Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 28. März 2017 - 3 L 282/17.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2017:0328.3L282.17.NW.0A
28.03.2017

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller betreibt in dem Anwesen G.P. in L. einen Gemüse- und Obstladen. Der Bereich zwischen dem Geschäft und der Straßenfahrbahn ist in einer Tiefe von 1,83m grau gepflastert, daran schließt sich ein 1,40m rot gepflasterter Bereich und an diesen ein grau gepflasterter Parkstreifen an.

2

Der Antragsteller bietet wie der vorherige Betreiber des Gemüseladens auf dem entlang des Geschäftsgebäudes verlaufenden grau gepflasterten Bereich auf Paletten und auf Warenständern mit einer Tiefe von 0,87 cm seine Waren an. Den Parkstreifen nimmt er als Abstellfläche auch in Anspruch.

3

Nachdem die Antragsgegnerin anlässlich von Kontrollen im Dezember 2016 und Januar 2017 festgestellt hatte, dass der Antragsteller "unerlaubt"  Waren ebenfalls auf Warenständern und Paletten auf dem Gehweg anbot und sich weigerte, die Warenauslagen auf dem Gehweg zu entfernen, erließ sie unter dem 1. März 2017 folgende an den Antragsteller gerichtete Verfügung:

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"1. Es wird Ihnen untersagt, Warenauslagen, Paletten, Einkaufswägen und Ständer vor Ihrem Ladengeschäft G. P. 10 in L. auf dem Gehweg und auf den Parkplätzen davor aufzustellen."

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Unter Nr. 2 der Verfügung wurde die sofortige Vollziehung angeordnet und unter Nr. 3 für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Nr. 1 der Verfügung ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € angedroht.

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Die Verfügung wird damit begründet, dass die nicht erlaubte Warenauslage auf dem Gehweg für den Fußgängerverkehr eine erhebliche Gefährdung bedeute, da Fußgänger auf den Radweg ausweichen müssten. Die erforderliche Mindestgeh-wegbreite von 1,50 m sei nicht mehr vorhanden. Auch wenn keine Beschilderung des Radweges vorhanden sei, handele es sich um einen Radweg, der von Radfahrern befahren werden dürfe. Trotz Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens und Anhörung vom 21. Februar 2017 habe der Antragsteller sein Verhalten nicht geändert.

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Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 der Verfügung vom 1. März 2017 wurde ausgeführt, dass angesichts der Art und Schwere der drohenden Gefahr für Fußgänger und Radfahrer ein weiteres Zuwarten (bis zum Eintritt Bestandskraft) nicht zu vertreten sei.

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Gegen diese Verfügung erhob der Antragsteller am 7. März 2017 Widerspruch und hat am 8. März 2017 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er trägt vor, die Antragsgegnerin habe zwar in den Jahren bis zum 5. November 2012 Warenauslagen des Ladengeschäftes, das damals von Herrn A. Y. betrieben worden sei, auf dem Gehweg beanstandet. Die eingeleitet gewesenen Bußgeldverfahren seien aber von dem zuständigen Amtsgericht eingestellt worden. Der Radweg sei aufgehoben, die den Weg als Radweg ausweisenden Verkehrszeichen seien entfernt, lediglich die rote Pflasterung sei aus Kostengründen von der Antragsgegnerin nicht beseitigt worden. Der Fußgängerbereich habe sich auf Grund des Wegfalls der Anordnungsschilder für den Radweg um die Breite des früheren Radwegs von 1,40 m verbreitert. Der Fußgängerbereich sei damit 3,23 m (1,83 m + 1,40 m) breit. Durch die Warenauslagen mit einer Tiefe von 0,87 m verringere sich der Fußgängerbereich auf ca. 2,36 m.

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Radfahrer würden den roten Pflasterbereich kaum befahren. Es habe nie die geringsten Schwierigkeiten gegeben. Im Übrigen hätten auch Mitarbeiter der Antragsgegnerin bei ihrer Kontrolle ihr Kraftfahrzeug rücksichtslos auf dem Geh- und Radweg geparkt.

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Der Antragsteller beantragt,

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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 7. März 2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 1. März 2017 anzuordnen, hilfsweise wiederherzustellen, soweit die Aufstellung von Warenauslagen, Palletten, Einkaufswagen und Ständern vor dem Ladengeschäft G. P. 10 in L. auf dem Gehweg in einer Tiefe von mehr als
87 cm, gemessen von der Hauswand ab, untersagt wird,

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hilfsweise, soweit dies in einer Tiefe von nicht mehr als 40 cm untersagt wird,

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höchsthilfsweise, soweit die Aufstellung von Warenauslagen in einer Tiefe von nicht mehr als 40 cm untersagt wird.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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die Anträge abzulehnen.

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Sie verweist zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheids und ergänzt, auch bei am 3., 7. und 13. März 2017 durchgeführten Ortskontrollen sei festgestellt worden, dass weiterhin Warenauslagen und Paletten auf dem Gehweg gestanden hätten. Fußgänger müssten auf dem Radweg laufen; der Gehweg würde auch durch einkaufende Personen weiter eingeengt. Für den Fußgängerbereich müsste aber eine Mindestgehwegbreite von 1,50 m vorhanden sein.

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Es handele sich immer noch um einen Radweg, allerdings um einen anderen Radweg als in § 2 Abs. 4 Satz 3 Straßenverkehrs-OrdnungStVO – geregelt. Auch wenn für ihn keine Benutzungspflicht bestehe, dürften Radfahrer ihn nutzen. Der Radweg werde tatsächlich auch von Radfahrern benutzt, so hätten während der Ortskontrolle am 13. März 2017 innerhalb von 30 Minuten zehn Radfahrer den Radweg befahren.

18

Soweit das Kraftfahrzeug des Vollzugsdienstes der Antragsgegnerin geparkt habe, sei darauf hinzuweisen, dass der Fußgängerverkehr nicht behindert worden sei, dem Vollzugsdienst stünden aber auch Sonderrechte zu.

19

Dem Hilfsantrag könne die Antragsgegnerin nicht entsprechen. Die Festlegung auf 1,50 m Mindestrestgehwegbreite bei Warenauslagen nach § 33 Abs. 2 StVO erfolge seit den 1980-er Jahren generell einheitlich im gesamten Stadtgebiet. Nur so sei in der Praxis die Leichtigkeit des Verkehrs gewährleistet. Man habe sich analog an den § 17 Abs. 2 Satz 2 Landesstraßengesetz – LStrG – in Verbindung mit dem Verkehrsblatt von 1960, Blatt 19 und 20 angelehnt. Bei 40 cm Warenauslagen wäre keine Mindestgehwegbreite von 1,50 m gegeben. Das Ermessen sei einheitlich festgelegt und man wolle im Sinne der Sicherheit und Ordnung keinen Präzedenzfall schaffen.

II.

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Der Hauptantrag sowie die Hilfsanträge bleiben in der Sache erfolglos.

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1. Der Hauptantrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Nr. 1 des Bescheides vom 1. März 2017 anzuordnen, kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – keinen Erfolg haben, weil die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des angefochtenen Bescheides nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO von der Antragsgegnerin angeordnet wurde, so dass nur eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs in Betracht kommt.

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2. Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Halbsatz 2 Alt. VwGO statthafte Hilfsantrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die in Nr. 1 des Bescheides vom 1. März 2017 verfügte Untersagung, vor dem Ladengeschäft Warenauslagen, Paletten, Einkaufswägen und Ständer auf dem Gehweg und auf den Parkplätzen aufzustellen, ist zulässig, bleibt in der Sache aber erfolglos

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2.1 Zunächst hat die Antragsgegnerin in formeller Hinsicht die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 der angefochtenen Verfügung ausreichend nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Nach dieser Vorschrift ist bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dies soll den Betroffenen in die Lage  versetzen, in Kenntnis dieser Gründe seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs abzuschätzen. Der Behörde wird zugleich der Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung verdeutlicht und eine besonders sorgfältige Prüfung des Vollzugsinteresses auferlegt.

24

Die Antragsgegnerin hat diese Vorschrift beachtet. Sie hat die entsprechende Anordnung damit begründet, angesichts der Art und Schwere der drohenden Gefahr für Fußgänger und Radfahrer sei ein weiteres Zuwarten (bis zum Eintritt Bestandskraft der Verfügung) nicht zu vertreten. Bei einer Abwägung der Interessen des Antragstellers als Gewerbetreibendem gegenüber den Interessen der Allgemeinheit an einer gefahrlosen Benutzung des Gehweges müsse den Allgemeininteressen der Vorzug gegeben werden. Damit liegt eine auf den konkreten Einzelfall abgestellte und nicht lediglich formelhafte Begründung des besonderen Vollzugsinteresses vor.

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2.2. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 der Verfügung vom 1. März 2017 nicht zu beanstanden.

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Für das Interesse des Betroffenen, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse eines Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Kann aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht festgestellt werden, ob der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist, so beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Sofortvollzuges des Verwaltungsakts auf die Durchführung einer Interessenabwägung, die je nach Fallkonstellation zugunsten des Antragstellers oder des Antragsgegners ausgehen kann. Das Gericht nimmt – da § 80 Abs. 5 VwGO keinerlei inhaltliche Einschränkungen enthält – die Abwägung in eigener Verantwortung vor. Es prüft eigenständig, ob unter Berücksichtigung und Gewichtung aller für und wider den Sofortvollzug sprechenden Umstände – auch solcher, die der Behörde nicht bekannt waren – die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes in der Hauptsache oder aus anderen Gründen wiederherzustellen ist; maßgebend für die Interessenabwägung sind dabei die Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2009 – 18 B 331/09 –, juris; NdsOVG, Beschluss vom 2. Oktober 2007 – 5 ME 121/07 –, NVwZ-RR 2008, 483).

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Nach diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung in dem Bescheid vom 1. März 2017 das private Interesse des Antragstellers, dieser bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens einstweilen nicht nachkommen zu müssen. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ergibt sich daraus, dass die Untersagungsverfügung offensichtlich rechtmäßig ist und mit ihrer Durchsetzung nicht bis zur Bestandskraft, deren Eintritt noch nicht abzusehen ist, abgewartet werden kann.

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2.3. Die in Nr. 1 des Bescheids vom 1. März 2017 verfügte und an den Antragsteller gerichtete Untersagung, vor dem Ladengeschäft G.P.in L. Warenauslagen, Paletten, Einkaufswägen und Ständer auf dem Gehweg und auf den Parkplätzen aufzustellen, ist offensichtlich rechtmäßig. Der Antragsteller verfügt nicht über die nach dem Straßenverkehrsrecht erforderliche Genehmigung, auf deren Erteilung er auch keinen Anspruch hat. Die Voraussetzungen zum Erlass der angefochtenen Verfügung nach §§ 32, 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 44 und 45 StVO i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1, 2, 91 Abs. 1 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz – POG – liegen vor.

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Die Aufstellung von Warenständern und Paletten zum Anbieten von Obst und Gemüse durch den Antragsteller auf dem Gehweg vor seinem Geschäft am G. P. in L. unterfällt der Vorschrift des § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO. Danach ist es verboten, Waren und Leistungen aller Art auf der Straße anzubieten, wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Folglich benötigt der Antragsteller eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 StVO zum Aufstellen der Warenständer – unabhängig von der Breite des Gehwegs –. Diese straßenverkehrsrechtliche Regelung kommt vorliegend – im Verhältnis zum Straßenrecht nach § 41 Abs. 7 Satz 1 LStrG – zum Zuge (so VG Neustadt, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 3 L 481/16.NW –juris. Rn. 18).

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Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbständige Rechtsmaterien (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 1984 – 2 BvL 10/82 –, NJW 1985, 371) mit unterschiedlichen Regelungszwecken. Mit dem Straßenverkehrsrecht, das nach Art. 74 Nr. 22 Grundgesetz – GG – Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ist, soll die Teilnahme am Straßenverkehr, vor allem aber dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden. Es dient als "sachlich begrenztes Ordnungsrecht" der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Aufgabe des zur originären Gesetzgebungskompetenz der Länder gehörenden Straßen- und Wegerechts ist es hingegen, die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen und ihre Bereitstellung für den Verkehr durch Widmung zu regeln. Das Straßenrecht befasst sich daher vor allem mit der Entstehung, der Ein- und Umstufung öffentlicher Straßen und der Abgrenzung von Gemeingebrauch zur Sondernutzung. Beide Rechtsmaterien stehen allerdings in einem sachlichen Zusammenhang. Das  Straßenverkehrsrecht setzt, insbesondere durch das Erfordernis der straßenrechtlichen Widmung, das Straßenrecht voraus (sogenannter Vorbehalt des Straßenrechts). Das Straßenverkehrsrecht knüpft an die wegerechtliche Widmung in ihrem gegebenen Bestand an und befasst sich nicht selbst mit ihren Voraussetzungen, insbesondere mit ihrem Umfang (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1981 – 7 C 27/79 –, NJW 1982, 840). Der durch die Widmung eröffnete Gemeingebrauch wird wesentlich vom Straßenverkehrsrecht "mitbestimmt". Dem wird dadurch Rechnung getragen, dass der Gemeingebrauch im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften eröffnet wird. Hieraus folgt, dass ein Verkehrsvorgang, der im Rahmen der Verkehrsvorschriften liegt, sich gleichzeitig innerhalb des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs bewegt (sogenannter Vorrang des Straßenverkehrsrechts). Der Bund hat von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht insbesondere im Straßenverkehrsgesetz und zu dessen Ausführung u. a. in der Straßenverkehrsordnung weitgehend abschließend Gebrauch gemacht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Februar 1972 – 1 BvR 111/68 –, NJW 1972, 859). Das gilt auch in Bezug auf das in § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO enthaltene Verbot, für das – der Zielrichtung des Straßenverkehrsrechts entsprechend – tatbestandliche Voraussetzung ist, dass durch die umschriebene Handlung des Anbietens von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße "am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können". Die Abgrenzung der beiden Rechtsgebiete ist also danach vorzunehmen, ob es (im Schwerpunkt) um die Abwehr von Gefahren für den Straßenverkehr geht oder ob einer Überschreitung des Gemeingebrauchs (Sondernutzung) begegnet werden soll (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11. März 2005 – 5 S 2421/03 –, juris).

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2.4 Danach gilt hier Folgendes: Grundsätzlich benötigt der Antragsteller für die beabsichtigte Warenauslage vor seinem Obst- und Gemüsegeschäft auf dem Gehweg sowohl eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis (§ 41 LStrG), in deren Besitz er ebenfalls nicht ist, als auch eine straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 StVO).

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2.4.1 Bei dem Aufstellen von Warenständern und Paletten auf einer öffentlichen Verkehrsfläche zum gewerblichen Betrieb eines Obst- und Gemüseladens handelt es sich um eine Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 LStrG hinaus und damit um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG (z. B.  BayVGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 8 ZB 11.2785 –, juris; VG Neustadt, Urteil vom 11. September 2015 – 4 K 179/15.NW –, GewArch 2016, 81; Scheidler, GewArch 2012, 285). Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antragsteller Inhaber eines Gewerbebetriebs ist. Zwar steht ihm insoweit – in den Grenzen der Verkehrsüblichkeit und Gemeinverträglichkeit (vgl. § 34 Abs. 1 LStrG) – das Recht auf einen gesteigerten Gemeingebrauch (Anliegergebrauch) der Straße in Bezug auf solche Nutzungen zu, auf die er als Anlieger spezifisch angewiesen ist. Das Landesstraßengesetz gewährleistet dem Grundeigentümer sowie dem Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs das Recht auf Anliegergebrauch indes lediglich in seinem durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Kerngehalt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 9. Dezember 2005
6 B 11634/05 –, GewArch 2006, 82; VG Neustadt, Beschluss vom 28. August 2015 – 3 L 760/15.NW –, juris). Dazu gehören die Zugänglichkeit eines Grundstücks (§ 39 LStrG) und (bei Gewerbebetrieben) der "Kontakt nach außen". Dieser gegenüber dem schlichten Gemeingebrauch von Nicht-Anliegern gesteigerte Schutz reicht indessen nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums oder Bestand und Ausübung des Gewerbebetriebs eine Benutzung der Straße unabdingbar erfordern (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1987 – 7 C 60/85 –, NJW 1988, 432). Dazu zählt das Aufstellen von Warenständern und Paletten zum Anbieten von Ware auf der öffentlichen Verkehrsfläche vor einem Gewerbebetrieb nicht.

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2.4.2 Für die vorgesehene Nutzung öffentlichen Verkehrsraums – hierzu gehört auch ein Gehweg – zum Anbieten von Waren bedarf es außerdem einer straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung. Wie oben ausgeführt, ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße verboten, wenn dadurch Verkehrsteilnehmer in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Von diesem Verbot können die Straßenverkehrsbehörden nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 StVO in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen zulassen. Ein Nachweis konkret entstandener Verkehrsgefahren oder -unfälle ist für die Anwendung dieser Vorschrift nicht erforderlich, weil das mit Art. 12 GG vereinbare Verbot nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 33 Abs. 1 StVO bereits dann eingreift, wenn Verkehrsteilnehmer in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden "können". Eine abstrakte Gefahr reicht damit bereits aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1993 – 11 C 44/92 –, GewArch 1994, 389). Diese liegt vor, wenn angesichts des jeweiligen Verhaltens oder Zustands nach generalisierender Betrachtung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Störung aufzutreten pflegt (König in Hentschel/ König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 33 StVO Rn. 9 m. w. Nachw.), wie z. B. bei breitem Aufstellen von Kisten mit Waren auf dem Gehsteig (vgl. VG Neustadt, Beschluss vom 15. März 2012 – 4 L 195/12.NW –, GewArch 2012, 220) oder beim Betreiben eines Bauchladen-Würstchengrills (vgl. VG Berlin, Urteil vom 5. September 2001 – VG 25 A 239.98 –, NZV 2002, 55). Ein solcher Fall liegt hier vor.

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2.4.3 Durch die Aufstellung von Warenständern und Paletten unmittelbar vor dem Gemüsegeschäft des Antragstellers ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einer Störung des Fußgängerverkehrs auf dem Gehweg zu rechnen.

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Gehwege dienen nach ihrer Zweckbestimmung primär der Sicherheit von Fußgängern, weil sie den langsamsten und schutzbedürftigsten Verkehrsteilnehmern einen eigenen, von den übrigen Verkehrsarten abgegrenzten Verkehrsraum überlassen. Fußgänger müssen nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO den Gehweg benutzen. In welcher Breite Gehwege hergestellt werden, kann die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast für die jeweilige Straße entscheiden. Innerhalb des ihr dabei eingeräumten Planungsspielraums (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1972 – IV C 15.71 –, BVerwGE 40, 177) hat die Gemeinde die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Januar 1991 – 8 C 14.89 –, NVwZ 1992, 492). Gehwege müssen jedoch eine Mindestbreite aufweisen, die ein sicheres Begehen – getrennt vom Autoverkehr auf der Fahrbahn – ermöglicht (Bay. VGH, Urteil vom 11. Juni 2002 – 6 B 97.2355 – juris).

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Konkrete Aussagen zur Bemessung von Gehwegen finden sich in den von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen in Köln im Jahre 2007 herausgegebenen Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06). Bei diesem Regelwerk handelt es sich um die sachverständige Konkretisierung moderner Grund-sätze des Straßenbaus (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1989 – 8 C 6/88 –, NVwZ 1990, 165). Die Sachverständigenaussagen enthalten auf der Grundlage standardisierter Vorgaben Maßstäbe dafür, wie Verkehrsanlagen im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs entsprechend ihrer Funktion auszuführen und zu gestalten sind. Den in den Richtlinien enthaltenen Maßangaben kommt zwar keine verbindliche Wirkung im Sinne einer Norm zu. Die darin empfohlenen Breiten für die einzelnen Entwurfselemente stellen aber im Kern Orientierungswerte dar, die als Hilfe bei Planung und Entwurf nicht starr angewandt zu werden brauchen. Die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen gehen davon aus, dass das Grundmaß für den "Verkehrsraum" des Fußverkehrs auf den Begegnungsfall bzw. das Nebeneinandergehen von zwei Personen ausgerichtet ist und daher 1,80 m betragen soll. Die Gemeinden können bei der Entwurfsplanung anhand der konkreten örtlichen Situation jedoch im notwendigen Umfang hiervon abweichen (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 11. Juni 2002 – 6 B 97.2355 – juris).

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Die Antragsgegnerin hat seit den 1980-er Jahren die Mindestrestgehwegbreite bei Warenauslagen nach § 33 Abs. 2 StVO generell einheitlich im gesamten Stadtgebiet auf 1,50 m festgelegt. Ob diese Breite weiter verringert werden könnte, kann dahinstehen. Denn jedenfalls darf eine Verschmälerung zur Wahrung der Funktionsfähigkeit des Gehwegs nicht so weit gehen, dass ein sicheres Begehen des Gehwegs nicht mehr gewährleistet ist.

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Der Gehweg entlang des G. P.es ist in dem hier fraglichen Bereich 1,83 m breit, wovon die Warenauslage des Antragstellers 87 cm beansprucht. Dem Fußgängerverkehr verbleiben somit noch 96 cm Gehweg. Diese verbleibende Gehwegbreite reicht zur Gewährleistung eines Fußgängerverkehrs (auch mit Kinderwagen oder Rollator) einschließlich eines Begegnungsverkehrs nicht mehr aus, insbesondere wenn Personen vor der Warenauslage des Antragstellers zur Auswahl von Obst und Gemüse stehen bleiben. Ein Ausweichen auf den Radweg wird notwendig, wie es die zur Akte gereichten Lichtbilder vom 3., 7. und 14. März 2017 belegen. Es ist auch zukünftig bei dieser Warenauslage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einer Störung des Fußgängerverkehrs zu rechnen.

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Zu Unrecht berechnet der Antragsteller die Gesamtbreite des Gehwegs mit 3,23 m (1,83m grau gepflasterter Bereich zuzüglich 1,40m rot gepflasterter Bereich). Bei dem von dem Antragsteller dem Gehweg zugeschlagenen Bereich handelt es sich nach wie vor um einen Radweg, auch wenn dieser nicht mehr durch das Verkehrszeichen 237 der Anlage 2 zur StVO als solcher ausgewiesen ist (s. Bay. Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 21. Juni 1978 – 1 Ob OWi 343/77 –, juris).

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Was unter Radweg zu verstehen ist, wird in § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO ebenso wenig definiert wie in § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO der Begriff des Gehwegs, zu dessen Benutzung Fußgänger verpflichtet sind.

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Unstreitig ist lediglich jeder durch Verkehrszeichen 237, 240 und 241 der Anlage 2 zur StVO

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gekennzeichnete Sonderweg als benutzungspflichtiger Radweg anzusehen.

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Hieraus folgt jedoch nicht, dass eine derartige Kennzeichnung notwendige Voraussetzung für das Vorliegen eines Radwegs ist, dass also auf einen Straßenteil, an dem nicht das Verkehrszeichen 237, 240 oder 241 angebracht ist, die Vorschriften über Radwege in keinem Fall anwendbar sind. Für eine solche Annahme könnte allerdings die Bestimmung des  § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO sprechen, wonach das Zeichen 239 (Fußgänger) nur dort aufzustellen ist, wo eine Klarstellung notwendig ist. Hieraus könnte gefolgert werden, dass für andere Sonderwege, insbesondere Radwege, stets eine Kennzeichnung durch das entsprechende Verkehrszeichen – bei Radwegen Zeichen 237 – erforderlich sei. Diese Schlussfolgerung ist aber nicht gerechtfertigt, da Verkehrszeichen nur dort anzuordnen sind, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist (vgl. § 45 Abs. 9 Satz 1 und 2 StVO).

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Radwege kommen ebenso wie Gehwege sowohl als Bestandteil einer Straße (deren Hauptteil die Fahrbahn bildet) als auch als selbständige Wege vor. Nur im letzteren Fall bedarf es dazu, um den Weg zu einem einer bestimmten Verkehrsart vorbehaltenen Sonderweg zu machen, eines Rückgriffs auf die Vorschriften, die in § 41 StVO für durch Zeichen 237, 240 und 241 gekennzeichnete Sonderwege getroffen sind. Soweit die Sonderwege zu einer Straße gehören, ergeben sich dagegen die Pflicht von Radfahrern und Fußgängern zu ihrer Benutzung sowie die Unzulässigkeit ihrer Benutzung durch sonstige Verkehrsteilnehmer schon aus anderen Bestimmungen der Straßenverkehrs-Ordnung. So ist in § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO den Radfahrern die generelle Benutzung von Radwegen, in § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO den Fußgängern die Benutzung von Gehwegen vorgeschrieben. Daraus ergibt sich zugleich, dass Radfahrer nicht auf Gehwegen fahren und Fußgänger nicht auf Radwegen gehen dürfen.

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Die Verkehrszeichen 237, 240 oder 241 der Anlage 2 zur StVO begründen nach § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO hingegen die Pflicht, den Radweg in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen. Rechte Radwege ohne die Zeichen 236, 240 oder 241 dürfen nach § 2 Abs. 4 Satz 3 StVO immer benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen z237, 240 oder 241 dürfen hingegen gemäß § 2 Abs. 4 Satz 4 StVO nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen "Radverkehr frei" angezeigt ist. In den Fällen aber, in denen ein Straßenteil seiner baulichen Gestaltung nach eindeutig als Radweg anzusehen ist, ist eine Kennzeichnung durch Zeichen 237 ebenso entbehrlich wie die Kennzeichnung eines ohne weiteres als solchen erkennbaren Gehwegs durch Zeichen 239.

Hinzu kommt, dass in Fällen, in denen – wie im innerörtlichen Verkehr sehr häufig – Fahrbahn, Radweg und Gehweg nebeneinander verlaufen, die Zweckbestimmung jedes dieser Straßenteile für die Verkehrsteilnehmer offen zutage liegt. Damit fehlt ein innerer Grund dafür, warum gerade der Radweg besonders als solcher gekennzeichnet werden müsste, während eine Kennzeichnung des Gehwegs zweifelsfrei nicht erforderlich und eine solche der Fahrbahn überhaupt nicht vorgesehen ist. Allerdings dürfte die Kennzeichnung durch Zeichen 237 eher die Regel sein.

Die Kennzeichnung eines Radwegs mit dem Zeichen 237 könnte – in Fahrtrichtung des zugelassenen Fahrradverkehrs gesehen – auch immer nur am Beginn des Radwegs, nicht auch an dessen Ende gefordert werden. Eine Wiederholung wäre allenfalls hinter, aber keinesfalls vor Querstraßen geboten, die den Radweg unterbrechen. Ein auf dem linken Gehweg gehender Fußgänger würde damit das Zeichen 237 erst am Ende der Strecke vorfinden, auf der Gehweg und Radweg nebeneinander herlaufen, während ihm eine Benutzung des Radwegs schon vorher verboten sein muss. Ebenso würde ein Fahrzeugführer, der nach links abbiegt, an dem in seiner bisherigen Fahrtrichtung gesehen von vorne, in der neuen Fahrtrichtung gesehen von rechts kommenden Radweg, dessen Benutzer er nach
§ 9 Abs. 3 Satz 1 StVO
durchfahren lassen muss, das Zeichen 237 nicht sehen können.

Als Radweg im Sinne der StVO ist nach alledem ein Straßenteil anzusehen, der seiner baulichen Gestaltung nach zweifelsfrei für den Fahrradverkehr bestimmt ist (vgl. Bay. Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 21. Juni 1978 –
1 Ob OWi 343/77
–, juris,
Rn. 12
; OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 23. Januar 2004 –
24 U 118/03
–, VM 2004, 37 f.; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 2 StVO Rn. 67 m. w. Nachw.).

Nach den der Kammer vorliegenden Lichtbildern verläuft neben dem mit grauen Betonsteinen markierten Gehweg ein mit roten Betonsteinen gepflasterter Radweg. Es ist nicht ungewöhnlich, dass von einem genügend breiten einheitlichen Gehweg ein Teil durch bauliche Gestaltung (durchgezogene weiße Linie oder farbliche Absetzung) ein Radweg abgegrenzt wird. Es entspricht auch grundsätzlich allgemeiner Übung, dass der Radweg näher an der Fahrbahn verläuft und der Gehweg in der Regel entlang der angrenzenden (Privat-)Grundstücke. Über die Bedeutung einer derartigen Abgrenzung können für Verkehrsteilnehmer und Straßenanlieger keine vernünftigen Zweifel bestehen.

Die Voraussetzungen, unter denen auch ohne das Verkehrszeichen 237 ein Bereich als Radweg anzusehen ist, liegen hier unzweifelhaft vor. Es ist erkennbar, welcher der beiden unterschiedlich gepflasterten Bereiche am G.P. in L. Gehweg und welcher Radweg ist. Beide Bereiche unterscheiden sich in Farbe – grau für den Gehweg und rot für den Radweg – und der Art der Verlegung der Betonpflastersteine – im rechten Winkel der Gehweg und Fischgrätmuster für den Radweg –.

Der Radweg ist durch Schilder, allerdings nicht mit dem Verkehrszeichen 237, kenntlich gemacht. Eine Benutzungspflicht für diesen Radweg ist gemäß
§ 45 Abs. 1c Satz 3 StVO
unzulässig, weil es sich dem G. P. in L. um eine Tempo 30-Zone handelt. Eine Kennzeichnung des Weges als nicht benutzungspflichtiger Radweg erfolgt im Bereich G.straße/G. P. aber mit dem Zusatzzeichen nach dem Anhang zur StVO, Katalog der Verkehrszeichen, Teil 8: Zusatzzeichen, 8.2 Zusatzzeichen 1000-1019 Gruppe der allgemeinen Zusatzzeichen:
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Des Weiteren ist der Radweg als Teil des Radwegnetzes nach LU-F. mit dem folgenden Schild markiert:

55
Abbildung
Tatsächlich erkennen Radfahrer diesen Weg auch als Radweg und befahren ihn. So hatte die Antragsgegnerin anlässlich einer Ortskontrolle am 13. März 2017 innerhalb von 30 Minuten zehn Radfahrer beobachtet, die den Radweg benutzten (s. Lichtbilder, Bl. 61f. GA).

Handelt es sich aber bei dem mit roten im Fischgrätmuster verlegten Betonpflasterstein-Bereich mit dem dargestellten Zusatzzeichen um einen Radweg, kann dessen Breite nicht – wie der Antragsteller es macht – dem Gehweg zugerechnet werden. Der Radweg hat in seiner gesamten Breite den Radfahrern zur Verfügung zu stehen. Dies bedeutet, dass von dem Gehweg bei Aufstellung von Warenständern und Paletten vor dem Obst- und Gemüseladen des Antragstellers den Fußgängern nur noch maximal 96 cm zur Verfügung stehen. Ein sicheres Begehen des Gehwegs erst recht ein Begegnungsverkehr ist damit nicht gewährleistet.

Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Gehweg entlang des G. P.es um einen von dem Bereich Schulen und Kindertagesstätten der Antragsgegnerin für Schulkinder der GS G.schule Nord empfohlenen Schulweg handelt (s. "Unser Schulweg"). Grundschüler achten aber bekanntermaßen nicht immer in dem gebotenen Maße auf andere Verkehrsteilnehmer, da sie sich auch spontan ablenken lassen. Gerade zur Sicherheit dieser besonders schutzbedürftigen Gruppe von Verkehrsteilnehmern ist daher die Freihaltung des Gehwegs wichtig, um nicht ein unbedachtes Ausweichen auf den Radweg ohne Beachtung des dortigen Radverkehrs zu riskieren. Es ist nicht erforderlich, dass bereits konkret Verkehrsgefahren oder Unfälle verursacht wurden. Ausreichend ist nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StVO
, dass Verkehrsteilnehmer in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden "können", womit eine abstrakte Gefahr genügt (vgl.
BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1993 – 11 C 44/92
–,
GewArch 1994, 389
).

Die Voraussetzungen zum Erlass der Nr. 1 des angefochtenen Bescheides vom 1. März 2017, die die Antragsgegnerin zu Recht auf
§§ 32
,
33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
,
44
und
45 StVO
,
§ 41 Abs. 7 Satz 1 LStrG
i.V.m.
§ 1
Abs. 1 Satz 1,
2
,
91 Abs. 1 POG
gestützt hat, liegen damit vor.

2.5
Ermessensfehler der Antragsgegnerin sind nicht zu erkennen. Sie ist bereits gegen den früheren Betreiber des Gemüsegeschäfts vorgegangen, indem sie zumindest Bußgeldverfahren gegen ihn eingeleitet hatte, die dann jedoch wegen Verfolgungsverjährung eingestellt wurden.

Aber auch ein jahrelanges Untätigbleiben der Antragsgegnerin hindert eine Behörde nicht daran, Maßnahmen zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu ergreifen, da eine Verwirkung hoheitlicher Befugnisse nicht möglich ist (vgl.
VGH BW, Urteil vom 15. September 2016 – 5 S 114/14
–;
OVG RP, Urteil vom 12. Juni 2012 – 8 A 10291/12
–, beide in juris). Dies hat insbesondere in den Fällen zu gelten, in denen unwiederbringliche Rechtsgüter wie Gesundheit und Leben gefährdet werden und daher zu schützen sind.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung vom 1. März 2017 ist damit abzulehnen.

3.
Auch die Hilfsanträge, mit denen der Antragsteller die Zulassung von Warenauslagen mit einer Tiefe von 40cm gemessen von der Hauswand erreichen möchte, haben keinen Erfolg.

Der Antragsteller benötigt auch für diese Warenauslage eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach
§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 StVO
, die im Ermessen der Antragsgegnerin als der zuständigen Behörde steht. Wie bereits ausgeführt, ist es verboten, Waren und Leistungen aller Art auf der Straße anzubieten, wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden. Es steht im Ermessen der zuständigen Behörde, nicht des Gerichts, Ausnahmen zuzulassen. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 22. März 2017 aber erklärt, dass eine Inanspruchnahme des Gehwegs G. P. durch Aufstellen von Warenauslagen in einer Tiefe von 40cm vor dem Geschäft des Antragstellers ausscheidet. Die bei diesem Umfang der Warenauslage verbleibende Restbreite des Gehwegs von ca. 1,40m würde ebenfalls die von der Antragsgegnerin im Rahmen ihres Planungsermessens einheitlich für das gesamte Stadtgebiet festgelegte Mindestrestgehwegbreite bei Warenauslagen von 1,50m unterschreiten.

Das Gericht kann nicht im Rahmen des
§ 80 Abs. 5 VwGO
das der Antragsgegnerin nach
§ 46 StVO
zustehende Ermessen ersetzen. Für die Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung wäre im Übrigen der Rechtsschutz nach

§ 123 VwGO
nachzusuchen, dem nach den obigen Ausführungen aber auch der Erfolg versagt bleiben müsste.

Nach alledem hat im Interesse der Verkehrssicherheit auf dem Geh- und Radweg das private Interesse des Antragstellers, seine Waren auch außerhalb seiner Geschäftsraume anbieten zu können, gegenüber dem öffentlichen Interesse zurückzutreten.

4
.Die Kostenentscheidung folgt aus
§ 154 Abs. 1 VwGO
.
68

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 45 Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen


(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie1.zur Durchführung von A

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 41 Vorschriftzeichen


(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen. (2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeich

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(1) Wer abbiegen will, muss dies rechtzeitig und deutlich ankündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Wer nach rechts abbiegen will, hat sein Fahrzeug möglichst weit rechts, wer nach links abbiegen will, bis zur Mitte, auf Fahrbahn

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 46 Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis


(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen1.von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);2.vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobah

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 2 Straßenbenutzung durch Fahrzeuge


(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn. (2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven od

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 33 Verkehrsbeeinträchtigungen


(1) Verboten ist 1. der Betrieb von Lautsprechern,2. das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,3. außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,wenn dadurch am Verkehr Teilneh

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Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 32 Verkehrshindernisse


(1) Es ist verboten, die Straße zu beschmutzen oder zu benetzen oder Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Wer für solche verkehrswidrigen Zustände verantwortlich

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(1) Verboten ist

1.
der Betrieb von Lautsprechern,
2.
das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,
3.
außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,
wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Auch durch innerörtliche Werbung und Propaganda darf der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden.

(2) Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 bis 43 in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4) gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind unzulässig.

(3) Ausgenommen von den Verboten des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und des Absatzes 2 Satz 2 sind in der Hinweisbeschilderung für Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen und für Autohöfe die Hinweise auf Dienstleistungen, die unmittelbar den Belangen der am Verkehr Teilnehmenden auf den Bundesautobahnen dienen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Es ist verboten, die Straße zu beschmutzen oder zu benetzen oder Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Wer für solche verkehrswidrigen Zustände verantwortlich ist, hat diese unverzüglich zu beseitigen und diese bis dahin ausreichend kenntlich zu machen. Verkehrshindernisse sind, wenn nötig (§ 17 Absatz 1), mit eigener Lichtquelle zu beleuchten oder durch andere zugelassene lichttechnische Einrichtungen kenntlich zu machen.

(2) Sensen, Mähmesser oder ähnlich gefährliche Geräte sind wirksam zu verkleiden.

(1) Verboten ist

1.
der Betrieb von Lautsprechern,
2.
das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,
3.
außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,
wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Auch durch innerörtliche Werbung und Propaganda darf der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden.

(2) Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 bis 43 in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4) gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind unzulässig.

