Verwaltungsgericht Münster Urteil, 23. März 2015 - 13 K 2409/14.O
Gericht
Tenor
Der Beklagte wird wegen Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages wird vollständig ausgeschlossen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
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Tatbestand:
2Der am 00.00.0000 geborene Beklagte besuchte bis 1981 die Hauptschule, die er mit dem Abschluss der Fachoberschulreife verließ. Am 00.00.0000 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeiwachtmeister ernannt und in den Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen eingestellt. In den folgenden Dienstjahren wurde er – neben seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit im September 00000 – regelmäßig befördert, zuletzt im November 0000 zum Polizeiobermeister.
3In seiner letzten, den Zeitraum vom 00.00.1988 bis 00.00.1993 umfassenden dienstlichen Beurteilung wurden die Leistungen mit „im Durchschnitt (unterer Bereich)“ bewertet.
4Mit Verfügung vom 00.00.0000 wurde dem Beklagten ab dem 00.00.0000 bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres seines Kindes Erziehungsurlaub ohne Dienstbezüge gewährt. Mit Wirkung vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 wurde dem Beklagten Urlaub ohne Bezüge aus familienpolitischen Gründen gem. § 85a Abs. 1 LBG NRW a. F. bewilligt. Einer weiteren beantragten Verlängerung wurde nicht entsprochen.
5Der Beklagte war seit dem 00.00.0000 mit I. X. verheiratet. Aus dieser Ehe stammen die gemeinsamen, am 00.00.0000und am 00.00.0000 geborenen Söhne. Nach eigenen Angaben des Beklagten erfolgte im Jahre 2005 die Trennung von seiner Ehefrau.
6Mit Ausnahme des hier zu beurteilenden Sachverhalts ist der Beklagte weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.
7Mit Verfügung vom 00.00.0000 leitete der Polizeipräsident E. gegen den Beklagten das Disziplinarverfahren ein. Dem Beklagten wurde vorgeworfen, eine ungenehmigte Nebentätigkeit auszuüben. Am 00.00.0000 wurde das Disziplinarverfahren ausgedehnt, da der Beklagte im Verdacht stand, die nicht genehmigte Nebentätigkeit trotz des laufenden Verfahrens fortzuführen.
8Nach einer Anzeige der Ehefrau des Beklagten vom 00.00.0000 wegen einer von dem Beklagten zu ihrem Nachteil begangenen Körperverletzung wurde das Disziplinarverfahren erneut mit Verfügung vom 00.00.0000 erweitert und wegen der strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt.
9Durch Bescheid vom 00.00.0000 stellte das Polizeipräsidium E. gemäß § 9 BBesG wegen ungenehmigten schuldhaften Fernbleibens vom Dienst den Verlust der Dienstbezüge ab dem 00.00.0000fest. Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 zurückgewiesen.
10Durch Urteil des Amtsgerichts M. vom 18.03.2008 (rechtskräftig seit dem 14.01.2009) wurde der Beklagte wegen Körperverletzung und Bedrohung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt.
11Mit Verfügung vom 00.00.0000 wurde das Disziplinarverfahren wiederum erweitert, da der Beklagte nunmehr zusätzlich im Verdacht stand, durch unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst gegen seine Hingabe-/ Anwesenheitspflicht zu verstoßen. Das Disziplinarverfahren wurde bezüglich des Vorwurfs des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst gemäß § 22 Abs. 2 LDG NRW bis zum endgültigen Abschluss des Verfahrens über den Verlust der Besoldung gemäß § 9 Bundesbesoldungsgesetz, welches bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen anhängig war, ausgesetzt.
12Mit Verfügung vom 00.00.0000 wurde der Beklagte nach vorheriger Anhörung vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Verfügung vom 00.00.0000 wurden 50 % seiner monatlichen Nettobezüge einbehalten. In dem Verwaltungsstreit gem. § 9 BBesG stellte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom 28.09.2010 (12 K 3861/07) den Verlust der Dienstbezüge für den Zeitraum ab dem 00.00.0000 fest. Mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22.11.2012 (3 A 2549/10) wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.
13Dem Vorwurf des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst lag folgender Sachverhalt zugrunde:
14Am 00.00.0000 nahm der Beklagte nach Zeiten des Urlaubs aus familienpolitischen Gründen seinen Dienst wieder auf. Am 00.00.0000 und am 00.00.0000 meldete er sich krank. Anlässlich einer polizeiärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Kraftfahrzeugtauglichkeit stellte die Polizeiärztin am 00.00.0000keine medizinischen Auffälligkeiten fest. Wegen weiterer Krankmeldungen veranlasste das Polizeipräsidium E. eine polizeiärztliche Untersuchung zur Verwendungsfähigkeit, die am 00.00.0000 stattfand. Die Polizeiärztin teilte in ihrer Stellungnahme vom gleichen Tage mit, dass sich sowohl bei der Untersuchung am 00.00.00. als auch am 00.00.0000 keine Einschränkungen des Gesundheitszustandes gezeigt hätten, die eine Dienstunfähigkeit aus polizeiärztlicher Sicht rechtfertigten. Sie halte den Beamten für gesundheitlich geeignet für die geplante Innentätigkeit im Verkehrskommissariat. Mit Schreiben vom 00.00.0000 forderte das Polizeipräsidium den Beklagten auf, seinen Dienst im Verkehrskommissariat aufzunehmen.
15Der Beklagte wandte sich wegen dieses geplanten Einsatzes an den Personalrat. In einem Personalgespräch wurde der Beklagte am 00.00.0000 darauf hingewiesen, dass ihm derzeit wegen der Anzeige seiner ehemaligen Ehefrau das Führen einer Dienstwaffe untersagt sei und deshalb nur eine Innendienstfunktion in Betracht komme.
16Nach erneuter Krankmeldung wurde der Beklagte mit Schreiben vom 00.00.0000 aufgefordert, sich zur Feststellung seiner Dienst- und Verwendungsfähigkeit einer polizeiärztlichen Untersuchung in B. zu unterziehen. Der dortige Polizeiarzt Dr. M1. bescheinigte dem Beklagten eine Dienstunfähigkeit bis einschließlich zum 00.00.0000. Am 00.00.0000 forderte das Polizeipräsidium E. den Beklagten auf, sich für den Fall, dass er seinen Dienst am 00.00.0000 nicht aufnehmen werde, erneut bei Dr. M1. vorzustellen. Durch Verfügung vom gleichen Tage, die dem Beklagten am 00.00.0000 zugstellt wurde, wurde ihm aufgegeben, vom ersten Tag des Fernbleibens vom Dienst wegen Krankheit eine ärztliche Bescheinigung als Nachweis der Dienstunfähigkeit vorzulegen. Weiterhin wurde er verpflichtet, sich zusätzlich ab dem ersten Tag bei der zuständigen Polizeiärztin zu melden, um ein von niedergelassenen Ärzten ausgestelltes Attest bestätigen zu lassen. Alternativ könne die notwendige Untersuchung und Attestierung auch direkt durch die zuständige Polizeiärztin durchgeführt werden.
