Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Bescheid vom 14. Juni 2016 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 23. Februar 2016, Plan-Nr. … zu genehmigen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin stellte am 23. Februar 2016 einen Bauantrag für das Grundstück …str. 9, Fl.Nr. … für den Neubau von zwei Doppelhäusern mit Garagen nach Plan-Nr. … Geplant sind hiernach jeweils zwei Doppelhäuser mit Erd-, einem Ober- und einem ausgebauten Dachgeschoss unter einem Walmdach mit einer Grundfläche von 11,00 m x 12,00 m (Haus 1 und 2 - im östlichen Grundstücksbereich) und 11,00 m x 11,00 m (Haus 3 und 4 - im nordwestlichen Grundstücksbereich). Die Wandhöhen betragen bei beiden Doppelhäusern 5,70 m; die Firsthöhen liegen bei 9,70 m. Die Dachneigung im unteren Bereich des Walmdachs beträgt 45 Grad, im oberen Bereich 24 Grad. Beide Häuser verfügen auf der West- und Ost-Seite über jeweils eine Gaube mit den Maßen 2,22 m x 1,76 m (Höhe) und an der Süd- und Nordseite jeweils über je zwei Dachliegefenster. Weiterhin soll jedes Doppelhaus zwei Balkone im 1. Obergeschoss mit einer Länge von 4,50 m erhalten. Zwischen den Gebäuden befinden sich drei Garagen.

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit Bescheid vom 14. Juni 2016, der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 16. Juni 2016 zugestellt, lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 23. Februar 2016 ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bauvorhaben nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen sei. Die maßgebliche Umgebung befinde sich westlich der …straße, nördlich der …straße, östlich der …straße und südlich der … Straße (Geviert). Das Bauvor-haben füge sich nicht nach § 34 BauGB in die nähere Umgebung, die bislang durch ein sehr homogenes Verhältnis der bebauten Flächen zu den sie umgebenden Freiflächen gekennzeichnet sei. Durch das Bauvorhaben und die damit einhergehende Kombination von Vorder- und Rückgebäude würde eine neue bauliche Dichtestruktur entstehen, die das bislang vorhandene Nutzungsmaß städtebaulich nicht hinnehmbar überschreite, dies schon weil die Bauaufsichtsbehörde dann vergleichbaren Bauvorhaben nicht mehr entgegentreten könnte.

Mit einem am 7. Juli 2016 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 5. Juli 2016 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage mit dem Antrag:

Die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14. Juni 2016 zu verpflichten, den Bauantrag der Klägerin vom 23. Februar 2016 nach Plan-Nr. … zu genehmigen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

In dem als maßgebliche Umgebung anzunehmenden Geviert existiere nur eine vordere Baulinie, weshalb Rückgebäude zulässig seien, soweit dafür die Bauordnung keine anderen Festsetzungen getroffen habe. Das Vorhabegrundstück werde daher auch durch die Gebäude …str. 3 und 5 geprägt. Das Vorhaben entspräche der hier verwirklichten Bebauungstiefe. Im maßgeblichen Geviert seien deutlich unterschiedliche Kubaturen wahrnehmbar; auch die Grundstücksgrößen im Geviert seien sehr unterschiedlich. Bei derartig inhomogenen örtlichen Verhältnissen sei notwendiger Weise der entsprechende Umgebungsrahmen für das Einfügungskriterium des Verhältnisses der bebauten Fläche zur Freifläche weit. Dieses Verhältnis sei bei der Bebauung ab den Grundstücken …str. 25/ …str. 56 in Richtung Norden und der Bebauung nördlich der …straße zwischen …straße und …straße dem des Bauvorhabens vergleichbar.

Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen der im Bescheid vom 14. Juni 2016 eingenommene Standpunkt vertieft. Die Gebäude auf den Fl.Nrn. … und … seien als Ausreißer zu betrachten und kein Vorbild für die beim Bauvorhaben beabsichtigte Bebauungstiefe.

Mit Schriftsatz vom 18. August 2017 wiesen die Bevollmächtigten der Klägerin auf Folgendes hin:

Die Beklagte habe erst vor wenigen Wochen auf dem Grundstück …str. 5 Fl.Nr. … im vorderen Grundstücksbereich die Errichtung eines Dreispänners genehmigt.

Aufgrund einer entsprechenden Anforderung des Gerichts legte die Beklagte die Behördenakten der …str. 5 und 29 sowie der …str. 60, 62 und 64 sowie einen Auszug aus dem Lageplan mit der Neuaufteilung des Grundstücks Fl.Nr. … mit Einzeichnung des genehmigten Dreispänners auf den neugebildeten Fl.Nrn. …, … und … vor.

Das Gericht hat am 9. Oktober 2017 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie dessen Umgebung erhoben.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Augenscheins und der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf die entsprechende Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg, da der Klägerin ein Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung zusteht, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich im Hinblick auf das übergeleitete Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

1.1 Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das Vorhaben ist die nähere Umgebung. Berücksichtigt werden muss hier die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstückes prägt oder doch beeinflusst. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und sich andererseits diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 m.w.N.). Daraus folgt, dass nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft des Baugrundstücks zu berücksichtigen ist, sondern auch die Bebauung der Umgebung insoweit berücksichtigt werden muss, als auch diese noch prägend auf das Baugrundstück wirkt (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 119. EL, 11/2015, § 34 Rn. 36). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. In der Regel gilt bei einem, inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (BayVGH, B.v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4; U.v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris Rn. 25; U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 und U.v. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris Rn. 20).

Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172.97, NVwZ-RR 1998, 539; BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (BayVGH, B.v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 - juris Rn. 21 m.w.N.). Entscheidend bleiben in jedem Fall die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall (vgl. OVG NRW, U.v. 1.3.2017 - 2 A 46/16 - juris Rn. 35 m.w.N.).

Danach ist vorliegend, wovon auch die Klägerin und die Beklagte ausgehen, dass Quartier …str. …str. …str. … Str. der maßgebliche Bereich mit gegenseitigen Prägung.

1.2 In diesen Bereich fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben mit zwei Doppelhäusern nach der Art und der Bauweise unproblematisch ein, da dieser Bereich von Wohnnutzung und einer offenen Bauweise geprägt ist. Im Hinblick auf das Einfügen steht zwischen den Beteiligten die Frage des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche und dem Maß der baulichen Nutzung in Frage.

1.2.1 Der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendete Begriff der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, umfasst sowohl die konkrete Größe der Grund-fläche der baulichen Anlage, als auch ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1987 - 4 B 60/87 - juris Rn. 2; B.v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 - juris Rn. 4). Damit werden an das Tatbestand:smerkmal der „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ Anforderungen an die räumliche Lage des Baukörpers auf dem Grundstück gestellt, bei denen zu prüfen ist, ob sich aus der als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Umgebungsbebauung Beschränkungen in Form von faktischen Baulinien oder Baugrenzen entnehmen lassen, die bei der Verwirklichung des Bauvorhabens zu beachten sind.

Eine entsprechende Bebauungstiefe, wie das Vorhaben sie in Anspruch nimmt, sind sowohl bei den Bestandsgebäude …str. 5 als auch bei dem Gebäude …str. 3 vorzufinden. Die vom Bauvorhaben verwirklichte Bebauungstiefe, die grundsätzlich von der Erschließungs Straße her zu beurteilen ist (vgl. VG München U.v. 3.4.2017 - M 8 K 15.5546 - juris Rn. 35; B.v. 6.4.2017 - M 8 SN 17.676 - juris Rn. 76 mit Verweis auf § 23 Abs. 4 BauNVO), beträgt beim Bauvorhaben 39 m unter Berücksichtigung des westlichen Erkers an Haus 4 (ohne 37,80 m) - abgriffen aus dem Grundrissplan des Erdgeschosses. Die Bebauungstiefe des Gebäudes …str. 5 beträgt 39,00 m, die des Gebäudes …str. 3 44,00 m, da der eingeschossige rückwärtige Anbau an diesem Gebäude - wie beim Augenschein festzustellen war - ebenfalls wohngenutzt ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese beiden Gebäude auch nicht als sogenannte Ausreißer ohne Vorbildwirkung anzusehen. Bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung sind grundsätzlich solche baulichen Anlagen auszusondern, die von ihren quantitativen Erscheinungsbild her nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, sowie solche, die von ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen und deshalb als Fremdkörper erscheinen (vgl. OVG NRW, U.v. 1.3.2017 - 2 A 46/16 - juris Rn. 39 f. m.w.N.). Die genannten Voraussetzungen treffen auf die Gebäude …str. 3 und 5 nicht zu. Es handelt sich hierbei nicht um untergeordnete bauliche Anlagen, denen die Fähigkeit zur Prägung der Umgebung abzusprechen wäre. Vielmehr befinden sich beide Gebäude auf relativ großen Grundstücken, sodass sie durchaus augenfällig in Erscheinung treten. Sie weichen auch nicht von den, auf den übrigen Grundstücken verwirklichten Gebäudegrößen in einem Maß ab, das es erlauben würde, ihnen eine prägende Wirkung abzusprechen. Dementsprechend fallen sie auch keinesfalls völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung.

Entgegen der Ansicht der Beklagten spielt hinsichtlich des Parameters Bebauungstiefe die Frage, in welcher Baureihe das Gebäude steht, keine Rolle. Die Anzahl der Baureihen ist weder ein eigenständiger Parameter des § 34 Abs. 1 BauGB noch ein Kriterium in der rein rechnerisch zu ermittelnden Bebauungstiefe (ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts vgl. insoweit U.v. 30.6.2014 - M 8 K 13.2180 - juris.).

1.3 Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung finden sich in der näheren Umgebung zweifellos weitere Gebäude mit einer vergleichbaren Gesamtkubatur, insbesondere die Gebäude …straße 7,11/13, 15/17, …str. 14, 16/16a, 18, …str. 46/46a, 52 und 52a und 54 und 54a.

Im Übrigen wird das Maß der baulichen Nutzung in Hinblick auf die Kubatur der beiden Einzelgebäude von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt.

1.3.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zum Tatbestandsmerkmal des „Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung“ bei offener Bebauung auch das Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche zu den Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, B.v. 14.3.2012 - 4 B 49/12 - juris; B.v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris Rn. 3 m.w.N.; VG München, in st. Rspr. 8. Kammer, U.v. 28.9.2015 - M 8 K 14.3006 - juris Rn. 23; U.v. 11.4.2016 - M 8 K 15.31603; U.v. 18.4.2016 - M 8 K 15.1531; U.v. 10.10.2016 - M 8 K 15.4275 - juris Rn. 21 m.w.N.).

Einschließlich der Auswertung der vom Gericht angeforderten Bauakten der …str. 5 und 29 sowie …str. 60, 62 und 64 ergeben sich im Quartier für die dichter bebauten Grundstücke folgende Verhältniszahlen in Hinblick auf die mit Hauptgebäuden bebauten Flächen und Freiflächen bzw. nicht mit Hauptgebäuden bebaute Flächen.

Das Bauvorhaben weist insoweit eine Verhältniszahl von 0,25 auf. Die …str. 1 die Verhältniszahl 0,20, die …str. 14 0,26, die …str. 16 0,22 und die …str. 18 ebenfalls 0,22. Bei dem Grundstück …str. 5 ergibt sich für das Bestandsgrundstück nach Grundstücksteilung - hier wurden die Fl.Nr. …, …, … für den Dreispänner und … für ein eigenständiges Garagengrundstück abgetrennt - eine Verhältniszahl von 0,15. Nach den vorgelegten Unterlagen ergibt sich allerdings für den genehmigten Dreisteller, dessen Errichtung nach den Feststellungen beim Augenschein offensichtlich unmittelbar bevorsteht, eine Verhältniszahl von 0,30. Weiterhin weisen die …str. 27/29 und die …str. 60 ein Verhältnis von 0,20, die …str. 62 von 0,30 und die …str. 64 0,28 auf. Damit liegt das Vorhaben auch in seinem Verhältnis von mit Hauptgebäuden bebauter Fläche im Verhältnis zu der Fläche der nicht mit Hauptgebäuden bebaut ist, im Rahmen der Umgebungsbebauung. Abgesehen davon, dass bereits der Bestand in der …str. 14 und in der …str. 62 und 64 eine höhere Verhältniszahl aufweisen als das Bauvorhaben, tritt dieses auch im Hinblick auf die Verhältniszahlen der …str. 16 und 18 nicht rahmensprengend in Erscheinung. Hierbei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB naturgemäß gröber ist als strenge mathematische Berechnungen nach der Baunutzungsverordnung, da es in Hinblick auf die Frage des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB auf die nach außen wahrnehmbare Erscheinung ankommt. Unterschiede im Verhältnis der mit Hauptgebäuden bebauten Flächen zu den von diesen Hauptgebäuden freien Flächen im niedrigen 100stel Bereich treten aber nach außen nicht wahrnehmbar in Erscheinung. Insoweit kommt es letztlich nicht mehr auf das genehmigte Neubauvorhaben …str. 5 mit einer Verhältniszahl von 0,30 an, abgesehen davon, dass diese Genehmigung ein Indiz dafür ist, dass auch die Beklagte Verhältniszahlen von 0,25 bis 0,30 in der maßgeblichen Umgebung für unbedenklich hält.

2. Da dem Vorhaben weder sonstige planungsrechtliche noch bauordnungsrechtliche Vorschriften - und zwar weder im Prüfprogramm enthaltene noch als Gründe nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO zur Ablehnung berechtigende - entgegenstehen, war die Beklagte mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die streitgegenständliche Baugenehmigung zu erteilen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO.

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Vorbescheids hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Wohnnutzung in einem noch zu errichtenden weiteren Geschoß des westlich gelegenen Gebäuderiegels auf dem Grundstück Fl. Nr. 193/0 der Gemarkung T. (S.-straße 15 und W. Straße 11). Das ca. 1,65 ha große Grundstück, das ein eigenes Geviert bildet und an allen Seiten von Straßen umgeben ist (W., S.-, T. und P.-straße), ist mit mehreren Gebäuden bebaut. Der an der W. Straße gelegenen überwiegend dreigeschossige Gebäudekomplex, ist ca. 195 m lang und wird von Büros sowie von einer privaten Fachoberschule genutzt; einzelne Gebäudeteile sind auch viergeschossig. In den weiteren auf dem Grundstück gelegenen Gebäuden befinden sich gleichfalls Dienstleistungsbetriebe (Anwesen T. Straße 2 c: Werbeagentur sowie ein A.-Service-Center; Anwesen T. Straße 2: Übungs- bzw. Versammlungsräume des T. K., eine Kindertagesstätte, eine J. Gemeindeeinrichtung sowie Büros).

Im Bereich nördlich des Vorhabengrundstücks befindet sich ein größeres Schulgebäude (N.-schule), daneben eine Imbissstube sowie im dreigeschossigen Anwesen mit ausgebautem Dachgeschoss S.-straße 20 ein Wohnheim der H. Auf dem Anwesen S.-straße 18 findet sich ferner ein dreigeschossiges Wohngebäude. Der Bereich westlich des Grundstücks (Bebauung an der W. Straße) ist überwiegend wohngenutzt. Bei den Anwesen W. Straße 4 und 6 handelt es sich um Wohnnutzung, wobei das vordere Gebäude dreigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss ist. Daran angebaut ist das Wohngebäude W. Straße 8 mit sechs Geschossen. Beim Anwesen W. Straße 10 handelt es sich um ein zweigeschossiges Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss. Das Anwesen W. Straße 12 bis 16 ist ein siebengeschossiger Wohnblock. Nach dem K.-gebäude auf dem Anwesen W. Straße 20 ist auf dem kleinen Grundstück Fl. Nr. .../14 kein Gebäude mehr vorhanden. Das Anwesen W. Straße 28 besitzt auf sieben Geschossen reine Wohnbebauung (Wohnheim der K. M.). Auf dem Anwesen W. Straße 30 befindet sich ein zweigeschossiges Wohngebäude. Im Süden ist die Bebauung an der gegenüberliegenden Straßenseite der P.-straße wohngenutzt (überwiegend dreigeschossig), lediglich im Anwesen W. Straße 15 befindet sich ein Friseursalon. Die im Osten sich anschließenden Flächen (an der T. Straße) sind nahezu ausschließlich gewerblich genutzt.

Für das Vorhabengrundstück setzt ein übergeleiteter einfacher Baulinienplan eine Straßenbegrenzungslinie, vordere Baulinien sowie eine rückwärtige Baugrenze fest. Weitere planungsrechtliche Festsetzungen bestehen nicht. Im Flächennutzungsplan der Beklagten ist das Grundstück als Gewerbegebiet dargestellt.

Am 28. Dezember 2010 beantragte die Klägerin einen Vorbescheid zu verschiedenen Fragen im Hinblick auf eine beabsichtigte Aufstockung des Gebäuderiegels an der W. Straße. Nach den Plänen ist vorgesehen, den Dachstuhl abzubrechen und ein weiteres Geschoss aufzusetzen, wodurch eine vier- und in Teilbereichen auch fünfgeschossige Bebauung entstünde.

Die Vorbescheidsfragen betrafen das Maß der baulichen Nutzung (Frage 1), die Zulässigkeit einer Büro- und Verwaltungsnutzung (Frage 2.1) bzw. einer Wohnnutzung (18 Wohnungen) im Bereich der neu zu schaffenden Geschossflächen (Frage 2.2) sowie den Stellplatznachweis (Frage 3).

Mit Vorbescheid vom 9. August 2011 beantwortete die Beklagte u. a. die Frage 2.2 (Wohnnutzung im Bereich der Aufstockung) negativ. Hinsichtlich der Fragen 1 und 3 wurde der Antrag zurückgenommen.

Mit Urteil vom 8. Oktober 2012 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 9. August 2011 insoweit auf, als die Frage 2.2 des Vorbescheidantrags vom 28. Dezember 2010 negativ beantwortet wurde. Die Beklagte wurde verpflichtet, die Frage positiv zu verbescheiden. Die Frage 2.2 sei nicht durch die Rücknahme des Antrags hinsichtlich der Fragen 1 und 3 unzulässig geworden. Die Vorbescheidsfrage beziehe sich auf ein konkretes Bauvorhaben und könne selbstständig beurteilt werden. Die maßgebliche nähere Umgebung um das Vorhabengrundstück stelle sich nicht als faktisches Gewerbegebiet, sondern als Gemengelage dar, die durch Wohnnutzungen mitgeprägt werde. Das Vorhaben füge sich daher hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein. Zur maßgeblichen näheren Umgebung gehöre neben dem Geviert selbst, also der Bebauung auf dem Vorhabengrundstück, auch die Anschlussbebauung an der Südseite der P.-straße und nördlich der S.-straße. Den beiden Straßen komme hier ersichtlich keine trennende Wirkung zu und insoweit verhalte es sich auch nicht so, dass es sich jeweils beidseits (innerhalb und außerhalb des Gevierts) um gänzlich andersartige Nutzungsstrukturen handeln würde, da sowohl südlich der P.-straße wie auch um Bereich nördlich der S.-straße neben der Wohnnutzung auch Nichtwohnnutzungen vorhanden seien bzw. sich an die Wohnbebauung unmittelbar anschlössen und die Nichtwohnnutzungen im Übrigen hinsichtlich der Nutzungsart teilweise auch den Nutzungen im Geviert entsprechen würden (insbesondere N.-schule nördlich der S.-straße). Was die Wohnbebauung an der Westseite der W. Straße angehe, spreche dagegen Überwiegendes dafür, trotz der räumlichen Nähe eine gegenseitige Prägung in Bezug auf das Vorhabengrundstück zu verneinen. Die Bebauung an der T. Straße nach Osten hin liege außerhalb des maßgeblichen Umgriffs. Die nicht unerhebliche Entfernung dieser Bebauung zum Standort des Vorhabens (bis zu 95 m) und weiter auch der Umstand, dass der Baukomplex östlich der T. Straße durch die recht breite Straße von dem westlich gelegenen Geviert deutlich abgesetzt sei, stünden der Annahme einer prägenden Wirkung dieser Bebauung jedenfalls in Bezug auf den Bereich, in dem das streitgegenständliche Vorhaben verwirklicht werden soll, entgegen. Planungsrechtlich sei das Gebiet als Gemengelage mit überwiegender Prägung durch Nichtwohnnutzungen (Dienstleistungsbetriebe, Schulnutzungen) einzustufen.

Der Verwaltungsgerichtshof ließ mit Beschluss vom 19. Mai 2014 die Berufung der Beklagten zu. Diese begründet ihre Berufung im Wesentlichen damit, dass die Vorbescheidfrage bereits unzulässig sei, da sich weder die Frage 2.2 noch die zugrunde liegenden Pläne mit den Nutzungskonflikten zwischen den benachbarten Nutzungen und der beantragten Wohnnutzung beschäftigten. Die maßgebliche nähere Umgebung stelle sich nicht als Gemengelage dar, sondern als faktisches Gewerbegebiet. Die P.-straße und die S.-straße hätten trennende Wirkung. Dagegen komme den gewerblichen Nutzungen östlich der T. Straße prägende Wirkung für das Baugrundstück zu. Auf dem Vorhabensgrundstück selbst befänden sich ausschließlich Nutzungen, die in einem Gewerbegebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässig seien. Unabhängig von der Frage der trennenden Wirkung der S.-straße habe jedenfalls die westlich der F.-gasse vorhandene Wohnbebauung kein ausreichendes städtebauliches Gewicht, um eine prägende Wirkung begründen zu können. Im Anwesen S.-straße 20, Fl. Nr. .../3 befinde sich keine Wohnnutzung, sondern ein M.-wohnheim der H., das nicht dem dauerhaften Aufenthalt dienen solle. Das Anwesen S.-straße 18 sei aufgrund seiner geringen Größe als Fremdkörper ohne städtebauliches Gewicht einzustufen. Die weiter nördlich anschließenden Wohngebäude seien vom Baugrundstück aus schon nicht mehr wahrnehmbar. Außerdem sei in dem westlich grenzständigen Rückgebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. .../2 lediglich im Obergeschoß widerruflich eine Wohnnutzung genehmigt worden. Das Erdgeschoß sei als Schreinerei genehmigt. Hinsichtlich der T. Straße habe das Urteil unberücksichtigt gelassen, dass die Gebäude beiderseits der T. Straße über große Flächen und größere Höhen verfügten. Nichts anderes ergebe sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts daraus, dass das Gebäude S.-straße 15/W. Straße 11, in dem die abgefragte Wohnnutzung stattfinden soll, in bis zu 95 m Entfernung liegt. Denn die zugehörige Stellplatzanlage und die Freiflächen befänden sich im südöstlichen Bereich des Baugrundstücks und somit in unmittelbarer Nähe zu den gewerblichen Nutzungen östlich der T. Straße. Ergänzend sei anzumerken, dass auch die Wohnbebauung westlich der W. Straße für das Vorhabensgrundstück keine prägende Wirkung habe. Selbst wenn man von einer Gemengelage ausginge, wäre das Vorhaben unzulässig, da es geeignet sei, städtebauliche Spannungen auszulösen. Diese ergäben sich bereits aus den ungelösten Nutzungskonflikten zwischen beantragter Wohnnutzung und benachbarten gewerblichen Nutzungen. Die Zulassung einer Wohnnutzung hätte außerdem Bezugsfallwirkung für Wohnbauvorhaben in den unteren Geschossen des Anwesens S.-straße 15/W. Straße 11 und auch im östlichen Bereich des Areals in unmittelbarer Nähe der gewerblichen Nutzungen an der T. Straße. Spätestens dann entstünden städtebauliche Spannungen durch unauflösbare Nutzungskonflikte.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 8. Oktober 2012 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nachdem im Vorbescheidsverfahren nach dem Wortlaut des Art. 71 BayBO „einzelne Fragen“ geklärt werden könnten, müsse auch die Klärung der Frage zulässig sein, ob in der näheren Umgebung eine Wohnnutzung nach Art der baulichen Nutzung zulässig sei, ohne dass in diesem Zusammenhang bereits detaillierte Fragen geklärt werden müssten, die einem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten seien. P.-straße und S.-straße hätten keine trennende Wirkung. Außerdem sei die Wohnbebauung auf der Westseite der W. Straße maßgeblich für die geplante Wohnbebauung auf der Ostseite dieser Straße.

