Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich Frage 6 und 12 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

II. Der Vorbescheid der Beklagten vom 7.7.2016 (Az. …) wird hinsichtlich der Fragen 1, 7, 11 und 13 aufgehoben.

Hinsichtlich der Fragen 1, 7 und 13 wird die Beklagte verpflichtet, diese Fragen positiv zu beantworten.

Hinsichtlich der Frage 11 wird die Beklagte verpflichtet, diese Frage unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

III. Die Beklagte hat 2/3, die Kläger haben gesamtverbindlich 1/3 der Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Mit ihrer Klage begehren die Kläger zuletzt die positive Beantwortung von vier Vorbescheidsfragen hinsichtlich des geplanten Neubaus eines Einfamilienhauses, welche die Beklagte mit Vorbescheid vom 7. Juli 2016 negativ beantwortet hat.

Die Kläger sind Miteigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks …, Fl.Nr. 1369/0, Gem. … Das Grundstück ist mit einem Wohngebäude bebaut, das über ein Erdgeschoss, 1. Obergeschoss und ausgebautes Dachgeschoss verfügt. Die Firsthöhe beträgt +8,27 m (vermasst) bei einer Geländeoberkante von -0,15 m, die Wandhöhe im Norden +5,195 m (vermasst) bei einer Geländeoberkante von -0,15 m und die Grundfläche ca. 145 m² (abgegriffen aus dem Lageplan) bei einer Grundstücksgröße von 1.009 m² (amtliche Fläche laut amtlichem Lageplan). Für das streitgegenständliche Grundstück ist durch Baulinienplan eine vordere und seitliche Baugrenze festgesetzt.

Am … Juni 2016 (Eingangsdatum) beantragten die Kläger die Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem streitgegenständlichen Grundstück. Geplant sind die Errichtung eines zweigeschossigen Flachdachwohngebäudes im vorderen bislang mit einer Garage bebauten Grundstücksbereich und einer grenzständige Garage an der östlichen Grundstücksgrenze. Die Grundfläche des Wohngebäudes soll 97,75 m² (11,50 m x 8,50 m; vermasst) betragen; die Wandhöhe ist mit +6,205 m bei einer Geländeoberkante von min. -0,15 m vermasst.

Lageplan M 1:1000

Lageplan mit Vorhaben (nach Einscannen möglicherweise nicht mehr maßstabsgerecht)

Die Kläger stellten insbesondere folgende Vorbescheidsfragen:

1. Ist eine Errichtung eines zweiten Wohngebäudes zulässig?

6. Ist als Gebäudeform ein rechteckiger Kubus mit zwei Vollgeschoßen und Flachdach zulässig? z.B. S …strasse …

7. Ist eine Wandhöhe ≤ 7,00 m zulässig? Zulässige Abstandsfläche vorausgesetzt!

11. Ist ein Fahrrad- und Geräteunterstand in der Vorgartenzone zulässig?

12. Evtl. auch in Verbindung mit einem Tonnenhäuschen?

13. Kann eine Genehmigung für die Fällung der beiden geschützten Bäume (Kiefer und Eiche) in Aussicht gestellt werden. (sic!) Diese befinden sich in oder zu nahe am geplanten Gebäude.

Mit Bescheid vom 7. Juli 2016 (Az. …), den Klägern jeweils mit Zustellungsurkunde am 12. Juli 2016 zugestellt, beantwortete die Beklagte die oben genannten Vorbescheidsfragen wie folgt:

„Frage 1 verneinte die Beklagte. Die Errichtung eines zweiten Wohngebäudes sei planungsrechtlich unzulässig. Maßgeblicher Bereich sei das Geviert zwischen M …weg, A …straße, S …straße und S …straße. Durch das Vorhaben würde eine bislang nicht vorhandene Dichtestruktur im Geviert entstehen; insbesondere werde das Verhältnis von bebauter zu unbebauter Fläche nicht mehr gewahrt, so dass bei Zulassung städtebauliche Spannungen aufgrund der negativen Bezugsfallwirkung zu befürchten seien. Die beiden Gebäude entlang des M …weges seien einheitlich von diesem zurückversetzt orientiert, sodass hier entlang des Bestandes eine faktische vordere Baugrenze anzunehmen sei, gegen welche das Vorhaben verstoße.“

Zur Beantwortung der Fragen 6 und 7 verwies die Beklagte auf die Antwort zu Frage 1.

Zu den Fragen 11 – 13 verwies die Beklagte darauf, dass die Fragen nicht positiv beantwortet werden könnten, da das Gebäude bereits planungsrechtlich unzulässig sei.

Mit Schriftsatz vom … August 2016, beim Verwaltungsgericht München am selben Tage eingegangen, ließen die Kläger durch ihre Bevollmächtigten Klage erheben und haben zunächst beantragt,

unter teilweiser Aufhebung des Vorbescheides der Beklagten vom 7. Juli 2016, Az.: … wird die Beklagte verpflichtet die Frage 1. aus dem Antrag auf Vorbescheid der Kläger vom … Mai 2016 positiv zu bescheiden sowie die Fragen 6., 7., 11., 12. und 13. erneut zu bescheiden.

Zur Begründung der Klage führten die Bevollmächtigten des Klägers aus, dass der Vorbescheid rechtsfehlerhaft sei. Für die Beurteilung des Einfügens seien die Grundstücke mit den Fl.Nr. 1369/1, 1373, 145/2, 1300/1 sowie 1301-1301/2 heranzuziehen. Eine einheitliche Dichtestruktur liege hier nicht vor. Hinsichtlich der angeblichen faktischen Baulinie müssten auch die Grundstücke mit Fl.Nr. 1374, 1368, 1371 und 1370 einbezogen werden. Eine faktische Baugrenze sei zudem zweifelhaft. Auch die Bauweise auf den Grundstücken auf der gegenüberliegenden Seite des M …weges sei diesbezüglich heranzuziehen.

Mit Schriftsatz vom 12. September 2017 beantragte die Beklagte zunächst,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Frage 1 richtigerweise mit Nein beantwortet worden sei, da sich das Vorhaben nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Das Vorhaben überschreite das im Geviert vorgegebene Verhältnis von bebauter zu unbebauter Fläche. Eine zweireihige Bebauung sei bisher nicht vorhanden und würde optisch wesentlich massiver wirken. Das Vorhaben überschreite auch – ohne dass es darauf ankäme – rechnerisch das vorgegebene Maß in Gestalt der GRZ. Im Übrigen sei eine Nachverdichtung der Gartenstadt städtebaulich nicht gewollt.

Der Verweis in den Fragen 6 und 7 auf Frage 1 sei zulässig, da, wenn ein weiteres Gebäude von vornherein ausgeschlossen sei, auch dessen Kubatur und Höhe nicht beurteilt werden könne.

Ansonsten werde auf den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen.

Das Gericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 9. November 2017 am 22. Januar 2018 über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom selben Tag wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Bevollmächtigte der Kläger die Hauptsache hinsichtlich der Frage 6 und 12 für erledigt. Die Vertreterinnen der Beklagten stimmten der Hauptsacheerledigungserklärung zu.

Der Bevollmächtigte der Kläger stellte sodann den Antrag,

unter entsprechender Aufhebung des Vorbescheids wird die Beklagte verpflichtet, die Fragen 1, 7, 11 und 13 positiv zu beantworten.

Die Vertreterinnen der Beklagten beantragten – soweit die Hauptsache nicht für erledigt erklärt wurde –

Klageabweisung.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

1. Soweit die Kläger die Vorbescheidsfragen 6 und 12 in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen und die Beteiligten die Hauptsache diesbezüglich übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen und über die Kosten nach billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 VwGO) zu entscheiden.

Da sich die Hauptsache nur teilweise erledigt hat, war kein gesonderter Beschluss zu erlassen, sondern die – auch in diesem Fall nicht der Anfechtung unterliegende – Entscheidung über die Verfahrenseinstellung und die Kostentragung zusammen mit der Sachentscheidung über den nicht erledigten Teil im Urteil zu treffen (vgl. BVerwG, B.v. 7.8.1998 – 4 B 75.98 – juris Rn. 2).

2. Hinsichtlich der Fragen 1, 7 und 13 war der streitgegenständliche Vorbescheid aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, diese Fragen positiv zu beantworten. Die negative Beantwortung dieser Fragen ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, weil ihnen ein Anspruch auf eine positive Beantwortung aus Art. 71 Satz 1, Satz 4, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) zusteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Hinsichtlich der Frage 11 war der streitgegenständliche Vorbescheid ebenfalls aufzuheben, da er rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt. Jedoch steht den Kläger kein Anspruch auf positive Beantwortung der Frage, sondern lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zu (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

2.1 Nach Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Einreichung eines Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erlassen werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherren gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung sind, fest und entfaltet während seiner regelmäßigen Geltungsdauer von 3 Jahren (Art. 71 Satz 2 BayBO) Bindungswirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren.

Gemäß Art. 71 Satz 4, 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist ein positiver Vorbescheid im Sinne der positiven Beantwortung der gestellten Vorbescheidsfragen zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben hinsichtlich der gestellten Frage keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Aus der Formulierung „zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens“ folgt außerdem, dass der Vorbescheid hinreichend bestimmt sein muss. Die ganz herrschende Meinung fordert für die Vorbescheidsfrage einen konkreten Vorhabensbezug (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2008 – 15 B 06.3463 – juris Rn. 16 m.w.N.). Ein Vorbescheidsantrag wäre nicht verbescheidungsfähig, wenn die zur Entscheidung gestellte Frage nicht ohne Kenntnis und Prüfung des Gesamtvorhabens beurteilt werden kann, die Bauvorlagen eine Beurteilung des Vorhabens nicht zulassen oder wesentliche Fragen ausgeklammert bleiben (BayVGH, U.v. 2.8.2017 – 2 B 17.544 – juris Rn. 12).

2.2 Den Klägern steht ein Anspruch auf positive Beantwortung der Frage 1 gemäß Art. 71 Satz 1, Satz 4, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Art. 59 Satz 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayBO zu. Die Errichtung des geplanten zweiten Wohngebäudes ist planungsrechtlich nach § 30 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) i.V.m. § 34 BauGB zulässig.

Die Frage nach der Zulässigkeit der Errichtung eines zweiten Wohngebäudes ist keine abstrakte (unzulässige) Rechtsfrage, sondern nimmt Bezug auf das konkrete Vorhaben der Errichtung eines zweiten Wohngebäudes auf dem streitgegenständlichen Grundstück mit der Situierung und den Maßen, wie sie im Vorbescheidsplan mit Plan-Nr. … dargestellt sind. Damit ist sie hinreichend konkret. Abgefragt werden soll, wie sich nach Auslegung (vgl. §§ 133, 157 Bürgerliches GesetzbuchBGB) unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ergibt, die planungsrechtliche Zulässigkeit des geplanten Hauptgebäudes.

Der Prüfungsmaßstab richtet sich nach Art. 59 Satz 1 BayBO (Art. 71 Satz 4, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO), da kein Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 BayBO vorliegt.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO) bestimmt sich vorliegend im Hinblick auf das vorhandene, gemäß § 173 Abs. 3 Bundesbaugesetz (BBauG) und § 233 Abs. 3 BauGB übergeleitete und fortgeltende Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen, da keine weitergehenden bauplanungsrechtlichen Festsetzungen vorhanden sind, nach § 34 BauGB.

Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das Vorhaben ist die nähere Umgebung. Berücksichtigt werden muss hier die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstückes prägt oder doch beeinflusst. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und sich andererseits diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19 m.w.N.). Daraus folgt, dass nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft des Baugrundstücks zu berücksichtigen ist, sondern auch die Bebauung der Umgebung insoweit berücksichtigt werden muss, als auch diese noch prägend auf das Baugrundstück wirkt (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 119. EL, 11/2015, § 34 Rn. 36). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. In der Regel gilt bei einem, inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2010 – 2 ZB 08.2775 – juris Rn. 4; U.v. 10.7.1998 – 2 B 96.2819 – juris Rn. 25; U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19 und U.v. 24.7.2014 – 2 B 14.1099 – juris Rn. 20).

Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.1997 – 4 B 172.97, NVwZ-RR 1998, 539; BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21 m.w.N.). Entscheidend bleiben in jedem Fall die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall (vgl. OVG NRW, U.v. 1.3.2017 – 2 A 46/16 – juris Rn. 35 m.w.N.).

2.2.1 Unproblematisch fügt sich das zweite Wohngebäude hinsichtlich Art der baulichen Nutzung – Wohnen – und der Bauweise – offene Bauweise – in die nähere Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB ein, da jedenfalls das streitgegenständliche Grundstück selbst zur näheren Umgebung zählt und auf diesem bereits ein wohngenutztes Gebäude mit seitlichen Grenzabständen (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 1 BaunutzungsverordnungBauNVO) vorhanden ist.

2.2.2 Das zweite Wohngebäude fügt sich auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB ein.

Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 17 m.w.N.). Dabei ist kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies widerspräche der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 20).

Zur maßgeblichen Umgebung gehört jedenfalls das streitgegenständliche Grundstück, auf welchem sich bereits ein zweigeschossiges Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoss unter einem Satteldach mit einer Grundfläche von ca. 145 m², einer Wandhöhe von 5,55 m und einer Firsthöhe von 8,42 m befindet. Hinsichtlich der Kubatur (Grundfläche, Geschosszahl und Höhe) stellt dieses Bestandsgebäude ein Vorbild für das geplante zweite Wohngebäude mit einer Grundfläche von 97,75 m², zwei Geschossen und einer Wandhöhe von maximal 6,355 m dar; das geplante Gebäude bleibt sogar deutlich hinter den Ausmaßen des Bestandsgebäudes zurück.

Im Hinblick auf die zusätzliche – nicht kumulative – Voraussetzung des Verhältnisses zur Freifläche findet sich unter anderem auf dem Grundstück M …weg, Fl.Nr. 1300/1, Gemarkung …, ein Vorbild für die geplante Bebauung auf dem streitgegenständlichen Grundstück, da dessen Verhältnis von mit Hauptgebäuden bebauter Fläche (103,85 m², abgegriffen aus dem Lageplan) zur Grundstücksfläche (368,95 m², abgegriffen aus dem Lageplan) mit 0,28 deutlich schlechter ist als das auf dem streitgegenständlichen Grundstück geplante Verhältnis der durch die beiden Wohngebäude bebauten Fläche (242,75 m² = 145 m² + 97,75 m²) zur Grundstücksfläche (1.009 m²) von 0,24.

Das Grundstück M …weg 1 gehört auch zur maßgeblichen Umgebung, da das Gericht aufgrund der Feststellungen im Augenscheinstermin von einer gegenseitigen Prägung der nördlich und südlich des M …wegs situierten Bebauung ausgeht. Der M …weg ist mit lediglich vier Meter sehr schmal und ist als Fußgängerweg – nicht als öffentliche Straße – gekennzeichnet. Lediglich die Anlieger dürfen den Weg zur Zufahrt zu ihren Anwesen benutzen. Offensichtlich wirken somit die Gebäude südlich und nördlich des Wegs in bauplanungsrechtlicher Hinsicht aufeinander ein. Es besteht insbesondere eine klare Sichtbeziehung zueinander. Dem M …weg kommt zudem aufgrund seiner geringen Breite und Ausgestaltung keine den nördlichen Teil des Gevierts – begrenzt durch die S …straße, die A …straße und die S …straße – vom südlichen Teil des Gevierts – begrenzt durch die S …straße, die Straße A … und die S …straße – trennende Wirkung zu. Das Anwesen M …weg gehört daher nicht als Bebauung auf der gegenüberliegenden Straßenseite, sondern als Bebauung im selben Geviert in unmittelbarer Nähe zum streitgegenständlichen Grundstück zur näheren Umgebung.

2.2.3 Schließlich fügt sich das Vorhaben auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die nähere Umgebung gemäß § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB ein.

Das geplante zweite Wohngebäude hält zum einen die Festsetzung der vorderen und seitlichen Baugrenze ein (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO) und ist daher gemäß § 30 Abs. 3 BauGB zulässig.

Eine faktische vordere Baugrenze, die die Beklagte zusätzlich zur festgesetzten vorderen Baugrenze als gegeben ansieht, muss vorliegend – unabhängig von der Frage, ob eine solche angesichts der übergeleiteten Festsetzungen überhaupt in Betracht kommt – ausscheiden, da eine hierfür erforderliche Einheitlichkeit der Situierung der Baukörper nicht gegeben ist. Selbst das Bestandsgebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück und das westliche benachbarte Gebäude befinden sich nicht annähernd auf einer Linie, die eine faktische Baugrenze begründen könnte.

Zum anderen hält es auch die in der Nähe vorhandene Bebauungstiefe, die grundsätzlich von der Erschließungs Straße her zu beurteilen ist (vgl. VG München, U.v. 3.4.2017 – M 8 K 15.5546 – juris Rn. 35; B.v. 6.4.2017 – M 8 SN 17.676 – juris Rn. 76 mit Verweis auf § 23 Abs. 4 BauNVO), ein, da sich diese durch die Bebauung im vorderen Grundstücksteil auf dem streitgegenständlichen Grundstück nicht verändert.

Entgegen der Ansicht der Beklagten spielt hinsichtlich des Parameters Bebauungstiefe die Frage, in welcher Baureihe das Gebäude steht, keine Rolle. Die Anzahl der Baureihen ist weder ein eigenständiger Parameter des § 34 Abs. 1 BauGB noch ein Kriterium in der rein rechnerisch zu ermittelnden Bebauungstiefe (ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts vgl. insoweit U.v. 30.6.2014 – M 8 K 13.2180 – juris Rn. 30; U.v. 9.10.2017 – M 8 K 16.2971 – juris Rn. 26).

2.3 Den Klägern steht auch ein Anspruch auf positive Beantwortung der Frage 7 gemäß Art. 71 Satz 1, Satz 4, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Art. 59 Satz 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayBO zu.

Eine abstrakte – also vom konkreten Vorhaben losgelöste – Frage nach der planungsrechtlich zulässigen maximalen Höhenentwicklung wäre zwar mangels Vorhabensbezug unzulässig.

Vorliegend bezieht sich die Frage jedoch auf das konkrete Vorhaben. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.2 verwiesen werden, da sich für das geplante zweite Wohngebäude Vorbilder – auch hinsichtlich der geplanten Wandhöhe – in der näheren Umgebung finden.

2.4 Den Klägern steht ein Anspruch auf positive Beantwortung der Frage 13 gemäß Art. 71 Satz 1, Satz 4, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Art. 59 Satz 1 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 18 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) i.V.m. der Baumschutzverordnung der Beklagten vom 18. Januar 2013 (BaumschutzV) zu.

Sofern ein Vorhaben im Innenbereich bauplanungsrechtlich zulässig ist, muss der Natur- und Baumschutz insoweit im Regelfall zurücktreten (Rechtsgedanke des § 18 Abs. 2 Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – und Art. 31 Grundgesetz – GG). Auch § 5 Abs. 1 Nr. 1 BaumschutzV selbst geht von einem solchen Rangverhältnis aus (vgl. dazu grundsätzlich BayVGH, U.v. 27.9.1991 – 1 B 91.738 – juris; VG München, U.v. 28.7.2008 – M 8 K 07.3586 – juris Rn. 40). In engen Ausnahmefällen mag dies anders sein, dafür bietet jedoch der vorliegende Sachverhalt keine Anhaltspunkte.

2.5 Hinsichtlich Frage 11 steht den Klägern lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zu.

Mit Frage 11 begehren die Kläger insbesondere die Klärung der Zulässigkeit der Errichtung eines Fahrrad- und Geräteunterstandes bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche.

Die Zulässigkeit des Unterstandes nach der Art der baulichen Nutzung (Zulässigkeit als Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO), des Maßes der baulichen Nutzung (die Bestandsgarage ist laut Lageplan ca. viermal so groß wie der geplante Unterstand) und der Bauweise ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gegeben.

Der Unterstand überschreitet allerdings die festgesetzte Baugrenze und verstößt damit gegen die Festsetzung eines einfachen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 3 BauGB), sodass für dessen bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB erforderlich ist.

Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplanes befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Die Erteilung der Befreiung steht folglich im pflichtgemäßen Ermessen (Art. 40 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG) der unteren Bauaufsichtsbehörde (Art. 53 Abs. 1 Satz 1, Art. 54 Abs. 1 BayBO). Dies bringt der Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 BauGB mit der Formulierung zum Ausdruck, dass von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden „kann“. Den Ermessenscharakter der Befreiungsentscheidung betont auch die höchstrichterliche Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Lehre (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2002 – 4 C 13/01 – juris Rn. 30).

Allerdings wurde in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Formulierung geprägt, dass „für die Ausübung dieses Ermessens nur wenig Raum besteht, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben sind“ (so BVerwG, U.v. 19.9.2002 a.a.O. Rn. 31 unter Bezugnahme auf Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl. 2002 , Rn. 43 zu § 31 und Jäde in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB und BauNVO, 3. Aufl. 2002 , Rn. 26 zu § 31). Wie das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich feststellt, folgt daraus jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen einer Befreiung vorliegen (ebenso Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Komm. zum BauGB, Stand: 1.10.2016, Rn. 26 zu § 31). Erforderlich ist für eine negative Ermessensentscheidung, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2002 a.a.O Rn. 31).

Die Beklagte hat das ihr im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB zustehende Ermessen – soweit es gerichtlicher Überprüfung nach § 114 VwGO unterliegt – vorliegend nicht rechtmäßig ausgeübt. Die Verneinung der Frage 11 mit der Begründung, dass bereits das zweite Wohngebäude planungsrechtlich – und infolgedessen auch der Unterstand – nicht zulässig sei, hält der gerichtlichen Überprüfung nicht stand (vgl. die Ausführungen unter Ziffer 2.2). Die Beklagte hat ihr Ermessen aufgrund der fehlerhaften Rechtsansicht überhaupt nicht ausgeübt, weshalb ein Ermessensausfall gegeben ist.

Die Beantwortung der Frage 11 ist damit zwar rechtswidrig und aufzuheben, ein Anspruch der Kläger auf positive Beantwortung der Frage 11 folgt dagegen daraus nicht (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Denn eine einen Anspruch begründende Ermessensreduzierung auf Null kommt nur dann in Betracht, wenn allgemein oder im konkreten Einzelfall keine Zweckmäßigkeitserwägungen denkbar sind, die eine Versagung der Befreiung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten rechtfertigen könnten (vgl. BayVGH, U.v. 9.8.2007 – 25 B 05.1339 – juris Rn. 44). Dies ist hier nicht der Fall, da insbesondere der nördlich des M …wegs durch die Baugrenze von Bebauung freigehaltene Bereich – mit Ausnahme der Bestandsgarage auf dem streitgegenständlichen Grundstück – tatsächlich freigehalten ist und städtebaulich unerwünschte Bezugsfälle durch das klägerische Vorhaben zumindest nicht von vornherein auszuschließen sind.