17Der Beklagte stellte sich am 00.00.0000 beim polizeiärztlichen Dienst vor. Der Polizeiarzt teilte mit, dass der Beklagte ab dem 00.00.0000 wieder im Innendienst verwendet werden könne. Am 00.00.0000 meldete sich der Beklagte erneut dienstunfähig krank. Am gleichen Tag forderte ihn das Polizeipräsidium E. auf, sich am 00.00.0000 zur polizeiärztlichen Untersuchung vorzustellen. Am 00.00.0000 teilte Dr. M1. das Untersuchungsergebnis mit, wonach der Beklagte am 00.00.0000 wieder vollschichtig im Innendienst einsetzbar sei. Am 00.00.0000 meldete sich der Beklagte erneut krank und legte ein Attest des Hausarztes vor.
18Seit dem 00.00.0000 erschien der Beklagte nicht mehr zum Dienst.
19Am 00.00.0000 wurde der Beklagte erneut polizeiärztlich untersucht. Mit Schreiben vom 00.00.0000 teilte die Polizeiärztin Dr. X1. als Ergebnis der Untersuchung mit, dass der Beklagte aus polizeiärztlicher Sicht für eine Innendienstverwendung gesundheitlich geeignet sei. Der Kläger nahm den Dienst am 00.00.0000 nicht wieder auf und legte weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Durch Schreiben vom 00.00.0000 wies das Polizeipräsidium den Beklagten darauf hin, dass er nach der Stellungnahme der Polizeiärztin innendienstfähig sei. Es werde zur Vermeidung weiterer Nachteile angeraten, den Dienst aufzunehmen oder sich einem Polizeiarzt vorzustellen, sofern er von einer Veränderung seiner gesundheitlichen Situation ausgehe.
20Die nach rechtskräftigen Abschluss des Verlustfeststellungsverfahrens ergangene Aufforderung des Polizeipräsidenten vom 00.00.0000 zur Erklärung der Dienstbereitschaft ließ der Beklagte unkommentiert.
21Mit der am 19.11.2014 bei Gericht eingegangenen Disziplinarklage wird dem Beklagten vorgeworfen,
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1. gegen die Pflicht zur Einholung einer Nebentätigkeitsgenehmigung gemäß § 68 Abs. 1 LBG NRW a. F. verstoßen zu haben, indem er seit dem Jahr 2000 einer gewerblichen Tätigkeit als Immobilienverwalter nachgegangen sei. Gegenstand der Firma sei die Vermittlung des Abschlusses von Grundstücksverträgen, die Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene und fremde Rechnung sowie die Tätigkeit als Baubetreuer.
Der Beklagte sei seit dem 00.00.0000 als Inhaber und alleiniger Geschäftsführer der „L. J. GmbH“ eingetragen. Die Firma habe im Jahr 0000 einen Jahresumsatz in Höhe von 950.000,00 € und im Jahr 0000 in Höhe von 870.000,00 € erzielt.
25Eine Genehmigung zur Ausübung der Geschäfte habe der Beklagte bis heute nicht eingeholt, obwohl er dazu verpflichtet gewesen sei. Es handele sich bei der Tätigkeit des Beklagten nicht lediglich um die Verwaltung eigenen Vermögens als Nebentätigkeit, so dass auch in Anbetracht der Umsätze von einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit auszugehen sei. Der Vorwurf der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit werde jedoch ab dem 00.00.0000 von dem Pflichtenverstoß des Fernbleibens vom Dienst (Vorwurf zu 3.) konsumiert.
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2. gegen die Gehorsamspflicht gem. § 56 S. 2 LBG NRW a.F. verstoßen zu haben.
Dem Beklagten sei vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 Urlaub aus familienpolitischen Gründen gewährt worden. Zweck der Freistellung sei die tatsächliche Betreuung oder Pflege mindestens eines Kindes unter 18 Jahren gewesen. Er sei in der Genehmigung von seinem Dienstherrn ausdrücklich angehalten gewesen, den Fortfall dieser Voraussetzungen anzuzeigen (Verfügung vom 00.00.0000). Spätestens mit der Trennung der Eheleute und dem damit verbundenen Auszug der Ehefrau und der Kinder aus dem gemeinsamen Haus seien die Voraussetzungen für die Freistellung - nämlich die tatsächliche Betreuung mindestens eines Kindes – weggefallen. Eine entsprechende Anzeige habe der Beklagte pflichtwidrig unterlassen.
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3. gegen die Hingabe-/Anwesenheitspflicht gem. §§ 57 S. 1 i. V. m. § 79 Abs. 1 LBG NRW a. F. verstoßen zu haben, indem er seit dem 00.00.0000 ohne Genehmigung dem Dienst fernbleibe.
Nach den Feststellungen des Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 28.09.2010, die im Disziplinarverfahren bindend seien, stehe fest, dass der Beklagte seit dem 00.00.0000 ohne Genehmigung dem Dienst ferngeblieben sei, obwohl er zumindest innendienstfähig gewesen sei. Dabei sei bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 22.11.2012 von einem fahrlässigen und ab diesem Zeitpunkt von einem vorsätzlichen Verstoß auszugehen. Der Beklagte habe in Kenntnis der Rechtsauffassung der Gerichte bis heute keine Anstrengungen unternommen, um seinen Dienst wieder aufzunehmen. Das Fernbleiben liege darin begründet, dass der Beklagte bis heute seiner nicht genehmigten Nebentätigkeit als J1. nachgehe.
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4. gegen die Pflicht zum achtungs- und vertrauensvollen Verhalten (Wohlverhalten) gem. § 57 S. 3 LBG NRW a.F. verstoßen zu haben.
Insoweit sei bindend durch das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts M. vom 18.03.2008 festgestellt worden, dass der Beklagte sich wegen einer am 00.00.2000 zum Nachteil seiner Ehefrau begangenen Körperverletzung sowie einer Bedrohung schuldig gemacht habe.
35Hinsichtlich der einzelnen der insgesamt vier vorgeworfenen Sachverhalte wird auf die ausführliche Darstellung in der Klageschrift (Seite 12 bis 27) Bezug genommen.