Hinsichtlich der übrigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorliegenden Behördenakten sowie die Niederschriften über den Augenschein vom 2. Juli 2014 und die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2014 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg (§ 124 Abs. 1 VwGO). Der Bescheid der Beklagten vom 9. August 2011 ist rechtswidrig, soweit dieser die Frage 2.2 negativ verbeschieden hat. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids verpflichtet, der Klägerin zu dieser Frage einen positiven Vorbescheid zu erteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Nach Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Einreichung eines Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erlassen werden. Aus der Formulierung „zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens“ folgt, dass der Vorbescheid hinreichend bestimmt sein muss. Die ganz herrschende Meinung fordert für die Vorbescheidsfrage einen konkreten Vorhabensbezug (vgl. BayVGH, U. v. 14.2.2008 - 15 B 06.3463 - juris; Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 71 RdNr. 3; Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: April 2014, Art. 71 RdNr. 32; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand: Dezember 2013, Art. 71 RdNr. 34; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBO, Stand: Januar 2014, Art. 71 RdNr. 34). Der Vorbescheidsantrag ist nicht verbescheidungsfähig, wenn die zur Entscheidung gestellte Frage nicht ohne Kenntnis und Prüfung des Gesamtvorhabens beurteilt werden kann, wenn die Bauvorlagen eine Beurteilung des Vorhabens nicht zulassen, oder wenn wesentliche Fragen ausgeklammert bleiben (vgl. Molodovsky in Koch/Molodovsky/Farmers, a. a. O. Art. 71 Rn. 32 b).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Frage 2.2 der Bauvoranfrage vom 28. Dezember 2010 nicht deshalb unzulässig, weil sie sich nicht mit den Nutzungskonflikten zwischen den benachbarten gewerblichen Nutzungen und der beantragten Wohnnutzung beschäftigt. Die Frage 2.2 lautet: „Ist die in 1.1 bis 1.2 abgefragte Baukörperdisposition für reine Wohnnutzung planungsrechtlich zulässig?“ Inhaltlich geht es der Klägerin um die verbindliche Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der reinen Wohnnutzung mit der dargelegten Baukörperdisposition. Aus dem schriftlichen Antrag ergibt sich eine hinreichend bestimmte und bescheidungsfähige Vorbescheidsfrage. Der von der Beklagten zum Beleg für die gegenteilige Ansicht zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Dezember 2012 (Az. 15 ZB 08.1428 - BayVBl 2011, 271) lag ein anderer Sachverhalt zugrunde. Das Baugrundstück lag seinerzeit im Süden an der Bahnstrecke A., eine Bundesstraße verlief im Abstand von 130 m bis 150 m und nördlich grenzte ein lärmintensiver holzverarbeitender Betrieb an. Daher war das Baugrundstück mit Geruchs- und Lärmimmissionen derart vorbelastet, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Wohnbauvorhabens nur dann verbindlich geklärt werden konnte, wenn der Bauherr Unterlagen vorlegt, die erkennen ließen, wie baulicherseits auf die vorhandene Situation Rücksicht genommen wird. Im vorliegenden Fall ist für den Senat nicht erkennbar, dass das Bauvorhaben durch die Gewerbebetriebe an der Ostseite der T. Straße vergleichbaren Lärmbelastungen ausgesetzt sein wird. Die Beklagtenseite hat auch nicht näher dargelegt, worin konkret die vorbelastende Lärmsituation bestehen soll. Insbesondere angesichts der nicht unerheblichen Entfernung zwischen dem Bauvorhaben und der Bebauung an der T. Straße nach Osten hin, wo sich gewerbliche Nutzung befindet - die Entfernung beträgt bis zu 95 Meter - und des Umstands, dass sich in der näheren Umgebung bereits heute Wohnbebauung findet, hält es der Senat im Vorbescheidsverfahren für fernliegend, dass das Bauvorhaben unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen durch Gewerbelärm ausgesetzt sein wird und die benachbarten Gewerbebetriebe deshalb mit Einschränkungen rechnen müssen. Deshalb ist es im konkreten Fall nicht erforderlich, dass der Bauherr Unterlagen vorlegt, die erkennen lassen, wie eher fernliegende Konflikte bewältigt werden sollen.

Hinsichtlich der im Berufungsverfahren nicht erneut thematisierten Frage, ob die Frage 2.2 durch die Rücknahme des Antrags hinsichtlich der Fragen eins und drei unzulässig geworden ist, verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 7-8).

2. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der Klägerin ein Anspruch auf positive Verbescheidung der Frage 2.2 zusteht, weil sich die maßgebliche nähere Bebauung um das Vorhabensgrundstück nicht als faktisches Gewerbegebiet, sondern als Gemengelage darstellt, die auch durch Wohnnutzung mit geprägt wird. Das Vorhaben fügt sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein.

Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs ist als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380; B. v. 20.8.1988 - 4 B 79/98 - NVwZ-RR 1999, 105; BayVGH, U. v. 28.7.2004 - 2 B 03.54 - juris; U. v. 2.5.2006 - 2 B 05.787 - juris). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris). Grundsätzlich gelten als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegenden Straßenseiten (vgl. BayVGH, U. v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris; B. v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris, B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutreffend, dass zur maßgeblichen näheren Umgebung neben dem Geviert selbst, also der Bebauung auf dem Vorhabensgrundstück, zunächst auch die Anschlussbebauung an der Südseite der P.-straße und nördlich der S.-straße gehört. Wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, handelt es sich bei der P.-straße um eine sechs Meter breite Straße mit Gehweg auf beiden Seiten (Niederschrift vom 2. Juli 2014, Seite 3). Die S.-straße ist zwar etwas breiter, ihr ist jedoch ebenfalls keine trennende Wirkung beizumessen.

Sowohl bei dem Komplex südlich der P.-straße als auch bei dem Komplex nördlich der S.-straße handelt es sich nicht um einen „einheitlich geprägten Bebauungskomplex“ im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris), der aus der näheren Umgebung ausgeschieden werden könnte. Denn wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, befindet sich im zweigeschossigen Anwesen W. Straße 15, der dem Bebauungskomplex der südlichen P.-straße zuzurechnen ist, ein Friseursalon (Niederschrift vom 2. Juli 2014 S. 3). Es ist dort damit zwar überwiegende, aber keine einheitliche Wohnnutzung vorhanden. Ebenso verhält es sich mit dem Bebauungskomplex nördlich der S.-straße. Dort finden sich, dem Bauvorhaben gegenüberliegend, die N.-schule (S.-straße 16), eine Imbissstube (S.-straße 18) sowie auf demselben Anwesen ein dreigeschossiges Wohngebäude. Auf dem Anwesen S.-straße 20 findet sich ein Wohnheim der H. (Niederschrift vom 2. Juli 2014 S. 2). Damit ist auch im Bebauungskomplex „nördliche S.-straße“ keine einheitliche Bebauungsstruktur vorhanden.

Selbst wenn man dies anders sehen würde und südlich der P.-straße sowie nördlich der S.-straße einheitliche Nutzungsstrukturen erkennen wollte, die es ausschließen, dass diese Bereiche zur näheren Umgebung zu zählen sind, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Ebenfalls offen bleiben kann, ob man das dreigeschossige Wohngebäude auf dem Anwesen S.-straße 18 noch als prägend mitheranzieht und ob man das Wohnheim der H. im dreigeschossigen Anwesen mit ausgebautem Dachgeschoss S.-straße 20 als wohngenutzt ansieht. Denn entgegen der Auffassung des Erstgerichts und der Beklagten hat die W. Straße keine trennende Wirkung. Allein das Vorhandensein einer Straße zwischen einer auf beiden Seiten zusammenhängenden Bebauung unterbricht noch nicht regelmäßig den Bebauungszusammenhang (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 34 RdNr. 7). Eine trennende Wirkung einer öffentlichen Straße lässt sich nur unter Beachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls annehmen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 - juris), wobei auch bei unterschiedlichen Nutzungen auf beiden Straßenseiten nicht stets von einer trennenden Wirkung der Straße auszugehen wäre (vgl. BVerwG, U. v. 6.7.1984 - 4 C 28/83 - NJW 1985, 1569; B. v. 10.6.1991 - 4 B 88/91 - juris; B. v. 28.3.2013 - 4 B 74/03 - juris). Zwar ist es richtig, dass sich an der Ostseite der W. Straße bislang keine Wohnnutzung findet und an der Westseite keine gewerbliche Nutzung. Jedoch ist die Nutzung an der Westseite der W. Straße nicht einheitlich. Neben der Wohnnutzung findet sich auch eine Kirche (Niederschrift vom 2.7.2014 S. 2). Nach der beim Augenschein konkret vorgefundenen örtlichen Situation prägen sich beide Straßenseiten gegenseitig. Bei der W. Straße handelt es sich um eine relativ kleine Straße mit ca. 6 Meter Fahrbahnbreite. Beidseits der W. Straße befindet sich massive Bebauung. Wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, stellt das Bauvorhaben ein langgezogenes, überwiegend dreigeschossiges Gebäude dar; einzelne Gebäudeteile sind auch viergeschossig (Niederschrift vom 2.7.2014 S. 2). Auch auf der dem Bauvorhaben gegenüberliegenden westlichen Seite der W. Straße befindet sich massive hohe Bebauung. So handelt es sich bei dem Anwesen W. Straße 12 bis 16 um einen siebengeschossigen Wohnblock. Das Anwesen W. Straße 28 weist ebenfalls sieben Geschosse auf (Niederschrift vom 2.7.2014 S. 2). Diese Gebäude sind zur W. Straße hin orientiert. Das Gebäude, auf dem das Bauvorhaben errichtet werden soll, befindet sich unmittelbar an der W. Straße. Auch die Bauweise beidseits der W. Straße ist nicht völlig unterschiedlich. Zwar ist auf der östlichen Seite der W. Straße (Bauvorhaben) ein langgestreckter Baukörper vorhanden. Aber auch auf der westlichen Seite der W. Straße findet man geschlossene Bebauung (so etwa von W. Straße 6 bis 12). Die W. Straße ist keine Straße mit überörtlicher Verkehrsbedeutung. Angesichts der hohen beidseitigen Bebauung und der geringen Breite der W. Straße prägen sich beide Straßenseiten gegenseitig.

Offen bleiben kann im Verfahren um den streitgegenständlichen Vorbescheid, ob die Bebauung an der T. Straße nach Osten hin außerhalb des maßgeblichen Umgriffs liegt, wie es das Erstgericht angenommen hat. Denn in dem oben dargelegten Umgriff - Geviert- und Anschlussbebauung südlich der P.--, westlich der W. und nördlich der S.-straße - findet sich neben gewerblicher Nutzung (vor allem Dienstleistungsbetrieben) und umfänglichen Nutzungen durch Schulen (Anlagen für kulturelle Zwecke) auch in nicht ganz unerheblichem Umfang Wohnnutzung (sowohl an der P.-straße als auch westlich der W. Straße), die den Bereich mitprägt und daher auch den Rahmen der zulässigen Nutzungen mitbestimmt. Planungsrechtlich ist das Gebiet folglich als Gemengelage mit überwiegender Prägung durch Nichtwohnnutzungen (Dienstleistungsbetriebe, Schulnutzungen) einzustufen.

Hinsichtlich der abgefragten Art der baulichen Nutzung fügt sich das klägerische Vorhaben danach im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, da es den durch die vorhandenen Nutzungen vorgegebenen Rahmen nicht überschreitet und es sich gegenüber den bestehenden Nichtwohnnutzungen in seiner Nachbarschaft im Rahmen der hier zu prüfenden Vorbescheidsfrage ersichtlich auch nicht als rücksichtslos darstellt. Bei den im Geviert vorhandenen Nichtwohnnutzungen handelt es sich durchwegs um Nutzungen, die mit einer Wohnnutzung verträglich sind. Selbst wenn man die Bebauung östlich der T. Straße noch zum Geviert zählen wollte, hat die Beklagte in keiner Weise substantiiert dargetan, dass sich die im Vorbescheidsantrag abgefragte Wohnnutzung gegenüber der vorhandenen gewerblichen Nutzung als rücksichtslos erweisen wird. Die geltend gemachten städtebaulichen Spannungen sind für den Senat nicht ersichtlich. Vielmehr dürften sich angesichts der nicht unerheblichen Entfernung von ca. 95 m zwischen der geplanten Wohnnutzung und der östlichen Bebauung an der T. Straße die immissionsschutzrechtlichen Probleme im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens bewältigen lassen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Senat beim Augenschein an der T. Straße gegenüberliegend als immissionsträchtigen Gewerbebetrieb lediglich einen Räder- und Reifenmontageservice ausmachen konnte, der sich hinter einem größeren Gewerbebau befand (vgl. Niederschrift vom 2.7.2014 S. 3). Deshalb hält der Senat auch die von der Beklagten aufgeworfene Bezugsfallproblematik für nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 7. Februar 2015, Plan-Nr. … zu genehmigen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Am 7. Februar 2015 beantragte die Klägerin unter Befreiung hinsichtlich der Errichtung außerhalb des festgesetzten Bauraums die Genehmigung für ein dreigeschossiges Gebäude mit Flachdach mit einer Grundfläche von 14,50 m x 11,80 m im Erdgeschoss - einschließlich integrierter Garagen; im 1. Obergeschoss beträgt die Grundfläche 16 m x 12,30 m, da an der Westseite eine Auskragung mit einer Tiefe von 1,50 m und an der Südseite mit 0,30 m über dem Erdgeschoss vorgesehen ist. Das 3. Geschoss ist ein allseits zurückgesetztes Terrassengeschoss, an der Nord-, Ost- und Südseite um 2 m, an der Westseite um 1 m von der darunter liegenden Auskragung. Die Höhe des Flachdachs beträgt 9,90 m (+ 9,16 m bei einer Geländeoberfläche von - 0,74 m).

 

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2015, beim Verwaltungsgericht München am gleichen Tage eingegangen, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Untätigkeitsklage.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2015 - abgesandt am 23. Dezember 2015, eine Zustellung ist aus den Akten nicht ersichtlich - lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 7. Februar 2015 nach Plan-Nr. … ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Das Bauvorhaben befinde sich außerhalb des Bauraums und eine Befreiung könne nicht erteilt werden. Zweck des Bauliniengefüges sei die Freihaltung der hinteren, der … zugewandten Grundstücksbereiche, um einen flussbegleitenden Grünzug zu erhalten. Grundsätzlich sei eine ausschließlich straßenbegleitende Bebauung städtebauliche Zielsetzung gewesen und sei es immer noch. Der nur auf den Fl.Nrn. … und … ausgewiesene Bauraum habe lediglich auf dem aus den 1920er Jahren stammenden Bestand, der Berücksichtigung habe finden müssen, beruht. Vergleichbare Bezugsfälle lägen nicht vor, da die Fl.Nr. … nicht von der …straße, sondern von der …-Straße erschlossen werde, so dass hier keine rückwärtige Bebauung vorliege. Eine Unterbrechung der Baulinie auf dem Baugrundstück mache deutlich, dass keine zusätzlichen Bauräume hätten ausgewiesen werden sollen, sondern das Baurecht aufgrund des Bestandes räumlich verlagert angeordnet worden sei. Durch die zusätzliche Bebauung entstünde eine zweite Baureihe und damit eine Verdichtung, wie sie gerade ausdrücklich nicht erwünscht sei. Die Auswirkung auf die nördlich angrenzenden Grundstücke sei evident; eine rückwärtige Bebauung könne dort nicht mehr aufgehalten werden, was gerade der Zielsetzung „Freihaltung rückwärtig …begleitend“ und damit den Grundzügen der Planung widerspräche.

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2016 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin, den Bescheid vom 23. Dezember 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bauantrag vom 7. Februar 2015 zu genehmigen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die Argumentation im streitgegenständlichen Bescheid sei nicht nur unrichtig, sondern auch unverständlich, soweit dort ausgeführt werde, die zusätzliche vordere Bebauung könne die rückwärtige Bebauung nicht mehr aufhalten. Tatsächlich sei - wie der Lageplan zeige - in den letzten Jahrzehnten eine Bebauung entstanden, die ganz massiv von den festgesetzten Baulinien und Baugrenzen abweiche. Die Befreiungsvoraussetzungen seien gegeben, da eine deutliche Aufweichung des Grundkonzeptes vorliege. Das Bauvorhaben stehe nicht im Widerspruch zu den Grundzügen der Planung, sondern erfülle sie vielmehr.

Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Das Bauliniengefüge sei nicht funktionslos, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 21. August 2000 - 2 B 99.2166, juris Rn. 17 - betreffend die Grundstücke nördlich des Bauvorhabens, festgestellt habe.

Im Übrigen wurden die Ausführungen des Bescheides vom 23. Dezember 2015 vertieft.

Einer Aufforderung des Gerichts, die Begründung für die Bauraumfestsetzungen auf dem streitgegenständlichen Grundstück und die der nördlich und südlich benachbarten Grundstücke vorzulegen, konnte die Beklagte nicht nachkommen, da eine solche - entsprechend der Erklärung der Beklagten zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung am 3. April 2017 - im Stadtarchiv nicht mehr auffindbar sei.

Das Gericht hat am 3. April 2017 Beweis durch Einnahme eines Augenscheines erhoben. Hinsichtlich der dort getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll des Augenscheins verwiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten der anschließenden mündlichen Verhandlung wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen im Einzelnen Bezug genommen.

Gründe

I. Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da der Klägerin ein Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung zusteht, weshalb sie durch den ablehnenden Bescheid in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Verpflichtung zur Erteilung auszusprechen war (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das Vorhaben, das außerhalb des Bauraumes errichtet werden soll, ist genehmigungsfähig. Soweit nicht ohnehin von einer Funktionslosigkeit der Bauraumfestsetzung auszugehen ist (II. 1. und 2.) hat die Klägerin zumindest einen Rechtsanspruch auf Befreiung (II. 3.). Im Übrigen fügt sich das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in jeder Hinsicht in seine Umgebung ein (III.).

II. 1. Im Bereich westlich der …straße sind - anders als auf der gegenüberliegenden Ostseite der …straße, an der sich nur eine straßenseitige Baugrenze findet - auf dem Baugrundstück und den nördlich sowie südlich benachbarten Grundstücken im Wesentlichen straßenseitige Bauräume durch einfachen übergeleiteten Bebauungsplan festgesetzt worden. Mit Ausnahme des Bauraums auf dem streitgegenständlichen Grundstück und der südlich benachbarten Fl.Nr. … - auf denen sich die Bauräume in der rückwärtigen Hälfte der Grundstücke befinden - sind die Bauräume entlang der …straße mit keinem oder mit Abständen von maximal 5 m von dieser festgesetzt worden. Diese Bauräume sind in dem maßgeblichen, das Baugrundstück prägenden und im Ausschnitt des vorgelegten amtlichen Lageplans enthaltenen Bereich an keiner Stelle eingehalten. Sowohl auf dem Grundstück Fl.Nr. … (…str. 107, 109 und 109 a) als auch auf der Fl.Nr. … (…str. 111 und 113) ragen die Hauptbaukörper ganz wesentlich über den Bauraum hinaus bzw. sind weitere Gebäude völlig außerhalb des Bauraumes vorhanden. Das Gleiche gilt für das Grundstück Fl.Nr. … (…-Str. 44/46). Nördlich des Baugrundstücks setzt sich diese Situierung außerhalb der Bauräume fort, wobei auf dem Grundstück Fl.Nr. … auch der Neubau des Gebäudes …str. 123 a anstelle des Altbestandes im Wesentlichen außerhalb des Bauraumes errichtet wurde, wie beim Augenschein am 3. April 2017 festgestellt werden konnte.

2. Es kann offenbleiben, ob vorliegend aufgrund dieser massiven Überschreitungen die Bauraumfestsetzungen in dem oben umrissenen Bereich der Westseite der …straße bereits funktionslos geworden sind.

Die Annahme der Funktionslosigkeit einzelner Festsetzungen oder des gesamten Bebauungsplans kommt zum einen in Betracht, wenn sich die bauliche Entwicklung in dem Gebiet in einem erheblichen Umfang im Widerspruch zu den planerischen Festsetzungen vollzogen hat. Zu fordern ist für diesen Fall allerdings, dass die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan eine städtebauliche Gestaltungsfunktion im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB nicht mehr zu erfüllen vermag. Es ist danach darauf abzustellen, ob die Festsetzungen - unabhängig davon, ob sie in Teilen des Plangebiets noch durchsetzbar wären - bei einer Gesamtbetrachtung doch die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung in der durch das planerische Konzept vorgegebenen Richtung zu steuern (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.2003 - 4 B 85/03 - BauR 2004, 1128 - zur Festsetzung von Baulinien in einem übergeleiteten Baulinienplan aus den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts).

Hierfür spricht, dass auch im …nahen rückwärtigen Bereich der Grundstücke …-str. 115/ …-Str. 44/46, …-str. 107/109/109a und …-str. 113 massive Bebauung zu finden ist, die die von der Beklagten dargelegte Konzeption des Bebauungsplans in Form einer Konzentration einer straßennahen Bebauung entlang der …straße, um einen flußbegleitenden Grünzug zu erhalten, konterkariert. Für einen Widerspruch zu dieser planerischen Konzeption spielt es auch keine Rolle, dass das …nah gelegene Gebäude …-Str. 44/46 - anders als die …str. 109 a und 113 - nicht von der …straße aus erschlossen wird.

3. Selbst wenn man vorliegend keine Funktionslosigkeit annehmen wollte, weil der maßgebliche Bereich weiter zu ziehen ist und im Norden und Süden des vorliegend skizzierten maßgeblichen Umgriffs die Massivität der Bauraumüberschreitungen abnimmt, besteht jedenfalls gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ein Anspruch auf Befreiung von der Bauraumfestsetzung auf dem streitgegenständlichen Grundstück.

Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB sind vorliegend gegeben.

3.1 Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplanes befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder

2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder

3. die Durchführung des Bebauungsplanes zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Mit dem Begriff der „Grundzüge der Planung“ umschreibt das Gesetz in § 31 Abs. 2 BauGB die planerische Grundkonzeption, die den Festsetzungen eines Bebauungsplans zugrunde liegt und in ihnen zum Ausdruck kommt. Hierzu gehört alles, was das Ergebnis der Abwägung über die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange und den mit den getroffenen Festsetzungen verfolgten Interessenausgleich trägt (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Komm. zum BauGB, Stand: 1.10.2016, Rn. 36 f. zu § 31 BauGB m.w.N.).

3.2 Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (BVerwG, U.v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - juris Rn. 37). Die Beantwortung der Frage, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, setzt die Feststellungen voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird.

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, ob das Vorhaben insoweit noch entscheidend ins Gewicht fällt, weil die Grundkonzeption der Planung bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet aufgeweicht und möglicherweise sogar stellenweise überholt ist (vgl. BayVGH, U.v. 9.8.2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 35).

3.3 Dem vorrangigen Planungsziel der Freihaltung der rückwärtigen, flußbegleitenden Grundstücksbereiche entspricht die vorgesehene Bebauung. Soweit die Beklagte erklärt, dass zudem durch die Festsetzung von Bauräumen eine zweireihige Bebauung habe vermieden werden sollen, stellt die streitgegenständliche Bebauung dieses Planungsziel - abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht durch die Vorlage der Begründung der Bauraumfestsetzungen erhärtet werden konnte - nicht in Frage. Sowohl die Bebauungstiefe als auch die Bestimmung der ein- oder mehrreihigen Bebauung ist von der Erschließungsstraße her zu beurteilen. Damit steht das Vorhaben in der ersten Baureihe - ebenso wie die südlich benachbarten Gebäude …str. 107, 109, 111 und 115 bzw. die nördlich benachbarten Gebäude …str. 121/121 a und 123. Die Tatsache, dass durch die Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes eine zweireihige Bebauung auf dem Grundstück entsteht, ist allein dem Umstand geschuldet, dass die Beklagte hier - anders als auf den übrigen Grundstücken vorgenommen - systemfremd im rückwärtigen Bereich in einem Abstand von 34 m von der Straßenbegrenzungslinie einen Bauraum festgesetzt hat. Das Argument der Beklagten, der Bauraum habe so festgesetzt werden müssen, um den Bestandsschutz der bereits bestehenden Gebäude auf den Fl.Nrn. … und … zu gewährleisten, überzeugt nicht. Die bestehenden Gebäude hätten auch ohne diese Bauraumfestsetzung im Rahmen der geltenden Regeln Bestandsschutz genossen. Lediglich eine Neuerrichtung hätte gegebenenfalls an einer anderen, den Planungszielen der Beklagten entsprechenden Stelle stattfinden müssen, was aber letztlich Sinn einer Planung ist. Das von der Beklagten bereits durch die Festsetzung der Bauräume auf den Fl.Nrn. … und … durchbrochene Planungsziel wird durch die Gebäude …str. 109 a, 113 und 123 a/b weiter in Frage gestellt, auch wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass die …-Str. 44/46 keine Bebauung in zweiter Reihe darstellt, da dieses Gebäude von der …-Straße aus erschlossen wird. Das vorrangige Planungsziel, die …nahen rückwärtigen Bereiche der Grundstücke von Bebauung freizuhalten, weshalb dann auch eine …nahe Bebauung in zweiter Reihe unerwünscht ist, konterkariert die …-Str. 44/46 allerdings in einem erheblichen Maße.

