaten auszugehen, weil die Tätigkeit spätestens mit der Aufgabe von Verkaufsinseraten als abgeschlossen anzusehen sei. Auch hinsichtlich der Bemessung habe sich die Beklagte an dem Hinweis im Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 orientiert, der auf den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsatz zurückgehe, dass zwischen der Vergütung des Abwicklers und der von diesem im Zusammenhang mit der Abwicklung gemachten Aufwendungen unterschieden werden müsse. Nur für die Festsetzung der erstgenannten Vergütung des Abwicklers selbst sei die Kammer zuständig. Das insoweit anzusetzende durchschnittliche Monatsgehalt eines angestellten Steuerberaters liege ausweislich einer im Jahr 1999 durchgeführten Umfrage bei ungefähr 5.000,-- EUR, sodass sich ein Gesamtbetrag von 30.000,-- EUR ergebe. Eine Rechtsmittelbelehrung war dem Bescheid nicht beigefügt.
Mit Verfügung vom 18.11.2005 wies das Landgericht darauf hin, dass die Festsetzung der Abwicklervergütung ausweislich der vom Finanzministerium in seiner Stellungnahme beigefügten Kopie des StBerG-Kommentars vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden könne. Mit Schriftsatz vom 30.11.2005 teilte die Klägerin daraufhin mit, am Bestehen des Verwaltungsrechtswegs bestünden Bedenken; darüber hinaus habe die Steuerberaterkammer zwischen der eigentlichen Abwicklungsvergütung einerseits und dem der Klägerin darüber hinaus gemäß § 69 Abs. 2 StBerG i.V.m. § 670 BGB zustehenden Aufwendungsersatz unterschieden. Jedenfalls der Anspruch auf Aufwendungsersatz falle in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Auch der Vergütungsanspruch insgesamt richte sich aber gegen die zivilrechtlich Beklagten, weil das Rechtsverhältnis zwischen ihnen - trotz amtlicher Bestellung - privatrechtlicher Natur sei. Für Streitigkeiten zwischen der Klägerin und den Erben des Vertretenen sei daher ausschließlich die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig. Öffentlich-rechtlich geregelt sei dagegen nur das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Steuerberaterkammer. Die Festsetzung der Höhe der geschuldeten Vergütung erfolge durch die Steuerberaterkammer mittels Verwaltungsakt, der allerdings der Klägerin nicht die Möglichkeit gebe, unmittelbar gegen die zivilrechtlich Beklagten vorzugehen. Insoweit verbleibe es vielmehr beim ordentlichen Rechtsweg, sodass die Klägerin in jedem Fall einen vollstreckbaren Titel gegen die zivilrechtlich Beklagten benötige. Das angerufene Landgericht sei auch befugt, die offensichtlich fehlerhaft erfolgte Vergütungsfestsetzung der Steuerberaterkammer zu korrigieren; vertrete man eine andere Auffassung, müsse zunächst das Verwaltungsgericht angerufen und die Steuerberaterkammer im Wege der Verpflichtungsklage zur ordnungsgemäßen Festsetzung der Abwicklungsvergütung verpflicht werden. Auch die auf diesem Wege festgesetzte Vergütung müsse dann aber - neben den Aufwendungsersatzansprüchen - vor dem Landgericht weiterverfolgt und tituliert werden. Da der am 15.11.2005 zugestellte Festsetzungsbescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalte, könne insoweit gemäß § 58 VwGO Klage beim Verwaltungsgericht noch binnen Jahresfrist erhoben werden. Angesichts der Tatsache, dass das Verfahren bereits seit sechs Jahren anhängig sei, werde aber um möglichst zeitnahe Rechtswegentscheidung gebeten.
Nachdem die Bemühungen des Landgerichts eine vergleichsweise Einigung herbeizuführen von den zivilrechtlich Beklagten mit Schriftsatz vom 12.04.2006 endgültig abgelehnt worden waren, erhob die Klägerin am 27.04.2006 die streitgegenständliche Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin zustehende Vergütung für die Praxisabwicklung unter Abänderung des Bescheids vom 11.11.2005 auf 139.746,-- EUR zuzüglich Zinsen festzusetzen. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, die Beklagte selbst sei in dem für das Landgericht Mannheim angefertigten Sachverständigengutachten vom 19.11.2003 von einer Vergütung in Höhe von 131.011,77 EUR ausgegangen. An diese Feststellungen sei sie auch im Rahmen der Festsetzung nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG gebunden. Die im angefochtenen Bescheid vom 11.11.2005 vorgenommene Herabsetzung von mehr als 100.000,-- EUR gehe ersichtlich auf den Hinweis des Finanzministeriums zurück, die Steuerberaterkammer habe für die festgesetzte Vergütung wie ein Bürge zu haften. Die Beklagte habe mithin ein ureigenes Interesse daran, die Vergütung im Rahmen der Festsetzung so gering wie möglich zu halten. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe die Bestimmung der angemessenen Vergütung jedoch nicht im Ermessen der Steuerberaterkammer, sondern unterliege als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Soweit die Beklagte vorgetragen habe, im Gutachten vom 19.11.2003 seien auch Aufwendungsersatzansprüche mitberücksichtigt, treffe dies nicht zu.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat insbesondere erwidert, die Klage erweise sich mangels Durchführung des nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahrens als unzulässig. Hieran ändere auch das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung nichts, weil § 58 Abs. 2 VwGO insoweit lediglich eine Fristverlängerung, nicht aber den Verzicht auf die Notwendigkeit der Durchführung des Vorverfahrens anordne. Nur fürsorglich und unter ausdrücklicher Klarstellung, dass damit ein Verzicht der Beklagten auf die Durchführung des Vorverfahrens nicht verbunden sei, nahm die Beklagte auch zur Begründetheit der Klage Stellung. Materiell stehe dem Anspruch auf Höhersetzung der Vergütung eine Verletzung der der Klägerin obliegenden Nebenpflichten entgegen. Denn sie habe sich ohne Abstimmung mit der Beklagten in ganz erheblichem Umfang in die Arbeit „gestürzt“, obwohl nach ihren eigenen Darstellungen auf der Hand gelegen habe, dass die Abwicklungstätigkeit aus den Erträgen der Kanzlei bzw. aus dem Verkauf der Praxis nicht zu vergüten sein würde. Diese Vorgehensweise stehe auch im Widerspruch zu den Hinweisen der Bundessteuerberaterkammer zur Tätigkeit des Steuerberaters als Praxisabwickler vom 06./07.07.1998, wonach vor Aufnahme der Tätigkeit des Praxisabwicklers dieser mit einem Vertreter der Steuerberaterkammer durch vorherige Inaugenscheinnahme den voraussichtlichen arbeitsmäßigen und finanziellen Umfang der zu erledigenden Praxisabwicklung abzuschätzen habe. Darüber hinaus sei Gegenstand der angegriffenen Festsetzung lediglich die Vergütung des Abwicklers selbst, nicht aber die von diesem geltend gemachten (Personal-)Aufwendungen. Hierfür fehle es vielmehr bereits an einer Zuständigkeit der Steuerberaterkammer, wie sich aus dem in § 69 Abs. 2 Satz 3 StBerG angeordneten Verweis auf § 670 BGB ergebe.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 15.03.2007 als unzulässig abgewiesen, weil es an dem nach § 68 VwGO erforderlichen Vorverfahren fehle. Die Durchführung des Vorverfahrens sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Die fehlende Rechtsmittelbelehrung im Bescheid vom 11.11.2005 führe lediglich zu einer Verlängerung der Widerspruchsfrist, nicht aber zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens selbst. Auch die sachliche Einlassung auf die Klage mache die Durchführung des Vorverfahrens nicht entbehrlich, weil sich die Beklagte nicht vorbehaltlos zur Sache eingelassen, sondern ausdrücklich nur hilfsweise zur Begründung Stellung genommen habe. Schließlich könne auch im Hinblick auf die Zweckstellung des Widerspruchsverfahrens nicht von einer Entbehrlichkeit ausgegangen werden, weil das Verhalten der Widerspruchsbehörde für die Feststellung nicht ausreiche, dass die Durchführung des Vorverfahrens ohnehin sinnlos gewesen wäre. Denn in den vorangegangenen Stellungnahmen habe lediglich die Frage im Vordergrund gestanden, ob eine Festsetzung überhaupt stattzufinden habe. Ausführungen zur Höhe der angemessenen Höhe dagegen seien erstmals im Bescheid vom 11.11.2005 getroffen worden, sodass insoweit eine Vorfestlegung der Widerspruchsbehörde nicht ersichtlich sei. Auch aus der Befassung des Finanzministeriums ergebe sich keine andere Beurteilung, weil das Schreiben vom 04.11.2005 lediglich eine Empfehlung oder Bitte enthalten habe.