36Der Kläger beantragt,
37den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
38Der Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Er führt im Wesentlichen aus:
41Zunächst werde die Rüge der überlangen Verfahrensdauer erhoben. Seit Einleitung des Disziplinarverfahrens am 00.00.0000 seien nunmehr fast 9 ½ Jahre verstrichen. Damit liege ein Verstoß gegen Art. 6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vor. Unter Berücksichtigung der unangemessen langen Verfahrensdauer sei die Disziplinarmaßnahme der Entfernung auch unverhältnismäßig.
42Soweit ihm ein Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht vorgeworfen werde, seien die Feststellungen in dem Urteil des Amtsgerichts M. vom 18.03.2008 unzutreffend. Sämtliche Vorwürfe seien unzutreffend und würden bestritten. In dem familiengerichtlichen Beschluss des Amtsgerichts M. vom 04.07.2013 sei ausdrücklich festgestellt worden, dass ihm eine Körperverletzung nicht nachgewiesen werden könne. Gegen die damalige Zeugin W. T. sei nach Selbstanzeige ein Ermittlungsverfahren anhängig.
43Seine Tätigkeit als Geschäftsführer der L. J. GmbH sei nicht genehmigungspflichtig. Die L. J. GmbH zahle ihm kein Entgelt für seine Tätigkeit als Geschäftsführer. Die vom Kläger angegebenen Jahresumsätze seien unzutreffend. Es handele sich lediglich um die Verwaltung eigenen Vermögens.
44Er habe auch nicht gegen seine Hingabe-/Anwesenheitspflicht verstoßen. Er habe bereits bei seiner Dienstaufnahme am 00.00.0000 an den psychischen Folgen im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich erfolgten Trennung und Scheidung von seiner Ehefrau gelitten. Die Auswirkungen hätten sich insbesondere in Form akuter Belastungsreaktion, Somatisierungsstörung und Depressionen geäußert. Deshalb stünde er bereits seit Langem in ambulanter Behandlung, eine deutliche Besserung sei bis heute nicht eingetreten. Dies ergebe sich aus dem Attest der Allgemeinmediziner Dres. U. und I1. vom 00.00.00. Weiterhin befinde er sich ausweislich des Berichts des Facharztes für Psychiatrie N. T1. seit Anfang August in dessen ambulanter Behandlung. Ursprünglicher Behandlungsanlass seien depressive Erschöpfungszustände und eine Somatisierungsstörung als Folge eines verwirrenden Geflechts von Folgen einer Anzeige seiner Ehefrau gewesen. Zudem ergebe sich die Dienstunfähigkeit aus dem – undatierten - ärztlichen Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin N1. für Zeiten zwischen dem 00.00.0000 und dem 00.00.0000, den Attesten des Dr. med. U. vom 00.00.0000 und 00.00.0000 sowie aus einer ärztlichen Bescheinigung der Frau N1. vom 00.00.0000. In der mündlichen Verhandlung überreichte der Beklagte ein weiteres Attest des Facharztes T1. vom 00.00.0000 und teilte mit, dass er erst seit Januar 0000 nicht mehr krankgeschrieben sei.
45Er sei seit dem 00.00.0000 innen- und außendienstunfähig erkrankt. Auch die polizeilichen Durchsuchungsmaßnahmen seien ursächlich für seine Erkrankung gewesen. Sein damaliger Bevollmächtigter habe ihm gegenüber erklärt, dass er aufgrund seiner Erkrankung zunächst nicht zum Dienst gehen solle.
46Die Disziplinarkammer hat in der mündlichen Verhandlung das Disziplinarverfahren gemäß § 55 Abs. 1 LDG NRW beschränkt, indem es die dem Beklagten in der Klageschrift in den Nrn. 1, 2 und 4 vorgeworfenen Pflichtverletzungen vollständig ausgeschieden hat. Im Hinblick auf den Vorwurf zu Nr. 3 der Klageschrift ist eine Beschränkung insoweit erfolgt, als dem Beklagten unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst über den 00.00.0000 hinaus vorgeworfen worden ist.
47Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Personalakte, der Disziplinarakten, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie den beigezogenen Strafakten Bezug genommen.
48Entscheidungsgründe:
49Die zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte ist wegen Dienstvergehens aus dem Dienst zu entfernen (I. - III.). Die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages ist vollständig auszuschließen (IV.).
50I. Die Kammer hat, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung die übrigen Vorwürfe gemäß § 55 Abs. 1 LDG NRW aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden hat, ihrer Entscheidung zunächst die im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 28.09.2010 (Aktenzeichen: 12 K 3861/07) getroffenen tatsächlichen Feststellungen ohne erneute Prüfung zu Grunde gelegt. Auf den Inhalt dieser Entscheidung sowie auf den diese Entscheidung bestätigenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 22.11.2012 (Aktenzeichen: 3 A 2549/10) wird ausdrücklich Bezug genommen.
51Demnach ist der Beklagte „seit dem 00.00.0000 ohne Genehmigung des Polizeipräsidiums E. schuldhaft dem Dienst ferngeblieben. Der Beklagte hat seine dienstlichen Aufgaben nicht wahrgenommen, obwohl er dienstfähig (gewesen) ist.“ Damit steht vom 00.00.0000 an bis zum Tag der erstinstanzlichen Verhandlung – auf diesen Zeitpunkt hat das Verwaltungsgericht abgestellt (vgl. Beschluss des OVG NRW vom 22.11.2012, S.11) – also bis zum 28.09.2010 rechtskräftig fest, dass der Beklagte unentschuldigt – zumindest fahrlässig – dem Dienst ferngeblieben ist.
52An diese tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen ist die Kammer gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW gebunden. Gemäß § 56 Abs. 1 LDG NRW sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 BBesG über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Da der Verlust ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst voraussetzt und ein solches Fernbleiben regelmäßig zugleich den Tatbestand eines Dienstvergehens erfüllt, besteht insofern Tatidentität. Die Bindungswirkung bezieht sich inhaltlich sowohl auf das Fernbleiben des Beamten an sich nach Zeitpunkt und Dauer als auch auf die Feststellung der Pflichtwidrigkeit und des Verschuldens des Beamten.
53Vgl. Weiß in Fürst, GKÖD II, M § 23 Rn.14, 26.
54Anlass, sich von diesen Feststellungen gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW zu lösen, gibt es nicht. Eine Lösung von tatsächlichen Urteilsfeststellungen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, durch das nach § 9 BBesG über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, ist nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich. Feststellungen, die nicht auf einer gegen Denkgesetze und Erfahrungswerte verstoßenden Beweiswürdigung beruhen, sind auch dann für die Disziplinargerichte bindend, wenn diese aufgrund eigener Würdigung abweichende Feststellungen für möglich halten.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1993 - 1 D 68.91 -, juris, Rn. 12.
56Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit liegen nicht vor, insbesondere keine offenkundigen. Die vielfältigen Angriffe des Beklagten gegen die polizeiärztlichen Beurteilungen unter Berufung auf seine privatärztlichen Atteste und seine ihn behandelnden Ärzte in diesem Disziplinarverfahren hat er bereits in dem oben genannten Verfahren betreffend die Feststellungen des Verlustes von Dienstbezügen vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und dem Oberverwaltungsgericht NRW vorgebracht. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht haben sich mit diesen Fragen ausführlich befasst. Die Ausführungen sind weder in sich widersprüchlich noch verstoßen sie gegen Denkgesetze.
57Aus der in seinem Klageerwiderungsschriftsatz wiederholten Bezugnahme des Beklagten auf das ärztliche Attest der Dres. U. und I1. vom 00.00.0000 und des Bericht des Facharztes für Psychiatrie T1. ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine offenkundige Unrichtigkeit der Entscheidung im vorangegangenen Verwaltungsrechtsstreit. Dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und dem Oberverwaltungsgericht lagen beide Bescheinigungen vor. Das Verwaltungsgericht hat – bestätigt und präzisiert durch das Oberverwaltungsgericht - überzeugend und detailliert ausgeführt, dass das Attest vom 00.00.0000 durch die pauschale Auflistung der Diagnosen keine nachvollziehbare Begründung für eine daraus folgende – langfristige – Dienstunfähigkeit enthält. Gleiches – so das Verwaltungsgericht weiter – gelte für die Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie, Herrn T1. . Der in dessen Bericht enthaltene Befund lasse auf keine Dienstunfähigkeit schließen. Entsprechend den überzeugenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts NRW durfte der Beurteilung der Polizeiärztin im Ergebnis auch Vorrang eingeräumt werden. Es bestanden keine begründeten Zweifel an ihrer Sachkunde, ihre medizinische Beurteilung beruhte auf zutreffenden Tatsachengrundlagen, war in sich stimmig und nachvollziehbar. Das Oberverwaltungsgericht NRW hat sich mit die Disziplinarkammer überzeugenden Erwägungen mit der Frage auseinandergesetzt, weshalb sich der Beklagte nicht auf die von ihm vorgelegten privatärztlichen Atteste berufen durfte. Es hat sich ausführlich und nachvollziehbar mit den vorgelegten Attesten beschäftigt und klargestellt, weshalb die dortigen Aussagen nicht geeignet sind, die polizeiärztlich festgestellte Dienstfähigkeit zu widerlegen.
58Die von dem Beklagten mit anwaltlichem Schriftsatz vom 00.00.0000 vorgelegten Atteste enthalten diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse. Die Atteste des Dr.med. U. vom 00.00.0000 und 00.00.0000 sowie die ärztlichen Bescheinigung der Frau N1. vom 00.00.0000 beziehen sich auf nach dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen (28.09.2010) liegende Zeiträume, über die hier nicht mehr zu befinden ist. Das – undatierte - ärztliche Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin N1. , die den Beklagten am 00.00.0000 erstmals im Rahmen der Urlaubsvertretung für Dr. U. behandelte, enthält auch nur pauschale Bewertungen, ohne dass plausibel gemacht wird, warum der Beklagte in dem streitigen Zeitraum von drei Jahren durchgängig gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sein soll, seine ihm übertragenen Aufgaben im Innendienst des Verkehrskommissariats zu bewältigen. Gleiches gilt für das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Attest vom 00.00.0000. Einen Anspruch auf sachliche Auseinandersetzung mit der polizeiärztlichen Begutachtung erheben diese Atteste nicht. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen und des Oberverwaltungsgerichts NRW sind weder in sich widersprüchlich noch verstoßen sie gegen Denkgesetze noch sind sie in sonstiger Weise unzulänglich im Sinne einer offenkundigen Unrichtigkeit.
59Damit steht aufgrund der bindenden Feststellung fest, dass der Beklagte vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 trotz Dienstfähigkeit unentschuldigt – zumindest fahrlässig - dem Dienst ferngeblieben ist, obwohl er dienstfähig war.
60II. Die disziplinarrechtliche Würdigung des so festgestellten Sachverhalts ergibt, dass sich der Beklagte eines schweren innerdienstlichen Dienstvergehens schuldig gemacht hat, dass zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW führt.
61Nach § 83 Abs.1 Landesbeamtengesetz (LBG NRW a.F.) bzw. § 47 Abs. 1 S.1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt. Diese Pflichten sind in Bezug auf den hier in Rede stehenden Zeitraum dem LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: LBG NRW a. F.) zu entnehmen. Sie finden ihre Entsprechung in den Bestimmungen des zum 1. April 2009 in Kraft getretenen Beamtenstatusgesetzes. Gemäß § 57 Satz 3 LBG NRW a. F. muss das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Der Beamte ist gemäß § 58 Satz 2 LBG NRW a. F. verpflichtet, die von seinen Vorgesetzten erlassenen Anordnungen auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen.
62Allein schon dadurch, dass der Beklagte in der Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 dem Dienst ungenehmigt fernblieb, hat er in massiver und nachhaltiger Weise gegen seine in §§ 57 S. 1 i. V. m. § 79 Abs. 1 LBG NRW a. F. normierte Hingabe-/Anwesenheitspflicht verstoßen. Gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a. F. darf ein Beamter dem Dienst nicht ohne Genehmigung fernbleiben.
63Bereits das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Jahren rechtfertigt die Verhängung der Höchstmaßnahme und veranlasste die Kammer, das Disziplinarverfahren auf der Grundlage des § 55 Abs. 1 LDG NRW auf diesen Vorwurf zu beschränken.
64Das Gebot zum Dienst zu erscheinen ist die Grundpflicht eines jeden Beamten. Ohne die Dienstleistung ihrer Mitarbeiter wäre die Verwaltung nicht im Stande, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Deshalb kann einem Beamten, der ohne triftigen Grund nicht zum vorgeschriebenen Dienst erscheint, nicht mehr das Vertrauen entgegengebracht werden, das für eine gedeihliche Zusammenarbeit unerlässlich ist. Verweigert ein Beamter den Dienst über einen längeren Zeitraum, so ergibt sich die Notwendigkeit, das Beamtenverhältnis einseitig zu lösen, regelmäßig schon aus der Dauer der Dienstverweigerung sowie aus dem Umstand, dass das Erfordernis der Dienstleistung und damit die Bedeutung ihrer Unterlassung für jedermann leicht erkennbar ist. Setzt sich der Beamte gleichwohl über diese Erkenntnis hinweg, offenbart er ein so hohes Maß an Verantwortungslosigkeit, Pflichtvergessenheit und Mangel an Einsicht in die Notwendigkeit einer geordneten Verwaltung, dass in aller Regel seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die Folge sein muss. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits ein siebenwöchiges, vorsätzlich unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst ein Grund für eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
65Vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 22. April 1991 - 1 D 62.90- , juris, Rn. 105.