Die Beklagte wird bei ihrer erneut auszuübenden Ermessensentscheidung jedoch zu berücksichtigen und zu würdigen haben, dass sich das geplante zweite Wohngebäude nach § 34 BauGB einfügt und lediglich der Unterstand als Nebenanlage den Festsetzungen der Baugrenze widerspricht. Zudem ist das Ausmaß der Überschreitung von 4,4 m auf einer Breite von 2,6 m (jeweils abgegriffen aus dem Erdgeschoss-Plan), mithin um 11,44 m² zu berücksichtigen. Auch die Tatsache, dass bereits derzeit eine Überschreitung der (vorderen und seitlichen) Baugrenze durch die Bestandsgarage – im Umfang größer als die nunmehr geplante Überschreitung – gegeben ist, wird in die Ermessensentscheidung einzustellen sein. Im Hinblick auf die Gefahr der Schaffung von Bezugsfällen ist zu beachten, dass neben der Bestandsgarage auf dem streitgegenständlichen Grundstück insbesondere auch auf dem Grundstück M …weg 1 eine Bauraumüberschreitung durch eine Garage besteht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO.

Soweit die Beteiligten die Streitsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entsprach es billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO), die Kosten insoweit den Klägern gesamtverbindlich (§ 159 VwGO) aufzuerlegen, da nach bisherigem Sach- und Streitstand die Fragen 6 und 12 unzulässig sein dürften. Für Frage 6 folgt dies daraus, dass Fragen des Bauordnungsrechts – wie es die Frage nach der Zulässigkeit bestimmter Gebäude- und Dachformen darstellt – kein Gegenstand des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach Art. 59 BayBO und damit auch kein Gegenstand eines Vorbescheidsverfahrens (vgl. Art. 71 Satz 4 BayBO) sein können. Frage 12 wäre unzulässig gewesen, da es am konkreten Vorhabensbezug bei einer Eventualfrage fehlt, zumal die Eventualität nicht näher bezeichnet ist.

Angesichts des Umstandes, dass die Kläger hinsichtlich zwei der ursprünglichen sechs angegriffenen Beantwortungen der Fragen unterlegen wären und das Gericht hinsichtlich Frage 11 nur einer Verbescheidung stattgibt, erscheint eine Kostenverteilung nach § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO im Verhältnis von 1/3 (Kläger) zu 2/3 (Beklagte) angemessen.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Jan. 2018 - M 8 K 16.3662

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Jan. 2018 - M 8 K 16.3662

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Jan. 2018 - M 8 K 16.3662 zitiert 23 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 23 Überbaubare Grundstücksfläche


(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut wer

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 22 Bauweise


(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. (2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der i

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 14 Nebenanlagen; Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen


(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht wide

Baugesetzbuch - BBauG | § 233 Allgemeine Überleitungsvorschriften


(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Jan. 2018 - M 8 K 16.3662 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Jan. 2018 - M 8 K 16.3662 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Okt. 2017 - M 8 K 16.2971

bei uns veröffentlicht am 09.10.2017

Tenor I. Der Bescheid vom 14. Juni 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 23. Februar 2016, Plan-Nr. … zu genehmigen. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 24. Juli 2014 - 2 B 14.1099

bei uns veröffentlicht am 24.07.2014

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherhe

Verwaltungsgericht München Urteil, 03. Apr. 2017 - M 8 K 15.5546

bei uns veröffentlicht am 03.04.2017

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2015 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 7. Februar 2015, Plan-Nr. … zu genehmigen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Apr. 2017 - M 8 SN 17.676

bei uns veröffentlicht am 06.04.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert wird auf € 3.750,00 festgesetzt. Grü

Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Juni 2014 - M 8 K 13.2180

bei uns veröffentlicht am 30.06.2014

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 08. Dez. 2016 - 4 C 7/15

bei uns veröffentlicht am 08.12.2016

Tatbestand 1 Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung in Anspruch. 2

Referenzen

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Vorbescheids hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Wohnnutzung in einem noch zu errichtenden weiteren Geschoß des westlich gelegenen Gebäuderiegels auf dem Grundstück Fl. Nr. 193/0 der Gemarkung T. (S.-straße 15 und W. Straße 11). Das ca. 1,65 ha große Grundstück, das ein eigenes Geviert bildet und an allen Seiten von Straßen umgeben ist (W., S.-, T. und P.-straße), ist mit mehreren Gebäuden bebaut. Der an der W. Straße gelegenen überwiegend dreigeschossige Gebäudekomplex, ist ca. 195 m lang und wird von Büros sowie von einer privaten Fachoberschule genutzt; einzelne Gebäudeteile sind auch viergeschossig. In den weiteren auf dem Grundstück gelegenen Gebäuden befinden sich gleichfalls Dienstleistungsbetriebe (Anwesen T. Straße 2 c: Werbeagentur sowie ein A.-Service-Center; Anwesen T. Straße 2: Übungs- bzw. Versammlungsräume des T. K., eine Kindertagesstätte, eine J. Gemeindeeinrichtung sowie Büros).

Im Bereich nördlich des Vorhabengrundstücks befindet sich ein größeres Schulgebäude (N.-schule), daneben eine Imbissstube sowie im dreigeschossigen Anwesen mit ausgebautem Dachgeschoss S.-straße 20 ein Wohnheim der H. Auf dem Anwesen S.-straße 18 findet sich ferner ein dreigeschossiges Wohngebäude. Der Bereich westlich des Grundstücks (Bebauung an der W. Straße) ist überwiegend wohngenutzt. Bei den Anwesen W. Straße 4 und 6 handelt es sich um Wohnnutzung, wobei das vordere Gebäude dreigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss ist. Daran angebaut ist das Wohngebäude W. Straße 8 mit sechs Geschossen. Beim Anwesen W. Straße 10 handelt es sich um ein zweigeschossiges Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss. Das Anwesen W. Straße 12 bis 16 ist ein siebengeschossiger Wohnblock. Nach dem K.-gebäude auf dem Anwesen W. Straße 20 ist auf dem kleinen Grundstück Fl. Nr. .../14 kein Gebäude mehr vorhanden. Das Anwesen W. Straße 28 besitzt auf sieben Geschossen reine Wohnbebauung (Wohnheim der K. M.). Auf dem Anwesen W. Straße 30 befindet sich ein zweigeschossiges Wohngebäude. Im Süden ist die Bebauung an der gegenüberliegenden Straßenseite der P.-straße wohngenutzt (überwiegend dreigeschossig), lediglich im Anwesen W. Straße 15 befindet sich ein Friseursalon. Die im Osten sich anschließenden Flächen (an der T. Straße) sind nahezu ausschließlich gewerblich genutzt.

Für das Vorhabengrundstück setzt ein übergeleiteter einfacher Baulinienplan eine Straßenbegrenzungslinie, vordere Baulinien sowie eine rückwärtige Baugrenze fest. Weitere planungsrechtliche Festsetzungen bestehen nicht. Im Flächennutzungsplan der Beklagten ist das Grundstück als Gewerbegebiet dargestellt.

Am 28. Dezember 2010 beantragte die Klägerin einen Vorbescheid zu verschiedenen Fragen im Hinblick auf eine beabsichtigte Aufstockung des Gebäuderiegels an der W. Straße. Nach den Plänen ist vorgesehen, den Dachstuhl abzubrechen und ein weiteres Geschoss aufzusetzen, wodurch eine vier- und in Teilbereichen auch fünfgeschossige Bebauung entstünde.

Die Vorbescheidsfragen betrafen das Maß der baulichen Nutzung (Frage 1), die Zulässigkeit einer Büro- und Verwaltungsnutzung (Frage 2.1) bzw. einer Wohnnutzung (18 Wohnungen) im Bereich der neu zu schaffenden Geschossflächen (Frage 2.2) sowie den Stellplatznachweis (Frage 3).

Mit Vorbescheid vom 9. August 2011 beantwortete die Beklagte u. a. die Frage 2.2 (Wohnnutzung im Bereich der Aufstockung) negativ. Hinsichtlich der Fragen 1 und 3 wurde der Antrag zurückgenommen.

Mit Urteil vom 8. Oktober 2012 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 9. August 2011 insoweit auf, als die Frage 2.2 des Vorbescheidantrags vom 28. Dezember 2010 negativ beantwortet wurde. Die Beklagte wurde verpflichtet, die Frage positiv zu verbescheiden. Die Frage 2.2 sei nicht durch die Rücknahme des Antrags hinsichtlich der Fragen 1 und 3 unzulässig geworden. Die Vorbescheidsfrage beziehe sich auf ein konkretes Bauvorhaben und könne selbstständig beurteilt werden. Die maßgebliche nähere Umgebung um das Vorhabengrundstück stelle sich nicht als faktisches Gewerbegebiet, sondern als Gemengelage dar, die durch Wohnnutzungen mitgeprägt werde. Das Vorhaben füge sich daher hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein. Zur maßgeblichen näheren Umgebung gehöre neben dem Geviert selbst, also der Bebauung auf dem Vorhabengrundstück, auch die Anschlussbebauung an der Südseite der P.-straße und nördlich der S.-straße. Den beiden Straßen komme hier ersichtlich keine trennende Wirkung zu und insoweit verhalte es sich auch nicht so, dass es sich jeweils beidseits (innerhalb und außerhalb des Gevierts) um gänzlich andersartige Nutzungsstrukturen handeln würde, da sowohl südlich der P.-straße wie auch um Bereich nördlich der S.-straße neben der Wohnnutzung auch Nichtwohnnutzungen vorhanden seien bzw. sich an die Wohnbebauung unmittelbar anschlössen und die Nichtwohnnutzungen im Übrigen hinsichtlich der Nutzungsart teilweise auch den Nutzungen im Geviert entsprechen würden (insbesondere N.-schule nördlich der S.-straße). Was die Wohnbebauung an der Westseite der W. Straße angehe, spreche dagegen Überwiegendes dafür, trotz der räumlichen Nähe eine gegenseitige Prägung in Bezug auf das Vorhabengrundstück zu verneinen. Die Bebauung an der T. Straße nach Osten hin liege außerhalb des maßgeblichen Umgriffs. Die nicht unerhebliche Entfernung dieser Bebauung zum Standort des Vorhabens (bis zu 95 m) und weiter auch der Umstand, dass der Baukomplex östlich der T. Straße durch die recht breite Straße von dem westlich gelegenen Geviert deutlich abgesetzt sei, stünden der Annahme einer prägenden Wirkung dieser Bebauung jedenfalls in Bezug auf den Bereich, in dem das streitgegenständliche Vorhaben verwirklicht werden soll, entgegen. Planungsrechtlich sei das Gebiet als Gemengelage mit überwiegender Prägung durch Nichtwohnnutzungen (Dienstleistungsbetriebe, Schulnutzungen) einzustufen.

Der Verwaltungsgerichtshof ließ mit Beschluss vom 19. Mai 2014 die Berufung der Beklagten zu. Diese begründet ihre Berufung im Wesentlichen damit, dass die Vorbescheidfrage bereits unzulässig sei, da sich weder die Frage 2.2 noch die zugrunde liegenden Pläne mit den Nutzungskonflikten zwischen den benachbarten Nutzungen und der beantragten Wohnnutzung beschäftigten. Die maßgebliche nähere Umgebung stelle sich nicht als Gemengelage dar, sondern als faktisches Gewerbegebiet. Die P.-straße und die S.-straße hätten trennende Wirkung. Dagegen komme den gewerblichen Nutzungen östlich der T. Straße prägende Wirkung für das Baugrundstück zu. Auf dem Vorhabensgrundstück selbst befänden sich ausschließlich Nutzungen, die in einem Gewerbegebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässig seien. Unabhängig von der Frage der trennenden Wirkung der S.-straße habe jedenfalls die westlich der F.-gasse vorhandene Wohnbebauung kein ausreichendes städtebauliches Gewicht, um eine prägende Wirkung begründen zu können. Im Anwesen S.-straße 20, Fl. Nr. .../3 befinde sich keine Wohnnutzung, sondern ein M.-wohnheim der H., das nicht dem dauerhaften Aufenthalt dienen solle. Das Anwesen S.-straße 18 sei aufgrund seiner geringen Größe als Fremdkörper ohne städtebauliches Gewicht einzustufen. Die weiter nördlich anschließenden Wohngebäude seien vom Baugrundstück aus schon nicht mehr wahrnehmbar. Außerdem sei in dem westlich grenzständigen Rückgebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. .../2 lediglich im Obergeschoß widerruflich eine Wohnnutzung genehmigt worden. Das Erdgeschoß sei als Schreinerei genehmigt. Hinsichtlich der T. Straße habe das Urteil unberücksichtigt gelassen, dass die Gebäude beiderseits der T. Straße über große Flächen und größere Höhen verfügten. Nichts anderes ergebe sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts daraus, dass das Gebäude S.-straße 15/W. Straße 11, in dem die abgefragte Wohnnutzung stattfinden soll, in bis zu 95 m Entfernung liegt. Denn die zugehörige Stellplatzanlage und die Freiflächen befänden sich im südöstlichen Bereich des Baugrundstücks und somit in unmittelbarer Nähe zu den gewerblichen Nutzungen östlich der T. Straße. Ergänzend sei anzumerken, dass auch die Wohnbebauung westlich der W. Straße für das Vorhabensgrundstück keine prägende Wirkung habe. Selbst wenn man von einer Gemengelage ausginge, wäre das Vorhaben unzulässig, da es geeignet sei, städtebauliche Spannungen auszulösen. Diese ergäben sich bereits aus den ungelösten Nutzungskonflikten zwischen beantragter Wohnnutzung und benachbarten gewerblichen Nutzungen. Die Zulassung einer Wohnnutzung hätte außerdem Bezugsfallwirkung für Wohnbauvorhaben in den unteren Geschossen des Anwesens S.-straße 15/W. Straße 11 und auch im östlichen Bereich des Areals in unmittelbarer Nähe der gewerblichen Nutzungen an der T. Straße. Spätestens dann entstünden städtebauliche Spannungen durch unauflösbare Nutzungskonflikte.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 8. Oktober 2012 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nachdem im Vorbescheidsverfahren nach dem Wortlaut des Art. 71 BayBO „einzelne Fragen“ geklärt werden könnten, müsse auch die Klärung der Frage zulässig sein, ob in der näheren Umgebung eine Wohnnutzung nach Art der baulichen Nutzung zulässig sei, ohne dass in diesem Zusammenhang bereits detaillierte Fragen geklärt werden müssten, die einem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten seien. P.-straße und S.-straße hätten keine trennende Wirkung. Außerdem sei die Wohnbebauung auf der Westseite der W. Straße maßgeblich für die geplante Wohnbebauung auf der Ostseite dieser Straße.

Hinsichtlich der übrigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorliegenden Behördenakten sowie die Niederschriften über den Augenschein vom 2. Juli 2014 und die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2014 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg (§ 124 Abs. 1 VwGO). Der Bescheid der Beklagten vom 9. August 2011 ist rechtswidrig, soweit dieser die Frage 2.2 negativ verbeschieden hat. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids verpflichtet, der Klägerin zu dieser Frage einen positiven Vorbescheid zu erteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Nach Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Einreichung eines Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erlassen werden. Aus der Formulierung „zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens“ folgt, dass der Vorbescheid hinreichend bestimmt sein muss. Die ganz herrschende Meinung fordert für die Vorbescheidsfrage einen konkreten Vorhabensbezug (vgl. BayVGH, U. v. 14.2.2008 - 15 B 06.3463 - juris; Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 71 RdNr. 3; Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: April 2014, Art. 71 RdNr. 32; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand: Dezember 2013, Art. 71 RdNr. 34; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBO, Stand: Januar 2014, Art. 71 RdNr. 34). Der Vorbescheidsantrag ist nicht verbescheidungsfähig, wenn die zur Entscheidung gestellte Frage nicht ohne Kenntnis und Prüfung des Gesamtvorhabens beurteilt werden kann, wenn die Bauvorlagen eine Beurteilung des Vorhabens nicht zulassen, oder wenn wesentliche Fragen ausgeklammert bleiben (vgl. Molodovsky in Koch/Molodovsky/Farmers, a. a. O. Art. 71 Rn. 32 b).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Frage 2.2 der Bauvoranfrage vom 28. Dezember 2010 nicht deshalb unzulässig, weil sie sich nicht mit den Nutzungskonflikten zwischen den benachbarten gewerblichen Nutzungen und der beantragten Wohnnutzung beschäftigt. Die Frage 2.2 lautet: „Ist die in 1.1 bis 1.2 abgefragte Baukörperdisposition für reine Wohnnutzung planungsrechtlich zulässig?“ Inhaltlich geht es der Klägerin um die verbindliche Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der reinen Wohnnutzung mit der dargelegten Baukörperdisposition. Aus dem schriftlichen Antrag ergibt sich eine hinreichend bestimmte und bescheidungsfähige Vorbescheidsfrage. Der von der Beklagten zum Beleg für die gegenteilige Ansicht zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Dezember 2012 (Az. 15 ZB 08.1428 - BayVBl 2011, 271) lag ein anderer Sachverhalt zugrunde. Das Baugrundstück lag seinerzeit im Süden an der Bahnstrecke A., eine Bundesstraße verlief im Abstand von 130 m bis 150 m und nördlich grenzte ein lärmintensiver holzverarbeitender Betrieb an. Daher war das Baugrundstück mit Geruchs- und Lärmimmissionen derart vorbelastet, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Wohnbauvorhabens nur dann verbindlich geklärt werden konnte, wenn der Bauherr Unterlagen vorlegt, die erkennen ließen, wie baulicherseits auf die vorhandene Situation Rücksicht genommen wird. Im vorliegenden Fall ist für den Senat nicht erkennbar, dass das Bauvorhaben durch die Gewerbebetriebe an der Ostseite der T. Straße vergleichbaren Lärmbelastungen ausgesetzt sein wird. Die Beklagtenseite hat auch nicht näher dargelegt, worin konkret die vorbelastende Lärmsituation bestehen soll. Insbesondere angesichts der nicht unerheblichen Entfernung zwischen dem Bauvorhaben und der Bebauung an der T. Straße nach Osten hin, wo sich gewerbliche Nutzung befindet - die Entfernung beträgt bis zu 95 Meter - und des Umstands, dass sich in der näheren Umgebung bereits heute Wohnbebauung findet, hält es der Senat im Vorbescheidsverfahren für fernliegend, dass das Bauvorhaben unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen durch Gewerbelärm ausgesetzt sein wird und die benachbarten Gewerbebetriebe deshalb mit Einschränkungen rechnen müssen. Deshalb ist es im konkreten Fall nicht erforderlich, dass der Bauherr Unterlagen vorlegt, die erkennen lassen, wie eher fernliegende Konflikte bewältigt werden sollen.

Hinsichtlich der im Berufungsverfahren nicht erneut thematisierten Frage, ob die Frage 2.2 durch die Rücknahme des Antrags hinsichtlich der Fragen eins und drei unzulässig geworden ist, verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 7-8).

2. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der Klägerin ein Anspruch auf positive Verbescheidung der Frage 2.2 zusteht, weil sich die maßgebliche nähere Bebauung um das Vorhabensgrundstück nicht als faktisches Gewerbegebiet, sondern als Gemengelage darstellt, die auch durch Wohnnutzung mit geprägt wird. Das Vorhaben fügt sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein.

Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs ist als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380; B. v. 20.8.1988 - 4 B 79/98 - NVwZ-RR 1999, 105; BayVGH, U. v. 28.7.2004 - 2 B 03.54 - juris; U. v. 2.5.2006 - 2 B 05.787 - juris). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris). Grundsätzlich gelten als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegenden Straßenseiten (vgl. BayVGH, U. v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris; B. v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris, B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutreffend, dass zur maßgeblichen näheren Umgebung neben dem Geviert selbst, also der Bebauung auf dem Vorhabensgrundstück, zunächst auch die Anschlussbebauung an der Südseite der P.-straße und nördlich der S.-straße gehört. Wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, handelt es sich bei der P.-straße um eine sechs Meter breite Straße mit Gehweg auf beiden Seiten (Niederschrift vom 2. Juli 2014, Seite 3). Die S.-straße ist zwar etwas breiter, ihr ist jedoch ebenfalls keine trennende Wirkung beizumessen.

Sowohl bei dem Komplex südlich der P.-straße als auch bei dem Komplex nördlich der S.-straße handelt es sich nicht um einen „einheitlich geprägten Bebauungskomplex“ im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris), der aus der näheren Umgebung ausgeschieden werden könnte. Denn wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, befindet sich im zweigeschossigen Anwesen W. Straße 15, der dem Bebauungskomplex der südlichen P.-straße zuzurechnen ist, ein Friseursalon (Niederschrift vom 2. Juli 2014 S. 3). Es ist dort damit zwar überwiegende, aber keine einheitliche Wohnnutzung vorhanden. Ebenso verhält es sich mit dem Bebauungskomplex nördlich der S.-straße. Dort finden sich, dem Bauvorhaben gegenüberliegend, die N.-schule (S.-straße 16), eine Imbissstube (S.-straße 18) sowie auf demselben Anwesen ein dreigeschossiges Wohngebäude. Auf dem Anwesen S.-straße 20 findet sich ein Wohnheim der H. (Niederschrift vom 2. Juli 2014 S. 2). Damit ist auch im Bebauungskomplex „nördliche S.-straße“ keine einheitliche Bebauungsstruktur vorhanden.