11 
Die Klägerin hat hiergegen die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, die Durchführung eines Vorverfahrens habe angesichts der Tatsache, dass Ausgangs- und Widerspruchsbehörde hier identisch seien, eine reine Förmelei bedeutet. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Beklagte über Jahre hinweg mit der Angelegenheit befasst gewesen sei und ihre Einschätzung wiederholt zum Ausdruck gebracht habe. Dementsprechend habe sie auch in der Klageerwiderung an ihrer Rechtsauffassung festgehalten. Darüber hinaus sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass bereits die Dienstaufsichtsbehörde ihre Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht habe, sodass im Ergebnis ein Gang zum Gericht ohnehin nicht zu vermeiden gewesen sei. Schließlich könne nicht unerwähnt bleiben, dass die Beklagte durch ihr fehlerhaftes Verhalten den Rechtsstreit verursacht habe und ihren Auskunfts-, Hinweis- und Fürsorgepflichten nicht nachgekommen sei. Angesichts der Gesamtumstände liege daher eine Fallgruppe vor, bei der sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine nochmalige Anrufung der Behörde erübrige. Danach reiche es aus, wenn die Widerspruchsbehörde auch außerhalb eines förmlichen Widerspruchsverfahrens unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen wolle. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als es sich bei der „Bitte“ des Finanzministeriums faktisch gesehen um eine als Anordnung zu wertende dienstaufsichtliche Anweisung gehandelt habe.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. März 2007 - 9 K 1149/06 - zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin zustehende angemessene Vergütung für die Praxisabwicklung unter Abänderung des Bescheids vom 11.11.2005 auf 139.746,-- EUR zuzüglich Zinsen festzusetzen.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, die konkrete Fallgestaltung sei mit den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens nicht vergleichbar. Ein abweichendes Ergebnis könne auch nicht aus dem Schreiben des Finanzministeriums gefolgert werden. Eine verbindliche Anordnung könne darin allenfalls insoweit erblickt werden, als es um die Festsetzung der Abwicklervergütung überhaupt gehe. Der dabei anzuwendende Maßstab und damit auch die Höhe der festgesetzten Vergütung aber falle in den Bereich der Zweckmäßigkeitserwägungen, der im hier vorliegenden Bereich der Selbstverwaltung nicht der auf Rechtsaufsicht beschränkten Kontrolle durch das Finanzministerium unterliege. Schließlich müsse auch darauf hingewiesen werden, dass die Beklagte bereits in ihrer Klageerwiderung vom 08.06.2006 auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen habe. Die Klägerin habe aber gleichwohl auf die Einlegung eines fürsorglichen Widerspruchs verzichtet, obwohl die Frist des § 58 Abs. 2 VwGO noch nicht verstrichen gewesen sei. Sie habe daher nun die Folgen ihrer Beharrung zu tragen.
17 
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Behördenakten der Beklagten sowie die Akten des Zivilrechtsstreits vor dem Landgericht Mannheim (2 O 319/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Zulässigkeitsanforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechende Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Es fehlt an dem gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahren (I.). Eine Fallkonstellation, in der die Durchführung des Widerspruchsverfahrens als ausnahmsweise entbehrlich bewertet werden könnte, liegt nicht vor (II.). Dies gilt auch in Ansehung des Schreibens des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 04.11.2005 (III.).
I.
19 
Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklage setzt die Durchführung eines Vorverfahrens voraus.
20 
1. Mit der zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Aufhebung des von der Beklagten unter dem 11.11.2005 erlassenen Festsetzungsbescheids und die Verpflichtung der Beklagten, die der Klägerin zustehende Vergütung auf 139.746,-- EUR auszusprechen.
21 
Die danach begehrte Festsetzung der angemessenen Vergütung eines von der Steuerberaterkammer bestellten Praxisabwicklers nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG stellt einen Verwaltungsakt dar. Sie beinhaltet die unmittelbare Ausgestaltung des Rechtverhältnisses zwischen dem Praxisabwickler und den Erben des durch ihn Vertretenen und löst darüber hinaus die in § 69 Abs. 4 Satz 7 StBerG angeordnete Bürgenhaftung der Berufskammer aus. Das Begehren, die Vergütung auf eine bestimmte, von der Steuerberaterkammer bislang unterlassene Höhe festzusetzen, ist daher auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtet. Statthafte Klageart hierfür ist die - von der Klägerin auch erhobene - Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO.
22 
2. Vor Erhebung einer Verpflichtungsklage ist gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ein Vorverfahren durchzuführen.
23 
a) Eine der in § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO benannten Ausnahmekonstellationen, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, liegt nicht vor.
24 
b) Die Erforderlichkeit des Vorverfahrens wird durch die Tatsache, dass die Steuerberaterkammer selbst zum Erlass des Widerspruchsbescheids berufen ist, nicht beeinträchtigt.
25 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO erlässt in Selbstverwaltungsangelegenheiten grundsätzlich die Selbstverwaltungsbehörde selbst den Widerspruchsbescheid. Da die Aufsicht über die Tätigkeit der Steuerberaterkammern gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG auf die Beachtung der Rechtsvorgaben beschränkt ist, liegt eine Selbstverwaltungsangelegenheit in diesem Sinne vor (vgl. auch Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl. 2005, § 88 RdNr. 5). Der im Fall der Erfolglosigkeit des Widerspruchs zu erlassende Widerspruchsbescheid ist daher gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO von der Steuerberaterkammer zu erlassen.