(3) Ausgenommen von den Verboten des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und des Absatzes 2 Satz 2 sind in der Hinweisbeschilderung für Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen und für Autohöfe die Hinweise auf Dienstleistungen, die unmittelbar den Belangen der am Verkehr Teilnehmenden auf den Bundesautobahnen dienen.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin betreibt im Anwesen A-Straße ... in Ludwigshafen die Gaststätte „…“. Vor dem Lokal befindet sich ein Bürgersteig. In dem gesamten Bereich zwischen der Kreuzung A-Straße/B-Straße und der Kreuzung A-Straße/C-Straße ist das Gehwegparken gemäß Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung – StVO – erlaubt. Entsprechende Verkehrszeichen sind in der A-Straße vor den Anwesen B-Straße ... und C-Straße ... angebracht. Nach den aufgestellten Verkehrszeichen ist das kostenlose Parken auf dem Gehweg für die Dauer von 1 Stunde mittels Parkschein zulässig. Anwohner sind berechtigt, zeitlich unbegrenzt dort zu parken. Der Gehweg inklusive Parkfläche vor dem Gebäude A-Straße .. ist knapp 4 m breit.

2

Die Antragstellerin stellte am 17. März 2016 einen Antrag auf Erteilung einer straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung für die Zeit vom 1. April 2016 bis 30. September 2016 zwecks Aufstellung von Tischen und Stühlen vor ihrem Lokal. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 5. April 2016 ab und führte zur Begründung aus, es sei nicht möglich, vor der Gaststätte Stühle und Tische zwischen den dort befindlichen Bäumen aufzustellen, da es sich um eine Parkfläche handele, die nicht zugestellt werden dürfe.

3

Dagegen legte die Antragstellerin am 3. Mai 2016 Widerspruch ein.

4

Am 20. Juni 2016 hat sie ferner um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führt sie aus, bereits der Vorbesitzer der Gaststätte habe eine Ausnahmegenehmigung aus dem Jahre 2007 zum Aufstellen von Tischen und Stühlen auf der Parkfläche vor der Gaststätte gehabt. Zwar sei dort nunmehr eine Parkfläche eingerichtet worden. Die Parkflächen befänden sich aber nicht direkt vor der Gaststätte. Die Möglichkeit der Außenbestuhlung sei für sie, die Antragstellerin, sehr wichtig, da sie sich so weitere Gäste und Besucher erhoffe. Die Angelegenheit sei besonders dringend, da Sommer sei und gerade jetzt die Außenbestuhlung genutzt werde

5

Die Antragstellerin beantragt,

6

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr, der Antragstellerin, als Betreiberin der Gaststätte „…“ in der A-Straße ..., Ludwigshafen am Rhein, vorläufig eine Ausnahmegenehmigung von der Straßenverkehrsordnung für das Aufstellen von Stühlen und Tischen vor der Gaststätte zu erteilen.

7

Die Antragsgegnerin beantragt,

8

den Antrag abzulehnen.

9

Sie trägt vor, durch das Aufstellen von Tischen und Stühlen werde der öffentliche Verkehrsraum beeinträchtigt und erschwert. Bei der herrschenden Verkehrslage sei es nicht möglich, eine Außenbestuhlung zu gestatten. Der vorhandene Gehweg sei nur 1,65 m breit. Eine Bestuhlung würde den gesamten zur Verfügung stehenden Raum einnehmen. Der Fußgängerverkehr wäre gezwungen, auf die Straße auszuweichen. Die Fläche, die als Parkplatz gewidmet sei, könne der Antragstellerin ebenfalls nicht zur Verfügung gestellt werden, denn Parkplätze seien in der A-Straße selten und würden stark genutzt. Des Weiteren müsste die Parkplatzfläche, die für die Bestuhlung genutzt werden solle, mit einer festen Barriere von der Fahrbahn abgetrennt werden, um eine Gefährdung der Gäste zu vermeiden. Dies würde den zur Verfügung stehenden Raum weiter einengen und vermutlich den Verkehr behindern. Soweit sich die Antragstellerin auf eine Ausnahmegenehmigung im Jahr 2008 berufe, führe dies zu keinem Rechtsanspruch, denn maßgebend seien die heutigen Verhältnisse.

10

II.

11

Der Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr, der Antragstellerin, als Betreiberin der Gaststätte „…“ in der A-Straße ..., … Ludwigshafen am Rhein, vorläufig eine Ausnahmegenehmigung von der Straßenverkehrsordnung für das Aufstellen von Stühlen und Tischen vor der Gaststätte zu erteilen, ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft und auch ansonsten zulässig.

12

Der Antrag ist in der Sache aber unbegründet.

13

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder um drohende Gefahren zu verhindern oder wenn sie aus anderen Gründen erforderlich ist. Dabei darf grundsätzlich nicht die Hauptsache vorweggenommen werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nach der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz – GG – gewährleisteten Rechtsschutzgarantie jedoch dann, wenn der in der Hauptsache geltend gemachte Anspruch überwiegend wahrscheinlich ist und wegen des Nichterfüllens dieses Anspruchs schwere, unzumutbare oder nicht anders abwendbare Nachteile drohen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. November 2013 – 6 VR 3/13 –, NVwZ 2014, 558; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. April 2016 – 7 B 10228/16.OVG –). Diese Voraussetzungen sind wie alle Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZivilprozessordnungZPO – i. V. m. § 123 Abs. 3 VwGO).

14

Vorliegend sind die Voraussetzungen einer solchen Regelungsanordnung nicht gegeben.

15

1. Die Antragstellerin hat bereits nicht den geltend gemachten Anordnungsgrund der besonderen Dringlichkeit glaubhaft gemacht. Der bloße Umstand, dass die Antragstellerin sich durch die Möglichkeit der Außenbestuhlung weitere Gäste und Besucher erhofft und gerade im Sommer die Außenbestuhlung genutzt wird, reicht nicht aus, um einen die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anordnungsgrund anzunehmen.

16

2. Ungeachtet dessen fehlt es vorliegend auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.

17

Die von der Antragstellerin beabsichtigte Aufstellung von Tischen und Stühlen vor ihrem Lokal in der A-Straße in Ludwigshafen unterfällt der Vorschrift des § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO. Danach ist es verboten, Waren und Leistungen aller Art auf der Straße anzubieten, wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Folglich benötigt die Antragstellerin eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 9 StVO. Diese straßenverkehrsrechtliche Regelung kommt vorliegend – im Verhältnis zum Straßenrecht – zum Zuge.

18

2.1. Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbständige Rechtsmaterien (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 1984 – 2 BvL 10/82 –, NJW 1985, 371) mit unterschiedlichen Regelungszwecken. Mit dem Straßenverkehrsrecht, das nach Art. 74 Nr. 22 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ist, soll die Teilnahme am Straßenverkehr, vor allem aber dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden. Es dient als „sachlich begrenztes Ordnungsrecht“ der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Aufgabe des zur originären Gesetzgebungskompetenz der Länder gehörenden Straßen- und Wegerechts ist es hingegen, die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen und ihre Bereitstellung für den Verkehr durch Widmung zu regeln. Das Straßenrecht befasst sich daher vor allem mit der Entstehung, der Ein- und Umstufung öffentlicher Straßen und der Abgrenzung von Gemeingebrauch zur Sondernutzung. Beide Rechtsmaterien stehen allerdings in einem sachlichen Zusammenhang. Das Straßenverkehrsrecht setzt, insbesondere durch das Erfordernis der straßenrechtlichen Widmung, das Straßenrecht voraus (sogenannter Vorbehalt des Straßenrechts). Das Straßenverkehrsrecht knüpft an die wegerechtliche Widmung in ihrem gegebenen Bestand an und befasst sich nicht selbst mit ihren Voraussetzungen, insbesondere mit ihrem Umfang (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1981 – 7 C 27/79 –, NJW 1982, 840). Der durch die Widmung eröffnete Gemeingebrauch wird wesentlich vom Straßenverkehrsrecht „mitbestimmt“. Dem wird dadurch Rechnung getragen, dass der Gemeingebrauch im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften eröffnet wird. Hieraus folgt, dass ein Verkehrsvorgang, der im Rahmen der Verkehrsvorschriften liegt, sich gleichzeitig innerhalb des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs bewegt (sogenannter Vorrang des Straßenverkehrsrechts). Der Bund hat von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht insbesondere im Straßenverkehrsgesetz und zu dessen Ausführung u. a. in der Straßenverkehrsordnung weitgehend abschließend Gebrauch gemacht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Februar 1972 – 1 BvR 111/68 –, NJW 1972, 859). Das gilt auch in Bezug auf das in § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO enthaltene Verbot, für das – der Zielrichtung des Straßenverkehrsrechts entsprechend – tatbestandliche Voraussetzung ist, dass durch die umschriebene Handlung des Anbietens von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße „am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können“. Die Abgrenzung der beiden Rechtsgebiete ist also danach vorzunehmen, ob es (im Schwerpunkt) um die Abwehr von Gefahren für den Straßenverkehr geht oder ob einer Überschreitung des Gemeingebrauchs (Sondernutzung) begegnet werden soll (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11. März 2005 – 5 S 2421/03 –, juris).

19

2.2. Danach gilt hier Folgendes:

20

Grundsätzlich benötigt die Antragstellerin für die beabsichtigte Außenbewirtschaftung ihrer Gaststätte auf dem Gehweg vor ihrem Lokal in der A-Straße in Ludwigshafen sowohl eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis als auch eine straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung.

21

2.2.1. Bei dem Aufstellen von Tischen und Stühlen auf einer öffentlichen Verkehrsfläche zum gewerblichen Betrieb einer Außenbewirtschaftung einer Gaststätte handelt es sich um eine Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 Landesstraßengesetz – LStrG – hinaus und damit um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG (s. z.B. Bay. VGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 8 ZB 11.2785 –, juris; VG Neustadt, Urteil vom 11. September 2015 – 4 K 179/15.NW –, GewArch 2016, 81; Scheidler, GewArch 2012, 285). Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Antragstellerin Inhaberin eines an der A-Straße gelegenen Gewerbebetriebs ist. Zwar steht ihr insoweit – in den Grenzen der Verkehrsüblichkeit und Gemeinverträglichkeit (vgl. § 34 Abs. 1 LStrG) – das Recht auf einen gesteigerten Gemeingebrauch (Anliegergebrauch) der Straße in Bezug auf solche Nutzungen zu, auf die sie als Anliegerin spezifisch angewiesen ist. Das Landesstraßengesetz gewährleistet dem Grundeigentümer sowie dem Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs das Recht auf Anliegergebrauch indes lediglich in seinem durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Kerngehalt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Dezember 2005 – 6 B 11634/05 –, GewArch 2006, 82; VG Neustadt, Beschluss vom 28. August 2015 – 3 L 760/15.NW –, juris). Dazu gehören die Zugänglichkeit eines Grundstücks (§ 39 LStrG) und (bei Gewerbebetrieben) der „Kontakt nach außen“. Dieser gegenüber dem schlichten Gemeingebrauch von Nicht-Anliegern gesteigerte Schutz reicht indessen nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums oder Bestand und Ausübung des Gewerbebetriebs eine Benutzung der Straße unabdingbar erfordern (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1987 – 7 C 60/85 –, NJW 1988, 432). Dazu zählt das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf der öffentlichen Verkehrsfläche vor einem Gewerbebetrieb nicht.

22

2.2.2. Für die vorgesehene Außenbewirtschaftung der Antragstellerin ist aber auch eine straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung erforderlich. Wie oben ausgeführt, ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße verboten, wenn dadurch Verkehrsteilnehmer in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Von diesem Verbot können die Straßenverkehrsbehörden nach § 46 Abs. 1 Nr. 9 StVO in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen. Ein Nachweis konkret entstandener Verkehrsgefahren oder -unfälle ist für die Anwendung dieser Vorschrift nicht erforderlich, weil das mit Art. 12 GG vereinbare Verbot nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 33 Abs. 1 StVO bereits dann eingreift, wenn Verkehrsteilnehmer in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden „können“; eine abstrakte Gefahr reicht damit bereits aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1993 – 11 C 44/92 –, GewArch 1994, 389). Diese liegt vor, wenn angesichts des jeweiligen Verhaltens oder Zustands nach generalisierender Betrachtung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Störung aufzutreten pflegt (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 33 StVO Rn. 9 m.w.N.). Dies kann z.B. bei breitem Aufstellen von Kisten mit Waren auf dem Gehsteig (vgl. VG Neustadt, Beschluss vom 15. März 2012 – 4 L 195/12.NW –, GewArch 2012, 220) oder beim Betreiben eines Bauchladen-Würstchengrills (vgl. VG Berlin, Urteil vom 5. September 2001 – VG 25 A 239.98 –, NZV 2002, 55) der Fall sein.

23

Vorliegend wäre bei einer Aufstellung von Tischen und Stühlen unmittelbar vor der Gaststätte der Antragstellerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einer Störung des Fußgängerverkehrs zu rechnen. Zwar ist der Gehweg vor dem Anwesen der Antragstellerin insgesamt ca. 4 m breit. Jedoch ist in dem gesamten Bereich nördlich der A-Straße zwischen der Kreuzung A-Straße/B-Straße und der Kreuzung A-Straße/C-Straße das Gehwegparken gemäß Zeichen 315 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO erlaubt. Die entsprechenden Verkehrszeichen sind vor den Anwesen B-Straße ... und C-Straße ... angebracht (s. dazu die von der Antragsgegnerin dem Gericht übermittelten Lichtbilder). Anfang und Ende der Gehwegparkstrecke sind durch von der Fahrbahn hin wegweisende weiße Pfeile auf dem Zeichen 315 gekennzeichnet (s. Anlage 3 Nr. 10 Spalte 3 Erläuterung Nr. 1 zu § 42 Abs. 2 StVO; s. dazu die Lichtbilder auf Blatt 28 der Gerichtsakte). Zwischen den an den beiden Kreuzungen angebrachten Verkehrszeichen befinden sich keine weiteren Verkehrszeichen, die diese Regelung teilweise aufheben, so dass die durch Zeichen 315 eingeräumte Erlaubnis des Gehwegparkens in dem gesamten Bereich gilt. Auf die unterschiedliche Farbgestaltung des Bodenbelags kommt es in diesem Zusammenhang nicht an; insbesondere kann darin keine Parkflächenmarkierung (s. Anlage 2 Nr. 74 Spalte 3 zu § 41 Abs. 1 StVO) gesehen werden. Unzulässig ist das Gehwegparken zwischen den beiden Kreuzungen gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 2 StVO daher nur vor den Grundstücksein- und -ausfahrten der nördlich angrenzenden Anwesen, also z.B. der Hofeinfahrt des Gebäudes A-Straße .... Der Einwand der Antragstellerin, die Parkflächen befänden sich nicht direkt vor dem Eingang zu ihrer Gaststätte ist somit unzutreffend.

24

Unter Abzug der Fläche für das Gehwegparken ist der Bürgersteig nach Angaben der Antragsgegnerin auf der Höhe der Gaststätte der Antragstellerin noch 1,65 m breit. Diese Breite ist offenkundig nicht ausreichend, um im Falle der Aufstellung von Tischen und Stühlen zur Außenbewirtschaftung auf dieser Fläche den (gefahrlosen) Fußgängerverkehr – gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO müssen Fußgänger den Gehweg benutzen – zu gewährleisten. Vielmehr ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einer Störung des Fußgängerverkehrs zu rechnen.

25

Gehwege dienen nach ihrer Zweckbestimmung primär der Sicherheit von Fußgängern, weil sie den langsamsten und schutzbedürftigsten Verkehrsteilnehmern einen eigenen, von den übrigen Verkehrsarten abgegrenzten Verkehrsraum überlassen. In welcher Breite Gehwege hergestellt werden, kann die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast für die jeweilige Straße entscheiden. Innerhalb des ihr dabei eingeräumten Planungsspielraums (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1972 – IV C 15.71 –, BVerwGE 40, 177) hat die Gemeinde die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Januar 1991 – 8 C 14.89 –, NVwZ 1992, 492). Gehwege müssen jedoch eine Mindestbreite aufweisen, die ein sicheres Begehen – getrennt vom Autoverkehr auf der Fahrbahn – ermöglicht (Bay. VGH, Urteil vom 11. Juni 2002 – 6 B 97.2355 – juris).

26

Konkrete Aussagen zur Bemessung von Gehwegen finden sich in den von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen in Köln im Jahre 2007 herausgegebenen Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06). Bei diesem Regelwerk handelt es sich um die sachverständige Konkretisierung moderner Grundsätze des Straßenbaus (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1989 – 8 C 6/88 –, NVwZ 1990, 165). Die Sachverständigenaussagen enthalten auf der Grundlage standardisierter Vorgaben Maßstäbe dafür, wie Verkehrsanlagen im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs entsprechend ihrer Funktion auszuführen und zu gestalten sind. Den in den Richtlinien enthaltenen Maßangaben kommt zwar keine verbindliche Wirkung im Sinne einer Norm zu. Die darin empfohlenen Breiten für die einzelnen Entwurfselemente stellen aber im Kern Orientierungswerte dar, die als Hilfe bei Planung und Entwurf nicht starr angewandt zu werden brauchen. Die Gemeinden können bei der Entwurfsplanung anhand der konkreten örtlichen Situation im notwendigen Umfang hiervon abweichen (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 11. Juni 2002 – 6 B 97.2355 – juris).

27

Die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen gehen davon aus, dass das Grundmaß für den „Verkehrsraum“ des Fußverkehrs auf den Begegnungsfall bzw. das Nebeneinandergehen von zwei Personen ausgerichtet ist und daher 1,80 m betragen soll. Hinzukommen soll ein seitlicher Sicherheitsraum von 0,50 m Abstand zu einer Fahrbahn oder einem Längs-Parkstreifen und 0,20 m Abstand zu einem Gebäude. Dadurch ergebe sich ein „lichter Raum“ bzw. als „Regelbreite“ das absolute Mindestbreite für Seitenraum-Gehwege von 2,50 m (RASt 06, Nr. 6.1.6.1).

28

Es bedarf keiner Entscheidung, welche (idealtypische) Mindestbreite ein Gehweg haben soll (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 11. Juni 2002 – 6 B 97.2355 – juris: fahrbahnbegleitende Gehwege sollen nach Möglichkeit nicht schmaler als 2,00 m sein). Jedenfalls darf eine Verschmälerung zur Wahrung der Funktionsfähigkeit nicht so weit gehen, dass ein sicheres Begehen der Fußgänger nicht mehr gewährleistet ist. Dies wäre hier aber offenkundig der Fall. Folglich benötigt die Antragstellerin vorliegend auch eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO.

29

2.2.3. Für den Fall, dass sowohl eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis als auch eine straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung erforderlich ist, bestimmt § 41 Abs. 7 Satz 1 LStrG, dass es keiner Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LStrG bedarf, sofern nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung oder eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist. Die genannte Vorschrift will nach ihrem Sinn und Zweck vermeiden, dass in den Fällen, in denen eine Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung nach dem Straßenverkehrsrecht notwendig ist, zusätzlich noch eine gesonderte wegerechtliche Erlaubnis einzuholen ist. Sie dient auf diese Weise der Verfahrenskonzentration (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1993 – 11 C 44/92 –, GewArch 1994, 389; Grupp in: Marschall, Bundesfernstraßengesetz, 6. Auflage 2012, § 8 Rn. 26).

30

Da es vorliegend primär nicht darum geht, ob einer Überschreitung des Gemeingebrauchs begegnet werden soll sondern im Schwerpunkt um die Abwehr von Gefahren für den Fußgängerverkehr auf der A-Straße vor dem Lokal der Antragstellerin, greift hier § 41 Abs. 7 Satz 1 LStrG ein. Es ist daher zu prüfen, ob die Antragstellerin einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO glaubhaft gemacht hat. Dies ist zu verneinen.

31

Die Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 9 StVO setzt Gründe voraus, die das öffentliche Interesse an dem Verbot überwiegen, von dem dispensiert werden soll; sie darf das Schutzgut der Vorschrift nicht wesentlich beeinträchtigen. Bei der Entscheidung über eine Ausnahme von einem Verkehrsverbot hat die Straßenverkehrsbehörde dem mit dem Verbot verfolgten öffentlichen Interesse die besonderen Belange des von dem Verbot Betroffenen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegenüberzustellen (BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1993 – 11 C 45.92 –, NZV 1994, 244). Die Belange des Betroffenen sind auch insoweit einzubeziehen, als sie keinen grundrechtlichen Schutz genießen. Es können grundsätzlich aber auch grundrechtlich geschützte Belange von einem vorrangigen öffentlichen Interesse verdrängt werden. Ferner setzt § 46 Abs. 1 Nr. 9 StVO eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde – hier der Antragsgegnerin als Straßenverkehrsbehörde im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Straßenverkehrsrechts – voraus. Bei Verwaltungsakten, die im Ermessen der Behörde stehen, kann die Verpflichtung zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts nur ausgesprochen werden, wenn angesichts der konkreten Umstände des Falles nur eine einzige, bestimmte Entscheidung in Betracht kommt, die nicht ermessensfehlerhaft wäre (sog. Ermessensreduktion auf Null). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, da die Breite des verbleibenden Gehwegs vor der Gaststätte der Antragstellerin von 1,65 m nicht ausreicht, um eine Außenbewirtschaftung auf dieser Fläche ohne Störung des Fußgängerverkehrs zu ermöglichen. Selbst wenn die Antragstellerin Tische und Stühle unmittelbar neben die Hauswand der Gaststätte stellen würde, wäre der für einen Fußgänger erforderliche „Gehraum“ in der Breite von 0,75 m nicht gewährleistet und kann daher nicht hingenommen werden.

32

2.2.4. Schließlich weist die Kammer noch darauf hin, dass dem Antrag der Antragstellerin auch dann nicht stattgegeben werden könnte, wenn man ihr Begehren dahingehend auslegen würde, ihr das Aufstellen von Tischen und Stühlen zur Außenbewirtschaftung auf den Parkflächen vor dem Lokal zu erlauben. Zwar wäre dann bei Annahme einer fehlenden Gefährdung des Verkehrs keine straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung sondern „nur“ eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis erforderlich. Aber auch auf diese hätte die Antragstellerin keinen Anspruch, da im Falle der Erteilung der Erlaubnis zwei öffentliche Parkplätze wegfallen würden (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 11. September 2015 – 4 K 179/15.NW –, GewArch 2016, 81).

33

Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang eingewandt hat, dem Vorbesitzer sei in den Jahren 2006 und 2007 auch das Aufstellen von Tischen und Stühlen vor der Gaststätte erlaubt worden, kann sie daraus nichts zu ihren Gunsten herleiten. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass es in den Jahren 2006 und 2007 die heutige Parkregelung noch nicht gab. Ungeachtet dessen besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Tischen und Stühlen vor einer Gaststätte auf einem öffentlichen Parkplatz mit der Begründung, dies sei einem anderen Gastwirt in der näheren Umgebung erlaubt worden (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 16. Mai 2011 – Vf. 73-VI-10 –, GewArch 2011, 498; VG Neustadt, Urteil vom 11. September 2015 – 4 K 179/15.NW –, GewArch 2016, 81; Scheidler, GewArch 2012, 285, 287 f.).

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

35

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2, 63 Gerichtskostengesetz – GKG –. Wegen der Vorwegnahme der Hauptsache ist eine Halbierung des Streitwerts nicht angezeigt.

(1) Verboten ist

1.
der Betrieb von Lautsprechern,
2.
das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,
3.
außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,
wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Auch durch innerörtliche Werbung und Propaganda darf der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden.

(2) Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 bis 43 in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4) gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind unzulässig.