Die Grundzüge der Planung werden daher durch das streitgegenständliche Vorhaben nicht berührt. Abgesehen davon, dass die Beklagte schon mit der Bauraumfestsetzung auf den Fl.Nrn. … und … ein Abweichen vom Planungssystem in Kauf genommen hat, führen die aktuell vorhandenen massiven - oben beschriebenen - Bauraumüberschreitungen dazu, dass das streitgegenständliche Vorhaben nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise die Grundzüge der Planung berühren kann. Soweit die einreihige Bebauung entlang der …straße Planungsziel gewesen sein sollte, wurde dieses Planungsziel durch die Festsetzung des Bauraums auf den Fl.Nrn. … und … (streitgegenständliches Grundstück) selbst in Frage gestellt und in der Folgezeit in einer Weise von diesem Planungsziel abgewichen, die eine ins Gewicht fallende Verschlechterung in Bezug auf die planerische Grundentscheidung ausschließt. Sowohl die Grundentscheidung, den …nahen Bereich auf den Grundstücken zwischen der …straße und der …straße freizuhalten, als auch hier nur eine einreihige Bebauung zuzulassen, wurde durch die tatsächliche Entwicklung im Baugebiet und südlich der Fl.Nrn. … und … sogar vollständig konterkariert.

3.4 Die Abweichung von dem festgesetzten Bauraumgefüge ist gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB auch städtebaulich vertretbar, da eine solche Abweichung, das heißt - auch - Bebauungsmöglichkeiten auf dem Grundstück im straßennahen Bereich, im Rahmen einer entsprechenden Bauraumfestsetzung zulässiger Inhalt eines Bebauungsplanes sein kann und auf dem benachbarten Grundstück auch ist.

Aus den Darlegungen unter 3.3 ergibt sich ebenfalls, dass die Abweichung auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Insbesondere kommt dem Vorhaben - entgegen der Ansicht der Beklagten - keine negative Bezugsfallwirkung hinsichtlich weiterer unerwünschter Bebauung in den rückwärtigen Grundstücksbereichen zu, da sich das Vorhaben gerade nicht im rückwärtigen Grundstücksbereich befindet, sondern korrespondierend zur vorhandenen straßenseitigen Bebauung auf den Grundstücken …str. 107 - 122 straßennah errichtet werden soll.

3.5 Die Erteilung einer Befreiung steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Baugenehmigungsbehörde. Dies bringt der Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 BauGB mit der Formulierung zum Ausdruck, dass von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden „kann“. Den Ermessenscharakter der Befreiungsentscheidung betont auch die höchstrichterliche Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Lehre (BVerwG, U.v. 19.9.2002 - 4 C 13/01, BVerwGE 117, 50/55 ff. m.w.N. und juris).

3.5.1 Allerdings wurde in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Formulierung geprägt, dass „für die Ausübung dieses Ermessens nur wenig Raum besteht, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben sind“ (so BVerwG, U.v. 19.9.2002 - 4 C 13/01 - juris unter Bezugnahme auf Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl. 2002 , Rn. 43 zu § 31 und Jäde in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB und BauNVO, 3. Aufl. 2002 , Rn. 26 zu § 31). Wie das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich feststellt, folgt daraus jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen einer Befreiung vorliegen (ebenso Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Komm. zum BauGB, Stand: 1.10.2016, Rn. 26 zu § 31). Erforderlich ist für eine negative Ermessensentscheidung, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, U.v. 19.9.2002 a.a.O., S. 56; U.v. 4.7.1986 - 4 C 31/84 - juris und BVerwGE 74, 315/319).

Sind die Tatbestandsvoraussetzungen einer Befreiung gegeben, steht im Hinblick darauf bereits fest, dass auf Seiten des Bauherren Gründe vorliegen, die immerhin so gewichtig sind, dass sie mit dem grundsätzlichen Geltungsanspruch der gemeindlichen Bauleitplanung sowie mit entgegenstehenden öffentlichen Belangen oder nachbarlichen Interessen konkurrieren und eine Befreiung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen können.

3.5.2 Im Rahmen des behördlichen Vollzugs ist weiterhin zu entscheiden, ob die für das Vorhaben des Bauherren sprechenden Gründe gegenüber den beeinträchtigten öffentlichen Belangen und privaten Interessen aus Verhältnismäßigkeitsgründen vorrangig sind. Wenn die für die Nutzungsinteressen des Bauherrn streitenden Gründe nach den Umständen des Einzelfalls so gewichtig sind, dass ein Festhalten am Plan ungerecht, insbesondere unverhältnismäßig oder gleichheitswidrig wäre, ist die Befreiung von Verfassungs wegen geboten; in diesen Fällen hat bereits die Erfüllung des Befreiungstatbestandes einen Rechtsanspruch auf Befreiung zur Folge, ohne dass noch ein behördlicher Ermessensspielraum eröffnet wäre. Demgegenüber zwingen weder das Verfassungsrecht noch das grundsätzlich auf behördliche Ermessensbetätigung angelegte einfache Gesetzesrecht zur Bevorzugung der Interessen des Bauherren, wenn die sich gegenüber stehenden Interessen und Belange in etwa gleichgewichtig sind, also nicht außer Verhältnis stehen (vgl. auch: BVerwG, U.v. 4.7.1986, a.a.O.: „zumindest ebenso gewichtig sind“).

3.5.3 Unter Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend kein behördlicher Ermessensspielraum eröffnet, da öffentliche Belange, die der Befreiung entgegenstehen, entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gegeben sind, weshalb sich eine im Rahmen des Ermessens vorzunehmende Gewichtung erübrigt. Es entsteht keine Bebauung in der zweiten - rückwärtigen - Reihe; vielmehr erfolgt auf dem Grundstück erstmalig eine Bebauung in erster - straßennaher - Reihe, weshalb von dem Bauvorhaben auch keine Bezugsfallwirkung für eine weitere Bebauung in zweiter Reihe ausgeht. Die …nahen Grünbereiche des Grundstücks werden nicht tangiert.

Sonstige öffentliche Belange sind weder angeführt noch ersichtlich. Das Gleiche gilt für die privaten Belange der Nachbarn, die ebenfalls nicht negativ betroffen werden.

Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Befreiung für das Bauvorhaben außerhalb des Bauraumes im vorderen Grundstücksbereich.

III. Das Vorhaben, dem gemäß § 30 Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB das vorhandene Bauraumgefüge nicht entgegensteht, fügt sich auch im Übrigen (§ 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB) in die maßgebliche Umgebung ein.

1. Hinsichtlich der Art fügt sich das Wohnbauvorhaben ohne weiteres in die überwiegend durch Wohnnutzung und vereinzelte Gewerbenutzung geprägte Umgebung ein.

2. Auch hinsichtlich des Maßes der Nutzung überschreitet das streitgegenständliche Vorhaben nicht den in seiner Umgebung vorzufindenden Rahmen. Wie beim Augenschein festzustellen war, finden sich in der Umgebung Gebäude mit E + 1 und zwei ausgebauten Dachgeschossen (…str. 123 a (im Bau) und …str. 121 a), deren Firsthöhen in etwa 13 m erreichen. Davon abgesehen weist das südlich benachbarte Gebäude …-Str. 40 - das auf gleicher Geländehöhe liegt wie das Bauvorhaben - drei Geschosse und ein ausgebautes Dachgeschoss auf, wobei sich allein die Wandhöhe auf etwa 10 m beläuft. Auch von dem Gebäude …str. 111 mit zwei Geschossen und einem massiv ausgebauten Dachgeschoss - zwerchgiebelartige Gauben auf der Westseite - geht hier eine dreigeschossige Wirkung aus. Das streitgegenständliche Vorhaben bewegt sich somit ohne weiteres im Rahmen der in der Umgebung vorzufindenden Höhenentwicklung. Da die benachbarten Gebäude weitgehend über zumindest gleich große, zum Teil aber erheblich größere Grundflächen - …str. 115/ …-Str. 40 und auch …str. 111 und 113 - verfügen, fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben auch im Hinblick auf die Gesamtkubatur problemlos in seine Umgebung ein.

Soweit die Rechtsprechung (vgl. BVerwG, B.v. 14.3.2013 - 4 B 49/12 und B.v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - beide juris) davon ausgeht, dass im Rahmen des Maßes der baulichen Nutzung bei offener Bauweise auch das Verhältnis von mit Hauptbaukörpern bebauter Fläche zur umgebenden Freifläche für das Tatbestandsmerkmal des „Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung“ eine Rolle spielt, begegnet das Vorhaben ebenfalls keinen Bedenken. Zusammen mit dem Bestand ergibt sich auf der streitgegenständlichen Fl.Nr. … eine Verhältniszahl von mit Hauptbaukörpern bebauter gegenüber einer von solchen Hauptbaukörpern freien Fläche von 0,215. Deutlich ungünstiger für die insoweit nicht bebaute Fläche ist das Verhältnis auf der Fl.Nr. … (…-str. 115/ …-Str. 40/44/46), nämlich 0,412. Auch die Fl.Nr. … weist insoweit eine Verhältniszahl von 0,262 auf und liegt damit bei der mit Hauptbaukörpern bebauten Fläche deutlich über der des streitgegenständlichen Grundstücks.

3. Hinsichtlich der übrigen Tatbestandsmerkmale des § 34 Abs. 1 BauGB - insoweit kommen noch Bauweise und Bebauungstiefe in Betracht - stellt sich das Bauvorhaben ebenfalls als völlig unproblematisch dar.

IV. Da dem Vorhaben weder sonstige planungsrechtliche noch bauordnungsrechtliche Vorschriften - und zwar weder im Prüfprogramm enthaltene noch als Gründe nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO zur Ablehnung berechtigende - entgegenstehen, war die Beklagte mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die streitgegenständliche Bau-genehmigung zu erteilen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert wird auf € 3.750,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt mit seiner am 3. Februar 2017 erhobenen Klage (M 8 K 17.677) die Aufhebung der der Beigeladenen am 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 erteilten Baugenehmigung für die Neuerrichtung eines Mehrfamilienhauses und eines Rückgebäudes mit Tiefgarage auf dem Grundstück …-strasse 40, Fl.Nr. …, Gemarkung …, … … Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 3. Februar 2017 strebt er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage an.

Das Grundstück des Antragstellers …-strasse 38, Fl.Nr. …, Gemarkung …, … …, ist mit einem viergeschossigen Mehrfamilienhaus bebaut, das mit seiner nordwestlichen Außenwand auf einer Länge von ca. 11 m an die gemeinsame Grundstücksgrenze des Vorhabengrundstücks angebaut ist. Auf der Südostseite weist das Gebäude des Antragstellers einen Grenzabstand auf. Das Gebäude ist straßenseitig 12,6 m lang und hat in diesem Bereich eine Höhe von 19,7 m. Straßenseitig befindet sich ein 80 cm tiefer und 3,95 m langer viergeschossiger Erker.

Im rückwärtigen - nordöstlichen - Gebäudeteil befindet sich ein ebenfalls viergeschossiger, ca. 15,5 m hoher (abgegriffen aus dem Eingabeplan vom 3. September 1974, Plan-Nr. …), 3 m tiefer und 6,2 m langer Gebäudevorsprung, der sich etwa über die Hälfte der rückwärtigen Außenwand erstreckt. In diesem Bereich weist das Gebäude des Antragstellers eine Tiefe von 14 m auf. Die nordwestliche Außenwand des Gebäudevorsprungs verfügt über keine Fenster. An diese Außenwand schließt sich ein erdgeschossiger Wintergarten an, der unmittelbar an der nordwestlichen Grundstücksgrenze endet.

Das nordwestlich des Antragstelleranwesens liegende Vorhabengrundstück war ursprünglich mit einem dreigeschossigen, grenzständigen Mehrfamilienhaus bebaut, das mit seiner südöstlichen Außenwand profilgleich an das Gebäude des Antragstellers angeschlossen war und im nordwestlichen rückwärtigen Bereich über einen zweigeschossigen Anbau verfügte, der nur mit seiner Nord-West-Seite an eine Grundstücksgrenze angebaut war. Zum Grundstück des Antragstellers hin wies der Anbau einen Grenzabstand auf. Der rückwärtige Bereich des Vorhabengrundstücks war mit einem eingeschossigen Rückgebäude an der rückwärtigen und seitlichen - nordwestlichen - Grundstücksgrenze bebaut. Das Rückgebäude diente zuletzt Aufenthaltszwecken und wurde ausweislich der vorgelegten Behördenakten mit Baugenehmigung vom 12. Dezember 1947 widerruflich auf die Dauer von 5 Jahren als ein „Werkstätten-Gebäude“ genehmigt.

Das nordwestlich benachbarte Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. …, Gemarkung …, … …, ist mit einem fünfgeschossigen Mehrfamilienhaus bebaut, das mit einer Tiefe von ca. 12 m zu dem Vorhabengrundstück hin grenzständig errichtet ist. Auf der Nord-West-Seite hält das Gebäude einen Grenzabstand ein. Auch dieses Gebäude verfügt im rückwärtigen Bereich über einen Gebäudevorsprung. Die Gesamttiefe des Gebäudes im Bereich des Gebäudevorsprungs beträgt 18 m (abgegriffen aus dem Lageplan). Das Grundstück ist im rückwärtigen Bereich mit einem an drei Grundstücksgrenzen angebauten zweigeschossigen Rückgebäude mit einer Wandhöhe von 6,65 m bebaut. Im erdgeschossigen Bereich findet eine Garagennutzung statt. Mit Baugenehmigung vom 25. Mai 1960 nach Plan-Nr. … wurde die Aufstockung des Garagengebäudes um ein weiteres Geschoss mit Büronutzung (5 Büros) genehmigt.

Im Übrigen befinden sich entlang der …-strasse weitere straßenseitige Bebauungen mit bis zu fünf Geschossen und Gebäudetiefen mit bis zu 20 m, wobei die nordwestlich bzw. südöstlich des Gebäudekomplexes …strasse 38-42 liegenden Anwesen …-strasse 44 bzw. 36 jeweils einen seitlichen Grenzabstand zu diesen Grundstücken aufweisen. Das Gebäude …-straße 15 ist fünf- bis sechsgeschossig und setzt sich durch seine Kubatur und Bauweise deutlich von dem Gebäude …-strasse 36 ab.

Entlang der …-strasse ist durch die Festsetzung einer Baulinie ein 4 m breiter Vorgarten festgesetzt.

 

Lageplan Bestand Mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 erteilte die Antragsgegnerin für das streitgegenständliche Grundstück einen (teilweise) positiven Vorbescheid nach Plan-Nr. … Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens war im Wesentlichen die planungsrechtliche Zulässigkeit der Neuerrichtung eines straßenseitigen Mehrfamilienhauses mit einer Tiefe von 17 m und einer Wandhöhe von 17,75 m in der Variante A - mit Flachdach und einem zurückgesetzten Terrassengeschoss - sowie eines Gebäudes mit einer Firsthöhe von 18,8 m in der Variante B - mit Mansarddach. Als Variante 2 wurde die planungsrechtliche Zulässigkeit der Neuerrichtung eines Rückgebäudes an der rückwärtigen und seitlichen - westlichen - Grundstücksgrenze abgefragt. Die Antragsgegnerin beurteilte das Vorhaben nur hinsichtlich des Vordergebäudes in beiden Varianten A und B, nicht jedoch hinsichtlich des Rückgebäudes positiv. Die gestellten Vorbescheidsfragen hinsichtlich der Abweichungen von den Abstandsflächen blieben wegen mangelnder Plandarstellung unbeantwortet.

Gegen diesen Vorbescheid der Antragsgegnerin erhob der Antragsteller Klage vor dem erkennenden Gericht (M 8 K 13.4942), die aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2014 abgewiesen wurde. Einen Antrag des Antragstellers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil der Kammer vom 24. November 2014 lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Januar 2016 (2 ZB 15.384) ab.

Mit Bauantrag vom 26. Oktober 2015 beantragte die Beigeladene nach Plan-Nr. … die Erteilung einer Baugenehmigung für die Neuerrichtung eines straßenseitigen Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage und eines grenzständigen Rückgebäudes.

Das Vordergebäude war fünfgeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss im Mansarddach und straßenseitig mit einer Traufhöhe von 15,15 m und eine Firsthöhe von 19,15 m geplant. Im östlichen Bereich des Gebäudes sollte sich im Vorgartenbereich ab dem ersten Obergeschoss ein ca. 1,2 m tiefer und ca. 4 m breiter viergeschossiger Erker befinden.

Zum Innenhof hin sollte das Dachgeschoss des Vordergebäudes als ein Terrassengeschoss ausgebildet werden. Die Wandhöhe bis zur Oberkante der Terrassenbrüstung beträgt 15,75 m. Das Vordergebäude sollte auf den nordwestlichen und südöstlichen Grundstücksgrenzen errichtet werden.

An der nordöstlichen Außenwand zum Innenhof hin waren ab dem ersten bis zum vierten Obergeschoss Balkone geplant, die im Wesentlichen 1,7 m tief waren. Der Abstand der Balkone zu der westlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers beträgt 93 cm. Die nordöstliche Außenwand sollte ca. 11,7 m breit, die Balkone sollten maximal 3,85 m werden.

Das geplante Rückgebäude war zweigeschossig mit Flachdach und sollte an der rückwärtigen und den seitlichen Grundstücksgrenzen des Vorhabengrundstücks errichtet werden. Dieses Gebäude verfügt über eine Höhe von 6,25 m, eine Gebäudebreite von 11,59 m bzw. 11,65 und eine Tiefe von 5,06 m bzw. 5,10 m. Das erste Obergeschoss sollte im östlichen, dem Antragstellergrundstück zugewandten, Bereich als ein um 3 bzw. 3,16 m nach Westen zurückversetztes Terrassengeschoss ausgebildet werden. Die Wandhöhe bis zur Oberkante der Terrassenbrüstung im ersten Obergeschoss beträgt 3,97 m. Der Terrassenbereich wurde durch Handeintrag vom 2. Mai 2016 auf 81 cm x 3,31 m verkleinert, wobei der restliche Bereich der Bepflanzung dienen soll.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2016 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Genehmigung nach Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 23. November, 21. April und 2. Mai 2015, Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 2. Mai 2015, Baumbestandsplan Plan-Nr. … sowie Freiflächengestaltungsplan nach Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 21. April und 2. Mai 2015.

Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2016 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers mit einem am 15. Juni 2016 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz eine Anfechtungsklage (M 8 K 16. 2682).

Mit Schriftsatz vom 5. August 2016, beim Gericht am selben Tag per Telefax eingegangen, stellten die Antragstellerbevollmächtigten einen Antrag nach §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO (M 8 SN 16.3499).

Das erkennende Gericht hat mit Beschluss vom 10. November 2016 im Verfahren M 8 SN 16.3499 die aufschiebende Wirkung der am 15. Juni 2016 erhobenen Klage (M 8 K 16.2682) gegen die Baugenehmigung vom 23. Mai 2016 für den Neubau eines Wohngebäudes mit Tiefgarage und Hinterhaus auf dem Grundstück …-strasse 40, Fl.Nr. …, angeordnet und der Beigeladenen und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte auferlegt. Nach summarischer Prüfung sei die Baugenehmigung vom 23. Mai 2016 rechtswidrig. Der Antragsteller sei nicht durch den Vorbescheid vom 16. Oktober 2013 an der Anfechtung gehindert gewesen. Die genehmigten Planunterlagen hätten aufgrund unvollständiger und missverständlicher Planangaben keine geeignete Grundlage der Baugenehmigung sein können, da zum einen die Abstandsflächen des grenzständigen Rückgebäudes zum Grundstück des Antragstellers hin nicht dargestellt gewesen seien, obwohl diese - soweit die östliche Außenwand des Gebäudes von der Grundstücksgrenze abrückt - anfallen, und zum anderen die genehmigten Planunterlagen auch insoweit unvollständig waren, als darin keine Abstandsflächen der hofseitigen Balkone zu dem Antragstellergrundstück hin und in Richtung Norden dargestellt waren. In diesen Mängeln der Bauvorlagen lag eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Antragstellers.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

Im Klageverfahren M 8 K 16. 2682 erklärten die Beteiligten die Hauptsache für erledigt, nachdem die Beigeladene den Bauantrag vom 26. Oktober 2015 mit Schreiben vom 22. Februar 2017 zurückgezogen hatte. Das erkennende Gericht stellte daraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 6. April 2017 ein und legte der Beigeladenen und der Beklagten die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte auf.

Für das Bauvorhaben wurde von der Antragsgegnerin am 6. Dezember 2016 eine Teilbaugenehmigung für den Baugrubenverbau und die Errichtung der Kellerbodenplatte (Az.: …) erteilt.

Am 19. Januar 2017 genehmigte die Beklagte im vereinfachten Genehmigungsverfahren den Bauantrag vom 18. November 2016 nach Plan Nr. … mit Änderungsantrag vom 12. Dezember 2016 nach Plan Nr. … und Freiflächengestaltungsplan nach Plan Nr. … … Der Antragsteller erhielt einen Abdruck des Baugenehmigungsbescheids.

Die Pläne entsprechen im Wesentlichen den Plänen zur mit Bescheid vom 23. Mai 2016 erteilten Baugenehmigung. Die hofseitigen Balkone sind nun aber nur 1,5 m tief. Als Anlage wurde der Baugenehmigung zudem auch eine „Abstandsflächendarstellung (Abweichungen M 1:200)“ - laut Anlage als „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ bezeichnet - beigefügt, die Bestandteil des Bescheids ist.

 

Lageplan Bauvorhaben (Baugenehmigung vom 19. Januar 2017) Wie in der Baugenehmigung vom 23. Mai 2016 erteilte die Antragsgegnerin auch in der Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 zahlreiche Befreiungen und Abweichungen.

Unter Nummer 4 der Abweichungen erteilte die Antragsgegnerin eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung (Überschreitung) erforderlicher Abstandsflächen (1H) durch den straßenseitigen Erker zum Grundstück des Antragsteller.

Zur Begründung wurde zunächst auf die Darstellung der Abweichung nach dem Plan „Abweichungen“ Antrag (4) verwiesen.

Die Erteilung begründete die Antragsgegnerin sodann damit, dass die Beigeladene das gleiche Recht in Anspruch nehme, welches von Seiten des Antragstellers in Form einer Abstandsflächenübertretung auf das streitgegenständliche Grundstück beansprucht werde. Belichtung und Belüftung der Räume auf dem Nachbargrundstück wurden nicht wesentlich beeinträchtigt und ein ausreichender Sozialabstand bliebe gewahrt.

Unter Nummer 8 der Abweichungen erklärte die Antragsgegnerin ausdrücklich, dass keine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen (1H) durch das Rückgebäude zum Grundstück des Antragstellers notwendig sei.

Mit Nachgangsbescheid vom 8. März 2017 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen in Abänderung der Nr. 8 zu den Abweichungen der Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 die beantragte Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 BayBO. Der Antragsteller erhielt einen Abdruck des Nachgangsbescheides.

In der Begründung gibt die Antragsgegnerin an, dass sie die beantragte Abweichung in Anbetracht rechtlicher Unsicherheit (vorsorglich) erteile. Die Abweichung könne auch unter Berücksichtigung nachbarlicher Interessen erteilt werden, da sie die ordnungsgemäße Belichtung und Belüftung sowie Besonnung der Nachbargrundstücke gewährleistet sei.

Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Januar 2017 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers mit einem am 3. Februar 2017 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz eine Anfechtungsklage.

Mit Beschluss des Gerichts vom 20. Februar 2017 wurde die am 3. Februar 2017 erhobene Klage gegen die Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 vom Verfahren M 8 K 16.2682 getrennt und unter dem Aktenzeichen M 8 K 17.677 fortgeführt.

Mit demselben Schriftsatz vom 3. Februar 2017 stellten die Antragstellerbevollmächtigten einen Antrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO und beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 anzuordnen.

Mit Schriftsätzen vom 29. März 2017 wurde die Einbeziehung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 in das Klageverfahren und das Eilrechtsschutzverfahrens erklärt, sodass nunmehr die Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 streitgegenständlich ist.

Zur Begründung führen die Bevollmächtigten des Antragstellers in tatsächlicher Hinsicht aus, dass mit den Baumaßnahmen bereits begonnen worden sei. Der Baugrubenverbau sei fertiggestellt.

Der Antragsteller meint, die aufschiebende Wirkung sei anzuordnen, da das Vorhaben die im Prüfprogramm enthaltenen Abstandsflächenvorschriften und das Rücksichtnahmegebot verletze.

Hinsichtlich der Abstandsflächen des Rückgebäudes meint der Antragsteller, dass er die Feststellung im Beschluss vom 10. November 2016 (M 8 SN 16.3499), die Errichtung eines grenzständigen Rückgebäudes auf dem Baugrundstück sei planungsrechtlich zulässig und löse insoweit - soweit es an der Grundstücksgrenze errichtet wurde - deshalb keine Abstandsflächen aus, nicht mittrage.