66Grundlage dieser Rechtsprechung ist, dass schon eine insgesamt oder in Einzelabschnitten nach Monaten zählende Dauer schuldhaften Fernbleibens als so unerträglich zu werten ist, das sie den Fortbestand des Beamtenverhältnisses grundsätzlich ausschließt.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 07. November 1990 - 1 D 33.90 -, juris, Rn. 31.
68Dadurch, dass der Beklagte im vorliegenden Fall vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000, also über einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren, schuldhaft - fahrlässig - dem Dienst ferngeblieben ist, liegen bereits die Voraussetzungen für die Verhängung der Höchstmaßnahme vor.
69Es ist weder dem Dienstherrn noch der Öffentlichkeit zumutbar, einen Beamten lebenslang zu alimentieren, wenn dieser den von ihm geschuldeten Dienst verweigert und sich auf seine Interpretation ärztlicher Atteste zurückzieht, ohne aussagekräftige Dienstunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen. Es hätte dem Beklagten oblegen, seine Dienstunfähigkeit substantiiert darzulegen und ggf. gegen eine diesbezügliche Anordnung seiner amtsärztlichen Untersuchung oder eine Aufforderung zur Dienstaufnahme zu remonstrieren und gerichtlich, notfalls unter Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes, vorzugehen.
70Dazu war er aufgrund seiner - in der Verfügung des Polizeipräsidiums vom 19.07.2007 konkretisierten - Mitwirkungspflicht auch verpflichtet. Zwar hat sich der Beklagte am 00.00.0000 noch einer polizeiärztlichen Untersuchung unterzogen, bei der er als “innendiensttauglich“ beurteilt wurde. Gleichwohl hat er in der Folgezeit seinen Dienst unter Vorlage von privatärztlichen Nachweisen nicht wieder angetreten und sich auch keiner weiteren Untersuchung gestellt. Auf die privatärztlichen Bescheinigungen durfte er sich spätestens ab dem Zugang der Verfügung vom 19.07.2007 nicht mehr verlassen.
71Den Beklagten entlastet nicht, dass er auf die ihn behandelnden Ärzte und den Rat seines damaligen Bevollmächtigten vertraut hat. Der Beklagte handelte angesichts der ihm erteilten Belehrungen durch den Dienstherrn auf eigenes Risiko. Das gilt auch für die anwaltliche Beratung, weil nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich ist, dass der Kläger aufgrund einer fundierten Beratung glaubte, sich über die Bewertung seiner Dienstfähigkeit durch den polizeiärztlichen Dienst und die Belehrung des Dienstherrn hinwegsetzen zu können.
72Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 - 2 C 11.05 -, ZBR 2007, 53.
73Im Übrigen wäre ein entsprechender Irrtum seine Dienstfähigkeit betreffend bei gehöriger Sorgfalt angesichts der mehrfachen und deutlichen Hinweise seines Dienstherrn auch vermeidbar gewesen.
74Im Rahmen der bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen geht die Disziplinarkammer davon aus, dass der Beklagte mit seinem Verhalten schuldhaft in Form grober Fahrlässigkeit gehandelt hat. Das erkennende Gericht ist im Hinblick auf das Vorliegen des Verschuldens nicht an die gerichtlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zur konkreten Verschuldensform gebunden. Denn das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen konnte im Verfahren betreffend den Verlust der Dienstbezüge dahin stehen lassen, ob der Beklagte fahrlässig, grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat, weil dies für das dortige Verfahren unerheblich war. Die Disziplinarkammer ist folglich nur insoweit gebunden, dass der Beklagte zumindest fahrlässig gehandelt hat.
75Nach Auffassung der Kammer ist das Verhalten des Beklagten als grob fahrlässig zu qualifizieren. Grob fahrlässig handelt, wer die zu erwartende Sorgfalt in besonders gröblichem Maße verletzt. Ein dienstfähiger Beamter, der ungenehmigt keinen Dienst leistet, handelt hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „Dienstfähigkeit“ mit bedingtem Vorsatz, wenn er es ernsthaft für möglich hält, dienstfähig zu sein, und im Hinblick darauf billigend in Kauf nimmt, die Dienstleistungspflicht zu verletzen. Dagegen fällt ihm nur Fahrlässigkeit zur Last, wenn er die Dienstfähigkeit zwar aufgrund der Gegebenheiten erkennen muss, aber darauf vertraut, dienstunfähig zu sein und demzufolge nicht gegen die Dienstleistungspflicht zu verstoßen.
76BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 - 1 D 2.05 -, juris, Rn. 41.
77Wird ein Beamter mehrfach von seiner Dienststelle darauf hingewiesen, dass die amtsärztlich getroffene Feststellung seiner Dienstfähigkeit insoweit maßgeblich ist und nicht eine privatärztlich ausgestellte Dienstunfähigkeitsbescheinigung aufgrund privatärztlicher Untersuchung, so handelt er unerlaubt und zumindest grob fahrlässig, wenn er dennoch weiterhin dem Dienst fernbleibt.
78VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. April 1997 - D 17 S 25/96 -, juris.
79So liegt der Fall hier. Der Beklagte wusste bereits aufgrund der Aufforderung des Polizeipräsidenten vom 00.00.0000, sich bei Krankheit einer polizeiärztlichen Untersuchung zu unterziehen, dass er sich nicht auf seine privatärztlichen Krankschreibungen verlassen durfte. Zudem wurde er mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 00.00.0000 nochmals darauf hingewiesen, dass er nach der maßgeblichen Auffassung des Polizeiarztes innendienstfähig sei, und es wurde ihm angeraten, den Dienst wieder aufzunehmen oder sich dem Polizeiarzt vorzustellen, sofern er von einer Veränderung der gesundheitlichen Situation ausgehe. Damit wusste der Beklagte, dass den Beurteilungen der Polizeiärztin gegenüber denen seiner Privatärzte Vorrang eingeräumt wurde. Bereits bei mäßiger geistiger Anstrengung hätte sich dem Beklagten aufdrängen müssen, dass die Einschätzungen seiner Ärzte nicht für die Bejahung der Dienstunfähigkeit ausreichend sein konnten. Indem der Beklagte beharrlich an seiner verfehlten Rechtsauffassung festhielt und sich in der Folgezeit keinen polizeiärztlichen Untersuchungen mehr stellte, hat er durch sein weiteres Fernbleiben vom Dienst nicht nur fahrlässig, sondern zumindest grob fahrlässig gehandelt.