(3) Ausgenommen von den Verboten des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und des Absatzes 2 Satz 2 sind in der Hinweisbeschilderung für Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen und für Autohöfe die Hinweise auf Dienstleistungen, die unmittelbar den Belangen der am Verkehr Teilnehmenden auf den Bundesautobahnen dienen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2003 - 9 K 1354/02 - insoweit geändert, als auch der Gebührenbescheid der Beklagten vom 15. März 2001 aufgehoben worden ist. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten und ihren außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen tragen der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6. Ferner trägt der Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 im erstinstanzlichen Verfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine Gebührenforderung der Beklagten sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid einschließlich der darin festgesetzten Gebühr.
Der Kläger beabsichtigte, anlässlich des Landtagswahlkampfs in Baden-Württemberg am 16.03.2001 in der Zeit von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr Informationsmaterial an interessierte Bürger in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße der Beklagten zu verteilen, um im Rahmen der politischen Gruppierung „D. D. I.“ für kleine Parteien zu werben. Die zu verteilenden Handzettel sollten auf einem seitlich an der Häuserwand stehenden Tisch (Pult) mit einer Fläche von 90 cm x 45 cm ausgelegt werden. Am 13.03.2001 beantragte er „wie soeben telefonisch besprochen“ für „D. D. I.“ die Genehmigung zur Aufstellung eines Informationsstands von ca. 1 m² Größe. Mit Bescheid vom 15.03.2001 erteilte die Beklagte dem Kläger die jederzeit widerrufliche Erlaubnis, am 16.03.2001 während der Ladenöffnungszeiten in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße zwischen Kaufhof und Westliche 23 einen Informationsstand mit der Größe von maximal 1 m x 2 m zu errichten, wobei Sicht und Zugang zur Lammstraße nicht verdeckt werden dürfen; für die Erlaubnis wurde eine Gebühr in Höhe von 55,-- DM (= 28,12 EUR) festgesetzt.
Mit Telefax vom 16.03.2001 legte der Kläger Widerspruch ein und forderte die Annullierung der Gebühr: Er werde von der Erlaubnis keinen Gebrauch machen. Es sei weder üblich noch zulässig, für einen Informationsstand im Rahmen demokratischer Wahlen eine Gebühr festzusetzen. Kleine demokratische Gruppierungen würden dadurch gehindert, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, was gegen Art. 5 und 8 GG verstoße.
Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 05.07.2001 zurück, wobei es zur Begründung ausführte: Mit der Errichtung eines Informationsstandes werde im öffentlichen Verkehrsraum ein Hindernis i. S. des § 32 Abs. 1 StVO bereitet, so dass eine Erlaubnis nach § 46 StVO erforderlich sei. Zugleich werde der Gemeingebrauch überschritten, so dass auch eine Sondernutzung vorliege, für die jedoch neben der straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung keine Sondernutzungserlaubnis erforderlich sei. Die straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung sei gebührenpflichtig. Ein Ermessensspielraum bestehe nicht. Die festgesetzte Gebühr in Höhe von 55,-- DM bewege sich im unteren Bereich des vorgegebenen Rahmens von 20,-- DM bis 600,-- DM. Sie entspreche dem Verwaltungsaufwand und sei verhältnismäßig. Eine Gebührenbefreiung für Parteien oder politische Gruppierungen gebe es nicht. Dass der Kläger aus Protest gegen die Gebührenerhebung von der Ausnahmegenehmigung keinen Gebrauch gemacht habe, könne der Behörde nicht angelastet werden. Diese habe ihn nicht an der Ausübung seiner Grundrechte gehindert. Da die behördliche Entscheidung auf seinen Antrag hin ergangen sei, falle die Gebühr an, auch wenn er von der Genehmigung keinen Gebrauch gemacht habe. Die Widerspruchsgebühr wurde auf 240,-- DM (= 122,71 EUR) festgesetzt.
Am 02.08.2001 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben, mit der er zuletzt beantragt hat, den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 einschließlich des Gebührenbescheids aufzuheben. Er hat geltend gemacht: Mit Rücksicht auf Art. 5 Abs. 1 GG könne bei Informationsständen und sonstigen Vorrichtungen eine Sondernutzung nur angenommen werden, wenn im konkreten Einzelfall der Straßenverkehr behindert werde. Eine solche Störung sei hier gänzlich unwahrscheinlich gewesen; er habe den Tisch seitlich an der Häuserwand aufstellen wollen, so dass insbesondere die Flächen der Rettungswege in der Fußgängerzone nicht beeinträchtigt worden wären. Die Praxis der Beklagten, bei Wahlen keine Sondernutzungsgebühr zu verlangen, dürfe nicht durch die Erhebung einer Verwaltungsgebühr umgangen werden. Außerdem würden kleinere politische Gruppierungen und Parteien in ihrer Betätigung beeinträchtigt, was gegen Art. 21 GG verstoße. Bei seiner telefonischen Anfrage habe ihn die Beklagte nicht auf die anfallende Gebühr hingewiesen. In den benachbarten Städten Karlsruhe, Ettlingen, Bruchsal und Bretten werde bei Landtagswahlen weder eine Sondernutzungsgebühr noch eine Verwaltungsgebühr erhoben. Jedenfalls müsse eine Gebührenfreiheit aus Gründen des öffentlichen Interesses bejaht werden. Die erhobene Verwaltungsgebühr sei auch zu hoch, da der Beklagten durch die Amtshandlung keine zusätzlichen Kosten entstanden seien. Für kleine Parteien und Gruppierungen bedeute die Gebührenerhebung eine unverhältnismäßig hohe Belastung, da sie im Gegensatz zu den etablierten Parteien nicht über Geld verfügten. Die Widerspruchsgebühr belaste ihn zusätzlich; auch sie sei unverhältnismäßig hoch. Zudem habe über den Widerspruch nicht die zuständige Kommunalabteilung beim Regierungspräsidium entschieden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgebracht: Das Aufstellen eines Informationsstands in der Fußgängerzone sei nicht mehr Gemeingebrauch und auch verkehrsrechtlich genehmigungspflichtig, weil dadurch der Verkehr gefährdet oder zumindest erschwert werden könnte; der Nachweis einer konkreten Gefährdung oder Erschwerung sei nicht erforderlich. Im Bereich der Fußgängerzone habe die Stadt dafür zu sorgen, dass die Rettungswegeflächen und die Zugangsmöglichkeit zur Lammstraße sowie die Schaufensterflächen der Ladengeschäft frei blieben. Außerdem müsse der in den Vormittagsstunden gestattete Andienungsverkehr beachtet werden. Es sei Sache der Behörde, die widerstreitenden Interessen abzuwägen und zu bestimmen, wo ein Informationsstand ohne vermeidbare Behinderungen aufgestellt werden könne. Die erhobene Gebühr sei angesichts des Umfangs der entstandenen Aufwendungen für die Bearbeitung und Ausfertigung der Genehmigung gerechtfertigt. Da der Verwaltungsaufwand mit Erteilung der Genehmigung entstanden sei, könne von der Erhebung der Gebühr nicht deshalb abgesehen werden, weil der Kläger die Genehmigung nicht ausgenutzt habe. Die Chancengleichheit sei gewahrt, weil auch von anderen politischen Gruppierungen und Parteien für eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung Gebühren erhoben würden.
Die wegen der Widerspruchsgebühr zunächst gegen das Land Baden-Württemberg (Beklagter zu 2) erhobene Klage hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zurückgenommen und die Klage auch insoweit gegen die Beklagte gerichtet.
Mit Urteil vom 23.01.2003 hat das Verwaltungsgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Gebührenbescheid vom 15.03.2001 sei rechtswidrig. Zwar könne nach § 6a StVG i.V.m der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr und Nr. 264 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr grundsätzlich für eine Entscheidung über eine Ausnahme von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung eine Gebühr von 20,-- DM bis 600,-- DM erhoben werden. Mit dem Bescheid vom 15.03.2001 über die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO für das Aufstellen eines Informationsstandes in der Fußgängerzone liege auch eine Amtshandlung vor. Diese sei jedoch nicht - wie erforderlich - rechtmäßig gewesen. Denn das Vorhaben des Klägers falle nicht unter das Verbot des § 32 Abs. 1 StVO, Hindernisse (Gegenstände) auf die Straße zu bringen. Es sei nämlich keine erhebliche Gefährdung des Fußgängerverkehrs im Sinn dieser Vorschrift, die kein Verletzungs-, sondern ein Gefährdungsdelikt sei, zu befürchten gewesen. Ein Informationstisch mit einer Fläche von ca. 1 m², der zudem mangels Verankerung leicht weg geräumt werden könne, sei angesichts der gerichtsbekannten Breite bzw. Weite der Fußgängerzone im umstrittenen Bereich nicht geeignet, den Fußgängerverkehr zu gefährden oder zu erschweren. Der Einwand der Beklagten, es müsse gewährleistet sein, dass die Rettungswege, die Zufahrt zur Lammstraße und die Schaufenster der Ladengeschäfte frei blieben, was eine abwägende behördliche Entscheidung gebiete, greife nicht durch. Denn auch wenn das Aufstellen des Tisches nicht unter den Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO falle, bleibe es doch eine erlaubnispflichtige Sondernutzung und sei kein - auch kommunikativer - Gemeingebrauch mehr. Entfalle die Notwendigkeit einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung, so bleibe es dennoch bei der Sondernutzungserlaubnispflicht. Für die Beklagte bestehe damit die Möglichkeit, die angesprochenen Belange anderer Verkehrsteilnehmer, die abwägend miteinander in Einklang zu bringen seien, in dem Verfahren auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu berücksichtigen. Ob in diesem Fall für einen Informationstisch im Rahmen eines Wahlkampfs eine Sondernutzungsgebühr und/oder eine Verwaltungsgebühr erhoben werden könne bzw. müsse, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für eine solche Amtshandlung sei die umstrittene Gebühr nicht festgesetzt worden. Eine Umdeutung komme insoweit nicht in Betracht.
Gegen das am 12.02.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 20.10.2003 - 5 S 710/03 -, zugestellt am 06.11.2003, entsprochen hat. Mit am 08.12.2003 (einem Montag) eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2003 - 9 K 1354/02 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor: Die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung sei zu Recht auf die straßenverkehrsrechtliche Ermächtigungsgrundlage gestützt worden. Denn das Aufstellen des Informationsstandes sei ein Hindernis i. S. von § 32 Abs. 1 StVO gewesen, das geeignet gewesen sei, den Verkehr zu gefährden oder zu erschweren. Auf Grund der laufenden „heißen“ Wahlkampfphase habe ein erheblicher verkehrsrechtlicher Regelungsbedarf in der Fußgängerzone bestanden. Insbesondere sei sicherzustellen gewesen, dass die dort verlaufenden Rettungswege freigehalten würden. Darüber hinaus habe ein Abstimmungsbedarf mit einer Vielzahl von parallel gestellten Anträgen auf weitere Wahlkampfstände anderer politischer Parteien und Gruppierungen (u. a. Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP und SPD) bestanden, denen ebenfalls Ausnahmegenehmigungen erteilt worden seien. Ferner gebe es für Gewerbetreibende und Anwohner ca. 80 bis 100 Ausnahmegenehmigungen zum Befahren der Fußgängerzone sowie für das Jahr 2001 ca. 130 Einzelausnahmegenehmigungen und für Handwerksbetriebe 2747 Blankoausnahmegenehmigungen, die je nach Bedarf ausgefüllt werden könnten und dann jeweils einen Tag gültig seien. Dies zeige, dass im streitgegenständlichen Bereich der Fußgängerzone auch außerhalb der Lieferzeiten in nicht unerheblichem Umfang noch Fahrzeugverkehr stattfinde. Daher bestehe für das Aufstellen von Informationsständen im Wahlkampf ein erheblicher verkehrlicher Regelungsbedarf. Im Einzelnen seien dabei die in Betracht kommenden Standorte zu benennen und sei durch Auflagen sicherzustellen gewesen, dass bei Kollisionen von Standortwünschen die definierten Rettungswege sowie ausreichend Raum für Fußgänger frei blieben. Gerade die Kumulation von Informationsständen in Wahlkampfzeiten bringe diese Erfordernisse mit sich. Dies gelte auch für kleinere Stände von etwa 1 m² Größe, die in Verbindung mit der Ansammlung Interessierter dazu führten, dass in Teilen der Fußgängerzone die Räume so eingeengt würden, dass nicht jeder gewünschte Standort geeignet und zulässig sei. Selbst wenn sich die Stadt bei Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. § 32 Abs. 1 StVO auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt haben sollte, änderte dies nichts daran, dass diese Entscheidung mit Fristablauf bestandskräftig geworden sei; Nichtigkeitsgründe lägen nicht vor. Damit könne die Rechtmäßigkeit der erteilten Ausnahmegenehmigung nicht mehr in Frage gestellt werden. Ein aus den Grundrechten abzuleitender Rechtsanspruch auf Befreiung von Verwaltungsgebühren bestehe auch dann nicht, wenn politischen Parteien Sondernutzungserlaubnisse im Zusammenhang mit Wahlkämpfen erteilt würden. Im Falle ihrer Rechtswidrigkeit sei die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung in eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis umzudeuten. Die angefochtene Gebührenentscheidung wäre dann eine Verwaltungsgebühr nach § 16 Abs. 1 StrG i.V.m. § 8 KAG und der städtischen Verwaltungsgebührensatzung. Die Voraussetzungen des § 47 LVwVfG für eine Umdeutung lägen vor. In die umstrittene Verwaltungsgebühr seien keine fiskalischen Interessen der Stadt eingeflossen, sondern lediglich der im Genehmigungsverfahren angefallene Personal-, Material-, Raum- und Technikaufwand, ferner der Verwaltungsaufwand für die Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Zeit des Wahlkampfs (Übersichtsplan und Belegungsplan) und für die Sicherstellung der Kontrolle. Über Anträge für mehrere Standorte und mehrere Tage könne ohne großen zusätzlichen Zeitaufwand entschieden werden. Die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe als Widerspruchsbehörde folge daraus, dass die Gebührenerhebung nicht auf einer städtischen Satzung, sondern auf Bundesrecht beruhe und die Stadt auch insoweit die Aufgabe einer unteren Verwaltungsbehörde wahrgenommen habe. Die Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM schöpfe deutlich weniger als die Hälfte des nach Nr. 400 i.V.m. Nr. 264 des Gebührentarifs eröffneten Rahmens aus.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er erwidert: Die beabsichtigte Inanspruchnahme der Fußgängerzone habe allenfalls eine erlaubnispflichtige straßenrechtliche Sondernutzung dargestellt, für die nur bei tatsächlicher Ausübung eine Sondernutzungsgebühr hätte verlangt werden können. Dies könne die Beklagte nicht dadurch umgehen, dass sie eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung mit Gebühr erteile. Zudem wäre bei einer Sondernutzungsgebühr eine Befreiung nach § 8 oder eine Rückerstattung nach § 9 der einschlägigen Satzung der Beklagten in Betracht gekommen. Die erteilte verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung sei nicht in Bestandskraft erwachsen, da sie nichtig sei. Für das Aufstellen des Tisches mit einer Größe von ca. 1 m² habe es keiner verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung bedurft, da am konkreten Aufstellort weder der Pas-santenverkehr noch Rettungswege hätten beeinträchtigt werden können. Im Übrigen hätte der Stand innerhalb von Sekunden zusammengeklappt werden können. Die von der Beklagten angeführten Berufungsfälle hinsichtlich der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für andere politische Gruppierungen und Parteien bezögen sich auf andere Aufstellorte. Die erhobene Gebühr diene nicht dem Ausgleich des verursachten Verwaltungsaufwands, der bereits durch anderweitige gemeindliche Einnahmen gedeckt sei, sondern allein der aufwandsunabhängigen Einnahmenerzielung. Auch das Äquivalenzprinzip sei verletzt; die Gebühr stehe in einem Missverhältnis zum Wert der erbrachten Gegenleistung, die sich auf eine Auskunft beschränke. Da er sein Vorhaben (wegen der Gebührenforderung) nicht realisiert, er also das gemeindliche Angebot nicht angenommen habe, könnten auch keine Kosten angefallen sein. Auf die Erhebung einer Gebühr habe ihn die Beklagte bei seiner Anfrage nicht hingewiesen. Anlässlich des Landtagswahlkampfs 2001 seien in den umliegenden Städten Karlsruhe, Ettlingen, Bruchsal und Bretten für das Aufstellen von Tischen weder Sondernutzungsgebühren noch Verwaltungsgebühren erhoben worden. Dadurch habe eine Selbstbindung aller Verwaltungen im Land bestanden. Dies gelte vor allem gegenüber kleineren Parteien und Gruppierungen, die bei ihrem Aufbau kein Geld hätten. Deren Recht auf Meinungsfreiheit erfasse auch die Werbung auf öffentlichem Straßengrund. An dessen Inanspruchnahme bestehe kein wirtschaftliches, sondern nur ein ideelles Interesse. Eine Umdeutung nach § 47 LVwVfG komme nicht in Betracht. In der der SPD erteilten Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001 sei eine Vielzahl von Aufstellorten für Informationsstände zugewiesen, aber - wie von ihm für das einmalige Aufstellen eines Informationsstandes - ebenfalls nur eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,-- DM verlangt worden. Mit einer solchen Gebührenpraxis würden er und andere kleine Parteien oder Gruppierungen massiv benachteiligt. Die Art der Erteilung der Ausnahmegenehmigung an die großen Parteien widerlege die Behauptung der Beklagten, in jedem Fall eine konkrete Prüfung des Rettungswegeplans durchgeführt zu haben. Die Mehrzahl der Kommunen habe im Landtagswahlkampf 2001 für Wahlwerbung weder Sondernutzungsgebühren noch Verwaltungsgebühren erhoben. An der Unzuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Erlass des Widerspruchsbescheids, dessen Gebühr ebenfalls unverhältnismäßig hoch sei, werde festgehalten.
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Dem Senat liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die nach Zulassung durch Senatsbeschluss vom 20.10.2003 - 5 S 710/03 - statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht begründete Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte deren Gebührenbescheid vom 15.03.2001 mangels Rechtsverletzung des Klägers nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht aufheben dürfen (I.). Demgegenüber ist die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 - einschließlich der darin festgesetzten Widerspruchsgebühr - im Ergebnis zu Recht erfolgt (II.).
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I. Rechtsgrundlage für den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001
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ist § 6a Abs. 1 Nr. 1a StVG. Danach werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen nach diesem Gesetz oder nach den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. Gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 StVG wird das Bundesministerium für Verkehr ermächtigt, die Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen. Nach § 1 Abs. 1 der auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - vom 26.06.1970 (BGBl. I S. 865, berichtigt S. 1298) in der - hier maßgeblichen - Fassung vom 20.07.2000 (BGBl. I S. 1090) werden für Amtshandlungen u. a. i. S. des § 6a StVG Gebühren nach dieser Verordnung erhoben (Satz 1); die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze ergeben sich aus dem als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebTSt - (Satz 2). Nach Nr. 264 des Gebührentarifs beträgt die Gebühr für eine „Entscheidung über eine Ausnahme von einer Vorschrift der StVO je Ausnahmetatbestand und je Fahrzeug/Person“ 20,-- DM bis 600,-- DM (nunmehr 10,20 EUR bis 767,-- EUR). Ergänzt werden diese materiellen Gebührenvorschriften durch das Verwaltungskostengesetz (VwKostG), das allgemeine und formale kostenrechtliche Fragen regelt. Für den Vollzug von Bundesgesetzen - wie hier des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung - kann der Bund auch die Erhebung von Verwaltungskosten regeln. Macht der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, sind die Länder am Erlass eigener Gebührenregelungen gehindert (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 5.99 - NVwZ-RR 2000, 533). Bundesrecht verdrängt insoweit Landesrecht. Eine bundesrechtliche Gebührenregelung in diesem Sinne ist die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG gilt dieses Gesetz für Kosten (Gebühren und Auslagen) öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, wenn sie Bundesrecht ausführen. Während die Regelungen im 2. Abschnitt des Verwaltungskostengesetzes (§§ 2 bis 7) sich an den Verordnungsgeber richten, haben die Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 8 bis 22) unmittelbare Geltung.
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Auf die genannten Regelungen gestützt hat die Beklagte für die dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom 15.03.2001 erteilte Erlaubnis (Ausnahmegenehmigung), am 16.03.2001 in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße zwischen Kaufhof und Westliche 23 während der Ladenöffnungszeiten einen Informationsstand in der Größe von maximal 1 m x 2 m zu errichten, eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,-- DM festgesetzt. Das ist nicht zu beanstanden.
21 
Es liegt eine Amtshandlung im Sinne der genannten gebührenrechtlichen Regelungen vor, da dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 15.03.2001 gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot des § 32 Abs. 1 StVO erteilt wurde, Hindernisse auf die Straße zu bringen; damit sind Gegenstände gemeint, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 08.02.1991 - 10 S 2674/90 - (VBlBW 1991, 303) hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass eine Verwaltungsgebühr nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur für rechtmäßiges Verwaltungshandeln erhoben werden könne, dass die hier zugrunde liegende Ausnahmegenehmigung vom 15.03.2001, die sich durch Zeitablauf erledigt habe, jedoch rechtswidrig gewesen sei, weil mit der Errichtung des Informationsstandes an der vorgesehenen Stelle in der Fußgängerzone der Beklagten der Gefährdungstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO nicht erfüllt sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
22 
Eine „Akzessorietät“ zwischen der Amtshandlung (Sachentscheidung) und der ihr gegenüber eigenständigen Festsetzung einer Verwaltungsgebühr ist materiell-rechtlich nur insoweit gegeben, als Voraussetzung für eine Gebührenfestsetzung die Vornahme einer gebührenpflichtigen Amtshandlung ist, die wirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.04.2004 - 2 S 340/04 - VBlBW 2004, 352). Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 15.03.2001 dem Kläger die beantragte Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO erteilt. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger ihr nur das Gewicht einer Auskunft beimessen will und von ihr - wegen der Höhe der festgesetzten und von ihm als unzulässig empfundenen Gebühr - keinen Gebrauch gemacht hat. Unerheblich ist ferner, dass der Kläger den Antrag auf „Aufstellung eines Informationsstands“ erst nach vorheriger telefonischer Anfrage bei der Beklagten („wie soeben besprochen“) gestellt hat und dabei nicht auf eine Gebührenpflicht hingewiesen wurde. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der Kläger die Ausnahmegenehmigung antragsgemäß erhalten hat und damit eine - von ihm veranlasste - Amtshandlung vorliegt. Gründe für deren Nichtigkeit sind nicht ersichtlich.
23 
Selbst wenn man als Voraussetzung für die Erhebung einer Verwaltungsgebühr auch die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Amtshandlung verlangen wollte, führt dies nicht zum Erfolg der Klage. Insoweit stünde einer Überprüfung allerdings nicht schon die - eine Bindungs- bzw. Legalisierungswirkung auslösende - Bestandskraft der in Rede stehenden Amtshandlung entgegen. Auch wenn man insoweit die Möglichkeit einer (isolierten) Anfechtung unter dem Aspekt für zulässig hielte, dass die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung konkludent auch die vorgelagerte Feststellung ihrer Erforderlichkeit mit Blick auf den Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO enthalten habe, hätte sich die Ausnahmegenehmigung mit Ablauf des 16.03.2001 - nur für diesen Tag hat die Beklagte das Aufstellen des Informationsstandes erlaubt - und damit vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so dass eine Aufhebung dieser Amtshandlung - womit das „Substrat“ für die festgesetzte Verwaltungsgebühr entfallen wäre - nicht mehr in Betracht gekommen ist. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Amtshandlung stellt sich nur (und erstmals) im Zusammenhang der beanstandeten Verwaltungsgebühr, so dass der Kläger Einwendungen gegen die erteilte Ausnahmegenehmigung mit Blick auf den zugrunde liegenden Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO erstmals im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen die für die (erledigte) Amtshandlung festgesetzte Verwaltungsgebühr erheben kann (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 - ESVGH 36, 217).
24 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts unterfiel die vom Kläger geplante Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten der Vorschrift des § 32 Abs. 1 StVO, wonach es verboten ist, Gegen-stände auf die Straße zu bringen (oder dort liegen zu lassen), wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann, so dass der Kläger einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO bedurfte. Diese straßenverkehrsrechtliche Regelung kommt vorliegend - im Verhältnis zum Straßenrecht - zum Zuge.
25 
Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbständige Rechtsmaterien (vgl. BVerfGE 40, 371 und 67, 299) mit unterschiedlichen Regelungszwecken. Mit dem Straßenverkehrsrecht, das nach Art. 74 Nr. 22 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ist, soll die Teilnahme am Straßenverkehr, vor allem aber dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden. Es dient als „sachlich begrenztes Ordnungsrecht“ der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Aufgabe des zur originären Gesetzgebungskompetenz der Länder gehörenden Straßen- und Wegerechts ist es hingegen, die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen und ihre Bereitstellung für den Verkehr durch Widmung zu regeln. Das Straßenrecht befasst sich daher vor allem mit der Entstehung, der Ein- und Umstufung öffentlicher Straßen und der Abgrenzung von Gemeingebrauch zur Sondernutzung. Beide Rechtsmaterien stehen allerdings in einem sachlichen Zusammenhang. Zum einen setzt das Straßenverkehrsrecht, insbesondere durch das Erfordernis der straßenrechtlichen Widmung, das Straßenrecht voraus (sogenannter Vorbehalt des Straßenrechts). Zum anderen wird der durch die Widmung eröffnete Gemeingebrauch wesentlich vom Straßenverkehrsrecht „mitbestimmt“. Dem wird in § 13 Abs. 1 StrG ausdrücklich dadurch Rechnung getragen, dass der Gemeingebrauch „im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften“ eröffnet wird. Hieraus folgt, dass ein Verkehrsvorgang, der im Rahmen der Verkehrsvorschriften liegt, sich gleichzeitig innerhalb des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs bewegt (sogenannter Vorrang des Straßenverkehrsrechts). Der Bund hat von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht insbesondere im Straßenverkehrsgesetz und zu dessen Ausführung u. a. in der Straßenverkehrsordnung weitgehend abschließend Gebrauch gemacht (vgl. BVerfGE 32, 319). Das gilt auch in Bezug auf das in § 32 Abs. 1 StVO enthaltene Verbot, für das - der Zielrichtung des Straßenverkehrsrechts entsprechend - tatbestandliche Voraussetzung ist, dass durch die umschriebene Handlung des Einbringens von Gegenständen „der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann“. Die Abgrenzung der beiden Rechtsgebiete ist also danach vorzunehmen, ob es (im Schwerpunkt) um die Abwehr von Gefahren für den Straßenverkehr geht oder ob einer Überschreitung des Gemeingebrauchs (Sondernutzung) begegnet werden soll.
26 
Bei der vom Kläger im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 geplanten Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten war - im Verbund mit einer Vielzahl anderer gleichartiger Vorhaben - primär der verkehrsrechtliche Aspekt berührt, so dass das Straßenverkehrsrecht als Regelungsmaterie eingreift, das zur Legalisierung der in Rede stehenden Nutzung der Verkehrsfläche die Erteilung einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung vorsieht, und nicht das Straßenrecht mit dem Legalisierungsmittel der Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG. Verstärkt wird diese verkehrsrechtliche Sicht durch die damit zusammenhängende Genehmigung, zum Zwecke des Auf- und Abbaus des Informationsstands mit einem Fahrzeug in die Fußgängerzone einfahren und dort halten zu dürfen, um das Fahrzeug zu beladen und zu entladen. Zum (Rang-)Verhältnis der beiden Gestattungsmöglichkeiten bestimmt § 16 Abs. 6 Satz 1 StrG, dass es keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf, wenn nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist (Satz 1); vor ihrer Entscheidung hat die hierfür zuständige Behörde die sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde zu hören (Satz 2); die von dieser geforderten Bedingungen, Auflagen und Sondernutzungsgebühren sind dem Antragsteller in der Genehmigung aufzuerlegen, soweit Träger der Straßenbaulast eine Gemeinde oder ein Landkreis ist (Satz 3). Auf diese Weise werden die spezifisch straßenrechtlichen Aspekte in die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung, die im Außenverhältnis gegenüber dem Bürger allein ergeht, eingebracht.
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Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 StVO, bei dem es sich - wie bereits erwähnt - um ein Gefährdungs-, nicht um ein Verletzungsdelikt handelt, sind gegeben. Das Verwaltungsgericht geht insoweit zu Recht davon aus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift schon erfüllt ist, wenn der Verkehr durch den eingebrachten Gegenstand nicht unerheblich gefährdet oder erschwert werden kann (vgl. auch Senatsbeschl. v. 14.10.1996 - 5 S 1775/96 - NVwZ-RR 1997, 679 = VBlBW 1997, 1029). Eine Gefährdung muss möglich und darf nicht ganz unwahrscheinlich sein. Als möglicherweise betroffener Verkehr i. S. des § 32 Abs. 1 StVO kommt hier (nur) der - allein widmungsgemäße - Fußgängerverkehr in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße der Beklagten in Betracht. Zu fragen ist, ob der hier eröffnete Fußgängerverkehr durch die Aufstellung eines Informationsstandes mit einer Größe von ca. 1 m² (so der maßgebliche Antrag des Klägers vom 13.03.2001) am vorgesehenen Standort (vor der Westecke des „Kaufhofs“) gefährdet oder erschwert werden kann. Dies hat das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die (gerichtsbekannte) Breite/Weite der Fußgängerzone im Bereich Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie im Hinblick auf die Größe des Tisches (1 m²), der zudem nicht fest verankert sei und deshalb leicht weggeräumt werden könne, verneint, wobei es angenommen hat, dass auf dem Tisch nur die zu verteilenden Flugblätter abgelegt werden sollten. Demgegenüber verweist die Beklagte jedoch zu Recht auf den gerade während der „heißen“ Wahlkampfphase - Wahltermin war der 25.03.2001 - erheblichen Regelungsbedarf für das Aufstellen von Informationsständen in der Fußgängerzone. Es war sicherzustellen, dass die dort verlaufenden Rettungswege freigehalten werden. Zudem war eine Abstimmung erforderlich mit einer Vielzahl von Anträgen anderer politischer Parteien und Gruppierungen auf weitere Wahlkampf- bzw. Informationsstände; so sind im betreffenden Zeitraum Ausnahmegenehmigungen auch für die sogenannten etablierten Parteien erteilt worden; hierzu hat die Beklagte beispielhaft die der SPD erteilte Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001 vorgelegt. Dabei waren im Einzelnen die Standorte zu benennen und es war sicherzustellen, dass bei Kollisionen von Standortwünschen die definierten Rettungswege sowie ausreichend Raum für die Fußgänger frei geblieben sind. Insoweit können auch kleinere Stände mit einer Größe von lediglich ca. 1 m² - wie der vom Kläger zur Aufstellung vorgesehene - in Verbindung mit weiteren Wahlkampfständen und den um diese Stände sich versammelnden Personen dazu beitragen, dass in Teilbereichen der Fußgängerzone die Räume so eingeengt werden, dass nicht jeder gewünschte Standort als verkehrlich „verträglich“ zugelassen werden kann. So heißt es in der der SPD erteilten Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001, dass bei der Aufstellung von Informationsständen auf Gehwegen eine Durchgangsbreite von mindestens 1,50 m freizuhalten ist. Ferner ist in der Fußgängerzone auch Kfz-Verkehr zugelassen, einmal der Lieferverkehr bis 10.30 Uhr, zum anderen Verkehr auf Grund zahlreicher Ausnahmegenehmigungen für Handwerker, Anlieger und Personenbeförderungsunternehmen. Somit können Fußgänger je nach Verkehrsaufkommen durchaus gezwungen sein, Randbereiche der Fußgängerzone - wie etwa Schaufensterbereiche - zu nutzen. Jedenfalls in einer solchen Situation, in der während eines bestimmten Zeitraums („heiße“ Wahlkampfphase) in einer Fußgängerzone, die ihrerseits schon mit anderweitigem, ausnahmsweise zugelassenen Fahrzeugverkehr belastet ist, eine Vielzahl von Informationsständen aufgestellt werden soll, kann zur Frage einer Gefährdung des (Fußgänger-)Verkehrs nicht nur auf den einzelnen Informationsstand und dessen Größe im Verhältnis zur Breite der Fußgängerzone abgestellt werden. Vielmehr führt die Vielzahl der geplanten Informationsstände zu einem Gefährdungspotential i. S. des § 32 Abs. 1 StVO, das seinerseits einen Regelungsbedarf durch koordinierte Ausnahmegenehmigungen auslöst.
28 
Die Erhebung der umstrittenen Verwaltungsgebühr ist ferner nicht schon deshalb grundsätzlich unzulässig, weil - wie der Kläger (insbesondere schon mit dem Widerspruch) geltend macht - das Aufstellen des Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten im Rahmen (der „heißen“ Phase) des Landtagswahlkampfes 2001 vorgesehen gewesen sei und durch die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr gerade kleinere demokratische Gruppierungen unter Verstoß gegen Art. 5 und 8 GG gehindert würden, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Insoweit ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.06.1978 - 7 C 5.78 - BVerwGE 56, 63 = NJW 1978, 1933), dass die Erhebung von Sondernutzungsgebühren und Verwaltungsgebühren für das Aufstellen eines Informationsstandes oder für das Anbringen von Plakatträgern im innerstädtischen Gehwegraum von Bundesstraßen und Gemeindestraßen zum Zwecke parteipolitischer Werbung nicht gegen Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Art. 5, 8 und 21 GG verstößt.
29 
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass er in zahlreichen anderen Städten, in denen er im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 ebenfalls einen Informationsstand aufgestellt habe, nicht zu einer Verwaltungsgebühr für die jeweilige behördliche Gestattung herangezogen worden sei. Diese „Gebührenpraxis“ anderer Hoheitsträger entfaltet keine Bindungswirkung für die Beklagte, die den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur innerhalb ihres eigenen Verwaltungshandelns beachten muss. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang ferner der Einwand des Klägers, die Beklagte habe ihn bei seiner Anfrage nicht auf die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für eine Ausnahmegenehmigung hingewiesen.
30 
Der Kläger ist Kostenschuldner i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt, § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, da er die auf §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO gestützte Ausnahmegenehmigung durch seinen Antrag vom 13.03.2001 veranlasst hat. Er (bzw. „D. D. I.“) gehört auch nicht zu den Personen und Institutionen, für die gemäß § 5 Abs. 1 GebOSt, § 8 Abs. 1 VwKostG persönliche Gebührenfreiheit besteht.
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Auch die Höhe der festgesetzten Verwaltungsgebühr unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
32 
Für eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO sieht Nr. 264 GebTSt - in der damals gültigen Fassung - einen Gebührenrahmen von 20,-- DM bis 600,-- DM vor. Nach § 9 VwKostG sind, wenn Rahmensätze für Gebühren vorgesehen sind, bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen - erstens - der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden, und - zweitens - die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie dessen wirtschaftliche Verhältnisse. Bemessungskriterien sind danach das Kostenüberdeckungsverbot und das Äquivalenzprinzip. Letzteres verlangt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der Amtshandlung für deren Empfänger bestehen muss; insoweit genügt, dass die Gebühr an dem typischen Nutzen, den die Amtshandlung erbringt, ausgerichtet ist. Demgegenüber ist es nach dem Kostenüberdeckungsverbot nicht gestattet, Verwaltungsgebühren zur Erzielung von Überschüssen zu erheben; ein Verstoß hiergegen liegt allerdings erst dann vor, wenn die Gesamtheit der Gebühren für besondere Leistungen bestimmter Art die Gesamtheit der Aufwendungen für diese besonderen Leistungen übersteigt (vgl. Schlabach, Verwaltungskostenrecht, RdNrn. 2 ff. zu § 9 VwKostG sowie RdNr. 6 ff. § 3 VwKostG, jeweils m.w.N.). Beim Ansatz einer Gebühr innerhalb eines Gebührenrahmens steht der Behörde für die Festlegung der konkreten Höhe ein Ermessensspielraum zu (zur vergleichbaren Regelung des § 8 LGebG vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Schlabach, a.a.O., RdNr. 9 zu § 8 LGebG m.w.N.). Die Beklagte hat plausibel darauf hingewiesen und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, dass in die Gebühr (nur) eingeflossen seien der Personal-, Material-, Raum- und Technikaufwand für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids, ferner der Aufwand für die Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Aufstellung von Informationsständen während des Landtagswahlkampfes, bestehend aus einem Übersichtsplan für die in Betracht kommenden Standortalternativen und einem (Tages-)Belegungsplan, wobei die Erkenntnisse und Ergebnisse aus vergangenen Wahlkämpfen Eingang gefunden hätten, sowie der Aufwand für die Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst, der durch den zuständigen Vorgesetzten in seine Aufgabe der Überwachung anhand des Konzepts und der erteilten Genehmigung eingewiesen werde; die Kontrolle vor Ort selbst hat die Beklagte dagegen nicht in die Kalkulation des Verwaltungsaufwands einbezogen. Mit Blick auf das Kostenüberdeckungsverbot wendet der Kläger nur pauschal und damit in unbeachtlicher Weise ein, dass die Gebühr nicht dem Ausgleich des verursachten Verwaltungsaufwands, der bereits durch anderweitige gemeindliche Einnahmen gedeckt sei, sondern allein der aufwandsunabhängigen Einnahmenerzielung gedient habe. Mit einer Höhe von 55,-- DM bewegt sich die umstrittene Verwaltungsgebühr, welche der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung als „Sockelbetrag“ bezeichnet hat, im untersten Bereich des eröffneten Gebührenrahmens. Den (ideellen) Wert bzw. Nutzen der Ausnahmegenehmigung für den Kläger hat die Beklagte dagegen - wie auch in den anderen Fällen - nicht in die Bemessung der Gebühr einbezogen. Unabhängig davon sieht der Kläger einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gleichwohl darin, dass die erteilte Ausnahmegenehmigung für ihn nur den Wert einer Auskunft gehabt und er sie auch gar nicht in Anspruch genommen habe; beide Einwände sind im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
33 
Die Beklagte hat mit der umstrittenen Gebührenforderung auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat. Dieser verbietet es, wesentlich Gleiches willkürlich und ohne sachlichen Grund ungleich sowie wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.03.1995 - 2 S 1595/93 - NVwZ 1995, 1029). In diesem Zusammenhang wendet der Kläger ein, dass die Beklagte für die ihm erteilte Ausnahmegenehmigung zum Aufstellen eines einzigen Informationsstandes mit einer Größe von 1 m² an einem einzigen Tag (nur am 16.03.2001) mit 55,-- DM die gleiche Verwaltungsgebühr verlangt habe wie - beispielsweise - von der SPD, der mit Bescheid vom 31.01.2001 ohne Beschränkung auf einen einzigen Tag die Ausnahmegenehmigung zur Errichtung von Informationsständen mit einer Größe von maximal 2 m x 2 m an insgesamt 13 Standorten (davon 8 in der Fußgängerzone) erteilt worden sei. Hierzu hat die Beklagte plausibel dargelegt, dass sich auf der Grundlage des erstellten Gesamtkonzepts (Übersichtsplan und Belegungsplan) der Zeitaufwand für die Bearbeitung eines Antrags zur Aufstellung von Informationsständen an verschiedenen Standorten und an mehreren Tagen nur geringfügig und damit in vernachlässigbarer Weise erhöhe. Der Verwaltungsaufwand fiel - wie bereits dargelegt - primär für die Ausarbeitung des Konzepts, für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids sowie für das Verfahren zur Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst an. Der Aufwand für die Kontrolle vor Ort, der bei mehreren Standorten und/oder an mehreren Tagen in entsprechend erhöhtem Umfang anfällt, wurde nicht einbezogen. Auch vom Kläger wäre nur der „Sockelbetrag“ in Höhe von 55,-- DM erhoben worden, wenn er - für die von ihm vertretene Gruppierung - die Genehmigung zum Aufstellen von Informationsständen an verschiedenen Standorten und/oder an mehreren Tagen beantragt hätte. Dass ihn die Entrichtung der (einheitlich) festgesetzten, am Verwaltungsaufwand orientierten Gebühr härter treffe als eine größere Gruppierung oder eine etablierte Partei, kann der Kläger gegen die Gebührenforderung nicht einwenden.
34 
II. Den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001, einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn das Regierungspräsidium war zur Entscheidung über den Widerspruch nicht zuständig.
35 
1. Der Kläger hat im Verfahren gegen die Beklagte (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), die den angefochtenen Gebührenbescheid vom 15.03.2001 erlassen hat, neben diesem Ausgangsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zulässigerweise auch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 zum selbständigen Anfechtungsgegenstand gemacht (vgl. hierzu BVerwG, Urt. 25.08.1982 - 8 C 50.80 - Buchholz 310 § 79 VwGO Nr. 18 sowie Senatsurt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 - NVwZ-RR 1996, 61 = DVBl. 1996, 65). Der Kläger hat eigenständig - wenn auch Anfangs mit unzutreffenden Erwägungen - die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums zur Entscheidung über den von ihm gegen den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001 eingelegten Widerspruch und damit die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift (§ 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO) gerügt und sich vor allem gesondert auch gegen die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM zur Wehr gesetzt (zu diesem Aspekt vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Beschluss vom 28.01.1991 - 2 S 2384/90 - VBlBW 1991, 344).
36 
2. Das Regierungspräsidium Karlsruhe war zur Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Gebührenbescheid der Beklagen vom 15.03.2001 nicht zuständig.
37 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO entscheidet über den Widerspruch die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt ist. Allerdings entscheidet in Selbstverwaltungsangelegenheiten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO die Selbstverwaltungsbehörde, vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung. Die Beklagte hält die erstgenannte Regelung für einschlägig, da sie bei der Erteilung der verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO als - Bundesrecht ausführende - untere Verwaltungsbehörde gehandelt habe (§ 44 Abs. 1 StVO, § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVG), was auch die Erhebung der Verwaltungsgebühr erfasse, die (demnach) nicht auf einer kommunalen Satzung beruhe; eine - wie erforderlich - einheitliche Gebührenerhebungspraxis sei auch nur gewährleistet, wenn insoweit der staatlichen Aufsichtsbehörde die Möglichkeit der Überprüfung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens eröffnet sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr handelt es sich (auch) bei der Gebührenerhebung für eine Amtshandlung, welche die Beklagte (Stadtkreis) - wie vorliegend - als untere staatliche Verwaltungsbehörde vorgenommen hat, um eine Selbstverwaltungsangelegenheit i. S. des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO (so auch Hess. VGH, Urt. v. 15.12.1966 - OS V 50/66 - ESVGH 17, 235 sowie Dolde, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 14 zu § 73, Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., RdNr. 2 zu § 73 u. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 10. Aufl., § 37 RdNr. 14).
38 
Ausgangspunkt für diese rechtliche Einordnung ist die Eigenständigkeit der Gebührenfestsetzung gegenüber der zugrunde liegenden Amtshandlung, vorbehaltlich der unter I. erörterten „Akzessorietät“ zur Sachentscheidung im Hinblick auf deren Wirksamkeit (bzw. Rechtmäßigkeit). Im vorliegenden Zusammenhang kommt es darauf an, ob das materielle Recht zugunsten der Beklagten einen eingriffsgeschützten Anspruch auf die erhobene Verwaltungsgebühr begründet. Das ist nach Auffassung des Senats der Fall. Der Anspruch der Beklagten auf die nach den genannten gebührenrechtlichen Tatbeständen erhobene Verwaltungsgebühr folgt aus § 3 Abs. 1 GebOSt, § 12 VwKostG, wonach Kostengläubiger der Rechtsträger ist, dessen Stelle (Behörde) die kostenpflichtige Amtshandlung vornimmt. Das ist hier die Beklagte als Gemeinde (Stadtkreis), für deren Verwaltungstätigkeit die umstrittene Gebühr erhoben worden ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG). Wie bereits dargelegt, wird damit der Verwaltungsaufwand abgedeckt, welcher der Beklagten in personeller und sachlicher Hinsicht aus Anlass der vom Kläger beantragten Amtshandlung entstanden ist. Auch soweit die Beklagte dabei die Funktion einer unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrgenommen hat, obliegt es allein ihrer Personal- und Organisationshoheit, die dafür notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen. Bei den Verwaltungsgebühren handelt es sich auch um eine wesentliche Einnahmequelle der Beklagten für ihren kommunalen Haushalt. Dass ihr (auch) die Einnahmen zufließen, die aus der Gebührenerhebung für Amtshandlungen im staatlichen (übertragenen) Verwaltungsbereich resultieren, hat die Beklagte selbst eingeräumt (vgl. Schrifts. v. 15.02.2005). Die etwaige Herabsetzung oder vollständige Aufhebung einer Gebührenforderung bedeutete für die Beklagte einen unmittelbaren Einnahmeausfall und berührt damit unmittelbar ihre Finanzhoheit (Abgabenhoheit) als Bestandteil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.01.2001 - 8 B 258.00 - NVwZ-RR 2001, 326 = DVBl. 2001, 918). Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung selbst auf den in § 78 GemO verankerten Grundsatz der Einnahmebeschaffung hingewiesen, wozu nach Abs. 1 der Regelung auch die Erhebung von Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften gehört. Dass Rechtsgrundlage für die vorliegend festgesetzte Verwaltungsgebühr nicht das Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit der Gebührensatzung der Beklagten, sondern die genannte bundesrechtliche Regelung ist, steht der vorgenommenen Zuordnung der Gebühr zum Selbstverwaltungsbereich der Beklagten nicht entgegen. Die - verfahrensrechtlich unbefriedigende - Konsequenz einer Aufsplitterung der Zuständigkeit für den Widerspruch gegen die Amtshandlung einerseits und gegen die festgesetzte Verwaltungsgebühr andererseits ist als Folge der materiellen Rechtslage hinzunehmen, kann jedoch verwaltungstechnisch gemildert bzw. bewältigt werden durch ein Zuwarten der Selbstverwaltungsbehörde mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen die Gebührenforderung, bis die nächsthöhere Behörde über den Widerspruch gegen die zugrunde liegende Amtshandlung entschieden hat (vgl. auch Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., RdNr. 14).
39 
Das Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 (GBl. S. 895) steht der dargestellten Sichtweise des Senats nicht entgegen. § 4 Abs. 3 LGebG - i. d. F. von Art. 1 des Neuregelungsgesetzes - bestimmt, dass die Landratsämter, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden für ihren Bereich, sofern sie Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde im Sinne des Landesverwaltungsgesetzes oder Aufgaben der unteren Baurechtsbehörde im Sinne der Landesbauordnung wahrnehmen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festsetzen; die Landratsämter treffen die Festsetzungen durch Rechtsverordnung, die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften durch Satzung (S. 1); für die Festsetzung und Erhebung der Gebühren und Auslagen gilt für die Landratsämter dieses Gesetz, für die Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden das Kommunalabgabengesetz (S. 3). Nach der Begründung (LT-Drucks. 13/3477 S. 24) setzen die sachnäheren Behörden wie Landratsämter, Stadtkreise, Große Kreisstädte, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden erstmals - in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit - die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Gebührensätze sowie Gebührenerleichterungen fest (obligatorische dezentrale Gebührenfestsetzung). Das Gesetz gilt jedoch nicht für die Erhebung und Festsetzung von Gebühren, die - wie vorliegend - bundesgesetzlich geregelt sind (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 37). Begründet wird die obligatorische dezentrale Festsetzung der Gebührentatbestände wie auch der Höhe mit dem Bedürfnis nach Verwaltungsvereinfachung durch Aufgabenverlagerung sowie mit der Notwendigkeit, der Vielgestaltigkeit des Gebührenrechts angemessen Rechnung zu tragen; Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften bemessen die Höhe der Gebühr aus Vereinfachungsgründen nach dem Kommunalabgabengesetz, sie wenden damit nur noch ein Gebührenrecht an; dass danach zur Umsetzung der Dezentralisierung der Gebührenfestsetzung zusätzliche - in der Regel auf ihren kommunalen Wirkungskreis begrenzte - Regelungen erforderlich sind, wird in Kauf genommen; mit der Aufgabenverlagerung wird - neben der Stärkung der Kommunen - auch eine Verwaltungsvereinfachung angestrebt, da künftig die sachnähere Behörde die Gebühren selbst festsetzen kann (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 28 f. u. S. 43). Dass mit der Einführung der obligatorischen dezentralen Gebührenfestsetzung erstmals auch eine materielle Neuzuweisung dieser Verwaltungsgebühren zum kommunalen Selbstverwaltungsbereich bewirkt worden wäre, lässt sich der Neuregelung nicht entnehmen.
40 
Mangels Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheids selbst war das Regierungspräsidium Karlsruhe auch nicht zuständig für die Festsetzung der Verwaltungsgebühr (Widerspruchsgebühr) in Höhe von 240,-- DM als einer eigenständigen, den Kläger belastenden Gebührenforderung.
41 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
17 
Die nach Zulassung durch Senatsbeschluss vom 20.10.2003 - 5 S 710/03 - statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht begründete Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte deren Gebührenbescheid vom 15.03.2001 mangels Rechtsverletzung des Klägers nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht aufheben dürfen (I.). Demgegenüber ist die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 - einschließlich der darin festgesetzten Widerspruchsgebühr - im Ergebnis zu Recht erfolgt (II.).
18 
I. Rechtsgrundlage für den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001
19 
ist § 6a Abs. 1 Nr. 1a StVG. Danach werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen nach diesem Gesetz oder nach den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. Gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 StVG wird das Bundesministerium für Verkehr ermächtigt, die Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen. Nach § 1 Abs. 1 der auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - vom 26.06.1970 (BGBl. I S. 865, berichtigt S. 1298) in der - hier maßgeblichen - Fassung vom 20.07.2000 (BGBl. I S. 1090) werden für Amtshandlungen u. a. i. S. des § 6a StVG Gebühren nach dieser Verordnung erhoben (Satz 1); die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze ergeben sich aus dem als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebTSt - (Satz 2). Nach Nr. 264 des Gebührentarifs beträgt die Gebühr für eine „Entscheidung über eine Ausnahme von einer Vorschrift der StVO je Ausnahmetatbestand und je Fahrzeug/Person“ 20,-- DM bis 600,-- DM (nunmehr 10,20 EUR bis 767,-- EUR). Ergänzt werden diese materiellen Gebührenvorschriften durch das Verwaltungskostengesetz (VwKostG), das allgemeine und formale kostenrechtliche Fragen regelt. Für den Vollzug von Bundesgesetzen - wie hier des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung - kann der Bund auch die Erhebung von Verwaltungskosten regeln. Macht der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, sind die Länder am Erlass eigener Gebührenregelungen gehindert (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 5.99 - NVwZ-RR 2000, 533). Bundesrecht verdrängt insoweit Landesrecht. Eine bundesrechtliche Gebührenregelung in diesem Sinne ist die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG gilt dieses Gesetz für Kosten (Gebühren und Auslagen) öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, wenn sie Bundesrecht ausführen. Während die Regelungen im 2. Abschnitt des Verwaltungskostengesetzes (§§ 2 bis 7) sich an den Verordnungsgeber richten, haben die Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 8 bis 22) unmittelbare Geltung.
20 
Auf die genannten Regelungen gestützt hat die Beklagte für die dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom 15.03.2001 erteilte Erlaubnis (Ausnahmegenehmigung), am 16.03.2001 in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße zwischen Kaufhof und Westliche 23 während der Ladenöffnungszeiten einen Informationsstand in der Größe von maximal 1 m x 2 m zu errichten, eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,-- DM festgesetzt. Das ist nicht zu beanstanden.
21 
Es liegt eine Amtshandlung im Sinne der genannten gebührenrechtlichen Regelungen vor, da dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 15.03.2001 gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot des § 32 Abs. 1 StVO erteilt wurde, Hindernisse auf die Straße zu bringen; damit sind Gegenstände gemeint, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 08.02.1991 - 10 S 2674/90 - (VBlBW 1991, 303) hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass eine Verwaltungsgebühr nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur für rechtmäßiges Verwaltungshandeln erhoben werden könne, dass die hier zugrunde liegende Ausnahmegenehmigung vom 15.03.2001, die sich durch Zeitablauf erledigt habe, jedoch rechtswidrig gewesen sei, weil mit der Errichtung des Informationsstandes an der vorgesehenen Stelle in der Fußgängerzone der Beklagten der Gefährdungstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO nicht erfüllt sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
22 
Eine „Akzessorietät“ zwischen der Amtshandlung (Sachentscheidung) und der ihr gegenüber eigenständigen Festsetzung einer Verwaltungsgebühr ist materiell-rechtlich nur insoweit gegeben, als Voraussetzung für eine Gebührenfestsetzung die Vornahme einer gebührenpflichtigen Amtshandlung ist, die wirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.04.2004 - 2 S 340/04 - VBlBW 2004, 352). Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 15.03.2001 dem Kläger die beantragte Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO erteilt. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger ihr nur das Gewicht einer Auskunft beimessen will und von ihr - wegen der Höhe der festgesetzten und von ihm als unzulässig empfundenen Gebühr - keinen Gebrauch gemacht hat. Unerheblich ist ferner, dass der Kläger den Antrag auf „Aufstellung eines Informationsstands“ erst nach vorheriger telefonischer Anfrage bei der Beklagten („wie soeben besprochen“) gestellt hat und dabei nicht auf eine Gebührenpflicht hingewiesen wurde. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der Kläger die Ausnahmegenehmigung antragsgemäß erhalten hat und damit eine - von ihm veranlasste - Amtshandlung vorliegt. Gründe für deren Nichtigkeit sind nicht ersichtlich.
23 
Selbst wenn man als Voraussetzung für die Erhebung einer Verwaltungsgebühr auch die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Amtshandlung verlangen wollte, führt dies nicht zum Erfolg der Klage. Insoweit stünde einer Überprüfung allerdings nicht schon die - eine Bindungs- bzw. Legalisierungswirkung auslösende - Bestandskraft der in Rede stehenden Amtshandlung entgegen. Auch wenn man insoweit die Möglichkeit einer (isolierten) Anfechtung unter dem Aspekt für zulässig hielte, dass die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung konkludent auch die vorgelagerte Feststellung ihrer Erforderlichkeit mit Blick auf den Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO enthalten habe, hätte sich die Ausnahmegenehmigung mit Ablauf des 16.03.2001 - nur für diesen Tag hat die Beklagte das Aufstellen des Informationsstandes erlaubt - und damit vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so dass eine Aufhebung dieser Amtshandlung - womit das „Substrat“ für die festgesetzte Verwaltungsgebühr entfallen wäre - nicht mehr in Betracht gekommen ist. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Amtshandlung stellt sich nur (und erstmals) im Zusammenhang der beanstandeten Verwaltungsgebühr, so dass der Kläger Einwendungen gegen die erteilte Ausnahmegenehmigung mit Blick auf den zugrunde liegenden Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO erstmals im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen die für die (erledigte) Amtshandlung festgesetzte Verwaltungsgebühr erheben kann (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 - ESVGH 36, 217).
24 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts unterfiel die vom Kläger geplante Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten der Vorschrift des § 32 Abs. 1 StVO, wonach es verboten ist, Gegen-stände auf die Straße zu bringen (oder dort liegen zu lassen), wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann, so dass der Kläger einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO bedurfte. Diese straßenverkehrsrechtliche Regelung kommt vorliegend - im Verhältnis zum Straßenrecht - zum Zuge.
25 
Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbständige Rechtsmaterien (vgl. BVerfGE 40, 371 und 67, 299) mit unterschiedlichen Regelungszwecken. Mit dem Straßenverkehrsrecht, das nach Art. 74 Nr. 22 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ist, soll die Teilnahme am Straßenverkehr, vor allem aber dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden. Es dient als „sachlich begrenztes Ordnungsrecht“ der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Aufgabe des zur originären Gesetzgebungskompetenz der Länder gehörenden Straßen- und Wegerechts ist es hingegen, die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen und ihre Bereitstellung für den Verkehr durch Widmung zu regeln. Das Straßenrecht befasst sich daher vor allem mit der Entstehung, der Ein- und Umstufung öffentlicher Straßen und der Abgrenzung von Gemeingebrauch zur Sondernutzung. Beide Rechtsmaterien stehen allerdings in einem sachlichen Zusammenhang. Zum einen setzt das Straßenverkehrsrecht, insbesondere durch das Erfordernis der straßenrechtlichen Widmung, das Straßenrecht voraus (sogenannter Vorbehalt des Straßenrechts). Zum anderen wird der durch die Widmung eröffnete Gemeingebrauch wesentlich vom Straßenverkehrsrecht „mitbestimmt“. Dem wird in § 13 Abs. 1 StrG ausdrücklich dadurch Rechnung getragen, dass der Gemeingebrauch „im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften“ eröffnet wird. Hieraus folgt, dass ein Verkehrsvorgang, der im Rahmen der Verkehrsvorschriften liegt, sich gleichzeitig innerhalb des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs bewegt (sogenannter Vorrang des Straßenverkehrsrechts). Der Bund hat von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht insbesondere im Straßenverkehrsgesetz und zu dessen Ausführung u. a. in der Straßenverkehrsordnung weitgehend abschließend Gebrauch gemacht (vgl. BVerfGE 32, 319). Das gilt auch in Bezug auf das in § 32 Abs. 1 StVO enthaltene Verbot, für das - der Zielrichtung des Straßenverkehrsrechts entsprechend - tatbestandliche Voraussetzung ist, dass durch die umschriebene Handlung des Einbringens von Gegenständen „der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann“. Die Abgrenzung der beiden Rechtsgebiete ist also danach vorzunehmen, ob es (im Schwerpunkt) um die Abwehr von Gefahren für den Straßenverkehr geht oder ob einer Überschreitung des Gemeingebrauchs (Sondernutzung) begegnet werden soll.
26 
Bei der vom Kläger im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 geplanten Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten war - im Verbund mit einer Vielzahl anderer gleichartiger Vorhaben - primär der verkehrsrechtliche Aspekt berührt, so dass das Straßenverkehrsrecht als Regelungsmaterie eingreift, das zur Legalisierung der in Rede stehenden Nutzung der Verkehrsfläche die Erteilung einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung vorsieht, und nicht das Straßenrecht mit dem Legalisierungsmittel der Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG. Verstärkt wird diese verkehrsrechtliche Sicht durch die damit zusammenhängende Genehmigung, zum Zwecke des Auf- und Abbaus des Informationsstands mit einem Fahrzeug in die Fußgängerzone einfahren und dort halten zu dürfen, um das Fahrzeug zu beladen und zu entladen. Zum (Rang-)Verhältnis der beiden Gestattungsmöglichkeiten bestimmt § 16 Abs. 6 Satz 1 StrG, dass es keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf, wenn nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist (Satz 1); vor ihrer Entscheidung hat die hierfür zuständige Behörde die sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde zu hören (Satz 2); die von dieser geforderten Bedingungen, Auflagen und Sondernutzungsgebühren sind dem Antragsteller in der Genehmigung aufzuerlegen, soweit Träger der Straßenbaulast eine Gemeinde oder ein Landkreis ist (Satz 3). Auf diese Weise werden die spezifisch straßenrechtlichen Aspekte in die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung, die im Außenverhältnis gegenüber dem Bürger allein ergeht, eingebracht.
27 
Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 StVO, bei dem es sich - wie bereits erwähnt - um ein Gefährdungs-, nicht um ein Verletzungsdelikt handelt, sind gegeben. Das Verwaltungsgericht geht insoweit zu Recht davon aus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift schon erfüllt ist, wenn der Verkehr durch den eingebrachten Gegenstand nicht unerheblich gefährdet oder erschwert werden kann (vgl. auch Senatsbeschl. v. 14.10.1996 - 5 S 1775/96 - NVwZ-RR 1997, 679 = VBlBW 1997, 1029). Eine Gefährdung muss möglich und darf nicht ganz unwahrscheinlich sein. Als möglicherweise betroffener Verkehr i. S. des § 32 Abs. 1 StVO kommt hier (nur) der - allein widmungsgemäße - Fußgängerverkehr in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße der Beklagten in Betracht. Zu fragen ist, ob der hier eröffnete Fußgängerverkehr durch die Aufstellung eines Informationsstandes mit einer Größe von ca. 1 m² (so der maßgebliche Antrag des Klägers vom 13.03.2001) am vorgesehenen Standort (vor der Westecke des „Kaufhofs“) gefährdet oder erschwert werden kann. Dies hat das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die (gerichtsbekannte) Breite/Weite der Fußgängerzone im Bereich Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie im Hinblick auf die Größe des Tisches (1 m²), der zudem nicht fest verankert sei und deshalb leicht weggeräumt werden könne, verneint, wobei es angenommen hat, dass auf dem Tisch nur die zu verteilenden Flugblätter abgelegt werden sollten. Demgegenüber verweist die Beklagte jedoch zu Recht auf den gerade während der „heißen“ Wahlkampfphase - Wahltermin war der 25.03.2001 - erheblichen Regelungsbedarf für das Aufstellen von Informationsständen in der Fußgängerzone. Es war sicherzustellen, dass die dort verlaufenden Rettungswege freigehalten werden. Zudem war eine Abstimmung erforderlich mit einer Vielzahl von Anträgen anderer politischer Parteien und Gruppierungen auf weitere Wahlkampf- bzw. Informationsstände; so sind im betreffenden Zeitraum Ausnahmegenehmigungen auch für die sogenannten etablierten Parteien erteilt worden; hierzu hat die Beklagte beispielhaft die der SPD erteilte Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001 vorgelegt. Dabei waren im Einzelnen die Standorte zu benennen und es war sicherzustellen, dass bei Kollisionen von Standortwünschen die definierten Rettungswege sowie ausreichend Raum für die Fußgänger frei geblieben sind. Insoweit können auch kleinere Stände mit einer Größe von lediglich ca. 1 m² - wie der vom Kläger zur Aufstellung vorgesehene - in Verbindung mit weiteren Wahlkampfständen und den um diese Stände sich versammelnden Personen dazu beitragen, dass in Teilbereichen der Fußgängerzone die Räume so eingeengt werden, dass nicht jeder gewünschte Standort als verkehrlich „verträglich“ zugelassen werden kann. So heißt es in der der SPD erteilten Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001, dass bei der Aufstellung von Informationsständen auf Gehwegen eine Durchgangsbreite von mindestens 1,50 m freizuhalten ist. Ferner ist in der Fußgängerzone auch Kfz-Verkehr zugelassen, einmal der Lieferverkehr bis 10.30 Uhr, zum anderen Verkehr auf Grund zahlreicher Ausnahmegenehmigungen für Handwerker, Anlieger und Personenbeförderungsunternehmen. Somit können Fußgänger je nach Verkehrsaufkommen durchaus gezwungen sein, Randbereiche der Fußgängerzone - wie etwa Schaufensterbereiche - zu nutzen. Jedenfalls in einer solchen Situation, in der während eines bestimmten Zeitraums („heiße“ Wahlkampfphase) in einer Fußgängerzone, die ihrerseits schon mit anderweitigem, ausnahmsweise zugelassenen Fahrzeugverkehr belastet ist, eine Vielzahl von Informationsständen aufgestellt werden soll, kann zur Frage einer Gefährdung des (Fußgänger-)Verkehrs nicht nur auf den einzelnen Informationsstand und dessen Größe im Verhältnis zur Breite der Fußgängerzone abgestellt werden. Vielmehr führt die Vielzahl der geplanten Informationsstände zu einem Gefährdungspotential i. S. des § 32 Abs. 1 StVO, das seinerseits einen Regelungsbedarf durch koordinierte Ausnahmegenehmigungen auslöst.
28 
Die Erhebung der umstrittenen Verwaltungsgebühr ist ferner nicht schon deshalb grundsätzlich unzulässig, weil - wie der Kläger (insbesondere schon mit dem Widerspruch) geltend macht - das Aufstellen des Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten im Rahmen (der „heißen“ Phase) des Landtagswahlkampfes 2001 vorgesehen gewesen sei und durch die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr gerade kleinere demokratische Gruppierungen unter Verstoß gegen Art. 5 und 8 GG gehindert würden, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Insoweit ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.06.1978 - 7 C 5.78 - BVerwGE 56, 63 = NJW 1978, 1933), dass die Erhebung von Sondernutzungsgebühren und Verwaltungsgebühren für das Aufstellen eines Informationsstandes oder für das Anbringen von Plakatträgern im innerstädtischen Gehwegraum von Bundesstraßen und Gemeindestraßen zum Zwecke parteipolitischer Werbung nicht gegen Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Art. 5, 8 und 21 GG verstößt.
29 
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass er in zahlreichen anderen Städten, in denen er im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 ebenfalls einen Informationsstand aufgestellt habe, nicht zu einer Verwaltungsgebühr für die jeweilige behördliche Gestattung herangezogen worden sei. Diese „Gebührenpraxis“ anderer Hoheitsträger entfaltet keine Bindungswirkung für die Beklagte, die den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur innerhalb ihres eigenen Verwaltungshandelns beachten muss. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang ferner der Einwand des Klägers, die Beklagte habe ihn bei seiner Anfrage nicht auf die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für eine Ausnahmegenehmigung hingewiesen.
30 
Der Kläger ist Kostenschuldner i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt, § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, da er die auf §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO gestützte Ausnahmegenehmigung durch seinen Antrag vom 13.03.2001 veranlasst hat. Er (bzw. „D. D. I.“) gehört auch nicht zu den Personen und Institutionen, für die gemäß § 5 Abs. 1 GebOSt, § 8 Abs. 1 VwKostG persönliche Gebührenfreiheit besteht.
31 
Auch die Höhe der festgesetzten Verwaltungsgebühr unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
32 
Für eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO sieht Nr. 264 GebTSt - in der damals gültigen Fassung - einen Gebührenrahmen von 20,-- DM bis 600,-- DM vor. Nach § 9 VwKostG sind, wenn Rahmensätze für Gebühren vorgesehen sind, bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen - erstens - der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden, und - zweitens - die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie dessen wirtschaftliche Verhältnisse. Bemessungskriterien sind danach das Kostenüberdeckungsverbot und das Äquivalenzprinzip. Letzteres verlangt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der Amtshandlung für deren Empfänger bestehen muss; insoweit genügt, dass die Gebühr an dem typischen Nutzen, den die Amtshandlung erbringt, ausgerichtet ist. Demgegenüber ist es nach dem Kostenüberdeckungsverbot nicht gestattet, Verwaltungsgebühren zur Erzielung von Überschüssen zu erheben; ein Verstoß hiergegen liegt allerdings erst dann vor, wenn die Gesamtheit der Gebühren für besondere Leistungen bestimmter Art die Gesamtheit der Aufwendungen für diese besonderen Leistungen übersteigt (vgl. Schlabach, Verwaltungskostenrecht, RdNrn. 2 ff. zu § 9 VwKostG sowie RdNr. 6 ff. § 3 VwKostG, jeweils m.w.N.). Beim Ansatz einer Gebühr innerhalb eines Gebührenrahmens steht der Behörde für die Festlegung der konkreten Höhe ein Ermessensspielraum zu (zur vergleichbaren Regelung des § 8 LGebG vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Schlabach, a.a.O., RdNr. 9 zu § 8 LGebG m.w.N.). Die Beklagte hat plausibel darauf hingewiesen und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, dass in die Gebühr (nur) eingeflossen seien der Personal-, Material-, Raum- und Technikaufwand für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids, ferner der Aufwand für die Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Aufstellung von Informationsständen während des Landtagswahlkampfes, bestehend aus einem Übersichtsplan für die in Betracht kommenden Standortalternativen und einem (Tages-)Belegungsplan, wobei die Erkenntnisse und Ergebnisse aus vergangenen Wahlkämpfen Eingang gefunden hätten, sowie der Aufwand für die Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst, der durch den zuständigen Vorgesetzten in seine Aufgabe der Überwachung anhand des Konzepts und der erteilten Genehmigung eingewiesen werde; die Kontrolle vor Ort selbst hat die Beklagte dagegen nicht in die Kalkulation des Verwaltungsaufwands einbezogen. Mit Blick auf das Kostenüberdeckungsverbot wendet der Kläger nur pauschal und damit in unbeachtlicher Weise ein, dass die Gebühr nicht dem Ausgleich des verursachten Verwaltungsaufwands, der bereits durch anderweitige gemeindliche Einnahmen gedeckt sei, sondern allein der aufwandsunabhängigen Einnahmenerzielung gedient habe. Mit einer Höhe von 55,-- DM bewegt sich die umstrittene Verwaltungsgebühr, welche der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung als „Sockelbetrag“ bezeichnet hat, im untersten Bereich des eröffneten Gebührenrahmens. Den (ideellen) Wert bzw. Nutzen der Ausnahmegenehmigung für den Kläger hat die Beklagte dagegen - wie auch in den anderen Fällen - nicht in die Bemessung der Gebühr einbezogen. Unabhängig davon sieht der Kläger einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gleichwohl darin, dass die erteilte Ausnahmegenehmigung für ihn nur den Wert einer Auskunft gehabt und er sie auch gar nicht in Anspruch genommen habe; beide Einwände sind im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
33 
Die Beklagte hat mit der umstrittenen Gebührenforderung auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat. Dieser verbietet es, wesentlich Gleiches willkürlich und ohne sachlichen Grund ungleich sowie wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.03.1995 - 2 S 1595/93 - NVwZ 1995, 1029). In diesem Zusammenhang wendet der Kläger ein, dass die Beklagte für die ihm erteilte Ausnahmegenehmigung zum Aufstellen eines einzigen Informationsstandes mit einer Größe von 1 m² an einem einzigen Tag (nur am 16.03.2001) mit 55,-- DM die gleiche Verwaltungsgebühr verlangt habe wie - beispielsweise - von der SPD, der mit Bescheid vom 31.01.2001 ohne Beschränkung auf einen einzigen Tag die Ausnahmegenehmigung zur Errichtung von Informationsständen mit einer Größe von maximal 2 m x 2 m an insgesamt 13 Standorten (davon 8 in der Fußgängerzone) erteilt worden sei. Hierzu hat die Beklagte plausibel dargelegt, dass sich auf der Grundlage des erstellten Gesamtkonzepts (Übersichtsplan und Belegungsplan) der Zeitaufwand für die Bearbeitung eines Antrags zur Aufstellung von Informationsständen an verschiedenen Standorten und an mehreren Tagen nur geringfügig und damit in vernachlässigbarer Weise erhöhe. Der Verwaltungsaufwand fiel - wie bereits dargelegt - primär für die Ausarbeitung des Konzepts, für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids sowie für das Verfahren zur Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst an. Der Aufwand für die Kontrolle vor Ort, der bei mehreren Standorten und/oder an mehreren Tagen in entsprechend erhöhtem Umfang anfällt, wurde nicht einbezogen. Auch vom Kläger wäre nur der „Sockelbetrag“ in Höhe von 55,-- DM erhoben worden, wenn er - für die von ihm vertretene Gruppierung - die Genehmigung zum Aufstellen von Informationsständen an verschiedenen Standorten und/oder an mehreren Tagen beantragt hätte. Dass ihn die Entrichtung der (einheitlich) festgesetzten, am Verwaltungsaufwand orientierten Gebühr härter treffe als eine größere Gruppierung oder eine etablierte Partei, kann der Kläger gegen die Gebührenforderung nicht einwenden.
34 
II. Den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001, einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn das Regierungspräsidium war zur Entscheidung über den Widerspruch nicht zuständig.
35 
1. Der Kläger hat im Verfahren gegen die Beklagte (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), die den angefochtenen Gebührenbescheid vom 15.03.2001 erlassen hat, neben diesem Ausgangsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zulässigerweise auch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 zum selbständigen Anfechtungsgegenstand gemacht (vgl. hierzu BVerwG, Urt. 25.08.1982 - 8 C 50.80 - Buchholz 310 § 79 VwGO Nr. 18 sowie Senatsurt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 - NVwZ-RR 1996, 61 = DVBl. 1996, 65). Der Kläger hat eigenständig - wenn auch Anfangs mit unzutreffenden Erwägungen - die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums zur Entscheidung über den von ihm gegen den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001 eingelegten Widerspruch und damit die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift (§ 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO) gerügt und sich vor allem gesondert auch gegen die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM zur Wehr gesetzt (zu diesem Aspekt vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Beschluss vom 28.01.1991 - 2 S 2384/90 - VBlBW 1991, 344).
36 
2. Das Regierungspräsidium Karlsruhe war zur Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Gebührenbescheid der Beklagen vom 15.03.2001 nicht zuständig.
37 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO entscheidet über den Widerspruch die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt ist. Allerdings entscheidet in Selbstverwaltungsangelegenheiten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO die Selbstverwaltungsbehörde, vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung. Die Beklagte hält die erstgenannte Regelung für einschlägig, da sie bei der Erteilung der verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO als - Bundesrecht ausführende - untere Verwaltungsbehörde gehandelt habe (§ 44 Abs. 1 StVO, § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVG), was auch die Erhebung der Verwaltungsgebühr erfasse, die (demnach) nicht auf einer kommunalen Satzung beruhe; eine - wie erforderlich - einheitliche Gebührenerhebungspraxis sei auch nur gewährleistet, wenn insoweit der staatlichen Aufsichtsbehörde die Möglichkeit der Überprüfung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens eröffnet sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr handelt es sich (auch) bei der Gebührenerhebung für eine Amtshandlung, welche die Beklagte (Stadtkreis) - wie vorliegend - als untere staatliche Verwaltungsbehörde vorgenommen hat, um eine Selbstverwaltungsangelegenheit i. S. des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO (so auch Hess. VGH, Urt. v. 15.12.1966 - OS V 50/66 - ESVGH 17, 235 sowie Dolde, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 14 zu § 73, Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., RdNr. 2 zu § 73 u. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 10. Aufl., § 37 RdNr. 14).
38 
Ausgangspunkt für diese rechtliche Einordnung ist die Eigenständigkeit der Gebührenfestsetzung gegenüber der zugrunde liegenden Amtshandlung, vorbehaltlich der unter I. erörterten „Akzessorietät“ zur Sachentscheidung im Hinblick auf deren Wirksamkeit (bzw. Rechtmäßigkeit). Im vorliegenden Zusammenhang kommt es darauf an, ob das materielle Recht zugunsten der Beklagten einen eingriffsgeschützten Anspruch auf die erhobene Verwaltungsgebühr begründet. Das ist nach Auffassung des Senats der Fall. Der Anspruch der Beklagten auf die nach den genannten gebührenrechtlichen Tatbeständen erhobene Verwaltungsgebühr folgt aus § 3 Abs. 1 GebOSt, § 12 VwKostG, wonach Kostengläubiger der Rechtsträger ist, dessen Stelle (Behörde) die kostenpflichtige Amtshandlung vornimmt. Das ist hier die Beklagte als Gemeinde (Stadtkreis), für deren Verwaltungstätigkeit die umstrittene Gebühr erhoben worden ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG). Wie bereits dargelegt, wird damit der Verwaltungsaufwand abgedeckt, welcher der Beklagten in personeller und sachlicher Hinsicht aus Anlass der vom Kläger beantragten Amtshandlung entstanden ist. Auch soweit die Beklagte dabei die Funktion einer unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrgenommen hat, obliegt es allein ihrer Personal- und Organisationshoheit, die dafür notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen. Bei den Verwaltungsgebühren handelt es sich auch um eine wesentliche Einnahmequelle der Beklagten für ihren kommunalen Haushalt. Dass ihr (auch) die Einnahmen zufließen, die aus der Gebührenerhebung für Amtshandlungen im staatlichen (übertragenen) Verwaltungsbereich resultieren, hat die Beklagte selbst eingeräumt (vgl. Schrifts. v. 15.02.2005). Die etwaige Herabsetzung oder vollständige Aufhebung einer Gebührenforderung bedeutete für die Beklagte einen unmittelbaren Einnahmeausfall und berührt damit unmittelbar ihre Finanzhoheit (Abgabenhoheit) als Bestandteil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.01.2001 - 8 B 258.00 - NVwZ-RR 2001, 326 = DVBl. 2001, 918). Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung selbst auf den in § 78 GemO verankerten Grundsatz der Einnahmebeschaffung hingewiesen, wozu nach Abs. 1 der Regelung auch die Erhebung von Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften gehört. Dass Rechtsgrundlage für die vorliegend festgesetzte Verwaltungsgebühr nicht das Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit der Gebührensatzung der Beklagten, sondern die genannte bundesrechtliche Regelung ist, steht der vorgenommenen Zuordnung der Gebühr zum Selbstverwaltungsbereich der Beklagten nicht entgegen. Die - verfahrensrechtlich unbefriedigende - Konsequenz einer Aufsplitterung der Zuständigkeit für den Widerspruch gegen die Amtshandlung einerseits und gegen die festgesetzte Verwaltungsgebühr andererseits ist als Folge der materiellen Rechtslage hinzunehmen, kann jedoch verwaltungstechnisch gemildert bzw. bewältigt werden durch ein Zuwarten der Selbstverwaltungsbehörde mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen die Gebührenforderung, bis die nächsthöhere Behörde über den Widerspruch gegen die zugrunde liegende Amtshandlung entschieden hat (vgl. auch Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., RdNr. 14).
39 
Das Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 (GBl. S. 895) steht der dargestellten Sichtweise des Senats nicht entgegen. § 4 Abs. 3 LGebG - i. d. F. von Art. 1 des Neuregelungsgesetzes - bestimmt, dass die Landratsämter, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden für ihren Bereich, sofern sie Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde im Sinne des Landesverwaltungsgesetzes oder Aufgaben der unteren Baurechtsbehörde im Sinne der Landesbauordnung wahrnehmen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festsetzen; die Landratsämter treffen die Festsetzungen durch Rechtsverordnung, die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften durch Satzung (S. 1); für die Festsetzung und Erhebung der Gebühren und Auslagen gilt für die Landratsämter dieses Gesetz, für die Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden das Kommunalabgabengesetz (S. 3). Nach der Begründung (LT-Drucks. 13/3477 S. 24) setzen die sachnäheren Behörden wie Landratsämter, Stadtkreise, Große Kreisstädte, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden erstmals - in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit - die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Gebührensätze sowie Gebührenerleichterungen fest (obligatorische dezentrale Gebührenfestsetzung). Das Gesetz gilt jedoch nicht für die Erhebung und Festsetzung von Gebühren, die - wie vorliegend - bundesgesetzlich geregelt sind (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 37). Begründet wird die obligatorische dezentrale Festsetzung der Gebührentatbestände wie auch der Höhe mit dem Bedürfnis nach Verwaltungsvereinfachung durch Aufgabenverlagerung sowie mit der Notwendigkeit, der Vielgestaltigkeit des Gebührenrechts angemessen Rechnung zu tragen; Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften bemessen die Höhe der Gebühr aus Vereinfachungsgründen nach dem Kommunalabgabengesetz, sie wenden damit nur noch ein Gebührenrecht an; dass danach zur Umsetzung der Dezentralisierung der Gebührenfestsetzung zusätzliche - in der Regel auf ihren kommunalen Wirkungskreis begrenzte - Regelungen erforderlich sind, wird in Kauf genommen; mit der Aufgabenverlagerung wird - neben der Stärkung der Kommunen - auch eine Verwaltungsvereinfachung angestrebt, da künftig die sachnähere Behörde die Gebühren selbst festsetzen kann (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 28 f. u. S. 43). Dass mit der Einführung der obligatorischen dezentralen Gebührenfestsetzung erstmals auch eine materielle Neuzuweisung dieser Verwaltungsgebühren zum kommunalen Selbstverwaltungsbereich bewirkt worden wäre, lässt sich der Neuregelung nicht entnehmen.
40 
Mangels Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheids selbst war das Regierungspräsidium Karlsruhe auch nicht zuständig für die Festsetzung der Verwaltungsgebühr (Widerspruchsgebühr) in Höhe von 240,-- DM als einer eigenständigen, den Kläger belastenden Gebührenforderung.
41 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
43 
Rechtsmittelbelehrung
44 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
45 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
46 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
47 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
48 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG a. F. i.V.m. § 5 ZPO analog auf 150,83 EUR festgesetzt.
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis sowie die Erweiterung der ihm erteilten Gaststättenerlaubnis.