Jedenfalls sei festzustellen, dass die östliche Außenwand des Rückgebäudes insoweit, als sie nicht grenzständig errichtet werde, Abstandsflächen auslöse. Eine für die Abweichung erforderliche Atypik liege zudem nicht vor.

Auch die östliche Außenwand des Vordergebäudes löse insoweit Abstandsflächen aus, als sie über die vorhandene Bautiefe hinweg reiche. Die Grundstücke …-strasse 38, 40 und 42 seien die maßgebliche Umgebung. Die beiden zum Vorhabengrundstück benachbarten Grundstücke seien mit jeweils einer Länge von ca. 11 m bzw. ca. 12 m grenzständig bebaut. Die beiden Gebäude auf diesen Nachbargrundstücken würden einen tiefer in das jeweilige Grundstück hineinreichenden Gebäudeteil aufweisen, der aber jeweils nicht grenzständig bebaut sei. Diese Bauweise, geschlossene Bauweise nur bis zu einer bestimmten Tiefe, finde sich auch in der näheren Umgebung. Hinzu komme noch die Tiefe der Bebauung durch das Rückgebäude. Ein Grenzanbau sei in dieser Tiefe ohne Einhaltung von Abstandsflächen wegen Art. 6 BayBO nicht zulässig.

Das Bauvorhaben sei auch planungsrechtlich unzulässig, weil es das Rücksichtnahmegebot verletze. Nach den Bauunterlagen sei beabsichtigt, die gemeinsame Grundstücksgrenze in einer Tiefe von insgesamt 22 m grenzständig zu bebauen. Im rückwärtigen Bereich bleibe lediglich eine Tiefe von 10,29 m unbebaut; dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass in diesem Bereich noch mit nur geringem „Sozialabstand“ eine Terrasse mit einer Tiefe von 2,40 m errichtet werden würde.

Diese massive Bebauung auf dem verhältnismäßig kleinen Vorhabengrundstück führe zu einer Riegelwirkung gegenüber dem Anwesen des Antragstellers. Hinzu kommen würden zahlreiche Einsichtnahmemöglichkeiten auf das Grundstück des Antragstellers, sowohl durch die Terrassen des Rückgebäudes als wie auch durch die Terrassen und Balkone des Vordergebäudes.

Mit Schreiben vom 8. März 2017 beantragten die Bevollmächtigten der Beigeladenen, den Antrag abzulehnen.

Hinsichtlich des Vordergebäudes verweist die Beigeladene zunächst auf die Entscheidung des BayVGH im Vorbescheidsverfahren (B.v. vom 27.1.2016 - 2 ZB 15.384), in welcher bestätigt worden sei, dass die geplante Errichtung eines Gebäudes von 11,73 m Länge und 17 m Tiefe nicht wegen Rücksichtlosigkeit gegenüber dem Antragsteller unzulässig sei. Auch die erkennende Kammer habe bestätigt, dass eine grenzständige Bebauung des Vordergebäudes in der genehmigten Tiefe planungsrechtlich vorgegeben und insoweit zulässig sei mit der Folge, dass keine Abstandsflächen zu Lasten des Antragstellers ausgelöst werden.

Hinsichtlich des Rückgebäudes verweist die Beigeladene auf die Rechtsprechung des BayVGH vom 26. Januar 2000, Az. 26 CS 09.2733. Die Form der Abstufung sei gerade deshalb gewählt worden, um den Belangen des Antragstellers Rechnung zu tragen.

Höchst vorsorglich habe die Beigeladene nochmals einen Abweichungsantrag gestellt, der von Seiten der Antragsgegnerin auch im Nachgangsbescheid vom 8. März 2017 erteilt worden sei.

Die gerügte Einsichtnahmemöglichkeit in das Anwesen des Antragstellers sei kein nachbarschützender Belang, wie der BayVGH für einen derart verdichteten Bereich bereits entschieden habe.

Mit Schreiben vom 9. März 2017 beantragt die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin trägt vor, die zum Grundstück des Antragstellers hin erteilten Abweichungen Nummer 4 und die im Nachgangsbescheid vom 08.03.2017 erteilte (vorsorglich) erteilte Abweichung Nummer 8 seien rechtmäßig.

Selbst bei Unterstellen der Rechtswidrigkeit könne sich der Antragsteller wegen § 242 BGB nicht darauf berufen. Das Gebäude des Antragstellers werfe selbst insgesamt 39,52 m² seiner Abstandsflächen auf das Vorhabengrundstück. Das Bauvorhaben seinerseits werfe auf das Grundstück des Antragstellers dagegen nur 23,19 m² seiner Abstandsfläche.

Die östliche grenzständig zu errichtende Außenwand des Vordergebäudes löse keine Abstandsflächen aus. Die Bebauungstiefe sei im Geviert bereits vorhanden und damit zulässig. Abgesehen davon handele es sich vorliegend um geschlossene Bauweise.

Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots liege nicht vor. Unzumutbare Beeinträchtigungen hinsichtlich Licht- und Luftverhältnissen oder des Sozialabstandes seien nicht ersichtlich. Auch würden keine neuen, nicht hinzunehmenden Einsichtmöglichkeiten durch das Vorhaben geschaffen. Eine „einmauernde“, „erdrückende“ oder „abriegelnde“ Wirkung gegenüber der Bebauung des Grundstücks des Antragstellers komme dem Vorhaben nicht zu. Der Baukörper sei nicht erheblich höher als das betroffene Gebäude des Antragstellers.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg, da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die angefochtene Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 verletzt bei summarischer Prüfung nicht das Rücksichtnahmegebot. Daher ist der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Übrigen verletzt die Baugenehmigung zwar möglicherweise nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts, der Antragsteller kann sich hierauf aber gemäß § 242 BGB analog nicht berufen.

1. Nach § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a.a.O., § 80 Rn. 73 ff.).

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3).

3. Zunächst ist festzustellen, dass der Antragsteller nicht durch den bestandskräftigen Vorbescheid vom 16. Oktober 2013 (Art. 71 BayBO) daran gehindert ist, gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 gerichtlich vorzugehen.

Der sachliche Umfang der Bindungswirkung eines Vorbescheids ergibt sich aus den im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen und den dem Vorbescheidsantrag zu Grunde liegenden Planzeichnungen (vgl. Decker: in Simon/Busse, BayBO, 122. EL Januar 2016, Art. 71 Rn. 103). Die Bindung erstreckt sich nur auf Vorhaben, die inhaltlich dem Vorbescheid vollständig entsprechen oder von diesem ohne Veränderung der Grundkonzeption allenfalls geringfügig abweichen (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 8). Das Vorhaben darf mithin nicht derart verändert werden, dass wegen dieser Änderung die Genehmigungsfrage in bauplanungsrechtlicher und/oder bauordnungsrechtlicher Hinsicht erneut aufgeworfen wird. Wird das Vorhaben derart verändert, dass es in rechtserheblicher Weise von den entschiedenen Punkten abweicht und die Genehmigungsfrage neu aufwirft, entfällt die Bindungswirkung des Vorbescheids (vgl. BayVGH, U.v. 4.11.1996 - 1 B 94.2923 - BayVBl. 1997, 341 f.; BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 8).

Das im Baugenehmigungsverfahren genehmigte Vorhaben ist bereits durch die Veränderung der Wand- und Firsthöhen des Vordergebäudes und durch die geplante Terrasse im Dachgeschoss sowie durch die hierdurch verursachte Änderung der abstandsflächenrechtlichen Situation gegenüber der des Vorbescheidsvorhabens nicht mehr im ausreichenden Umfang mit dem ursprünglich geplanten Bauvorhaben identisch. Hinzu kommt, dass das mit streitgegenständlicher Baugenehmigung genehmigte Rückgebäude - das ein Teil des einheitlichen Gesamtvorhabens ist - anders situiert werden soll, als das im Vorbescheidsverfahren abgefragte Rückgebäude. Auch aus diesem Grund weicht das streitgegenständliche Vorhaben von dem Vorbescheidsvorhaben so weit ab, dass eine Bindungswirkung des Vorbescheids vom 16. Oktober 2013 nicht mehr angenommen werden kann. Die Änderungen in dem Baugenehmigungsverfahren haben zur Folge, dass sich die Prüfungsvoraussetzungen in bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Hinsicht geändert haben. Das streitgegenständliche Vorhaben, das ein an drei Grundstücksgrenzen angebautes Rückgebäude beinhaltet, erfordert eine erneute Prüfung im Hinblick auf das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme sowie - aufgrund der veränderten Wand- und Firsthöhen des Vordergebäudes - eine abstandsflächenrechtliche Neubetrachtung, was zum Entfall der Bindungswirkung des Vorbescheids führt (vgl. BayVGH, U.v. 4.11.1996 - 1 B 94.2923 - BayVBl. 1997, 341 f.).

4. Zudem ist vorab festzustellen, dass die eingereichten Planunterlagen vollständig und verständlich sind, sodass sie eine geeignete Grundlage für die Baugenehmigung sein können.

Die in dem Beschluss vom 10. November 2016 - M 8 SN 16.3499 - festgestellte Mängel der Planunterlagen wurden beseitigt.

Durch die Beifügung der Anlage „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ werden die Abstandsflächen entsprechend der Vorgaben der Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO, § 1 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 Nr. 13 BauVorlV dargestellt.

Dies gilt insbesondere für die Abstandsflächen des grenzständigen Rückgebäudes zum Grundstück des Antragstellers (im Plan als „ABSTANDSFLÄCHE RGB 15,15 M²; (6) ANTRAG ABW.AF RGB AUF LI38“ bezeichnet).

Die fehlende Darstellung von Abstandsflächen von den hofseitigen Balkonen ist nicht zu beanstanden, da diese - entgegen des ursprünglichen Bauvorhabens - bei der Bemessung der Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO außer Betracht bleiben. Statt der ursprünglichen Tiefe der Balkone von 1,7 m, sind die Balkone in den Plänen nunmehr mit einer Tiefe von 1,5 m vermasst, sodass die Voraussetzung des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 lit. b BayBO erfüllt ist; auch die übrigen, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO sind gegeben, da der breiteste Balkon mit 3,85 m nicht mehr als ein Drittel der Breite der nördlichen Außenwand (ca. 12,6 m) ausmacht (Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 lit. a BayBO) und der Abstand zum gegenüberliegenden Nachbarn deutlich mehr als 2 m beträgt (Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 lit. c BayBO).

5. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt ist.

5.1 Es entspricht der ganz herrschenden Meinung, dass die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht nachbarschützend sind (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12).

Für die Verletzung von nachbarlichen Rechten kommt es daher vorliegend allein darauf an, ob das Vorhaben die mit dem Gebot des Einfügens (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) geforderte Rücksichtnahme auf den Antragsteller einhält (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12; B.v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris Rn. 4).

Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - juris Rn. 22).

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 23; B .v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 2 CS 15.17 n.v.). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 19.03.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12 m.w.N.). Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B.v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B.v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9; BayVGH B.v. 9.2.2015 - 2 CS 15.17 n.v).

5.2 Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich das streitgegenständliche Vorhaben nicht als rücksichtlos dar.

Zunächst ist festzustellen, dass einer etwaigen Nichteinhaltung der Abstandsflächen keine Indizwirkung hinsichtlich einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots zukommt. Vielmehr gilt eine entsprechende Indizwirkung nur umgekehrt, sodass bei Einhaltung der landesrechtlich geltenden Abstandsflächen regelmäßig die Wahrung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots anzunehmen ist (BayVGH, B.v. 5.11.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 29).

Ein „übergroßer“ Baukörper in unmittelbarer Nähe des Grundstücks des Antragstellers liegt nicht vor.

Die Höhe des geplanten Vordergebäudes (Firsthöhe: 19,15 m) übersteigt die des Gebäudes des Antragstellers (Firsthöhe: 19,7 m) nicht, sodass sich das Vorhaben diesbezüglich in die nähere Umgebung einfügt und nicht als rücksichtlos darstellt.

Hinsichtlich des geplanten Rückgebäudes gilt dies entsprechend, da dieses die Höhe des Rückgebäudes der …-strasse 42 (Wandhöhe ca. 6,65 m) mit 6,20 m unterschreitet.

Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügt sich das Vorhaben in die nähere Umgebung ein. Selbst wenn man die größeren Bebauungstiefen der …-strasse 36 und 44 als nicht maßstabbildend ansehen würde, da die Gebäude …-strasse 38 - 42 sich hiervon strukturell unterscheiden, wird durch die Bebauungstiefe der …-strasse 42 (18 m) der Maßstab für die Gebäude …-strasse 38 und 40 vorgegeben. Abgesehen davon wird von dem Rückgebäude der …-strasse 42 eine Bebauungstiefe von ca. 34 m verwirklicht, da die Bebauungstiefe grundsätzlich von der Erschließungsstrasse her zu ermitteln ist (vgl. § 23 Abs. 4 BauNVO).

Keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist dagegen in der behaupteten Abweichung des Bauvorhabens von der laut Antragsteller vorhandenen geschlossenen Bauweise bis zu einer bestimmten Bebauungstiefe zu sehen. Die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, sind jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. (BVerwG, B.v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 -, juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 -, juris Rn. 4; BVerwG, U.v. 15.12.1994 - 4 C 19/93 -, juris Rn. 17). Dies ist auch im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots zu beachten. Die vom Antragsteller vorgetragene Kombination zweier Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB kann daher kein Maßstab für das Einfügen bzw. das Rücksichtnahmegebot sein.

Auch eine „einmauernde“ Wirkung des Vorhabens auf das Grundstück des Antragstellers besteht nicht.

Hinsichtlich des geplanten Vordergebäudes auf dem Vorhabengrundstück ist anzumerken, dass eine unverbaute, nicht beeinträchtigte Sicht im innerstädtischen Bereich nicht verlangt werden kann. Ein solches Interesse ist wegen der notwendigen Verdichtung zur Schaffung von Wohnraum nicht schützenswert, vgl. § 1a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BauGB. Der Blick vom Grundstück des Antragstellers war zudem nach Westen hin auch bisher schon durch die früheren Gebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück eingeschränkt. Diese Beschränkung dürfte mit der früheren Bebauung auf dem streitgegenständlichen Grundstück wohl sogar größer gewesen sein. Denn neben dem dort befindlichen, früheren Vordergebäude mit gleicher Bebauungstiefe wie das jetzige Vorhaben, war das frühere Rückgebäude entlang der nordwestlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück …-strasse 42 situiert, sodass früher ein fast geschlossener „Riegel“ nach Westen hin bestand. Schließlich überragt das geplante Vordergebäude das Gebäude des Antragstellers mit seiner Höhe trotz der unterschiedlichen Geschosszahl nicht bzw. nicht erheblich (s.o.).

Das streitgegenständliche Vordergebäude ist zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze 6 m tiefer als der dort vorhandene Gebäudeteil des Antragstellers. Von einer einmauernden Wirkung des ebenfalls viergeschossigen, nach Nordosten vorspringenden Gebäudeteils des Antragstellers kann aber nicht ausgegangen werden, da dieser einen Abstand von knapp 7 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze aufweist.

Die Beschränkung der Sicht nach Norden hin durch das Rückgebäude des streitgegenständlichen Grundstücks wird dadurch abgemildert, dass neben dem freien Blick auf das Grundstück mit Fl.Nr. … auch durch das zurückgesetzte Terrassengeschoss des Rückgebäudes die Sicht nach Norden hin erleichtert wird. Die zurückgesetzte Bebauung steht auch angesichts der wohl zulässigen, zweigeschossigen Grenzbebauung im Einklang mit dem Rücksichtnahmegebot. Zudem befindet sich das Rückgebäude in deutlicher Entfernung von der Wohnnutzung auf dem Grundstück des Antragstellers. Gerade für die Bewohner in den oberen Etagen wird das zwei- bzw. eingeschossige Rückgebäude kaum beeinträchtigende Wirkung entfalten.

5.3 Im Übrigen gibt das Rücksichtnahmegebot dem Nachbarn insbesondere nicht das Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung, speziell vor jeglichen Einblicken verschont zu bleiben (vgl. Sächs. OVG, B.v. 23.2.2010 - 1 B 581/09 - juris Rn. 5). Gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten sind im dicht bebauten innerstädtischen Bereich unvermeidlich. Die - auch insoweit gegenseitig - Betroffenen können sich durch das Anbringen von Jalousien oder verspiegelten Fenstern behelfen (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 30).

Gemessen daran liegt auch hinsichtlich vermeintlicher Einsichtnahmemöglichkeiten keine Rücksichtlosigkeit vor. Im nördlichen Teil des Grundstücks des Antragstellers findet sich keine Bebauung, sodass die Einsicht von der Terrasse im ersten Obergeschoss des Rückgebäudes auf das Grundstück des Antragstellers nicht auf Wohnbereiche möglich ist, sondern lediglich auf die Freifläche im rückwärtigen Grundstücksteil des Antragstellers. Die Entfernung von der Terrasse des Rückgebäudes zur Wohnnutzung auf dem Grundstück des Antragstellers ist mit ca. 7 m Luftlinie erheblich; eine dennoch möglicherweise entstehende Beeinträchtigung ist als zumutbar hinzunehmen.

Vom Vordergebäude sind Einsichtmöglichkeiten nicht zu befürchten, da eine Einsicht von den Balkonen ebenfalls nur auf die Freifläche des Grundstücks des Antragstellers möglich sein dürfte; direkt zu dem Grundstück des Antragstellers ausgerichtete Fenster existieren nicht.

6. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte des Antragstellers verstößt (6.2), die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, Art. 59 Satz 1 BayBO (6.1) (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), der Antragsteller sich jedoch hierauf aufgrund der auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsätze von Treu und Glauben nicht berufen kann (6.3).

6.1 Das beantragte Bauvorhaben, das keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt, wurde im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO genehmigt. Da die Beigeladene zum Grundstück des Antragstellers Abweichungen von den Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach Art. 6 BayBO beantragt und die Antragsgegnerin diese gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO in der Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 bzw. mit Nachgangsbescheid vom 8. März 2017 erteilt hat, gehören die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften gem. Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO auch zum Prüfumfang der streitgegenständlichen Baugenehmigung, sodass sie im Rahmen des Nachbarrechtsbehelfes zu prüfen sind (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 - juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 5.11.2015 - 15 B 15.1371 - juris Rn. 15).

6.2 In bauordnungsrechtlicher Hinsicht stellen sich die in der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 erteilten Abweichungen Nummer 4 und 8 bei summarischer Prüfung wohl als rechtswidrig dar.

6.2.1 Der straßenseitige Erker auf dem streitgegenständlichen Grundstück löst gemäß Art. 6 Abs. 1 und Abs. 5 BayBO Abstandsflächen aus, da Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO nicht bei mehrgeschossigen Erkern - wie dem vorliegenden - anwendbar ist. Die nach Osten hin einzuhaltende Abstandsfläche von 11,7 m² (ca. 11,7 m mal 1 m) liegt jedoch mit 8,04 m² (abgegriffen aus der Abstandsflächendarstellung) auf dem Grundstück des Antragstellers, weshalb ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO gegeben ist. Insoweit ist eine rechtmäßige Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erforderlich ist, damit die Baugenehmigung für das Vorhaben gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO erteilt werden darf.

6.2.2 Zwar löst die östliche Außenwand des streitgegenständlichen Rückgebäudes gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen aus, soweit das Gebäude an den Grundstücksgrenzen errichtet ist, da ein Grenzanbau nach der planungsrechtlichen Regelungen des § 34 Abs. 1 BauGB zulässig ist (6.2.2.1). Jedoch fällt für die nach Westen zurückversetzte Außenwand des Terrassengeschosses eine Abstandsfläche zum Grundstück des Antragstellers nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 BayBO an, die entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO nicht vollständig auf dem streitgegenständlichen Grundstück, sondern mit 15,15 m² auf dem Grundstück des Antragstellers liegt (6.2.2.2).

6.2.2.1 Der Grenzanbau ist nach der planungsrechtlichen Regelung des § 34 Abs. 1 BauGB zulässig.

Ob ein Grenzanbau im fraglichen Grundstücksbereich (dem Grunde nach) zulässig ist, beurteilt sich in erster Linie nach dem bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitskriterium der Bauweise, unter Umständen auch nach der überbaubaren Grundstücksfläche (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zur BayBO 2008, LT-Drs. 15/7161, S. 41 und Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 6 Rn. 61, 82 und 83), wobei das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen bei Innenbereichsvorhaben, wenn entsprechende planerische Festsetzungen durch einfachen Bebauungsplan nicht getroffen wurden, gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Maßgabe des Einfügensgebots im Hinblick auf Eigenart der näheren Umgebung zu bestimmen ist.

Selbst wenn vorliegend für die Prüfung des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB ein engerer Umgriff - bestehend aus den drei unmittelbar angrenzenden Grundstücken …-strasse 38, 40 und 42 - herangezogen wird, sind für eine grenzständige rückwärtige Bebauung entsprechende Vorbilder vorhanden. Das westlich benachbarte Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. …, ist im rückwärtigen Bereich mit einem grenzständigen Gebäude mit genehmigter Hauptnutzung im 1. Obergeschoss bebaut, an das sich das streitgegenständige Rückgebäude anschließen soll. Auch das Vorhabengrundstück war zuvor mit einem eingeschossigen, grenzständigen Rückgebäude bebaut, das der Aufenthaltsnutzung diente.

Auch hinsichtlich des Einfügungskriteriums der überbaubaren Grundstücksfläche, die regelmäßig in Bezug auf die jeweilige Erschließungsstraße zu ermitteln ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 - juris Rn. 4), können hier das rückwärtige Bestandsgebäude auf dem Vorhabengrundstück sowie das westlich benachbarte Rückgebäude als Vorbilder herangezogen werden.

6.2.2.2 Die Regelung des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO kommt allerdings nicht zur Anwendung, soweit die Außenwände der von der Grundstücksgrenze zurückversetzten Terrassengeschosse nicht unmittelbar an der Grundstücksgrenze stehen. Vor diesen zurückgesetzten Außenwänden ist eine Abstandsfläche nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO einzuhalten. Dabei berechnet sich die Abstandsfläche nach aktueller Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (B.v. 11.11.2015 - 2 CS 15.1251 - juris Rn. 4) nach der fiktiv nach unten bis zum Schnitt mit der Geländeoberfläche verlängerten Außenwand der Staffelgeschosse und nicht von der Höhe des zurückgesetzten Wandteils ab dem Austrittspunkt aus dem auf die Grundstücksgrenze gebauten Gebäudeteil (so bislang allerdings BayVGH folgend dem B.v. 26.1.2000 - 26 CS 99.2733 - juris mit Blick auf den Rechtsgedanken des Art. 6 Abs. 1 Satz 4 BayBO 1998).

Unter Zugrundlegung der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kommt vor der östlichen Außenwand eine Abstandsfläche mit einer Tiefe von 6,25 m (die fiktive Wandhöhe des Terrassengeschosses) und einer Breite von 5,10 m zu liegen. Von dieser Abstandsfläche von insgesamt 31,88 m² liegen 15,03 m² auf dem streitgegenständlichen Grundstück, 1,70 m² auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, … … (abgegriffen aus der Abstandsflächendarstellung), und 15,15 m² auf dem Grundstück des Antragstellers (abgegriffen aus der Abstandsflächendarstellung).

Die gesetzliche Abstandsfläche liegt daher entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO nicht (vollständig) auf dem eigenen Grundstück, weshalb insoweit eine rechtmäßige Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erforderlich ist, damit die Baugenehmigung für das Vorhaben gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO erteilt werden darf.

6.2.3 Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Die Zulassung einer Abweichung setzt Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Belüftung im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris Rn. 3; B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). Es müssen rechtlich erhebliche Unterschiede vorliegen, die das Vorhaben als einen sich von der Regel unterscheidenden atypischen Fall erscheinen lassen und dadurch eine Abweichung rechtfertigen können (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2014 - 1 B 14.819 - juris Rn. 15; B.v. 11.12.2014 - 15 CS 14.1710 - juris Rn. 19). Diese können sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2014 - 2 ZB 14.2077 - juris Rn. 4; B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung rechtfertigen. Hingegen begründen allein Wünsche eines Eigentümers, sein Grundstück stärker auszunutzen als dies ohnehin schon zulässig wäre, noch keine Atypik, da Modernisierungsmaßnahmen, die nur der Gewinnmaximierung dienen sollen, auch in Ballungsräumen nicht besonders schützenswert sind (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris Rn. 4; B.v. 2.12.2014 - 2 ZB 14.2077 - juris Rn. 3).