80III. Für das festgestellte Dienstvergehen hält die Kammer die Verhängung der Höchstmaßnahme für geboten und unvermeidlich.
81Ausgangspunkt für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des nachgewiesenen Dienstvergehens. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in den Beamten beeinträchtigt worden ist (§ 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW). Ein Beamter, der durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW). Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die Prognose ergibt, dass der Beamte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht nachkommen werde oder die Ansehensschädigung nicht wieder gut zu machen ist.
82Im vorliegenden Fall ist von einer vollständigen Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit des Beklagten auszugehen. Insbesondere haben die sich zu Ungunsten des Beklagten auswirkenden Umstände ein derartiges Gewicht, dass der Beklagte für den öffentlichen Dienst nicht mehr tragbar ist.
83Wie bereits ausgeführt ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst über mehrere Monate regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören. Denn aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, offenbart das Fernbleiben über einen längeren Zeitraum ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit.
84BVerwG, Urteil vom 22. April 1991 - 1 D 6.90 -, juris, Rn. 97.
85Daher ist in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Überlegungen zur Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt nur dann, wenn im Einzelfall gewichtige Entlastungsgründe zu Gunsten des Beamten zu berücksichtigen sind.
86Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 - 1 D 2.05 -, juris: Zurückstufung um zwei Ämter für den Fall des fahrlässigen Fernbleibens für die Dauer von 5 1/2 Monaten und besondere Umständen.
87Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Rechtsprechung die Höchstmaßnahme stets in den Fällen ausgesprochen, in denen der Beamte ununterbrochen vier Monate oder länger unerlaubt vorsätzlich dem Dienst ferngeblieben war. Bei einem fahrlässigen Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von sieben Wochen hat das Bundesverwaltungsgericht auf eine Gehaltskürzung auf die Dauer von fünf Jahren erkannt, während es bei einem fahrlässigen Fernbleiben vom Dienst für einen Zeitraum von elf Wochen bereits auf eine Zurückstufung erkannt hat.
88Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2002 - 1 D 17.01 -, juris, m. w. N.
89Nach den vorstehend wiedergegebenen Grundsätzen ist vorliegend im Falle des Beklagten, der über einen Zeitraum von über drei Jahren unentschuldigt grob fahrlässig dem Dienst ferngeblieben ist, die Höchstmaßnahme zu verhängen und der Beklagte aus dem Dienst zu entfernen. Dass der Beklagte durch sein Verhalten deutlich zu verstehen gegeben hat, dass er auch in Zukunft nicht willens ist, seinen Dienst aufzunehmen und damit ein weiteres widersetzliches Verhalten des Beamten zu erwarten wäre, ist in diesem Zusammenhang nicht mehr von ausschlaggebender Bedeutung. Der Beamte hatte während des über drei Jahre währenden Zeitraums, in dem er dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben ist, ausreichend Gelegenheit, sein Verhalten zu überdenken und auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, wofür ihm durch die gerichtlichen Entscheidungen im Verlustfeststellungsverfahren und den weiteren Verfahren hinreichend Anlass gegeben worden ist.
90Dem Beklagten kommt zwar zugute, dass nach den Feststellungen subjektiv nur ein fahrlässiger Verstoß gegen die Dienstleistungspflicht anzunehmen ist. Wie bereits ausgeführt ist ihm jedoch nicht nur einfache Fahrlässigkeit, sondern ein grob fahrlässiges Handeln vorzuwerfen, welches seinen fahrlässigen Pflichtverstoß in die Nähe eines vorsätzlich begangenen rückt.
91Demgegenüber fallen erschwerend zunächst der lange Tatzeitraum von über drei Jahren des fahrlässigen Fernbleibens und die damit zum Ausdruck kommende nachhaltige Uneinsichtigkeit des Beklagten bezüglich seiner dienstlichen Kernpflichten ins Gewicht. Denn der Beklagte hat trotz Kenntnis seiner Remonstrationsrechte und Möglichkeiten, um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen, beharrlich seinen Standpunkt beibehalten, auch nachdem ihm weitere dienstrechtliche Konsequenzen seines Verhaltens u. a. mit der Ausdehnung dieses Disziplinarverfahrens bereits am 10.06.2008 sowie durch die vorläufige Enthebung vom Dienst am 00.00.0000 deutlich vor Augen geführt worden waren.
92Der Beklagte hat nicht einmal den ernsthaften Versuch unternommen, seinen Dienstpflichten weiter nachzugehen. Auch hat er es unterlassen, auf verwaltungsgerichtlichem Wege die Frage seiner Dienstfähigkeit zu klären. Er ist schlicht dem Dienst ferngeblieben unter Berufung auf die privatärztlichen Atteste.
93Dass die Berufung auf privatärztliche Nachweise ungenügend ist, hätte ihm spätestens seit dem Bescheid des Polizeipräsidiums vom 00.00.0000, mit dem seine Mitwirkungspflichten konkretisiert wurden, bewusst sein müssen. Es hätte von dem Beklagten erwartet werden können und müssen, seine Gesundheitsbeeinträchtigung zeitnah und vor allem nachhaltig zu belegen, Änderungen einzuleiten, vor allem aber unverzüglich auf den „rechten Weg“ zurückzukehren, nachdem seine rechtlichen Standpunkte und Bedenken nicht geteilt wurden. In seinem gleichwohl beharrlichen Festhalten an den privatärztlichen Attesten zeigt sich das große Maß an Pflichtvergessenheit. In Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte eingeräumt, dass er seit 00.00.0000 nicht mehr dienstunfähig sei. Eine plausible Erklärung, warum er dies seinem Dienstherrn nicht angezeigt hat, vermochte der Beklagte nicht abzugeben. Auch dies dokumentiert die nachhaltige Uneinsichtigkeit des Beklagten in seine beamtenrechtliche Kernpflicht, zum Dienst zu erscheinen oder die Dienstleistung nach Wegfall des - vermeintlichen - Hindernisses zumindest wieder anzubieten.
94Nachhaltige Milderungsgründe, aufgrund derer das Vertrauen des Dienstherrn in den Beamten trotz dessen Dienstvergehen noch nicht als unheilbar zerstört erscheinen lassen könnte, sind nicht zu erkennen.
95Insbesondere ist die Dienstpflichtverletzung des Beklagten nicht als einmaliges Fehlverhalten eines ansonsten pflichtbewussten Beamten in einer besonderen Krisensituation zu werten.