2

Der Kläger betreibt in der Innenstadt von Landau das Restaurant „B“. Er ist hierfür im Besitz einer Gaststättenerlaubnis vom 27. November 2012. Die Gaststätte liegt nördlich der Fußgängerzone in der C-Straße ... und verfügt über ca. 40 Innensitzplätze. Von der C-Straße zweigt in südliche Richtung die knapp 100 m lange Straße „D-Straße“ ab, in der westlich und östlich der Straße öffentliche Parkplätze angeordnet sind. Diese können von der Allgemeinheit kostenlos für die Dauer von 30 Minuten sowie von Anwohnern mit Bewohnerausweis genutzt werden (s. http://geoportal.landau.de/webgis/parken/Plan_Parkplatzsituation.pdf). In der C-Straße selbst gibt es auf der Höhe des Restaurants des Klägers Parkplätze auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die von allen Verkehrsteilnehmern kostenpflichtig für die Dauer von zwei Stunden sowie von Anwohnern mit Bewohnerausweis genutzt werden können.

3

Am 12. März 2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Nutzung der ersten zwei Parkplätze von Norden kommend auf der D-Straße in Landau als Sommerterrasse für sein Restaurant in den Monaten Mai bis September. Die Entfernung von der Eingangstür des Restaurants bis zum ersten Parkplatz auf der D-Straße beträgt über 23 m. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Zeichnung der betroffenen Straßenabschnitte dienen:

Abbildung
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

4

Mit Bescheid vom 17. Juni 2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Außenbewirtung mit der Begründung ab, die Gaststätte des Klägers befinde sich in der C-Straße, weshalb er kein direkter Anlieger der D-Straße sei. Folglich grenze seine Gaststätte nicht unmittelbar an die beantragte Sondernutzungsfläche an. Die Freisitzfläche sei nicht über die Gaststätte direkt zugänglich und sei vom Restaurantbetrieb aus auch nicht unmittelbar einsehbar. Folglich könne der Kläger seinen gaststättenrechtlichen Aufsichtspflichten nicht in der erforderlichen Weise nachkommen. Zudem stehe der Erlaubnis auch entgegen, dass hierdurch zwei Parkplätze an der D-Straße entfallen würden. Da in der Innenstadt ohnehin ein großer Mangel an Parkplätzen bestehe, stehe dies dem Wegfall weiterer Parkplätze entgegen.

5

Hiergegen legte der Kläger am 16. Juli 2014 Widerspruch u.a. mit der Begründung ein, da auf dem alten Messplatz in Landau fußläufig ausreichend Parkraum zur Verfügung stünde, griffen die Erwägungen zur Parkplatznot nicht durch. Ein Bewirtschaftungszugang zur Durchreichung der auszugebenden Speisen und Getränke sei über das Lokal „W. Laden an der D-Straße" gegeben. Im Übrigen sei die behauptete ständige Verwaltungspraxis durch die Nutzung des Rathausplatzes durch die Pizzeria „E“ und das Cafe „F“ widerlegt, weil bei beiden die jeweilige Freisitzfläche nicht über die Gaststätte direkt zugänglich und auch nicht unmittelbar einsehbar sei.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2015 wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Erlaubnis. Zunächst sei der Antrag auf Gestattung der Nutzung von zwei Parkplätzen als Sommerterrasse bei verständiger Würdigung dahingehend auszulegen, dass der Kläger sowohl die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis als auch die gaststättenrechtliche Erweiterung seiner Erlaubnis auf den Betrieb einer entsprechenden Außenbewirtung begehre. Der Kläger benötige nämlich beides, um die gewünschte Außenbewirtung durchführen zu können.

7

Die vom Kläger angestrebte Benutzung zweier Stellplätze an der D-Straße als Außenbewirtungsfläche sei gaststättenrechtlich für seinen Gaststättenbetrieb nicht geeignet, da die Fläche erheblich von seinen bisherigen Gaststättenräumlichkeiten entfernt liege und überdies - weil ums Eck gelegen - von seinem Restaurantbetrieb nicht unmittelbar einsehbar sei. Die Lage eines Gaststättenraumes sei für den Gaststättenbetrieb dann nicht geeignet, wenn der Gastwirt bedingt durch die Lage seinen gaststättenrechtlichen Aufsichts- und Schutzpflichten nicht jederzeit nachkommen könne. Die vom Kläger vorgetragene Versorgung der Außenfläche durch den angrenzenden W. Laden sei keine geeignete Alternative. Zum einen sei dieser Zugang nicht Gegenstand seines Gaststättenpachtvertrages. Zum anderen würde dieser Zugang nichts daran ändern, dass die in Frage stehende Freifläche sich in erheblicher Entfernung zu seinem Gaststättenbetrieb befinde und er daher seinen gaststättenrechtlichen Pflichten nicht in der erforderlichen Weise nachkommen könne. Es kann dahingestellt bleiben, ob die beiden vom Kläger angeführten Gaststätten am Rathausplatz ebenfalls gaststättenrechtlich über ungeeignete Außenbewirtungsflächen verfügten, da sich hieraus jedenfalls kein Anspruch für den Kläger ergeben würde. Davon abgesehen sei die Situation am Rathausplatz nach Auffassung des Stadtrechtausschusses nicht vergleichbar.

8

Soweit der Kläger geltend gemacht habe, auf dem Alten Messplatz in Landau stünde ausreichend Parkraum zur Verfügung, verkenne er, dass gleichwohl Parkplätze im Nahbereich der Einzelhandelsgeschäfte und Gaststätten benötigt würden. Gerade bei einer angespannten Parkplatzsituation komme der Erhaltung jedes einzelnen Parkplatzes ein besonderes Gewicht zu, um die Parkplatzsituation nicht noch weiter zu verschlechtern.

9

Der beantragten Sondernutzung stehe auch entgegen, dass durch die geplante Nutzung die öffentlichen Parkplätze nicht mehr entsprechend ihrer verkehrsrechtlichen Widmung genutzt werden könnten. Dies sei im öffentlichen Interesse nicht hinnehmbar, weil der Parkdruck im Bereich der D-Straße besonders hoch sei. Das öffentliche Interesse an der widmungsgemäßen Nutzung des Straßenraums sei höher zu bewerten als das private Interesse des Klägers an einer Nutzung als Außenbewirtungsfläche.

10

Der Kläger könne auch nicht im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis beanspruchen. Zwar sei in der Vergangenheit einem Gaststättenbetreiber die Erlaubnis erteilt worden, zwei Parkplätze an der D-Straße zur Außenbewirtung zu nutzen. Nach Auffassung des Stadtrechtsausschusses sollte es aber aufgrund der Parkplatznot über ein Kontingent von allenfalls zwei Parkplätzen hinaus keine weitere verkehrsfremde Nutzung öffentlicher Parkflächen im Bereich der D-Straße geben. Sollte die Beklagte künftig die betreffenden zwei Parkplätze erneut zur Sondernutzung „opfern", so stelle es jedenfalls einen sachlichen Grund dar, wenn sie diese Erlaubnis nur demjenigen erteile, der gaststättenrechtlich auch hiervon Gebrauch machen dürfe. Soweit der Kläger als Alternativort für die Außenbewirtung die Sperrung von Parkplätzen vor dem Eingang seiner Gaststätte in der C-Straße vorgeschlagen habe, spreche gegen diese Nutzung der Umstand, dass die C-Straße stark befahren sei - auch durch Busverkehr (Linie …) -, und hierdurch ein Gefahrenpunkt für Gäste und Verkehrsteilnehmer geschaffen würde. Demgegenüber müsse das wirtschaftliche Interesse des Klägers zurücktreten.

11

Der Kläger hat dagegen am 2. März 2015 Klage erhoben. Er führt aus, Versagungsgründe im Sinne des § 4 Gaststättengesetz – GastG – stünden der beantragten Erweiterung der bisher erteilten Erlaubnis nicht entgegen. Die Beklagte habe an der „D-Straße " in Landau bereits westlich vor der Hausnummer .. (Flst.-Nr. …) und vor der Hausnummer .. (Flst.-Nr. …) Parkplätze zur Sondernutzung durch das dortige Restaurant „G“ freigegeben und diesem Restaurant die Außenbewirtschaftung auf diesen Parkplätzen erlaubt. Diese Parkplätze, die vom Restaurant „G“ genutzt würden, lägen ca. 30 Meter südlich der Parkplätze, die von ihm jetzt beansprucht würden. Damit stehe fest, dass die von ihm beanspruchten Parkplätze ebenfalls den notwendigen Anforderungen zum Schutz der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahr für Leib, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen genügten. Entgegen der Behauptung der Beklagten liege die von ihm, dem Kläger, beanspruchte Fläche maximal 15 Meter vom Eingang/Ausgang seiner Gaststätte entfernt. Soweit die Beklagte weiterhin ausführe, er könne von seinem Restaurant die von ihm beanspruchte Fläche nicht unmittelbar einsehen, stelle dies keinen Versagungsgrund dar. Im Übrigen habe es die Beklagte versäumt, in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob sie ihm nicht eine Auflage im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GastG im Rahmen der beantragten Erweiterung der Gaststättenerlaubnis erteile, z.B. in der Art und Weise, dass er einen Mitarbeiter abstelle, der sich im Bereich der beanspruchten Fläche aufhalte und über eine Funksprechverbindung mit dem ca. 15 Meter entfernten Restaurant verbunden sei.

12

Im Übrigen habe die Beklagte z.B. dem Restaurant „F“ oder dem Restaurant „E“ am Rathausplatz in Landau ebenfalls die Erlaubnis zur Außenbewirtschaftung erteilt, ohne dass von den beiden genannten Restaurants die dort zur Außenbewirtschaftung zur Verfügung stehende Fläche unmittelbar einzusehen wäre. Warum der Stadtrechtsausschuss die Situation am Rathausplatz mit der Situation an der „D-Straße“ für nicht vergleichbar halte, begründe der Stadtrechtsausschuss in seiner Widerspruchsentscheidung nicht.