Liegt die erforderliche Atypik nicht vor, erweist sich eine trotzdem erteilte Abweichung von der Einhaltung der gesetzlich vorgeschrieben Abstandsflächen von vornherein als rechtswidrig und ist auf eine Nachbarklage hin die Baugenehmigung grundsätzlich aufzuheben (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16).

6.2.4 Eine derartige Sondersituation (Atypik) ist im vorliegenden Fall hinsichtlich der streitgegenständlichen Abweichungen nicht gegeben, sodass die Erteilungen der Abweichungen aus diesem Grund bereits rechtswidrig sind.

6.2.4.1 Hinsichtlich des Erkers ist keine Sondersituation ersichtlich, die eine Abweichung rechtfertigen könnte. Insbesondere liegt straßenseitig ein normaler Grundstückszuschnitt vor. Auch aus der Begründung der Erteilung der Abweichung durch die Antragstellerin geht keine Atypik hervor. Die bloße Nichteinhaltung von Abstandsflächen durch Nachbarn rechtfertigt nicht die Erteilung einer Abweichung. Dies stellt vor allem keine besondere städtebauliche Situation dar. Die Nutzung der Grundstücks durch Bebauung mit einem Wohnhaus ist auch ohne den Erker möglich.

6.2.4.2 Hinsichtlich des Rückgebäudes ist der Grundstückszuschnitt des streitgegenständlichen Grundstücks im Norden zwar grundsätzlich als atypisch zu bezeichnen, da die nordöstliche Grundstücksgrenze zum Grundstück mit Fl.Nr. … nicht rechtwinklig zur nordwestlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. …, und zur nordöstlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers verläuft.

Jedoch ist die Atypik nicht die Ursache, dass die Abstandsfläche nicht eingehalten wird. Der Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO liegt allein in der Kubatur des geplanten Rückgebäudes begründet. Ein einheitlich eingeschossiges Rückgebäude müsste wegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen zum Grundstück des Antragstellers einhalten. Auch ein um weitere ca. 3 m zurückgesetztes Terrassengeschoss würde die Abstandsfläche zum Grundstück des Antragstellers die Abstandsflächen einhalten können.

Eine besondere städtebauliche Situation, die die Erteilung einer Abweichung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich (s.o.).

6.3 Dies führt voraussichtlich gleichwohl nicht zum Erfolg der Anfechtungsklage, da sich der Antragsteller aufgrund des wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) hierauf nicht berufen kann.

Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37; VGH BW, B.v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - juris Rn. 4). Derjenige, der mit seinem Gebäude selbst nicht den erforderlichen Grenzabstand einhält, kann billigerweise nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandsfläche, die er selbst auf dem eigenen Grundstück nicht zur Verfügung hat, auf dem fremden Grundstück frei hält (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37).

Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U.v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 29; VG München, U.v. 30.6.2014 - M 8 K 13.1102 - juris Rn. 54). Maßgeblich ist allein, dass der klagende Nachbar den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, denn die Versagung des Abwehranspruchs beruht darauf, dass es unbillig wäre, einem Nachbarn den durch die grenznahe bauliche Anlage des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren (VG München, B.v. 12.8.2016 - M 8 SN 16.2967 -, juris Rn. 48).

Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U.v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U.v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43).

Hier verstößt der Antragsteller selbst in erheblichem Umfang gegen die Abstandsflächenvorgaben des Art. 6 BayBO.

Dies betrifft zunächst die Abstandsfläche, die von dem straßenseitigen Erker des Gebäudes des Antragstellers ausgelöst wird. Da dieser viergeschossig ist, ist Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO nicht anzuwenden, sodass Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 1 und Abs. 4 BayBO einzuhalten sind. Wie aus der „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ ersichtlich wird, liegt ein Teil der einzuhaltenden Abstandsfläche, 10,12 m², entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem streitgegenständlichen Grundstück.

Zudem muss der rückwärtige Gebäudevorsprung des Antragstellers Abstandsflächen einhalten. Wie aus der „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ ersichtlich wird, liegt ein Teil der einzuhaltenden Abstandsfläche, 29,40 m², m², entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem streitgegenständlichen Grundstück der Beigeladenen.

Bei wertender Betrachtung stellen sich die Verstöße der Abstandsflächenvorschriften durch den Antragsteller im Vergleich zu den Verstößen durch das streitgegenständliche Bauvorhaben der Beigeladenen zumindest als gleichwertig, wenn nicht sogar als schwerwiegender dar, sodass die Forderung des Antragstellers auf Einhaltung der Abstandsflächen unbillig ist.

Während sich die Verstöße hinsichtlich der jeweiligen straßenseitigen Erker noch als gleichwertig darstellen (8,04 m² bzw. 10,12 m²), ist der Verstoß durch den nordöstlichen Gebäudevorsprung des Antragstellers mit 29,40 m² gegenüber dem Verstoß durch das geplante Rückgebäude mit 15,15 m² fast doppelt so groß. Erschwerend kommt hinzu, dass die Abstandsfläche durch das Rückgebäude zudem auf einem unbebauten Teil des Grundstücks des Antragstellers, deutlich entfernt von der Wohnnutzung im Gebäude des Antragstellers, liegt, wohingegen die Abstandsfläche des Gebäudevorsprungs des Antragstellers - bisher und auch nach dem geplanten Vorhaben - unmittelbar die Wohnnutzung betrifft (vgl. Abstandsflächendarstellung). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die geplanten hofseitigen Terrassen im 4. Obergeschoss und im Dachgeschoss des Vordergebäudes auf dem Vorhabengrundstück, die Belichtungsbeschränkungen unterliegen.

Schlechterdings untragbare, als Missstand zu qualifizierende Verhältnisse entstehen dadurch, dass dem Antragsteller die Möglichkeit sich auf die Abstandsflächenverstöße des Beigeladenen zu berufen verwehrt wird, nicht. Von den Verstößen ist die besonders schützenswerte Wohnnutzung nicht bzw. kaum betroffen.

6.4 Das Vordergebäude des Bauvorhabens hat dagegen wegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen zum Grundstück des Antragstellers einzuhalten.

Die Beigeladene darf nach planungsrechtlichen Vorschriften - hier nach § 34 Abs. 1 BauGB - an die Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers bauen, da in der näheren Umgebung Vorbilder für eine geschlossene Bauweise vorhanden sind und sich deshalb das Bauvorhaben mit Grenzanbau im Osten in die nähere Umgebung einfügt.

Als Vorbild ist hierbei zunächst das Rückgebäude auf dem Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. … zu nennen. Hier erfolgt ein Grenzanbau sogar an drei Grundstücksgrenzen im Westen, Norden und Osten. Auch auf dem Vorhabengrundstück war das frühere Rückgebäude auf zwei Seiten (Westen und Norden) grenzständig errichtet worden. Zudem wurde auch das frühere Vordergebäude des Vorhabengrundstücks an zwei Seiten, im Westen vollständig, im Osten überwiegend, grenzständig errichtet.

Wegen dieser Vorbilder ist es unschädlich, dass die (Vorder-)Gebäude auf beiden, im Westen und Osten zum Vorhabengrundstück benachbarten Grundstücken nur einseitig grenzständig bebaut sind. Denn eine einheitliche Bauweise hinsichtlich Baugrenzen und Bebauungstiefen besteht ersichtlich nicht. Lediglich die festgesetzte, vordere Baulinie ist einheitlich, wobei sich auch diesbezüglich faktische Unterschiede bei den drei benachbarten Grundstücken ergeben. Somit fügt sich ein Grenzanbau in die nähere Umgebung ein.

7. Mangels Rechtsverletzung des Antragstellers durch die streitgegenständliche Baugenehmigung war den Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Es entspricht billigem Ermessen im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Am 24. Januar 2013 stellte die Klägerin einen Bauantrag für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück …straße, Fl.Nr. …, Gemarkung … Geplant war im rückwärtigen Grundstücksbereich der ehemals einheitlichen Fl.Nr. … ein Einfamilienhaus mit Erd- und ausgebautem Dachgeschoss mit einer Grundfläche von 11,40 mx 8,50 m und einem 1 mtiefen und 5,70 mbreiten Erker an der Nord-West-Seite des Gebäudes. Die Wandhöhe sollte 3,60 mbetragen, die Firsthöhe des Walmdaches 7,80 m; Gauben waren an der Ost- und Westseite vorgesehen.

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu).

Dem Bauantrag vom 24. Januar 2013 war ein Bauantrag vom 12. April 2012 vorangegangen, bei dem im vorderen straßenseitigen Bereich ein Doppelhaus und im rückwärtigen Bereich ein Einfamilienhaus vorgesehen war. Nachdem das Einfamilienhaus im rückwärtigen Bereich per Handeintrag aus den, dem Bauantrag vom 12. April 2012 zugrunde liegenden Plänen gestrichen worden war, wurde der Bauantrag vom 12. April 2012 mit Bescheid vom … August 2012 nach Plan-Nr. … in Form des straßenseitigen Doppelhauses mit E + 1 + Dgenehmigt.

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu).

Das mit Bescheid vom … August 2012 genehmigte Gebäude ist bereits nahezu fertig gestellt.

Mit Bescheid vom … April 2013 lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 24. Januar 2013 nach Plan-Nr. … ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Das Vorhaben sei nach § 34 BauGB unzulässig, da im Geviert …straße/… Straße/… Straße die Gebäude im vorderen Grundstücksbereich stehen würden und eine eindeutige Vorgartenzone sowie einen rückwärtigen, mit Bäumen bestandenen Gartenbereich bildeten, der nicht bebaut sei. Die Gebäude in der Blockmitte stünden alle in einem gleichmäßigen Abstand von rund 40 mzur …straße und rund 50 mvon der Parallel Straße entfernt. Sie bildeten eindeutig definierte Westgärten mit Ausnahme des Doppelhauses …str. 2 a/b. Somit sei eine eindeutige städtebauliche Struktur mit einer dreireihigen Bebauung in dem für die Beurteilung maßgeblichen Quartier vorgegeben. Das streitgegenständliche Gebäude würde, von der …straße aus gesehen, eine weitere Baureihe zwischen der Bebauung eröffnen, die sich in der Mitte des Quartiers nach einheitlichem Maßstab entlang von Eigentümerwegen gebildet habe, weshalb sie sich in dieser Form und Situierung nicht in die vorhandene Umgebungsbebauung einfüge. Dies führe bezogen auf die relativ vergleichbaren Grundstücke zudem zu einer völlig neuen Dichtestruktur im Verhältnis von Freifläche zur überbauter Grundfläche. Das beantragte Vorhaben würde zu städtebaulichen Spannungen führen, da es in der für eine derartige neue Zeile offenen Umgebung eine erhebliche Bezugsfallwirkung auslösen würde. Es könnte dann nämlich auf nahezu allen Grundstücken des Quartiers eine zusätzliche Baureihe eröffnet werden. Das relativ gleichmäßige Verhältnis von bebauter zu unverbauter Fläche, das in dem Bauquartier anzutreffen sei, würde sich bei Zulassung einer weiteren Baureihe - die sich entsprechend auch im Westen des Quartiers entwickeln könnte - nahezu verdoppeln. Es sei aber anerkannt, dass zum Einfügen nach dem Maß der Nutzung auch der Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen bedeckt sein könne, als städtebaulich relevantes Kriterium in den Blick zu nehmen sei. Danach sprenge das Vorhaben den vorgegebenen städtebaulichen Rahmen und widerspreche damit den Anforderungen aus § 34 Abs. 1 BauGB.

Der Bescheid vom … April 2013 wurde der Klägerin am 27. April 2013 zugestellt.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 14. Mai 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage gegen den Bescheid vom … April 2013.

Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2013 beantragten sie, den Bescheid vom … April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Aus der Fl.Nr. … sei die jetzt streitgegenständliche Fl.Nr. … herausgemessen worden. Ursprünglich habe ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage gebaut werden sollen. Da die Beklagte ihre ursprünglich positive Haltung bezüglich eines Mehrfamilienhauses nicht aufrechterhalten habe, sei der Bauantrag vom 12. April 2012 gestellt worden, bei dem die Beklagte ebenfalls ihre anfänglich positive Einstellung geändert habe, weshalb das Einfamilienhaus im rückwärtigen Bereich abgestrichen worden sei. Die Vorgeschichte mache deutlich, dass die Klägerin Grund zur Annahme einer höheren baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks gehabt habe. Das Bauvorhaben füge sich nach Art, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche ein; hinsichtlich des Maßes sei § 16 Abs. 2 BauNVO im Innenbereich nur eine Auslegungshilfe. Auch die gegenüberliegende Seite der …straße sei als maßstabsbildend heranzuziehen. Das für das Einfügen auch maßgebliche Kriterium des Verhältnisses Freifläche zu bebauter Fläche habe die Beklagte in unzutreffender Weise zur Anwendung gebracht. Die Maßflächenzahl des § 16 Abs. 2 BauNVO habe sie rechtsatzartig herangezogen. Bezugsfälle existierten auf den Fl.Nrn. …, … und … Die Grundflächenzahl auf der Fl.Nr. … liege bei 0,226, bei den Fl.Nrn. … und … bei rund 0,221 und 0,245. Insoweit handele es sich bei der Grundflächenzahl auf dem streitgegenständlichen Grundstück mit 0,275 um eine maßvolle Überschreitung, die das Einfügen nicht hindere. Das Bauvorhaben löse auch keine städtebaulichen Spannungen aus, da - ausgehend von den Fl.Nrn. …, … und … - bereits ostseitig eine dreireihige Bebauung angelegt sei. In Zusammenschau mit der Fl.Nr. … (…str. 36) ergebe sich bereits hier eine vierreihige Ost-West-Beziehung. Die Bebauung auf den Fl.Nrn. … und … (…str. 2 a + 2 b) bestehe bereits seit den 90er-Jahren.

Mit Schriftsatz vom 25. April 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurden die Ausführungen hinsichtlich des Nichteinfügens des streitgegenständlichen Vorhabens nach dem Verhältnis von Freifläche zu bebauter Fläche vertieft. Die Bebauung östlich der …straße sei nicht prägend, da dadurch der bodenrechtliche Charakter des streitgegenständlichen Grundstücks nicht mehr beeinflusst werde. Der maßgebliche Umgriff sei bei der überbaubaren Grundstücksfläche enger zu begrenzen (BayVGH, U. v. 7.3.2011 - 1 B 10.3035). Die Beklagte wende die Regelungen der Baunutzungsverordnung nicht gleichsam rechtssatzartig an. Vielmehr trete das Verhältnis der bebauten zur unbebauten Fläche als Bezugsgröße für das zulässige Maß der Nutzung vorliegend ganz offensichtlich nach außen in Erscheinung. Das Verhältnis der bebauten zur unbebauten Fläche sei bei einer sehr homogenen Bebauungsstruktur, die den Charakter der Einheitlichkeit vermittele - wie vorliegend - nicht nur eine rechnerische Größe, sondern optisch anhand der Gegebenheiten klar ablesbar (BVerwG, U. v. 23.3.1994 - 4 C 18/92; VG München, B. v. 17.1.2012 - M 8 SN 11.5597). Da die durch das Vorhaben bedingte Veränderung dieses Verhältnisses in der maßgeblichen Umgebung auch kein Vorbild finde, füge sich das Vorhaben im Ergebnis nicht ein. Städtebauliche Spannungen seien hier geradezu absehbar, da bei einer Realisierung des Vorhabens eine gänzlich neue Dichtestruktur im Geviert entstünde. Eine fünfte Baureihe entstünde in der Folge möglicherweise auch in den Ostgärten der Bebauung entlang der …straße. Bei nahezu allen Grundstücken im Geviert werde man jedenfalls davon ausgehen müssen, dass rein praktisch eine rückwärtige Bebauung realisierbar wäre. Die als Bezugsfall benannten Grundstücke …str. 2 a/b (Fl.Nrn. … + …) seien nicht vergleichbar, da sie mit einem Doppelhaus bebaut seien, das ursprünglich auf einer ungeteilten Fl.Nr. … errichtet worden sei. Die dortige Bebauung datiere bereits aus den späten 50er-Jahren und sei zunächst als Einfamilienhaus genehmigt und realisiert sowie in der Folge sukzessive erweitert worden. Zwischen 1993 und 1995 habe ein weiterer Um- und Ausbau stattgefunden und es sei die Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz erfolgt. Da das ursprüngliche Grundstück Fl.Nr. … nach der Fertigstellung der Umbaumaßnahmen geteilt worden sei, sei durch das einheitlich wirkende Doppelhaus keine vierte Baureihe entstanden. Hinzukomme, dass das Doppelhaus …str. … seiner Kubatur nach auch nicht mit dem Vorhaben der Klägerin vergleichbar sei. Durch den geplanten grenzständigen Anbau der Garage auf dem Vorhabengrundstück, sowie dem unmittelbaren Anbau des Einfamilienhauses an diese Garage entstünde eine viel massiver wirkende Bebauung, als auf den Grundstücken …str. … Auch wenn durch die Teilung des Grundstücks Fl.Nr. … zwei Grundstücke entstanden seien, die ihrer Größe nach jeweils kleiner sind als die sonst im Geviert vorherrschenden Grundstücksgrößen, seien diese Einzelgrundstücke jedoch noch erheblich größer als das nun zu bebauende Grundstück sowie das Vorderliegergrundstück Fl.Nr. …, so dass jedenfalls hier schon keine Vergleichbarkeit gegeben sei. Hinzu komme, dass bei der Bestimmung des Verhältnisses der überbauten Fläche zur Freifläche auch nicht auf die jeweiligen Grundstücksgrenzen Rücksicht zu nehmen sei.

Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2014 vertieften die Bevollmächtigten der Klägerin ihren bisherigen Vortrag im Hinblick auf den Schriftsatz der Beklagten vom 25. April 2014.

Das Gericht hat am 30. Juni 2014 einen Augenschein durchgeführt. Hinsichtlich der hierbei getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll des Augenscheins ebenso verwiesen wie auf die anschließende mündliche Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie den eingereichten Plan und das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung zu, da das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (§ 113 Abs. 1 VwGO, Art. 59 Abs. 1 BayBO).

1. Planungsrechtlich richtet sich das Vorhaben nach § 30 Abs. 3 i. V. m. § 34 Abs. 1 BauGB, da im gesamten Quartier …straße/… Straße/…straße/… Straße straßenseitig eine Baugrenze festgesetzt ist, zu der das Vorhaben nicht in Widerspruch steht.

Dementsprechend richtet sich die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Einfamilienhauses im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB.

1.1 Sowohl der Art als auch der Bauweise nach fügt sich das geplante Vorhaben unstreitig in die ausschließlich von Wohnnutzung in offener Bauweise geprägte Umgebung ein (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO).

1.2 Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche bestehen keine Bedenken, da sich das Vorhaben insoweit in die maßgebliche Umgebung einfügt.

1.2.1 Als „maßgebliche nähere Umgebung“ ist dabei der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder beeinflusst (BVerwG v. 26.5.1978, BauR 1978, S. 276; BVerwG v. 28.8.1998, NVwZ-RR 1999, S. 105; BVerwG v. 11.2.2000, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 197; BVerwG v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris). Zwar ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführte Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann. So ist bei der überbaubaren Grundstücksfläche der maßgebliche Bereich in der Regel (deutlich) enger zu begrenzen, als bei der Art der baulichen Nutzung, weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksflächen maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen (deutlich) weniger weit reicht, als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung; dies kann im Einzelfall dazu führen, dass hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nur wenige Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden (BayVGH v. 7.3.2011 - 1 B 10.3053 - juris).

Aufgrund der weitgehend homogenen Bebauungsstruktur im Quartier …straße/… Straße/…straße/… Straße stellt dieses den für das Bauvorhaben maßgeblichen Bereich in Bezug auf die in Frage stehenden Einfügenskriterien des § 34 BauGB dar.

In diesem Quartier finden sich fraglos Bebauungstiefen, die weit über die des streitgegenständlichen Vorhabens hinausgehen, da die Bebauungstiefe von der Erschließungs Straße aus zu ermitteln ist, weshalb die Bebauungstiefen der …str. … und 8 sowie 14 und 16 deutlich größer sind als die des streitgegenständlichen Vorhabens. Die im Ver-fahren diskutierte Frage einer weiteren (vierten) Baureihe ist für das Kriterium der „überbaubaren Grundstücksfläche“ bzw. „Bebauungstiefe“ daher irrelevant.

1.3 Allerdings fügt sich das Vorhaben nicht nach dem Maß der baulichen Nutzung in seine - maßgebliche - Umgebung ein.

1.3.1 Auch hinsichtlich des im Rahmen des Maßes der baulichen Nutzung zu prüfenden Verhältnisses von Freifläche zu bebauter Fläche ist nach den oben dargestellten Kriterien der Rechtsprechung zur maßgeblichen näheren Umgebung ausschließlich auf das Quartier …straße/… Straße/…straße/… Straße abzustellen.

Dies bedingt zum einen die weitgehend homogene Bebauungsstruktur in diesem Geviert; zum anderen hat die Prägung hinsichtlich der Freifläche zu bebauter Fläche - ähnlich wie die Bebauungstiefe - einen Lagebezug und somit vor allem einen Bezug in das Quartiersinnere, da sich die Freiflächen - in der Regel - im rückwärtigen, straßenabgewandten Bereich der Grundstücke befinden.

1.3.2 Im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB ist in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen, weshalb bei offener Bebauung auch deren Verhältnis zur umgebenden Freifläche als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung relevant ist (BVerwG v. 23.3.1994 - 4 C 18/92, NVwZ 1994, 1006, v. 14.3. 2013 - 4 B 49/12 und v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 -, jeweils juris). Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der BauNVO zwar nicht ausgeschlossen - sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind (BVerwG v. 14.3.2013, a. a. O.). Entgegen der Ansicht der Klagepartei manifestiert sich das Verhältnis bebauter Fläche zur Freifläche im maßgeblichen Quartier weniger im Rahmen der Maßzahlen entsprechend § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern vor allem dadurch, wie diese Bezugsgrößen nach außen hin deutlich in Erscheinung treten. Vorliegend zeichnet sich die maßgebliche Umgebung des Bauvorhabens durch eine eher kleinteilige Bebauung mit relativ einheitlichen Grundstücksgrößen aus, auch wenn die an die Straße angrenzenden Grundstücke eher rechteckig und die im Quartiersinneren liegenden Grundstücke quadratisch sind. Diese doch recht deutlich hervortretende Einheitlichkeit wird lediglich - nach dem Lageplan - durch die Grundstücke …str. … und … durchbrochen. Lässt man allerdings die in der Natur nicht erkennbare Grundstücksgrenze - die durch das als Einheit wirkende Gebäude …str. … verläuft - außer Betracht, fügen sich die in der Natur als Einheit wirkenden Fl.Nrn. … … und … optisch in die im Übrigen gegebene einheitliche Struktur ein.

Aus dieser einheitlichen Struktur bricht das Bauvorhaben nach außen deutlich wahrnehmbar aus. Als Freifläche verbleiben praktisch nur die Grundstücksbereiche, auf die die notwendigen Abstandsflächen fallen. Eine solche Situation findet sich offensichtlich auf keinem der übrigen Grundstücke im Quartier. Das Gleiche gilt, wenn man die Bebauung auf der ehemaligen Fl.Nr. … (nunmehr: Fl.Nrn. … und …) insgesamt in den Blick nimmt. Zwar wird in diesem Fall das Verhältnis bebauter Fläche zu Freifläche durch die freizuhaltende Vorgartenzone zugunsten der Freifläche entlastet; im Übrigen verbleibt es aber im Wesentlichen dabei, dass die Freifläche nur aus den Bereichen generiert wird, auf denen die notwendigen Abstandsflächen zu liegen kommen, wobei dieser Bereich auf der Nordseite des Vordergebäudes …str. … als Zufahrts Weg zu den zwischen den Gebäuden liegenden Garagen auch noch die entsprechende Versiegelung aufweist.

Insoweit kann entgegen der Ansicht der Klagepartei keine Rede davon sein, dass die Beklagte bei der Prüfung des als Teilaspekt des Maßes der baulichen Nutzung zu prüfenden Verhältnisses von bebauter Fläche zu Freifläche lediglich die rechnerischen Bezugsgrößen der Baunutzungsverordnung zugrunde gelegt hat. Vielmehr ist auch ohne die Anstrengung rechnerischer Ermittlung des Verhältnisses von bebauter Fläche zu verbleibender Freifläche offensichtlich, dass sich das klägerische Vorhaben in Bezug auf dieses Kriterium nicht in die maßgebliche Umgebung einzufügen vermag. Das grobe Missverhältnis der bebauten Fläche zur umgebenden Freifläche ist sowohl bei isolierter Betrachtung der - neuen - Fl.Nr. … als auch der gesamten Bebauung der ehemaligen Fl.Nr. … augenfällig, die Beispiellosigkeit im maßgeblichen Geviert tritt klar zu Tage.