Selbst wenn man dies anders sehen würde und südlich der P.-straße sowie nördlich der S.-straße einheitliche Nutzungsstrukturen erkennen wollte, die es ausschließen, dass diese Bereiche zur näheren Umgebung zu zählen sind, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Ebenfalls offen bleiben kann, ob man das dreigeschossige Wohngebäude auf dem Anwesen S.-straße 18 noch als prägend mitheranzieht und ob man das Wohnheim der H. im dreigeschossigen Anwesen mit ausgebautem Dachgeschoss S.-straße 20 als wohngenutzt ansieht. Denn entgegen der Auffassung des Erstgerichts und der Beklagten hat die W. Straße keine trennende Wirkung. Allein das Vorhandensein einer Straße zwischen einer auf beiden Seiten zusammenhängenden Bebauung unterbricht noch nicht regelmäßig den Bebauungszusammenhang (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 34 RdNr. 7). Eine trennende Wirkung einer öffentlichen Straße lässt sich nur unter Beachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls annehmen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 - juris), wobei auch bei unterschiedlichen Nutzungen auf beiden Straßenseiten nicht stets von einer trennenden Wirkung der Straße auszugehen wäre (vgl. BVerwG, U. v. 6.7.1984 - 4 C 28/83 - NJW 1985, 1569; B. v. 10.6.1991 - 4 B 88/91 - juris; B. v. 28.3.2013 - 4 B 74/03 - juris). Zwar ist es richtig, dass sich an der Ostseite der W. Straße bislang keine Wohnnutzung findet und an der Westseite keine gewerbliche Nutzung. Jedoch ist die Nutzung an der Westseite der W. Straße nicht einheitlich. Neben der Wohnnutzung findet sich auch eine Kirche (Niederschrift vom 2.7.2014 S. 2). Nach der beim Augenschein konkret vorgefundenen örtlichen Situation prägen sich beide Straßenseiten gegenseitig. Bei der W. Straße handelt es sich um eine relativ kleine Straße mit ca. 6 Meter Fahrbahnbreite. Beidseits der W. Straße befindet sich massive Bebauung. Wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, stellt das Bauvorhaben ein langgezogenes, überwiegend dreigeschossiges Gebäude dar; einzelne Gebäudeteile sind auch viergeschossig (Niederschrift vom 2.7.2014 S. 2). Auch auf der dem Bauvorhaben gegenüberliegenden westlichen Seite der W. Straße befindet sich massive hohe Bebauung. So handelt es sich bei dem Anwesen W. Straße 12 bis 16 um einen siebengeschossigen Wohnblock. Das Anwesen W. Straße 28 weist ebenfalls sieben Geschosse auf (Niederschrift vom 2.7.2014 S. 2). Diese Gebäude sind zur W. Straße hin orientiert. Das Gebäude, auf dem das Bauvorhaben errichtet werden soll, befindet sich unmittelbar an der W. Straße. Auch die Bauweise beidseits der W. Straße ist nicht völlig unterschiedlich. Zwar ist auf der östlichen Seite der W. Straße (Bauvorhaben) ein langgestreckter Baukörper vorhanden. Aber auch auf der westlichen Seite der W. Straße findet man geschlossene Bebauung (so etwa von W. Straße 6 bis 12). Die W. Straße ist keine Straße mit überörtlicher Verkehrsbedeutung. Angesichts der hohen beidseitigen Bebauung und der geringen Breite der W. Straße prägen sich beide Straßenseiten gegenseitig.

Offen bleiben kann im Verfahren um den streitgegenständlichen Vorbescheid, ob die Bebauung an der T. Straße nach Osten hin außerhalb des maßgeblichen Umgriffs liegt, wie es das Erstgericht angenommen hat. Denn in dem oben dargelegten Umgriff - Geviert- und Anschlussbebauung südlich der P.--, westlich der W. und nördlich der S.-straße - findet sich neben gewerblicher Nutzung (vor allem Dienstleistungsbetrieben) und umfänglichen Nutzungen durch Schulen (Anlagen für kulturelle Zwecke) auch in nicht ganz unerheblichem Umfang Wohnnutzung (sowohl an der P.-straße als auch westlich der W. Straße), die den Bereich mitprägt und daher auch den Rahmen der zulässigen Nutzungen mitbestimmt. Planungsrechtlich ist das Gebiet folglich als Gemengelage mit überwiegender Prägung durch Nichtwohnnutzungen (Dienstleistungsbetriebe, Schulnutzungen) einzustufen.

Hinsichtlich der abgefragten Art der baulichen Nutzung fügt sich das klägerische Vorhaben danach im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, da es den durch die vorhandenen Nutzungen vorgegebenen Rahmen nicht überschreitet und es sich gegenüber den bestehenden Nichtwohnnutzungen in seiner Nachbarschaft im Rahmen der hier zu prüfenden Vorbescheidsfrage ersichtlich auch nicht als rücksichtslos darstellt. Bei den im Geviert vorhandenen Nichtwohnnutzungen handelt es sich durchwegs um Nutzungen, die mit einer Wohnnutzung verträglich sind. Selbst wenn man die Bebauung östlich der T. Straße noch zum Geviert zählen wollte, hat die Beklagte in keiner Weise substantiiert dargetan, dass sich die im Vorbescheidsantrag abgefragte Wohnnutzung gegenüber der vorhandenen gewerblichen Nutzung als rücksichtslos erweisen wird. Die geltend gemachten städtebaulichen Spannungen sind für den Senat nicht ersichtlich. Vielmehr dürften sich angesichts der nicht unerheblichen Entfernung von ca. 95 m zwischen der geplanten Wohnnutzung und der östlichen Bebauung an der T. Straße die immissionsschutzrechtlichen Probleme im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens bewältigen lassen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Senat beim Augenschein an der T. Straße gegenüberliegend als immissionsträchtigen Gewerbebetrieb lediglich einen Räder- und Reifenmontageservice ausmachen konnte, der sich hinter einem größeren Gewerbebau befand (vgl. Niederschrift vom 2.7.2014 S. 3). Deshalb hält der Senat auch die von der Beklagten aufgeworfene Bezugsfallproblematik für nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung in Anspruch.

2

Er ist Eigentümer eines Grundstücks in P. Das Grundstück, das im unbeplanten Innenbereich liegt, ist mit einem ehemaligen Einfirsthof und einem Nebengebäude bebaut. Bei dem Einfirsthof handelt es sich um ein Gebäude, das in einen Wohntrakt mit einer Grundfläche von ca. 11 m x 13 m und in einen Stalltrakt mit einer Grundfläche von ca. 19 m x 13 m unterteilt ist. Der Wohntrakt wird nach wie vor bewohnt, der Stalltrakt wird seit 1992 auf der Grundlage einer entsprechenden Genehmigung als Lager mit Büro/Aufenthaltsraum und Sozialräumen genutzt.

3

Der Kläger beabsichtigt, das Dach des Einfirsthofs über dem Stalltrakt abzutragen, auf die Außenwände des bislang eingeschossigen Stalltrakts ein mit dem Obergeschoss des Wohntrakts höhengleiches Obergeschoss aufzusetzen und das Dach in nunmehr symmetrischer Form und mit verringerter Firsthöhe wiederherzustellen. Das neue Satteldach soll jeweils vier 2,5 m breite Dachgauben sowie zwei weitere, jeweils etwa 1,5 m breite Gauben erhalten. In das neue Obergeschoss und das Dachgeschoss sollen zwei Maisonettewohnungen und zwei Büroräume eingebaut werden.

4

Den Antrag auf Genehmigung des Vorhabens lehnte das Landratsamt ab. Zur Begründung führte es aus, dass sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in den durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen einfüge. Zumindest im Ober- und Dachgeschoss würde ein Wohnbaukörper mit einer durchgängigen Wohnnutzung entstehen, für den es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild gebe. Verstärkt würden die überdimensionale Erscheinung als Wohngebäude und damit seine rahmensprengende Wirkung durch die geplanten sechs Dachgauben. Die umgebende Wohnbebauung bestehe vor allem aus zweigeschossigen Baukörpern mit ruhigen Dachflächen ohne Dachaufbauten. Zur Belichtung ausgebauter Dachgeschosse gebe es bis auf eine Ausnahme lediglich Dachflächenfenster.

5

Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass das klägerische Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB genehmigungsfähig sei. Es füge sich nicht nur nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein, sondern entgegen der Auffassung des Beklagten auch nach dem Maß der baulichen Nutzung. Die Eigenart der näheren Umgebung werde durch den 30 m langen Einfirsthof des Klägers und einen unmittelbar benachbarten, nahezu gleich langen ehemaligen Einfirsthof geprägt, dessen Wirtschaftsteil inzwischen ebenfalls gewerblich genutzt werde und der zusammen mit dem Wohnteil mit dem Gebäude des Klägers vergleichbar sei. Das klägerische Gebäude sei kein Fremdkörper im bestehenden Dorfgebiet, sondern eine für ein Dorfgebiet typische Anlage. Das Vorhaben des Klägers füge sich nach der unverändert gebliebenen Grundfläche, der etwas verringerten Firsthöhe und der um ein Geschoss erhöhten Geschosszahl ohne Weiteres in die nähere Umgebung ein. Unbeachtlich sei, dass es in der näheren Umgebung kein derartig langes Wohngebäude gebe. Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müsse, seien jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Füge sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so komme es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfüge, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht sei. Mit der höheren Geschosszahl halte sich das Vorhaben im Rahmen der Umgebungsbebauung, weil sich in der Nachbarschaft bereits ein dreigeschossiges Gebäude befinde. Der Umstand, dass das Referenzgebäude eine Länge von nur etwa 18 m aufweise‚ sei unerheblich. Die einzelnen Kriterien der Grundfläche, der Höhe und der Geschossigkeit‚ die das Maß der baulichen Nutzung konkretisierten‚ würden nicht nur durch einzelne Gebäude in ihrer konkreten Ausgestaltung, sondern durch alle die Eigenart der näheren Umgebung prägenden Gebäude in ihrer Gesamtheit bestimmt. Daraus folge, dass sich ein dreigeschossiges Gebäude auch dann einfüge, wenn es eine größere Grundfläche aufweise als ein ansonsten maßstabsbildendes dreigeschossiges Gebäude.

6

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von Bundesrecht.

8

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des umstrittenen Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil das Baugrundstück Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ebenfalls nicht streitig ist, dass sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hängt mithin allein davon ab, ob es sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das hat der Verwaltungsgerichtshof unter Verstoß gegen Bundesrecht bejaht.

9

1. Der die nähere Umgebung bildende Bereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380>; Beschluss vom 20. August 1998 - 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191 S. 75). Er ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 - 4 B 38.13 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217 S. 24). Der Verwaltungsgerichtshof hat die geografischen Grenzen der näheren Umgebung des Baugrundstücks für die Beurteilung des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht markiert. Die Beteiligten waren sich aber schon erstinstanzlich einig, dass sich die nähere Umgebung insoweit aus den das Baugrundstück umgebenden Flurstücken 42, 322/2, 326/1, 45/1 und 182/4 zusammensetzt. Hierauf darf das Revisionsurteil gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1968 - 6 C 53.65 - BVerwGE 29, 127 <130>).

10

2. Die Eigenart der näheren Umgebung wird durch dasjenige bestimmt, was auf dem Baugrundstück selbst und in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 101 f.). Nach der tatrichterlichen Würdigung der Vorinstanz wird die Eigenart der näheren Umgebung durch den Einfirsthof auf dem Baugrundstück des Klägers und den vergleichbar langen und ähnlich hohen Einfirsthof auf dem östlich gelegenen Flurstück 322/2 geprägt. Beide Gebäude bildeten den Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung (UA S. 9). Dieser Würdigung liegt kein materiellrechtlich fehlerhafter Maßstab zugrunde.

11

Der Beklagte beruft sich für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil des Senats vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - (BVerwGE 152, 275 Rn. 20), wonach Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, für sich allein genommen in der Regel keine Bauten sind, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können. Die Stalltrakte der ehemaligen Einfirsthöfe seien deshalb auch nicht imstande, für die Eigenart der näheren Umgebung maßstabbildend zu sein. Dem folgt der Senat nicht.

12

Das in Bezug genommene Urteil des Senats deckt den Standpunkt des Beklagten schon deshalb nicht, weil es sich nur zu Anlagen verhält, die eine der Hauptnutzung dienende Hilfsfunktion aufweisen und mithin in einem weiteren Sinne "Nebenanlagen" zur landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind. Nebenanlagen sind die Stalltrakte der aufgelassenen Einfirsthöfe aber nicht, weil es sich bei ihnen nicht um eigenständige Gebäude handelt. Sie sind vielmehr unselbständige Teile der Einfirsthöfe, die ihrerseits als bauliche Einheiten in Erscheinung treten.

13

Darüber hinaus befasst sich das vom Beklagten bemühte Urteil des Senats vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - (BVerwGE 152, 275) nicht mit dem Tatbestandsmerkmal der Eigenart der näheren Umgebung, sondern allein mit dem Merkmal des im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Nur hinsichtlich dieses Merkmals ist Gebäuden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, sowie Nebengebäuden "in der Regel" die prägende und damit maßstabbildende Kraft abzusprechen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 a.a.O. Rn. 15). Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist demgegenüber alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <279>); außer Acht gelassen werden darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325>). Deshalb rechtfertigt das Urteil nicht den Schluss, dass Baulichkeiten, die keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können, auch nicht in der Lage sind, in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil die Eigenart der näheren Umgebung zu prägen.

14

Der Beklagte hält die Einschränkung des Tatbestands der Eigenart der näheren Umgebung für erforderlich, um einer unerwünschten städtebaulichen Entwicklung Einhalt gebieten zu können. Andernfalls ließe sich das vom Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung verfolgte Leitbild einer geordneten Siedlungsstruktur für P. oder vergleichbare Dorfgebiete im Umland von M. nicht mehr angemessen steuern. Trügen die in den Innenbereichen gelegenen Ställe und Scheunen mit ihren für eine landwirtschaftliche Nutzung typischerweise sinnvollen und erforderlichen Gebäudegrößen zum Charakter der Eigenart der näheren Umgebung bei, ließe sich über § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht verhindern, dass sie in mehrgeschossige Wohngebäude umgewandelt würden und sich die Dörfer im Umkreis M. in Schlaf- bzw. Vorstädte mit Wohngebietscharakter verwandelten mit den entsprechenden Folgeerscheinungen für die Infrastruktur (Verkehrswege, Kinderbetreuung, Schulen etc.).

15

Die Vorstellungen des Beklagten zur Siedlungsentwicklung im Umkreis von Großstädten sprengen den Beurteilungsrahmen des § 34 Abs. 1 BauGB. Sie haben einen typisch planerischen Einschlag. Die Baugenehmigungsbehörde hat indes, wenn sie § 34 Abs. 1 BauGB anwendet, keine planerische Entscheidung zu treffen, die Einfluss auf künftige Entwicklungen nimmt oder künftige Ereignisse bereits vorwegnehmend berücksichtigt (BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155 S. 78). Die planungsrechtliche Vorentscheidung hat der Gesetzgeber selbst getroffen. Danach sind Gebäude im Innenbereich tendenziell einer Änderung ihrer Zweckbestimmung zugänglich. Die vorhandene Bebauung bestimmt den Gebietscharakter und gibt als Planersatz auch den Maßstab für den Umfang der neuen baulichen Nutzung vor. Der Senat stimmt dem Beklagten zwar darin zu, dass sich die Zulassung von Wohnnutzung in bisher nicht gekanntem Umfang negativ auf die von den Gemeinden vorgehaltene Infrastruktur auswirken kann. Dem lässt sich aber nur mit den Mitteln der Bauleitplanung begegnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <283>) oder - auf überörtlicher Ebene - mit Hilfe von Zielen der Raumordnung.

16

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass sich das Vorhaben des Klägers nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Bei dieser Beurteilung ist ihm ein Rechtsfehler unterlaufen.

17

In die Eigenart der näheren Umgebung fügt sich ein Vorhaben ein, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, es sei denn, es lässt die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386>). Allerdings kann sich im Ausnahmefall auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, noch in seine nähere Umgebung einfügen; Voraussetzung hierfür ist, dass es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 13.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 172 S. 22). Diese Grundsätze gelten nicht nur für eine Überschreitung des vorgegebenen Rahmens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, sondern auch für ein Überschreiten des Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 102). Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Senats solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.> und Beschluss vom 3. April 2014 - 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493 Rn. 3).

18

a) Nach der Grundfläche und der Höhe hält sich das Vorhaben im bisherigen Rahmen, weil der ehemalige Einfirsthof des Klägers hinsichtlich beider Bestimmungsfaktoren keine wesentlichen Änderungen erfährt. Die Grundfläche bleibt gleich, die Firsthöhe reduziert sich geringfügig. Dass das Vorhaben mit der Änderung der Art der baulichen Nutzung einhergeht und ein Wohnhaus mit einer Grundfläche entstehen lässt, für das es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild geben soll, ist ohne Belang. Zwar ist im Fall der Änderung eines Teils einer baulichen Anlage Gegenstand der bebauungsrechtlichen Prüfung das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1997 - 4 C 23.95 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 329 S. 92). Die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, sind aber jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Fügt sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so kommt es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfügt, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht ist (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 19.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 29 und Beschluss vom 6. November 1997 - 4 B 172.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 188 S. 57).

19

b) Durch den Umbau des Stalltrakts erhöht sich die Zahl der Geschosse von zwei auf drei. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, wird der dreigeschossige Ausbau aufgrund der verlängerten Fensterreihe im Obergeschoss und der darüber liegenden Dachgauben auch von außen "auf den ersten Blick" ins Auge fallen (UA S. 9). Wegen der größeren baulichen Veränderungen, die mit dem Umbau verbunden sind, kommt dem Kläger daher nicht zugute, dass das Gebäude trotz des Dachgeschossausbaus in seinen Ausmaßen nahezu unverändert bleibt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <279> und Beschluss vom 21. Juni 2007 - 4 B 8.07 - ZfBR 2007, 687 Rn. 11). Darin ist dem Verwaltungsgerichtshof beizupflichten.

20

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass sich das Vorhaben des Klägers deswegen auch nach der Geschosszahl in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, weil sich auf dem Grundstück 326/1 bereits ein dreigeschossiges Gebäude befindet (UA S. 12). Die Grundfläche des Gebäudes hat er nicht ermittelt, weil er von dem rechtlichen Ansatz ausgegangen ist, dass Gebäude mit derselben Geschosszahl unabhängig von ihrer Grundfläche als Referenzobjekte in Betracht kommen (UA S. 13). Dieser Ansatz ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind die vorhandenen "Gebäude" in der näheren Umgebung zueinander in Beziehung zu setzen (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.> und Beschluss vom 3. April 2014 - 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493 Rn. 3). Gebäude prägen ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne des § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern erzielen ihre optische maßstabbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild. Das hat den Senat schon in seinem Urteil vom 23. März 1994 (a.a.O. <279>) dazu bewogen, kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies widerspräche der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten.

21

Die Sache ist nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen, damit der Verwaltungsgerichtshof den Sachverhalt weiter aufklärt und würdigt. Eine in etwa gleiche Gebäudehöhe unterstellt, muss er feststellen, mit welcher Grundfläche das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 einen Vergleichsmaßstab bildet und ob die Grundfläche des Einfirsthofs des Klägers diesem Maßstab entspricht. Bei dem Abgleich der Grundflächen kommt es nicht auf mathematische Präzision an. Da das Erfordernis des Einfügens nicht zur Uniformität zwingt (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386>), ist es nicht notwendig, dass ein streitiges Vorhaben den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen exakt einhält. Es können sich deshalb auch solche Vorhaben hinsichtlich in Rede stehender Beurteilungsmaßstäbe einfügen, die über den vorhandenen Rahmen unwesentlich hinausgehen (OVG Saarlouis, Urteil vom 8. Januar 1988 - 2 R 208/85 - BRS 48 Nr. 4 S. 17). Erst bei einer wesentlichen Überschreitung des Rahmens schließt sich die Frage an, ob sich ein Vorhaben dennoch einfügt, weil es nicht geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen.

22

Der Senat kann von der Zurückverweisung nicht deshalb absehen, weil sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, dass das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 18 m lang ist. Denn die Länge lässt keinen Rückschluss auf die Größe der Grundfläche zu, und ein Vergleich der Länge mit der ebenfalls bekannten Länge des Einfirsthofs des Klägers ist nicht zielführend, weil die Längenmaße keine Bestimmungsgröße für das Maß der baulichen Nutzung sind (vgl. § 16 Abs. 2 BauNVO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung in Anspruch.

2

Er ist Eigentümer eines Grundstücks in P. Das Grundstück, das im unbeplanten Innenbereich liegt, ist mit einem ehemaligen Einfirsthof und einem Nebengebäude bebaut. Bei dem Einfirsthof handelt es sich um ein Gebäude, das in einen Wohntrakt mit einer Grundfläche von ca. 11 m x 13 m und in einen Stalltrakt mit einer Grundfläche von ca. 19 m x 13 m unterteilt ist. Der Wohntrakt wird nach wie vor bewohnt, der Stalltrakt wird seit 1992 auf der Grundlage einer entsprechenden Genehmigung als Lager mit Büro/Aufenthaltsraum und Sozialräumen genutzt.

3

Der Kläger beabsichtigt, das Dach des Einfirsthofs über dem Stalltrakt abzutragen, auf die Außenwände des bislang eingeschossigen Stalltrakts ein mit dem Obergeschoss des Wohntrakts höhengleiches Obergeschoss aufzusetzen und das Dach in nunmehr symmetrischer Form und mit verringerter Firsthöhe wiederherzustellen. Das neue Satteldach soll jeweils vier 2,5 m breite Dachgauben sowie zwei weitere, jeweils etwa 1,5 m breite Gauben erhalten. In das neue Obergeschoss und das Dachgeschoss sollen zwei Maisonettewohnungen und zwei Büroräume eingebaut werden.

4

Den Antrag auf Genehmigung des Vorhabens lehnte das Landratsamt ab. Zur Begründung führte es aus, dass sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in den durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen einfüge. Zumindest im Ober- und Dachgeschoss würde ein Wohnbaukörper mit einer durchgängigen Wohnnutzung entstehen, für den es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild gebe. Verstärkt würden die überdimensionale Erscheinung als Wohngebäude und damit seine rahmensprengende Wirkung durch die geplanten sechs Dachgauben. Die umgebende Wohnbebauung bestehe vor allem aus zweigeschossigen Baukörpern mit ruhigen Dachflächen ohne Dachaufbauten. Zur Belichtung ausgebauter Dachgeschosse gebe es bis auf eine Ausnahme lediglich Dachflächenfenster.