13

Er habe auch einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis. Auch hier berufe er sich darauf, dass die Beklagte an der „D-Straße“ westlich vor der Hausnummer ... (Flurstück-Nr. …) und vor der Hausnummer ... (Flurstück-Nr. …) Parkplätze zur Sondernutzung durch das dortige Restaurant „G“ freigegeben und diesem Restaurant die Außenbewirtschaftung auf diesen Parkplätzen erlaubt habe. Die Begründung der Beklagten, die „erneute Opferung“ von zwei Parkplätzen an der „D-Straße“ für die Außenbewirtschaftung des Klägers stelle einen sachlichen Grund dar, um die beantragte Sonderungsnutzung zu versagen, überzeuge nicht.

14

Auf dem Rathausplatz finde im Übrigen zweimal wöchentlich der Markt der Stadt Landau statt, so dass neben starkem Fußgängerverkehr dort dann auch Kraftfahrzeugverkehr herrsche. Die Entfernung zwischen den Gasträumen der genannten Gaststätten am Rathausplatz und deren Außenbewirtschaftungsbereich sei gleich groß, teilweise sogar noch größer als die Entfernung zwischen seinen Gasträumen und den vom ihm beabsichtigten Außenbewirtschaftungsbereich. Ein Gaststättenbetreiber am Rathausplatz habe seine Gaststättenräume im ersten Obergeschoss des dortigen alten Kaufhauses, wobei das erste Obergeschoss in mehr als fünf Metern Höhe liege. Dadurch bestehe nie ein direkter Einblick zu seinem Außenbewirtschaftungsbereich, sondern der Einblick werde nicht nur durch die Entfernung, sondern auch die Höhe nochmals deutlich erschwert.

15

Das Restaurant „G“ unterliege derselben von der Stadt behaupteten angespannten Parkplatzsituation. Dennoch habe die Beklagte dem Restaurant „G“ zunächst vier Parkplätze, jetzt noch drei Parkplätze zur Verfügung gestellt. Ein Grund, wieso durch die zur Verfügung Stellung von vier Parkplätzen an das Restaurant „G“ sich die Parkplatzsituation nicht verschlechtert haben solle, eine Verschlechterung der Parkplatzsituation jetzt aber durch sein Begehren eintreten solle, sei nicht erkennbar.

16

Der Kläger beantragt,

17

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2015 zu verpflichten, ihm, dem Kläger, die am 12. März 2014 beantragte Erlaubnis zur Außenbewirtung seiner Gaststätte „B“ in Landau, C-Straße ..., sowie die beantragte Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von zwei Tischen mit jeweils vier Stühlen auf den beiden ersten Parkplätzen vor dem Anwesen „D-Straße ...“ (Grundstück Flurstück-Nr. …) für die Monate Mai bis September zu erteilen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie wiederholt ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren und führt ergänzend aus, der Transport von Speisen und Getränken im öffentlichen Verkehrsraum sei aufgrund der nicht unerheblichen Entfernung und der örtlichen Gegebenheiten geeignet, Gefahren für die Beschäftigten sowie Passanten hervorzurufen. Völlig anders stelle sich die Situation am Rathausplatz dar, der als großflächiges Areal ohne Kraftfahrzeugverkehr geradezu prädestiniert für Außenbewirtungsbereiche sei. Die Situation in der D-Straße sei nicht vergleichbar mit der Parkplatzsituation am Alten Messplatz. Der Kläger verkenne, dass gleichwohl Parkplätze im Nahbereich der Einzelhandelsgeschäfte und Gaststätten benötigt würden. Gerade bei einer angespannten Parkplatzsituation komme der Erhaltung jedes einzelnen Parkplatzes ein besonderes Gewicht zu, um die Parkplatzsituation nicht noch weiter zu verschlechtern.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Verwaltungskaten der Beklagten Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Verpflichtungsklage ist gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis (1.) noch auf Erweiterung der ihm erteilten Gaststättenerlaubnis (2.) betreffend die Außenbewirtung der Gaststätte „B“ in Landau, C-Straße ..., mit zwei Tischen und jeweils vier Stühlen auf den beiden ersten Parkplätzen vor dem Anwesen „D-Straße ...“ (Grundstück Flurstück-Nr. …) für die Monate Mai bis September. Der Bescheid vom 17. Juni 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

23

1. Rechtsgrundlage für die beantragte straßenrechtliche Erlaubnis zum Aufstellen von Tischen und Stühlen zum Betrieb einer Außengastronomie ist § 41 Abs. 1 Satz 1 Landesstraßengesetz – LStrG – i.V.m. § 2 Abs. 1 der Satzung der Stadt Landau in der Pfalz über die Sondernutzungen an öffentlichen Straßen (Sondernutzungssatzung – SNS –). Danach bedarf der Gebrauch der Straße über den Gemeingebrauch hinaus als Sondernutzung der behördlichen Erlaubnis.

24

1.1. Bei dem Aufstellen von Tischen und Stühlen auf einer öffentlichen Verkehrsfläche zum gewerblichen Betrieb einer Außenbewirtschaftung einer Gaststätte handelt es sich um eine Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 LStrG hinaus und damit um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung. Dies wird von dem Kläger auch nicht in Abrede gestellt und bedarf keiner vertieften Erörterung (näher dazu s. z.B. Bay. VGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 8 ZB 11.2785 –, juris; Scheidler, GewArch 2012, 285).

25

1.2. Die sonach erforderliche Entscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde; d.h. der jeweilige Antragsteller hat allein einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag. Die Behörde hat ihr Ermessen gemäß § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 40 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens, insbesondere das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG –), einzuhalten. Das Erlaubnisverfahren soll sicherstellen, dass die Behörde vollständige Kenntnis von Ort und Umfang der beabsichtigten Straßennutzung erhält, damit sie von vornherein erkennbare Störungen verhindern oder in zumutbaren Grenzen halten sowie die unterschiedlichen und teilweise gegenläufigen Nutzungsabsichten der Straßennutzer ausgleichen kann. Für ihre Entscheidung muss die Behörde dementsprechend die betroffenen Interessen gegeneinander abwägen.

26

Da das Gesetz selbst – abgesehen von § 41 Abs. 2 Satz 3 LStrG – die Maßstäbe, nach denen sich die Ermessensausübung zu richten hat, nicht bestimmt, sind diese aus dem Zweck des Gesetzes unter Beachtung insbesondere der Verteilungs- und Ausgleichsfunktion der Sondernutzungserlaubnis abzuleiten (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. November 1989 – 7 C 81/88 –, juris). Die behördliche Ermessensausübung hat sich daher an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere wegerechtliche Belange im engeren Sinne wie ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrundes und des Zubehörs) und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zählen. Einen straßenrechtlichen Bezug haben auch die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung, soweit sie die Nutzung von öffentlichen Verkehrsflächen zum Parken von Kraftfahrzeugen regeln (Bay. VGH, Urteil vom 20. Januar 2004 – 8 N 02.3211 –, NVwZ-RR 2004, 879). Daneben können auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden, sofern sie mit der Straße und ihrem Widmungszweck (noch) in einem hinreichend engen sachlichen Zusammenhang stehen wie baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße oder der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Dezember 2014 – 1 A 10294/14.OVG –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Juni 2015 – 11 A 1131/13 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. März 2014 – 5 S 348/13 –, juris; BayVGH, Urteil vom 28. November 2013 – 2 B 13.1587 –; Bogner/Bitterwolf-de Boer, LStrG Rheinland-Pfalz, Stand 2014, Ziffer 2.5). Straßenrechtlich zu beanstanden sind dagegen etwa rein subjektive oder geschäftsbezogene Merkmale (s. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Juni 2015 – 11 A 1131/13 –, juris und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. März 2014 - 5 S 348/13 -, NVwZ-RR 2014, 539) sowie immissionsschutz-, umwelt- oder sicherheitsrechtliche Aspekte (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 22. Juni 2010 – 8 BV 10.182 –, NVwZ-RR 2010, 830).

27

Den öffentlichen Belangen, die einen straßenrechtlichen Bezug aufweisen, sind die privaten Interessen des jeweiligen Antragstellers gegenüberzustellen.

28

Zwar kann ein Gastwirt, der eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis für Freisitzflächen vor einer Gaststätte begehrt, sich nicht auf den Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz – GG – berufen. Denn die Möglichkeit der Außengastronomie betrifft nur den allenfalls von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Erwerbsvorgang, nicht aber das nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Erworbene, wozu eine noch nicht erteilte behördliche Erlaubnis wie eine Sondernutzungserlaubnis gerade nicht gehört.

29

Auch aus dem Recht zum Anliegergebrauch kann ein Gastwirt diesbezüglich nichts herleiten, weil der Umfang des Anliegergebrauchs – auf den sich der Kläger im Übrigen schon deswegen nicht berufen könnte, weil er nicht Anlieger der Straße „D-Straße“ ist – nur soweit reicht, wie der Anlieger zur angemessenen (eigentumsgerechten) Nutzung seines Grundstücks auf die Benutzung der Straße angewiesen ist. Dazu gehört in erster Linie der Zugang zur Straße, d.h. eine der tatsächlichen und rechtlich zulässigen Nutzung des Grundstücks entsprechende Verbindung zum Straßennetz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 VR 7.99 –, juris). Nicht vom Anliegergebrauch umfasst sind aber verkehrsfremde, weil rein betriebsinterne Vorgänge, wie die stationäre Bewirtung von Gästen auf öffentlichen Verkehrsflächen (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 15. Juni 2011 – Au 6 K 11.720 –, juris).

30

Allerdings berührt der Betrieb einer Außengastronomie den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG in Form der Freiheit der Berufsausübung. Dieses Freiheitsrecht kann sich in Ausnahmefällen zu einem Teilhabeanspruch – hier auf Erteilung der Erlaubnis – verdichten, wenn der Gebrauch der Freiheit nur in dieser Form möglich ist, also mit der Erlaubnis steht oder fällt, keine Versagungsgründe vorliegen, aber Grundrechte und Gründe der Gleichbehandlung entscheidend für die Tätigkeit ins Gewicht fallen. Dabei ist aber zu beachten, dass Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit aus vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls zulässig sind. Dazu zählt auch das System der Sondernutzungserlaubnis für die Vergabe von Nutzungen auf öffentlichem, dem Verkehr gewidmeten Straßenraum. Das „knappe Gut des öffentlichen Straßenraums“, das in Innenstädten faktisch nicht vermehrbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 1996 – 11 B 24/96 –, NJW 1997, 408), kann aber nur durch die Vergabe oder Versagung einer Sondernutzungserlaubnis sinnvoll bewirtschaftet werden.

31

In diesem Zusammenhang kann bei der Entscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für Freisitzflächen vor einer Gaststätte der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG eine Rolle spielen. Dieser untersagt es, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln. Aus dem Gleichheitssatz kann eine Selbstbindung der Verwaltung folgen; hat die Verwaltung ihr Ermessen bislang nach einem bestimmten Muster – rechtmäßig – ausgeübt, darf sie davon in einem Einzelfall ohne besondere sachliche Rechtfertigung nicht abgehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 – 1 BvR 1160/03 –, NVwZ 2006, 1396). Jedoch gewährt Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung einer bestimmten Verwaltungspraxis (Bay. VerfGH, Entscheidung vom 16. Mai 2011 – Vf. 73-VI-10 –, GewArch 2011, 498).

32

Nach diesen Grundsätzen ist die Ermessensentscheidung der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. Dem konkreten Vorhaben des Klägers hat die Beklagte unter Einbeziehung seiner Interessen maßgebliche Erwägungen des Allgemeinwohls entgegengehalten.

33

Die gerichtliche Kontrolle der Ermessensentscheidung beschränkt sich auf die Frage, ob die Ablehnung der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis rechtswidrig war, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Dabei sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig nachgeschobene Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO vom Gericht zu berücksichtigen. Für die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung genügt es grundsätzlich, wenn bei einer auf mehrere Gründe gestützten Ermessensentscheidung nur einer der herangezogenen Gründe sie trägt, es sei denn, dass nach dem Ermessen der Behörde nur alle Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen (BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1981 – 1 C 169/79 –, DÖV 1982, 37).

34

Die Beklagte hat ihre ablehnende Entscheidung im Kern auf zwei zentrale Punkte gestützt. Zum einen stehe der beantragten Sondernutzung entgegen, dass durch die geplante Nutzung zwei öffentliche Parkplätze entfallen würden. Dies sei im öffentlichen Interesse nicht hinnehmbar, weil der Parkdruck im Bereich der „D-Straße“ besonders hoch sei. Zum anderen sei die vorgesehene Freisitzfläche nicht über die Gaststätte direkt zugänglich und vom Restaurantbetrieb aus auch nicht unmittelbar einsehbar mit der Folge, dass der Kläger seinen gaststättenrechtlichen Aufsichtspflichten nicht in der erforderlichen Weise nachkommen könne.

35

Mit der Begründung, der beantragten Sondernutzung stehe entgegen, dass sie zum Wegfall von zwei öffentlichen Parkplätzen führe, hat die Beklagte in ihrer Ermessensentscheidung Erwägungen zugrunde gelegt, die den erforderlichen Bezug zur Straße aufweisen. Die Erwägung, die Inanspruchnahme von zwei Parkplätzen unter Berufung auf einen nicht hinnehmbaren Wegfall von Parkplätzen abzulehnen, ist ermessensfehlerfrei (vgl. VG Aachen, Urteil vom 30. März 2012 – 6 K 1625/10 –, juris). Die Beklagte hat insoweit bezogen auf den konkreten Antrag nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass der im fraglichen Bereich der „D-Straße“ bestehende Parkdruck es nicht erlaube, Parkplätze, die sowohl dem Bewohnerparken als auch dem kostenlosen Kurzzeitparken der Allgemeinheit zur Verfügung stehen, für die Dauer der beantragten Sondernutzung aufzugeben.

36

Soweit der Kläger einwendet, das Restaurant „G“, dessen Besitzer die Beklagte eine Sondernutzungserlaubnis für zwei öffentliche Parkplätze vor seinem Lokal erteilt hat, unterliege derselben von der Beklagten behaupteten angespannten Parkplatzsituation, kann er damit nicht gehört werden. Eine Kommune, die – wie hier die Beklagte – einem Gastwirt eine Sondernutzungserlaubnis für die Außengastronomie auf einem öffentlichen Parkplatz erteilt hat, ist auch mit Blick auf die Wettbewerbsneutralität des Straßenrechts nicht gehindert, einem neu hinzukommenden Gastwirt, der auf diesem öffentlichen Parkplatz vor seiner Gaststätte ebenfalls Tische und Stühle aufstellen will, im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis mit der Begründung zu versagen, wegen des „knappen Guts der öffentlichen Straße“ sei es dem Straßenverkehr nicht weiter zumutbar, zugunsten der Außengastronomie weitere Parkplätze zu entziehen (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 16. Mai 2011 – Vf. 73-VI-10 –, GewArch 2011, 498; Scheidler, GewArch 2012, 285, 287 f.). Diese Entscheidung der Beklagten, dem Kläger neben dem Inhaber des Restaurants „G“ keine weitere Sondernutzungserlaubnis im Bereich der Parkflächen an der „D-Straße“ zu erteilen, hält die Kammer auch vor dem Hintergrund der Parksituation in dem betreffenden Bereich für nachvollziehbar und ermessensfehlerfrei. Dem detaillierten Plan der Beklagten mit Parkplätzen, Parkscheinautomaten, Bewohner-Parkquartieren, etc. (s. http://geoportal.landau.de/webgis/parken/Plan_Parkplatz- situation.pdf) ist zu entnehmen, dass es in der Kernstadt von Landau mit Ausnahme von wenigen anderen Plätzen nur in der „D-Straße“, von der aus der Rathausplatz und die Fußgängerzone in wenigen Minuten fußläufig zu erreichen ist, eine größere Anzahl von kostenlosen Parkplätze für Kurzzeitparker gibt. Es kann unterstellt werden, dass in diesem Bereich der Parkdruck besonders groß ist und deshalb jeder einzelne Parkplatz von Bedeutung ist.

37

Der Kläger kann eine Ungleichbehandlung auch nicht daraus herleiten, dass mehrere Gaststättenbetreiber am Rathausplatz ebenfalls über Sondernutzungserlaubnisse für die Außengastronomie verfügten. Diese Sachverhalte sind schon von vornherein nicht vergleichbar, da die Freisitzflächen der genannten Gaststätten nicht auf öffentlichen Parkplätzen, sondern auf nicht für den Fahrzeugverkehr gewidmeten Flächen in der Fußgängerzone liegen.

38

Aus den genannten Gründen ist die Entscheidung der Beklagten auch nicht im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG ermessensfehlerhaft. Der Gebrauch der Freiheit der Berufsausübung durch den Kläger ist nicht nur in dieser Form möglich.

39

Trägt daher im Ergebnis der von der Beklagten herangezogene Grund, der Wegfall von zwei Parkplätzen sei im öffentlichen Interesse nicht hinnehmbar, weil der Parkdruck im Bereich der „D-Straße“ besonders hoch sei, die Ermessensentscheidung, so ist diese rechtmäßig. Auf den ferner von der Beklagten genannten Grund braucht die Kammer deshalb nicht mehr einzugehen.

40

2. Der Kläger darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Erweiterung der ihm erteilten Gaststättenerlaubnis.

41

Gemäß § 2 Abs. 1 Gaststättengesetz – GastG – bedarf einer Erlaubnis, wer ein Gaststättengewerbe betreiben will. Nach § 3 Abs. 1 GastG wird die Erlaubnis nur für eine bestimmte Betriebsart und für bestimmte Räume erteilt, so dass die Erlaubnis in den Fällen, in denen der Gastwirt seinen Betrieb – wie hier – auf öffentliche Verkehrsflächen ausdehnen möchte, entsprechend erweitert werden muss (vgl. Scheidler, GewArch 2012, 285). Unter „Räumen“ im Sinne des § 3 Abs. 1 GastG sind nicht nur Häuser und andere an eine bestimmte Stelle des Erdbodens gebundene Orte zu verstehen, sondern auch Außenflächen (vgl. Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand Mai 2015, § 3 Rn. 4; Metzner, Gaststättengesetz, 6. Auflage 2002, § 3 Rn. 65).

42

Die Erlaubnis ist u.a. gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 GastG zu versagen, wenn die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen.

43

Die Kammer braucht hier nicht näher darauf einzugehen, ob der von der Beklagten geltend gemachte Versagungsgrund damit begründet werden kann, die vom Kläger angestrebte Benutzung zweier Stellplätze an der D-Straße als Außenbewirtungsfläche sei für seinen Gaststättenbetrieb nicht geeignet, da die Fläche erheblich von seinen bisherigen Gaststättenräumlichkeiten entfernt liege und überdies – weil ums Eck gelegen – von seinem Restaurantbetrieb nicht unmittelbar einsehbar sei mit der Folge, dass der Kläger seinen gaststättenrechtlichen Aufsichts- und Schutzpflichten nicht jederzeit nachkommen könne (vgl. zur Berücksichtigungsfähigkeit dieses Aspekts Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, a.a.O., § 4 Rn. 18). Denn vorliegend sind die für die Erweiterung des Betriebs des Klägers vorgesehenen Außenflächen wegen ihrer Lage auf öffentlichen Verkehrsflächen infolge des fehlenden Anspruchs auf Erteilung der erforderlichen straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis von vornherein ungeeignet. Der Kläger verfügt schon nicht über „Räume“ im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 GastG, so dass sein Begehren auf Erweiterung der gaststättenrechtlichen Erlaubnis gegenstandslos ist.

44

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

45

Beschluss

46

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.500 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Ziffer 43.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2013; den Antrag auf Erweiterung der Gaststättenerlaubnis hat die Kammer nicht als streitwerterhöhend angesehen).

47

Gegen die Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG dieBeschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

48

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung zur Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

49

Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Robert-Stolz-Str. 20, 67433 Neustadt, schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.

50

Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz (ERVLVO) vom 10. Juli 2015 (GVBl. S. 175) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die am 14. August 2015 erteilte Erlaubnis zur Durchführung einer Radsportveranstaltung (Radrennen) am 12. September 2015 in R.. gemäß § 80 Abs. 5 i. V. m. § 80a Abs. 3 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – wiederherzustellen, hat keinen Erfolg.

2

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der dem Beigeladenen nach §§ 29 Abs. 2, 44 und 45 Straßenverkehrsordnung – StVO – erteilten Erlaubnis, am 12. September 2015 in der Zeit von 14:30 Uhr bis 20:00 Uhr entsprechend dem dem Bescheid vom 14. August 2015 beigefügten Streckenplan auf den Straßen H.straße (K 54) – H. Straße (K 56) – R.straße (Gemeindestraße) – K.straße (Gemeindestraße) in R.. ein Radrennen zu veranstalten, ist in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet worden. Das Begründungserfordernis nach dieser Vorschrift ist rein formeller Natur. Notwendig und zugleich ausreichend ist, dass die Begründung erkennen lässt, dass und warum die Behörde dem sofortigen Vollziehbarkeitsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt. Dies ist hier geschehen.

3

Für die nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO von dem Gericht zu treffende Ermessensentscheidung sind die gegenläufigen Interessen der Antragstellerin und des Beigeladenen gegeneinander abzuwägen.

4

Bei der Entscheidung über die Anträge nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine Ermessensentscheidung, bei der die Interessen aller am Verfahren Beteiligter zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kommt der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 14. August 2015 erhebliche Bedeutung zu. Ist nach dieser Prüfung davon auszugehen, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen diesen Bescheid voraussichtlich Erfolg haben wird, spricht dies für ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegenüber dem Interesse des Beigeladenen an der Durchführung der Radsportveranstaltung. Bleibt der Widerspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil der Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere Interesse am Sofortvollzug überwiegen wird. Sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens offen, ist im Rahmen der oben genannten Abwägung das Interesse der Antragstellerin, mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes vor dessen Bestandskraft nicht überzogen zu werden, abzuwägen mit dem besonderen öffentlichen Interesse, den angefochtenen Verwaltungsakt schnellstmöglich zu vollziehen. Maßstab für diese Abwägung ist ein Vergleich der Verhältnisse einerseits für den angenommenen Fall, dass die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt wird, der Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren jedoch bestätigt wird, mit andererseits der angenommenen Konstellation, dass der Sofortvollzug bestehen bleibt, der Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren jedoch aufgehoben wird.

5

Im vorliegenden Fall ergibt die gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung, dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. August 2015 mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Recht ergangen ist.

6

Nach § 29 Abs. 2 StVO bedürfen Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, der Erlaubnis. Dies ist nach Satz 2 der Vorschrift der Fall, wenn die Benutzung der Straße für den Verkehr wegen der Zahl oder des Verhaltens der Teilnehmenden oder der Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge eingeschränkt wird. Die Entscheidung über einen Erlaubnisantrag steht im Ermessen der Verkehrsbehörde; die Erlaubnis darf durch Inhalts- und Nebenbestimmungen eingeschränkt werden, wenn und soweit dies nach Sinn und Zweck des Gesetzes erforderlich ist, wobei Maßstab für Einschränkungen die Erfordernisse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sind.

7

Es ist offensichtlich, dass die Voraussetzungen des Satzes 2 von § 29 Abs. 2 StVO erfüllt sind, wenn auf öffentlichen Straßen eine Radsportveranstaltung (Radrennen) stattfinden soll; denn für eine solche Veranstaltung müssen aus Gründen der Verkehrssicherheit die in Anspruch zu nehmenden Straßen für den sonstigen Fahrzeugverkehr gesperrt werden. Eine entsprechende verkehrsbehördliche Anordnung für die betroffenen Straßen hat die Antragsgegnerin unter Ziffer II des Bescheids vom 14. August 2015 erlassen und diese mit Auflagen und Nebenbestimmungen versehen.

8

Es ist davon auszugehen, dass die Vorschrift des § 29 Abs. 2 StVO drittschützend ist und bei der Entscheidung über Erlaubnisanträge die Interessen der Nachbarschaft, insbesondere ihr Anliegergebrauch, in ausreichendem Umfang zu berücksichtigen sind. Bei der Erteilung der Erlaubnis für die Radsportveranstaltung am 12. September 2015 hat die Antragsgegnerin somit nicht nur auf die Interessen der Antragstellerin als Anliegerin der H.straße Rücksicht zu nehmen, sondern auch auf die Interessen des Veranstalters und eines Teils der Allgemeinheit, die ein Interesse an solchen Veranstaltungen hat. Die Straßenverkehrsordnung bietet in § 29 Abs. 2 StVO und den dazu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Durchführung einer derartigen Veranstaltung einen gesetzlichen Rahmen. In diesem Rahmen hat die Antragsgegnerin als zuständige Verkehrsbehörde den Interessen aller Beteiligten Rechnung zu tragen und eine Abwägung vorzunehmen.

9

Die Antragsgegnerin hat die Belange der Antragstellerin, nämlich ihr Anliegerrecht, in ihre Entscheidung mit einbezogen und zutreffend gewichtet.

10

Der Anliegergebrauch vermittelt keine aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz – GG – ableitbare Rechtsposition. Wie weit er gewährleistet ist, richtet sich vielmehr nach dem einschlägigen Straßenrecht, dessen Regelungsbereich das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Straße und angrenzenden Grundstücken mit umfasst. Auch in diesem Normzusammenhang hat der Gesetzgeber in Erfüllung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrags Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Hierbei hat er einerseits dem Gewährleistungsgehalt des in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG grundgesetzlich anerkannten Privateigentums und andererseits dem Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen. Da die Straße als öffentliche Einrichtung nicht allein der Erschließung der Anliegergrundstücke, sondern schwergewichtig dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis in seinen unterschiedlichen Ausgestaltungen dient, muss ein Ausgleich zwischen einer Vielzahl von Interessen erfolgen. Auf die Belange der Anlieger ist insofern in spezifischer Weise Rücksicht zu nehmen, als dieser Personenkreis in besonderem Maße auf den Gebrauch der Straße angewiesen ist. Die Zufahrt bzw. der Zugang zur Straße schafft die Grundvoraussetzungen, derer es bedarf, um an der verkehrlichen Kommunikation teilzunehmen. Ein Abwehrrecht steht dem Anlieger nur so weit zu, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums die Verbindung mit der Straße erfordert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 VR 7.99 –, juris, Rn. 5). Allerdings hat ein Anlieger keinen Anspruch darauf, dass die Erreichbarkeit seines Grundstücks mit einem Kraftfahrzeug jederzeit gewährleistet ist (BVerfG, Urteil vom 1. September 1990 – 1 BvR 988/90 –, NVwZ 1991, 358; BVerwG, Urteil vom 8. September 1993 – 11 C 38/92 –, juris; VG Freiburg, Beschluss vom 20. Juli 2000 – 9 K 1603/00 –, NVwZ-RR 2001, 540).

11

Die Antragstellerin rügt, dass ihr Weingut während der Traubenlese (vom 17. August bis voraussichtlich Ende Oktober 2015) am 12. September 2015 – einem Samstag – während der Zeit von 14:30 Uhr bis 20:00 Uhr nicht über die H.straße in R.. zu erreichen sein werde; eine andere Zufahrt existiere nicht. Um die Trauben zu ihrem Weingut zu bringen und den Frischmost jederzeit abholen zu lassen, um ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen zu können, sei sie auf die ununterbrochene An- und Abfahrtsmöglichkeit über die H.straße angewiesen.

12

Die kurzzeitige Sperrung der H.straße in R.. von 14:30 Uhr bis 20:00 Uhr am 12. September 2015 stellt keine der Antragstellerin nicht mehr zumutbare Unterbrechung des Anliegergebrauchs dar. Das erste Radrennen am 12. September 2015 beginnt um 15:15 Uhr und das letzte Radrennen wird um 19:00 Uhr gestartet, so dass die verfügte Straßensperrung auch auf das zeitlich unbedingt notwendige Maß beschränkt ist. Bis zur Sperrung der H.straße um 14:30 Uhr und nach Aufhebung der Straßensperrung um 20:00 Uhr am 12. September 2015 kann die Antragstellerin, wie auch vier weitere in den für den allgemeinen Fahrzeugverkehr gesperrten Straßen in R.. ansässige Weingüter, Lesegut zu ihrem Weingut verbringen. Ihre vertraglichen Verpflichtungen mit dem Weingut A. in E. kann die Antragstellerin trotz der streitgegenständlichen Straßensperrung erfüllen. Denn ausweislich der von ihr vorgelegten Liefer- und Abnahmevereinbarungen für Trauben vom 22. Juli 2015 hat sie Trauben zu liefern. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund ihr die Anlieferung von gelesenen Trauben von ihren Weingärten an das genannte Weingut nicht möglich sein sollte.

13

Die Antragstellerin macht weiter geltend, sie beliefere die Weinkommission D. in St. Martin bzw. das Weingut A. auch mit Frischmost und aus diesem Grund müsse ihr Anwesen in der H.straße 20 in R.. mit LKW angefahren werden. Nicht vorgetragen ist, dass zwischen 14:30 Uhr und 20:00 Uhr am 12. September 2015 bereits eine Abholung von Frischmost mit LKW fest geplant sei. Eine Vereinbarung, Frischmost kurz vor der Straßensperrung abholen zu lassen, müsste angesichts des zeitlichen Vorlaufs für die Straßensperrung möglich sein. Laut Antragsgegnerin ist Frischmost in der Regel auch 24 Stunden haltbar, so dass der am späten Vormittag des 12. September 2015 gewonnene Süßmost nach 20:00 Uhr am 12. September 2015 bzw. am Vormittag des 13. September 2015 noch im Weingut der Antragstellerin abgeholt werden könnte, ohne dass dies Qualitätsprobleme beim Frischmost verursachen dürfte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin selbst vorträgt, Verladungen von Lesegut, dann wohl auch von Frischmost, würden in der Weinlesezeit auch zur Nachtzeit stattfinden. Zu dieser Zeit wird ihr Betrieb aber wieder von LKWs angefahren werden können.

14

Des Weiteren macht die Antragstellerin geltend, Frischmost könne stündlich von dem zu beliefernden Weingut A. abgerufen werden und müsse dann unverzüglich (binnen 2 – 3 Stunden) mit LKWs geliefert werden. Die Antragstellerin hat nicht vorgetragen, dass sie über entsprechende Kraftfahrzeuge zum Transport von Frischmost an diese Kellerei verfüge, so dass eine Spedition tätig werden muss. Die Antragsgegnerin hat nach Rücksprache mit Weinkommissionären aber erklärt, dass die Verladung von Frisch(Süß)most regelmäßig eine Vorlaufzeit von 24 Stunden bei einer Spedition habe. Dies erlaubt es der Antragstellerin – auch in Absprache mit der zu beliefernden Kellerei –, sich auf die relativ kurzzeitige Sperrung der H.straße in R.. von 14:30 Uhr bis 20:00 Uhr am 12. September 2015 einzurichten. Bis bzw. ab den genannten Uhrzeiten ist die H.straße wieder für den öffentlichen Verkehr freigegeben und alle Verkehrsteilnehmer haben sich danach zu richten.

15

Die von der Antragstellerin zur Stützung ihres Vorbringens vorgelegte Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2015 ist allgemein gehalten. Es ist so nicht ersichtlich, ob dieser Stelle die Dauer der Straßensperrung bekannt war und sie bereits die kurzzeitige Straßensperrung am 12. September 2015 – anders als die anderen von der Straßensperre betroffenen Winzer in R.. – für unzumutbar hält.

16

Auf die von der Antragstellerin angeführte Problematik Kirschessigfliege, die eine Traubenernte dringlich erscheinen lassen könne, geht die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom 23. Juli 2015 überhaupt nicht ein. Die Lebens- und insbesondere die Vermehrungsbedingungen für die Kirschessigfliege dürften angesichts der diesjährigen Umweltbedingungen (Temperaturen über 30°C und insbesondere 32°C, siehe Wikipedia, Stichwort: Kirschessigfliege) nicht optimal gewesen sein, so dass kaum mit einer Kirschessigfliegenplage zu rechnen sein dürfte, jedenfalls nicht innerhalb der hier in Rede stehenden kurzen Zeitspanne von 5 ½ Stunden. Eine Bedrohungslage für Rebenflächen, d. h. Ertragsanlagen, wurde bisher für die Anbauflächen in der Pfalz auch nicht publiziert.

17

Bei der Erteilung der Erlaubnis für die Radsportveranstaltung am 12. September 2015 hat die Antragsgegnerin aber nicht nur auf die Interessen der Anlieger – hier: der Antragstellerin – Rücksicht zu nehmen, sondern auch auf die Interessen des Veranstalters – hier: des Beigeladenen – und eines Teils der Allgemeinheit, die ein Interesse an solchen Veranstaltungen hat. Innerhalb des mit § 29 Abs. 2 StVO und den dazu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Durchführung einer derartigen Veranstaltung vorgegebenen gesetzlichen Rahmens hat die Antragsgegnerin als zuständige Verkehrsbehörde den Interessen aller Beteiligten Rechnung zu tragen und eine Abwägung dieser Interessen vorzunehmen.

18

Bei der genehmigten Radsportveranstaltung, an der auswärtige und einheimische Radsportanhänger teilnehmen, von der laut Antragsgegnerin nicht nur der Veranstalter, sondern auch die örtliche Winzerschaft, Gastronomie und weitere Gewerbetreibende profitieren, handelt es sich um eine Traditionsveranstaltung. Zwar findet sie üblicherweise am letzten Juli-Wochenende anlässlich des „Weinfestes der Gemeinde“ statt. Die Gründe für die diesjährige Verschiebung der Radsportveranstaltung in den September sind den der Kammer vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Laut Antragsgegnerin sind in Rheinland-Pfalz in dem Zeitraum zwischen dem 1. Juli und 30. September 2015 insgesamt 43 derartige Veranstaltungen geplant. Im Hinblick hierauf und auch auf den potentiellen Teilnehmerkreis für solche Rennveranstaltungen stand für den Beigeladenen, sollte das Radrennen dieses Jahr nicht ausfallen, nur der 12. September 2015 zur Verfügung.

19

Die von der Antragsgegnerin vorzunehmende Interessenabwägung konnte angesichts der vorstehenden Ausführungen zu Lasten der Antragstellerin ausgehen, der eine Hinnahme der Radsportveranstaltung und der damit verbundenen 5 ½-stündigen Sperrung der H.straße in R.. zugemutet werden kann.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs.1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

21

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Eine Reduzierung des Regelstreitwerts entsprechend der Empfehlung in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (NVwZ 2013, Beilage 58) war nicht geboten, da sich die Hauptsache am 12. September 2105 um 20:00 Uhr erledigen wird.

(1) Verboten ist

1.
der Betrieb von Lautsprechern,
2.
das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,
3.
außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,
wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Auch durch innerörtliche Werbung und Propaganda darf der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden.

(2) Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 bis 43 in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4) gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind unzulässig.

(3) Ausgenommen von den Verboten des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und des Absatzes 2 Satz 2 sind in der Hinweisbeschilderung für Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen und für Autohöfe die Hinweise auf Dienstleistungen, die unmittelbar den Belangen der am Verkehr Teilnehmenden auf den Bundesautobahnen dienen.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Verboten ist

1.
der Betrieb von Lautsprechern,
2.
das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,
3.
außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,
wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Auch durch innerörtliche Werbung und Propaganda darf der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden.

(2) Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 bis 43 in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4) gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind unzulässig.

(3) Ausgenommen von den Verboten des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und des Absatzes 2 Satz 2 sind in der Hinweisbeschilderung für Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen und für Autohöfe die Hinweise auf Dienstleistungen, die unmittelbar den Belangen der am Verkehr Teilnehmenden auf den Bundesautobahnen dienen.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller betreibt im Anwesen A-Straße ... in A-Stadt seit einigen Jahren einen Lebensmittelmarkt mit dem Schwerpunkt auf das Warensortiment „Obst und Gemüse". Zur Präsentation seiner Obst- und Gemüsewaren hatte die Antragsgegnerin dem Antragsteller in der Vergangenheit wiederholt befristet eine Sondernutzungserlaubnis für eine mit genauen Maßen in der Erlaubnis bezeichneten Gehwegfläche vor seinem Ladengeschäft auf der Grundlage der Vorschriften der Sondernutzungssatzung der Stadt A-Stadt erteilt. Zuletzt war dem Antragsteller mit Bescheid vom 23. August 2010 erlaubt worden, die Warenpräsentation in einer Tiefe von 1,20 m, gemessen von der Gehweghinterkante aus, und 9,90 m Länge aufzubauen.

2

Bei Kontrollen stellte die Antragsgegnerin fest, dass der Antragsteller das zulässige Maß der Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche überschritten hatte. Die Beanstandungen führten zu zahlreichen Bußgeldbescheiden, änderten aber nichts an den Überschreitungen.

3

Den neuerlichen Antrag des Antragstellers vom 26. Januar 2012 auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Präsentation von Obst und Gemüse auf einer Fläche des öffentlichen Verkehrsraums vor dem Ladengeschäft von 9,90 m x 1,40 m lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. Februar 2012 mit der Begründung ab, alle Versuche, insbesondere zahlreiche Kontrollen, Ermahnungen, Gespräche, Schreiben, Anhörungen und Ordnungswidrigkeitsverfahren hätten den Antragsteller nicht dazu veranlassen können, die ihm mit der Sondernutzungserlaubnis aufgegebenen Grenzen der zur Nutzung genehmigten Fläche einzuhalten. Ein Gewerbetreibender, der mit solcher Hartnäckigkeit andauernd vorsätzlich Rechtsverstöße begehe, zeige damit, dass er dauerhaft nicht willens sei, sich an rechtliche Vorgaben zu halten.