1.4 Aufgrund der massiven baulichen Verdichtung unter Verlust von Freiflächen kann dem Vorhaben auch eine unerwünschte Vorbildwirkung und die damit verbundene Erzeugung von bodenrechtlichen Spannungen durch die - hierdurch eröffnete - mögliche Nachverdichtung in der maßgeblichen Umgebung nicht abgesprochen werden. Eine entsprechende bauliche Ausnutzung wie auf dem klägerischen Grundstück käme im Falle der Verwirklichung des Vorhabens auf einer Vielzahl anderer Grundstücke im Geviert in Betracht. Die Beklagte könnte in diesem Fall entsprechenden Bauwünschen nicht mehr entgegentreten, weshalb durch das streitgegenständliche Bauvorhaben die Einleitung einer massiven Nachverdichtung zu befürchten ist.

2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

2

a) Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde die Frage,

ob im Rahmen des Einfügungsgebots gemäß § 34 Abs. 1 BauGB auf die Zahl der Vollgeschosse absolut abzustellen ist oder ob die Zahl der Vollgeschosse als Zulassungsmerkmal hinter den Kriterien der Höhe baulicher Anlagen und dessen Erscheinungsweise zurücktritt, insbesondere dann, wenn der Baukörper nicht oder nur geringfügig in Erscheinung tritt.

3

Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.

4

Sie ist nicht entscheidungserheblich. Die der Frage unterlegte Prämisse, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung, ob das klägerische Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung den Rahmen der Umgebungsbebauung einhält, auf die Zahl der Vollgeschosse abgestellt habe, trifft nicht zu. Der Verwaltungsgerichtshof (UA Rn. 21) hat angenommen, dass sich das klägerische Vorhaben im Hinblick auf die insbesondere wegen des sehr hohen, steil aufragenden Krüppelwalmdachs massiv wirkende Bebauung auf dem westlichen Nachbargrundstück Fl.Nr. 456/2 zwar hinsichtlich der Geschossfläche und der Gebäudehöhe, nicht aber hinsichtlich der Geschosszahl innerhalb des vorgegebenen Rahmens halte. Dieser Annahme liegen die Feststellungen zugrunde, dass das bisher als dreigeschossiges Gebäude genehmigte Einfamilienhaus der Klägerin mit dem geplanten Turmzimmer viergeschossig würde, während das Nachbargebäude trotz seines massiven Krüppelwalmdachs nur dreigeschossig in Erscheinung trete. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof das Dachgeschoss des Nachbargebäudes (E+1+D, UA Rn. 4 und 5) in die Betrachtung mit einbezogen, also auf die nach außen wahrnehmbare Geschosszahl abgestellt, ohne danach zu differenzieren, ob dieses Dachgeschoss ein Vollgeschoss ist. Der Einschätzung der Klägerin, dass im massiven Dach des Nachbargebäudes gegebenenfalls auch ein viertes (Voll-) Geschoss unterzubringen wäre, ist er mit der Feststellung entgegengetreten, dass das Nachbargebäude nur dreigeschossig in Erscheinung trete. Dass auch das vom Verwaltungsgerichtshof verwendete Kriterium der (nach außen wahrnehmbaren) Geschosszahl ein ungeeignetes Prüfkriterium wäre, macht die Klägerin nicht geltend.

5

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage wäre überdies nicht klärungsbedürftig. In der bisherigen Senatsrechtsprechung (Urteil vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.>) ist geklärt, dass in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen ist, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen, und dass sich deshalb vorrangig die (absolute) Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschossfläche, Geschosszahl und Höhe und bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung anbieten. Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung zwar nicht ausgeschlossen; sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind (a.a.O. S. 279). Auch auf die Feinheiten der an landesrechtliche Begriffe wie demjenigen des Vollgeschosses anknüpfenden Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung kommt es grundsätzlich nicht an (a.a.O. S. 280; siehe auch Beschluss vom 21. Juni 1996 - BVerwG 4 B 84.96 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 180 = juris Rn. 5). An diesen Maßstäben hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Begriff der (nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tretenden) Geschosszahl tragend orientiert (UA Rn. 19, 21). Soweit er in Auseinandersetzung mit der Kommentarliteratur (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand September 2012, § 34 Rn. 44) auch die Brauchbarkeit der Zahl der Vollgeschosse als Prüfkriterium erörtert hat (UA Rn. 20), war dies - wie ausgeführt - für die Subsumtion ohne Bedeutung.

6

b) Die weiteren Fragen,

ob städtebauliche Spannungen bei Überschreitung des durch § 34 Abs. 1 BauGB gesetzten Rahmens aufgrund Vorbildwirkung begründet oder erhöht werden, wenn die Zulassung einer in Bezug auf den Hauptbaukörper untergeordneten, nicht oder nicht wesentlichen in Erscheinung tretenden baulichen Anlage in der weiteren, hier vierten Geschossebene erfolgt,

und ferner,

ob insofern das Gericht unterstellen kann, dass die Zulassung einer untergeordneten baulichen Anlage in der vierten Geschossebene Vorbildwirkung für die Errichtung eines weiteren, die gesamte Grundfläche des Hauptbaukörpers umfassenden Geschosses besitzt,

rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Sie wären, soweit entscheidungserheblich, einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Ihre Beantwortung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Die Beschwerde möchte grundsätzlich geklärt wissen,

ob im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beim Tatbestandsmerkmal des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung das Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche von rechtlicher Bedeutung ist.

3

Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Nach dem Senatsurteil vom 23. März 1994 (- BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.>) ist für § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgeblich eine konkrete, am tatsächlich Vorhandenen ausgerichtete Betrachtung. Gründe einer praktisch handhabbaren Rechtsanwendung sprechen dafür, in erster Linie auf solche Maße abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung setzen lassen. Ihre (absolute) Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche, prägen das Bild der maßgebenden Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung an. Hieran hält der Senat fest (Beschluss vom 14. März 2013 - BVerwG 4 B 49.12 - BauR 2013, 1245 Rn. 5; ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 17. November 1995 - 5 S 2232/95 - juris Rn. 20; VGH München, Urteil vom 30. Juli 2012 - 1 B 12.906 - juris Rn. 19; OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. März 2008 - 1 LA 31/07 - juris Rn. 13; Hofherr, in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand Januar 2014, § 34 Rn. 31; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand September 2013, § 34 Rn. 40; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 34 Rn. 28). Den Senatsbeschlüssen vom 26. Juli 2006 (- BVerwG 4 B 55.06 - BRS 70 Nr. 89 = juris Rn. 6) und vom 21. Juni 2007 (- BVerwG 4 B 8.07 - BRS 71 Nr. 83 = juris Rn. 5) lässt sich Abweichendes nicht entnehmen, weil dort andere Maßkriterien als das Verhältnis der Gebäude zur umgebenden Freifläche besonders prägend waren, so dass auf sie vorrangig abzustellen war (vgl. Urteil vom 23. März 1994 a.a.O. S. 282).

4

Die Beschwerde hält die von ihr aufgeworfene Frage für nicht geklärt, weil - was zutrifft - die Ausführungen zum Verhältnis von Gebäude und umgebender Freifläche das Senatsurteil vom 23. März 1994 (a.a.O.) nicht tragen. Dies bedarf keiner Vertiefung (eine Klärung in solchen Fällen verneinend: Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl. 2010, Rn. 360; BFH, Beschluss vom 10. Oktober 1973 - I B 51/73 - BFHE 110, 421 <422>). Die aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich jedenfalls auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation in Übereinstimmung mit der Vorinstanz und den Ausführungen des genannten Senatsurteils beantworten (vgl. Beschluss vom 24. August 1999 - BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270>). Die Einwände der Beschwerde führen auf keinen weiteren Klärungsbedarf. Dass die Grundflächen- und Geschossflächenzahl nur eine untergeordnete oder, je nach den Umständen des Einzelfalls, auch gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, folgt daraus, dass sie in der Örtlichkeit häufig schwer ablesbar sind und erst errechnet werden müssen (Urteil vom 23. März 1994 a.a.O. S. 279). Aus dieser untergeordneten oder im Einzelfall fehlenden Bedeutung von Grundflächen- oder Geschossflächenzahl kann indes nicht gefolgert werden, dass für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB durch ein Verhältnis zu bestimmende Größen von vornherein keine Rolle spielen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 23. März 1994 auch die Geschossflächenzahl als Größe nicht "verworfen", wie die Beschwerde meint, sondern angenommen, es könne auf sie in bestimmten Situationen ankommen (Urteil vom 23. März 1994 a.a.O. S. 282). Dass das Verhältnis des Gebäudes zu der umgebenden Freifläche eine relative Größe ist, steht ihrer Berücksichtigung bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung danach nicht entgegen. Die weiteren Hinweise der Beschwerde auf Schwierigkeiten der Praxis bleiben ohne Substanz.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 8 K 14.3006

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 28. September 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Maß der baulichen Nutzung;

Verhältnis bebaute Fläche/Freifläche;

überbaubare Grundstücksfläche;

Bebauungstiefe;

Hinterlandbebauung;

Einfügen trotz Rahmenüberschreitung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen Baugenehmigung ...-str. 13 - 13 a Fl.Nr. ... Gem. ...

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2015 am 28. September 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 8. November 2013 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Beklagte und die Klägerin haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ..., ...-str. 13 - 13 a. Das Grundstück ist im straßenseitigen Bereich mit einem zweigeschossigen Mehrfamilienhaus bebaut. Im westlichen, rückwärtigen Grundstücksbereich befindet sich eine größere Rasenfläche unterhalb derer sich die vorhandene Tiefgarage befindet. Hieran schließt sich ein zweites Mehrfamilienhaus an, an das sich westlich eine weitere größere Freifläche anschließt. Für diesen Bereich beantragte die Klägerin am 8. November 2013 die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Doppelhauses.

Lageplan, 1:1000

Bild

Am ... Juni 2014 lehnte die Beklagte die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ab und führte zur Begründung aus, der bauplanungsrechtliche Maßstab für das beantragte Vorhaben ergebe sich aus § 34 BauGB. Die hierfür relevante nähere Umgebung sei der westliche Teil des Gevierts ...-straße zwischen ...-Straße und ...-Straße. Der östliche Bereich an der ...-straße sowie der ...-straße liege im Umgriff des Bebauungsplanes Nr. ..., der gänzlich andere städtebauliche Merkmale aufweise und daher nicht heranzuziehen sei.

Die Bebauung in der ...-str. 13 - 27 a weise rückwärtige Baukörper in zweiter und dritter Reihe auf. Die beantragte überbaute Grundstücksfläche sei gegenüber vergleichbaren Grundstücken durch den zusätzlichen Baukörper in vierter Reihe zu tief. Von der Straße aus gemessen betrage die rückwärtige Gebäudetiefe in der Regel 74 m (...-str. 13 a + 19 a - e). Lediglich bei der ...-str. 15 c/d betrage die Tiefe 82 m. Bei der abgefragten Bebauung betrage die Tiefe 92 m und löse damit Spannungen aus. Der rückwärtige Grünbereich wäre durch die Bebauung tangiert und es entstünde ein unerwünschter Bezugsfall, der eine erhebliche bauliche Nachverdichtung in Gang setzen würde. Die Bebauung mit vier Gebäuden auf dem Grundstück könne daher nicht zugelassen werden.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin am 9. Juli 2014 Klage zum Verwaltungsgericht München erheben lassen und beatragt:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom ... Juni 2014, Az. ... wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 8. November 2013 zu genehmigen.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verpflichtet, erneut über den Antrag entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 27. August 2014 ist die Beklagte der Klage entgegengetreten und beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben füge sich aufgrund des Anteils der überbauten Fläche im Verhältnis zur Freifläche nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht ein. Zudem füge es sich wegen der Bebauungstiefe nicht ein.

Zur überbaubaren Grundstücksfläche wird ausgeführt, ein übergeleiteter Baulinienplan setze eine vordere Baugrenze und Straßenbegrenzungslinie fest. Mit einer Bebauungstiefe von 92 m füge sich das Vorhaben nicht ein. Die faktische Bebauungstiefe sei nicht generell von der Straße zu messen, von der das Vorhaben tatsächlich erschlossen werde, sondern von der nächstgelegenen öffentlichen (geradlinig verlaufenden) Straßengrenze. Dies sei zwar regelmäßig die Erschließungsstraße, müsse es aber nicht sein. Andernfalls hätte es der Bauherr in der Hand, allein durch die Trassierung seiner inneren Erschließung oder Wahl des Grundstücks, über das er sich ein Geh- und Fahrtrecht einräumen lasse, das städtebauliche Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche zu bestimmen (BayVGH, B. v. 06.11.2009 - 2 CS 09.2222 - juris Rn. 7; VG München, U. v. 02.11.2009 - M 8 K 09.2235 - juris Rn. 27; VG München, U. v. 25.10.2004 - M 8 K 03.5352 - juris Rn. 28). Vorliegend sei die Bebauungstiefe von der ...-straße aus zu bemessen, was unabhängig davon gelte, ob die Erschließung über die ...-straße oder die ...-straße (gesichert über Grunddienstbarkeiten auf der Fl.Nr. ...) erfolgen solle. Die ...-straße verlaufe im Bereich des Vorhabens nicht mehr gerade, sondern knicke südlich des Baugrundstücks nach Westen ab. Würde man vorliegend auf die ...-straße abstellen, hätte es die Klägerin in der Hand, das städtebauliche Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche zu bestimmen. Auf dem Baugrundstück und auf den nördlich gelegenen Nachbargrundstücken sei deutlich eine faktische rückwärtige Baugrenze zu erkennen. Die Bebauung in der ...-str. 15 c/d weise eine Bebauungstiefe von 82 m auf, allerdings sei die Bebauung wegen der Drehung des Baukörpers nicht prägend. Die Bebauung auf dem Grundstück ...-str. 19 a - e weise eine Bebauungstiefe von 65 m auf. Auch in der Westhälfte des Gevierts sei keine entsprechende Bebauungstiefe vorhanden. Wegen der dem Vorhaben zukommenden Bezugsfallwirkung löse das Vorhaben städtebauliche Spannungen aus. Der rückwärtige Bereich des Vorhabengrundstücks sei stark begrünt und eine wichtige Freifläche im Geviert. Es bestehe die konkrete Gefahr des Verschwindens dieser Freifläche.

Zum Maß der baulichen Nutzung wird ausgeführt, in der offenen Bauweise sei das Verhältnis unbebauter zu bebauter Fläche relevant. In der näheren Umgebung sei eine überbaute Fläche von 785 m² - 800 m² vorhanden (...-str. 15 - 15 d). Auf dem Vorhabengrundstück ergebe sich durch das Vorhaben mit den Vordergebäuden und den genehmigten fünf Reihenhäusern eine überbaute Fläche von 1.058 m², womit der Rahmen der Umgebungsbebauung überschritten werde. Wie beim Merkmal der „überbaubaren Grundstücksfläche“ seien hierdurch städtebauliche Spannungen zu erwarten. Das Vorhaben würde eine bislang im Geviert nicht vorhandene Bebauung in vierter Reihe darstellen, die den vorhandenen Grünzug beseitige und eine neue dichte Struktur im Geviert schaffe.

Mit Schriftsatz vom 11. September 2015 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Klage begründet und im Wesentlichen ausgeführt, die Fläche des Vorhabens sei nicht zur ...-straße hin orientiert und Teil der Bebauung an der ...-straße und solle auch nur über diese erschlossen werden. Daher sei die überbaubare Fläche allein von der ...-straße aus zu beurteilen. Im Westen und Süden grenzten Doppel- und Reihenhäuser an. Die Beklagte beurteile die maßgebliche Umgebung falsch bzw. widersprüchlich. Maßgeblich sei die Bebauung im Quartier und auf der gegenüberliegenden Straßenseite, es sei denn, es fehle die Prägung oder es handele sich um eine Bebauung ganz anderer Qualität (BVerwG, BauR 1991, 308). Maßgeblich sei in erster Linie die Bebauung auf den unmittelbar angrenzenden Grundstücken, vorliegend im Westen die dort vorhandene Reihenhausbebauung und im Süden die Doppelhausbebauung. Irrelevant sei, ob diese Bebauung auf der Grundlage des § 34 BauGB oder eines Bebauungsplanes entstanden sei. Daher sei die Bemessung der Bebauungstiefe von der ...-straße aus vorliegend unzutreffend. Das Maß der baulichen Nutzung sei von der vorhandenen Umgebungsbebauung übernommen worden. Das Verhältnis Freifläche zu bebauter Fläche sei aufgrund der minimalen Grün- und Freiflächen in der unmittelbaren Nachbarschaft nicht entscheidend. Die verbleibende Freifläche sei so groß, wie die Fläche auf dem Grundstück Fl.Nr. ... Eine gesicherte Erschließung erfolge über das Grundstück Fl.Nr. ...

Das Gericht hat am 28. September 2015 über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem Baugrundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augenscheines erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift vom 28. September 2015 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligen wird im Übrigen auf die Gerichts- sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang in der Sache begründet, da sich das beantragte Vorhaben bauplanungsrechtlich gemäß § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) grundsätzlich in die nähere Umgebung einfügt und die Klägerin damit einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Allerdings umfasst die Baugenehmigung gemäß Art. 18 Abs. 1 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) auch die gemäß § 5 Abs. 1 der Baumschutzverordnung der Beklagten (BaumschutzV) erforderliche Genehmigung zur Fällung von Bäumen, wie dies auch im eingereichten Baumbestands- und Freiflächenplan vom... November 2013 dargestellt ist. Da die Fällungserlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 BaumschutzV im Ermessen der Beklagten steht und sie hierüber noch nicht entschieden hat, ist die Rechtssache noch nicht spruchreif und war daher gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO lediglich die Verpflichtung zur Neuverbescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts auszusprechen.

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten fügt sich das beantragte Bauvorhaben sowohl hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung als auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung ein.

2.1 Als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, U. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369 - juris Rn. 33; B. v. 20.8.1988 - 4 B 79/88 - NVwZ-RR 1999, 105 - juris Rn. 7; BayVGH, U. v. 28.7.2004 - 2 B 03.54 - juris Rn. 21; U. v. 2.5.2006 - 2 B 05.787 - juris Rn. 15; B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris Rn. 3). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2; BayVGH, B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris Rn. 3). Hierbei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass hinsichtlich eines Parameters des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur wenige Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden (vgl. BayVGH, U. v. 7.3.2011 - 1 B 10.3053 zur überbaubaren Grundstücksfläche - juris). In der Regel zählt zur maßgeblichen Umgebung das Straßenquartier, in dem sich das Vorhaben befindet bzw. bei größeren Straßenquartieren ein entsprechender Teil des Quartiers sowie die dem Vorhaben gegenüberliegende Straßenseite.

Vorliegend ist davon auszugehen, dass als nähere Umgebung das Geviert ...-straße/...-Straße/...-straße/...-straße/...-Straße heranzuziehen ist. Die dort vorhandene Bebauung ist zwar relativ heterogen, jedoch finden sich im Gesamten Geviert Doppelhäuser, Hausgruppen und größere Mehrfamilienhäuser, ohne dass sich nach der Bebauungsstruktur eindeutige Bereiche voneinander abgrenzen ließen. Allenfalls käme eine Aufteilung des Gevierts in einen südlichen Bereich mit kleinteiligerer Bebauung und einen nördlicheren Bereich (ab dem streitgegenständlichen Grundstück) mit großteiliger Bebauung in Betracht.

2.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zum Tatbestandsmerkmal des „Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung“ bei offener Bebauung auch das Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche zu den Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris Rn. 3 m. w. N.).

Vorliegend überschreitet das beantragte Bauvorhaben jedoch nicht das - insbesondere auf den südlich gelegenen Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... - verwirklichte Maß der baulichen Nutzung nach dem Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche. Auf den beiden vorgenannten Grundstücken sind jeweils ein Doppelhaus und ein Dreispänner errichtet, die erkennbar eine höhere Bebauungsdichte realisieren als dies auf dem Vorhabengrundstück der Fall ist. Insoweit kann dahinstehen, ob die westlich gelegene Reihenhausbebauung entlang der ...-straße - die eine nochmals höhere Bebauungsdichte aufweist - zum maßgeblichen Umgriff der näheren Umgebung zählt.

2.3 Auch hinsichtlich des Zulässigkeitsmerkmales der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben in die nähere Umgebung ein. Mit dem Zulässigkeitsmerkmal der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, wird auf die in den Begriffsbestimmungen von § 23 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) bezeichnete Baulinie, Baugrenze und Bebauungstiefe zurückgegriffen (vgl. BayVGH, B. v. 6.11.2009 - 2 CS 09.2222 - juris Rn. 6). Hierbei gibt es aber keinen Grundsatz, dass eine Hinterlandbebauung städtebaulich allgemein unerwünscht wäre (BayVGH, B. v. 6.11.2009 - a. a. O., unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 29.11.1974 - IV C 10.73 - juris). Im unbeplanten Innenbereich können sich allerdings Baubeschränkungen aufgrund der tatsächlich vorhandenen Bebauung ergeben.

Eine unzulässige Hinterlandbebauung kann dabei nur angenommen werden, wenn die Eigenart der näheren Umgebung durch tatsächlich vorhandene Baugrenzen oder Bebauungstiefen geprägt ist und deren Überschreitung bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründet oder erhöht (BayVGH, B. v. 6.11.2009 - a. a. O., m. w. N.). Auch wenn das streitgegenständliche Vorhaben mit einer von der ...sraße aus gemessenen Bebauungstiefe von 92 m die Bebauungstiefe des nördlich angrenzenden Nachbaranwesens ...-str. 15 c + d um 10 m überschreitet, fügt es sich gleichwohl in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Auch Vorhaben, die den aus ihrer Umgebung ableitbaren Rahmen überschreiten, können sich dennoch in diese Umgebung einfügen, da es beim Einfügen weniger um Einheitlichkeit als um Harmonie geht (Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB/BauNVO, 7. Aufl. 2013, § 34 BauGB Rn. 94). Daraus, dass ein Vorhaben in seiner Umgebung ohne Vorbild ist, folgt noch nicht, dass es sich nicht einfügt, da das Erfordernis des Einfügens es nicht schlechthin ausschließt, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bislang nicht gibt. Das Gebot des „Einfügens“ zwingt nicht zu Uniformität und hindert nicht schlechthin daran, den vorgegebenen Rahmen zu überschreiten(Jäde, a. a. O.). Das Einfügenserfordernis hindert lediglich daran, dies in einer Weise zu tun, die selbst oder infolge einer Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (BVerwG, U. v. 3.6.1977 - IV C 37.75; Jäde a. a. O.). Somit kommt es für die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht entscheidend darauf an, ob sie sich innerhalb des durch die Umgebungsbebauung gebildeten Rahmens halten oder nicht, sondern darauf, ob sie hierzu in keinem oder in einem städtebaulich noch tolerablen Spannungsverhältnis stehen (vgl. Jäde, a. a. O., § 34 Rn. 95 m. w. N.). Der von der Umgebungsbebauung gebildete Rahmen darf damit nicht gleichsam normativ zur Beurteilung eines Vorhabens herangezogen werden, was auch und gerade dann gilt, wenn zur Beschreibung dieses Rahmens Maßgrößen der BauNVO benutzt werden (Jäde, a.a.O, § 34 BauGB, Rn. 96). Eine Hinterlandbebauung ist nur dann unter dem Aspekt des Einfügungsgebotes bauplanungsrechtlich unzulässig, wenn sie konkrete, nur durch förmliche Bauleitplanung zu bewältigende städtebauliche Spannungen hervorruft (Jäde, a. a. O., § 34 BauGB, Rn. 101).

Vorliegend sind keine derartigen, bewältigungsbedürftigen städtebaulichen Spannungen erkennbar, zumal an den Bereich, in dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, südlich und westlich eine Bestandsbebauung mit einer ganz erheblichen Baudichte angrenzt. Eine Vorbildwirkung könnte das streitgegenständliche Vorhaben allenfalls für die nördlich gelegenen Grundstücke (Fl.Nrn. ..., ... und ...) entfalten. Dass damit aber die Wohnruhe in rückwärtigen Grundstücksbereichen beeinträchtigt würde, ist nicht erkennbar. Auf dem südlichen Nachbargrundstück (Fl.Nr. ...) sowie auf dem nördlich angrenzenden Grundstück (Fl.Nr. ...) befinden sich im rückwärtigen, westlichen Bereich der Grundstücke jeweils Doppelgaragen. Hinzukommt, dass die notwendigen Stellplätze für das streitgegenständliche Bauvorhaben in der vorhandenen Tiefgarage auf dem Baugrundstück nachgewiesen werden.