5

Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass das klägerische Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB genehmigungsfähig sei. Es füge sich nicht nur nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein, sondern entgegen der Auffassung des Beklagten auch nach dem Maß der baulichen Nutzung. Die Eigenart der näheren Umgebung werde durch den 30 m langen Einfirsthof des Klägers und einen unmittelbar benachbarten, nahezu gleich langen ehemaligen Einfirsthof geprägt, dessen Wirtschaftsteil inzwischen ebenfalls gewerblich genutzt werde und der zusammen mit dem Wohnteil mit dem Gebäude des Klägers vergleichbar sei. Das klägerische Gebäude sei kein Fremdkörper im bestehenden Dorfgebiet, sondern eine für ein Dorfgebiet typische Anlage. Das Vorhaben des Klägers füge sich nach der unverändert gebliebenen Grundfläche, der etwas verringerten Firsthöhe und der um ein Geschoss erhöhten Geschosszahl ohne Weiteres in die nähere Umgebung ein. Unbeachtlich sei, dass es in der näheren Umgebung kein derartig langes Wohngebäude gebe. Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müsse, seien jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Füge sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so komme es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfüge, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht sei. Mit der höheren Geschosszahl halte sich das Vorhaben im Rahmen der Umgebungsbebauung, weil sich in der Nachbarschaft bereits ein dreigeschossiges Gebäude befinde. Der Umstand, dass das Referenzgebäude eine Länge von nur etwa 18 m aufweise‚ sei unerheblich. Die einzelnen Kriterien der Grundfläche, der Höhe und der Geschossigkeit‚ die das Maß der baulichen Nutzung konkretisierten‚ würden nicht nur durch einzelne Gebäude in ihrer konkreten Ausgestaltung, sondern durch alle die Eigenart der näheren Umgebung prägenden Gebäude in ihrer Gesamtheit bestimmt. Daraus folge, dass sich ein dreigeschossiges Gebäude auch dann einfüge, wenn es eine größere Grundfläche aufweise als ein ansonsten maßstabsbildendes dreigeschossiges Gebäude.

6

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von Bundesrecht.

8

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des umstrittenen Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil das Baugrundstück Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ebenfalls nicht streitig ist, dass sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hängt mithin allein davon ab, ob es sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das hat der Verwaltungsgerichtshof unter Verstoß gegen Bundesrecht bejaht.

9

1. Der die nähere Umgebung bildende Bereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380>; Beschluss vom 20. August 1998 - 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191 S. 75). Er ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 - 4 B 38.13 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217 S. 24). Der Verwaltungsgerichtshof hat die geografischen Grenzen der näheren Umgebung des Baugrundstücks für die Beurteilung des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht markiert. Die Beteiligten waren sich aber schon erstinstanzlich einig, dass sich die nähere Umgebung insoweit aus den das Baugrundstück umgebenden Flurstücken 42, 322/2, 326/1, 45/1 und 182/4 zusammensetzt. Hierauf darf das Revisionsurteil gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1968 - 6 C 53.65 - BVerwGE 29, 127 <130>).

10

2. Die Eigenart der näheren Umgebung wird durch dasjenige bestimmt, was auf dem Baugrundstück selbst und in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 101 f.). Nach der tatrichterlichen Würdigung der Vorinstanz wird die Eigenart der näheren Umgebung durch den Einfirsthof auf dem Baugrundstück des Klägers und den vergleichbar langen und ähnlich hohen Einfirsthof auf dem östlich gelegenen Flurstück 322/2 geprägt. Beide Gebäude bildeten den Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung (UA S. 9). Dieser Würdigung liegt kein materiellrechtlich fehlerhafter Maßstab zugrunde.

11

Der Beklagte beruft sich für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil des Senats vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - (BVerwGE 152, 275 Rn. 20), wonach Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, für sich allein genommen in der Regel keine Bauten sind, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können. Die Stalltrakte der ehemaligen Einfirsthöfe seien deshalb auch nicht imstande, für die Eigenart der näheren Umgebung maßstabbildend zu sein. Dem folgt der Senat nicht.

12

Das in Bezug genommene Urteil des Senats deckt den Standpunkt des Beklagten schon deshalb nicht, weil es sich nur zu Anlagen verhält, die eine der Hauptnutzung dienende Hilfsfunktion aufweisen und mithin in einem weiteren Sinne "Nebenanlagen" zur landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind. Nebenanlagen sind die Stalltrakte der aufgelassenen Einfirsthöfe aber nicht, weil es sich bei ihnen nicht um eigenständige Gebäude handelt. Sie sind vielmehr unselbständige Teile der Einfirsthöfe, die ihrerseits als bauliche Einheiten in Erscheinung treten.

13

Darüber hinaus befasst sich das vom Beklagten bemühte Urteil des Senats vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - (BVerwGE 152, 275) nicht mit dem Tatbestandsmerkmal der Eigenart der näheren Umgebung, sondern allein mit dem Merkmal des im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Nur hinsichtlich dieses Merkmals ist Gebäuden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, sowie Nebengebäuden "in der Regel" die prägende und damit maßstabbildende Kraft abzusprechen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 a.a.O. Rn. 15). Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist demgegenüber alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <279>); außer Acht gelassen werden darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325>). Deshalb rechtfertigt das Urteil nicht den Schluss, dass Baulichkeiten, die keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können, auch nicht in der Lage sind, in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil die Eigenart der näheren Umgebung zu prägen.

14

Der Beklagte hält die Einschränkung des Tatbestands der Eigenart der näheren Umgebung für erforderlich, um einer unerwünschten städtebaulichen Entwicklung Einhalt gebieten zu können. Andernfalls ließe sich das vom Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung verfolgte Leitbild einer geordneten Siedlungsstruktur für P. oder vergleichbare Dorfgebiete im Umland von M. nicht mehr angemessen steuern. Trügen die in den Innenbereichen gelegenen Ställe und Scheunen mit ihren für eine landwirtschaftliche Nutzung typischerweise sinnvollen und erforderlichen Gebäudegrößen zum Charakter der Eigenart der näheren Umgebung bei, ließe sich über § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht verhindern, dass sie in mehrgeschossige Wohngebäude umgewandelt würden und sich die Dörfer im Umkreis M. in Schlaf- bzw. Vorstädte mit Wohngebietscharakter verwandelten mit den entsprechenden Folgeerscheinungen für die Infrastruktur (Verkehrswege, Kinderbetreuung, Schulen etc.).

15

Die Vorstellungen des Beklagten zur Siedlungsentwicklung im Umkreis von Großstädten sprengen den Beurteilungsrahmen des § 34 Abs. 1 BauGB. Sie haben einen typisch planerischen Einschlag. Die Baugenehmigungsbehörde hat indes, wenn sie § 34 Abs. 1 BauGB anwendet, keine planerische Entscheidung zu treffen, die Einfluss auf künftige Entwicklungen nimmt oder künftige Ereignisse bereits vorwegnehmend berücksichtigt (BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155 S. 78). Die planungsrechtliche Vorentscheidung hat der Gesetzgeber selbst getroffen. Danach sind Gebäude im Innenbereich tendenziell einer Änderung ihrer Zweckbestimmung zugänglich. Die vorhandene Bebauung bestimmt den Gebietscharakter und gibt als Planersatz auch den Maßstab für den Umfang der neuen baulichen Nutzung vor. Der Senat stimmt dem Beklagten zwar darin zu, dass sich die Zulassung von Wohnnutzung in bisher nicht gekanntem Umfang negativ auf die von den Gemeinden vorgehaltene Infrastruktur auswirken kann. Dem lässt sich aber nur mit den Mitteln der Bauleitplanung begegnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <283>) oder - auf überörtlicher Ebene - mit Hilfe von Zielen der Raumordnung.

16

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass sich das Vorhaben des Klägers nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Bei dieser Beurteilung ist ihm ein Rechtsfehler unterlaufen.

17

In die Eigenart der näheren Umgebung fügt sich ein Vorhaben ein, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, es sei denn, es lässt die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386>). Allerdings kann sich im Ausnahmefall auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, noch in seine nähere Umgebung einfügen; Voraussetzung hierfür ist, dass es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 13.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 172 S. 22). Diese Grundsätze gelten nicht nur für eine Überschreitung des vorgegebenen Rahmens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, sondern auch für ein Überschreiten des Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 102). Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Senats solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.> und Beschluss vom 3. April 2014 - 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493 Rn. 3).

18

a) Nach der Grundfläche und der Höhe hält sich das Vorhaben im bisherigen Rahmen, weil der ehemalige Einfirsthof des Klägers hinsichtlich beider Bestimmungsfaktoren keine wesentlichen Änderungen erfährt. Die Grundfläche bleibt gleich, die Firsthöhe reduziert sich geringfügig. Dass das Vorhaben mit der Änderung der Art der baulichen Nutzung einhergeht und ein Wohnhaus mit einer Grundfläche entstehen lässt, für das es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild geben soll, ist ohne Belang. Zwar ist im Fall der Änderung eines Teils einer baulichen Anlage Gegenstand der bebauungsrechtlichen Prüfung das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1997 - 4 C 23.95 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 329 S. 92). Die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, sind aber jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Fügt sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so kommt es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfügt, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht ist (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 19.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 29 und Beschluss vom 6. November 1997 - 4 B 172.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 188 S. 57).

19

b) Durch den Umbau des Stalltrakts erhöht sich die Zahl der Geschosse von zwei auf drei. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, wird der dreigeschossige Ausbau aufgrund der verlängerten Fensterreihe im Obergeschoss und der darüber liegenden Dachgauben auch von außen "auf den ersten Blick" ins Auge fallen (UA S. 9). Wegen der größeren baulichen Veränderungen, die mit dem Umbau verbunden sind, kommt dem Kläger daher nicht zugute, dass das Gebäude trotz des Dachgeschossausbaus in seinen Ausmaßen nahezu unverändert bleibt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <279> und Beschluss vom 21. Juni 2007 - 4 B 8.07 - ZfBR 2007, 687 Rn. 11). Darin ist dem Verwaltungsgerichtshof beizupflichten.

20

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass sich das Vorhaben des Klägers deswegen auch nach der Geschosszahl in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, weil sich auf dem Grundstück 326/1 bereits ein dreigeschossiges Gebäude befindet (UA S. 12). Die Grundfläche des Gebäudes hat er nicht ermittelt, weil er von dem rechtlichen Ansatz ausgegangen ist, dass Gebäude mit derselben Geschosszahl unabhängig von ihrer Grundfläche als Referenzobjekte in Betracht kommen (UA S. 13). Dieser Ansatz ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind die vorhandenen "Gebäude" in der näheren Umgebung zueinander in Beziehung zu setzen (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.> und Beschluss vom 3. April 2014 - 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493 Rn. 3). Gebäude prägen ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne des § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern erzielen ihre optische maßstabbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild. Das hat den Senat schon in seinem Urteil vom 23. März 1994 (a.a.O. <279>) dazu bewogen, kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies widerspräche der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten.

21

Die Sache ist nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen, damit der Verwaltungsgerichtshof den Sachverhalt weiter aufklärt und würdigt. Eine in etwa gleiche Gebäudehöhe unterstellt, muss er feststellen, mit welcher Grundfläche das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 einen Vergleichsmaßstab bildet und ob die Grundfläche des Einfirsthofs des Klägers diesem Maßstab entspricht. Bei dem Abgleich der Grundflächen kommt es nicht auf mathematische Präzision an. Da das Erfordernis des Einfügens nicht zur Uniformität zwingt (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386>), ist es nicht notwendig, dass ein streitiges Vorhaben den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen exakt einhält. Es können sich deshalb auch solche Vorhaben hinsichtlich in Rede stehender Beurteilungsmaßstäbe einfügen, die über den vorhandenen Rahmen unwesentlich hinausgehen (OVG Saarlouis, Urteil vom 8. Januar 1988 - 2 R 208/85 - BRS 48 Nr. 4 S. 17). Erst bei einer wesentlichen Überschreitung des Rahmens schließt sich die Frage an, ob sich ein Vorhaben dennoch einfügt, weil es nicht geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen.

22

Der Senat kann von der Zurückverweisung nicht deshalb absehen, weil sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, dass das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 18 m lang ist. Denn die Länge lässt keinen Rückschluss auf die Größe der Grundfläche zu, und ein Vergleich der Länge mit der ebenfalls bekannten Länge des Einfirsthofs des Klägers ist nicht zielführend, weil die Längenmaße keine Bestimmungsgröße für das Maß der baulichen Nutzung sind (vgl. § 16 Abs. 2 BauNVO).

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 7. Februar 2015, Plan-Nr. … zu genehmigen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Am 7. Februar 2015 beantragte die Klägerin unter Befreiung hinsichtlich der Errichtung außerhalb des festgesetzten Bauraums die Genehmigung für ein dreigeschossiges Gebäude mit Flachdach mit einer Grundfläche von 14,50 m x 11,80 m im Erdgeschoss - einschließlich integrierter Garagen; im 1. Obergeschoss beträgt die Grundfläche 16 m x 12,30 m, da an der Westseite eine Auskragung mit einer Tiefe von 1,50 m und an der Südseite mit 0,30 m über dem Erdgeschoss vorgesehen ist. Das 3. Geschoss ist ein allseits zurückgesetztes Terrassengeschoss, an der Nord-, Ost- und Südseite um 2 m, an der Westseite um 1 m von der darunter liegenden Auskragung. Die Höhe des Flachdachs beträgt 9,90 m (+ 9,16 m bei einer Geländeoberfläche von - 0,74 m).

 

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2015, beim Verwaltungsgericht München am gleichen Tage eingegangen, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Untätigkeitsklage.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2015 - abgesandt am 23. Dezember 2015, eine Zustellung ist aus den Akten nicht ersichtlich - lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 7. Februar 2015 nach Plan-Nr. … ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Das Bauvorhaben befinde sich außerhalb des Bauraums und eine Befreiung könne nicht erteilt werden. Zweck des Bauliniengefüges sei die Freihaltung der hinteren, der … zugewandten Grundstücksbereiche, um einen flussbegleitenden Grünzug zu erhalten. Grundsätzlich sei eine ausschließlich straßenbegleitende Bebauung städtebauliche Zielsetzung gewesen und sei es immer noch. Der nur auf den Fl.Nrn. … und … ausgewiesene Bauraum habe lediglich auf dem aus den 1920er Jahren stammenden Bestand, der Berücksichtigung habe finden müssen, beruht. Vergleichbare Bezugsfälle lägen nicht vor, da die Fl.Nr. … nicht von der …straße, sondern von der …-Straße erschlossen werde, so dass hier keine rückwärtige Bebauung vorliege. Eine Unterbrechung der Baulinie auf dem Baugrundstück mache deutlich, dass keine zusätzlichen Bauräume hätten ausgewiesen werden sollen, sondern das Baurecht aufgrund des Bestandes räumlich verlagert angeordnet worden sei. Durch die zusätzliche Bebauung entstünde eine zweite Baureihe und damit eine Verdichtung, wie sie gerade ausdrücklich nicht erwünscht sei. Die Auswirkung auf die nördlich angrenzenden Grundstücke sei evident; eine rückwärtige Bebauung könne dort nicht mehr aufgehalten werden, was gerade der Zielsetzung „Freihaltung rückwärtig …begleitend“ und damit den Grundzügen der Planung widerspräche.

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2016 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin, den Bescheid vom 23. Dezember 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bauantrag vom 7. Februar 2015 zu genehmigen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die Argumentation im streitgegenständlichen Bescheid sei nicht nur unrichtig, sondern auch unverständlich, soweit dort ausgeführt werde, die zusätzliche vordere Bebauung könne die rückwärtige Bebauung nicht mehr aufhalten. Tatsächlich sei - wie der Lageplan zeige - in den letzten Jahrzehnten eine Bebauung entstanden, die ganz massiv von den festgesetzten Baulinien und Baugrenzen abweiche. Die Befreiungsvoraussetzungen seien gegeben, da eine deutliche Aufweichung des Grundkonzeptes vorliege. Das Bauvorhaben stehe nicht im Widerspruch zu den Grundzügen der Planung, sondern erfülle sie vielmehr.

Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Das Bauliniengefüge sei nicht funktionslos, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 21. August 2000 - 2 B 99.2166, juris Rn. 17 - betreffend die Grundstücke nördlich des Bauvorhabens, festgestellt habe.

Im Übrigen wurden die Ausführungen des Bescheides vom 23. Dezember 2015 vertieft.

Einer Aufforderung des Gerichts, die Begründung für die Bauraumfestsetzungen auf dem streitgegenständlichen Grundstück und die der nördlich und südlich benachbarten Grundstücke vorzulegen, konnte die Beklagte nicht nachkommen, da eine solche - entsprechend der Erklärung der Beklagten zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung am 3. April 2017 - im Stadtarchiv nicht mehr auffindbar sei.

Das Gericht hat am 3. April 2017 Beweis durch Einnahme eines Augenscheines erhoben. Hinsichtlich der dort getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll des Augenscheins verwiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten der anschließenden mündlichen Verhandlung wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen im Einzelnen Bezug genommen.

Gründe

I. Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da der Klägerin ein Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung zusteht, weshalb sie durch den ablehnenden Bescheid in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Verpflichtung zur Erteilung auszusprechen war (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das Vorhaben, das außerhalb des Bauraumes errichtet werden soll, ist genehmigungsfähig. Soweit nicht ohnehin von einer Funktionslosigkeit der Bauraumfestsetzung auszugehen ist (II. 1. und 2.) hat die Klägerin zumindest einen Rechtsanspruch auf Befreiung (II. 3.). Im Übrigen fügt sich das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in jeder Hinsicht in seine Umgebung ein (III.).

II. 1. Im Bereich westlich der …straße sind - anders als auf der gegenüberliegenden Ostseite der …straße, an der sich nur eine straßenseitige Baugrenze findet - auf dem Baugrundstück und den nördlich sowie südlich benachbarten Grundstücken im Wesentlichen straßenseitige Bauräume durch einfachen übergeleiteten Bebauungsplan festgesetzt worden. Mit Ausnahme des Bauraums auf dem streitgegenständlichen Grundstück und der südlich benachbarten Fl.Nr. … - auf denen sich die Bauräume in der rückwärtigen Hälfte der Grundstücke befinden - sind die Bauräume entlang der …straße mit keinem oder mit Abständen von maximal 5 m von dieser festgesetzt worden. Diese Bauräume sind in dem maßgeblichen, das Baugrundstück prägenden und im Ausschnitt des vorgelegten amtlichen Lageplans enthaltenen Bereich an keiner Stelle eingehalten. Sowohl auf dem Grundstück Fl.Nr. … (…str. 107, 109 und 109 a) als auch auf der Fl.Nr. … (…str. 111 und 113) ragen die Hauptbaukörper ganz wesentlich über den Bauraum hinaus bzw. sind weitere Gebäude völlig außerhalb des Bauraumes vorhanden. Das Gleiche gilt für das Grundstück Fl.Nr. … (…-Str. 44/46). Nördlich des Baugrundstücks setzt sich diese Situierung außerhalb der Bauräume fort, wobei auf dem Grundstück Fl.Nr. … auch der Neubau des Gebäudes …str. 123 a anstelle des Altbestandes im Wesentlichen außerhalb des Bauraumes errichtet wurde, wie beim Augenschein am 3. April 2017 festgestellt werden konnte.

2. Es kann offenbleiben, ob vorliegend aufgrund dieser massiven Überschreitungen die Bauraumfestsetzungen in dem oben umrissenen Bereich der Westseite der …straße bereits funktionslos geworden sind.

Die Annahme der Funktionslosigkeit einzelner Festsetzungen oder des gesamten Bebauungsplans kommt zum einen in Betracht, wenn sich die bauliche Entwicklung in dem Gebiet in einem erheblichen Umfang im Widerspruch zu den planerischen Festsetzungen vollzogen hat. Zu fordern ist für diesen Fall allerdings, dass die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan eine städtebauliche Gestaltungsfunktion im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB nicht mehr zu erfüllen vermag. Es ist danach darauf abzustellen, ob die Festsetzungen - unabhängig davon, ob sie in Teilen des Plangebiets noch durchsetzbar wären - bei einer Gesamtbetrachtung doch die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung in der durch das planerische Konzept vorgegebenen Richtung zu steuern (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.2003 - 4 B 85/03 - BauR 2004, 1128 - zur Festsetzung von Baulinien in einem übergeleiteten Baulinienplan aus den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts).

Hierfür spricht, dass auch im …nahen rückwärtigen Bereich der Grundstücke …-str. 115/ …-Str. 44/46, …-str. 107/109/109a und …-str. 113 massive Bebauung zu finden ist, die die von der Beklagten dargelegte Konzeption des Bebauungsplans in Form einer Konzentration einer straßennahen Bebauung entlang der …straße, um einen flußbegleitenden Grünzug zu erhalten, konterkariert. Für einen Widerspruch zu dieser planerischen Konzeption spielt es auch keine Rolle, dass das …nah gelegene Gebäude …-Str. 44/46 - anders als die …str. 109 a und 113 - nicht von der …straße aus erschlossen wird.

3. Selbst wenn man vorliegend keine Funktionslosigkeit annehmen wollte, weil der maßgebliche Bereich weiter zu ziehen ist und im Norden und Süden des vorliegend skizzierten maßgeblichen Umgriffs die Massivität der Bauraumüberschreitungen abnimmt, besteht jedenfalls gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ein Anspruch auf Befreiung von der Bauraumfestsetzung auf dem streitgegenständlichen Grundstück.

Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB sind vorliegend gegeben.

3.1 Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplanes befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder

2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder

3. die Durchführung des Bebauungsplanes zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Mit dem Begriff der „Grundzüge der Planung“ umschreibt das Gesetz in § 31 Abs. 2 BauGB die planerische Grundkonzeption, die den Festsetzungen eines Bebauungsplans zugrunde liegt und in ihnen zum Ausdruck kommt. Hierzu gehört alles, was das Ergebnis der Abwägung über die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange und den mit den getroffenen Festsetzungen verfolgten Interessenausgleich trägt (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Komm. zum BauGB, Stand: 1.10.2016, Rn. 36 f. zu § 31 BauGB m.w.N.).

3.2 Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (BVerwG, U.v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - juris Rn. 37). Die Beantwortung der Frage, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, setzt die Feststellungen voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird.

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, ob das Vorhaben insoweit noch entscheidend ins Gewicht fällt, weil die Grundkonzeption der Planung bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet aufgeweicht und möglicherweise sogar stellenweise überholt ist (vgl. BayVGH, U.v. 9.8.2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 35).