4

Ferner untersagte die Antragsgegnerin in Ziffer 2 des Bescheids vom 6. Februar 2012 dem Antragsteller, vor seinem Ladengeschäft auf öffentlicher Gehwegfläche Waren zu präsentieren oder Warenständer aufzustellen. Vor dem Ladengeschäft auf öffentlicher Verkehrsfläche zur Ansicht oder zum Verkauf bereitgestellte Waren (Obst, Gemüse etc.) sowie die dafür benutzten Warenständer und sonstige Präsentationsmittel seien ersatzlos zu entfernen. In Ziffer 3 des genannten Bescheids drohte die Antragsgegnerin für den Fall, dass gegen Ziffer 2 dieser Verfügung verstoßen oder die Warenpräsentation oder der Verkauf von Waren auf der öffentlichen Fläche nicht eingestellt werde, zur Erzwingung des Unterlassens ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- € an. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 2 wurde u.a. mit der Begründung angeordnet, die Überschreitung des zulässigen Maßes der in Anspruch genommenen Sondernutzungsfläche habe eine konkrete Behinderung für Fußgänger, Rollstuhlfahrer, Kinderwagen oder Fahrrad fahrende Kinder zur Folge. Diese konkrete Gefahr von Behinderungen könne nicht mehr länger hingenommen werden, denn die sich begegnenden Verkehrsteilnehmer sowie Kunden vor den Warenauslagen auf dem Gehweg in der belebten A-Straße seien so zu schützen, dass Behinderungen oder sonstige Gefährdungen als Folge zu enger Gehwegflächen ausgeschlossen werden.

5

Dagegen hat der Antragsteller am 17. Februar 2012 Widerspruch eingelegt und am 29. Februar 2012 beim beschließenden Gericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gestellt. Zur Begründung führt er aus, der Umstand, dass er in der Vergangenheit die „Grenze" von 1,20 m um einige cm überschritten habe, habe im Wesentlichen noch nie jemand gestört, außer einen Nachbar, mit dem er im Streit liege. Der angeordnete Sofortvollzug sei für ihn existenzbedrohend. Wenn es ihm nicht möglich sei, seine Waren auf dem Gehsteig zu präsentieren, werde nach der Erfahrung der Käuferkreis rapide abnehmen. Der Sofortvollzug der angefochtenen Verfügung komme letztlich früher oder später einer Schließung des Geschäfts gleich. Die Überschreitung um nur wenige cm über das in der früheren Erlaubnis genannte Maß von 1,20 m habe keineswegs zur Folge, dass es nicht mehr möglich sei, mit einem Kinderwagen oder einem Rollstuhl vorbeizukommen.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 6. Februar 2012 wiederherzustellen.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Sie ist dem Vorbringen des Antragstellers entgegen getreten.

II.

11

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bedarf zunächst der Auslegung gemäß § 122 i.V.m. § 88 VwGO. Ausweislich der Antragsschrift begehrt er „die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 6. Februar 2012 wiederherzustellen“. Bei verständiger Würdigung seines Begehrens wendet sich der Antragsteller sowohl gegen die Versagung der Sondernutzungserlaubnis für die Präsentation von Obst und Gemüse auf einem Teil der Fläche des öffentlichen Verkehrsraums vor dem Ladengeschäft des Antragstellers in der Ziffer 1 des Bescheids (1.) als auch gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in Ziffer 2 angeordneten Untersagung, vor dem Ladengeschäft auf öffentlicher Gehwegfläche Waren zu präsentieren oder Warenständer aufzustellen sowie die Aufforderung, die dort zur Ansicht oder zum Verkauf bereitgestellten Waren, die dafür benutzten Warenständer und sonstige Präsentationsmittel ersatzlos zu entfernen (2.). Zuletzt wehrt sich der Antragsteller auch gegen die in Ziffer 3 des Bescheids vom 6. Februar 2012 verfügte Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 € für den Fall, dass der Antragsteller gegen die Ziffer 2 verstößt (3.).

12

1. Soweit der Antragsteller gegen die Versagung der straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis vorgeht, ist sein Begehren als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft und auch ansonsten zulässig.

13

In der Sache bleibt der Antrag aber erfolglos. Dabei kann die Kammer offen lassen, ob als Rechtsgrundlage für einen Anordnungsanspruch hier überhaupt die Vorschrift des § 41 Abs. 1 LStrG in Betracht kommt. Danach bedarf der Gebrauch der Straße über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde.

14

Zwar erfüllt das Anbieten von Obst- und Gemüsewaren in Verkaufsständern im öffentlichen Verkehrsraum vor einem Ladengeschäft den Tatbestand des § 41 Abs. 1 LStrG. Denn dabei handelt es sich um eine ausschließlich gewerbliche Nutzung der öffentlichen Verkehrsfläche, bei der ein Verkehrsinteresse nicht vorhanden ist und die nicht auf individuelle Begegnung angelegt ist, sondern sich an die Allgemeinheit richtet (Stahlhut in: Kodal, Straßenrecht, 7. Auflage 2011, Kapitel 25 Rn. 96.2 und Kapitel 6 Rn. 103 ff.; Stuchlik, GewArch 2004, 143; vgl. auch VG Karlsruhe, GewArch 2005, 39). Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antragsteller Inhaber eines an der A-Straße gelegenen Gewerbebetriebs ist. Zwar steht ihm insoweit - in den Grenzen der Verkehrsüblichkeit und Gemeinverträglichkeit (vgl. § 34 Abs. 1 LStrG) - das Recht auf einen gesteigerten Gemeingebrauch (Anliegergebrauch) der Straße in Bezug auf solche Nutzungen zu, auf die er als Anlieger spezifisch angewiesen ist. Das Landesstraßengesetz gewährleistet dem Grundeigentümer sowie dem Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs das Recht auf Anliegergebrauch indes lediglich in seinem durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Kerngehalt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 2006, 82 m.w.N.). Dazu gehören die Zugänglichkeit eines Grundstücks (§ 39 LStrG) und (bei Gewerbebetrieben) der „Kontakt nach außen“. Dieser gegenüber dem schlichten Gemeingebrauch von Nicht-Anliegern gesteigerte Schutz reicht indessen nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums oder Bestand und Ausübung des Gewerbebetriebs eine Benutzung der Straße unabdingbar erfordern (vgl. BVerwG, NJW 1988, 432/433). Dazu zählt das Aufstellen von Verkaufsständen auf der öffentlichen Verkehrsfläche vor einem Gewerbebetrieb nicht.

15

Es ist vorliegend jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller in der Sache im Hinblick auf die Konzentrationswirkung des § 41 Abs. 7 Satz 1 LStrG statt einer Sondernutzungserlaubnis nach § 41 Abs. 1 LStrG eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO benötigt. Gemäß § 41 Abs. 7 Satz 1 LStrG bedarf es keiner Erlaubnis nach Absatz 1, sofern nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung oder eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist. Die genannte Vorschrift will nach ihrem Sinn und Zweck vermeiden, dass in den Fällen, in denen eine Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung nach dem Straßenverkehrsrecht notwendig ist, zusätzlich noch eine gesonderte wegerechtliche Erlaubnis einzuholen ist. Sie dient auf diese Weise der Verfahrenskonzentration (vgl. BVerwG, GewArch 1994, 389).

16

Nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO ist das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße verboten, wenn dadurch Verkehrsteilnehmer in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Von diesem Verbot können die Straßenverkehrsbehörden nach § 46 Abs. 1 Nr. 9 StVO in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen. Zwar ist ein Nachweis konkret entstandener Verkehrsgefahren oder -unfälle insoweit nicht erforderlich, sondern es genügt eine abstrakte Gefahr (vgl. BVerwG, GewArch 1994, 389). Diese liegt vor, wenn angesichts des jeweiligen Verhaltens oder Zustands nach generalisierender Betrachtung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Störung aufzutreten pflegt (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 33 StVO Rn. 9 m.w.N.). Bei breitem Aufstellen von Kisten mit Waren auf dem Gehsteig kann dies der Fall sein (OLG Hamm, VRS 17, 463).

17

Für das Erfordernis einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO spricht hier, dass der Antragsteller seine Obst- und Gemüsekisten vor dem Ladenlokal über die in Ziffer 3 b der Anlage 3 der Satzung der Antragsgegnerin über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen i. d. F. vom 16. Juni 2011 erlaubte maximale Tiefe von 1,20 m hinaus aufstellen möchte - in seinem Antrag vom 26. Januar 2012 hat er eine Tiefe von 1,40 m angegeben – und die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, die Überschreitung des zulässigen Maßes der in Anspruch genommenen Sondernutzungsfläche von 1,20 m habe eine konkrete Behinderung für Fußgänger, Rollstuhlfahrer, Kinderwagen oder Fahrrad fahrende Kinder zur Folge.

18

Der Frage nach der einschlägigen Rechtsgrundlage braucht die Kammer hier indessen nicht weiter nachzugehen, denn unabhängig davon, ob als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Antragstellers § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG oder § 46 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO in Betracht kommt, fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Sowohl § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG als auch § 46 Abs. 1 Nr. 9 StVO setzen eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde - hier der Antragsgegnerin als Straßenbaubehörde im Sinne des § 49 Abs. 3 Nr. 2 LStrG oder als Straßenverkehrsbehörde im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Straßenverkehrsrechts - voraus. Bei Verwaltungsakten, die im Ermessen der Behörde stehen, kann die Verpflichtung zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts nur ausgesprochen werden, wenn angesichts der konkreten Umstände des Falles nur eine einzige, bestimmte Entscheidung in Betracht kommt, die nicht ermessensfehlerhaft wäre (sog. Ermessensreduktion auf Null). Diese Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht gegeben, da der Antragsteller in der Vergangenheit beharrlich gegen die in den diversen Sondernutzungserlaubnissen angeordnete tiefenmäßige Beschränkung von 1,20 m gemessen ab der Häuserfront verstoßen hat (s. z.B. die Lichtbilder auf Bl. 110: 1,80 m; Bl. 195: 2,30 m; Bl. 211: 1,69 m; Bl. 220: 1,65 m; Bl. 104: Einkaufswagen gefüllt mit Zwiebeln steht mitten auf dem Bürgersteig; Bl. 115: Paletten reichen bis unmittelbar an die Straße; Bl. 122: Aufstellen einer Außenkasse). Von einer Ermessensreduktion auf Null kann ferner auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Antragsteller eine Erlaubnis zum Aufstellen von Warenständern bis in eine Tiefe von 1,40 m beantragt hat, während Ziffer 3 b der Anlage 3 der Satzung der Antragsgegnerin über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen in der Fassung vom 16. Juni 2011 nur eine maximale Tiefe von 1,20 m erlaubt.

19

Hat der Antragsteller damit bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, kann dahin stehen, ob der Antrag darüber hinaus auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache hinausläuft.

20

2. Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO statthafte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Ziffer 2 des Bescheids vom 6. Februar 2012 verfügte Untersagung, vor dem Ladengeschäft auf öffentlicher Gehwegfläche Waren zu präsentieren oder Warenständer aufzustellen sowie die Aufforderung, die dort zur Ansicht oder zum Verkauf bereitgestellten Waren, die dafür benutzten Warenständer und sonstige Präsentationsmittel ersatzlos zu entfernen, ist zulässig, bleibt in der Sache aber ebenfalls erfolglos.

21

Zunächst hat die Antragsgegnerin in formeller Hinsicht die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 2 der Verfügung vom 6. Februar 2012 ausreichend nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Nach dieser Vorschrift ist bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dies soll den Betroffenen in die Lage versetzen, in Kenntnis dieser Gründe seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs abzuschätzen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, AS 19, 237, 238). Der Behörde wird zugleich der Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung verdeutlicht und eine besonders sorgfältige Prüfung des Vollzugsinteresses auferlegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, VBlBW 2002, 441; OVG Nordrhein-Westfalen, NJW 2001, 3427).

22

Die Antragsgegnerin hat diese Vorschrift beachtet. Sie hat die entsprechende Anordnung damit begründet, die Überschreitung des zulässigen Maßes der in Anspruch genommenen Sondernutzungsfläche habe eine konkrete Behinderung für Fußgänger, Rollstuhlfahrer, Kinderwagen oder Fahrrad fahrende Kinder zur Folge. Diese konkrete Gefahr von Behinderungen könne nicht mehr länger hingenommen werden, denn die sich begegnenden Verkehrsteilnehmer sowie Kunden vor den Warenauslagen auf dem Gehweg in der belebten A-Straße seien so zu schützen, dass Behinderungen oder sonstige Gefährdungen als Folge zu enger Gehwegflächen ausgeschlossen werden. Im Falle der Einlegung von Rechtsmitteln, die aufschiebende Wirkung entfalten würden, wären diese Gefahren auf längere Zeit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung gegeben. Bei einer Abwägung der Interessen des Gewerbetreibenden gegenüber den Interessen der Allgemeinheit an einer gefahrlosen Benutzung des Gehweges müsse den Allgemeininteressen der Vorzug vor dem Gewinnstreben des Gewerbetreibenden gegeben werden. Damit liegt eine auf den konkreten Einzelfall abgestellte und nicht lediglich formelhafte Begründung des besonderen Vollzugsinteresses vor.

23

Auch in materieller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 2 der Verfügung vom 6. Februar 2012 rechtlich nicht zu beanstanden.

24

Für das Interesse des Betroffenen, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang (vgl. BVerfG, NVwZ 2009, 581). Ein überwiegendes Interesse eines Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht (vgl. BVerfG, NVwZ 2009, 240; OVG Schleswig-Holstein, NordÖR 2007, 452; s. auch Finkelnburg/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rdnr. 975). Kann aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht festgestellt werden, ob der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist, so beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Sofortvollzuges des Verwaltungsakts auf die Durchführung einer Interessenabwägung, die je nach Fallkonstellation zugunsten des Antragstellers oder des Antragsgegners ausgehen kann (BVerfG, NVwZ 2007, 1176, 1177). Das Gericht nimmt – da § 80 Abs. 5 VwGO keinerlei inhaltliche Einschränkungen enthält – die Abwägung in eigener Verantwortung vor. Es prüft eigenständig, ob unter Berücksichtigung und Gewichtung aller für und wider den Sofortvollzug sprechenden Umstände – auch solcher, die der Behörde nicht bekannt waren – die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes in der Hauptsache oder aus anderen Gründen wiederherzustellen ist (vgl. Finkelnburg/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 963); maßgebend für die Interessenabwägung sind dabei die Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05. August 2009 – 18 B 331/09 -, juris; OVG Niedersachsen, NVwZ-RR 2008, 483).

25

Nach diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagung das private Interesse des Antragstellers, dieser bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens einstweilen nicht nachkommen zu müssen. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ergibt sich daraus, dass die angefochtene Ziffer 2 des Bescheids vom 6. Februar 2012 offensichtlich rechtmäßig ist und mit ihrer Durchsetzung nicht bis zur Bestandskraft, deren Eintritt noch nicht abzusehen ist, abgewartet werden kann.

26

Verfahrensrechtliche Bedenken gegen die Untersagungsverfügung bestehen nicht, da der Antragsteller vor Erlass des Bescheids gemäß § 1 LVwVfG i. V. m. § 28 Abs. 1 VwVfG mit Schreiben vom 11. Januar 2012 angehört worden ist.

27

In materieller Hinsicht ist die Ziffer 2 des Bescheids vom 6. Februar 2012 offensichtlich rechtmäßig. Rechtsgrundlage hierfür ist § 41 Abs. 8 Satz 1 LStrG. Danach kann die Straßenbaubehörde in den Fällen, in denen eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird oder der Erlaubnisnehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung oder zur Erfüllung der Auflagen anordnen.

28

Die Vorschrift des § 41 Abs. 8 Satz 1 LStrG ist einschlägig unabhängig davon, ob der Antragsteller für die Präsentation seiner Obst- und Gemüsewaren vor dem Ladengeschäft eine Sondernutzungserlaubnis nach § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG oder eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO benötigt. Die Konzentrationswirkung des § 41 Abs. 7 Satz 1 LStrG berührt nicht die Befugnis der Straßenbaubehörde, gemäß § 41 Abs. 8 Satz 1 LStrG gegen unerlaubte Sondernutzungen einzuschreiten (Bogner/Bitterwolf-de Boer/Probstfeld/ Kaminski, LStrG, Stand Januar 2010, § 41 Anm. 7.1.; Hess. VGH Kassel, DÖV 1992, 38).

29

Die Tatbestandsvoraussetzungen des zum behördlichen Eingreifen ermächtigenden § 41 Abs. 8 Satz 1 LStrG sind erfüllt. Die Nutzung des öffentlichen Verkehrsraums vor dem Ladengeschäft des Antragstellers ist Sondernutzung (siehe oben). Der Antragsteller verfügt nicht über eine Sondernutzungserlaubnis.

30

Die Untersagungsverfügung ist auch auf der Rechtsfolgenseite nicht zu beanstanden. Sie leidet insbesondere nicht an Ermessensfehlern im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO.

31

Allein das Fehlen einer erforderlichen Sondernutzungserlaubnis (formelle Illegalität) berechtigt die Straßenbaubehörde im Regelfall zu Maßnahmen nach § 41 Abs. 8 Satz 1 LStrG (Bogner/Bitterwolf-de Boer/Probstfeld/Kaminski, LStrG, a.a.O., § 41 Anm. 8.4.; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, GewArch 2012, 93). Die Nutzung des öffentlichen Verkehrsraums vor dem Ladengeschäft des Antragstellers ist derzeit formell illegal. Dieser verfügt nicht über eine Sondernutzungserlaubnis oder eine Ausnahmegenehmigung. Es ist auch nicht erkennbar, dass er einen unbedingten Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis aus § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG oder einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 9 StVO haben könnte.

32

3. Keinen Erfolg haben kann der Antrag des Antragstellers auch insoweit, als er sich gegen die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 € in Ziffer 3 des Bescheids wendet. Der Antrag ist statthaft nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt., Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 20 AGVwGO und auch ansonsten zulässig. Er ist jedoch unbegründet, da die Voraussetzungen der §§ 61, 64, 66 LVwVG hier gegeben sind. Insbesondere war eine Fristbestimmung entbehrlich (§ 66 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 LVwVG). Gegen die Höhe des angedrohten Zwangsgelds bestehen keine Bedenken.

33

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

34

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2, 63 GKG i. V. m. den Ziffern 1.5 und 43.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004.

(1) Wer zu Fuß geht, muss die Gehwege benutzen. Auf der Fahrbahn darf nur gegangen werden, wenn die Straße weder einen Gehweg noch einen Seitenstreifen hat. Wird die Fahrbahn benutzt, muss innerhalb geschlossener Ortschaften am rechten oder linken Fahrbahnrand gegangen werden; außerhalb geschlossener Ortschaften muss am linken Fahrbahnrand gegangen werden, wenn das zumutbar ist. Bei Dunkelheit, bei schlechter Sicht oder wenn die Verkehrslage es erfordert, muss einzeln hintereinander gegangen werden.

(2) Wer zu Fuß geht und Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführt, muss die Fahrbahn benutzen, wenn auf dem Gehweg oder auf dem Seitenstreifen andere zu Fuß Gehende erheblich behindert würden. Benutzen zu Fuß Gehende, die Fahrzeuge mitführen, die Fahrbahn, müssen sie am rechten Fahrbahnrand gehen; vor dem Abbiegen nach links dürfen sie sich nicht links einordnen.

(3) Wer zu Fuß geht, hat Fahrbahnen unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten. Wenn die Verkehrsdichte, Fahrgeschwindigkeit, Sichtverhältnisse oder der Verkehrsablauf es erfordern, ist eine Fahrbahn nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Lichtzeichenanlagen innerhalb von Markierungen, an Fußgängerquerungshilfen oder auf Fußgängerüberwegen (Zeichen 293) zu überschreiten. Wird die Fahrbahn an Kreuzungen oder Einmündungen überschritten, sind dort vorhandene Fußgängerüberwege oder Markierungen an Lichtzeichenanlagen stets zu benutzen.

(4) Wer zu Fuß geht, darf Absperrungen, wie Stangen- oder Kettengeländer, nicht überschreiten. Absperrschranken (Zeichen 600) verbieten das Betreten der abgesperrten Straßenfläche.

(5) Gleisanlagen, die nicht zugleich dem sonstigen öffentlichen Straßenverkehr dienen, dürfen nur an den dafür vorgesehenen Stellen betreten werden.

(1) Verboten ist

1.
der Betrieb von Lautsprechern,
2.
das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,
3.
außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,
wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Auch durch innerörtliche Werbung und Propaganda darf der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden.

(2) Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 bis 43 in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4) gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind unzulässig.

(3) Ausgenommen von den Verboten des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und des Absatzes 2 Satz 2 sind in der Hinweisbeschilderung für Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen und für Autohöfe die Hinweise auf Dienstleistungen, die unmittelbar den Belangen der am Verkehr Teilnehmenden auf den Bundesautobahnen dienen.

(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für

1.
Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2.
einspurige Kraftfahrzeuge,
3.
Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4.
motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung,
5.
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6.
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1.
der permanent angetriebenen Achsen und
2.
der vorderen Lenkachsen
mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2.
während der Fahrt
a)
einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser inkm/hangezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
b)
nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.
Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

(1) Wer zu Fuß geht, muss die Gehwege benutzen. Auf der Fahrbahn darf nur gegangen werden, wenn die Straße weder einen Gehweg noch einen Seitenstreifen hat. Wird die Fahrbahn benutzt, muss innerhalb geschlossener Ortschaften am rechten oder linken Fahrbahnrand gegangen werden; außerhalb geschlossener Ortschaften muss am linken Fahrbahnrand gegangen werden, wenn das zumutbar ist. Bei Dunkelheit, bei schlechter Sicht oder wenn die Verkehrslage es erfordert, muss einzeln hintereinander gegangen werden.

(2) Wer zu Fuß geht und Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführt, muss die Fahrbahn benutzen, wenn auf dem Gehweg oder auf dem Seitenstreifen andere zu Fuß Gehende erheblich behindert würden. Benutzen zu Fuß Gehende, die Fahrzeuge mitführen, die Fahrbahn, müssen sie am rechten Fahrbahnrand gehen; vor dem Abbiegen nach links dürfen sie sich nicht links einordnen.

(3) Wer zu Fuß geht, hat Fahrbahnen unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten. Wenn die Verkehrsdichte, Fahrgeschwindigkeit, Sichtverhältnisse oder der Verkehrsablauf es erfordern, ist eine Fahrbahn nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Lichtzeichenanlagen innerhalb von Markierungen, an Fußgängerquerungshilfen oder auf Fußgängerüberwegen (Zeichen 293) zu überschreiten. Wird die Fahrbahn an Kreuzungen oder Einmündungen überschritten, sind dort vorhandene Fußgängerüberwege oder Markierungen an Lichtzeichenanlagen stets zu benutzen.

(4) Wer zu Fuß geht, darf Absperrungen, wie Stangen- oder Kettengeländer, nicht überschreiten. Absperrschranken (Zeichen 600) verbieten das Betreten der abgesperrten Straßenfläche.

(5) Gleisanlagen, die nicht zugleich dem sonstigen öffentlichen Straßenverkehr dienen, dürfen nur an den dafür vorgesehenen Stellen betreten werden.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für

1.
Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2.
einspurige Kraftfahrzeuge,
3.
Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4.
motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung,
5.
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6.
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1.
der permanent angetriebenen Achsen und
2.
der vorderen Lenkachsen
mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2.
während der Fahrt
a)
einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser inkm/hangezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
b)
nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.
Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

(1) Wer zu Fuß geht, muss die Gehwege benutzen. Auf der Fahrbahn darf nur gegangen werden, wenn die Straße weder einen Gehweg noch einen Seitenstreifen hat. Wird die Fahrbahn benutzt, muss innerhalb geschlossener Ortschaften am rechten oder linken Fahrbahnrand gegangen werden; außerhalb geschlossener Ortschaften muss am linken Fahrbahnrand gegangen werden, wenn das zumutbar ist. Bei Dunkelheit, bei schlechter Sicht oder wenn die Verkehrslage es erfordert, muss einzeln hintereinander gegangen werden.

(2) Wer zu Fuß geht und Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführt, muss die Fahrbahn benutzen, wenn auf dem Gehweg oder auf dem Seitenstreifen andere zu Fuß Gehende erheblich behindert würden. Benutzen zu Fuß Gehende, die Fahrzeuge mitführen, die Fahrbahn, müssen sie am rechten Fahrbahnrand gehen; vor dem Abbiegen nach links dürfen sie sich nicht links einordnen.

(3) Wer zu Fuß geht, hat Fahrbahnen unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten. Wenn die Verkehrsdichte, Fahrgeschwindigkeit, Sichtverhältnisse oder der Verkehrsablauf es erfordern, ist eine Fahrbahn nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Lichtzeichenanlagen innerhalb von Markierungen, an Fußgängerquerungshilfen oder auf Fußgängerüberwegen (Zeichen 293) zu überschreiten. Wird die Fahrbahn an Kreuzungen oder Einmündungen überschritten, sind dort vorhandene Fußgängerüberwege oder Markierungen an Lichtzeichenanlagen stets zu benutzen.

(4) Wer zu Fuß geht, darf Absperrungen, wie Stangen- oder Kettengeländer, nicht überschreiten. Absperrschranken (Zeichen 600) verbieten das Betreten der abgesperrten Straßenfläche.

(5) Gleisanlagen, die nicht zugleich dem sonstigen öffentlichen Straßenverkehr dienen, dürfen nur an den dafür vorgesehenen Stellen betreten werden.

(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für

1.
Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2.
einspurige Kraftfahrzeuge,
3.
Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4.
motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung,
5.
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6.
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1.
der permanent angetriebenen Achsen und
2.
der vorderen Lenkachsen
mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2.
während der Fahrt
a)
einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser inkm/hangezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
b)
nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.
Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

(1) Wer abbiegen will, muss dies rechtzeitig und deutlich ankündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Wer nach rechts abbiegen will, hat sein Fahrzeug möglichst weit rechts, wer nach links abbiegen will, bis zur Mitte, auf Fahrbahnen für eine Richtung möglichst weit links, einzuordnen, und zwar rechtzeitig. Wer nach links abbiegen will, darf sich auf längs verlegten Schienen nur einordnen, wenn kein Schienenfahrzeug behindert wird. Vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen ist auf den nachfolgenden Verkehr zu achten; vor dem Abbiegen ist es dann nicht nötig, wenn eine Gefährdung nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist.

(2) Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll. Beim Überqueren ist der Fahrzeugverkehr aus beiden Richtungen zu beachten. Wer über eine Radverkehrsführung abbiegt, muss dieser im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich folgen.

(3) Wer abbiegen will, muss entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen, Schienenfahrzeuge, Fahrräder mit Hilfsmotor, Fahrräder und Elektrokleinstfahrzeuge auch dann, wenn sie auf oder neben der Fahrbahn in der gleichen Richtung fahren. Dies gilt auch gegenüber Linienomnibussen und sonstigen Fahrzeugen, die gekennzeichnete Sonderfahrstreifen benutzen. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen; wenn nötig, ist zu warten.

(4) Wer nach links abbiegen will, muss entgegenkommende Fahrzeuge, die ihrerseits nach rechts abbiegen wollen, durchfahren lassen. Einander entgegenkommende Fahrzeuge, die jeweils nach links abbiegen wollen, müssen voreinander abbiegen, es sei denn, die Verkehrslage oder die Gestaltung der Kreuzung erfordern, erst dann abzubiegen, wenn die Fahrzeuge aneinander vorbeigefahren sind.

(5) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.

(6) Wer ein Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t innerorts führt, muss beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn auf oder neben der Fahrbahn mit geradeaus fahrendem Radverkehr oder im unmittelbaren Bereich des Einbiegens mit die Fahrbahn überquerendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist.

(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für

1.
Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2.
einspurige Kraftfahrzeuge,
3.
Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4.
motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung,
5.
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6.
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1.
der permanent angetriebenen Achsen und
2.
der vorderen Lenkachsen
mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2.
während der Fahrt
a)
einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser inkm/hangezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
b)
nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.
Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

(1) Verboten ist

1.
der Betrieb von Lautsprechern,
2.
das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,
3.
außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,
wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Auch durch innerörtliche Werbung und Propaganda darf der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden.

(2) Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 bis 43 in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4) gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind unzulässig.