Da sich somit das beantragte Bauvorhaben in den vorhandenen Rahmen der Umgebungsbebauung einfügt, zumal der hier relevante Bereich - entgegen der Auffassung der Beklagten - gerade keinen Gartenstadtcharakter aufweist, ohne dass es hierauf bauplanungsrechtlich ankäme, wäre grundsätzliche die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Da mit dem Bauantrag auch ein Antrag auf Baumfällung eingereicht wurde, dessen Erteilung gemäß § 5 BaumschutzV im Ermessen der Beklagten steht, die sich hiermit inhaltlich noch nicht auseinandergesetzt hat, war die Beklagte lediglich zu verpflichten, den Bauantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden (§§ 113 Abs. 5 Satz 2, 114 VwGO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 25.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Tenor

In der Verwaltungsstreitsache

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte …

gegen

- Beklagte -

wegen Vorbescheid …platz 8, FlNr. … Gem. …

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht …, die Richterin am Verwaltungsgericht …, die Richterin …, die ehrenamtliche Richterin …, die ehrenamtliche Richterin … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2016

am 18. April 2016

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begeht von der Beklagten die Erteilung eines positiven Vorbescheids für die geplante Neubebauung auf dem Grundstück …platz 8, Fl.Nr. … der Gemarkung … in … Nach Abriss des zweigeschossigen Bestandsgebäudes ist dort der Neubau eines dreigeschossigen Wohn- und Geschäftshauses mit den Abmessungen von 18,00 m an der Südseite, 13,30 m an der Westseite, 18,40 m an der Ostseite und 18,20 m an der Nordseite (12,00 m zuzüglich 6,20 m) beabsichtigt. Die Traufhöhe soll 6,50 m und die Firsthöhe 10,05 m betragen. Das Dachgeschoss ist als Mansarddach mit einer Dachneigung von 45° an der Nordwestseite und im Übrigen mit einer Dachneigung von 70° geplant.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Am 10. Dezember 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids für die Neubebauung. Dazu wurden folgende drei Vorbescheidsfragen gestellt:

Frage 1: Ist das geplante Vorhaben von der Art der baulichen Nutzung, nämlich Wohnen und Gewerbe, planungsrechtlich zulässig?

Frage 2: Ist das in den Plänen dargestellte Maß der baulichen Nutzung planungsrechtlich zulässig?

Frage 3: Ist das in den Plänen dargestellte Vorhaben entsprechend der Baulinien gemäß Katasterauszug der … (Stand: 20.08.2014) zulässig?

Am 18. März 2015 erließ die Beklagte gemäß dem Antrag vom 10. Dezember 2014 nach Pl.Nr. ... und Baumbestandsplan Nr. ... einen hinsichtlich der Fragen 1 und 3 positiven und hinsichtlich Frage 2 ablehnenden Vorbescheid. Das Vorhaben liege im städtebaulichen Geviert zwischen der ... Straße im Süden, der ...straße im Westen und Norden sowie der ...straße und dem ...platz im Osten. Die Zulässigkeit des beantragten Bauvorhabens beurteile sich nach § 30 Abs. 3 BauGB und nach § 34 BauGB. Für das Baugrundstück sei eine vordere Baulinie entlang des ...platzes und der ... Straße sowie eine seitliche Baugrenze im Westen festgesetzt. Die Eigenart der näheren Umgebung sei vorwiegend durch eine Bebauung jeweils mit Erdgeschoss, einem Obergeschoss und Dachgeschoss vorgeprägt. Die Dachgeschosse seien dabei entweder als Satteldach, als Walmdach oder als zurückgesetztes Terrassengeschoss ausgebildet. Der Flächennutzungsplan stelle das Gebiet als Allgemeines Wohngebiet dar, was der tatsächlichen Nutzung entspreche. Zu den Einzelfragen führte die Beklagte Folgendes aus:

Frage 1: Ist das geplante Vorhaben von der Art der baulichen Nutzung, nämlich Wohnen und Gewerbe, planungsrechtlich zulässig?

Antwort: Gemäß der dem Vorbescheidsantrag beigefügten Antragsunterlagen sei im Erdgeschoss eine Ladenfläche von ca. 200 m2 für den Biomarkt „...“ vorgesehen. In den Obergeschossen sei vollständig Wohnnutzung geplant. Eine wie dargestellte Nutzungsmischung von gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung sei planungsrechtlich zulässig, zumal die im Flächennutzungsplan dargestellte WA-Nutzung der hier in der näheren Umgebung tatsächlich vorhandenen Nutzung entspreche.

Frage 2: Ist das in den Plänen dargestellte Maß der baulichen Nutzung planungsrechtlich zulässig? Beantragt werde ein Gebäude mit den Abmessungen von 18,00 m auf 18,40 m mit einer Dreigeschossigkeit mit Dach bei einer Wandhöhe „von Traufe 6,50 m und First 10,05 m“. Vergleichbare Vorhaben fänden sich auf den Nachbargrundstücken wieder, so dass dieses Maß der baulichen Nutzung planungsrechtlich zulässig sei.

Antwort: Nein, aufgrund des hier mit 70° Dachneigung sehr steil geplanten Mansarddaches trete das Vorhaben gegenüber der in der näheren Umgebung maßgeblichen Bebauung um ein Geschoss mehr, mit E + II, und damit dreigeschossig in Erscheinung. Die hier maßgebliche Bebauung weise zwar z.T. auch drei Geschosse auf, trete jedoch im Gegensatz zum antragsgegenständlichen Vorhaben nur zweigeschossig (mit E + I + D) in Erscheinung, da dort das dritte (Dach-) Geschoss entweder mit einer deutlich geringeren Dachneigung oder nur in Form eines allseitig deutlich zurückgesetzten Terrassengeschosses realisiert worden sei.

Es werde - obwohl nicht konkret abgefragt - darauf hingewiesen, dass sich das Vorhaben planungsrechtlich gemäß § 34 BauGB hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, nicht mehr in die nähere Umgebung einfüge.

Frage 3: Ist das in den Plänen dargestellte Vorhaben entsprechend der Baulinien gemäß Katasterauszug der ... (Stand: 20.08.2014) zulässig?

Antwort: Ja, die geplante Situierung des Baukörpers unmittelbar angrenzend an die entlang dem ...platz sowie der ... Straße verlaufenden Baulinien entspreche den planungsrechtlichen Festsetzungen und sei somit planungsrechtlich zulässig.

Der Bescheid wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 20. März 2015 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 20. April 2015, am selben Tag per Fax bei Gericht eingegangen, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage

gegen den Vorbescheid der LBK vom 18.03.2015, soweit in diesem Bescheid dem zugrunde liegenden Vorbescheidsantrag nicht stattgegeben wurde.

Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2015 beantragten sie,

die Beklagte zu verpflichten, die Frage Ziff. 2 (zulässiges Maß der baulichen Nutzung) des Vorbescheidsantrages der Klägerin vom 10.12.2014 (Eingangsdatum) nach Plannummer ... unter teilweiser Aufhebung des Bescheids der LBK vom 18.03.2015, Az. ..., positiv zu bescheiden.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die ... Straße im Bereich des Vorhabens zum ...platz hin öffne. Dieser Bereich sei geprägt durch Mehrfamilienhäuser mit mindestens zwei Vollgeschossen plus Dach mit oft großzügigen Dachgauben. Die Gebäude ...platz 13 und 15 träten nach außen als dreigeschossig in Erscheinung. Das Vorhaben der Klägerin sei gem. § 30 Abs. 3 i. V. m. § 34 Abs. 1 BauGB nach dem Maß der baulichen Nutzung planungsrechtlich zulässig. Vorliegend gehöre zur maßgeblichen prägenden Umgebung nicht allein die zwischen ...straße/...straße /... Straße gelegene Bebauung, sondern auch die auf den dem Vorhaben gegenüber liegenden Straßenseiten der ...straße und der ... Straße sowie die Bebauung um den ...platz. Die ... Straße sei zwar verhältnismäßig breit, es sprächen jedoch überwiegende Gesichtspunkte dafür, dass sich die Bebauung auf beiden Straßenseiten im Bereich des ...platzes gegenseitig präge. Die ... Straße weise im Bereich des ...platzes auf beiden Seiten relativ gleichförmig gestaltete allgemeine Wohngebiete auf, so dass auch wegen der ähnlichen Nutzungen auf beiden Seiten eine trennende Wirkung der ... Straße eher fern liege. Das gelte auch für den Bereich des ...platzes durch die symmetrischen Baumreihen auf beiden Seiten und den dadurch eher schmal erscheinenden Straßenraum. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes könne der alleeartige Charakter einer Straße gegen deren trennende Wirkung sprechen (vgl. BayVGH, U. v. 11.11.2005 - 6 B 01.354 - Rn. 31). Dem ...platz komme wegen der platzartigen beidseitigen Ausweitung des Straßenraumes eine verbindende Wirkung zu. Signifikante und städtebauliche Unterschiede in der Bebauung, bei deren Vorliegen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine trennende Wirkung bejaht habe, lägen hier nicht vor. Daher kämen die Gebäuden ...platz 13 und 15 als Bezugsfälle in Betracht. Das beantragte Vorhaben halte sich mit seiner Firsthöhe von 10,05 m in dem von der umliegenden Bebauung vorgegebenen Rahmen, da insbesondere die Gebäude auf Fl.Nr. ... (...str. 32) und Fl.Nr. ... (...str. 35) höhere Firsthöhen aufwiesen. Auch nach der Größe der überbaubaren Grundstücksfläche halte sich das Vorhaben in dem entlang der ...straße und der ... Straße vorhandenen Bebauungsrahmen, wobei z. B. das Gebäude ...platz 15 eine größere bebaute Grundfläche aufweise. Bezüglich der Zahl der Vollgeschosse sei der Umgebungsrahmen geprägt von mindestens zwei Vollgeschossen und Dachgeschoss, wobei die Gebäude ...platz 13 und 15 drei Vollgeschosse hätten. Da die landesrechtlichen Berechnungsregeln nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unerheblich seien, könne sich auch ein Dachgeschoss, das die landesrechtlichen Vollgeschossgrenzen geringfügig überschreite, in eine Umgebung einfügen, deren Dachgeschosse unterhalb des Schwellenwertes lägen (vgl. BVerwG, B. v. 14.03.2013 - 4 B 49/12 - Rn. 5). Es komme nur darauf an, ob sich das Vorhaben nach der Größe des beantragten Dachgeschosses einfüge (vgl. BayVGH, B. v. 22.06.2011 - 15 ZB 10.172 - Rn. 11). In der maßgeblichen näheren Umgebung seien zahlreiche Bezugsfälle vorhanden, die dreigeschossig seien und auch so wirkten. Mit der Ablehnung des dritten Vollgeschosses solle vorliegend das Vorhaben kleiner gehalten werden als die Bezugsfälle. Messe man der ... Straße und dem ...platz trennende Wirkung zu, so sei das Vorhaben der Bebauung entlang der ...straße zuzuordnen, bei der es sich um eine schmale Erschließungsstraße handele, die keine trennende Wirkung habe. Zur näheren Umgebung seien dann insbesondere die dreigeschossig ausgeführten Anwesen ...straße 27 und 30 zu zählen, welche ein vergleichbares Nutzungsmaß wie das streitgegenständliche Vorhaben aufwiesen. Die mit der Umsetzung des Vorhabens einhergehende geringfügige Verdichtung sei städtebaulich schon deshalb unerheblich, da das Vorhaben überwiegend von Verkehrsflächen umgeben sei. Im Übrigen seien alle Grundstücke in der näheren Umgebung bereits teilweise dreigeschossig bebaut, so dass eine negative Vorbildwirkung ausscheide.

Mit Schreiben vom 10. September 2015 beantragte die Beklagte,

die Klage wird abgewiesen.

Gemessen an den Vorgaben der Rechtsprechung gehörten zur prägenden näheren Umgebung nicht mehr die Grundstücke ...platz 11/13 und 15. Die ... Straße habe im Bereich des Vorhabens eine Breite von mindestens 36 m mit zwei Fahrspuren in jeder Richtung, dazwischen zwei Straßenbahnschienen. Sie habe nicht den Charakter einer Allee, sondern aufgrund ihrer erheblichen Breite trennende Wirkung. Zwischen dem Vorhaben und dem Gebäude ...platz 15 lägen etwa 47 m. Außerdem seien die Gebäude ...platz 11/13 und 15 und das Vorhabengebäude nicht platzartig auf einen Mittelpunkt der durch die Kreuzung der ... Straße, der ...straße und den ...platz gebildeten Freifläche ausgerichtet. Die Anwesen ...platz 11/13 und 15 nähmen lediglich den Verlauf der verschwenkten ... Straße auf. Die Bebauung auf dem Grundstück ...straße 27 gehöre ebenfalls nicht mehr zur prägenden näheren Umgebung, da es sich in einer erheblichen Entfernung von mindestens 116 m befände. Innerhalb der näheren Umgebung halte sich das Bauvorhaben nicht im vorgegebenen Rahmen. Die Firsthöhe von ...straße 35 sei aufgrund der Ausgestaltung als steiles Satteldach kein Vorbild. Ferner trete die Wandhöhe von lediglich ca. 6,50 m deutlich in Erscheinung und schließlich weise das Gebäude eine wesentlich geringere Grundfläche auf. Bei dem Anwesen ...straße 30 betrage die Wandhöhe ca. 6,00 m, die absolute Höhe über dem Terrassengeschoss maximal 9,00 m. Sogar diese absolute Höhe werde durch das Vorhaben noch um 1,05 m überschritten. Außerdem rücke bei dem Gebäude ...straße 30 das Terrassengeschoss allseitig mindestens um 1,50 m ein, so dass die Wandhöhe von 6,00 m als eigenständiger Maßbestimmungsfaktor in Erscheinung trete. Bei dem Vorhaben sei wegen des steilen Mansarddaches mit 70° Neigung die Wandhöhe neben der absoluten Gebäudehöhe nicht mehr als eigenständiger Maßbestimmungsfaktor erkennbar (vgl. BVerwG, B. v. 26.07.2006 - 4 B 55/06 - juris Rn. 6). Daher sei das Vorhaben geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen.

Über die baulichen Verhältnisse auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung hat das Gericht am 18. April 2016 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Feststellungen dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf das Protokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der streitgegenständliche Vorbescheid vom 18. März 2015 verletzt durch die negative Beantwortung der Frage 2 - nur insoweit erfolgte eine Klageerhebung - die Klägerin nicht in ihren Rechten und ist daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat schon deshalb insoweit keinen Rechtsanspruch auf die Erteilung eines positiven Vorbescheides (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Gemäß Art. 71 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) kann vor Einreichung eines Bauantrags auf Antrag des Bauherren zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherrn gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung sind, fest. Er entfaltet insoweit während seiner Geltungsdauer - in der Regel drei Jahre (Art. 71 Satz 2 BayBO) - Bindungswirkung für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren.

Gegenstand eines Vorbescheids können nach Art. 71 Satz 1 BayBO nur einzelne Fragen (auch eine Mehrzahl von Fragen) zu einem Bauvorhaben sein. Nach dem Sinn und Zweck des Vorbescheids, bindende Wirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren zu erzeugen, sind einzelne Fragen solche, über die in der Baugenehmigung zu entscheiden ist. Die Fragen müssen danach zum einen einer gesonderten Beurteilung zugänglich sein und zum anderen ist zu fordern, dass diese sich auf ein konkretes (baugenehmigungspflichtiges) Vorhaben beziehen (vgl. BayVGH, U. v. 14.2.2008 - 15 B 06.3463 - NVwZ-RR 2008, 391 m. w. N.; Decker in: Simon/Busse, BayBO 2008, Art. 71 Rn. 71 ff.).

2. Das mit Frage 2 abgefragte Maß der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich im Hinblick auf das übergeleitete Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) und im Übrigen nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung zulässig, wenn es sich insoweit in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

2.1 Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das Vorhaben ist die nähere Umgebung. Berücksichtigt werden muss hier die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 m. w. N.). Daraus folgt, dass nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft des Baugrundstücks zu berücksichtigen ist, sondern auch die Bebauung der Umgebung insoweit berücksichtigt werden muss, als auch diese noch prägend auf das Baugrundstück wirkt (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 119. EL November 2015, § 34 Rn. 36). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. In der Regel gilt bei einem, inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (vgl. BayVGH, B. v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4; U. v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris Rn. 25; U. v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 und U. v. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris Rn. 20).

Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BVerwG, B. v. 6.11.1997 - 4 B 172.97, NVwZ-RR 1998, 539; BayVGH, U. v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (vgl. BayVGH, B. v. 7.12.2015 - 2 ZB 14.1965 - juris Rn. 3 m. w. N.; U. v. 12.12.2013 - 2 B 13. 1995 - juris; B. v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 - juris Rn. 21 m. w. N.).

2.2 Gemessen an diesen Vorgaben erstreckt sich die für den Parameter des Nutzungsmaßes maßgebliche nähere Umgebung auf den Bereich zwischen der ... Straße im Süden und Westen, sowie dem ...platz und der ...straße im Osten sowohl auf der westlichen Straßenseite der ...straße, die an das Vorhabengrundstück angrenzt, als auch auf der gegenüber liegenden Straßenseite, jeweils soweit eine Sichtbeziehung zum Vorhabengrundstück besteht. Das Straßengeviert zwischen ... Straße im Süden, ...straße im Westen und Norden sowie ...straße im Osten ist so groß, dass nach dem Ergebnis des Augenscheins mangels entsprechender Sichtbeziehungen und der großen Entfernungen nicht im gesamten Straßengeviert von einer wechselseitigen Prägung ausgegangen werden kann. Die maßgebliche nähere Umgebung ist für das abgefragte Nutzungsmaß nach der obergerichtlichen Rechtsprechung eher eng zu begrenzen, da sich ohne visuellen Bezug weder das geplante Vorhaben einerseits auf die benachbarte Bebauung, noch andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken kann, weshalb nach dem Ergebnis des Augenscheins eine Beschränkung auf den oben ausgeführten Bereich vorzunehmen ist.

2.3 Nach dem Ergebnis des Augenscheins entfaltet auch die im Bereich des Vorhabengrundstücks vierspurig ausgebaute ... Straße mit jeweils seitlichen Parkstreifen sowie zusätzlich einer in der Mitte verlaufenden doppelgleisigen Straßenbahnanlage trennende Wirkung. Ob eine Straße trennende Wirkung entfaltet, ist eine Frage des Einzelfalles. Der im Augenschein gewonnene Eindruck der trennenden Wirkung der im Bereich des Vorhabengrundstücks an der schmalsten Stelle 36 m breiten ... Straße wird dadurch bestätigt, dass es sich bei dieser um eine überörtliche Staatsstraße (Nr. ...) handelt, die auch dem überörtlichen Durchgangsverkehr dient. Bei der Beurteilung, ob eine trennende Wirkung vorliegt, kann auch die unterschiedliche Bebauung diesseits und jenseits einer Straße eine Rolle spielen (vgl. BVerwG, B.v. 29.4.1997 - 4 B 67/97 - juris Rn. 4). Im vorliegenden Fall unterscheidet sich die Bebauungsstruktur auf der Nordseite der ... Straße im Bereich des Vorhabengrundstücks durch die einheitliche und gleichförmige Gestaltung der Gebäude - zweigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss im Walmdach - von derjenigen auf der Südseite der ... Straße, insbesondere von den dreigeschossigen Gebäuden mit nahezu senkrecht gestellten Mansarddächern, auf die sich die Klagepartei als Vorbild bezieht.

2.4 Aufgrund der trennenden Wirkung der Staatsstraße ... stellt sich der ...platz nach dem Ergebnis des Augenscheins insbesondere auch infolge seiner asymmetrischen Form nicht als einheitlicher Platz dar. Es liegt keine Platzsituation in dem Sinne vor, dass die Bebauung einer zusammenhängenden Platzgestaltung folgt. Vorliegend ist die Bebauung vielmehr gerade nicht aufeinander bezogen, da die Gebäude erkennbar dem Straßenverlauf folgen, so dass der Eindruck einer straßenbegleitenden, nicht aber der einer auf einen gemeinsamen Platz bezogenen Bebauung entsteht. Der ...platz stellt sich daher für einen Betrachter als eine Art von Straßenkreuzung dar, in der auf der einen Seite die ...straße, auf der anderen die ...straße und die ...nstraße in die ... Straße einmünden.

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bauweise - wie vorliegend - zusätzlich auch das Verhältnis zur umgebenden Freifläche prägen das Bild der maßgebenden Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung an (vgl. BVerwG, B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris Orientierungssatz und Rn. 3). Danach gehört im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zum Tatbestandsmerkmal des „Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung“ bei offener Bebauung auch das Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche zu den Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris Rn. 3 m. w. N.; VG München, U. v. 28.9.2015 - M 8 K 14.3006 Rn. 23).

Dabei verbietet sich in einer Art „Rosinentheorie“, dass sich das Vorhaben zur Rahmenfestlegung an mehreren Gebäuden gleichzeitig orientiert, welche bezüglich eines dieser absoluten Faktoren jeweils einen Maximalwert aufweisen und diese Einzelwerte dann kombiniert werden. Ein Vorhaben kann sich also nicht gleichzeitig an der größtmöglichen Grundfläche, der höchsten Wandhöhe und/oder Firsthöhe von jeweils verschiedenen Gebäuden orientieren (st. Rspr. der Kammer, z. B. VG München, U.v. 12.12.2011 - M 8 K 11.1141 - juris Rn. 41; VG München, U.v. 20.7.2015 - M 8 K 14.2528 - juris Rn. 58).

Vorliegend überschreitet das beantragte Bauvorhaben das in der näheren Umgebung vorgefundene und verwirklichte Maß der baulichen Nutzung nicht nur hinsichtlich seiner Höhenentwicklung sondern auch nach dem Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche. Mit dem geplanten Vorhaben soll eine nach Außen deutlich erkennbare höhere Bebauungsdichte realisiert werden als dies auf den Grundstücken in der näheren Umgebung der Fall ist, selbst wenn man Grundstücke berücksichtigt, die aufgrund ihrer Entfernung gar nicht mehr zur prägenden Umgebung gehören.

3.1 Das streitgegenständliche Vorhaben ist nach den Eingabeplänen mit folgenden Maßen geplant: Traufhöhe 6,50 m, Firsthöhe (Flachdach) 10,05 m; drei Geschosse; Grundfläche des Gebäudes von 314 m2 auf einem Vorhabengrundstück mit einer Größe von 640 m2.

Die Gebäude in der näheren Umgebung weisen nach dem Plan und dem Ergebnis des Augenscheins keine vergleichbare Gesamtkubatur auf.

3.2 Die Häuser ...straße 35 /...platz 2 bis 6 sind nur zweigeschossig und haben abgegriffen nur jeweils rund 100 m2 Gebäudegrundfläche im Vergleich zu der geplanten Grundfläche von 314 m². Nach dem Ergebnis es Augenscheins bleiben auch die Firsthöhen mit maximal 8,50 m deutlich unterhalb derjenigen des Vorhabens. Schließlich stellt sich auch das Verhältnis von überbauter Fläche zu Freifläche gänzlich anders dar, als bei dem Vorhabengrundstück, dass erkennbar dichter bebaut werden soll.

3.3 Ebenfalls nur zweigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss im Walmdach ist die westlich an das Vorhaben anschließende Hausgruppe ... Straße 244 bis 248a.

3.4 Das Gebäude ...straße 30 auf dem nördlich gelegenen Nachbargrundstück mit der Fl.Nr. ... ist zwar teilweise dreigeschossig, das dritte Geschoss ist jedoch als Terrassengeschoss ausgebildet und weist einen Rücksprung von mindestens 1 m auf. Seine Grundfläche beträgt 332 m2 und ist insoweit mit dem Vorhaben vergleichbar, bleibt aber in der Höhenentwicklung mit einer Traufhöhe von lediglich maximal 6,00 m im Vergleich zur geplanten Traufhöhe von 6,50 m und einer Firsthöhe von 9,00 m im Vergleich zu der geplanten Firsthöhe von 10,05 m unterhalb des Vorhabens. Damit bleibt das Gebäude ...straße 30 bereits in seiner Kubatur deutlich unter den Maßen des geplanten Vorhabens und kann schon deshalb keine Vorbildwirkung haben.

Hinzu kommt, dass in der näheren Umgebung die offene Bauweise vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei offener Bauweise auch das Verhältnis von bebauter Fläche zu umgebender Freifläche prägend für das Bild der maßgebenden Umgebung und deshalb vorrangig als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris Rn. 3 m. w. N.).

Im Hinblick auf dieses Einfügungskriterium sprengt das streitgegenständliche Vorhaben den durch die umgebende Bebauung gesetzten Rahmen und fügt sich damit in keiner Weise mehr in diese Bebauung ein.