26 
Diese Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde führt jedoch nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens. Dies ergibt sich bereits aus den eindeutigen Festlegungen des Gesetzes, denn andernfalls wäre die Zuständigkeitsbestimmung in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO - ebenso wie diejenige in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO und die Anordnung in § 73 Abs. 1 Satz 3 VwGO - überflüssig. Die Zuständigkeitsbestimmung der genannten Vorschriften belegt vielmehr, dass die Identität von Erlass- und Widerspruchsbehörde nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
27 
Eine abweichende Regelung ist in Baden-Württemberg gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 6a Satz 1 AGVwGO zwar vorgeschrieben, wenn das Regierungspräsidium als Ausgangsbehörde zuständig ist. Eine entsprechende Regelung für Selbstverwaltungsangelegenheiten im Allgemeinen oder die Steuerberaterkammer im Besonderen findet sich dagegen nicht.
28 
c) Eine Ausnahme von der in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Erforderlichkeit des Vorverfahrens folgt auch nicht daraus, dass dem Bescheid der Beklagten vom 11.11.2005 eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war und somit auf die Notwendigkeit eines Widerspruchs nicht hingewiesen worden ist.
29 
Die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung sind in § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO geregelt. Eine Anordnung des Inhalts, dass die Durchführung des Vorverfahrens durch eine unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung überflüssig oder entbehrlich werden könnte, ist dort nicht getroffen. Über die in § 58 VwGO angeordneten Folgen hinaus entfaltet die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung indes grundsätzlich keine Wirkungen; nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung in § 58 VwGO vielmehr abschließend bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1994 - 11 C 2/93 -, BVerwGE 95, 321).
30 
Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch nicht, wenn man - obwohl eine verfassungsunmittelbare Verpflichtung zur Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung von der Rechtsprechung nicht anerkannt wird - die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung als Ursache des Versäumnisses bewertete. Zwar könnte das Fehlen der Widerspruchserhebung dann möglicherweise ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sein. Die insoweit denkbare Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheitert aber jedenfalls daran, dass die Klägerin die hierfür einzuhaltende Zweiwochen-Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gewahrt hat und mittlerweile auch die Ausschlussfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstrichen ist. Denn das fehlende Vorverfahren war der Klägerin spätestens mit Zugang des Klagerwiderungsschriftsatzes der Beklagten vom 08.06.2006 bekannt.
II.
31 
Die Durchführung des Vorverfahrens war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
32 
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt hat. Der Sinn des Widerspruchsverfahrens bestehe darin, der Behörde Gelegenheit zu geben, den angefochtenen Verwaltungsakt selbst zu überprüfen und dem Widerspruch abzuhelfen, falls sie die Einwendungen für berechtigt ansehe. Diesem Zweck sei auch Genüge getan, wenn die Behörde anstelle eines förmlichen Widerspruchsbescheids im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen will. Auch in dieser Konstellation habe sich die Behörde mit der Sache befasst und darüber entschieden, sodass der Zweck des Vorverfahrens erfüllt sei (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507).
33 
Nicht sicher entnommen werden kann der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts indes, ob die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens auch dann angenommen werden kann, wenn sich der Beklagte auf das Fehlen der Vorverfahren ausdrücklich berufen und zur Sache nur hilfsweise eingelassen hat. Während sich in einigen Entscheidungen - insbesondere des 2. Senats - die Feststellung findet, Entbehrlichkeit durch sachliche Einlassung liege vor, obwohl sich der Beklagte im Verwaltungsprozess ausdrücklich auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502; Urteil vom 09.05.1985 - 2 C 16/83 -, NVwZ 1986, 374; wohl auch Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507: „zumindest hilfsweise für in der Sache unbegründet erklärt“), findet sich in anderen Entscheidungen der gegenteilige Hinweis, wonach die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens wegen sachlicher Einlassung ausgeschlossen sei, wenn der Beklagte in der Klageerwiderung zwar Ausführungen zur Sache mache, zugleich aber das Fehlen eines Vorverfahrens und die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage rüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.09.1989 - 8 B 39/89 -, Buchholz 310 § 68 Nr. 35). Auch die jüngste ersichtliche Entscheidung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts scheint in diese Richtung zu tendieren, weil dort ausdrücklich darauf abgestellt wurde, dass sich der Beklagte nicht auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen hatte (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.07.1999 - 2 C 14/98 -, DVBl. 2000, 485).
34 
In der Kommentarliteratur wird die Auffassung, die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens könne bereits durch die hilfsweise Einlassung zur Sache geheilt und die Berufung auf die fehlenden Zulässigkeitsvoraussetzungen damit unbeachtlich werden, einhellig abgelehnt (vgl. etwa Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Großkommentar, § 68 RdNr. 29; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 29; Geis, in: Sodan/Ziekow, Nomos-Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 162; Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 28; Rennert, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 29 m.w.N.).
35 
Auch der erkennende Senat ist der Überzeugung, dass bei ausdrücklicher Berufung auf die fehlende Durchführung des Vorverfahrens und lediglich hilfsweiser Sacheinlassung kein ausreichender Grund dafür ersichtlich ist, von dem in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor Durchführung einer Verpflichtungsklage zwingend vorgeschriebenen Vorverfahren abzusehen. Es sprechen bereits gute Gründe dafür, das von der Verwaltungsgerichtsordnung zwingend vorgeschriebene Vorverfahren außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmekonstellationen als verpflichtend anzusehen. Dies folgt bereits daraus, dass die zur Entscheidung über den Widerspruchsbescheid einerseits und zur Abfassung der Klageerwiderung andererseits zuständige Stelle vielfach nicht identisch ist und auch dem Kläger damit die im Gesetz angelegte Prüfung einer weiteren, regelmäßig übergeordneten (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) Behörde genommen wird. Darüber hinaus ist nicht zu verkennen, dass eine ergebnisoffene Nachprüfung im Rahmen der Erwiderung auf eine bereits anhängig gemachte Klage regelmäßig nicht mehr stattfinden wird; jedenfalls nicht mehr in der gleichen Weise wie in der von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehenen, noch von Prozesserwägungen unabhängigen Station. Jedenfalls aber setzt die im Hinblick auf die Disponibilität des Widerspruchsverfahrens angenommene Entbehrlichkeit nach Auffassung des Senats eine entsprechende Disposition der Beklagten voraus. Diese fehlt indes in Konstellationen, in denen - wie hier - auch in der Klageerwiderung zunächst und ausdrücklich auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen und deshalb Klagabweisung beantragt worden ist. Ein Verzicht der Beklagten auf die Durchführung des Vorverfahrens kann in diesem Prozessverhalten bei objektiver Betrachtungsweise nicht gesehen werden.
36 
Schließlich erschließt sich dem Senat auch nicht, warum in der Berufung auf eine gesetzlich angeordnete Sachurteilsvoraussetzung ein „schwer verständlicher Formalismus“ liegen könnte. Zwar liegt in dem in § 68 ff. VwGO angeordneten Vorverfahren zweifellos eine „formale“ Zulässigkeitshürde. Diese erscheint im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke jedoch nicht schwerer verständlich, als etwa die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Fristen oder anderer Zulässigkeitserfordernisse. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die erneute und vertiefte Befassung einer regelmäßig der Erlassbehörde übergeordneten Verwaltungsinstanz - auch im Interesse des Widerspruchsführers, der mit dem Widerspruchsverfahren ein kostengünstiges und „niederschwelliges“ Rechtsschutzsystem erhält - im Gegensatz zu anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht als bloße Formalie betrachtet werden kann.