(3) Ausgenommen von den Verboten des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und des Absatzes 2 Satz 2 sind in der Hinweisbeschilderung für Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen und für Autohöfe die Hinweise auf Dienstleistungen, die unmittelbar den Belangen der am Verkehr Teilnehmenden auf den Bundesautobahnen dienen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. Mai 2013 - 4 K 2781/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Landratsamtes Karlsruhe, einen von ihm errichteten Wintergarten abzubrechen.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. ... der Gemarkung F., S... Straße x. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus und einer Garage bebaut. Es liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B.“ der Gemeinde F. vom 16.9.1968, zuletzt geändert am 22.6.1998.
Im Jahr 1999 teilte die Gemeinde F. dem Landratsamt Karlsruhe mit, der Nachbar des Klägers, der Miteigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. ..., habe angezeigt, dass der Kläger auf seinem Grundstück unter dem Balkon seines Hauses einen Wintergarten angebaut habe, der zu nahe an der Grundstücksgrenze stehe. Im Anschluss an eine Besichtigung durch den Kreisbaumeister am 23.8.1999 reichte der Kläger am 30.8.1999 einen Bauantrag für den Anbau eines Wintergartens ein. Die Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. ... stimmten durch Unterschrift unter die Angrenzer-Erklärung dem Bauvorhaben zu und unterschrieben auch die Bauvorlagen. Nach einem Aktenvermerk vom 16.9.1999 hielt die Baurechtsbehörde des Landratsamtes den Bauantrag jedoch nicht für genehmigungsfähig. Ein Bescheid erging allerdings nicht.
Nachdem sich der Nachbar im Jahr 2009 erneut bei der Gemeinde F. beschwert hatte, bat die Gemeinde das Landratsamt um Mitteilung des Sachstandes. Mit Schreiben vom 27.1.2010 forderte das Landratsamt den Kläger auf, einen Bauantrag für die Errichtung des Wintergartens zu stellen. Der Kläger teilte daraufhin telefonisch mit, das Bauvorhaben sei vor ca. neun Jahren genehmigt worden, entsprechende Unterlagen seien aber bei einem Wasserschaden in seinem Haus vernichtet worden. Die Recherche des Landratsamtes ergab jedoch, dass eine solche Genehmigung nicht erteilt worden war. Es teilte dem Kläger mit, dass bereits im Jahr 1999 der Anbau des Wintergartens als nicht genehmigungsfähig eingestuft worden sei. An dieser Rechtsauffassung werde festgehalten. Es sei beabsichtigt, den Abbruch zu verfügen.
Mit Bescheid vom 30.3.2011 ordnete das Landratsamt an, den errichteten Wintergarten innerhalb eines Monats nach Bestandskraft der Entscheidung zu beseitigen. Dem Kläger sei keine Baugenehmigung erteilt und der Wintergarten somit rechtswidrig errichtet worden. Die für den Wintergarten erforderlichen Abstandsflächen lägen zum Teil auf dem Nachbargrundstück Flst.-Nr. ... Nach Aktenlage und den geführten Gesprächen sei nicht davon auszugehen, dass die Eigentümer dieses Nachbargrundstücks bereit seien, für diese Fläche eine Baulast zu bestellen. Zudem befinde sich der Wintergarten komplett außerhalb der im Bebauungsplan „B.“ festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche. Eine Befreiung von der Festsetzung könne nicht erteilt werden. Somit stünden weitere öffentliche Vorschriften dem Vorhaben entgegen. Die Beseitigung des Wintergartens sei nach pflichtgemäßer Ermessensausübung zu verfügen. Die durch die Beseitigung auftretenden finanziellen Verluste könnten nicht berücksichtigt werden, da der Wintergarten ungenehmigt und im Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans errichtet worden sei.
Den gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 13.9.2011 zurück. Rechtsgrundlage der Abbruchverfügung sei § 65 LBO. Der Wintergarten sei weder genehmigt noch genehmigungsfähig, da die erforderlichen Abstandsflächen zum Nachbargrundstück nicht eingehalten würden und das Bauvorhaben vollständig außerhalb des Baufensters liege. Der Abstand zwischen dem Wintergarten und der Nachbargrenze betrage nur zwischen 1,1 m und 1,9 m. Eine Ausnahme nach § 6 Abs. 3 LBO komme nicht in Betracht, weil es an der erforderlichen Atypik fehle. Der Wintergarten zähle auch nicht zu den nach § 6 Abs. 1 LBO privilegiert zulässigen Vorhaben, da er als zusätzlicher Wohnraum dem Hauptgebäude zuzuordnen sei. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der mit dem Wintergarten überschrittenen hinteren Baugrenze könne nicht erteilt werden. Mit der Zulassung würde in die Grundzüge der Planung eingegriffen. Sie würde als Präzedenzfall für weitere Bauwünsche ähnlicher Art herangezogen werden können. Zudem seien weitere tatbestandliche Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt. Das Landratsamt habe den Abbruch in ermessensfehlerfreier Weise verfügt. Das öffentliche Interesse an der Beseitigung baurechtswidriger Zustände und damit die Verhinderung künftiger Schwarzbauten durch konsequentes Einschreiten gegen bestehende Schwarzbauten habe in der Regel Vorrang vor den privaten Interessen des Bauherrn. Da der Kläger ohne Genehmigung gebaut habe, trage er das Risiko der Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands. Auch die Höhe der Abbruchkosten sei grundsätzlich kein geeigneter Grund, der dem Erlass einer Abbruchanordnung entgegenstehe. Ein milderes Mittel sei nicht erkennbar. Die Baurechtsbehörde habe die Befugnis zum Einschreiten auch nicht verwirkt. Ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse könnten nicht verwirkt werden. Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen der Verwirkung nicht vor, weil das Landratsamt keinen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, der beim Kläger ein schützenswertes Vertrauen habe entstehen lassen können. Zeitablauf allein führe nicht zur Verwirkung. Außerdem fehle es an der erforderlichen Kausalität zwischen dem Verhalten der Behörde und einer Disposition des Verpflichteten, denn der Wintergarten sei bereits errichtet gewesen.
Die gegen den Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 30.3.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.9.2011 erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe nach Einnahme eines Augenscheins mit Urteil vom 3.5.2013 (- 4 K 2781/11 -) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der ohne Baugenehmigung erstellte Wintergarten sei materiell illegal. Er sei nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO abstandsflächenpflichtig. Er zähle nicht zu den nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 LBO in den Abstandsflächen ohne Einhaltung eigener Abstandsflächen zulässigen baulichen Anlagen, da er Wohnraumqualität besitze. Die §§ 5 und 6 LBO seien nicht durch Erklärungen des Nachbarn verzichtbar. Die nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBO erforderliche öffentlich-rechtliche Sicherung, nämlich die Übernahme einer Baulast, liege nicht vor. Der Wintergarten verstoße zudem in planungsrechtlicher Hinsicht gegen § 4 der schriftlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „B.“, über die Bautiefe. Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB lägen nicht vor. Es sei nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) geboten, das Vorhaben am vorgesehenen Standort zu verwirklichen. Der Befreiungstatbestand des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB scheide ebenfalls aus, weil im Falle einer Befreiung mit dieser Begründung ein Grundzug der gemeindlichen Planung - die festgesetzte Bautiefe - berührt würde. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB komme ebenfalls nicht in Betracht, weil der erforderliche echte Sonderfall nicht vorliege. Die Abbruchanordnung verletze mangels vergleichbarer Anlagen in der Umgebung auch nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG. Eine wirksame Zusage des ehemaligen Kreisbaumeisters, dass der Wintergarten weitergebaut werden dürfe, liege mangels Schriftform nicht vor. Die Befugnis für den Erlass der Abbruchanordnung sei auch nicht verwirkt. Das beklagte Land habe kein Verhalten an den Tag gelegt, das darauf schließen ließe, es werde von der Möglichkeit einer Abbruchanordnung keinen Gebrauch machen. Ferner könnten ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse, wie der Erlass einer Abbruchanordnung, nicht verwirkt werden.
Mit Beschluss vom 13.1.2014 (– 5 S 1231/13 –) hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung gegen das Urteil wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 21.1.2014 zugestellt.
Am 20.2.2014 hat der Kläger seine Berufung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Wintergarten sei mit materiellem Baurecht vereinbar. Es bestehe ein Anspruch auf Zulassung geringerer Tiefen der Abstandsflächen nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO. Eine Beleuchtung mit Tageslicht sei gewährleistet, weil der Wintergarten überwiegend aus Glas hergestellt sei und aufgrund seiner Lage an der nordöstlichen Gebäudewand sowie des Verlaufs der Sonne das Grundstück des Nachbarn nicht beeinträchtige. Es sei auch nicht ersichtlich, dass negative Einwirkungen auf die Belüftung eintreten und dass Gründe des Brandschutzes entgegenstehen könnten. Die Eigentümer des Nachbargrundstücks seien nicht schutzwürdig, weil sie dem Bauvorhaben bereits am 30.07.1999 zugestimmt und sich über zehn Jahre nicht (mehr) gegen den Wintergarten zur Wehr gesetzt hätten. Diese Umstände stellten zudem eine atypische Situation dar. Wegen der Überschreitung der hinteren Baugrenze sei eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB zu erteilen. Bei dieser Festsetzung handele es sich nicht um einen Grundzug der Planung. Den Bebauungsplanunterlagen sei nicht zu entnehmen, dass die Baugrenze für die Gemeinde von wesentlicher Bedeutung gewesen sei. Die Bebauungsplanbegründung schweige sich hierzu aus, während andere Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung ausdrücklich begründet worden seien. Zudem sei die mit der hinteren Baugrenze in engem, unauflöslichem Zusammenhang stehende Festsetzung der Haustiefe nur eine Sollvorschrift. Für eine untergeordnete Bedeutung der hinteren Baugrenze sprächen auch die zahlreichen genehmigten Überschreitungen. Zudem sei davon auszugehen, dass die Zahl der Überschreitungen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung des Baugebiets weit höher sei. Das notwendige Einvernehmen der Gemeinde habe nur deshalb nicht hergestellt werden können, weil das Landratsamt sich geweigert habe, den Bauantrag aus dem Jahr 1996 an die Gemeinde weiterzuleiten.
10 
Der mit der Festsetzung in § 4 des Bebauungsplans über die zulässigen Bautiefen verfolgte Grundzug der Planung eines einheitlichen Ortsbildes, werde durch den Wintergarten nicht beeinträchtigt. Durch ihre lange Untätigkeit in Kenntnis der Existenz des Wintergartens habe die Gemeinde zu erkennen gegeben, dass sie sich an dem Wintergarten nicht störe, also Grundzüge ihrer Planung durch eine Befreiung nicht als berührt ansehe. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, dass der Wintergarten eine negative Vorbildfunktion auf die Umgebung ausüben würde. Die Befreiung sei zudem städtebaulich vertretbar und auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
11 
Das Landratsamt Karlsruhe habe im Übrigen sein Recht zum bauaufsichtlichen Einschreiten verwirkt. Aufgrund einer Äußerung des ehemaligen Kreisbaumeisters zu einem Zeitpunkt, als erst das Fundament des Wintergartens errichtet gewesen sei, habe er (der Kläger) darauf vertraut, dass die Behörde gegen den Bau nicht einschreiten werde und habe den Wintergarten auf dem bereits vorhandenen Fundament errichtet. Ordnungsbehördliche Eingriffsbefugnisse könnten nur dann nicht verwirkt werden, wenn gravierende Allgemeingefahren in Rede stünden. Das sei hier nicht der Fall. Die Abbruchanordnung sei aber jedenfalls - insbesondere wegen des widersprüchlichen und nachlässigen Handelns der Baurechtsbehörde - unverhältnismäßig. Es sei unerheblich, ob es sich bei der Aussage des Kreisbaumeisters um eine Zusicherung im Sinne von § 38 LVwVfG handele. Entscheidend sei allein, dass er das Verhalten der Baurechtsbehörde habe dahingehend auffassen dürfen, dass diese mit der Errichtung des Wintergartens einverstanden sei. Schließlich sei nicht geprüft worden, ob eine Teilabrissverfügung in Betracht komme.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3.5.2013 - 4 K 2781/11 - zu ändern und den Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 30.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.9.2011 aufzuheben.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Der Wintergarten sei nicht genehmigt und nicht genehmigungsfähig. Er halte die erforderlichen Abstandsflächen nicht ein. Der Zulassung geringerer Abstandsflächentiefen stünden brandschutzrechtliche Gesichtspunkte entgegen. Ferner werde der Nachbar die erforderliche Baulast nicht übernehmen. Der Wintergarten verstoße darüber hinaus gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans im Hinblick auf die dort geregelten Baugrenzen. Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Befreiung lägen nicht vor.
17 
Zu Fragen des Brandschutzes hat das Landratsamt auf Anforderung des Senats mitgeteilt, der Wintergarten entspreche dem derzeitigen Stand der Technik und erfülle mit Ausnahme des zu geringen Abstandes zur Nachbargrenze die brandschutztechnischen Anforderungen. Dieser Mangel sowie die Gefahr eines Brandüberschlages könnten durch verschiedene, im einzelnen dargestellte Maßnahmen kompensiert werden. Der Kläger hat daraufhin erklärt, er sei grundsätzlich bereit, die vorgeschlagene Variante „a.“ umzusetzen.
18 
Mit Beschluss vom 27.1.2016 hat der Senat dem Landratsamt aufgegeben, Lagepläne zu denjenigen Bauvorhaben vorzulegen, die auf - im Einzelnen bezeichneten - 20 Grundstücken im Umfeld des Grundstücks des Klägers genehmigt worden sind, und auf denen die Tiefe der Hauptgebäude sowie die Lage der hinteren Baugrenze verzeichnet sind. Aus den daraufhin vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass auf fünf dieser Grundstücke Überschreitungen der Baugrenze mit Hauptgebäuden genehmigt wurden. Darunter befindet sich auch das Nachbargrundstück Flst.-Nr. ...
19 
Dem Senat liegen die das Bauvorhaben betreffenden Akten des Landratsamtes Karlsruhe sowie die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe und der Bebauungsplan „B.“ mit sämtlichen Änderungen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf diese Akten sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
20 
Die aufgrund der Zulassung durch den Senat gemäß § 124 Abs. 1 VwGO statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet worden (§ 124a Abs. 3 Satz 1 bis 4 VwGO).
B.
21 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
22 
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die Klage gegen die angefochtene Abbruchanordnung im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Abbruchanordnung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO für ihren Erlass liegen vor, weil der Wintergarten des Klägers öffentlich rechtlichen Vorschriften widerspricht (I. 1.) und auf andere Weise keine rechtmäßigen Zustände hergestellt werden können (I. 2.). Die Anordnung, den gesamten Wintergarten zu beseitigen, weist auch keine Ermessensfehler auf (II.).
I.
23 
Rechtsgrundlage der angefochtenen Abbruchanordnung ist § 65 Satz 1 LBO. Nach dieser Vorschrift kann der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Frage, ob eine Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, beantwortet sich - wie der Wortlaut des § 65 Satz 1 LBO („errichtet wurde“) zeigt - nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer wesentlichen Fertigstellung. Soweit es um die weitere tatbestandliche Voraussetzung geht, ob auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können, kommt es dagegen grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an. Anderes gilt ausnahmsweise, wenn die betroffene bauliche Anlage in der Zeit danach rechtmäßig geworden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.12.1985 - 4 C 23.83 und 4 C 24.83 -,BauR 1986,195; Urteil vom 14.11.1957 - 1 C 168.56 -, BVerwGE 5, 351; offengelassen von VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2436/02 -, VBlBW 2004, 263).
24 
Nach diesen Grundsätzen wurde der Wintergarten des Klägers in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, denn eine Genehmigung lag nicht vor und der Wintergarten verstieß gegen materielle baurechtliche Vorschriften (1.). Die Herstellung rechtmäßiger Zustände auf andere Weise ist - bis heute - nicht möglich (2.).
25 
1. Der Wintergarten, für dessen Errichtung unstreitig keine Genehmigung erteilt worden ist, war im Zeitpunkt seiner Fertigstellung auch materiell illegal, denn er verstieß zum einen gegen die Abstandsflächenvorschrift des § 5 LBO 1995 (a)) und zum anderen gegen die im Bebauungsplan festgesetzte hintere Baugrenze (b)).
26 
a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 LBO 1995 müssen vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen auf dem Baugrundstück liegen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind. Ihre Tiefe bemisst sich nach der Wandhöhe (§ 5 Abs. 4 Satz 1 LBO 1995) und gegebenenfalls der Gebietsart (§ 5 Abs. 7 Satz 1 LBO 1995). Sie darf jedoch bei Wänden über 5 m Breite 2,5 m nicht unterschreiten; bei Wänden bis 5 m muss die Tiefe der Abstandsflächen mindestens 2 m betragen (§ 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 1995). Der Wintergarten des Klägers ist an seiner südöstlichen Seite zwar nur 4,7 m breit. Er hält jedoch den Mindestabstand von 2 m zur Grenze nicht ein. Nach dem vom Kläger zur Genehmigung gestellten Lageplan beträgt der Grenzabstand nur zwischen 1,1 und 1,9 m. Es liegt auch kein Sonderfall nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO 1995 vor, da der Wintergarten nicht nur einen Nebenraum enthält, sondern Teil des Wohnraums ist.
27 
b) Der Wintergarten überschreitet darüber hinaus die im Bebauungsplan festgesetzte hintere Baugrenze. Der Bebauungsplan enthält in seiner Ursprungsfassung für jedes Grundstück ein Baufenster, das durch eine hintere und eine seitliche Baugrenze sowie eine vordere Baulinie gebildet wird. Die Festsetzung der seitlichen Baugrenze wurde durch Änderungssatzung vom 22.6.1998 aufgehoben, die hintere Baugrenze dagegen nicht. Ein Verstoß gegen die Festsetzung der Baugrenze läge nur dann nicht vor, wenn die Festsetzung funktionslos geworden wäre. Das vermag der Senat jedoch nicht festzustellen. Auf dem Bebauungsplan ist zwar der - rechtlich nicht bindende - Vermerk vom 16.8.1989 „Baufenster schon überschritten, Baugrenzen gegenstandslos, Baulinie ist weiterhin zu beachten“ angebracht. Dieser Vermerk ist jedoch mit einem Pfeil versehen, der auf das vom Grundstück des Klägers weit entfernte Grundstück Flst.-Nr. ... am nördlichen Rand des Plangebiets verweist. Der weitere Vermerk vom 12.7.1991: „Baufenster sind durch WiGa schon überschritten“ lässt zwar nicht eindeutig erkennen, ob er sich auf das gesamte Plangebiet oder nur ein bestimmtes Teilgebiet bezieht. Aus ihm kann jedoch jedenfalls nicht der Schluss gezogen werden, dass im Jahr 1999, dem Jahr der Errichtung des Wintergartens, die Überschreitungen bereits so zahlreich und gravierend waren, dass von einer Funktionslosigkeit der Festsetzung ausgegangen werden müsste. Das behauptet auch der Kläger nicht.
28 
2. Rechtmäßige Zustände können auch nicht auf andere Weise hergestellt werden. Die Zulassung geringerer Abstandsflächentiefen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO in der Fassung vom 5.3.2010 (LBO 2010) scheidet aus, weil Gründe des Brandschutzes dem entgegenstehen (a)). Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der bauplanungsrechtlichen Festsetzung der hinteren Baugrenze scheitert an den Voraussetzungen der Vorschrift (b)). Auch eine Verkleinerungsverfügung scheidet aus (c)).
29 
a) Der Wintergarten ist nicht nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 bauordnungsrechtlich genehmigungsfähig. Nach dieser Vorschrift sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Beleuchtung mit Tageslicht ist aufgrund der verglasten Außenflächen des Wintergartens in ausreichendem Maße gewährleistet. Auch für eine Beeinträchtigung der Belüftung bestehen keine Anhaltspunkte. Allerdings stehen jedenfalls Gründe des Brandschutzes der Zulassung geringerer Tiefen der Abstandsflächen entgegen. Es kommt daher nicht darauf an, ob nachbarliche Belange deshalb nicht beeinträchtigt sind, weil die Eigentümer des angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. ... der Errichtung des Wintergartens zugestimmt hatten (vgl. zu einem solchen Fall VGH Baden-Württ., Urteil vom 24.3.2014 – 8 S 1938/12 –, BauR 2014,1752).
30 
§ 27 LBO 2010 enthält Anforderungen u.a. an raumabschließende Bauteile. Nach seinem Absatz 4 müssen Brandwände als raumabschließende Bauteile zum Abschluss von Gebäuden (Gebäudeabschlusswand) ausreichend lang die Brandausbreitung auf andere Gebäude oder Brandabschnitte verhindern. § 7 LBOAVO regelt, in welchen Fällen Brandwände erforderlich sind. Nach dem hier einschlägigen § 7 Abs. 1 Nr. 1 LBOAVO sind Brandwände als Gebäudeabschlusswand erforderlich, wenn diese Abschlusswände an oder mit einem Abstand von weniger als 2,5 m gegenüber der Nachbargrenze oder mit einem Abstand von weniger als 5 m zu bestehenden oder baurechtlich zulässigen Gebäuden auf demselben Grundstück errichtet werden, es sei denn, dass der Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist. Diese Anforderungen erfüllt der Wintergarten des Klägers, der in einem Abstand von weniger als 2,5 m zu Grenze steht, unstreitig nicht.
31 
b) Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der im Bebauungsplan festgesetzten hinteren Baugrenze liegen ebenfalls nicht vor. Nach dem hier ausschließlich in Betracht kommenden § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung städtebaulich vertretbar ist und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
32 
Die Erteilung einer Befreiung scheitert im vorliegenden Fall jedenfalls daran, dass dadurch ein Grundzug der Planung berührt würde. Bei der Festsetzung der hinteren Baugrenze handelt es sich um einen solchen Grundzug der Planung. Die Begründung zum Bebauungsplan ist insoweit zwar unergiebig. Unter Nr. 5 Satz 2 heißt es lediglich:
33 
„Auf den Baugrundstücken ist die Stellung der Haupt- und Nebengebäude durch Baulinien und Baugrenzen dargestellt.“
34 
Ob es sich bei einer Festsetzung um einen Grundzug der Planung handelt, ist jedoch nicht allein aufgrund der Begründung des Bebauungsplans zu beurteilen, sondern kann sich - wie hier - auch aus der Festsetzung selbst ergeben. Eine hintere Baugrenze ist im Bebauungsplan „B.“ auf sämtlichen Grundstücken im Plangebiet festgesetzt: Sie dient daher im Sinne eines planerischen Grundkonzepts erkennbar dazu, die hinteren Grundstücksteile im gesamten Plangebiet von einer Bebauung mit Hauptgebäuden freizuhalten und zudem ein einheitliches Ortsbild herzustellen. In den hinteren Grundstücksteilen sind nur Nebengebäude vorgesehen.
35 
Dieser Grundzug der Planung würde durch eine Befreiung berührt.
36 
Ein von den Festsetzungen des Bebauungsplans abweichendes Vorhaben berührt die Grundzüge der Planung, wenn es dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, BVerwGE 138, 166). Die Grundzüge der Planung sind somit nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung geringes Gewicht besitzt, sodass sie noch von dem im jeweiligen Plan zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde umfasst ist. Von einer Änderung geringen Gewichts kann angesichts der Größe des Wintergartens und des damit verbundenen Maßes der Überschreitung der hinteren Baugrenze nicht gesprochen werden. Denn der Wintergarten ragt mit einer Breite von ca. 8 m und einer Tiefe von 3,6 m in den nach dem Willen des Plangebers nicht überbaubaren hinteren Grundstücksteil hinein. Zudem entfaltet die Zulassung einer Überschreitung der hinteren Baugrenze Vorbildwirkung für andere Grundstücke. Denn die Gründe, die für eine solche Befreiung tragend wären, ließen sich für eine Vielzahl von Grundstücken im Plangebiet anführen (vgl. dazu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB Kommentar, § 31 Rn. 36).
37 
Ein Grundzug der Planung kann durch ein Vorhaben darüber hinaus auch dann nicht mehr berührt werden, wenn er bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet so nachhaltig gestört ist, dass das Hinzutreten des Vorhabens nicht mehr ins Gewicht fällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, BVerwGE 138, 166). Das insoweit maßgebende Baugebiet kann ein Teil des Bebauungsplangebiets sein, für den der Bebauungsplan einheitliche Festsetzungen enthält. Ist das einheitlich überplante Gebiet - wie hier - sehr groß, kommt es dagegen auf die Situation im Umfeld des Baugrundstücks an. Denn bei der Prüfung, ob die planerische Grundkonzeption bereits so sehr gestört ist, dass eine weitere Störung nicht mehr ins Gewicht fällt, ist der Einfluss der vorhandenen Bebauung auf das Baugrundstück sowie umgekehrt die Beziehung des Baugrundstücks zu seiner Umgebung zu betrachten. Das setzt eine gewisse räumliche Nähe voraus. Die Umgebung muss das Baugrundstück und - umgekehrt - das Baugrundstück seine Umgebung im Sinne einer städtebaulichen Ordnung (§ 1 Abs. 3 BauGB) beeinflussen können.
38 
Eine solche Störung in der räumlichen Nähe des Grundstücks des Klägers liegt hier nicht vor. Maßgebend ist insoweit die Situation auf dem Bebauungsdreieck, das durch die S... Straße, die E... Straße sowie den Weg auf Flst.-Nr. ... gebildet wird, sowie darüber hinaus diejenige auf der dem Grundstück des Klägers gegenüberliegenden Seite der S... Straße von dem Weg auf Flst.-Nr. ... bis auf Höhe der Einmündung der E... Straße und diejenige auf der nördlichen Seite der E... Straße beginnend ab der Einmündung in die S... Straße bis zum Haus Nr. ... (Flst.-Nr. ...). Es handelt sich insgesamt um 20 Grundstücke. In diesem Bereich ist die Zahl der abweichend von der im Bebauungsplan festgesetzten hinteren Baugrenze genehmigten und errichteten Hauptgebäude gering. Es befinden sich dort - einschließlich des Gebäudes des Klägers - nur fünf Gebäude, die mit Gebäudeteilen die hintere Baugrenze überschreiten. Es handelt sich um die Gebäude auf den Grundstücken Flst.-Nr. ..., ..., ..., ... und ... (E... Straße ..., S... Straße ..., ..., ... und ...). Diese fünf Einzelfälle stören die planerische Gesamtkonzeption nicht in dem Maße, dass das mit der Festsetzung der hinteren Baugrenze verfolgte planerische Leitbild durch die Zulassung des Wintergartens des Klägers in der räumlichen Nähe dessen Grundstücks nicht mehr berührt werden könnte. Es kommt hinzu, dass die Grundflächen derjenigen Teile dieser Gebäude, die die hintere Baugrenze überschreiten, deutlich geringer sind als die Grundfläche des Wintergartens des Klägers. Eine bereits vorhandene Störung würde deshalb durch die Zulassung der Überschreitung durch den Wintergarten des Klägers deutlich gesteigert. Auf weiteren Grundstücken befinden sich im nicht überbaubaren hinteren Grundstücksbereich nur Terrassen, Garagen oder sonstige Nebenanlagen. Sie sind daher bei der Prüfung, ob der Grundzug der Planung durch die Zulassung von Hauptgebäuden jenseits der hinteren Baugrenze bereits nachhaltig gestört ist, nicht zu berücksichtigen.
39 
c) Eine Verkleinerungsverfügung (§ 47 Abs. 1 LBO) zur Beseitigung des Verstoßes gegen die hintere Baugrenze kam ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen hat der Kläger keinen Vorschlag für eine genehmigungsfähige Verkleinerung des Wintergartens unterbreitet. Zum anderen ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass eine Verkleinerung überhaupt möglich ist. Denn es handelte sich nur dann um eine Verkleinerung, wenn dadurch die Identität des Bauwerk nicht verändert würde. Muss der Wintergarten nahezu vollständig abgerissen und anschließend neu aufgebaut werden, fehlte es an dieser Identität. Es läge ein neues Bauvorhaben vor. Da der Wintergarten nahezu vollständig die hintere Baugrenze überschreitet und darüber hinaus den seitlichen Grenzabstand nicht einhält, ist eine identitätserhaltende Verkleinerung nicht möglich. Dies belegt auch der Aktenvermerk des Landratsamtes vom 28.5.2010, wonach der Kläger gebeten habe, auf einen Rückbau zu verzichten, weil dadurch die Konstruktion des Wintergartens zerstört würde.
II.
40 
Aufgrund der festgestellten, nicht auf andere Weise zu beseitigenden Verstöße gegen § 5 LBO und gegen die im Bebauungsplan festgesetzte hintere Baugrenze sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Abbruchanordnung nach § 65 Satz 1 LBO gegeben.
41 
Das Recht des Landratsamtes zum Einschreiten ist nicht verwirkt, denn eine Verwirkung hoheitlicher Befugnisse ist nicht möglich (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 18.12.2012 - 10 S 744/12 -, VBlBW 2013, 189; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 12.6.2012 - 8 A 10291/12 - BauR 2012, 1634; BayVGH, Beschluss vom 18.7.2008 - 9 ZB 05.365 -, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 25.6.2007 - 10 S 9.07 -, juris). Allenfalls kann das Recht der Behörde auf der Ermessensebene beschränkt sein, falls die Voraussetzungen der Verwirkung vorliegen (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 12.6.2012, a.a.O; Sauter, LBO Kommentar, § 47 Rn. 48, § 65 Rn. 60). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
42 
Für die Verwirkung eines Rechts genügt es nicht, dass der Berechtigte über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist. Er muss vielmehr zusätzlich durch ein Verhalten bei dem Verpflichteten das berechtigte Vertrauen erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen werde, und der Verpflichtete muss tatsächlich darauf vertraut haben (Vertrauensgrundlage). Darüber hinaus muss sich der Verpflichtete infolge seines Vertrauens in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauenstatbestand) (vgl. zu den Voraussetzungen der Verwirkung BVerwG, Urteil vom 20.3.2014 - 4 C 11.13 -, BVerwGE 149, 211, Rn. 30). Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer Vertrauensgrundlage. Denn für die von dem Kläger behauptete Äußerung des Kreisbaumeisters zu Beginn der Bauarbeiten, auf die er vertraut und deshalb den Bau vollendet haben will, ist in den Akten kein Anhaltspunkt zu finden. Ausweislich der Akten benachrichtigte die Gemeinde F. das Landratsamt Karlsruhe mit Schreiben vom 9.6.1999 von Bautätigkeiten zur Errichtung eines Wintergartens. Bei der Besprechung mit dem Bediensteten des Landratsamtes am 23.8.1999 vor Ort war der Bau bereits fertig gestellt. Eine Besichtigung des Bauvorhabens durch einen Behördenmitarbeiter vor Fertigstellung - wie der Kläger sie behauptet - ist in den Akten des Landratsamtes nicht dokumentiert, sodass davon auszugehen ist, dass eine etwaige Besichtigung jedenfalls nicht durch einen Mitarbeiter des Landratsamtes erfolgte. Es erscheint zwar nicht völlig ausgeschlossen, dass in der Zwischenzeit bereits ein Bediensteter der Gemeinde F. das Bauvorhaben besichtigt hatte. Dies wäre hier jedoch nicht maßgebend, da die Gemeinde F. nicht Baurechtsbehörde ist. Es kommt ausschließlich auf das Handeln des Landratsamtes als Baurechtsbehörde an; ein etwaiges Handeln der Gemeinde F. ist ihr nicht zuzurechnen. Der Beweisanregung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 20.2.2014, den früheren Kreisbaumeister als Zeuge zu vernehmen, brauchte der Senat bei dieser Sachlage nicht nachzugehen. Einen förmlichen Beweisantrag hat der Kläger nicht gestellt.
43 
Die angefochtene Abbruchanordnung ist auch frei von Ermessensfehlern. Das Landratsamt und das Regierungspräsidium haben berücksichtigt, dass durch den Abbruch ein Vermögenswert vernichtet wird und weitere Kosten verursacht werden. Sie haben diesem Umstand jedoch zu Recht kein überwiegendes Gewicht beigemessen, weil der Kläger ohne die erforderliche Genehmigung und damit auf eigenes Risiko gebaut hat. Der Wintergarten des Klägers zählt nicht zu den verfahrensfreien Vorhaben nach § 50 Abs. 1 LBO in der Fassung vom 8.8.1995 i.V.m. dem Anhang zu dieser Vorschrift, denn er fällt nicht unter die im Anhang unter Nr. 1 bis 12 genannten Gebäude und Gebäudeteile. Eine solche Zuordnung scheitert schon daran, dass der Wintergarten die Qualität eines Aufenthaltsraumes besitzt, denn er erweitert den Wohnraum im Gebäude des Klägers. Es hätte zwar grundsätzlich nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 12 und § 51 Abs. 2 Nr. 1 LBO 1995 auch ein Kenntnisgabeverfahren durchgeführt werden können. Wegen der Unterschreitung der erforderlichen Tiefe der Abstandsflächen und der Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans wäre jedoch die Zulassung einer Abweichung und die Erteilung einer Befreiung erforderlich gewesen. Eine solche Entscheidung der Baurechtsbehörde ist nicht ergangen.
44 
Auch dem von dem Kläger hervorgehobenen langen Zuwarten bis zum Erlass der Abbruchanordnung musste die Baurechtsbehörde kein ausschlaggebendes Gewicht beimessen. Die Vorbildwirkung wird nicht dadurch beseitigt, dass der Wintergarten schon lange besteht. Das gilt auch dann, wenn es - wie der Kläger vorträgt - in der Vergangenheit keine Nachahmer gegeben haben sollte.
45 
Der Senat teilt des Weiteren nicht die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht des Klägers, es liege ein Verstoß gegen die Beratungspflicht der Behörde vor, der einen Ermessensfehler nach sich ziehe, weil die Baurechtsbehörde dem Kläger eine Möglichkeit zu einem genehmigungsfähigen Umbau hätte aufzeigen müssen. Die Baurechtsbehörde ist nicht verpflichtet, die Möglichkeiten einer Änderung des Bauwerks zur Beseitigung des Baurechtsverstoßes von Amts wegen zu prüfen und dem Bauherrn geeignete Vorschläge zu unterbreiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.2.1994 - 4 B 21.94 -, juris). Vielmehr ist es Sache des Bauherrn, der Behörde geeignete Abhilfemaßnahmen vorzuschlagen. Das gilt hier umso mehr, als der Wintergarten des Klägers sowohl gegen die Vorschriften über die einzuhaltenden Abstandsflächen als auch gegen die festgesetzte hintere Baugrenze verstößt, sodass weder das „Ob“ noch das „Wie“ einer Änderung auf der Hand liegen.
46 
Es stand auch kein milderes Mittel zur Verfügung, das den Erlass der Abbruchanordnung nicht erforderlich gemacht hätte, um bauordnungsrechtlich rechtmäßige Zustände herbeizuführen. Die im Berufungsverfahren eingeholte fachliche Stellungnahme zum Brandschutz zeigt zwar auf, dass es Möglichkeiten gibt, den Wintergarten brandschutztechnisch zu ertüchtigen. Mit einer der vorgeschlagenen Vorgehensweisen hat sich der Kläger auch grundsätzlich einverstanden erklärt. Eine solche Ertüchtigung ist jedoch allenfalls geeignet, um geringere Abstandsflächen zur seitlichen Grenze zuzulassen. Sie beseitigt indessen nicht den Verstoß gegen die festgesetzte hintere Baugrenze.
47 
Die Abbruchanordnung verstößt schließlich nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Nach dem genehmigten Lageplan für ein Bauvorhaben auf dem südöstlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... wurde dort zwar eine Überschreitung der hinteren Grundstücksgrenze mit einem Wintergarten genehmigt. Dieser Wintergarten ist jedoch mit dem des Klägers nicht vergleichbar, da er eine deutlich geringere Grundfläche aufweist. Die Genehmigung des Wintergartens auf dem Nachbargrundstück führt daher nicht zur Rechtswidrigkeit der Abbruchanordnung aus Gleichheitsgründen. Eine Verkleinerungsverfügung auf das seinem Nachbarn genehmigte Maß kam aus den bereits ausgeführten Gründen nicht in Betracht.
48 
Auch die auf weiteren Grundstücken genehmigten Überschreitungen der hinteren Baugrenze mit Teilen der jeweiligen Hauptgebäude sind mit der Überschreitung durch den Wintergarten des Klägers nicht vergleichbar. Sofern sie nicht ohnehin nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässig sind, wie wohl beispielsweise auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., nehmen diese Überschreitungen jedenfalls eine deutlich geringere Grundstücksfläche in Anspruch als der Wintergarten des Klägers. Dieser Unterschied rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung.
C.
49 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
50 
Beschluss vom 14. September 2016
51 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts nach § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 GKG in Anlehnung an Nr. 9.5 des Streitwertkataloges 2013 auf jeweils 10.000 EUR festgesetzt.
52 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
20 
Die aufgrund der Zulassung durch den Senat gemäß § 124 Abs. 1 VwGO statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet worden (§ 124a Abs. 3 Satz 1 bis 4 VwGO).
B.
21 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
22 
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die Klage gegen die angefochtene Abbruchanordnung im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Abbruchanordnung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO für ihren Erlass liegen vor, weil der Wintergarten des Klägers öffentlich rechtlichen Vorschriften widerspricht (I. 1.) und auf andere Weise keine rechtmäßigen Zustände hergestellt werden können (I. 2.). Die Anordnung, den gesamten Wintergarten zu beseitigen, weist auch keine Ermessensfehler auf (II.).
I.
23 
Rechtsgrundlage der angefochtenen Abbruchanordnung ist § 65 Satz 1 LBO. Nach dieser Vorschrift kann der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Frage, ob eine Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, beantwortet sich - wie der Wortlaut des § 65 Satz 1 LBO („errichtet wurde“) zeigt - nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer wesentlichen Fertigstellung. Soweit es um die weitere tatbestandliche Voraussetzung geht, ob auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können, kommt es dagegen grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an. Anderes gilt ausnahmsweise, wenn die betroffene bauliche Anlage in der Zeit danach rechtmäßig geworden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.12.1985 - 4 C 23.83 und 4 C 24.83 -,BauR 1986,195; Urteil vom 14.11.1957 - 1 C 168.56 -, BVerwGE 5, 351; offengelassen von VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2436/02 -, VBlBW 2004, 263).
24 
Nach diesen Grundsätzen wurde der Wintergarten des Klägers in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, denn eine Genehmigung lag nicht vor und der Wintergarten verstieß gegen materielle baurechtliche Vorschriften (1.). Die Herstellung rechtmäßiger Zustände auf andere Weise ist - bis heute - nicht möglich (2.).
25 
1. Der Wintergarten, für dessen Errichtung unstreitig keine Genehmigung erteilt worden ist, war im Zeitpunkt seiner Fertigstellung auch materiell illegal, denn er verstieß zum einen gegen die Abstandsflächenvorschrift des § 5 LBO 1995 (a)) und zum anderen gegen die im Bebauungsplan festgesetzte hintere Baugrenze (b)).
26 
a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 LBO 1995 müssen vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen auf dem Baugrundstück liegen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind. Ihre Tiefe bemisst sich nach der Wandhöhe (§ 5 Abs. 4 Satz 1 LBO 1995) und gegebenenfalls der Gebietsart (§ 5 Abs. 7 Satz 1 LBO 1995). Sie darf jedoch bei Wänden über 5 m Breite 2,5 m nicht unterschreiten; bei Wänden bis 5 m muss die Tiefe der Abstandsflächen mindestens 2 m betragen (§ 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 1995). Der Wintergarten des Klägers ist an seiner südöstlichen Seite zwar nur 4,7 m breit. Er hält jedoch den Mindestabstand von 2 m zur Grenze nicht ein. Nach dem vom Kläger zur Genehmigung gestellten Lageplan beträgt der Grenzabstand nur zwischen 1,1 und 1,9 m. Es liegt auch kein Sonderfall nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO 1995 vor, da der Wintergarten nicht nur einen Nebenraum enthält, sondern Teil des Wohnraums ist.
27 
b) Der Wintergarten überschreitet darüber hinaus die im Bebauungsplan festgesetzte hintere Baugrenze. Der Bebauungsplan enthält in seiner Ursprungsfassung für jedes Grundstück ein Baufenster, das durch eine hintere und eine seitliche Baugrenze sowie eine vordere Baulinie gebildet wird. Die Festsetzung der seitlichen Baugrenze wurde durch Änderungssatzung vom 22.6.1998 aufgehoben, die hintere Baugrenze dagegen nicht. Ein Verstoß gegen die Festsetzung der Baugrenze läge nur dann nicht vor, wenn die Festsetzung funktionslos geworden wäre. Das vermag der Senat jedoch nicht festzustellen. Auf dem Bebauungsplan ist zwar der - rechtlich nicht bindende - Vermerk vom 16.8.1989 „Baufenster schon überschritten, Baugrenzen gegenstandslos, Baulinie ist weiterhin zu beachten“ angebracht. Dieser Vermerk ist jedoch mit einem Pfeil versehen, der auf das vom Grundstück des Klägers weit entfernte Grundstück Flst.-Nr. ... am nördlichen Rand des Plangebiets verweist. Der weitere Vermerk vom 12.7.1991: „Baufenster sind durch WiGa schon überschritten“ lässt zwar nicht eindeutig erkennen, ob er sich auf das gesamte Plangebiet oder nur ein bestimmtes Teilgebiet bezieht. Aus ihm kann jedoch jedenfalls nicht der Schluss gezogen werden, dass im Jahr 1999, dem Jahr der Errichtung des Wintergartens, die Überschreitungen bereits so zahlreich und gravierend waren, dass von einer Funktionslosigkeit der Festsetzung ausgegangen werden müsste. Das behauptet auch der Kläger nicht.
28 
2. Rechtmäßige Zustände können auch nicht auf andere Weise hergestellt werden. Die Zulassung geringerer Abstandsflächentiefen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO in der Fassung vom 5.3.2010 (LBO 2010) scheidet aus, weil Gründe des Brandschutzes dem entgegenstehen (a)). Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der bauplanungsrechtlichen Festsetzung der hinteren Baugrenze scheitert an den Voraussetzungen der Vorschrift (b)). Auch eine Verkleinerungsverfügung scheidet aus (c)).
29 
a) Der Wintergarten ist nicht nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 bauordnungsrechtlich genehmigungsfähig. Nach dieser Vorschrift sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Beleuchtung mit Tageslicht ist aufgrund der verglasten Außenflächen des Wintergartens in ausreichendem Maße gewährleistet. Auch für eine Beeinträchtigung der Belüftung bestehen keine Anhaltspunkte. Allerdings stehen jedenfalls Gründe des Brandschutzes der Zulassung geringerer Tiefen der Abstandsflächen entgegen. Es kommt daher nicht darauf an, ob nachbarliche Belange deshalb nicht beeinträchtigt sind, weil die Eigentümer des angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. ... der Errichtung des Wintergartens zugestimmt hatten (vgl. zu einem solchen Fall VGH Baden-Württ., Urteil vom 24.3.2014 – 8 S 1938/12 –, BauR 2014,1752).
30 
§ 27 LBO 2010 enthält Anforderungen u.a. an raumabschließende Bauteile. Nach seinem Absatz 4 müssen Brandwände als raumabschließende Bauteile zum Abschluss von Gebäuden (Gebäudeabschlusswand) ausreichend lang die Brandausbreitung auf andere Gebäude oder Brandabschnitte verhindern. § 7 LBOAVO regelt, in welchen Fällen Brandwände erforderlich sind. Nach dem hier einschlägigen § 7 Abs. 1 Nr. 1 LBOAVO sind Brandwände als Gebäudeabschlusswand erforderlich, wenn diese Abschlusswände an oder mit einem Abstand von weniger als 2,5 m gegenüber der Nachbargrenze oder mit einem Abstand von weniger als 5 m zu bestehenden oder baurechtlich zulässigen Gebäuden auf demselben Grundstück errichtet werden, es sei denn, dass der Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist. Diese Anforderungen erfüllt der Wintergarten des Klägers, der in einem Abstand von weniger als 2,5 m zu Grenze steht, unstreitig nicht.
31 
b) Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der im Bebauungsplan festgesetzten hinteren Baugrenze liegen ebenfalls nicht vor. Nach dem hier ausschließlich in Betracht kommenden § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung städtebaulich vertretbar ist und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
32 
Die Erteilung einer Befreiung scheitert im vorliegenden Fall jedenfalls daran, dass dadurch ein Grundzug der Planung berührt würde. Bei der Festsetzung der hinteren Baugrenze handelt es sich um einen solchen Grundzug der Planung. Die Begründung zum Bebauungsplan ist insoweit zwar unergiebig. Unter Nr. 5 Satz 2 heißt es lediglich:
33 
„Auf den Baugrundstücken ist die Stellung der Haupt- und Nebengebäude durch Baulinien und Baugrenzen dargestellt.“
34 
Ob es sich bei einer Festsetzung um einen Grundzug der Planung handelt, ist jedoch nicht allein aufgrund der Begründung des Bebauungsplans zu beurteilen, sondern kann sich - wie hier - auch aus der Festsetzung selbst ergeben. Eine hintere Baugrenze ist im Bebauungsplan „B.“ auf sämtlichen Grundstücken im Plangebiet festgesetzt: Sie dient daher im Sinne eines planerischen Grundkonzepts erkennbar dazu, die hinteren Grundstücksteile im gesamten Plangebiet von einer Bebauung mit Hauptgebäuden freizuhalten und zudem ein einheitliches Ortsbild herzustellen. In den hinteren Grundstücksteilen sind nur Nebengebäude vorgesehen.
35 
Dieser Grundzug der Planung würde durch eine Befreiung berührt.
36 
Ein von den Festsetzungen des Bebauungsplans abweichendes Vorhaben berührt die Grundzüge der Planung, wenn es dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, BVerwGE 138, 166). Die Grundzüge der Planung sind somit nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung geringes Gewicht besitzt, sodass sie noch von dem im jeweiligen Plan zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde umfasst ist. Von einer Änderung geringen Gewichts kann angesichts der Größe des Wintergartens und des damit verbundenen Maßes der Überschreitung der hinteren Baugrenze nicht gesprochen werden. Denn der Wintergarten ragt mit einer Breite von ca. 8 m und einer Tiefe von 3,6 m in den nach dem Willen des Plangebers nicht überbaubaren hinteren Grundstücksteil hinein. Zudem entfaltet die Zulassung einer Überschreitung der hinteren Baugrenze Vorbildwirkung für andere Grundstücke. Denn die Gründe, die für eine solche Befreiung tragend wären, ließen sich für eine Vielzahl von Grundstücken im Plangebiet anführen (vgl. dazu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB Kommentar, § 31 Rn. 36).
37 
Ein Grundzug der Planung kann durch ein Vorhaben darüber hinaus auch dann nicht mehr berührt werden, wenn er bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet so nachhaltig gestört ist, dass das Hinzutreten des Vorhabens nicht mehr ins Gewicht fällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, BVerwGE 138, 166). Das insoweit maßgebende Baugebiet kann ein Teil des Bebauungsplangebiets sein, für den der Bebauungsplan einheitliche Festsetzungen enthält. Ist das einheitlich überplante Gebiet - wie hier - sehr groß, kommt es dagegen auf die Situation im Umfeld des Baugrundstücks an. Denn bei der Prüfung, ob die planerische Grundkonzeption bereits so sehr gestört ist, dass eine weitere Störung nicht mehr ins Gewicht fällt, ist der Einfluss der vorhandenen Bebauung auf das Baugrundstück sowie umgekehrt die Beziehung des Baugrundstücks zu seiner Umgebung zu betrachten. Das setzt eine gewisse räumliche Nähe voraus. Die Umgebung muss das Baugrundstück und - umgekehrt - das Baugrundstück seine Umgebung im Sinne einer städtebaulichen Ordnung (§ 1 Abs. 3 BauGB) beeinflussen können.
38 
Eine solche Störung in der räumlichen Nähe des Grundstücks des Klägers liegt hier nicht vor. Maßgebend ist insoweit die Situation auf dem Bebauungsdreieck, das durch die S... Straße, die E... Straße sowie den Weg auf Flst.-Nr. ... gebildet wird, sowie darüber hinaus diejenige auf der dem Grundstück des Klägers gegenüberliegenden Seite der S... Straße von dem Weg auf Flst.-Nr. ... bis auf Höhe der Einmündung der E... Straße und diejenige auf der nördlichen Seite der E... Straße beginnend ab der Einmündung in die S... Straße bis zum Haus Nr. ... (Flst.-Nr. ...). Es handelt sich insgesamt um 20 Grundstücke. In diesem Bereich ist die Zahl der abweichend von der im Bebauungsplan festgesetzten hinteren Baugrenze genehmigten und errichteten Hauptgebäude gering. Es befinden sich dort - einschließlich des Gebäudes des Klägers - nur fünf Gebäude, die mit Gebäudeteilen die hintere Baugrenze überschreiten. Es handelt sich um die Gebäude auf den Grundstücken Flst.-Nr. ..., ..., ..., ... und ... (E... Straße ..., S... Straße ..., ..., ... und ...). Diese fünf Einzelfälle stören die planerische Gesamtkonzeption nicht in dem Maße, dass das mit der Festsetzung der hinteren Baugrenze verfolgte planerische Leitbild durch die Zulassung des Wintergartens des Klägers in der räumlichen Nähe dessen Grundstücks nicht mehr berührt werden könnte. Es kommt hinzu, dass die Grundflächen derjenigen Teile dieser Gebäude, die die hintere Baugrenze überschreiten, deutlich geringer sind als die Grundfläche des Wintergartens des Klägers. Eine bereits vorhandene Störung würde deshalb durch die Zulassung der Überschreitung durch den Wintergarten des Klägers deutlich gesteigert. Auf weiteren Grundstücken befinden sich im nicht überbaubaren hinteren Grundstücksbereich nur Terrassen, Garagen oder sonstige Nebenanlagen. Sie sind daher bei der Prüfung, ob der Grundzug der Planung durch die Zulassung von Hauptgebäuden jenseits der hinteren Baugrenze bereits nachhaltig gestört ist, nicht zu berücksichtigen.
39 
c) Eine Verkleinerungsverfügung (§ 47 Abs. 1 LBO) zur Beseitigung des Verstoßes gegen die hintere Baugrenze kam ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen hat der Kläger keinen Vorschlag für eine genehmigungsfähige Verkleinerung des Wintergartens unterbreitet. Zum anderen ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass eine Verkleinerung überhaupt möglich ist. Denn es handelte sich nur dann um eine Verkleinerung, wenn dadurch die Identität des Bauwerk nicht verändert würde. Muss der Wintergarten nahezu vollständig abgerissen und anschließend neu aufgebaut werden, fehlte es an dieser Identität. Es läge ein neues Bauvorhaben vor. Da der Wintergarten nahezu vollständig die hintere Baugrenze überschreitet und darüber hinaus den seitlichen Grenzabstand nicht einhält, ist eine identitätserhaltende Verkleinerung nicht möglich. Dies belegt auch der Aktenvermerk des Landratsamtes vom 28.5.2010, wonach der Kläger gebeten habe, auf einen Rückbau zu verzichten, weil dadurch die Konstruktion des Wintergartens zerstört würde.
II.
40 
Aufgrund der festgestellten, nicht auf andere Weise zu beseitigenden Verstöße gegen § 5 LBO und gegen die im Bebauungsplan festgesetzte hintere Baugrenze sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Abbruchanordnung nach § 65 Satz 1 LBO gegeben.
41 
Das Recht des Landratsamtes zum Einschreiten ist nicht verwirkt, denn eine Verwirkung hoheitlicher Befugnisse ist nicht möglich (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 18.12.2012 - 10 S 744/12 -, VBlBW 2013, 189; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 12.6.2012 - 8 A 10291/12 - BauR 2012, 1634; BayVGH, Beschluss vom 18.7.2008 - 9 ZB 05.365 -, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 25.6.2007 - 10 S 9.07 -, juris). Allenfalls kann das Recht der Behörde auf der Ermessensebene beschränkt sein, falls die Voraussetzungen der Verwirkung vorliegen (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 12.6.2012, a.a.O; Sauter, LBO Kommentar, § 47 Rn. 48, § 65 Rn. 60). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
42 
Für die Verwirkung eines Rechts genügt es nicht, dass der Berechtigte über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist. Er muss vielmehr zusätzlich durch ein Verhalten bei dem Verpflichteten das berechtigte Vertrauen erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen werde, und der Verpflichtete muss tatsächlich darauf vertraut haben (Vertrauensgrundlage). Darüber hinaus muss sich der Verpflichtete infolge seines Vertrauens in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauenstatbestand) (vgl. zu den Voraussetzungen der Verwirkung BVerwG, Urteil vom 20.3.2014 - 4 C 11.13 -, BVerwGE 149, 211, Rn. 30). Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer Vertrauensgrundlage. Denn für die von dem Kläger behauptete Äußerung des Kreisbaumeisters zu Beginn der Bauarbeiten, auf die er vertraut und deshalb den Bau vollendet haben will, ist in den Akten kein Anhaltspunkt zu finden. Ausweislich der Akten benachrichtigte die Gemeinde F. das Landratsamt Karlsruhe mit Schreiben vom 9.6.1999 von Bautätigkeiten zur Errichtung eines Wintergartens. Bei der Besprechung mit dem Bediensteten des Landratsamtes am 23.8.1999 vor Ort war der Bau bereits fertig gestellt. Eine Besichtigung des Bauvorhabens durch einen Behördenmitarbeiter vor Fertigstellung - wie der Kläger sie behauptet - ist in den Akten des Landratsamtes nicht dokumentiert, sodass davon auszugehen ist, dass eine etwaige Besichtigung jedenfalls nicht durch einen Mitarbeiter des Landratsamtes erfolgte. Es erscheint zwar nicht völlig ausgeschlossen, dass in der Zwischenzeit bereits ein Bediensteter der Gemeinde F. das Bauvorhaben besichtigt hatte. Dies wäre hier jedoch nicht maßgebend, da die Gemeinde F. nicht Baurechtsbehörde ist. Es kommt ausschließlich auf das Handeln des Landratsamtes als Baurechtsbehörde an; ein etwaiges Handeln der Gemeinde F. ist ihr nicht zuzurechnen. Der Beweisanregung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 20.2.2014, den früheren Kreisbaumeister als Zeuge zu vernehmen, brauchte der Senat bei dieser Sachlage nicht nachzugehen. Einen förmlichen Beweisantrag hat der Kläger nicht gestellt.
43 
Die angefochtene Abbruchanordnung ist auch frei von Ermessensfehlern. Das Landratsamt und das Regierungspräsidium haben berücksichtigt, dass durch den Abbruch ein Vermögenswert vernichtet wird und weitere Kosten verursacht werden. Sie haben diesem Umstand jedoch zu Recht kein überwiegendes Gewicht beigemessen, weil der Kläger ohne die erforderliche Genehmigung und damit auf eigenes Risiko gebaut hat. Der Wintergarten des Klägers zählt nicht zu den verfahrensfreien Vorhaben nach § 50 Abs. 1 LBO in der Fassung vom 8.8.1995 i.V.m. dem Anhang zu dieser Vorschrift, denn er fällt nicht unter die im Anhang unter Nr. 1 bis 12 genannten Gebäude und Gebäudeteile. Eine solche Zuordnung scheitert schon daran, dass der Wintergarten die Qualität eines Aufenthaltsraumes besitzt, denn er erweitert den Wohnraum im Gebäude des Klägers. Es hätte zwar grundsätzlich nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 12 und § 51 Abs. 2 Nr. 1 LBO 1995 auch ein Kenntnisgabeverfahren durchgeführt werden können. Wegen der Unterschreitung der erforderlichen Tiefe der Abstandsflächen und der Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans wäre jedoch die Zulassung einer Abweichung und die Erteilung einer Befreiung erforderlich gewesen. Eine solche Entscheidung der Baurechtsbehörde ist nicht ergangen.
44 
Auch dem von dem Kläger hervorgehobenen langen Zuwarten bis zum Erlass der Abbruchanordnung musste die Baurechtsbehörde kein ausschlaggebendes Gewicht beimessen. Die Vorbildwirkung wird nicht dadurch beseitigt, dass der Wintergarten schon lange besteht. Das gilt auch dann, wenn es - wie der Kläger vorträgt - in der Vergangenheit keine Nachahmer gegeben haben sollte.
45 
Der Senat teilt des Weiteren nicht die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht des Klägers, es liege ein Verstoß gegen die Beratungspflicht der Behörde vor, der einen Ermessensfehler nach sich ziehe, weil die Baurechtsbehörde dem Kläger eine Möglichkeit zu einem genehmigungsfähigen Umbau hätte aufzeigen müssen. Die Baurechtsbehörde ist nicht verpflichtet, die Möglichkeiten einer Änderung des Bauwerks zur Beseitigung des Baurechtsverstoßes von Amts wegen zu prüfen und dem Bauherrn geeignete Vorschläge zu unterbreiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.2.1994 - 4 B 21.94 -, juris). Vielmehr ist es Sache des Bauherrn, der Behörde geeignete Abhilfemaßnahmen vorzuschlagen. Das gilt hier umso mehr, als der Wintergarten des Klägers sowohl gegen die Vorschriften über die einzuhaltenden Abstandsflächen als auch gegen die festgesetzte hintere Baugrenze verstößt, sodass weder das „Ob“ noch das „Wie“ einer Änderung auf der Hand liegen.
46 
Es stand auch kein milderes Mittel zur Verfügung, das den Erlass der Abbruchanordnung nicht erforderlich gemacht hätte, um bauordnungsrechtlich rechtmäßige Zustände herbeizuführen. Die im Berufungsverfahren eingeholte fachliche Stellungnahme zum Brandschutz zeigt zwar auf, dass es Möglichkeiten gibt, den Wintergarten brandschutztechnisch zu ertüchtigen. Mit einer der vorgeschlagenen Vorgehensweisen hat sich der Kläger auch grundsätzlich einverstanden erklärt. Eine solche Ertüchtigung ist jedoch allenfalls geeignet, um geringere Abstandsflächen zur seitlichen Grenze zuzulassen. Sie beseitigt indessen nicht den Verstoß gegen die festgesetzte hintere Baugrenze.
47 
Die Abbruchanordnung verstößt schließlich nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Nach dem genehmigten Lageplan für ein Bauvorhaben auf dem südöstlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... wurde dort zwar eine Überschreitung der hinteren Grundstücksgrenze mit einem Wintergarten genehmigt. Dieser Wintergarten ist jedoch mit dem des Klägers nicht vergleichbar, da er eine deutlich geringere Grundfläche aufweist. Die Genehmigung des Wintergartens auf dem Nachbargrundstück führt daher nicht zur Rechtswidrigkeit der Abbruchanordnung aus Gleichheitsgründen. Eine Verkleinerungsverfügung auf das seinem Nachbarn genehmigte Maß kam aus den bereits ausgeführten Gründen nicht in Betracht.
48 
Auch die auf weiteren Grundstücken genehmigten Überschreitungen der hinteren Baugrenze mit Teilen der jeweiligen Hauptgebäude sind mit der Überschreitung durch den Wintergarten des Klägers nicht vergleichbar. Sofern sie nicht ohnehin nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässig sind, wie wohl beispielsweise auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., nehmen diese Überschreitungen jedenfalls eine deutlich geringere Grundstücksfläche in Anspruch als der Wintergarten des Klägers. Dieser Unterschied rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung.
C.
49 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
50 
Beschluss vom 14. September 2016
51 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts nach § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 GKG in Anlehnung an Nr. 9.5 des Streitwertkataloges 2013 auf jeweils 10.000 EUR festgesetzt.
52 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 5. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren bauaufsichtliches Einschreiten gegen eine baugebietswidrige Wohnnutzung.