3.3 Dem vorrangigen Planungsziel der Freihaltung der rückwärtigen, flußbegleitenden Grundstücksbereiche entspricht die vorgesehene Bebauung. Soweit die Beklagte erklärt, dass zudem durch die Festsetzung von Bauräumen eine zweireihige Bebauung habe vermieden werden sollen, stellt die streitgegenständliche Bebauung dieses Planungsziel - abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht durch die Vorlage der Begründung der Bauraumfestsetzungen erhärtet werden konnte - nicht in Frage. Sowohl die Bebauungstiefe als auch die Bestimmung der ein- oder mehrreihigen Bebauung ist von der Erschließungsstraße her zu beurteilen. Damit steht das Vorhaben in der ersten Baureihe - ebenso wie die südlich benachbarten Gebäude …str. 107, 109, 111 und 115 bzw. die nördlich benachbarten Gebäude …str. 121/121 a und 123. Die Tatsache, dass durch die Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes eine zweireihige Bebauung auf dem Grundstück entsteht, ist allein dem Umstand geschuldet, dass die Beklagte hier - anders als auf den übrigen Grundstücken vorgenommen - systemfremd im rückwärtigen Bereich in einem Abstand von 34 m von der Straßenbegrenzungslinie einen Bauraum festgesetzt hat. Das Argument der Beklagten, der Bauraum habe so festgesetzt werden müssen, um den Bestandsschutz der bereits bestehenden Gebäude auf den Fl.Nrn. … und … zu gewährleisten, überzeugt nicht. Die bestehenden Gebäude hätten auch ohne diese Bauraumfestsetzung im Rahmen der geltenden Regeln Bestandsschutz genossen. Lediglich eine Neuerrichtung hätte gegebenenfalls an einer anderen, den Planungszielen der Beklagten entsprechenden Stelle stattfinden müssen, was aber letztlich Sinn einer Planung ist. Das von der Beklagten bereits durch die Festsetzung der Bauräume auf den Fl.Nrn. … und … durchbrochene Planungsziel wird durch die Gebäude …str. 109 a, 113 und 123 a/b weiter in Frage gestellt, auch wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass die …-Str. 44/46 keine Bebauung in zweiter Reihe darstellt, da dieses Gebäude von der …-Straße aus erschlossen wird. Das vorrangige Planungsziel, die …nahen rückwärtigen Bereiche der Grundstücke von Bebauung freizuhalten, weshalb dann auch eine …nahe Bebauung in zweiter Reihe unerwünscht ist, konterkariert die …-Str. 44/46 allerdings in einem erheblichen Maße.

Die Grundzüge der Planung werden daher durch das streitgegenständliche Vorhaben nicht berührt. Abgesehen davon, dass die Beklagte schon mit der Bauraumfestsetzung auf den Fl.Nrn. … und … ein Abweichen vom Planungssystem in Kauf genommen hat, führen die aktuell vorhandenen massiven - oben beschriebenen - Bauraumüberschreitungen dazu, dass das streitgegenständliche Vorhaben nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise die Grundzüge der Planung berühren kann. Soweit die einreihige Bebauung entlang der …straße Planungsziel gewesen sein sollte, wurde dieses Planungsziel durch die Festsetzung des Bauraums auf den Fl.Nrn. … und … (streitgegenständliches Grundstück) selbst in Frage gestellt und in der Folgezeit in einer Weise von diesem Planungsziel abgewichen, die eine ins Gewicht fallende Verschlechterung in Bezug auf die planerische Grundentscheidung ausschließt. Sowohl die Grundentscheidung, den …nahen Bereich auf den Grundstücken zwischen der …straße und der …straße freizuhalten, als auch hier nur eine einreihige Bebauung zuzulassen, wurde durch die tatsächliche Entwicklung im Baugebiet und südlich der Fl.Nrn. … und … sogar vollständig konterkariert.

3.4 Die Abweichung von dem festgesetzten Bauraumgefüge ist gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB auch städtebaulich vertretbar, da eine solche Abweichung, das heißt - auch - Bebauungsmöglichkeiten auf dem Grundstück im straßennahen Bereich, im Rahmen einer entsprechenden Bauraumfestsetzung zulässiger Inhalt eines Bebauungsplanes sein kann und auf dem benachbarten Grundstück auch ist.

Aus den Darlegungen unter 3.3 ergibt sich ebenfalls, dass die Abweichung auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Insbesondere kommt dem Vorhaben - entgegen der Ansicht der Beklagten - keine negative Bezugsfallwirkung hinsichtlich weiterer unerwünschter Bebauung in den rückwärtigen Grundstücksbereichen zu, da sich das Vorhaben gerade nicht im rückwärtigen Grundstücksbereich befindet, sondern korrespondierend zur vorhandenen straßenseitigen Bebauung auf den Grundstücken …str. 107 - 122 straßennah errichtet werden soll.

3.5 Die Erteilung einer Befreiung steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Baugenehmigungsbehörde. Dies bringt der Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 BauGB mit der Formulierung zum Ausdruck, dass von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden „kann“. Den Ermessenscharakter der Befreiungsentscheidung betont auch die höchstrichterliche Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Lehre (BVerwG, U.v. 19.9.2002 - 4 C 13/01, BVerwGE 117, 50/55 ff. m.w.N. und juris).

3.5.1 Allerdings wurde in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Formulierung geprägt, dass „für die Ausübung dieses Ermessens nur wenig Raum besteht, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben sind“ (so BVerwG, U.v. 19.9.2002 - 4 C 13/01 - juris unter Bezugnahme auf Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl. 2002 , Rn. 43 zu § 31 und Jäde in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB und BauNVO, 3. Aufl. 2002 , Rn. 26 zu § 31). Wie das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich feststellt, folgt daraus jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen einer Befreiung vorliegen (ebenso Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Komm. zum BauGB, Stand: 1.10.2016, Rn. 26 zu § 31). Erforderlich ist für eine negative Ermessensentscheidung, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, U.v. 19.9.2002 a.a.O., S. 56; U.v. 4.7.1986 - 4 C 31/84 - juris und BVerwGE 74, 315/319).

Sind die Tatbestandsvoraussetzungen einer Befreiung gegeben, steht im Hinblick darauf bereits fest, dass auf Seiten des Bauherren Gründe vorliegen, die immerhin so gewichtig sind, dass sie mit dem grundsätzlichen Geltungsanspruch der gemeindlichen Bauleitplanung sowie mit entgegenstehenden öffentlichen Belangen oder nachbarlichen Interessen konkurrieren und eine Befreiung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen können.

3.5.2 Im Rahmen des behördlichen Vollzugs ist weiterhin zu entscheiden, ob die für das Vorhaben des Bauherren sprechenden Gründe gegenüber den beeinträchtigten öffentlichen Belangen und privaten Interessen aus Verhältnismäßigkeitsgründen vorrangig sind. Wenn die für die Nutzungsinteressen des Bauherrn streitenden Gründe nach den Umständen des Einzelfalls so gewichtig sind, dass ein Festhalten am Plan ungerecht, insbesondere unverhältnismäßig oder gleichheitswidrig wäre, ist die Befreiung von Verfassungs wegen geboten; in diesen Fällen hat bereits die Erfüllung des Befreiungstatbestandes einen Rechtsanspruch auf Befreiung zur Folge, ohne dass noch ein behördlicher Ermessensspielraum eröffnet wäre. Demgegenüber zwingen weder das Verfassungsrecht noch das grundsätzlich auf behördliche Ermessensbetätigung angelegte einfache Gesetzesrecht zur Bevorzugung der Interessen des Bauherren, wenn die sich gegenüber stehenden Interessen und Belange in etwa gleichgewichtig sind, also nicht außer Verhältnis stehen (vgl. auch: BVerwG, U.v. 4.7.1986, a.a.O.: „zumindest ebenso gewichtig sind“).

3.5.3 Unter Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend kein behördlicher Ermessensspielraum eröffnet, da öffentliche Belange, die der Befreiung entgegenstehen, entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gegeben sind, weshalb sich eine im Rahmen des Ermessens vorzunehmende Gewichtung erübrigt. Es entsteht keine Bebauung in der zweiten - rückwärtigen - Reihe; vielmehr erfolgt auf dem Grundstück erstmalig eine Bebauung in erster - straßennaher - Reihe, weshalb von dem Bauvorhaben auch keine Bezugsfallwirkung für eine weitere Bebauung in zweiter Reihe ausgeht. Die …nahen Grünbereiche des Grundstücks werden nicht tangiert.

Sonstige öffentliche Belange sind weder angeführt noch ersichtlich. Das Gleiche gilt für die privaten Belange der Nachbarn, die ebenfalls nicht negativ betroffen werden.

Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Befreiung für das Bauvorhaben außerhalb des Bauraumes im vorderen Grundstücksbereich.

III. Das Vorhaben, dem gemäß § 30 Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB das vorhandene Bauraumgefüge nicht entgegensteht, fügt sich auch im Übrigen (§ 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB) in die maßgebliche Umgebung ein.

1. Hinsichtlich der Art fügt sich das Wohnbauvorhaben ohne weiteres in die überwiegend durch Wohnnutzung und vereinzelte Gewerbenutzung geprägte Umgebung ein.

2. Auch hinsichtlich des Maßes der Nutzung überschreitet das streitgegenständliche Vorhaben nicht den in seiner Umgebung vorzufindenden Rahmen. Wie beim Augenschein festzustellen war, finden sich in der Umgebung Gebäude mit E + 1 und zwei ausgebauten Dachgeschossen (…str. 123 a (im Bau) und …str. 121 a), deren Firsthöhen in etwa 13 m erreichen. Davon abgesehen weist das südlich benachbarte Gebäude …-Str. 40 - das auf gleicher Geländehöhe liegt wie das Bauvorhaben - drei Geschosse und ein ausgebautes Dachgeschoss auf, wobei sich allein die Wandhöhe auf etwa 10 m beläuft. Auch von dem Gebäude …str. 111 mit zwei Geschossen und einem massiv ausgebauten Dachgeschoss - zwerchgiebelartige Gauben auf der Westseite - geht hier eine dreigeschossige Wirkung aus. Das streitgegenständliche Vorhaben bewegt sich somit ohne weiteres im Rahmen der in der Umgebung vorzufindenden Höhenentwicklung. Da die benachbarten Gebäude weitgehend über zumindest gleich große, zum Teil aber erheblich größere Grundflächen - …str. 115/ …-Str. 40 und auch …str. 111 und 113 - verfügen, fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben auch im Hinblick auf die Gesamtkubatur problemlos in seine Umgebung ein.

Soweit die Rechtsprechung (vgl. BVerwG, B.v. 14.3.2013 - 4 B 49/12 und B.v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - beide juris) davon ausgeht, dass im Rahmen des Maßes der baulichen Nutzung bei offener Bauweise auch das Verhältnis von mit Hauptbaukörpern bebauter Fläche zur umgebenden Freifläche für das Tatbestandsmerkmal des „Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung“ eine Rolle spielt, begegnet das Vorhaben ebenfalls keinen Bedenken. Zusammen mit dem Bestand ergibt sich auf der streitgegenständlichen Fl.Nr. … eine Verhältniszahl von mit Hauptbaukörpern bebauter gegenüber einer von solchen Hauptbaukörpern freien Fläche von 0,215. Deutlich ungünstiger für die insoweit nicht bebaute Fläche ist das Verhältnis auf der Fl.Nr. … (…-str. 115/ …-Str. 40/44/46), nämlich 0,412. Auch die Fl.Nr. … weist insoweit eine Verhältniszahl von 0,262 auf und liegt damit bei der mit Hauptbaukörpern bebauten Fläche deutlich über der des streitgegenständlichen Grundstücks.

3. Hinsichtlich der übrigen Tatbestandsmerkmale des § 34 Abs. 1 BauGB - insoweit kommen noch Bauweise und Bebauungstiefe in Betracht - stellt sich das Bauvorhaben ebenfalls als völlig unproblematisch dar.

IV. Da dem Vorhaben weder sonstige planungsrechtliche noch bauordnungsrechtliche Vorschriften - und zwar weder im Prüfprogramm enthaltene noch als Gründe nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO zur Ablehnung berechtigende - entgegenstehen, war die Beklagte mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die streitgegenständliche Bau-genehmigung zu erteilen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert wird auf € 3.750,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt mit seiner am 3. Februar 2017 erhobenen Klage (M 8 K 17.677) die Aufhebung der der Beigeladenen am 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 erteilten Baugenehmigung für die Neuerrichtung eines Mehrfamilienhauses und eines Rückgebäudes mit Tiefgarage auf dem Grundstück …-strasse 40, Fl.Nr. …, Gemarkung …, … … Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 3. Februar 2017 strebt er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage an.

Das Grundstück des Antragstellers …-strasse 38, Fl.Nr. …, Gemarkung …, … …, ist mit einem viergeschossigen Mehrfamilienhaus bebaut, das mit seiner nordwestlichen Außenwand auf einer Länge von ca. 11 m an die gemeinsame Grundstücksgrenze des Vorhabengrundstücks angebaut ist. Auf der Südostseite weist das Gebäude des Antragstellers einen Grenzabstand auf. Das Gebäude ist straßenseitig 12,6 m lang und hat in diesem Bereich eine Höhe von 19,7 m. Straßenseitig befindet sich ein 80 cm tiefer und 3,95 m langer viergeschossiger Erker.

Im rückwärtigen - nordöstlichen - Gebäudeteil befindet sich ein ebenfalls viergeschossiger, ca. 15,5 m hoher (abgegriffen aus dem Eingabeplan vom 3. September 1974, Plan-Nr. …), 3 m tiefer und 6,2 m langer Gebäudevorsprung, der sich etwa über die Hälfte der rückwärtigen Außenwand erstreckt. In diesem Bereich weist das Gebäude des Antragstellers eine Tiefe von 14 m auf. Die nordwestliche Außenwand des Gebäudevorsprungs verfügt über keine Fenster. An diese Außenwand schließt sich ein erdgeschossiger Wintergarten an, der unmittelbar an der nordwestlichen Grundstücksgrenze endet.

Das nordwestlich des Antragstelleranwesens liegende Vorhabengrundstück war ursprünglich mit einem dreigeschossigen, grenzständigen Mehrfamilienhaus bebaut, das mit seiner südöstlichen Außenwand profilgleich an das Gebäude des Antragstellers angeschlossen war und im nordwestlichen rückwärtigen Bereich über einen zweigeschossigen Anbau verfügte, der nur mit seiner Nord-West-Seite an eine Grundstücksgrenze angebaut war. Zum Grundstück des Antragstellers hin wies der Anbau einen Grenzabstand auf. Der rückwärtige Bereich des Vorhabengrundstücks war mit einem eingeschossigen Rückgebäude an der rückwärtigen und seitlichen - nordwestlichen - Grundstücksgrenze bebaut. Das Rückgebäude diente zuletzt Aufenthaltszwecken und wurde ausweislich der vorgelegten Behördenakten mit Baugenehmigung vom 12. Dezember 1947 widerruflich auf die Dauer von 5 Jahren als ein „Werkstätten-Gebäude“ genehmigt.

Das nordwestlich benachbarte Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. …, Gemarkung …, … …, ist mit einem fünfgeschossigen Mehrfamilienhaus bebaut, das mit einer Tiefe von ca. 12 m zu dem Vorhabengrundstück hin grenzständig errichtet ist. Auf der Nord-West-Seite hält das Gebäude einen Grenzabstand ein. Auch dieses Gebäude verfügt im rückwärtigen Bereich über einen Gebäudevorsprung. Die Gesamttiefe des Gebäudes im Bereich des Gebäudevorsprungs beträgt 18 m (abgegriffen aus dem Lageplan). Das Grundstück ist im rückwärtigen Bereich mit einem an drei Grundstücksgrenzen angebauten zweigeschossigen Rückgebäude mit einer Wandhöhe von 6,65 m bebaut. Im erdgeschossigen Bereich findet eine Garagennutzung statt. Mit Baugenehmigung vom 25. Mai 1960 nach Plan-Nr. … wurde die Aufstockung des Garagengebäudes um ein weiteres Geschoss mit Büronutzung (5 Büros) genehmigt.

Im Übrigen befinden sich entlang der …-strasse weitere straßenseitige Bebauungen mit bis zu fünf Geschossen und Gebäudetiefen mit bis zu 20 m, wobei die nordwestlich bzw. südöstlich des Gebäudekomplexes …strasse 38-42 liegenden Anwesen …-strasse 44 bzw. 36 jeweils einen seitlichen Grenzabstand zu diesen Grundstücken aufweisen. Das Gebäude …-straße 15 ist fünf- bis sechsgeschossig und setzt sich durch seine Kubatur und Bauweise deutlich von dem Gebäude …-strasse 36 ab.

Entlang der …-strasse ist durch die Festsetzung einer Baulinie ein 4 m breiter Vorgarten festgesetzt.

 

Lageplan Bestand Mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 erteilte die Antragsgegnerin für das streitgegenständliche Grundstück einen (teilweise) positiven Vorbescheid nach Plan-Nr. … Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens war im Wesentlichen die planungsrechtliche Zulässigkeit der Neuerrichtung eines straßenseitigen Mehrfamilienhauses mit einer Tiefe von 17 m und einer Wandhöhe von 17,75 m in der Variante A - mit Flachdach und einem zurückgesetzten Terrassengeschoss - sowie eines Gebäudes mit einer Firsthöhe von 18,8 m in der Variante B - mit Mansarddach. Als Variante 2 wurde die planungsrechtliche Zulässigkeit der Neuerrichtung eines Rückgebäudes an der rückwärtigen und seitlichen - westlichen - Grundstücksgrenze abgefragt. Die Antragsgegnerin beurteilte das Vorhaben nur hinsichtlich des Vordergebäudes in beiden Varianten A und B, nicht jedoch hinsichtlich des Rückgebäudes positiv. Die gestellten Vorbescheidsfragen hinsichtlich der Abweichungen von den Abstandsflächen blieben wegen mangelnder Plandarstellung unbeantwortet.

Gegen diesen Vorbescheid der Antragsgegnerin erhob der Antragsteller Klage vor dem erkennenden Gericht (M 8 K 13.4942), die aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2014 abgewiesen wurde. Einen Antrag des Antragstellers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil der Kammer vom 24. November 2014 lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Januar 2016 (2 ZB 15.384) ab.

Mit Bauantrag vom 26. Oktober 2015 beantragte die Beigeladene nach Plan-Nr. … die Erteilung einer Baugenehmigung für die Neuerrichtung eines straßenseitigen Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage und eines grenzständigen Rückgebäudes.

Das Vordergebäude war fünfgeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss im Mansarddach und straßenseitig mit einer Traufhöhe von 15,15 m und eine Firsthöhe von 19,15 m geplant. Im östlichen Bereich des Gebäudes sollte sich im Vorgartenbereich ab dem ersten Obergeschoss ein ca. 1,2 m tiefer und ca. 4 m breiter viergeschossiger Erker befinden.

Zum Innenhof hin sollte das Dachgeschoss des Vordergebäudes als ein Terrassengeschoss ausgebildet werden. Die Wandhöhe bis zur Oberkante der Terrassenbrüstung beträgt 15,75 m. Das Vordergebäude sollte auf den nordwestlichen und südöstlichen Grundstücksgrenzen errichtet werden.

An der nordöstlichen Außenwand zum Innenhof hin waren ab dem ersten bis zum vierten Obergeschoss Balkone geplant, die im Wesentlichen 1,7 m tief waren. Der Abstand der Balkone zu der westlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers beträgt 93 cm. Die nordöstliche Außenwand sollte ca. 11,7 m breit, die Balkone sollten maximal 3,85 m werden.

Das geplante Rückgebäude war zweigeschossig mit Flachdach und sollte an der rückwärtigen und den seitlichen Grundstücksgrenzen des Vorhabengrundstücks errichtet werden. Dieses Gebäude verfügt über eine Höhe von 6,25 m, eine Gebäudebreite von 11,59 m bzw. 11,65 und eine Tiefe von 5,06 m bzw. 5,10 m. Das erste Obergeschoss sollte im östlichen, dem Antragstellergrundstück zugewandten, Bereich als ein um 3 bzw. 3,16 m nach Westen zurückversetztes Terrassengeschoss ausgebildet werden. Die Wandhöhe bis zur Oberkante der Terrassenbrüstung im ersten Obergeschoss beträgt 3,97 m. Der Terrassenbereich wurde durch Handeintrag vom 2. Mai 2016 auf 81 cm x 3,31 m verkleinert, wobei der restliche Bereich der Bepflanzung dienen soll.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2016 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Genehmigung nach Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 23. November, 21. April und 2. Mai 2015, Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 2. Mai 2015, Baumbestandsplan Plan-Nr. … sowie Freiflächengestaltungsplan nach Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 21. April und 2. Mai 2015.

Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2016 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers mit einem am 15. Juni 2016 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz eine Anfechtungsklage (M 8 K 16. 2682).

Mit Schriftsatz vom 5. August 2016, beim Gericht am selben Tag per Telefax eingegangen, stellten die Antragstellerbevollmächtigten einen Antrag nach §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO (M 8 SN 16.3499).

Das erkennende Gericht hat mit Beschluss vom 10. November 2016 im Verfahren M 8 SN 16.3499 die aufschiebende Wirkung der am 15. Juni 2016 erhobenen Klage (M 8 K 16.2682) gegen die Baugenehmigung vom 23. Mai 2016 für den Neubau eines Wohngebäudes mit Tiefgarage und Hinterhaus auf dem Grundstück …-strasse 40, Fl.Nr. …, angeordnet und der Beigeladenen und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte auferlegt. Nach summarischer Prüfung sei die Baugenehmigung vom 23. Mai 2016 rechtswidrig. Der Antragsteller sei nicht durch den Vorbescheid vom 16. Oktober 2013 an der Anfechtung gehindert gewesen. Die genehmigten Planunterlagen hätten aufgrund unvollständiger und missverständlicher Planangaben keine geeignete Grundlage der Baugenehmigung sein können, da zum einen die Abstandsflächen des grenzständigen Rückgebäudes zum Grundstück des Antragstellers hin nicht dargestellt gewesen seien, obwohl diese - soweit die östliche Außenwand des Gebäudes von der Grundstücksgrenze abrückt - anfallen, und zum anderen die genehmigten Planunterlagen auch insoweit unvollständig waren, als darin keine Abstandsflächen der hofseitigen Balkone zu dem Antragstellergrundstück hin und in Richtung Norden dargestellt waren. In diesen Mängeln der Bauvorlagen lag eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Antragstellers.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

Im Klageverfahren M 8 K 16. 2682 erklärten die Beteiligten die Hauptsache für erledigt, nachdem die Beigeladene den Bauantrag vom 26. Oktober 2015 mit Schreiben vom 22. Februar 2017 zurückgezogen hatte. Das erkennende Gericht stellte daraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 6. April 2017 ein und legte der Beigeladenen und der Beklagten die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte auf.

Für das Bauvorhaben wurde von der Antragsgegnerin am 6. Dezember 2016 eine Teilbaugenehmigung für den Baugrubenverbau und die Errichtung der Kellerbodenplatte (Az.: …) erteilt.

Am 19. Januar 2017 genehmigte die Beklagte im vereinfachten Genehmigungsverfahren den Bauantrag vom 18. November 2016 nach Plan Nr. … mit Änderungsantrag vom 12. Dezember 2016 nach Plan Nr. … und Freiflächengestaltungsplan nach Plan Nr. … … Der Antragsteller erhielt einen Abdruck des Baugenehmigungsbescheids.