37 
Der Umstand, dass sich die Beklagte hier hilfsweise auch zur Sache eingelassen hat, vermag daher nichts daran zu ändern, dass es an der in § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Durchführung eines Vorverfahrens fehlt.
38 
2. Entgegen der von der Klägerin vorgebrachten Meinung erweist sich das Vorverfahren auch nicht deshalb als entbehrlich, weil sich die Einschätzung der Beklagten bereits als „unabänderlich“ erwiesen habe und die Durchführung eines Vorverfahrens daher zwecklos gewesen sei.
39 
Allerdings sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durchaus Entscheidungen ersichtlich, nach denen die Durchführung des förmlichen Vorverfahrens entbehrlich sein soll, wenn sich die ablehnende Haltung der Widerspruchsbehörde bereits aus einer anderweitigen Sachbefassung ergibt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16.09.1980 - 1 C 89/79 -, BVerwGE 61, 40; Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 04.08.1993 - 11 C 15/92 -, NVwZ 1995, 76). Ob diese Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation einer Selbstverwaltungsbehörde übertragen werden kann, erscheint indes - unabhängig von den bereits dargelegten Bedenken an der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens an sich - deshalb zweifelhaft, weil diese Situation angesichts der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO angeordneten Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde bei Selbstverwaltungskörperschaften regelmäßig und typischerweise vorliegen dürfte. Es wäre mit der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO enthaltenen gesetzgeberischen Anordnung, die gerade von der Erforderlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgeht, indes schwer zur vereinbaren, eine Auslegung zu wählen, die regelmäßig zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
40 
Die Frage kann hier jedoch dahinstehen, weil es an einer sachlichen Befassung der Beklagten mit der zutreffenden Höhe der nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG festzusetzenden Vergütung außerhalb des angefochtenen Ausgangsbescheides fehlt. Die vorangegangene - im Übrigen zwar wiederholte, im Ergebnis dann aber doch geänderte - Befassung der Beklagten bezog sich ausschließlich auf die Frage, ob überhaupt eine Pflicht der Beklagten besteht, auch im Falle der Klägerin eine angemessene Vergütung festzusetzen. Hinsichtlich der in diesem Verfahren allein streitigen Höhe hat sich die Beklagte dagegen gegenüber der Klägerin nie geäußert. Angesichts der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung bedurfte es hierzu auch keiner Ausführungen, weil von ihr bereits eine Verpflichtung dem Grunde nach bestritten worden ist. Die von der Klägerin mit der vorliegenden Verpflichtungsklage primär angegriffene Höhe der festgesetzten Vergütung auf 30.000,-- EUR findet sich erstmals im Bescheid vom 11.11.2005. Weder hinsichtlich des zum Maßstab herangezogenen durchschnittlichen Monatsgehalts eines angestellten Steuerberaters noch zu der insoweit angesetzten Höhe von 5.000,-- EUR noch zu der angenommenen Tätigkeitsdauer von sechs Monaten hatte es zuvor zwischen der Klägerin und der Beklagten einen Schriftwechsel gegeben. Es sind daher keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Position der Beklagten hinsichtlich der Berechnung und deren Modalitäten dergestalt vorgefestigt und verhärtet gewesen sein sollte, dass ein Widerspruchsverfahren hierzu von vornherein sinnlos hätte erscheinen müssen. Auch in Bezug auf den Zweck des Vorverfahrens kann hier daher nicht von einer - außergesetzlichen - Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgegangen werden.
III.
41 
Auch die Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg rechtfertigen es schließlich nicht, die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage abweichend von § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens für zulässig zu erachten.
42 
1. Allerdings ist zuzugeben, dass die Durchführung eines Vorverfahrens materiell sinnlos erscheint, wenn in derselben Angelegenheit bereits eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde vorliegen sollte. Denn in diesen Fallkonstellationen besteht die in § 72 VwGO vorgesehene Abhilfemöglichkeit im Widerspruchsverfahren nicht mehr, sodass die Durchführung weder für den Kläger noch aus Behördenperspektive einen Sinn ergibt und das Prozedere daher als zweckentfremdete Formalie erscheint (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502).
43 
2. Auch diese Frage bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, weil eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der hier streitigen Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung nicht vorliegt.
44 
a) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ergibt sich dies indes nicht bereits daraus, dass die Vergütungsfestsetzung eine Selbstverwaltungsangelegenheit darstelle und der Aufsicht daher gar nicht zugänglich wäre. Nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG hat die Steuerberaterkammer auf Antrag die Vergütung festzusetzen, die gemäß § 69 Abs. 4 Satz 4 StBerG angemessen zu sein hat. Die Bestimmung der Vergütung steht damit nicht im Ermessen der Steuerberaterkammer; der Begriff der angemessenen Vergütung ist vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 30.11.1992 - AnwZ (B) 27/92 -, NJW 1993, 1334 für die gleichlautende Vorschrift in § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO; VG Frankfurt, Urteil vom 15.03.2006 - 12 E 300/05 -). Ein Selbstverwaltungs- oder Ermessensbereich, der der in § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG angeordneten Rechtsaufsicht des Finanzministeriums entzogen sein könnte, liegt damit nicht vor.
45 
b) Dem Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg kann indes keine verbindliche Weisung entnommen werden, aus der sich die Sinnlosigkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ergeben könnte.
46 
aa) Zu Recht hat die Klägerin allerdings darauf hingewiesen, dass das an die Beklagte gerichtete Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 nicht lediglich eine „Empfehlung bzw. Bitte“ darstellt, wie das Verwaltungsgericht meint. Denn unbeschadet der höflich gehaltenen Formulierung wird die Beklagte darin durch ihre Aufsichtsbehörde aufgefordert, die Vergütung „unter Beachtung der vorstehenden Kriterien“ festzusetzen. Bereits der Erklärungsgehalt des Schreibens für sich genommen lässt daher kaum Zweifel daran aufkommen, dass die vom Finanzministerium vorgetragene Bitte verbindlich gemeint ist und die Aufsichtsbehörde im Falle der Weigerung ihrem Anliegen durch eine Anordnung nach § 88 Abs. 3 Satz 2 StBerG Nachdruck verleihen würde.
47 
Der verbindliche „Aufsichtscharakter“ des Schreibens wird aber insbesondere bei Berücksichtigung der Vorgeschichte deutlich. Bereits mit Schreiben vom 04.08.2005 hatte das Finanzministerium dem Landgericht Mannheim auf dessen Anfrage hin mitgeteilt, auch das Finanzministerium teile die Auffassung, dass die Steuerberaterkammer zur Festsetzung der umstrittenen Vergütung verpflichtet sei. Dabei wird vom Finanzministerium ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Spielraum für andere Interpretationen entgegen der Auffassung der Steuerberaterkammer nicht bestehe. Sowohl die recht deutliche Formulierung des Schreibens als auch die Tatsache, dass sich das Finanzministerium mit seiner Auffassung nach außen hin festgelegt hat, spricht sehr deutlich dafür, dass die „Empfehlung“ der Beklagten gegenüber mit hoher Verbindlichkeit ausgesprochen worden ist. Dies wird schließlich auch durch das Schreiben des Finanzministeriums vom 07.09.2005 bestätigt, in dem es der Beklagten gegenüber wiederholt und bekräftigt, dass eine Rechtspflicht der Beklagten zur Festsetzung der angemessenen Abwicklervergütung bestehe. Die in dem Schreiben enthaltenen Hinweise auf die „Staatsaufsicht“, auf die bislang fehlende Abstimmung durch die Beklagte und auf die Möglichkeit einer Vergütungsfestsetzung von Amts wegen durch das Finanzministerium lassen am Durchsetzungswillen wenig Zweifel.