Das Gebäude ...straße 30 steht mit knapp 340 m2 Grundfläche auf einem Grundstück von etwa 966 m2 (abgegriffen). Das Verhältnis von bebauter zur freien Fläche stellt sich also vollkommen anders dar. Unter Heranziehung der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zumindest ergänzungsweise verwendbaren Grundflächenzahl (vgl. BVerwG, B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris Rn. 4) weist es ein Verhältnis von bebauter Fläche zur Grundstücksfläche von etwa 0,35 auf, das Vorhaben aber ein solches von 0,49.

3.5 Das Gebäude ...straße 24 gehört angesichts seiner beträchtlichen Entfernung von über 100 m und mangels Sichtbeziehung zum Vorhabengrundstück bereits nicht mehr zur maßgeblichen näheren Umgebung. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass das Verhältnis von bebauter Fläche zu Freifläche bei diesem Grundstück ebenfalls weit unterhalb dessen liegt, was bei dem streitgegenständlichen Vorhaben beabsichtigt ist. Aus diesen Gründen kann es ebenfalls kein Vorbild für das streitgegenständliche Vorhaben sein.

3.6 Auch das Gebäude ...straße 27 gehört nicht mehr zur maßgeblichen und näheren Umgebung. Nach dem Ergebnis des Augenscheins ist es vom Vorhabengrundstück aus nicht zu sehen und darüber hinaus über 120 m von dem streitgegenständlichen Vorhaben entfernt. Insgesamt kann es daher auch dahin stehen, ob dieses Gebäude nicht ohnehin als eine Art „Ausreißer“ außer Betracht zu bleiben hat, da es nach dem, dem Gericht vorliegenden Lageplan als das größte und in seiner Art einzige Gebäude innerhalb eines Umkreises von rund 800 m ist. Als Vorbild kann es jedenfalls nicht nur wegen seiner Entfernung nicht mehr herangezogen werden, sondern auch deshalb nicht, weil sich das Verhältnis der bebauten Fläche zu Freifläche ebenfalls gänzlich anders als auf dem Vorhabengrundstück darstellt. Das Anwesen ...straße 27 hat abgegriffen eine Grundstücksgröße von 1500 m2 und das darauf stehende Gebäude eine Grundfläche von 594 m2. Unter Heranziehung der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zumindest ergänzungsweise verwendbaren Grundflächenzahl (vgl. BVerwG, B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris Rn. 4) liegt das sich daraus ergebende ungefähre Verhältnis von bebauter Fläche zu Freifläche damit bei etwa 0,39 und somit ebenfalls weit unterhalb des Wertes von 0,49 des streitgegenständlichen Vorhabens.

3.7 Dasselbe gilt für das dreigeschossige Gebäude ...platz 15, das nach dem Ergebnis des Augenscheins bereits nicht zur maßgeblichen näheren Umgebung gehört. Der weit überwiegende Teil des Grundstücks ist unbebaut, so dass auch hier das streitgegenständliche Bauvorhaben eine deutlich höhere Bebauungsdichte aufweist.

Soweit von Klägerseite vorgebracht wurde, dass die Freiflächen dieses Grundstücks sowie im Geviert vielfach vor allem hinter den Gebäuden lägen, ist darauf hinzuweisen, dass es für das Maß der baulichen Nutzung auf die Lage der Freiflächen nicht ankommt. Die Berücksichtigung des Verhältnisses von überbauter zu freier Fläche bei der Beurteilung des Maßes der baulichen Nutzung dient nicht der Ortsbildgestaltung. Dieses Einfügungskriterium soll vielmehr das Ausmaß der Bebauung auf dem Vorhabengrundstück in einem solchen Umfang halten, der der Bebauungsdichte der näheren Umgebung entspricht. Es geht also in erster Linie darum, eine Verdichtung der Bebauung über das vorhandene Maß hinaus zu verhindern.

In Anbetracht der erheblich geringeren Ausnutzung der Grundstücke durch die jeweilige Bebauung in der maßgeblichen näheren Umgebung und sogar in der entfernteren Umgebung, die ohnehin nicht mehr maßstabsbildend ist, können diese Anwesen daher alle nicht als Vorbild herangezogen werden, ganz unabhängig von der Frage, ob sie überhaupt noch zur maßgeblichen näheren Umgebung gehören und ganz unabhängig davon, ob sie im Übrigen überhaupt eine vergleichbare Gesamtkubatur aufweisen.

3.8 Das nach außen deutlich wahrnehmbare Ausbrechen des streitgegenständlichen Vorhabens zeigt sich schließlich auch daran, dass als Freifläche mit einer ganz geringen Ausnahme praktisch nur die notwendigen Abstandsflächen verbleiben (vgl. VG München, U. v. 30.6.2014 - M 8 K 13.2180 - juris Rn.35). Dabei ergibt sich zunächst, dass der bereits auf den ersten Blick ungewöhnliche Zuschnitt der Grundfläche des Gebäudes mit seiner fünfeckigen Form offenbar allein deshalb gewählt wurde, um die absolut maximale Ausnutzung des Grundstücks im Sinne des Abstandsflächenrechts zu ermöglichen. Nach der Darstellung in den Eingabeplänen ergeben sich infolge des „Abschneidens“ der nordwestlichen Gebäudeecke zu den Nachbargrundstücken im Norden und Westen zwei Außenwände von 12,00 bzw. 13,30 m, für die beide nach dem Abstandsflächenplan wohl das sogenannte 16 m-Privileg gemäß Art. 6 Abs. 6 BayBO in Anspruch genommen werden soll. Nach der Darstellung der Klagepartei im Eingabeplan nimmt die sich so ergebende Abstandsfläche von ½ H in Richtung auf das nördliche Nachbargrundstück an der ...straße beinahe die gesamte nicht bebaute Grundstücksfläche in Anspruch. In diesem Bereich verbleibt an der Grundstücksgrenze insoweit nur ein schmaler Streifen von ca. 0,75 m Breite mit einer Länge von 12 m sowie einer Fläche von lediglich ca. 9 m2 direkt. Die Grundstücksfläche zum westlichen Nachbargrundstück wird nach dem Eingabeplan offensichtlich ebenfalls vollständig von der Abstandsfläche überdeckt, wobei hier im Bereich dieser Abstandsfläche auch noch die Tiefgaragenzufahrt errichtet werden soll. Im rückwärtigen Bereich des Vorhabens überdecken die Abstandsflächen von 1 H nach dem eingereichten Abstandsflächenplan wiederum fast den gesamten dortigen Freiraum. Sie treffen mit den Kanten jeweils exakt auf die Grundstücksgrenze. Zum ...platz steht das Gebäude auf der Grundstücksgrenze, zur ... Straße wird der gesamte Vorgartenbereich bis zur Grundstücksgrenze ebenfalls voll von der Abstandsfläche überdeckt, die sich über die Grundstücksgrenze hinaus noch in den öffentlichen Verkehrsraum erstreckt. Nach dem Eingabeplan sind also erkennbar nur kleine „Reste“ der Freifläche nicht von Abstandsflächen überdeckt.

Von den insgesamt 636 m2 der Grundstücksfläche (Angabe im Eingabeplan) werden daher nur rund 42 m2, also nur 1/15 in Gestalt kleiner Restflächen nicht von den sowieso bereits weitgehend durch die Inanspruchnahme des 16 m Privilegs verkürzten Abstandsflächen in Anspruch genommen. Dazu kommt schließlich auch noch, dass in der Abstandsfläche zum westlichen Nachbargrundstück die Einfahrt zur Tiefgarage situiert ist, die nach den Eingabeplänen rund 3,80 m breit und 13,30 m lang ist. Sie nimmt damit beinahe den gesamten dortigen Grundstücksbereich bis auf einen kleinen Streifen entlang der westlichen Grundstücksgrenze in Anspruch und steht je nach ihrer konkreten Gestaltung möglicherweise in Widerspruch zu Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO.

In der gesamten näheren (und sogar weiteren) Umgebung findet sich kein Gebäude, das in ähnlich extremer Weise die Grundstücksfläche ausnutzt. Das Maß der baulichen Nutzung durch das streitgegenständliche Vorhaben ist insoweit ohne jedes Vorbild.

Es ist daher auch ohne rechnerische Ermittlung des Verhältnisses von bebauter Fläche zu der verbleibenden Freifläche offensichtlich, dass das streitgegenständliche Vorhaben sich in Bezug auf dieses Kriterium nicht nur in die nähere Umgebung, sondern auch in die weitere nicht mehr prägende Umgebung nicht einzufügen vermag. Das grobe Missverhältnis der bebauten Fläche zu der umgebenden Freifläche ist augenfällig, die Beispiellosigkeit im maßgebenden Geviert tritt klar zu Tage (vgl. VG München, U. v. 30.6.2014 - M 8 K 13.2180 - juris Rn. 36; bestätigend dazu BayVGH, B. v. 7.12.2015 - 2 ZB 14.1965 - juris Rn. 5 und 7).

4. Das streitgegenständliche Vorhaben würde aufgrund der massiven baulichen Verdichtung unter Verlust von Freiflächen gegenüber der bisher vorhandenen Bestandsbebauung eine unerwünschte Vorbildwirkung haben und damit bodenrechtliche Spannungen durch die hierdurch eröffnete Möglichkeit der Nachverdichtung erzeugen. Gerade entlang der ...straße sowie im Geviertinneren käme eine entsprechende bauliche Verdichtung entweder durch Anbauten oder vollständige Neuerrichtung von Gebäuden mit ähnlich intensiver Ausnutzung der jeweiligen Grundstücksfläche in Betracht. Die Beklagte könnte in diesem Fall entsprechenden Bauwünschen nicht mehr entgegentreten. Von dem streitgegenständlichen Vorhaben geht daher die Gefahr einer massiven Nachverdichtung der Bebauung in der näheren Umgebung aus (vgl. BayVGH, B. v. 7.12.2015 - 2 ZB 14.1965 - juris Rn.6).

5. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

6. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

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einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 40.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

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schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Am 23. April 2015 stellte die Klägerin einen Bauantrag nach Plan-Nr. ... für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Carport auf dem Grundstück FlNr. ..., Nord-Ost-Ecke ...-straße/... Straße. Nach den eingereichten Plänen ist ein Einfamilienhaus mit einer Grundfläche von 12,63 m x 6,90 m mit E + I + DG mit Satteldach mit einer Traufhöhe von 6 m und einer Firsthöhe von 9,195 m im westlichen Bereich der FlNr. ... vorgesehen.

Unter dem gleichen Datum wurde nach Plan-Nr. ... ein Bauantrag für den Neubau eines Doppelhauses im östlichen Bereich der FlNr. ... gestellt. Das Doppelhaus verfügt über eine Grundfläche von 12,99 m (2 x 6,475 m, die im Süden und im Norden geringfügig (1 m) gegeneinander versetzt sind) x 10,90 m mit E + I + DG mit Satteldach und einer Traufhöhe von 6 m und einer Firsthöhe von 9,195 m.

Mit Bescheid vom 9. September 2015, der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 12. September 2015 zugestellt, lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 23. April 2015 nach Plan-Nr. ... ab. Zur Begründung wurde unter Darstellung der baulichen Gegebenheiten in der Umgebung ausgeführt, dass sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Das Verhältnis bebauter zu unbebauter Fläche sei deutlich schlechter als auf allen anderen Grundstücken im Quartier. Die im Antrag auf Baugenehmigung abgefragte zu überbauende Grundstücksfläche sei planungsrechtlich unzulässig, weil sich die daraus resultierende Bebauungsdichte auf diesem Grundstück nicht einfüge. Entlang der ...-straße befänden sich einheitlich von der vorderen Baugrenze abgerückte Gebäude. Bei der Zulassung der beantragten Bebauung würde das Quartier eine erhebliche Strukturveränderung erfahren, da im Geviert keine Bezugsfälle vorhanden seien, die in einem ähnlichen Verhältnis von bebauter zu unbebauter Fläche stehen würden. Das Vorhaben lasse auch städtebauliche Spannungen erwarten, da es das Gesamtbild beeinträchtige und Unruhe in die vorgegebene Situation bringe und eine städtebaulich unerwünschte Vorbildwirkung auslöse.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens evtl. nicht mehr maßstabsgetreu)

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(Lageplan aufgrund Einscannens evtl. nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 28. September 2015 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und beantragten,

den Bescheid der Beklagten vom 9. September 2015 aufzuheben und

die Beklagte zu verpflichten, den Bauantrag vom 23. April 2015 nach Plan-Nr. ... zu genehmigen.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2015 genehmigte die Beklagte den Bauantrag für das Doppelhaus in der östlichen Hälfte des Grundstücks FlNr. ... nach Plan-Nr. ...

Mit Schriftsatz vom 25. November 2015 begründeten die Bevollmächtigten der Klägerin die Klage dahingehend, dass es hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht auf Grundstücksgrenzen und die Größe der Grundstücke ankomme (BVerwG vom 12.6.1970 - 4 C 77.68 -, vom 21.11.1980 - 4 B 142.80 - und vom 28.9.1988 - 4 B 175.88). Das Verhältnis des geplanten Gebäudes zur umgebenden Freifläche sei kein Kriterium im Sinne des § 34 BauGB, da es nicht vom Tatbestandsmerkmal des Maßes der baulichen Nutzung erfasst werde. Dass bei einem Erweiterungsbauvorhaben „die Baumasse unter Verlust von Freifläche“ anwachse, sei eine geradezu selbstverständliche Folge, worauf das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 21. Juni 2007 (BauR 2007, 1691) hingewiesen habe. Auch sei das Verhältnis bebaute Fläche zu unbebauter Fläche eine völlig unbestimmte, in der Praxis nicht umsetzbare Größe.

Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen

und vertiefte ihren Vortrag im Hinblick auf das Verhältnis zwischen bebauter und unbebauter Fläche als Kriterium im Rahmen des Maßes der baulichen Nutzung unter Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts München. Vorliegend sei bereits ohne die Anstrengung rechnerischer Ermittlung des Verhältnisses von bebauter zu verbleibender Freifläche offensichtlich, dass sich das klägerische Vorhaben in Bezug auf dieses Kriterium nicht in die maßgebliche Umgebung einzufügen vermöge. Das Vorhaben füge sich auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht ein, da sich weder von der ... Straße noch von der ...-straße aus ein Wohngebäude mit vergleichbarer Bebauungstiefe finde.

Das Gericht hat am 10. Oktober 2016 Beweis über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem Baugrundstück sowie in dessen Umgebung durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte und das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der Klägerin ein Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung nicht zusteht, weshalb sie durch den ablehnenden Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich im Hinblick auf das übergeleitete Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) und im Übrigen nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

1.1 Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das Vorhaben ist die nähere Umgebung. Berücksichtigt werden muss hier die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (BayVGH, U. v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 m. w. N.). Daraus folgt, dass nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft des Baugrundstücks zu berücksichtigen ist, sondern auch die Bebauung der Umgebung insoweit berücksichtigt werden muss, als auch diese noch prägend auf das Baugrundstück wirkt (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 119. EL November 2015, § 34 Rn. 36). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. In der Regel gilt bei einem, inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (BayVGH, B. v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4; U. v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris Rn. 25; U. v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 und U. v. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris Rn. 20).

Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B. v. 6.11.1997 - 4 B 172.97 -, NVwZ-RR 1998, 539; BayVGH, U. v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (BayVGH, B. v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 - juris Rn. 21 m. w. N.).

Nach diesen Maßgaben ist vorliegend der Bereich des Quartiers ...-straße/... Straße/... Straße/... Straße sowie die dem Vorhaben gegenüberliegende Bebauung auf der Südseite der nur 8,5 m breiten ...-straße die maßgebliche Umgebung mit gegenseitiger Prägung. Hier finden sich mit Ausnahme der ... Str. 10 bis 16 und des Eckgrundstücks ... Straße/... Straße auf unterschiedlich großen Grundstücken freistehende Einfamilien- und Doppelhäuser mit einer Höhenentwicklung bis zu zwei Geschossen plus zum Teil ausgebauten Dachgeschossen. Diese Gebäude weisen zwar hinsichtlich ihrer Grundfläche deutliche Unterschiede auf, jedoch keine derartige Inhomogenität, die eine wechselseitige Prägung ausschließen würde.

1.2 Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung und auch der Bauweise fügt sich das Vorhaben unproblematisch in die ausschließlich von Wohnnutzung und in offener Bauweise geprägte Umgebung ein.

1.3 Das streitgegenständliche Vorhaben fügt sich wohl auch nach der überbaubaren Grundstücksfläche ein, weil es weder die durch einfachen, übergeleiteten Baulinienplan festgesetzte südliche Baugrenze auf dem Grundstück, noch die in der Umgebung verwirklichte Bebauungstiefe überschreitet, selbst wenn diese von der ... Straße aus gemessen würde. Auch die Annahme einer Funktionslosigkeit der an der Nordseite der ...-straße festgesetzten Baugrenze im Süden der hier gelegenen Grundstücke würde dem Vorhaben hinsichtlich des Parameters „überbaubare Grundstücksfläche“ nicht entgegenstehen, da sich das streitgegenständliche Grundstück in der besonderen Ecksituation an der ...-straße bzw. ... Straße befindet und insoweit anders als die westlich gelegenen Grundstücke auf der Nordseite der ...-straße nicht über einen rückwärtigen Grundstücksbereich verfügt, in dem der Bebauung der genannten Grundstücke zu folgen wäre bzw. gefolgt werden könnte.

1.4 Allerdings überschreitet das beantragte Bauvorhaben vorliegend das in der näheren Umgebung vorgefundene und verwirklichte Maß der baulichen Nutzung hinsichtlich des Verhältnisses des Gebäudes zur umliegenden Freifläche. Mit dem geplanten Vorhaben soll eine nach außen deutlich erkennbare höhere Bebauungsdichte realisiert werden als dies auf den Grundstücken in der näheren Umgebung der Fall ist. Dies gilt selbst dann, wenn man Grundstücke berücksichtigen würde, die aufgrund ihrer Entfernung nicht mehr zur prägenden Umgebung gehören, wie die Süd- und Westseite des südlich gelegenen Quartiers ...-straße/... Straße/... Straße/...-Weg; sogar im nördlich gelegenen Quartier ... Straße/... Straße/... Straße/...-Weg, das anders als das Quartier, in dem sich das streitgegenständliche Grundstück gelegen ist, eine einheitliche fünf- bis siebenteilige Reihenhausbebauung aufweist, ergibt sich beim Verhältnis Freifläche zu bebauter Fläche keine Bebauungsdichte wie beim streitgegenständlichen Grundstück.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bauweise - wie vorliegend - zusätzlich auch das Verhältnis zur umgebenden Freifläche prägen das Bild der maßgebenden Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung an (vgl. BVerwG, B. v. 14.3.2013 - 4 B 49/12 - und B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris). Danach gehört im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zum Tatbestandsmerkmal des „Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung“ bei offener Bebauung auch das Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche zu den Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, B. v. 14.3.2013 - 4 B 49/12 - juris; B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - juris Rn. 3 m. w. N.; VG München, in ständiger Rechtsprechung 8. Kammer, U. v. 28.9.2015 - M 8 K 14.3006 - juris Rn. 23; v. 11.4.2016 - M 8 K 15.1603 -; v. 18.4.2016 - M 8 K 15.1531 - alle juris).

1.4.1 Bereits bei einem Blick auf den Lageplan wird ersichtlich, dass das Verhältnis bebaute Fläche zu unbebauter Freifläche bei den Grundstücken der maßgeblichen Umgebung und auch der südlich und nördlich benachbarten Quartiere ein Mehrfaches des Quotienten ist, wie er sich auf dem streitgegenständlichen Grundstück darstellt.

Das streitgegenständliche Grundstück weist eine Grundstücksfläche von 772 m² (vgl. amtlichen Lageplan) auf. Die mit Hauptgebäuden bebaute Fläche würde bei Verwirklichung des abgelehnten Bauvorhabens - nachdem das Doppelhaus nunmehr mit Bescheid vom 26. Oktober 2015 genehmigt worden ist und insoweit auch bei der Ermittlung der bebauten Fläche des Grundstücks herangezogen werden muss - 228,74 m² betragen. Dies bedeutet ein Verhältnis von knapp unter 1/3 bebauter Fläche zu 2/3 unbebauter Fläche. Die westlich benachbarten Grundstücke auf der Nordseite der ...-straße bis zur ... Straße weisen dagegen ein Verhältnis von mit Hauptgebäuden bebauter Fläche zu unbebauter Freifläche von knapp unter 1/10 zu 9/10 bzw. 1 : 8 und bei der Doppelhausbebauung der ...-str. 7/7 a von 1 : 5 auf. Auch das Grundstück ... Str. 71 hat ein deutlich günstigeres Verhältnis von bebauter Fläche zur Freifläche, nämlich gut 1 : 6. Bei der ... Str. 73 kommt man - selbst wenn man sämtliche baulichen Anlagen als Hauptgebäude bewertet - zu einem Verhältnis von knapp unter 1 : 5. Bei den schmalen Reihenhausgrundstücken ... Str. 12 und 14 erweist sich das Verhältnis immer noch 1 : 3,5 und bei den Reihenhäusern ... Str. 16 und 10 mit 1 : 6 bzw. 1 : 4. Die Grundstücke ... Str. 4, 6 und 8 weisen ein Verhältnis von 1 : 4 auf und bei dem Eckgrundstück ... Straße/... Straße (Südostecke) liegt das Verhältnis bei 1 : 3,5. Ähnliches gilt für das nördlich gelegene Quartier ... Straße/...-Weg; selbst hier liegt das Verhältnis bei den schmäleren Reihenhausgrundstücken bei knapp 1 : 3, obwohl dieses Quartier aufgrund der unterschiedlichen Struktur nicht mehr zur maßgeblichen Umgebung zählt.

Soweit die gegenüberliegende Straßenseite der ...-straße zur maßgeblichen Umgebung gehört, liegt das Verhältnis freie Fläche zu bebauter Fläche zugunsten der Freifläche noch deutlich über den Gegebenheiten des Quartiers, in dem das streitgegenständliche Grundstück liegt, wie an sich schon ein Blick auf den Lageplan zeigt. Die Grundstücke ...-str. 12 und 12 a weisen ein Verhältnis von 1 : 4,5 bzw. gut 1 : 3 zugunsten der unbebauten Fläche auf. Das gegenüberliegende Grundstück ...-str. 14 verhält sich von bebauter zu unbebauter Fläche im Maß von 1 : (über) 4,5. Auch die übrigen Grundstücke des südlich des streitgegenständlichen Grundstücks gelegenen Quartiers weisen augenfällig ein Verhältnis von mindestens 1 : 3 bzw. weit darüber hinaus auf, wobei allerdings weder der Südseite des Quartiers noch deren westlichen Drittel aufgrund der Entfernung prägende Wirkung zukommt.

In der gesamten näheren (und sogar weiteren) Umgebung findet sich kein Gebäude, das in ähnlich extremer Weise die Grundstücksfläche ausnutzt. Das Maß der baulichen Nutzung wäre bei Hinzutreten des streitgegenständlichen Vorhabens insoweit ohne jedes Vorbild. Das grobe Missverhältnis der bebauten Fläche zur umgebenden Freifläche ist augenfällig, die Beispiellosigkeit im maßgebenden Geviert tritt klar zu Tage (vgl. VG München, U. v. 30.6.2014 - Az: M 8 K 13.2180 - juris Rn. 36; bestätigend dazu BayVGH, B. v. 7.12.2015 - 2 ZB 14.1965 - juris Rn. 5 und 7 sowie M 8 K 15.1603 und M 8 K 15.1531 jeweils a. a. O.).

1.5 Das streitgegenständliche Vorhaben würde aufgrund der massiven baulichen Verdichtung unter Verlust von Freiflächen gegenüber der bisher vorhandenen Bestandsbebauung eine unerwünschte Vorbildwirkung haben und damit bodenrechtliche Spannungen durch die hierdurch eröffnete Möglichkeit der Nachverdichtung erzeugen. Eine solche Möglichkeit der Nachverdichtung ergibt sich insbesondere auf den westlich gelegenen Grundstücken ...-str. 9, 5, 3 und dem Eckgrundstück ...-straße/... Straße (Nordostecke) und dem Grundstück ... Str. 73. Hier käme eine entsprechende bauliche Verdichtung entweder durch Anbauten oder vollständige Neuerrichtung von Gebäuden mit ähnlicher intensiver Nutzung der jeweiligen Grundstücksfläche wie auf dem streitgegenständlichen in Betracht. Die Beklagte könnte in diesem Fall entsprechenden Bauwünschen nicht mehr entgegentreten. Von dem streitgegenständlichen Vorhaben geht daher die Gefahr einer massiven Nachverdichtung der Bebauung in der näheren Umgebung aus (vgl. BayVGH, B. v. 7.12.2015, a. a. O.).

2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 20.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

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einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.