96Zu keiner milderen Bewertung kann es führen, dass der Beamte privatärztliche Atteste zum Beleg seiner Dienstunfähigkeit vorgelegt hat. Aufgrund der Anordnung des Polizeipräsidenten vom 00.00.0000 sowie auch durch den am 20.08.2007 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 16.08.2007 war ihm bewusst, dass der Dienstherr derartige Bescheinigungen – zumal sie auch nicht lückenlos vorgelegt wurden – in Zweifel zog und nicht mehr als maßgeblich anerkannte. Der Beklagte handelte angesichts der erteilten Hinweise durch den Dienstvorgesetzten auf eigenes Risiko, wenn er weiterhin dem Dienst fernblieb.
97Auch stellt die von dem Beklagten monierte Verfahrensdauer keinen Milderungsgrund dar. Eine unterhalb der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme gebotene Disziplinarmaßnahme kann auch in der Maßnahmeart milder ausfallen, wenn das Verfahren aus einem durch den Beamten nicht zu vertretenden Grund übermäßig lange gedauert hat. Wenn hingegen die Höchstmaßnahme verwirkt ist, scheidet eine Berücksichtigung der überlangen Verfahrensdauer aus. Denn das von dem Beamten zerstörte Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf und damit auch nicht durch eine verzögerte disziplinarrechtliche Sanktionierung schwerwiegender Pflichtenverstöße wiederhergestellt werden.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63.11 -, juris.
99Daran ist auch unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK festzuhalten. Diese Vorschrift gewährleistet und konkretisiert das Recht jeder Person auf ein faires Verfahren über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage. Sie benennt als Bestandteil des Fairnessgebots ausdrücklich das Recht, dass über eine derartige Streitigkeit innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Daraus folgt ein Anspruch auf gerichtliche Entscheidung innerhalb angemessener Zeit.
100Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK nunmehr auch auf Disziplinarverfahren erstreckt. Danach liegt ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK vor, wenn das Disziplinarverfahren von seiner Einleitung durch den Dienstherrn bis zum rechtskräftigen Abschluss unangemessen lang gedauert hat. Die Angemessenheit ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Schwierigkeit des Falles, des Verhaltens des Beamten, der Vorgehensweise der Behörden und Gerichte sowie der Bedeutung des Verfahrens für den Beamten zu beantworten.
101Vgl. EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 -, NVwZ 2010, 1015, 1017.
102Eine unangemessen lange Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK hat jedoch nicht zur Folge, dass dem Betroffenen aus diesem Grund eine Rechtsstellung eingeräumt werden muss, die im Widerspruch zu dem entscheidungserheblichen innerstaatlichen materiellen Recht steht. Vielmehr kann die unangemessene Verfahrensdauer für den Ausgang des zu lange dauernden Rechtsstreits nur dann zugunsten des Betroffenen berücksichtigt werden, wenn das innerstaatliche Recht dies vorsieht oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der einschlägigen materiellrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln.
103Dies wird durch die Europäische Menschenrechtskonvention und die dazu ergangene Rechtsprechung des EGMR bestätigt. Stellt der EGMR eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK fest, billigt er dem Betroffenen eine billige Entschädigung zu, wenn vollständige Wiedergutmachung nach innerstaatlichem Recht nicht möglich ist (Art. 41 EMRK).
104Im Übrigen hat der Bundesgesetzgeber die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK wegen unangemessen langer Verfahrensdauer inzwischen in §§ 198 ff. GVG eigenständig geregelt. Diese Bestimmungen gelten nach § 173 Satz 2 VwGO auch für verwaltungsgerichtliche Verfahren (Art. 1 und Art. 8 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011, BGBl I S. 2302). In Fällen der gerügten unangemessen langen Verfahrensdauer besteht ein Anspruch auf angemessene Entschädigung, um die verzögerungsbedingten Vermögensnachteile und immateriellen Folgen auszugleichen (§ 198 Abs. 1 und 2 GVG). Der Bundesgesetzgeber hat aber davon abgesehen, einen inhaltlichen Bezug zwischen der unangemessenen Dauer des Verfahrens und den geltend gemachten materiellrechtlichen Positionen herzustellen. Dies belegt, dass der unangemessen langen Dauer des Verfahrens Bedeutung für dessen Ausgang nur zukommen kann, wenn die die Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts dem einschlägigen materiellen Recht nicht widerspricht.
105BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 2012 – 2 B 3.12-, juris, Rn. 9, m. w. N.
106Ausgehend davon, dass die Vertrauensgrundlage des Dienstverhältnisses als vollends zerstört angesehen werden muss, können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
107vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2003 – 1 D 2.03 -, juris,
108sonstige allgemeine Milderungsgründe, die für die Person des Beklagten sprechen mögen, nicht durchgreifen. Das gilt im Hinblick auf seine zuletzt als „im Durchschnitt“ beurteilten dienstlichen Leistungen. Diese und auch seine – wenn auch nicht zur Dienstunfähigkeit führenden – gesundheitlichen Beeinträchtigungen und familiären Probleme können angesichts der Schwere seines Versagens nicht maßgeblich ins Gewicht fallen und dazu führen, dass ihm noch ein Rest an Vertrauen entgegengebracht werden kann.
109Der Beklagte ist daher aus den Gründen der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes aus dem Amt zu entfernen. Die darin liegende Härte für den Beklagten ist auch nicht unverhältnismäßig; sie beruht vielmehr auf dem ihm zurechenbaren vorangegangenen Verhalten, wobei das damit verbundene Risiko für ihn vorhersehbar war.
110Bei der gebotenen Gesamtabwägung ist die Disziplinarkammer auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund des hier vorliegenden endgültigen und vollständigen Vertrauensverlustes des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Person des Beamten gemäß § 13 Abs. 3 LDG NRW seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zwingend erforderlich und angemessen ist.
111IV. Die Gewährung des kraft Gesetzes im Regelfall vorgesehenen Unterhaltsbeitrages ist dem Beklagten gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW vollständig zu versagen, da er dessen unwürdig ist. Der Unterhaltsbeitrag ist Ausdruck einer das Beamtenverhältnis überdauernden Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
112Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27.November 2006 - 21dA 512/05 -, juris, Rn. 71; VGH Bad.-Würt., Urteile vom 16. Juli 2003 - DB 17 S 6/03 - und 7. Juli 2003 - DL 17 S 2/03 -, juris.
113Die Versagung eines solchen Unterhaltsbeitrages ist die Ausnahme und setzt neben der Dienstpflichtverletzung als solcher das Vorhandensein zusätzlicher Umstände voraus, die sich aus der Person und dem früheren Verhalten des Beamten ergeben. Unwürdigkeit liegt dann vor, wenn sich dessen Verhalten gegen die Grundlagen des beiderseitigen Treueverhältnisses richtet mit der Folge, dass jeder innere Grund für jene nachwirkende Fürsorgepflicht entfällt.