48 
Das Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 musste von der Beklagten daher als verbindlich betrachtet werden; tatsächlich hat sie sich im Bescheid vom 11.11.2005 - wenn auch unter Bekräftigung der fortbestehenden gegenteiligen Rechtsauffassung - dem Druck denn auch gebeugt und die umstrittene Vergütungsfestsetzung vorgenommen.
49 
bb) Die inhaltliche Reichweite des vom Finanzministerium verbindlich Vorgegebenen bezieht sich jedoch nicht auf die im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren umstrittene Höhe der angemessenen Vergütung, sondern lediglich auf die Verpflichtung der Beklagten, überhaupt eine Vergütung festzusetzen.
50 
Allein diese Frage war Gegenstand des an das Landgericht gerichteten Schreibens vom 04.08.2005 und damit der außenwirksamen Festlegung des Finanzministeriums. Auch das an die Beklagte gerichtete Schreiben vom 07.09.2005 betrifft inhaltlich nur die Frage, ob die Beklagte auch in den Fällen, in denen die Bestellung auf Antrag der Erben erfolgt, zur Vergütungsfestsetzung verpflichtet ist. Schließlich ist diese Verpflichtung dem Grunde nach ausweislich des Schreibens des Finanzministeriums vom 04.11.2005 auch der Gegenstand der Besprechung vom 25.10.2005 gewesen.
51 
Allerdings enthält das Schreiben vom 04.11.2005 auch Hinweise zur höhenmäßigen Festsetzung der streitigen Vergütung. Zum einen wird „aus Sicht des Finanzministeriums“ festgestellt, dass die Abwicklung ab Januar 1999 erfolgte und spätestens im Juni 1999 durch die Verkaufsanzeigen abgeschlossen war. Zum anderen führt das Finanzministerium am Ende aus, dass es im vorliegenden Fall angemessen erscheine, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Diese Erwägungen zur Maßstabsbildung sind durch das Finanzministerium indes neu aufgegriffen und gehen ersichtlich auf die Stellungnahme der Beklagten vom 19.09.2005 zurück. Anlass für die Aufsichtsbehörde, insoweit mit Nachdruck oder Verbindlichkeit aufzutreten, bestand insoweit daher schon deshalb nicht; vielmehr wurden im Wesentlichen nur die Vorschläge der Beklagten aufgegriffen. In dieser Frage hatte auch eine Vorfestlegung des Finanzministeriums bislang nicht stattgefunden. Dementsprechend erweist sich das Schreiben im Hinblick auf die Maßstäbe der Höhenbestimmung auch sprachlich deutlich zurückhaltender abgefasst. Die fehlende Verbindlichkeit der Ausführungen zur Maßstabsbildung bestätigt schließlich auch das Schreiben des Finanzministeriums vom 17.11.2005 an die Klägerin, in dem ausgeführt wird, das Ministerium habe im Schreiben vom 04.11.2005 „einen möglichen Bemessungsmaßstab“ für die Festsetzung der Abwicklervergütung aufgezeigt.
52 
Nach dem objektiven Erklärungsgehalt der vorliegenden Schreiben und deren Entstehungsgeschichte kann daher nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass auch hinsichtlich der im Schreiben vom 04.11.2005 erwähnten Maßstäbe eine verbindliche Anordnung getroffen worden ist. Dass insoweit ein weiteres Tätigwerden der Beklagten erforderlich war, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass jedenfalls die Höhe der Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters von keiner Seite beziffert worden war.
53 
cc) Angesichts der Gesamtumstände hält der Senat das Tätigwerden des Finanzministeriums als Aufsichtsbehörde daher hinsichtlich der Pflicht der Beklagten, überhaupt eine angemessene Vergütung festzusetzen, für dergestalt verbindlich, dass eine eigenständige Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde nicht mehr angenommen werden kann und das Widerspruchsverfahren daher „zwecklos“ erscheinen mag. Gleiches gilt indes nicht für die im Bescheid vom 11.11.2005 festgesetzte Höhe der angemessenen Vergütung, die allein Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Auch insoweit hat das Finanzministerium im Schreiben vom 04.11.2005 zwar Hinweise gegeben; diese sind jedoch nicht nur inhaltlich unvollständig, sie werden vielmehr auch ersichtlich nicht vom unbedingten Durchsetzungswillen der Aufsichtsbehörde getragen. Es erscheint daher jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch die Aufsichtsbehörde bei einer nachfolgenden Abweichung der Beklagten im Rahmen des Widerspruchsverfahrens von der Durchsetzung der Maßstäbe Abstand genommen hätte. Auch im Hinblick auf die mögliche Fallgruppe der Entbehrlichkeit bei bereits manifest gewordenem, unabänderlichem Willen der Aufsichtsbehörde kann hier daher nicht von der „Zwecklosigkeit“ des Vorverfahrens ausgegangen werden. Vielmehr spricht viel dafür, dass die Klägerin zwar die Jahresfrist aus § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Auge behalten, die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens aber nicht beachtet hat (vgl. dazu bereits die Hinweise auf die Möglichkeit der Klageerhebung binnen Jahresfrist im Schriftsatz vom 30.11.2005 im Verfahren vor dem Landgericht Mannheim).
IV.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55 
Die Revision wird zugelassen, weil die in dem Rechtsstreit zu entscheidende Frage der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmetatbestände grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
56 
Beschluss vom 4. März 2009
57 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 109.746,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 GKG).
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
18 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Zulässigkeitsanforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechende Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Es fehlt an dem gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahren (I.). Eine Fallkonstellation, in der die Durchführung des Widerspruchsverfahrens als ausnahmsweise entbehrlich bewertet werden könnte, liegt nicht vor (II.). Dies gilt auch in Ansehung des Schreibens des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 04.11.2005 (III.).
I.
19 
Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklage setzt die Durchführung eines Vorverfahrens voraus.
20 
1. Mit der zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Aufhebung des von der Beklagten unter dem 11.11.2005 erlassenen Festsetzungsbescheids und die Verpflichtung der Beklagten, die der Klägerin zustehende Vergütung auf 139.746,-- EUR auszusprechen.
21 
Die danach begehrte Festsetzung der angemessenen Vergütung eines von der Steuerberaterkammer bestellten Praxisabwicklers nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG stellt einen Verwaltungsakt dar. Sie beinhaltet die unmittelbare Ausgestaltung des Rechtverhältnisses zwischen dem Praxisabwickler und den Erben des durch ihn Vertretenen und löst darüber hinaus die in § 69 Abs. 4 Satz 7 StBerG angeordnete Bürgenhaftung der Berufskammer aus. Das Begehren, die Vergütung auf eine bestimmte, von der Steuerberaterkammer bislang unterlassene Höhe festzusetzen, ist daher auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtet. Statthafte Klageart hierfür ist die - von der Klägerin auch erhobene - Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO.