Die Pläne entsprechen im Wesentlichen den Plänen zur mit Bescheid vom 23. Mai 2016 erteilten Baugenehmigung. Die hofseitigen Balkone sind nun aber nur 1,5 m tief. Als Anlage wurde der Baugenehmigung zudem auch eine „Abstandsflächendarstellung (Abweichungen M 1:200)“ - laut Anlage als „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ bezeichnet - beigefügt, die Bestandteil des Bescheids ist.

 

Lageplan Bauvorhaben (Baugenehmigung vom 19. Januar 2017) Wie in der Baugenehmigung vom 23. Mai 2016 erteilte die Antragsgegnerin auch in der Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 zahlreiche Befreiungen und Abweichungen.

Unter Nummer 4 der Abweichungen erteilte die Antragsgegnerin eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung (Überschreitung) erforderlicher Abstandsflächen (1H) durch den straßenseitigen Erker zum Grundstück des Antragsteller.

Zur Begründung wurde zunächst auf die Darstellung der Abweichung nach dem Plan „Abweichungen“ Antrag (4) verwiesen.

Die Erteilung begründete die Antragsgegnerin sodann damit, dass die Beigeladene das gleiche Recht in Anspruch nehme, welches von Seiten des Antragstellers in Form einer Abstandsflächenübertretung auf das streitgegenständliche Grundstück beansprucht werde. Belichtung und Belüftung der Räume auf dem Nachbargrundstück wurden nicht wesentlich beeinträchtigt und ein ausreichender Sozialabstand bliebe gewahrt.

Unter Nummer 8 der Abweichungen erklärte die Antragsgegnerin ausdrücklich, dass keine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen (1H) durch das Rückgebäude zum Grundstück des Antragstellers notwendig sei.

Mit Nachgangsbescheid vom 8. März 2017 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen in Abänderung der Nr. 8 zu den Abweichungen der Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 die beantragte Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 BayBO. Der Antragsteller erhielt einen Abdruck des Nachgangsbescheides.

In der Begründung gibt die Antragsgegnerin an, dass sie die beantragte Abweichung in Anbetracht rechtlicher Unsicherheit (vorsorglich) erteile. Die Abweichung könne auch unter Berücksichtigung nachbarlicher Interessen erteilt werden, da sie die ordnungsgemäße Belichtung und Belüftung sowie Besonnung der Nachbargrundstücke gewährleistet sei.

Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Januar 2017 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers mit einem am 3. Februar 2017 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz eine Anfechtungsklage.

Mit Beschluss des Gerichts vom 20. Februar 2017 wurde die am 3. Februar 2017 erhobene Klage gegen die Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 vom Verfahren M 8 K 16.2682 getrennt und unter dem Aktenzeichen M 8 K 17.677 fortgeführt.

Mit demselben Schriftsatz vom 3. Februar 2017 stellten die Antragstellerbevollmächtigten einen Antrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO und beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 anzuordnen.

Mit Schriftsätzen vom 29. März 2017 wurde die Einbeziehung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 in das Klageverfahren und das Eilrechtsschutzverfahrens erklärt, sodass nunmehr die Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 streitgegenständlich ist.

Zur Begründung führen die Bevollmächtigten des Antragstellers in tatsächlicher Hinsicht aus, dass mit den Baumaßnahmen bereits begonnen worden sei. Der Baugrubenverbau sei fertiggestellt.

Der Antragsteller meint, die aufschiebende Wirkung sei anzuordnen, da das Vorhaben die im Prüfprogramm enthaltenen Abstandsflächenvorschriften und das Rücksichtnahmegebot verletze.

Hinsichtlich der Abstandsflächen des Rückgebäudes meint der Antragsteller, dass er die Feststellung im Beschluss vom 10. November 2016 (M 8 SN 16.3499), die Errichtung eines grenzständigen Rückgebäudes auf dem Baugrundstück sei planungsrechtlich zulässig und löse insoweit - soweit es an der Grundstücksgrenze errichtet wurde - deshalb keine Abstandsflächen aus, nicht mittrage.

Jedenfalls sei festzustellen, dass die östliche Außenwand des Rückgebäudes insoweit, als sie nicht grenzständig errichtet werde, Abstandsflächen auslöse. Eine für die Abweichung erforderliche Atypik liege zudem nicht vor.

Auch die östliche Außenwand des Vordergebäudes löse insoweit Abstandsflächen aus, als sie über die vorhandene Bautiefe hinweg reiche. Die Grundstücke …-strasse 38, 40 und 42 seien die maßgebliche Umgebung. Die beiden zum Vorhabengrundstück benachbarten Grundstücke seien mit jeweils einer Länge von ca. 11 m bzw. ca. 12 m grenzständig bebaut. Die beiden Gebäude auf diesen Nachbargrundstücken würden einen tiefer in das jeweilige Grundstück hineinreichenden Gebäudeteil aufweisen, der aber jeweils nicht grenzständig bebaut sei. Diese Bauweise, geschlossene Bauweise nur bis zu einer bestimmten Tiefe, finde sich auch in der näheren Umgebung. Hinzu komme noch die Tiefe der Bebauung durch das Rückgebäude. Ein Grenzanbau sei in dieser Tiefe ohne Einhaltung von Abstandsflächen wegen Art. 6 BayBO nicht zulässig.

Das Bauvorhaben sei auch planungsrechtlich unzulässig, weil es das Rücksichtnahmegebot verletze. Nach den Bauunterlagen sei beabsichtigt, die gemeinsame Grundstücksgrenze in einer Tiefe von insgesamt 22 m grenzständig zu bebauen. Im rückwärtigen Bereich bleibe lediglich eine Tiefe von 10,29 m unbebaut; dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass in diesem Bereich noch mit nur geringem „Sozialabstand“ eine Terrasse mit einer Tiefe von 2,40 m errichtet werden würde.

Diese massive Bebauung auf dem verhältnismäßig kleinen Vorhabengrundstück führe zu einer Riegelwirkung gegenüber dem Anwesen des Antragstellers. Hinzu kommen würden zahlreiche Einsichtnahmemöglichkeiten auf das Grundstück des Antragstellers, sowohl durch die Terrassen des Rückgebäudes als wie auch durch die Terrassen und Balkone des Vordergebäudes.

Mit Schreiben vom 8. März 2017 beantragten die Bevollmächtigten der Beigeladenen, den Antrag abzulehnen.

Hinsichtlich des Vordergebäudes verweist die Beigeladene zunächst auf die Entscheidung des BayVGH im Vorbescheidsverfahren (B.v. vom 27.1.2016 - 2 ZB 15.384), in welcher bestätigt worden sei, dass die geplante Errichtung eines Gebäudes von 11,73 m Länge und 17 m Tiefe nicht wegen Rücksichtlosigkeit gegenüber dem Antragsteller unzulässig sei. Auch die erkennende Kammer habe bestätigt, dass eine grenzständige Bebauung des Vordergebäudes in der genehmigten Tiefe planungsrechtlich vorgegeben und insoweit zulässig sei mit der Folge, dass keine Abstandsflächen zu Lasten des Antragstellers ausgelöst werden.

Hinsichtlich des Rückgebäudes verweist die Beigeladene auf die Rechtsprechung des BayVGH vom 26. Januar 2000, Az. 26 CS 09.2733. Die Form der Abstufung sei gerade deshalb gewählt worden, um den Belangen des Antragstellers Rechnung zu tragen.

Höchst vorsorglich habe die Beigeladene nochmals einen Abweichungsantrag gestellt, der von Seiten der Antragsgegnerin auch im Nachgangsbescheid vom 8. März 2017 erteilt worden sei.

Die gerügte Einsichtnahmemöglichkeit in das Anwesen des Antragstellers sei kein nachbarschützender Belang, wie der BayVGH für einen derart verdichteten Bereich bereits entschieden habe.

Mit Schreiben vom 9. März 2017 beantragt die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin trägt vor, die zum Grundstück des Antragstellers hin erteilten Abweichungen Nummer 4 und die im Nachgangsbescheid vom 08.03.2017 erteilte (vorsorglich) erteilte Abweichung Nummer 8 seien rechtmäßig.

Selbst bei Unterstellen der Rechtswidrigkeit könne sich der Antragsteller wegen § 242 BGB nicht darauf berufen. Das Gebäude des Antragstellers werfe selbst insgesamt 39,52 m² seiner Abstandsflächen auf das Vorhabengrundstück. Das Bauvorhaben seinerseits werfe auf das Grundstück des Antragstellers dagegen nur 23,19 m² seiner Abstandsfläche.

Die östliche grenzständig zu errichtende Außenwand des Vordergebäudes löse keine Abstandsflächen aus. Die Bebauungstiefe sei im Geviert bereits vorhanden und damit zulässig. Abgesehen davon handele es sich vorliegend um geschlossene Bauweise.

Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots liege nicht vor. Unzumutbare Beeinträchtigungen hinsichtlich Licht- und Luftverhältnissen oder des Sozialabstandes seien nicht ersichtlich. Auch würden keine neuen, nicht hinzunehmenden Einsichtmöglichkeiten durch das Vorhaben geschaffen. Eine „einmauernde“, „erdrückende“ oder „abriegelnde“ Wirkung gegenüber der Bebauung des Grundstücks des Antragstellers komme dem Vorhaben nicht zu. Der Baukörper sei nicht erheblich höher als das betroffene Gebäude des Antragstellers.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg, da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die angefochtene Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 verletzt bei summarischer Prüfung nicht das Rücksichtnahmegebot. Daher ist der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Übrigen verletzt die Baugenehmigung zwar möglicherweise nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts, der Antragsteller kann sich hierauf aber gemäß § 242 BGB analog nicht berufen.

1. Nach § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a.a.O., § 80 Rn. 73 ff.).

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3).

3. Zunächst ist festzustellen, dass der Antragsteller nicht durch den bestandskräftigen Vorbescheid vom 16. Oktober 2013 (Art. 71 BayBO) daran gehindert ist, gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 gerichtlich vorzugehen.

Der sachliche Umfang der Bindungswirkung eines Vorbescheids ergibt sich aus den im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen und den dem Vorbescheidsantrag zu Grunde liegenden Planzeichnungen (vgl. Decker: in Simon/Busse, BayBO, 122. EL Januar 2016, Art. 71 Rn. 103). Die Bindung erstreckt sich nur auf Vorhaben, die inhaltlich dem Vorbescheid vollständig entsprechen oder von diesem ohne Veränderung der Grundkonzeption allenfalls geringfügig abweichen (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 8). Das Vorhaben darf mithin nicht derart verändert werden, dass wegen dieser Änderung die Genehmigungsfrage in bauplanungsrechtlicher und/oder bauordnungsrechtlicher Hinsicht erneut aufgeworfen wird. Wird das Vorhaben derart verändert, dass es in rechtserheblicher Weise von den entschiedenen Punkten abweicht und die Genehmigungsfrage neu aufwirft, entfällt die Bindungswirkung des Vorbescheids (vgl. BayVGH, U.v. 4.11.1996 - 1 B 94.2923 - BayVBl. 1997, 341 f.; BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 8).

Das im Baugenehmigungsverfahren genehmigte Vorhaben ist bereits durch die Veränderung der Wand- und Firsthöhen des Vordergebäudes und durch die geplante Terrasse im Dachgeschoss sowie durch die hierdurch verursachte Änderung der abstandsflächenrechtlichen Situation gegenüber der des Vorbescheidsvorhabens nicht mehr im ausreichenden Umfang mit dem ursprünglich geplanten Bauvorhaben identisch. Hinzu kommt, dass das mit streitgegenständlicher Baugenehmigung genehmigte Rückgebäude - das ein Teil des einheitlichen Gesamtvorhabens ist - anders situiert werden soll, als das im Vorbescheidsverfahren abgefragte Rückgebäude. Auch aus diesem Grund weicht das streitgegenständliche Vorhaben von dem Vorbescheidsvorhaben so weit ab, dass eine Bindungswirkung des Vorbescheids vom 16. Oktober 2013 nicht mehr angenommen werden kann. Die Änderungen in dem Baugenehmigungsverfahren haben zur Folge, dass sich die Prüfungsvoraussetzungen in bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Hinsicht geändert haben. Das streitgegenständliche Vorhaben, das ein an drei Grundstücksgrenzen angebautes Rückgebäude beinhaltet, erfordert eine erneute Prüfung im Hinblick auf das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme sowie - aufgrund der veränderten Wand- und Firsthöhen des Vordergebäudes - eine abstandsflächenrechtliche Neubetrachtung, was zum Entfall der Bindungswirkung des Vorbescheids führt (vgl. BayVGH, U.v. 4.11.1996 - 1 B 94.2923 - BayVBl. 1997, 341 f.).

4. Zudem ist vorab festzustellen, dass die eingereichten Planunterlagen vollständig und verständlich sind, sodass sie eine geeignete Grundlage für die Baugenehmigung sein können.

Die in dem Beschluss vom 10. November 2016 - M 8 SN 16.3499 - festgestellte Mängel der Planunterlagen wurden beseitigt.

Durch die Beifügung der Anlage „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ werden die Abstandsflächen entsprechend der Vorgaben der Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO, § 1 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 Nr. 13 BauVorlV dargestellt.

Dies gilt insbesondere für die Abstandsflächen des grenzständigen Rückgebäudes zum Grundstück des Antragstellers (im Plan als „ABSTANDSFLÄCHE RGB 15,15 M²; (6) ANTRAG ABW.AF RGB AUF LI38“ bezeichnet).

Die fehlende Darstellung von Abstandsflächen von den hofseitigen Balkonen ist nicht zu beanstanden, da diese - entgegen des ursprünglichen Bauvorhabens - bei der Bemessung der Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO außer Betracht bleiben. Statt der ursprünglichen Tiefe der Balkone von 1,7 m, sind die Balkone in den Plänen nunmehr mit einer Tiefe von 1,5 m vermasst, sodass die Voraussetzung des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 lit. b BayBO erfüllt ist; auch die übrigen, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO sind gegeben, da der breiteste Balkon mit 3,85 m nicht mehr als ein Drittel der Breite der nördlichen Außenwand (ca. 12,6 m) ausmacht (Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 lit. a BayBO) und der Abstand zum gegenüberliegenden Nachbarn deutlich mehr als 2 m beträgt (Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 lit. c BayBO).

5. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt ist.

5.1 Es entspricht der ganz herrschenden Meinung, dass die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht nachbarschützend sind (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12).

Für die Verletzung von nachbarlichen Rechten kommt es daher vorliegend allein darauf an, ob das Vorhaben die mit dem Gebot des Einfügens (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) geforderte Rücksichtnahme auf den Antragsteller einhält (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12; B.v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris Rn. 4).

Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - juris Rn. 22).

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 23; B .v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 2 CS 15.17 n.v.). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 19.03.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12 m.w.N.). Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B.v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B.v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9; BayVGH B.v. 9.2.2015 - 2 CS 15.17 n.v).

5.2 Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich das streitgegenständliche Vorhaben nicht als rücksichtlos dar.

Zunächst ist festzustellen, dass einer etwaigen Nichteinhaltung der Abstandsflächen keine Indizwirkung hinsichtlich einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots zukommt. Vielmehr gilt eine entsprechende Indizwirkung nur umgekehrt, sodass bei Einhaltung der landesrechtlich geltenden Abstandsflächen regelmäßig die Wahrung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots anzunehmen ist (BayVGH, B.v. 5.11.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 29).

Ein „übergroßer“ Baukörper in unmittelbarer Nähe des Grundstücks des Antragstellers liegt nicht vor.

Die Höhe des geplanten Vordergebäudes (Firsthöhe: 19,15 m) übersteigt die des Gebäudes des Antragstellers (Firsthöhe: 19,7 m) nicht, sodass sich das Vorhaben diesbezüglich in die nähere Umgebung einfügt und nicht als rücksichtlos darstellt.

Hinsichtlich des geplanten Rückgebäudes gilt dies entsprechend, da dieses die Höhe des Rückgebäudes der …-strasse 42 (Wandhöhe ca. 6,65 m) mit 6,20 m unterschreitet.

Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügt sich das Vorhaben in die nähere Umgebung ein. Selbst wenn man die größeren Bebauungstiefen der …-strasse 36 und 44 als nicht maßstabbildend ansehen würde, da die Gebäude …-strasse 38 - 42 sich hiervon strukturell unterscheiden, wird durch die Bebauungstiefe der …-strasse 42 (18 m) der Maßstab für die Gebäude …-strasse 38 und 40 vorgegeben. Abgesehen davon wird von dem Rückgebäude der …-strasse 42 eine Bebauungstiefe von ca. 34 m verwirklicht, da die Bebauungstiefe grundsätzlich von der Erschließungsstrasse her zu ermitteln ist (vgl. § 23 Abs. 4 BauNVO).

Keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist dagegen in der behaupteten Abweichung des Bauvorhabens von der laut Antragsteller vorhandenen geschlossenen Bauweise bis zu einer bestimmten Bebauungstiefe zu sehen. Die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, sind jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. (BVerwG, B.v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 -, juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 -, juris Rn. 4; BVerwG, U.v. 15.12.1994 - 4 C 19/93 -, juris Rn. 17). Dies ist auch im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots zu beachten. Die vom Antragsteller vorgetragene Kombination zweier Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB kann daher kein Maßstab für das Einfügen bzw. das Rücksichtnahmegebot sein.

Auch eine „einmauernde“ Wirkung des Vorhabens auf das Grundstück des Antragstellers besteht nicht.

Hinsichtlich des geplanten Vordergebäudes auf dem Vorhabengrundstück ist anzumerken, dass eine unverbaute, nicht beeinträchtigte Sicht im innerstädtischen Bereich nicht verlangt werden kann. Ein solches Interesse ist wegen der notwendigen Verdichtung zur Schaffung von Wohnraum nicht schützenswert, vgl. § 1a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BauGB. Der Blick vom Grundstück des Antragstellers war zudem nach Westen hin auch bisher schon durch die früheren Gebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück eingeschränkt. Diese Beschränkung dürfte mit der früheren Bebauung auf dem streitgegenständlichen Grundstück wohl sogar größer gewesen sein. Denn neben dem dort befindlichen, früheren Vordergebäude mit gleicher Bebauungstiefe wie das jetzige Vorhaben, war das frühere Rückgebäude entlang der nordwestlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück …-strasse 42 situiert, sodass früher ein fast geschlossener „Riegel“ nach Westen hin bestand. Schließlich überragt das geplante Vordergebäude das Gebäude des Antragstellers mit seiner Höhe trotz der unterschiedlichen Geschosszahl nicht bzw. nicht erheblich (s.o.).

Das streitgegenständliche Vordergebäude ist zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze 6 m tiefer als der dort vorhandene Gebäudeteil des Antragstellers. Von einer einmauernden Wirkung des ebenfalls viergeschossigen, nach Nordosten vorspringenden Gebäudeteils des Antragstellers kann aber nicht ausgegangen werden, da dieser einen Abstand von knapp 7 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze aufweist.

Die Beschränkung der Sicht nach Norden hin durch das Rückgebäude des streitgegenständlichen Grundstücks wird dadurch abgemildert, dass neben dem freien Blick auf das Grundstück mit Fl.Nr. … auch durch das zurückgesetzte Terrassengeschoss des Rückgebäudes die Sicht nach Norden hin erleichtert wird. Die zurückgesetzte Bebauung steht auch angesichts der wohl zulässigen, zweigeschossigen Grenzbebauung im Einklang mit dem Rücksichtnahmegebot. Zudem befindet sich das Rückgebäude in deutlicher Entfernung von der Wohnnutzung auf dem Grundstück des Antragstellers. Gerade für die Bewohner in den oberen Etagen wird das zwei- bzw. eingeschossige Rückgebäude kaum beeinträchtigende Wirkung entfalten.

5.3 Im Übrigen gibt das Rücksichtnahmegebot dem Nachbarn insbesondere nicht das Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung, speziell vor jeglichen Einblicken verschont zu bleiben (vgl. Sächs. OVG, B.v. 23.2.2010 - 1 B 581/09 - juris Rn. 5). Gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten sind im dicht bebauten innerstädtischen Bereich unvermeidlich. Die - auch insoweit gegenseitig - Betroffenen können sich durch das Anbringen von Jalousien oder verspiegelten Fenstern behelfen (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 30).

Gemessen daran liegt auch hinsichtlich vermeintlicher Einsichtnahmemöglichkeiten keine Rücksichtlosigkeit vor. Im nördlichen Teil des Grundstücks des Antragstellers findet sich keine Bebauung, sodass die Einsicht von der Terrasse im ersten Obergeschoss des Rückgebäudes auf das Grundstück des Antragstellers nicht auf Wohnbereiche möglich ist, sondern lediglich auf die Freifläche im rückwärtigen Grundstücksteil des Antragstellers. Die Entfernung von der Terrasse des Rückgebäudes zur Wohnnutzung auf dem Grundstück des Antragstellers ist mit ca. 7 m Luftlinie erheblich; eine dennoch möglicherweise entstehende Beeinträchtigung ist als zumutbar hinzunehmen.

Vom Vordergebäude sind Einsichtmöglichkeiten nicht zu befürchten, da eine Einsicht von den Balkonen ebenfalls nur auf die Freifläche des Grundstücks des Antragstellers möglich sein dürfte; direkt zu dem Grundstück des Antragstellers ausgerichtete Fenster existieren nicht.

6. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte des Antragstellers verstößt (6.2), die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, Art. 59 Satz 1 BayBO (6.1) (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), der Antragsteller sich jedoch hierauf aufgrund der auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsätze von Treu und Glauben nicht berufen kann (6.3).

6.1 Das beantragte Bauvorhaben, das keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt, wurde im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO genehmigt. Da die Beigeladene zum Grundstück des Antragstellers Abweichungen von den Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach Art. 6 BayBO beantragt und die Antragsgegnerin diese gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO in der Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 bzw. mit Nachgangsbescheid vom 8. März 2017 erteilt hat, gehören die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften gem. Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO auch zum Prüfumfang der streitgegenständlichen Baugenehmigung, sodass sie im Rahmen des Nachbarrechtsbehelfes zu prüfen sind (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 - juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 5.11.2015 - 15 B 15.1371 - juris Rn. 15).

6.2 In bauordnungsrechtlicher Hinsicht stellen sich die in der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 erteilten Abweichungen Nummer 4 und 8 bei summarischer Prüfung wohl als rechtswidrig dar.