114Vgl. Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl. 2003, § 10 Rn. 7.
115Dies kommt nicht nur in Fällen grober Täuschung des Dienstherrn oder anderer strafbewehrter oder auch nur ethisch zu missbilligender Verhaltensweisen, sondern vor allem auch dort in Betracht, wo es um die dienstrechtlichen Grundbedingungen des Beamtenverhältnisses geht. Denn gerade im Bereich der selbstverständlichen Pflicht, überhaupt Dienst zu leisten, ist deutlicher und auch schneller als sonst zu erkennen, ob und inwieweit beim Beamten überhaupt noch ein Mindestmaß an Interesse für seinen Dienstherrn vorhanden ist. Dementsprechend halten Köhler/Ratz (a.a.O.) Unwürdigkeit etwa dann für naheliegend, wenn der Beamte dem Dienst ohne jede Meldung oder ohne Teilnahme am Disziplinarverfahren monate- oder gar jahrelang ferngeblieben ist; allgemeiner ausgedrückt, wenn der Beamte mit derartigem Verhalten jedes Interesse und jede Verantwortung für die dienstlichen Bedürfnisse vermissen lässt und von sich aus alle Brücken zum Dienst abgebrochen hat.
116So verhält es sich hier. Das schuldhafte ungenehmigte Fernbleiben des Beklagten vom Dienst währte über drei Jahre. Der Beamte hat - geleitet von einer grundlegenden Fehlhaltung - sämtliche Hinweise, seinen Dienst wieder aufzunehmen, ignoriert. Dieses Verhalten lässt nur den Schluss zu, dass es beim Beklagten seit langem an jedem Rest von Verantwortung für die dienstlichen Bedürfnisse fehlt.
117Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27.November 2006 - 21dA 512/05 -, juris, Rn. 71.
118V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs.1 LDG NRW i. V. m. § 154 Abs.1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 LDG NRW i. V. m. § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr.11, 711, 709 S. 2 ZPO.
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Bleibt der Beamte, Richter oder Soldat ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fern, so verliert er für die Zeit des Fernbleibens seine Bezüge. Dies gilt auch bei einem Fernbleiben vom Dienst für Teile eines Tages. Der Verlust der Bezüge ist festzustellen.
Gesetzliche Vorschriften, behördliche Anordnungen oder Satzungen, die Kreditinstituten die Anlage ihres Vermögens in Grundpfandrechten oder Reallasten außerhalb eines bestimmten Bezirks untersagen, sind nicht anzuwenden, wenn die Grundpfandrechte oder Reallasten nach § 23 an einem außerhalb des Bezirks liegenden Grundstück neu begründet werden.
(1) Werden Grundstücke oder Grundstücksteile zur Entschädigung in Land erworben, so gelten die Vorschriften der §§ 1, 2 und 4 des Gesetzes zur Ergänzung des Reichssiedlungsgesetzes vom 4. Januar 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1) über den Ausschluß des Kündigungsrechts der Gläubiger, die Unterverteilung der Grundpfandrechte (Hypotheken, Grund- und Rentenschulden) und Reallasten und die Eintragung der Rechtsänderungen in das Grundbuch.
(2) Grundpfandrechte können von dem Erwerber innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zur sofortigen Rückzahlung gekündigt werden. Dient das gekündigte Recht zur Deckung von Schuldverschreibungen eines Kreditinstituts, das nicht berechtigt ist, die Schuldverschreibungen zurückzukaufen, so wird die Kündigung erst zum nächsten zulässigen Rückzahlungstermin wirksam.
(3) Die Aufgaben der Siedlungsbehörden nach den §§ 1, 2 und 4 des Gesetzes zur Ergänzung des Reichssiedlungsgesetzes nimmt die Enteignungsbehörde wahr.
(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das nach den Vorschriften dieses Gesetzes enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn das Grundstück nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 benötigt wird oder mit der Ausführung des Vorhabens, dessentwegen das Grundstück enteignet wurde, nicht binnen zweier Jahre, nachdem der Enteignungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, begonnen wurde. Dieses gilt sinngemäß zugunsten des Eigentümers eines Grundstückes, an dem nach § 12 Abs. 1 ein Recht begründet worden ist.
(2) Das Verlangen auf Rückenteignung ist binnen eines Jahres, nachdem die das Grundstück verwaltende Stelle dem früheren Eigentümer von den Tatsachen, die den Anspruch begründen, Kenntnis gegeben hat, spätestens binnen dreißig Jahren, nachdem der Enteignungsbeschluß, Teil A, unanfechtbar geworden ist, bei der Enteignungsbehörde zu stellen. § 203 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß.
(3) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(4) Für die Rückenteignung sind die Vorschriften der §§ 17 bis 24, 28, 29, 31 bis 37 und 44 bis 55 sinngemäß anzuwenden.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erloschen oder entzogen worden ist, kann unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Für Rechte, die durch Enteignung des früher belasteten Grundstücks erloschen sind, gilt dies nur, wenn der frühere Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück zurückerhält. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß.
Bleibt der Beamte, Richter oder Soldat ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fern, so verliert er für die Zeit des Fernbleibens seine Bezüge. Dies gilt auch bei einem Fernbleiben vom Dienst für Teile eines Tages. Der Verlust der Bezüge ist festzustellen.
(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das nach den Vorschriften dieses Gesetzes enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn das Grundstück nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 benötigt wird oder mit der Ausführung des Vorhabens, dessentwegen das Grundstück enteignet wurde, nicht binnen zweier Jahre, nachdem der Enteignungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, begonnen wurde. Dieses gilt sinngemäß zugunsten des Eigentümers eines Grundstückes, an dem nach § 12 Abs. 1 ein Recht begründet worden ist.
(2) Das Verlangen auf Rückenteignung ist binnen eines Jahres, nachdem die das Grundstück verwaltende Stelle dem früheren Eigentümer von den Tatsachen, die den Anspruch begründen, Kenntnis gegeben hat, spätestens binnen dreißig Jahren, nachdem der Enteignungsbeschluß, Teil A, unanfechtbar geworden ist, bei der Enteignungsbehörde zu stellen. § 203 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß.
(3) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(4) Für die Rückenteignung sind die Vorschriften der §§ 17 bis 24, 28, 29, 31 bis 37 und 44 bis 55 sinngemäß anzuwenden.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erloschen oder entzogen worden ist, kann unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Für Rechte, die durch Enteignung des früher belasteten Grundstücks erloschen sind, gilt dies nur, wenn der frühere Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück zurückerhält. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß.
Für die Anfechtung der nach diesem Gesetz erlassenen Verwaltungsakte gilt die Verwaltungsgerichtsordnung.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.