22 
2. Vor Erhebung einer Verpflichtungsklage ist gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ein Vorverfahren durchzuführen.
23 
a) Eine der in § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO benannten Ausnahmekonstellationen, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, liegt nicht vor.
24 
b) Die Erforderlichkeit des Vorverfahrens wird durch die Tatsache, dass die Steuerberaterkammer selbst zum Erlass des Widerspruchsbescheids berufen ist, nicht beeinträchtigt.
25 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO erlässt in Selbstverwaltungsangelegenheiten grundsätzlich die Selbstverwaltungsbehörde selbst den Widerspruchsbescheid. Da die Aufsicht über die Tätigkeit der Steuerberaterkammern gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG auf die Beachtung der Rechtsvorgaben beschränkt ist, liegt eine Selbstverwaltungsangelegenheit in diesem Sinne vor (vgl. auch Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl. 2005, § 88 RdNr. 5). Der im Fall der Erfolglosigkeit des Widerspruchs zu erlassende Widerspruchsbescheid ist daher gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO von der Steuerberaterkammer zu erlassen.
26 
Diese Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde führt jedoch nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens. Dies ergibt sich bereits aus den eindeutigen Festlegungen des Gesetzes, denn andernfalls wäre die Zuständigkeitsbestimmung in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO - ebenso wie diejenige in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO und die Anordnung in § 73 Abs. 1 Satz 3 VwGO - überflüssig. Die Zuständigkeitsbestimmung der genannten Vorschriften belegt vielmehr, dass die Identität von Erlass- und Widerspruchsbehörde nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
27 
Eine abweichende Regelung ist in Baden-Württemberg gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 6a Satz 1 AGVwGO zwar vorgeschrieben, wenn das Regierungspräsidium als Ausgangsbehörde zuständig ist. Eine entsprechende Regelung für Selbstverwaltungsangelegenheiten im Allgemeinen oder die Steuerberaterkammer im Besonderen findet sich dagegen nicht.
28 
c) Eine Ausnahme von der in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Erforderlichkeit des Vorverfahrens folgt auch nicht daraus, dass dem Bescheid der Beklagten vom 11.11.2005 eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war und somit auf die Notwendigkeit eines Widerspruchs nicht hingewiesen worden ist.
29 
Die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung sind in § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO geregelt. Eine Anordnung des Inhalts, dass die Durchführung des Vorverfahrens durch eine unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung überflüssig oder entbehrlich werden könnte, ist dort nicht getroffen. Über die in § 58 VwGO angeordneten Folgen hinaus entfaltet die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung indes grundsätzlich keine Wirkungen; nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung in § 58 VwGO vielmehr abschließend bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1994 - 11 C 2/93 -, BVerwGE 95, 321).
30 
Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch nicht, wenn man - obwohl eine verfassungsunmittelbare Verpflichtung zur Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung von der Rechtsprechung nicht anerkannt wird - die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung als Ursache des Versäumnisses bewertete. Zwar könnte das Fehlen der Widerspruchserhebung dann möglicherweise ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sein. Die insoweit denkbare Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheitert aber jedenfalls daran, dass die Klägerin die hierfür einzuhaltende Zweiwochen-Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gewahrt hat und mittlerweile auch die Ausschlussfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstrichen ist. Denn das fehlende Vorverfahren war der Klägerin spätestens mit Zugang des Klagerwiderungsschriftsatzes der Beklagten vom 08.06.2006 bekannt.
II.
31 
Die Durchführung des Vorverfahrens war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
32 
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt hat. Der Sinn des Widerspruchsverfahrens bestehe darin, der Behörde Gelegenheit zu geben, den angefochtenen Verwaltungsakt selbst zu überprüfen und dem Widerspruch abzuhelfen, falls sie die Einwendungen für berechtigt ansehe. Diesem Zweck sei auch Genüge getan, wenn die Behörde anstelle eines förmlichen Widerspruchsbescheids im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen will. Auch in dieser Konstellation habe sich die Behörde mit der Sache befasst und darüber entschieden, sodass der Zweck des Vorverfahrens erfüllt sei (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507).
33 
Nicht sicher entnommen werden kann der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts indes, ob die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens auch dann angenommen werden kann, wenn sich der Beklagte auf das Fehlen der Vorverfahren ausdrücklich berufen und zur Sache nur hilfsweise eingelassen hat. Während sich in einigen Entscheidungen - insbesondere des 2. Senats - die Feststellung findet, Entbehrlichkeit durch sachliche Einlassung liege vor, obwohl sich der Beklagte im Verwaltungsprozess ausdrücklich auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502; Urteil vom 09.05.1985 - 2 C 16/83 -, NVwZ 1986, 374; wohl auch Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507: „zumindest hilfsweise für in der Sache unbegründet erklärt“), findet sich in anderen Entscheidungen der gegenteilige Hinweis, wonach die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens wegen sachlicher Einlassung ausgeschlossen sei, wenn der Beklagte in der Klageerwiderung zwar Ausführungen zur Sache mache, zugleich aber das Fehlen eines Vorverfahrens und die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage rüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.09.1989 - 8 B 39/89 -, Buchholz 310 § 68 Nr. 35). Auch die jüngste ersichtliche Entscheidung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts scheint in diese Richtung zu tendieren, weil dort ausdrücklich darauf abgestellt wurde, dass sich der Beklagte nicht auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen hatte (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.07.1999 - 2 C 14/98 -, DVBl. 2000, 485).
34 
In der Kommentarliteratur wird die Auffassung, die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens könne bereits durch die hilfsweise Einlassung zur Sache geheilt und die Berufung auf die fehlenden Zulässigkeitsvoraussetzungen damit unbeachtlich werden, einhellig abgelehnt (vgl. etwa Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Großkommentar, § 68 RdNr. 29; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 29; Geis, in: Sodan/Ziekow, Nomos-Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 162; Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 28; Rennert, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 29 m.w.N.).
35 
Auch der erkennende Senat ist der Überzeugung, dass bei ausdrücklicher Berufung auf die fehlende Durchführung des Vorverfahrens und lediglich hilfsweiser Sacheinlassung kein ausreichender Grund dafür ersichtlich ist, von dem in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor Durchführung einer Verpflichtungsklage zwingend vorgeschriebenen Vorverfahren abzusehen. Es sprechen bereits gute Gründe dafür, das von der Verwaltungsgerichtsordnung zwingend vorgeschriebene Vorverfahren außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmekonstellationen als verpflichtend anzusehen. Dies folgt bereits daraus, dass die zur Entscheidung über den Widerspruchsbescheid einerseits und zur Abfassung der Klageerwiderung andererseits zuständige Stelle vielfach nicht identisch ist und auch dem Kläger damit die im Gesetz angelegte Prüfung einer weiteren, regelmäßig übergeordneten (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) Behörde genommen wird. Darüber hinaus ist nicht zu verkennen, dass eine ergebnisoffene Nachprüfung im Rahmen der Erwiderung auf eine bereits anhängig gemachte Klage regelmäßig nicht mehr stattfinden wird; jedenfalls nicht mehr in der gleichen Weise wie in der von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehenen, noch von Prozesserwägungen unabhängigen Station. Jedenfalls aber setzt die im Hinblick auf die Disponibilität des Widerspruchsverfahrens angenommene Entbehrlichkeit nach Auffassung des Senats eine entsprechende Disposition der Beklagten voraus. Diese fehlt indes in Konstellationen, in denen - wie hier - auch in der Klageerwiderung zunächst und ausdrücklich auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen und deshalb Klagabweisung beantragt worden ist. Ein Verzicht der Beklagten auf die Durchführung des Vorverfahrens kann in diesem Prozessverhalten bei objektiver Betrachtungsweise nicht gesehen werden.