2

Sie sind Eigentümer der in der Gemarkung R… gelegenen Grundstücke Flurstück Nrn. …, … und …, auf denen sie eine Spedition betreiben. Im Nordwesten grenzt an diese Parzellen das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück der Beigeladenen an (Flurstück Nr. …). Der am 1. August 1991 in Kraft getretene Bebauungsplan „In der Langenbach“ setzt für diese Flurstücke ein Gewerbegebiet fest. Im Süden des Speditionsgeländes schließt sich ein ebenfalls mit Wohnhäusern bebautes Mischgebiet an.

3

Das Wohnhaus der Beigeladenen wurde 1913 errichtet. 1986 wurde das Hausgrundstück vom Land Rheinland-Pfalz - Straßenverwaltung - angekauft, da es zu einem großen Teil für den Straßenbau benötigt wurde. Von Anfang 1988 bis Mitte 1991 nutzte die Straßenverwaltung das Gebäude als Büro. Nach Fertigstellung der Straßenbaumaßnahme verkaufte das Land Rheinland-Pfalz das Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom Dezember 1992 zum Preis von 90.000,00 DM an die Kläger, die das Gebäude seither zu Wohnzwecken nutzen.

4

Im Jahr 1995 erteilte der Beklagte den Beigeladenen eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Eingangsüberdachung mit Terrasse und Balkon.

5

Seit etwa 1999 beanstandete die Bauaufsichtsbehörde den Umfang des Lkw-Betriebes auf dem Speditionsgrundstück. Ein schalltechnisches Gutachten vom April 2001 ergab, dass bei 6 Lkw-Abfahrten von dem Grundstück in der lautesten Nachtstunde am Wohngebäude der Beigeladenen der Immissionsrichtwert für Gewerbegebiete (50 dB(A)) nicht eingehalten werden könne. Am 25. Juli 2003 verfügte der Beklagte ein Nachtfahrverbot für LKW. Schließlich wurde den Klägern am 13. Februar 2007 eine Baugenehmigung u.a. für einen Abstellplatz mit der Maßgabe erteilt, dass in der lautesten Nachtstunde maximal 3 Pkw-Parkvorgänge und 3 Lkw-Abfahrten zulässig seien.

6

Hinsichtlich der Wohnnutzung des Gebäudes der Beigeladenen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 6. Februar 2004 fest, dass diese Wohnnutzung sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht gegen baurechtliche Bestimmungen verstoße und ein Bestandsschutz aus einer früher zulässigerweise ausgeübten Wohnnutzung nicht mehr bestehe. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Kreisverwaltung aber bereit sei, aufgrund der besonderen Umstände des Falles von einem bauaufsichtlichen Einschreiten gegen die rechtswidrige Wohnnutzung abzusehen, allerdings nur dann, wenn keine strengeren Lärmschutzanforderungen als die für ein Betriebswohngebäude im Gewerbegebiet gestellt würden. Diese Duldungsentscheidung stelle eine sachgerechte Interessenabwägung dar und verschaffe den Beigeladenen eine „gewisse verfestigte Rechtsposition“. Die von den Beigeladenen gegen die Feststellung der Baurechtswidrigkeit ihrer Wohnnutzung erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des VG Neustadt an der Weinstraße vom 26. November 2007 - 3 K 724/07.NW - und Beschluss des Senats vom 26. März 2008 - 8 A 10034/08.OVG -). Im Rahmen einer Petition der Beigeladenen, mit der sie die Erstreckung der Duldung auch auf ihre Kinder erreichen wollten, teilte der Landrat des Beklagten mit Schreiben vom 15. September 2008 mit, dass die Beigeladenen auch künftig mit einem Einschreiten nicht rechnen müssten, sofern nicht besondere Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art ein Einschreiten erforderten. Diese Ausführungen würden entsprechend auch für den Fall der Übernahme des Gebäudes durch die Kinder der Beigeladenen gelten.

7

Mit Schreiben vom 21. November 2008 bat der damalige Bevollmächtigte der Kläger den Beklagten unter Hinweis auf die inzwischen rechtskräftig festgestellte Baurechtswidrigkeit der Wohnnutzung um Aufklärung, in welcher Weise die Bauverwaltung einzuschreiten gedenke. In seiner Antwort teilte der Beklagte mit, dass den Interessen des Speditionsunternehmens durch die „Gleichstellung“ des Hauses mit einem Betriebswohngebäude hinreichend Rechnung getragen worden sei. Nachdem eine erneute Bitte um bauaufsichtliches Einschreiten im September 2009 erfolglos geblieben war, beantragten die Kläger mit Schreiben vom 23. August 2010 förmlich, gegen die rechtswidrige Wohnnutzung der Beigeladenen durch Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung einzuschreiten. Zumindest müsse die im Bescheid vom 6. Februar 2004 ausgesprochene Duldung eingeschränkt werden.

8

Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2011 ab und führte zur Begründung aus: Der im Falle der Verletzung des Gebietsbewahrungsanspruchs grundsätzlich bestehende Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten scheide hier wegen besonderer Umstände des Falles aus. Zunächst sei der Nachbaranspruch verwirkt. Darüber hinaus stünden einem Einschreiten auch Vertrauensschutzgesichtspunkte zu Gunsten der Beigeladenen entgegen. Ihnen sei nicht erkennbar gewesen, dass sie 1992 ein illegales Wohngebäude erwarben. Hinzu komme, dass ihnen 1995 die Errichtung einer Eingangsüberdachung mit Terrasse und Balkon bauaufsichtlich genehmigt worden sei, woraufhin die Beigeladenen nicht unerhebliche Investitionen getätigt hätten. Mit der „Gleichstellung“ des Wohngebäudes der Beigeladenen mit einer Betriebswohnung sei den Interessen des Speditionsbetriebs hinreichend Rechnung getragen. Im Übrigen behalte sich die Kreisverwaltung ein Einschreiten vor, sofern dies wegen besonderer Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art im öffentlichen Interesse erforderlich werde. Demzufolge werde auch der Hilfsantrag auf Einschränkung der Duldung abgelehnt. Ob das Ableben der Beigeladenen oder andere Umstände ein Einschreiten erfordere, werde zu gegebener Zeit im Einzelfall zu entscheiden sein.

9

Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2011 zurückgewiesen. Zuvor hatten die Beigeladenen ausgeführt, dass die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen das Land Rheinland-Pfalz wegen des im Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschlusses erfolglos geblieben sei.

10

Die Kläger haben zur Begründung der daraufhin erhobenen Klage vorgetragen: Die Verweigerung des bauaufsichtlichen Einschreitens sei ermessensfehlerhaft. Die Nachbarschaft zu den Beigeladenen gestalte sich denkbar ungünstig. Es komme immer wieder zu neuen Anzeigen beim Gewerbeaufsichtsamt und anderen Ämtern. Dadurch würden die Abläufe in ihrem Speditionsbetrieb empfindlich gestört. Ihr Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten sei auch nicht verwirkt. Zweifelsfrei Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hätten sie erst nach Abschluss des auf den Bescheid vom 6. Februar 2004 bezogenen Verfahrens der Beigeladenen gehabt. Sollte doch von einer Duldung auszugehen sein, müsse diese jedoch jedenfalls beschränkt werden.

11

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Den Klägern stehe ein Anspruch auf Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung nicht zu. Zwar sei die von den Beigeladenen ausgeübte Wohnnutzung formell und materiell baurechtswidrig. Jedoch liege ein Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch der Kläger nicht vor. Mit der in der Duldungsverfügung vom 6. Februar 2004 enthaltenen Gleichstellung des Gebäudes der Beigeladenen mit einem im Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Betriebswohngebäude sei dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des im Bebauungsplan festgesetzten Gebietscharakters Genüge getan. Eine negative Vorbildwirkung durch die geduldete Wohnnutzung sei nicht zu befürchten, da sich in dem festgesetzten Gewerbegebiet neben dem Grundstück der Beigeladenen lediglich noch die Grundstücke der Kläger befänden. Vor diesem Hintergrund sei auch der Hilfsantrag abzuweisen. Ein Bedürfnis für eine Konkretisierung oder Einschränkung der Duldung vom 6. Februar 2004 bestehe derzeit nicht.

12

Die Kläger haben zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung im Wesentlichen ausgeführt: Ihr Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten sei nicht verwirkt. Sie hätten rechtzeitig nach rechtskräftiger Feststellung der Baurechtswidrigkeit der Wohnnutzung der Beigeladenen ein bauaufsichtliches Einschreiten beantragt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei ihr Gebietsbewahrungsanspruch sehr wohl verletzt. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO lasse lediglich Betriebswohnungen ausnahmsweise zu. Eine Baugenehmigung für eine reine Wohnnutzung - wie hier - sei deshalb rechtswidrig. Dann sei aber eine dahingehende Duldungsentscheidung ebenfalls rechtswidrig. Es gehe nicht an, dass sich die Behörde durch ihr eigenes Verhalten an der Herstellung rechtmäßiger Zustände hindere.

13

Die Kläger beantragen,

14

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. Dezember 2011 den Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag auf Unterlassung der Nutzung des Grundstücks P… Straße in R… zu Wohnzwecken unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Nach seiner Auffassung ist die Duldungsentscheidung vom 6. Februar 2004 gegenüber den Klägern bestandskräftig geworden. Im Übrigen sei die Behörde durchaus bauaufsichtlich eingeschritten, indem sie nämlich das Wohnhaus der Beigeladenen einer Betriebswohnung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO gleichgestellt habe. Die darüber hinaus ausgesprochene Duldung stelle gerade unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes zugunsten der Beigeladenen eine rechtmäßige Ermessensentscheidung dar.

18

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Sie tragen ergänzend vor: Dem Anspruch auf Einschreiten stehe bereits die Bestandskraft des Duldungsbescheids vom 6. Februar 2004 entgegen. Die Kläger hätten nach Kenntnis hiervon länger als ein Jahr nichts dagegen unternommen. Darüber hinaus sei der Anspruch auf Einschreiten auch infolge der Untätigkeit der Kläger gegenüber der bereits seit 1992 ausgeübten Wohnnutzung verwirkt.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Behördenakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung hat keinen Erfolg.

23

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten gegenüber den Beigeladenen zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über ihren Antrag, gegen die Wohnnutzung der Beigeladenen durch Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung einzuschreiten. Denn die ablehnende Entscheidung des Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere ermessensfehlerfrei erfolgt.

24

Rechtsgrundlage für das begehrte bauaufsichtliche Einschreiten ist § 81 Satz 1 LBauO. Nach dieser Vorschrift kann die Bauaufsichtsbehörde die Benutzung baulicher Anlagen untersagen, wenn diese gegen baurechtliche Vorschriften verstoßen. Dieser Ermächtigung zum bauaufsichtlichen Einschreiten korrespondiert ein subjektiver Anspruch eines Nachbarn auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, sofern die verletzte Vorschrift nachbarschützend ist (vgl. Urteil des Senats vom 7. Dezember 2005 - 8 A 11062/05.OVG -).

25

1. Die Wohnnutzung der Beigeladenen ist sowohl formell baurechtswidrig, weil sich die ursprünglich im Jahr 1913 genehmigte Wohnnutzung des Hauses infolge der Umnutzung zum Baubüro erledigt hat, als auch materiell baurechtswidrig, weil sie nicht genehmigungsfähig ist. In einem Gewerbegebiet sind Wohngebäude grundsätzlich nicht zulässig. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO können lediglich Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber untergeordnet sind, ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Ausnahmevoraussetzungen liegen für die reine Wohnnutzung der Beigeladenen nicht vor. All dies steht zwischen den Beteiligten durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 26. November 2007 - 3 K 724/07.NW - und den Beschluss des Senats vom 26. März 2008 - 8 A 10034/08.OVG - rechtskräftig fest.

26

Die Kläger können sich auch auf die materielle Baurechtswidrigkeit der Wohnnutzung durch die Beigeladenen berufen. Denn die Festsetzung von Baugebieten durch Bebauungspläne hat für die Nachbarn im Plangebiet kraft Bundesrechts nachbarschützende Funktion (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151, LS 2). Soweit das Verwaltungsgericht zwischen objektiver Rechtswidrigkeit der Grundstücksnutzung und dem Umfang des Gebietsbewahrungsanspruchs des Nachbarn differenziert, gilt es klarzustellen, dass der Umfang der subjektiven Rechtsstellung des Nachbarn in vollem Umfang den objektiv-rechtlichen Anforderungen an die Gebietsverträglichkeit entspricht. So hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass der Nachbar auch dann einen Anspruch auf die Bewahrung der festgesetzten Gebietsart hat, wenn das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führt (BVerwG, Urteil vom 16. September 1993, a.a.O., S. 161 und juris, Rn. 23). Dass die baugebietswidrige Wohnnutzung der Beigeladenen aufgrund der getroffenen Duldungsentscheidung zu keinen strengeren Lärmschutzvorkehrungen als den in einem Gewerbegebiet erforderlichen zwingt, ist deshalb für die Frage des Verstoßes gegen den Gebietsbewahrungsanspruch unerheblich.

27

2. Trotz Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen der Eingriffsermächtigung in § 81 Satz 1 LBauO haben die Kläger keinen Anspruch auf ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen die im Haus der Beigeladenen stattfindende Wohnnutzung, weil der Beklagte dies zum jetzigen Zeitpunkt fehlerfrei abgelehnt hat.

28

a) Es kann deshalb letztlich dahingestellt bleiben, ob dem von den Klägern geltend gemachten Anspruch der Einwand der Verwirkung oder die Unanfechtbarkeit der Duldungsentscheidung vom 6. Februar 2004 entgegengehalten werden kann. In beiden Fällen neigt der Senat allerdings dazu, dies zu verneinen.

29

Dass die Kläger seit Aufnahme der Wohnnutzung durch die Beigeladenen im Jahr 1992 lange Zeit untätig geblieben sind, dürfte deshalb keine Verwirkung ihrer nachbarlichen Ansprüche auf bauaufsichtliches Einschreiten begründen, weil in den 1990er Jahren keiner der Beteiligten erkannt hatte, dass die 1913 erteilte Baugenehmigung zur Wohnnutzung infolge der Umnutzung des Hauses durch die Straßenverwaltung unwirksam geworden war (vgl. allgemein zu den Voraussetzungen der Verwirkung nachbarlicher Abwehrrechte: BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 - 4 C 4.89 -, NVwZ 1991, 1182 und juris, Rn. 22).

30

Hinsichtlich des Bescheids vom 6. Februar 2004 dürfte zwar von einem Duldungsverwaltungsakt auszugehen sein. Hierfür sprechen die Formulierungen „Duldungsentscheidung“ und „Verschaffen einer verfestigten Rechtsposition“. Indes dürfte diese Duldungsentscheidung gegenüber den Klägern nicht unanfechtbar geworden sein. Eine unmittelbare Anwendung der Anfechtungsfristen nach §§ 57, 58 und 70 VwGO scheidet mangels förmlicher Bekanntgabe des Verwaltungsakts den Klägern gegenüber aus. Das Berufen auf die fehlende Bekanntgabe der Duldungsentscheidung dürfte ihnen auch nicht nach Treu und Glauben versagt werden können. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dem von den Beigeladenen zitierten Urteil vom 25. Januar 1974 - IV C 2.72 -, ausgeführt, dass einem Nachbar dann, wenn er sichere Kenntnis von einer Baugenehmigung erlangt hat oder hätte erlangen müssen, nach Treu und Glauben die Berufung darauf versagt sein könne, dass die Baugenehmigung ihm nicht amtlich mitgeteilt wurde (vgl. BVerwGE 44, 294, Leitsatz 2). Die danach erforderliche Treuwidrigkeit dürfte den Klägern hier allerdings nicht vorgehalten werden können. So haben sie in dem mit dem Beklagten geführten Rechtsstreit um das Nachtfahrverbot vom 25. Juli 2003 bereits im Schriftsatz ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 8. November 2004 die in dem „Feststellungsbescheid“ (vom 6. Februar 2004) erklärte Duldung der Wohnnutzung der Beigeladenen als „evident rechtsmissbräuchlich und ermessensfehlerhaft“ kritisiert. Dass sie darüber hinaus keine weiteren Schritte eingeleitet, sondern zunächst den Rechtsstreit zwischen den Beigeladenen und dem Beklagten über die Baurechtswidrigkeit der Wohnnutzung abgewartet haben, erscheint legitim. Nach rechtskräftigem Abschluss dieses Rechtsstreits sind die Kläger dann alsbald aktiv geworden und haben um bauaufsichtliches Einschreiten nachgesucht.

31

b) Der Beklagte hat den Antrag der Kläger, gegen die rechtswidrige Wohnnutzung der Beigeladenen durch Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung einzuschreiten, im Bescheid vom 10. Februar 2011 jedenfalls ermessensfehlerfrei abgelehnt.

32

Zwar kann ein Nachbar nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts bei der Verletzung nachbarschützender Vorschriften grundsätzlich ein bauaufsichtliches Einschreiten zum Zwecke der Beseitigung des Rechtsverstoßes beanspruchen. Eine solche Ermessensreduzierung gilt jedoch nicht uneingeschränkt. So ist anerkannt, dass sie dann nicht eintritt, wenn eine Befreiung oder eine Abweichung von der nachbarschützenden Vorschrift in Betracht kommt, übergeordnete, sich aus der Sache selbst ergebende öffentliche Interessen einem Einschreiten entgegenstehen oder sich die Abweichung von der nachbarschützenden Vorschrift im Bagatellbereich hält (vgl. OVG RP, Urteile vom 22. Oktober 1987 - 1 A 108/85 - und 7. Dezember 2005 - 8 A 11062/05.OVG -, jew. m.w.N.). Der Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist ferner eingeschränkt, soweit der Einschreitenspflicht der Behörde ihrerseits rechtliche Schranken entgegenstehen. Denn der subjektive Anspruch des Nachbarn kann nicht weitergehen als die objektive Pflicht der Bauaufsichtsbehörde.

33

Der Beklagte sieht sich derzeit zu Recht aus Gründen des Vertrauensschutzes an dem Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung gegenüber den Beigeladenen gehindert.

34

(1) Zwar können polizeiliche bzw. ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse nicht verwirkt werden. Denn im Unterschied zu subjektiven privaten Rechten sind sie nicht verzichtbar, müssen vielmehr im öffentlichen Interesse zur Gewährleistung rechtmäßiger Zustände aufrechterhalten bleiben (vgl. VGH BW, Urteil vom 1. April 2008 - 10 S 1388/06 -, NVwZ-RR 2008, 696; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 53 Rn. 44). Von dem Tatbestand der Verwirkung ist jedoch der Umstand zu unterscheiden, dass sich das Gebrauchmachen von einer Eingriffsermächtigung im Einzelfall als ermessensfehlerhaft erweisen kann, wenn sich eine Behörde damit in Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten setzt und schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen verletzt. So ist in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts anerkannt, dass eine Bauaufsichtsbehörde dann am ermessensfehlerfreien Erlass einer Beseitigungsverfügung gehindert sein kann, wenn sie durch ihr vorangegangenes positives Tun einen Vertrauenstatbestand beim Bauherrn geschaffen und dieser im Vertrauen darauf nicht unerhebliche und nur schwer rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen hat (sog. „aktive Duldung“, vgl. OVG RP, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 1 A 68/77 -, AS 15, 324 [326]; Urteil vom 22. November 2011 - 8 A 11101/11.OVG -, DVBl. 2012, 250; ebenso: OVG NRW, Beschluss vom 18. November 2008 -7 A 103/08-, NVwZ-RR 2009, 364 und juris, Rn. 48 f; Decker, in: Simon/Busse, BayBauO, 107. Ergänzungslieferung 2012, Art. 76, Rn. 227 m.w.N.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 53, Rn. 27).

35

Die Begrenzung der Einschreitenspflicht aus Gründen des Vertrauensschutzes schränkt die Durchsetzung des objektiven Rechts und der damit korrespondierenden subjektiven Nachbaransprüche zwangsläufig ein. Diese Zurücknahme der Rechtsdurchsetzung ist aber durch die gegenläufigen, ihrerseits ebenfalls rechtlich geschützten Interessen gerechtfertigt (vgl. zu dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Gebot des Vertrauensschutzes bei Erlass baurechtlicher Beseitigungsverfügungen: BVerfG, Beschluss vom 2. September 2004 -1 BvR 1860/02-, NVwZ 2005, 203 [Pirmasenser Amnestie]). Die widerstreitenden Positionen müssen in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Hierzu dient das den Bauaufsichtsbehörden eingeräumte Ermessen. Dabei wird dem Gebot zur Herbeiführung rechtmäßiger Zustände von vornherein dadurch in besonderem Maße Ausdruck verliehen, dass die Hinnahme rechtswidriger Zustände aus Gründen des Vertrauensschutzes nur für einen vorübergehenden Zeitraum erlaubt sein kann. Keinesfalls darf die auf schutzwürdiges Vertrauen gestützte Duldung in ihrer Wirkung derjenigen einer Baugenehmigung gleichkommen (vgl. HessVGH, Beschluss vom 29. März 1993 - 4 UE 470/90 -, BauR 1994, 229 und juris, Rn. 13; Finkelnburg/Ortloff/Otto, Öffentliches Baurecht, Bd. II, 6. Aufl. 2010, S. 186 m.w.N.).

36

(2) Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Beklagten, aktuell nicht gegen die Wohnnutzung der Beigeladenen in ihrem Haus P… Str. einzuschreiten, rechtlich nicht zu beanstanden.

37

Der Beklagte hat zu Recht erkannt, dass durch die Baugenehmigung zur Errichtung der Eingangsüberdachung mit Terrasse und Balkon im Jahr 1995 ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden war. Die Beigeladenen mussten diese Baugenehmigung so verstehen, dass die Berechtigung zur Wohnnutzung in dem von ihnen erworbenen Haus nicht in Frage gestellt wird. Die sich im Nachhinein als rechtswidrig erweisende Genehmigung ist auch von den Klägern nicht beanstandet worden; gestritten wurde im Rahmen der Bauausführung lediglich um einen geringfügigen Terrassenüberbau. Da die Beigeladenen im Vertrauen auf die Berechtigung ihrer Wohnnutzung auch nicht unerhebliche Investitionen getätigt haben, würde die Bauaufsichtsbehörde gegen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstoßen, wenn sie hierauf im Rahmen der Entscheidung über die Durchsetzung des Gebietsbewahrungsanspruchs nicht Rücksicht nähme.

38

Andererseits hat der Beklagte bei seinen, dem Bescheid vom 11. Februar 2011 zugrunde liegenden Ermessenserwägungen auch die schutzwürdigen Interessen der Kläger gewürdigt und ihnen in gebotenem Maße Rechnung getragen. Wie vom Verwaltungsgericht bereits zutreffend dargelegt, hat die Behörde nämlich die Duldung des baurechtswidrigen Zustands an die Bedingung geknüpft, dass die Beigeladenen keine strengeren Lärmschutzanforderungen geltend machen, als dies für eine Betriebswohnung in einem Gewerbebetrieb beansprucht werden könnte. Dies bedeutet, dass sich die Beigeladenen mit den in einem Gewerbegebiet zwangsläufig entstehenden und als gebietsverträglich zu bewertenden Geräuscheinwirkungen, einschließlich auftretender Geräuschspitzen, abzufinden haben. Sofern sie darüber hinaus Schutzvorkehrungen auch unterhalb des in einem Gewerbegebiet üblichen Niveaus beanspruchen und gegenüber dem Beklagten geltend machen, stellen sie damit die ihnen lediglich unter der vorgenannten Bedingung gewährte Duldung in Frage. Ferner hat der Beklagte in seinem Bescheid vom 10. Februar 2011 den Interessen der Kläger dadurch Rechnung getragen, dass er sich die Möglichkeit des Einschreitens in der Zukunft ausdrücklich vorbehalten und dabei durchaus offengelassen hat, ob nicht der – von den Klägern angesprochene – Zeitpunkt des Ablebens der Beigeladenen und damit die Beendigung der derzeit praktizierten baurechtswidrigen Nutzung des Hauses einen Anlass für ein Einschreiten darstellt. Soweit darin eine Einschränkung gegenüber der großzügigeren, nämlich eine Anschlussnutzung durch die Kinder der Beigeladenen einschließende Duldungsregelung im Schreiben des Landrats vom 15. September 2008 zu sehen ist, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Denn § 50 VwVfG i.V.m. § 1 LVwVfG stellt Aufhebungen bzw. Einschränkungen von Verwaltungsakten anlässlich oder gelegentlich eines Rechtsbehelfsverfahrens - wie hier - von Vertrauensschutzerwägungen nach §§ 48 oder 49 VwVfG frei (vgl. Ziekow, VwVfG, 2. Aufl. 2010, § 50 Rn. 2).

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

40

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

41

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

42

Beschluss

43

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 GKG).

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.