6.2.1 Der straßenseitige Erker auf dem streitgegenständlichen Grundstück löst gemäß Art. 6 Abs. 1 und Abs. 5 BayBO Abstandsflächen aus, da Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO nicht bei mehrgeschossigen Erkern - wie dem vorliegenden - anwendbar ist. Die nach Osten hin einzuhaltende Abstandsfläche von 11,7 m² (ca. 11,7 m mal 1 m) liegt jedoch mit 8,04 m² (abgegriffen aus der Abstandsflächendarstellung) auf dem Grundstück des Antragstellers, weshalb ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO gegeben ist. Insoweit ist eine rechtmäßige Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erforderlich ist, damit die Baugenehmigung für das Vorhaben gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO erteilt werden darf.

6.2.2 Zwar löst die östliche Außenwand des streitgegenständlichen Rückgebäudes gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen aus, soweit das Gebäude an den Grundstücksgrenzen errichtet ist, da ein Grenzanbau nach der planungsrechtlichen Regelungen des § 34 Abs. 1 BauGB zulässig ist (6.2.2.1). Jedoch fällt für die nach Westen zurückversetzte Außenwand des Terrassengeschosses eine Abstandsfläche zum Grundstück des Antragstellers nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 BayBO an, die entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO nicht vollständig auf dem streitgegenständlichen Grundstück, sondern mit 15,15 m² auf dem Grundstück des Antragstellers liegt (6.2.2.2).

6.2.2.1 Der Grenzanbau ist nach der planungsrechtlichen Regelung des § 34 Abs. 1 BauGB zulässig.

Ob ein Grenzanbau im fraglichen Grundstücksbereich (dem Grunde nach) zulässig ist, beurteilt sich in erster Linie nach dem bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitskriterium der Bauweise, unter Umständen auch nach der überbaubaren Grundstücksfläche (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zur BayBO 2008, LT-Drs. 15/7161, S. 41 und Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 6 Rn. 61, 82 und 83), wobei das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen bei Innenbereichsvorhaben, wenn entsprechende planerische Festsetzungen durch einfachen Bebauungsplan nicht getroffen wurden, gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Maßgabe des Einfügensgebots im Hinblick auf Eigenart der näheren Umgebung zu bestimmen ist.

Selbst wenn vorliegend für die Prüfung des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB ein engerer Umgriff - bestehend aus den drei unmittelbar angrenzenden Grundstücken …-strasse 38, 40 und 42 - herangezogen wird, sind für eine grenzständige rückwärtige Bebauung entsprechende Vorbilder vorhanden. Das westlich benachbarte Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. …, ist im rückwärtigen Bereich mit einem grenzständigen Gebäude mit genehmigter Hauptnutzung im 1. Obergeschoss bebaut, an das sich das streitgegenständige Rückgebäude anschließen soll. Auch das Vorhabengrundstück war zuvor mit einem eingeschossigen, grenzständigen Rückgebäude bebaut, das der Aufenthaltsnutzung diente.

Auch hinsichtlich des Einfügungskriteriums der überbaubaren Grundstücksfläche, die regelmäßig in Bezug auf die jeweilige Erschließungsstraße zu ermitteln ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 - juris Rn. 4), können hier das rückwärtige Bestandsgebäude auf dem Vorhabengrundstück sowie das westlich benachbarte Rückgebäude als Vorbilder herangezogen werden.

6.2.2.2 Die Regelung des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO kommt allerdings nicht zur Anwendung, soweit die Außenwände der von der Grundstücksgrenze zurückversetzten Terrassengeschosse nicht unmittelbar an der Grundstücksgrenze stehen. Vor diesen zurückgesetzten Außenwänden ist eine Abstandsfläche nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO einzuhalten. Dabei berechnet sich die Abstandsfläche nach aktueller Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (B.v. 11.11.2015 - 2 CS 15.1251 - juris Rn. 4) nach der fiktiv nach unten bis zum Schnitt mit der Geländeoberfläche verlängerten Außenwand der Staffelgeschosse und nicht von der Höhe des zurückgesetzten Wandteils ab dem Austrittspunkt aus dem auf die Grundstücksgrenze gebauten Gebäudeteil (so bislang allerdings BayVGH folgend dem B.v. 26.1.2000 - 26 CS 99.2733 - juris mit Blick auf den Rechtsgedanken des Art. 6 Abs. 1 Satz 4 BayBO 1998).

Unter Zugrundlegung der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kommt vor der östlichen Außenwand eine Abstandsfläche mit einer Tiefe von 6,25 m (die fiktive Wandhöhe des Terrassengeschosses) und einer Breite von 5,10 m zu liegen. Von dieser Abstandsfläche von insgesamt 31,88 m² liegen 15,03 m² auf dem streitgegenständlichen Grundstück, 1,70 m² auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, … … (abgegriffen aus der Abstandsflächendarstellung), und 15,15 m² auf dem Grundstück des Antragstellers (abgegriffen aus der Abstandsflächendarstellung).

Die gesetzliche Abstandsfläche liegt daher entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO nicht (vollständig) auf dem eigenen Grundstück, weshalb insoweit eine rechtmäßige Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erforderlich ist, damit die Baugenehmigung für das Vorhaben gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO erteilt werden darf.

6.2.3 Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Die Zulassung einer Abweichung setzt Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Belüftung im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris Rn. 3; B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). Es müssen rechtlich erhebliche Unterschiede vorliegen, die das Vorhaben als einen sich von der Regel unterscheidenden atypischen Fall erscheinen lassen und dadurch eine Abweichung rechtfertigen können (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2014 - 1 B 14.819 - juris Rn. 15; B.v. 11.12.2014 - 15 CS 14.1710 - juris Rn. 19). Diese können sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2014 - 2 ZB 14.2077 - juris Rn. 4; B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung rechtfertigen. Hingegen begründen allein Wünsche eines Eigentümers, sein Grundstück stärker auszunutzen als dies ohnehin schon zulässig wäre, noch keine Atypik, da Modernisierungsmaßnahmen, die nur der Gewinnmaximierung dienen sollen, auch in Ballungsräumen nicht besonders schützenswert sind (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris Rn. 4; B.v. 2.12.2014 - 2 ZB 14.2077 - juris Rn. 3).

Liegt die erforderliche Atypik nicht vor, erweist sich eine trotzdem erteilte Abweichung von der Einhaltung der gesetzlich vorgeschrieben Abstandsflächen von vornherein als rechtswidrig und ist auf eine Nachbarklage hin die Baugenehmigung grundsätzlich aufzuheben (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16).

6.2.4 Eine derartige Sondersituation (Atypik) ist im vorliegenden Fall hinsichtlich der streitgegenständlichen Abweichungen nicht gegeben, sodass die Erteilungen der Abweichungen aus diesem Grund bereits rechtswidrig sind.

6.2.4.1 Hinsichtlich des Erkers ist keine Sondersituation ersichtlich, die eine Abweichung rechtfertigen könnte. Insbesondere liegt straßenseitig ein normaler Grundstückszuschnitt vor. Auch aus der Begründung der Erteilung der Abweichung durch die Antragstellerin geht keine Atypik hervor. Die bloße Nichteinhaltung von Abstandsflächen durch Nachbarn rechtfertigt nicht die Erteilung einer Abweichung. Dies stellt vor allem keine besondere städtebauliche Situation dar. Die Nutzung der Grundstücks durch Bebauung mit einem Wohnhaus ist auch ohne den Erker möglich.

6.2.4.2 Hinsichtlich des Rückgebäudes ist der Grundstückszuschnitt des streitgegenständlichen Grundstücks im Norden zwar grundsätzlich als atypisch zu bezeichnen, da die nordöstliche Grundstücksgrenze zum Grundstück mit Fl.Nr. … nicht rechtwinklig zur nordwestlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. …, und zur nordöstlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers verläuft.

Jedoch ist die Atypik nicht die Ursache, dass die Abstandsfläche nicht eingehalten wird. Der Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO liegt allein in der Kubatur des geplanten Rückgebäudes begründet. Ein einheitlich eingeschossiges Rückgebäude müsste wegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen zum Grundstück des Antragstellers einhalten. Auch ein um weitere ca. 3 m zurückgesetztes Terrassengeschoss würde die Abstandsfläche zum Grundstück des Antragstellers die Abstandsflächen einhalten können.

Eine besondere städtebauliche Situation, die die Erteilung einer Abweichung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich (s.o.).

6.3 Dies führt voraussichtlich gleichwohl nicht zum Erfolg der Anfechtungsklage, da sich der Antragsteller aufgrund des wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) hierauf nicht berufen kann.

Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37; VGH BW, B.v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - juris Rn. 4). Derjenige, der mit seinem Gebäude selbst nicht den erforderlichen Grenzabstand einhält, kann billigerweise nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandsfläche, die er selbst auf dem eigenen Grundstück nicht zur Verfügung hat, auf dem fremden Grundstück frei hält (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37).

Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U.v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 29; VG München, U.v. 30.6.2014 - M 8 K 13.1102 - juris Rn. 54). Maßgeblich ist allein, dass der klagende Nachbar den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, denn die Versagung des Abwehranspruchs beruht darauf, dass es unbillig wäre, einem Nachbarn den durch die grenznahe bauliche Anlage des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren (VG München, B.v. 12.8.2016 - M 8 SN 16.2967 -, juris Rn. 48).

Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U.v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U.v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43).

Hier verstößt der Antragsteller selbst in erheblichem Umfang gegen die Abstandsflächenvorgaben des Art. 6 BayBO.

Dies betrifft zunächst die Abstandsfläche, die von dem straßenseitigen Erker des Gebäudes des Antragstellers ausgelöst wird. Da dieser viergeschossig ist, ist Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO nicht anzuwenden, sodass Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 1 und Abs. 4 BayBO einzuhalten sind. Wie aus der „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ ersichtlich wird, liegt ein Teil der einzuhaltenden Abstandsfläche, 10,12 m², entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem streitgegenständlichen Grundstück.

Zudem muss der rückwärtige Gebäudevorsprung des Antragstellers Abstandsflächen einhalten. Wie aus der „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ ersichtlich wird, liegt ein Teil der einzuhaltenden Abstandsfläche, 29,40 m², m², entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem streitgegenständlichen Grundstück der Beigeladenen.

Bei wertender Betrachtung stellen sich die Verstöße der Abstandsflächenvorschriften durch den Antragsteller im Vergleich zu den Verstößen durch das streitgegenständliche Bauvorhaben der Beigeladenen zumindest als gleichwertig, wenn nicht sogar als schwerwiegender dar, sodass die Forderung des Antragstellers auf Einhaltung der Abstandsflächen unbillig ist.

Während sich die Verstöße hinsichtlich der jeweiligen straßenseitigen Erker noch als gleichwertig darstellen (8,04 m² bzw. 10,12 m²), ist der Verstoß durch den nordöstlichen Gebäudevorsprung des Antragstellers mit 29,40 m² gegenüber dem Verstoß durch das geplante Rückgebäude mit 15,15 m² fast doppelt so groß. Erschwerend kommt hinzu, dass die Abstandsfläche durch das Rückgebäude zudem auf einem unbebauten Teil des Grundstücks des Antragstellers, deutlich entfernt von der Wohnnutzung im Gebäude des Antragstellers, liegt, wohingegen die Abstandsfläche des Gebäudevorsprungs des Antragstellers - bisher und auch nach dem geplanten Vorhaben - unmittelbar die Wohnnutzung betrifft (vgl. Abstandsflächendarstellung). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die geplanten hofseitigen Terrassen im 4. Obergeschoss und im Dachgeschoss des Vordergebäudes auf dem Vorhabengrundstück, die Belichtungsbeschränkungen unterliegen.

Schlechterdings untragbare, als Missstand zu qualifizierende Verhältnisse entstehen dadurch, dass dem Antragsteller die Möglichkeit sich auf die Abstandsflächenverstöße des Beigeladenen zu berufen verwehrt wird, nicht. Von den Verstößen ist die besonders schützenswerte Wohnnutzung nicht bzw. kaum betroffen.

6.4 Das Vordergebäude des Bauvorhabens hat dagegen wegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen zum Grundstück des Antragstellers einzuhalten.

Die Beigeladene darf nach planungsrechtlichen Vorschriften - hier nach § 34 Abs. 1 BauGB - an die Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers bauen, da in der näheren Umgebung Vorbilder für eine geschlossene Bauweise vorhanden sind und sich deshalb das Bauvorhaben mit Grenzanbau im Osten in die nähere Umgebung einfügt.

Als Vorbild ist hierbei zunächst das Rückgebäude auf dem Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. … zu nennen. Hier erfolgt ein Grenzanbau sogar an drei Grundstücksgrenzen im Westen, Norden und Osten. Auch auf dem Vorhabengrundstück war das frühere Rückgebäude auf zwei Seiten (Westen und Norden) grenzständig errichtet worden. Zudem wurde auch das frühere Vordergebäude des Vorhabengrundstücks an zwei Seiten, im Westen vollständig, im Osten überwiegend, grenzständig errichtet.

Wegen dieser Vorbilder ist es unschädlich, dass die (Vorder-)Gebäude auf beiden, im Westen und Osten zum Vorhabengrundstück benachbarten Grundstücken nur einseitig grenzständig bebaut sind. Denn eine einheitliche Bauweise hinsichtlich Baugrenzen und Bebauungstiefen besteht ersichtlich nicht. Lediglich die festgesetzte, vordere Baulinie ist einheitlich, wobei sich auch diesbezüglich faktische Unterschiede bei den drei benachbarten Grundstücken ergeben. Somit fügt sich ein Grenzanbau in die nähere Umgebung ein.

7. Mangels Rechtsverletzung des Antragstellers durch die streitgegenständliche Baugenehmigung war den Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Es entspricht billigem Ermessen im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Am 24. Januar 2013 stellte die Klägerin einen Bauantrag für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück …straße, Fl.Nr. …, Gemarkung … Geplant war im rückwärtigen Grundstücksbereich der ehemals einheitlichen Fl.Nr. … ein Einfamilienhaus mit Erd- und ausgebautem Dachgeschoss mit einer Grundfläche von 11,40 mx 8,50 m und einem 1 mtiefen und 5,70 mbreiten Erker an der Nord-West-Seite des Gebäudes. Die Wandhöhe sollte 3,60 mbetragen, die Firsthöhe des Walmdaches 7,80 m; Gauben waren an der Ost- und Westseite vorgesehen.

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu).

Dem Bauantrag vom 24. Januar 2013 war ein Bauantrag vom 12. April 2012 vorangegangen, bei dem im vorderen straßenseitigen Bereich ein Doppelhaus und im rückwärtigen Bereich ein Einfamilienhaus vorgesehen war. Nachdem das Einfamilienhaus im rückwärtigen Bereich per Handeintrag aus den, dem Bauantrag vom 12. April 2012 zugrunde liegenden Plänen gestrichen worden war, wurde der Bauantrag vom 12. April 2012 mit Bescheid vom … August 2012 nach Plan-Nr. … in Form des straßenseitigen Doppelhauses mit E + 1 + Dgenehmigt.

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu).

Das mit Bescheid vom … August 2012 genehmigte Gebäude ist bereits nahezu fertig gestellt.

Mit Bescheid vom … April 2013 lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 24. Januar 2013 nach Plan-Nr. … ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Das Vorhaben sei nach § 34 BauGB unzulässig, da im Geviert …straße/… Straße/… Straße die Gebäude im vorderen Grundstücksbereich stehen würden und eine eindeutige Vorgartenzone sowie einen rückwärtigen, mit Bäumen bestandenen Gartenbereich bildeten, der nicht bebaut sei. Die Gebäude in der Blockmitte stünden alle in einem gleichmäßigen Abstand von rund 40 mzur …straße und rund 50 mvon der Parallel Straße entfernt. Sie bildeten eindeutig definierte Westgärten mit Ausnahme des Doppelhauses …str. 2 a/b. Somit sei eine eindeutige städtebauliche Struktur mit einer dreireihigen Bebauung in dem für die Beurteilung maßgeblichen Quartier vorgegeben. Das streitgegenständliche Gebäude würde, von der …straße aus gesehen, eine weitere Baureihe zwischen der Bebauung eröffnen, die sich in der Mitte des Quartiers nach einheitlichem Maßstab entlang von Eigentümerwegen gebildet habe, weshalb sie sich in dieser Form und Situierung nicht in die vorhandene Umgebungsbebauung einfüge. Dies führe bezogen auf die relativ vergleichbaren Grundstücke zudem zu einer völlig neuen Dichtestruktur im Verhältnis von Freifläche zur überbauter Grundfläche. Das beantragte Vorhaben würde zu städtebaulichen Spannungen führen, da es in der für eine derartige neue Zeile offenen Umgebung eine erhebliche Bezugsfallwirkung auslösen würde. Es könnte dann nämlich auf nahezu allen Grundstücken des Quartiers eine zusätzliche Baureihe eröffnet werden. Das relativ gleichmäßige Verhältnis von bebauter zu unverbauter Fläche, das in dem Bauquartier anzutreffen sei, würde sich bei Zulassung einer weiteren Baureihe - die sich entsprechend auch im Westen des Quartiers entwickeln könnte - nahezu verdoppeln. Es sei aber anerkannt, dass zum Einfügen nach dem Maß der Nutzung auch der Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen bedeckt sein könne, als städtebaulich relevantes Kriterium in den Blick zu nehmen sei. Danach sprenge das Vorhaben den vorgegebenen städtebaulichen Rahmen und widerspreche damit den Anforderungen aus § 34 Abs. 1 BauGB.

Der Bescheid vom … April 2013 wurde der Klägerin am 27. April 2013 zugestellt.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 14. Mai 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage gegen den Bescheid vom … April 2013.

Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2013 beantragten sie, den Bescheid vom … April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Aus der Fl.Nr. … sei die jetzt streitgegenständliche Fl.Nr. … herausgemessen worden. Ursprünglich habe ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage gebaut werden sollen. Da die Beklagte ihre ursprünglich positive Haltung bezüglich eines Mehrfamilienhauses nicht aufrechterhalten habe, sei der Bauantrag vom 12. April 2012 gestellt worden, bei dem die Beklagte ebenfalls ihre anfänglich positive Einstellung geändert habe, weshalb das Einfamilienhaus im rückwärtigen Bereich abgestrichen worden sei. Die Vorgeschichte mache deutlich, dass die Klägerin Grund zur Annahme einer höheren baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks gehabt habe. Das Bauvorhaben füge sich nach Art, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche ein; hinsichtlich des Maßes sei § 16 Abs. 2 BauNVO im Innenbereich nur eine Auslegungshilfe. Auch die gegenüberliegende Seite der …straße sei als maßstabsbildend heranzuziehen. Das für das Einfügen auch maßgebliche Kriterium des Verhältnisses Freifläche zu bebauter Fläche habe die Beklagte in unzutreffender Weise zur Anwendung gebracht. Die Maßflächenzahl des § 16 Abs. 2 BauNVO habe sie rechtsatzartig herangezogen. Bezugsfälle existierten auf den Fl.Nrn. …, … und … Die Grundflächenzahl auf der Fl.Nr. … liege bei 0,226, bei den Fl.Nrn. … und … bei rund 0,221 und 0,245. Insoweit handele es sich bei der Grundflächenzahl auf dem streitgegenständlichen Grundstück mit 0,275 um eine maßvolle Überschreitung, die das Einfügen nicht hindere. Das Bauvorhaben löse auch keine städtebaulichen Spannungen aus, da - ausgehend von den Fl.Nrn. …, … und … - bereits ostseitig eine dreireihige Bebauung angelegt sei. In Zusammenschau mit der Fl.Nr. … (…str. 36) ergebe sich bereits hier eine vierreihige Ost-West-Beziehung. Die Bebauung auf den Fl.Nrn. … und … (…str. 2 a + 2 b) bestehe bereits seit den 90er-Jahren.

Mit Schriftsatz vom 25. April 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurden die Ausführungen hinsichtlich des Nichteinfügens des streitgegenständlichen Vorhabens nach dem Verhältnis von Freifläche zu bebauter Fläche vertieft. Die Bebauung östlich der …straße sei nicht prägend, da dadurch der bodenrechtliche Charakter des streitgegenständlichen Grundstücks nicht mehr beeinflusst werde. Der maßgebliche Umgriff sei bei der überbaubaren Grundstücksfläche enger zu begrenzen (BayVGH, U. v. 7.3.2011 - 1 B 10.3035). Die Beklagte wende die Regelungen der Baunutzungsverordnung nicht gleichsam rechtssatzartig an. Vielmehr trete das Verhältnis der bebauten zur unbebauten Fläche als Bezugsgröße für das zulässige Maß der Nutzung vorliegend ganz offensichtlich nach außen in Erscheinung. Das Verhältnis der bebauten zur unbebauten Fläche sei bei einer sehr homogenen Bebauungsstruktur, die den Charakter der Einheitlichkeit vermittele - wie vorliegend - nicht nur eine rechnerische Größe, sondern optisch anhand der Gegebenheiten klar ablesbar (BVerwG, U. v. 23.3.1994 - 4 C 18/92; VG München, B. v. 17.1.2012 - M 8 SN 11.5597). Da die durch das Vorhaben bedingte Veränderung dieses Verhältnisses in der maßgeblichen Umgebung auch kein Vorbild finde, füge sich das Vorhaben im Ergebnis nicht ein. Städtebauliche Spannungen seien hier geradezu absehbar, da bei einer Realisierung des Vorhabens eine gänzlich neue Dichtestruktur im Geviert entstünde. Eine fünfte Baureihe entstünde in der Folge möglicherweise auch in den Ostgärten der Bebauung entlang der …straße. Bei nahezu allen Grundstücken im Geviert werde man jedenfalls davon ausgehen müssen, dass rein praktisch eine rückwärtige Bebauung realisierbar wäre. Die als Bezugsfall benannten Grundstücke …str. 2 a/b (Fl.Nrn. … + …) seien nicht vergleichbar, da sie mit einem Doppelhaus bebaut seien, das ursprünglich auf einer ungeteilten Fl.Nr. … errichtet worden sei. Die dortige Bebauung datiere bereits aus den späten 50er-Jahren und sei zunächst als Einfamilienhaus genehmigt und realisiert sowie in der Folge sukzessive erweitert worden. Zwischen 1993 und 1995 habe ein weiterer Um- und Ausbau stattgefunden und es sei die Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz erfolgt. Da das ursprüngliche Grundstück Fl.Nr. … nach der Fertigstellung der Umbaumaßnahmen geteilt worden sei, sei durch das einheitlich wirkende Doppelhaus keine vierte Baureihe entstanden. Hinzukomme, dass das Doppelhaus …str. … seiner Kubatur nach auch nicht mit dem Vorhaben der Klägerin vergleichbar sei. Durch den geplanten grenzständigen Anbau der Garage auf dem Vorhabengrundstück, sowie dem unmittelbaren Anbau des Einfamilienhauses an diese Garage entstünde eine viel massiver wirkende Bebauung, als auf den Grundstücken …str. … Auch wenn durch die Teilung des Grundstücks Fl.Nr. … zwei Grundstücke entstanden seien, die ihrer Größe nach jeweils kleiner sind als die sonst im Geviert vorherrschenden Grundstücksgrößen, seien diese Einzelgrundstücke jedoch noch erheblich größer als das nun zu bebauende Grundstück sowie das Vorderliegergrundstück Fl.Nr. …, so dass jedenfalls hier schon keine Vergleichbarkeit gegeben sei. Hinzu komme, dass bei der Bestimmung des Verhältnisses der überbauten Fläche zur Freifläche auch nicht auf die jeweiligen Grundstücksgrenzen Rücksicht zu nehmen sei.

Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2014 vertieften die Bevollmächtigten der Klägerin ihren bisherigen Vortrag im Hinblick auf den Schriftsatz der Beklagten vom 25. April 2014.

Das Gericht hat am 30. Juni 2014 einen Augenschein durchgeführt. Hinsichtlich der hierbei getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll des Augenscheins ebenso verwiesen wie auf die anschließende mündliche Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie den eingereichten Plan und das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung zu, da das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (§ 113 Abs. 1 VwGO, Art. 59 Abs. 1 BayBO).

1. Planungsrechtlich richtet sich das Vorhaben nach § 30 Abs. 3 i. V. m. § 34 Abs. 1 BauGB, da im gesamten Quartier …straße/… Straße/…straße/… Straße straßenseitig eine Baugrenze festgesetzt ist, zu der das Vorhaben nicht in Widerspruch steht.

Dementsprechend richtet sich die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Einfamilienhauses im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB.

1.1 Sowohl der Art als auch der Bauweise nach fügt sich das geplante Vorhaben unstreitig in die ausschließlich von Wohnnutzung in offener Bauweise geprägte Umgebung ein (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO).

1.2 Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche bestehen keine Bedenken, da sich das Vorhaben insoweit in die maßgebliche Umgebung einfügt.

1.2.1 Als „maßgebliche nähere Umgebung“ ist dabei der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder beeinflusst (BVerwG v. 26.5.1978, BauR 1978, S. 276; BVerwG v. 28.8.1998, NVwZ-RR 1999, S. 105; BVerwG v. 11.2.2000, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 197; BVerwG v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris). Zwar ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführte Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann. So ist bei der überbaubaren Grundstücksfläche der maßgebliche Bereich in der Regel (deutlich) enger zu begrenzen, als bei der Art der baulichen Nutzung, weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksflächen maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen (deutlich) weniger weit reicht, als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung; dies kann im Einzelfall dazu führen, dass hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nur wenige Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden (BayVGH v. 7.3.2011 - 1 B 10.3053 - juris).

Aufgrund der weitgehend homogenen Bebauungsstruktur im Quartier …straße/… Straße/…straße/… Straße stellt dieses den für das Bauvorhaben maßgeblichen Bereich in Bezug auf die in Frage stehenden Einfügenskriterien des § 34 BauGB dar.

In diesem Quartier finden sich fraglos Bebauungstiefen, die weit über die des streitgegenständlichen Vorhabens hinausgehen, da die Bebauungstiefe von der Erschließungs Straße aus zu ermitteln ist, weshalb die Bebauungstiefen der …str. … und 8 sowie 14 und 16 deutlich größer sind als die des streitgegenständlichen Vorhabens. Die im Ver-fahren diskutierte Frage einer weiteren (vierten) Baureihe ist für das Kriterium der „überbaubaren Grundstücksfläche“ bzw. „Bebauungstiefe“ daher irrelevant.

1.3 Allerdings fügt sich das Vorhaben nicht nach dem Maß der baulichen Nutzung in seine - maßgebliche - Umgebung ein.

1.3.1 Auch hinsichtlich des im Rahmen des Maßes der baulichen Nutzung zu prüfenden Verhältnisses von Freifläche zu bebauter Fläche ist nach den oben dargestellten Kriterien der Rechtsprechung zur maßgeblichen näheren Umgebung ausschließlich auf das Quartier …straße/… Straße/…straße/… Straße abzustellen.

Dies bedingt zum einen die weitgehend homogene Bebauungsstruktur in diesem Geviert; zum anderen hat die Prägung hinsichtlich der Freifläche zu bebauter Fläche - ähnlich wie die Bebauungstiefe - einen Lagebezug und somit vor allem einen Bezug in das Quartiersinnere, da sich die Freiflächen - in der Regel - im rückwärtigen, straßenabgewandten Bereich der Grundstücke befinden.

1.3.2 Im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB ist in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen, weshalb bei offener Bebauung auch deren Verhältnis zur umgebenden Freifläche als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung relevant ist (BVerwG v. 23.3.1994 - 4 C 18/92, NVwZ 1994, 1006, v. 14.3. 2013 - 4 B 49/12 und v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 -, jeweils juris). Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der BauNVO zwar nicht ausgeschlossen - sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind (BVerwG v. 14.3.2013, a. a. O.). Entgegen der Ansicht der Klagepartei manifestiert sich das Verhältnis bebauter Fläche zur Freifläche im maßgeblichen Quartier weniger im Rahmen der Maßzahlen entsprechend § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern vor allem dadurch, wie diese Bezugsgrößen nach außen hin deutlich in Erscheinung treten. Vorliegend zeichnet sich die maßgebliche Umgebung des Bauvorhabens durch eine eher kleinteilige Bebauung mit relativ einheitlichen Grundstücksgrößen aus, auch wenn die an die Straße angrenzenden Grundstücke eher rechteckig und die im Quartiersinneren liegenden Grundstücke quadratisch sind. Diese doch recht deutlich hervortretende Einheitlichkeit wird lediglich - nach dem Lageplan - durch die Grundstücke …str. … und … durchbrochen. Lässt man allerdings die in der Natur nicht erkennbare Grundstücksgrenze - die durch das als Einheit wirkende Gebäude …str. … verläuft - außer Betracht, fügen sich die in der Natur als Einheit wirkenden Fl.Nrn. … … und … optisch in die im Übrigen gegebene einheitliche Struktur ein.

Aus dieser einheitlichen Struktur bricht das Bauvorhaben nach außen deutlich wahrnehmbar aus. Als Freifläche verbleiben praktisch nur die Grundstücksbereiche, auf die die notwendigen Abstandsflächen fallen. Eine solche Situation findet sich offensichtlich auf keinem der übrigen Grundstücke im Quartier. Das Gleiche gilt, wenn man die Bebauung auf der ehemaligen Fl.Nr. … (nunmehr: Fl.Nrn. … und …) insgesamt in den Blick nimmt. Zwar wird in diesem Fall das Verhältnis bebauter Fläche zu Freifläche durch die freizuhaltende Vorgartenzone zugunsten der Freifläche entlastet; im Übrigen verbleibt es aber im Wesentlichen dabei, dass die Freifläche nur aus den Bereichen generiert wird, auf denen die notwendigen Abstandsflächen zu liegen kommen, wobei dieser Bereich auf der Nordseite des Vordergebäudes …str. … als Zufahrts Weg zu den zwischen den Gebäuden liegenden Garagen auch noch die entsprechende Versiegelung aufweist.

Insoweit kann entgegen der Ansicht der Klagepartei keine Rede davon sein, dass die Beklagte bei der Prüfung des als Teilaspekt des Maßes der baulichen Nutzung zu prüfenden Verhältnisses von bebauter Fläche zu Freifläche lediglich die rechnerischen Bezugsgrößen der Baunutzungsverordnung zugrunde gelegt hat. Vielmehr ist auch ohne die Anstrengung rechnerischer Ermittlung des Verhältnisses von bebauter Fläche zu verbleibender Freifläche offensichtlich, dass sich das klägerische Vorhaben in Bezug auf dieses Kriterium nicht in die maßgebliche Umgebung einzufügen vermag. Das grobe Missverhältnis der bebauten Fläche zur umgebenden Freifläche ist sowohl bei isolierter Betrachtung der - neuen - Fl.Nr. … als auch der gesamten Bebauung der ehemaligen Fl.Nr. … augenfällig, die Beispiellosigkeit im maßgeblichen Geviert tritt klar zu Tage.

1.4 Aufgrund der massiven baulichen Verdichtung unter Verlust von Freiflächen kann dem Vorhaben auch eine unerwünschte Vorbildwirkung und die damit verbundene Erzeugung von bodenrechtlichen Spannungen durch die - hierdurch eröffnete - mögliche Nachverdichtung in der maßgeblichen Umgebung nicht abgesprochen werden. Eine entsprechende bauliche Ausnutzung wie auf dem klägerischen Grundstück käme im Falle der Verwirklichung des Vorhabens auf einer Vielzahl anderer Grundstücke im Geviert in Betracht. Die Beklagte könnte in diesem Fall entsprechenden Bauwünschen nicht mehr entgegentreten, weshalb durch das streitgegenständliche Bauvorhaben die Einleitung einer massiven Nachverdichtung zu befürchten ist.

2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Der Bescheid vom 14. Juni 2016 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 23. Februar 2016, Plan-Nr. … zu genehmigen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin stellte am 23. Februar 2016 einen Bauantrag für das Grundstück …str. 9, Fl.Nr. … für den Neubau von zwei Doppelhäusern mit Garagen nach Plan-Nr. … Geplant sind hiernach jeweils zwei Doppelhäuser mit Erd-, einem Ober- und einem ausgebauten Dachgeschoss unter einem Walmdach mit einer Grundfläche von 11,00 m x 12,00 m (Haus 1 und 2 - im östlichen Grundstücksbereich) und 11,00 m x 11,00 m (Haus 3 und 4 - im nordwestlichen Grundstücksbereich). Die Wandhöhen betragen bei beiden Doppelhäusern 5,70 m; die Firsthöhen liegen bei 9,70 m. Die Dachneigung im unteren Bereich des Walmdachs beträgt 45 Grad, im oberen Bereich 24 Grad. Beide Häuser verfügen auf der West- und Ost-Seite über jeweils eine Gaube mit den Maßen 2,22 m x 1,76 m (Höhe) und an der Süd- und Nordseite jeweils über je zwei Dachliegefenster. Weiterhin soll jedes Doppelhaus zwei Balkone im 1. Obergeschoss mit einer Länge von 4,50 m erhalten. Zwischen den Gebäuden befinden sich drei Garagen.

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit Bescheid vom 14. Juni 2016, der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 16. Juni 2016 zugestellt, lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 23. Februar 2016 ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bauvorhaben nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen sei. Die maßgebliche Umgebung befinde sich westlich der …straße, nördlich der …straße, östlich der …straße und südlich der … Straße (Geviert). Das Bauvor-haben füge sich nicht nach § 34 BauGB in die nähere Umgebung, die bislang durch ein sehr homogenes Verhältnis der bebauten Flächen zu den sie umgebenden Freiflächen gekennzeichnet sei. Durch das Bauvorhaben und die damit einhergehende Kombination von Vorder- und Rückgebäude würde eine neue bauliche Dichtestruktur entstehen, die das bislang vorhandene Nutzungsmaß städtebaulich nicht hinnehmbar überschreite, dies schon weil die Bauaufsichtsbehörde dann vergleichbaren Bauvorhaben nicht mehr entgegentreten könnte.

Mit einem am 7. Juli 2016 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 5. Juli 2016 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage mit dem Antrag:

Die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14. Juni 2016 zu verpflichten, den Bauantrag der Klägerin vom 23. Februar 2016 nach Plan-Nr. … zu genehmigen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

In dem als maßgebliche Umgebung anzunehmenden Geviert existiere nur eine vordere Baulinie, weshalb Rückgebäude zulässig seien, soweit dafür die Bauordnung keine anderen Festsetzungen getroffen habe. Das Vorhabegrundstück werde daher auch durch die Gebäude …str. 3 und 5 geprägt. Das Vorhaben entspräche der hier verwirklichten Bebauungstiefe. Im maßgeblichen Geviert seien deutlich unterschiedliche Kubaturen wahrnehmbar; auch die Grundstücksgrößen im Geviert seien sehr unterschiedlich. Bei derartig inhomogenen örtlichen Verhältnissen sei notwendiger Weise der entsprechende Umgebungsrahmen für das Einfügungskriterium des Verhältnisses der bebauten Fläche zur Freifläche weit. Dieses Verhältnis sei bei der Bebauung ab den Grundstücken …str. 25/ …str. 56 in Richtung Norden und der Bebauung nördlich der …straße zwischen …straße und …straße dem des Bauvorhabens vergleichbar.

Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen der im Bescheid vom 14. Juni 2016 eingenommene Standpunkt vertieft. Die Gebäude auf den Fl.Nrn. … und … seien als Ausreißer zu betrachten und kein Vorbild für die beim Bauvorhaben beabsichtigte Bebauungstiefe.

Mit Schriftsatz vom 18. August 2017 wiesen die Bevollmächtigten der Klägerin auf Folgendes hin:

Die Beklagte habe erst vor wenigen Wochen auf dem Grundstück …str. 5 Fl.Nr. … im vorderen Grundstücksbereich die Errichtung eines Dreispänners genehmigt.

Aufgrund einer entsprechenden Anforderung des Gerichts legte die Beklagte die Behördenakten der …str. 5 und 29 sowie der …str. 60, 62 und 64 sowie einen Auszug aus dem Lageplan mit der Neuaufteilung des Grundstücks Fl.Nr. … mit Einzeichnung des genehmigten Dreispänners auf den neugebildeten Fl.Nrn. …, … und … vor.

Das Gericht hat am 9. Oktober 2017 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie dessen Umgebung erhoben.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Augenscheins und der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf die entsprechende Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg, da der Klägerin ein Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung zusteht, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich im Hinblick auf das übergeleitete Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

1.1 Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das Vorhaben ist die nähere Umgebung. Berücksichtigt werden muss hier die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstückes prägt oder doch beeinflusst. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und sich andererseits diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 m.w.N.). Daraus folgt, dass nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft des Baugrundstücks zu berücksichtigen ist, sondern auch die Bebauung der Umgebung insoweit berücksichtigt werden muss, als auch diese noch prägend auf das Baugrundstück wirkt (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 119. EL, 11/2015, § 34 Rn. 36). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. In der Regel gilt bei einem, inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (BayVGH, B.v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4; U.v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris Rn. 25; U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 und U.v. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris Rn. 20).

Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172.97, NVwZ-RR 1998, 539; BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (BayVGH, B.v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 - juris Rn. 21 m.w.N.). Entscheidend bleiben in jedem Fall die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall (vgl. OVG NRW, U.v. 1.3.2017 - 2 A 46/16 - juris Rn. 35 m.w.N.).

Danach ist vorliegend, wovon auch die Klägerin und die Beklagte ausgehen, dass Quartier …str. …str. …str. … Str. der maßgebliche Bereich mit gegenseitigen Prägung.

1.2 In diesen Bereich fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben mit zwei Doppelhäusern nach der Art und der Bauweise unproblematisch ein, da dieser Bereich von Wohnnutzung und einer offenen Bauweise geprägt ist. Im Hinblick auf das Einfügen steht zwischen den Beteiligten die Frage des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche und dem Maß der baulichen Nutzung in Frage.

1.2.1 Der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendete Begriff der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, umfasst sowohl die konkrete Größe der Grund-fläche der baulichen Anlage, als auch ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1987 - 4 B 60/87 - juris Rn. 2; B.v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 - juris Rn. 4). Damit werden an das Tatbestand:smerkmal der „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ Anforderungen an die räumliche Lage des Baukörpers auf dem Grundstück gestellt, bei denen zu prüfen ist, ob sich aus der als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Umgebungsbebauung Beschränkungen in Form von faktischen Baulinien oder Baugrenzen entnehmen lassen, die bei der Verwirklichung des Bauvorhabens zu beachten sind.

Eine entsprechende Bebauungstiefe, wie das Vorhaben sie in Anspruch nimmt, sind sowohl bei den Bestandsgebäude …str. 5 als auch bei dem Gebäude …str. 3 vorzufinden. Die vom Bauvorhaben verwirklichte Bebauungstiefe, die grundsätzlich von der Erschließungs Straße her zu beurteilen ist (vgl. VG München U.v. 3.4.2017 - M 8 K 15.5546 - juris Rn. 35; B.v. 6.4.2017 - M 8 SN 17.676 - juris Rn. 76 mit Verweis auf § 23 Abs. 4 BauNVO), beträgt beim Bauvorhaben 39 m unter Berücksichtigung des westlichen Erkers an Haus 4 (ohne 37,80 m) - abgriffen aus dem Grundrissplan des Erdgeschosses. Die Bebauungstiefe des Gebäudes …str. 5 beträgt 39,00 m, die des Gebäudes …str. 3 44,00 m, da der eingeschossige rückwärtige Anbau an diesem Gebäude - wie beim Augenschein festzustellen war - ebenfalls wohngenutzt ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese beiden Gebäude auch nicht als sogenannte Ausreißer ohne Vorbildwirkung anzusehen. Bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung sind grundsätzlich solche baulichen Anlagen auszusondern, die von ihren quantitativen Erscheinungsbild her nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, sowie solche, die von ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen und deshalb als Fremdkörper erscheinen (vgl. OVG NRW, U.v. 1.3.2017 - 2 A 46/16 - juris Rn. 39 f. m.w.N.). Die genannten Voraussetzungen treffen auf die Gebäude …str. 3 und 5 nicht zu. Es handelt sich hierbei nicht um untergeordnete bauliche Anlagen, denen die Fähigkeit zur Prägung der Umgebung abzusprechen wäre. Vielmehr befinden sich beide Gebäude auf relativ großen Grundstücken, sodass sie durchaus augenfällig in Erscheinung treten. Sie weichen auch nicht von den, auf den übrigen Grundstücken verwirklichten Gebäudegrößen in einem Maß ab, das es erlauben würde, ihnen eine prägende Wirkung abzusprechen. Dementsprechend fallen sie auch keinesfalls völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung.

Entgegen der Ansicht der Beklagten spielt hinsichtlich des Parameters Bebauungstiefe die Frage, in welcher Baureihe das Gebäude steht, keine Rolle. Die Anzahl der Baureihen ist weder ein eigenständiger Parameter des § 34 Abs. 1 BauGB noch ein Kriterium in der rein rechnerisch zu ermittelnden Bebauungstiefe (ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts vgl. insoweit U.v. 30.6.2014 - M 8 K 13.2180 - juris.).

1.3 Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung finden sich in der näheren Umgebung zweifellos weitere Gebäude mit einer vergleichbaren Gesamtkubatur, insbesondere die Gebäude …straße 7,11/13, 15/17, …str. 14, 16/16a, 18, …str. 46/46a, 52 und 52a und 54 und 54a.

Im Übrigen wird das Maß der baulichen Nutzung in Hinblick auf die Kubatur der beiden Einzelgebäude von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt.

1.3.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zum Tatbestandsmerkmal des „Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung“ bei offener Bebauung auch das Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche zu den Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, B.v. 14.3.2012 - 4 B 49/12 - juris; B.v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris Rn. 3 m.w.N.; VG München, in st. Rspr. 8. Kammer, U.v. 28.9.2015 - M 8 K 14.3006 - juris Rn. 23; U.v. 11.4.2016 - M 8 K 15.31603; U.v. 18.4.2016 - M 8 K 15.1531; U.v. 10.10.2016 - M 8 K 15.4275 - juris Rn. 21 m.w.N.).

Einschließlich der Auswertung der vom Gericht angeforderten Bauakten der …str. 5 und 29 sowie …str. 60, 62 und 64 ergeben sich im Quartier für die dichter bebauten Grundstücke folgende Verhältniszahlen in Hinblick auf die mit Hauptgebäuden bebauten Flächen und Freiflächen bzw. nicht mit Hauptgebäuden bebaute Flächen.

Das Bauvorhaben weist insoweit eine Verhältniszahl von 0,25 auf. Die …str. 1 die Verhältniszahl 0,20, die …str. 14 0,26, die …str. 16 0,22 und die …str. 18 ebenfalls 0,22. Bei dem Grundstück …str. 5 ergibt sich für das Bestandsgrundstück nach Grundstücksteilung - hier wurden die Fl.Nr. …, …, … für den Dreispänner und … für ein eigenständiges Garagengrundstück abgetrennt - eine Verhältniszahl von 0,15. Nach den vorgelegten Unterlagen ergibt sich allerdings für den genehmigten Dreisteller, dessen Errichtung nach den Feststellungen beim Augenschein offensichtlich unmittelbar bevorsteht, eine Verhältniszahl von 0,30. Weiterhin weisen die …str. 27/29 und die …str. 60 ein Verhältnis von 0,20, die …str. 62 von 0,30 und die …str. 64 0,28 auf. Damit liegt das Vorhaben auch in seinem Verhältnis von mit Hauptgebäuden bebauter Fläche im Verhältnis zu der Fläche der nicht mit Hauptgebäuden bebaut ist, im Rahmen der Umgebungsbebauung. Abgesehen davon, dass bereits der Bestand in der …str. 14 und in der …str. 62 und 64 eine höhere Verhältniszahl aufweisen als das Bauvorhaben, tritt dieses auch im Hinblick auf die Verhältniszahlen der …str. 16 und 18 nicht rahmensprengend in Erscheinung. Hierbei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB naturgemäß gröber ist als strenge mathematische Berechnungen nach der Baunutzungsverordnung, da es in Hinblick auf die Frage des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB auf die nach außen wahrnehmbare Erscheinung ankommt. Unterschiede im Verhältnis der mit Hauptgebäuden bebauten Flächen zu den von diesen Hauptgebäuden freien Flächen im niedrigen 100stel Bereich treten aber nach außen nicht wahrnehmbar in Erscheinung. Insoweit kommt es letztlich nicht mehr auf das genehmigte Neubauvorhaben …str. 5 mit einer Verhältniszahl von 0,30 an, abgesehen davon, dass diese Genehmigung ein Indiz dafür ist, dass auch die Beklagte Verhältniszahlen von 0,25 bis 0,30 in der maßgeblichen Umgebung für unbedenklich hält.

2. Da dem Vorhaben weder sonstige planungsrechtliche noch bauordnungsrechtliche Vorschriften - und zwar weder im Prüfprogramm enthaltene noch als Gründe nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO zur Ablehnung berechtigende - entgegenstehen, war die Beklagte mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die streitgegenständliche Baugenehmigung zu erteilen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.