36 
Schließlich erschließt sich dem Senat auch nicht, warum in der Berufung auf eine gesetzlich angeordnete Sachurteilsvoraussetzung ein „schwer verständlicher Formalismus“ liegen könnte. Zwar liegt in dem in § 68 ff. VwGO angeordneten Vorverfahren zweifellos eine „formale“ Zulässigkeitshürde. Diese erscheint im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke jedoch nicht schwerer verständlich, als etwa die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Fristen oder anderer Zulässigkeitserfordernisse. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die erneute und vertiefte Befassung einer regelmäßig der Erlassbehörde übergeordneten Verwaltungsinstanz - auch im Interesse des Widerspruchsführers, der mit dem Widerspruchsverfahren ein kostengünstiges und „niederschwelliges“ Rechtsschutzsystem erhält - im Gegensatz zu anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht als bloße Formalie betrachtet werden kann.
37 
Der Umstand, dass sich die Beklagte hier hilfsweise auch zur Sache eingelassen hat, vermag daher nichts daran zu ändern, dass es an der in § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Durchführung eines Vorverfahrens fehlt.
38 
2. Entgegen der von der Klägerin vorgebrachten Meinung erweist sich das Vorverfahren auch nicht deshalb als entbehrlich, weil sich die Einschätzung der Beklagten bereits als „unabänderlich“ erwiesen habe und die Durchführung eines Vorverfahrens daher zwecklos gewesen sei.
39 
Allerdings sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durchaus Entscheidungen ersichtlich, nach denen die Durchführung des förmlichen Vorverfahrens entbehrlich sein soll, wenn sich die ablehnende Haltung der Widerspruchsbehörde bereits aus einer anderweitigen Sachbefassung ergibt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16.09.1980 - 1 C 89/79 -, BVerwGE 61, 40; Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 04.08.1993 - 11 C 15/92 -, NVwZ 1995, 76). Ob diese Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation einer Selbstverwaltungsbehörde übertragen werden kann, erscheint indes - unabhängig von den bereits dargelegten Bedenken an der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens an sich - deshalb zweifelhaft, weil diese Situation angesichts der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO angeordneten Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde bei Selbstverwaltungskörperschaften regelmäßig und typischerweise vorliegen dürfte. Es wäre mit der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO enthaltenen gesetzgeberischen Anordnung, die gerade von der Erforderlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgeht, indes schwer zur vereinbaren, eine Auslegung zu wählen, die regelmäßig zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
40 
Die Frage kann hier jedoch dahinstehen, weil es an einer sachlichen Befassung der Beklagten mit der zutreffenden Höhe der nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG festzusetzenden Vergütung außerhalb des angefochtenen Ausgangsbescheides fehlt. Die vorangegangene - im Übrigen zwar wiederholte, im Ergebnis dann aber doch geänderte - Befassung der Beklagten bezog sich ausschließlich auf die Frage, ob überhaupt eine Pflicht der Beklagten besteht, auch im Falle der Klägerin eine angemessene Vergütung festzusetzen. Hinsichtlich der in diesem Verfahren allein streitigen Höhe hat sich die Beklagte dagegen gegenüber der Klägerin nie geäußert. Angesichts der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung bedurfte es hierzu auch keiner Ausführungen, weil von ihr bereits eine Verpflichtung dem Grunde nach bestritten worden ist. Die von der Klägerin mit der vorliegenden Verpflichtungsklage primär angegriffene Höhe der festgesetzten Vergütung auf 30.000,-- EUR findet sich erstmals im Bescheid vom 11.11.2005. Weder hinsichtlich des zum Maßstab herangezogenen durchschnittlichen Monatsgehalts eines angestellten Steuerberaters noch zu der insoweit angesetzten Höhe von 5.000,-- EUR noch zu der angenommenen Tätigkeitsdauer von sechs Monaten hatte es zuvor zwischen der Klägerin und der Beklagten einen Schriftwechsel gegeben. Es sind daher keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Position der Beklagten hinsichtlich der Berechnung und deren Modalitäten dergestalt vorgefestigt und verhärtet gewesen sein sollte, dass ein Widerspruchsverfahren hierzu von vornherein sinnlos hätte erscheinen müssen. Auch in Bezug auf den Zweck des Vorverfahrens kann hier daher nicht von einer - außergesetzlichen - Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgegangen werden.
III.
41 
Auch die Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg rechtfertigen es schließlich nicht, die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage abweichend von § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens für zulässig zu erachten.
42 
1. Allerdings ist zuzugeben, dass die Durchführung eines Vorverfahrens materiell sinnlos erscheint, wenn in derselben Angelegenheit bereits eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde vorliegen sollte. Denn in diesen Fallkonstellationen besteht die in § 72 VwGO vorgesehene Abhilfemöglichkeit im Widerspruchsverfahren nicht mehr, sodass die Durchführung weder für den Kläger noch aus Behördenperspektive einen Sinn ergibt und das Prozedere daher als zweckentfremdete Formalie erscheint (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502).
43 
2. Auch diese Frage bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, weil eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der hier streitigen Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung nicht vorliegt.
44 
a) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ergibt sich dies indes nicht bereits daraus, dass die Vergütungsfestsetzung eine Selbstverwaltungsangelegenheit darstelle und der Aufsicht daher gar nicht zugänglich wäre. Nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG hat die Steuerberaterkammer auf Antrag die Vergütung festzusetzen, die gemäß § 69 Abs. 4 Satz 4 StBerG angemessen zu sein hat. Die Bestimmung der Vergütung steht damit nicht im Ermessen der Steuerberaterkammer; der Begriff der angemessenen Vergütung ist vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 30.11.1992 - AnwZ (B) 27/92 -, NJW 1993, 1334 für die gleichlautende Vorschrift in § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO; VG Frankfurt, Urteil vom 15.03.2006 - 12 E 300/05 -). Ein Selbstverwaltungs- oder Ermessensbereich, der der in § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG angeordneten Rechtsaufsicht des Finanzministeriums entzogen sein könnte, liegt damit nicht vor.
45 
b) Dem Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg kann indes keine verbindliche Weisung entnommen werden, aus der sich die Sinnlosigkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ergeben könnte.
46 
aa) Zu Recht hat die Klägerin allerdings darauf hingewiesen, dass das an die Beklagte gerichtete Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 nicht lediglich eine „Empfehlung bzw. Bitte“ darstellt, wie das Verwaltungsgericht meint. Denn unbeschadet der höflich gehaltenen Formulierung wird die Beklagte darin durch ihre Aufsichtsbehörde aufgefordert, die Vergütung „unter Beachtung der vorstehenden Kriterien“ festzusetzen. Bereits der Erklärungsgehalt des Schreibens für sich genommen lässt daher kaum Zweifel daran aufkommen, dass die vom Finanzministerium vorgetragene Bitte verbindlich gemeint ist und die Aufsichtsbehörde im Falle der Weigerung ihrem Anliegen durch eine Anordnung nach § 88 Abs. 3 Satz 2 StBerG Nachdruck verleihen würde.
47 
Der verbindliche „Aufsichtscharakter“ des Schreibens wird aber insbesondere bei Berücksichtigung der Vorgeschichte deutlich. Bereits mit Schreiben vom 04.08.2005 hatte das Finanzministerium dem Landgericht Mannheim auf dessen Anfrage hin mitgeteilt, auch das Finanzministerium teile die Auffassung, dass die Steuerberaterkammer zur Festsetzung der umstrittenen Vergütung verpflichtet sei. Dabei wird vom Finanzministerium ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Spielraum für andere Interpretationen entgegen der Auffassung der Steuerberaterkammer nicht bestehe. Sowohl die recht deutliche Formulierung des Schreibens als auch die Tatsache, dass sich das Finanzministerium mit seiner Auffassung nach außen hin festgelegt hat, spricht sehr deutlich dafür, dass die „Empfehlung“ der Beklagten gegenüber mit hoher Verbindlichkeit ausgesprochen worden ist. Dies wird schließlich auch durch das Schreiben des Finanzministeriums vom 07.09.2005 bestätigt, in dem es der Beklagten gegenüber wiederholt und bekräftigt, dass eine Rechtspflicht der Beklagten zur Festsetzung der angemessenen Abwicklervergütung bestehe. Die in dem Schreiben enthaltenen Hinweise auf die „Staatsaufsicht“, auf die bislang fehlende Abstimmung durch die Beklagte und auf die Möglichkeit einer Vergütungsfestsetzung von Amts wegen durch das Finanzministerium lassen am Durchsetzungswillen wenig Zweifel.
48 
Das Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 musste von der Beklagten daher als verbindlich betrachtet werden; tatsächlich hat sie sich im Bescheid vom 11.11.2005 - wenn auch unter Bekräftigung der fortbestehenden gegenteiligen Rechtsauffassung - dem Druck denn auch gebeugt und die umstrittene Vergütungsfestsetzung vorgenommen.
49 
bb) Die inhaltliche Reichweite des vom Finanzministerium verbindlich Vorgegebenen bezieht sich jedoch nicht auf die im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren umstrittene Höhe der angemessenen Vergütung, sondern lediglich auf die Verpflichtung der Beklagten, überhaupt eine Vergütung festzusetzen.
50 
Allein diese Frage war Gegenstand des an das Landgericht gerichteten Schreibens vom 04.08.2005 und damit der außenwirksamen Festlegung des Finanzministeriums. Auch das an die Beklagte gerichtete Schreiben vom 07.09.2005 betrifft inhaltlich nur die Frage, ob die Beklagte auch in den Fällen, in denen die Bestellung auf Antrag der Erben erfolgt, zur Vergütungsfestsetzung verpflichtet ist. Schließlich ist diese Verpflichtung dem Grunde nach ausweislich des Schreibens des Finanzministeriums vom 04.11.2005 auch der Gegenstand der Besprechung vom 25.10.2005 gewesen.
51 
Allerdings enthält das Schreiben vom 04.11.2005 auch Hinweise zur höhenmäßigen Festsetzung der streitigen Vergütung. Zum einen wird „aus Sicht des Finanzministeriums“ festgestellt, dass die Abwicklung ab Januar 1999 erfolgte und spätestens im Juni 1999 durch die Verkaufsanzeigen abgeschlossen war. Zum anderen führt das Finanzministerium am Ende aus, dass es im vorliegenden Fall angemessen erscheine, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Diese Erwägungen zur Maßstabsbildung sind durch das Finanzministerium indes neu aufgegriffen und gehen ersichtlich auf die Stellungnahme der Beklagten vom 19.09.2005 zurück. Anlass für die Aufsichtsbehörde, insoweit mit Nachdruck oder Verbindlichkeit aufzutreten, bestand insoweit daher schon deshalb nicht; vielmehr wurden im Wesentlichen nur die Vorschläge der Beklagten aufgegriffen. In dieser Frage hatte auch eine Vorfestlegung des Finanzministeriums bislang nicht stattgefunden. Dementsprechend erweist sich das Schreiben im Hinblick auf die Maßstäbe der Höhenbestimmung auch sprachlich deutlich zurückhaltender abgefasst. Die fehlende Verbindlichkeit der Ausführungen zur Maßstabsbildung bestätigt schließlich auch das Schreiben des Finanzministeriums vom 17.11.2005 an die Klägerin, in dem ausgeführt wird, das Ministerium habe im Schreiben vom 04.11.2005 „einen möglichen Bemessungsmaßstab“ für die Festsetzung der Abwicklervergütung aufgezeigt.
52 
Nach dem objektiven Erklärungsgehalt der vorliegenden Schreiben und deren Entstehungsgeschichte kann daher nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass auch hinsichtlich der im Schreiben vom 04.11.2005 erwähnten Maßstäbe eine verbindliche Anordnung getroffen worden ist. Dass insoweit ein weiteres Tätigwerden der Beklagten erforderlich war, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass jedenfalls die Höhe der Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters von keiner Seite beziffert worden war.
53 
cc) Angesichts der Gesamtumstände hält der Senat das Tätigwerden des Finanzministeriums als Aufsichtsbehörde daher hinsichtlich der Pflicht der Beklagten, überhaupt eine angemessene Vergütung festzusetzen, für dergestalt verbindlich, dass eine eigenständige Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde nicht mehr angenommen werden kann und das Widerspruchsverfahren daher „zwecklos“ erscheinen mag. Gleiches gilt indes nicht für die im Bescheid vom 11.11.2005 festgesetzte Höhe der angemessenen Vergütung, die allein Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Auch insoweit hat das Finanzministerium im Schreiben vom 04.11.2005 zwar Hinweise gegeben; diese sind jedoch nicht nur inhaltlich unvollständig, sie werden vielmehr auch ersichtlich nicht vom unbedingten Durchsetzungswillen der Aufsichtsbehörde getragen. Es erscheint daher jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch die Aufsichtsbehörde bei einer nachfolgenden Abweichung der Beklagten im Rahmen des Widerspruchsverfahrens von der Durchsetzung der Maßstäbe Abstand genommen hätte. Auch im Hinblick auf die mögliche Fallgruppe der Entbehrlichkeit bei bereits manifest gewordenem, unabänderlichem Willen der Aufsichtsbehörde kann hier daher nicht von der „Zwecklosigkeit“ des Vorverfahrens ausgegangen werden. Vielmehr spricht viel dafür, dass die Klägerin zwar die Jahresfrist aus § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Auge behalten, die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens aber nicht beachtet hat (vgl. dazu bereits die Hinweise auf die Möglichkeit der Klageerhebung binnen Jahresfrist im Schriftsatz vom 30.11.2005 im Verfahren vor dem Landgericht Mannheim).
IV.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55 
Die Revision wird zugelassen, weil die in dem Rechtsstreit zu entscheidende Frage der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmetatbestände grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
56 
Beschluss vom 4. März 2009
57 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 109.746,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 GKG).
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.