Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Juni 2014 - M 8 K 13.1102

bei uns veröffentlicht am30.06.2014
nachgehend
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 2 ZB 14.2605, 01.09.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Nachbarin gegen einen den Rechtsvorgängern der Beigeladenen erteilten Vorbescheid zum Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem Grundstück ...str. 128a, Fl.Nr. ... Gemarkung ...

Die Klägerin ist Eigentümerin des unmittelbar östlich an das Vorhabengrundstück angrenzende Anwesens ...str. 43, 45, 47, Fl.Nrn. ..., welches mit einem im Jahr 1957 errichteten fünfgeschossigen Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage bebaut ist.

Die Beigeladenen sind die Eigentümer des streitgegenständliche Baugrundstücks, ...str. 128a, Fl.Nr. ..., auf dem sich einen Tankstellenanlage befindet, die nicht mehr betrieben wird.

Das geplante Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines übergeleiteten Baulinienplan, der als einfacher Bebauungsplan i. S. v. § 30 Abs. 3 BauGB fort gilt. Planungsrechtlich ist eine Baulinie in einem Abstand von 5 m zur Straßenbegrenzungslinie festgesetzt. In der ...straße zwischen ...straße und ...straße ist weit überwiegend geschlossene Bauweise mit vier- und fünfgeschossigen Gebäuden vorzufinden. Die nördlich, westlich und östlich an das streitgegenständliche Grundstück angrenzenden Gebäude ...str. 132 und 128, sowie ...str. 43, 45, 47 sind jeweils fünfgeschossig.

Vergleiche zur baulichen Situation auf den Grundstücken sowie zur Umgebungsbebauung folgenden Lageplan 1:1000:

Bild

Am 20. November 2012 beantragten die Rechtsvorgänger der Beigeladenen einen Vorbescheid nach Plan-Nr. .... Nach den Planunterlagen ist auf dem streitgegenständlichen Grundstück ...str. 128a, FlNr. ... eine fünfgeschossige Grenzbebauung zum nördlich angrenzenden Anwesen, ...str. 128, Fl.Nr. ... und eine etwa 4,50 m breite Garagenzufahrt zwischen dem Vorhabengebäude und dem daran südlich angrenzenden Nachbargebäude, ...str. 132, Fl.Nr. ... geplant. Zur Straßenseite ist eine Bebauung entlang der Baulinie vorgesehen. Zum östlich angrenzenden klägerischen Anwesen, ...str. 47, 45, 43, Fl.Nr. ... soll nach den Planunterlagen ein Abstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze von etwa 11,24 m eingehalten werden.

Am ... Februar 2013 erteilte die Beklagte den beantragten Vorbescheid. Sie führte aus, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 30 Abs. 3, § 34 Absatz 2 BauGB beurteile. Im Einzelnen wurden die im Vorbescheidsantrag gestellten 3 Fragen folgendermaßen beantwortet:

Frage 1: Gebäudemaße, Situierung:

Ist das Gebäude - wie im beiliegenden Plan dargestellt - mit Grundrissabmessungen von mind. 10,9 m x 37,3 m und einer Wandhöhe von 14,7 m straßenseitig und 13,7 m nach Osten, einer Firsthöhe von 18,31 m als höhengleiche Verlängerung des südlichen Nachbargebäudes (...straße 128, FlNr. ...) entlang der Baulinie an der ...straße planungsrechtlich zulässig?

Antwort: Ja, das Vorhaben ist nach den Planangaben, in Anpassung an die Nachbargebäude sowohl in seiner Höhenentwicklung als auch in der Gebäudetiefe planungsrechtlich zulässig.

Frage 2: Kommunanbau:

Ist die Kommunbebauung entlang der straßenseitigen Baulinie (...straße) bis zur nördlichen Grundstücksgrenze planungsrechtlich zulässig, nachdem die südliche Wand des Hauses ...straße 132 keine notwendigen Fenster hat und somit die Belichtung der dortigen Räume nicht beeinträchtigt wird? (s. Planeintrag Punkt 5: spiegelbildl. Wohnung ebenfalls ohne seitliche Fenster)

Antwort: Ja, geschlossene Bebauung ist entlang der ...str. vorgegeben, so dass die geplante Kommunbebauung planungsrechtlich zulässig ist.

Frage 3: östliche Abstandsfläche:

Wird eine Abweichung gemäß Art. 63 BayBO in Bezug auf den östlichen Nachbarn (FlNr. ...) für das dargestellte Gebäude in Aussicht gestellt; aufgrund der Tatsache, dass entlang der ...straße eine rote Baulinie besteht und der östliche Nachbar die Abstandsflächen selbst nicht einhält?

Antwort: Ja, die Abweichung gemäß Art. 63 BayBO wird in Aussicht gestellt. Im maßgeblichen Umgriff ist in Teilbereichen immer wieder die Abstandsfläche nicht eingehalten. Die Abstandsflächen in der dargestellten Form fallen nicht oder nur geringfügig in den Gebäudebestand, so dass für die bestehenden Nutzungen noch von ausreichender Belichtung und Belüftung ausgegangen werden kann.

Eine Nachbarausfertigung wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 15. Februar 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 15. März 2013, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den streitgegenständlichen Vorbescheid Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben und beantragten,

den Vorbescheid der Beklagten vom ...02.2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Schriftsatz vom 22. Mai 2013 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin sich mit ihrer Klage gegen die mit dem Vorbescheid erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Höhenentwicklung und die damit verbunden Inaussichtstellung einer Abweichung hinsichtlich der Einhaltung der Abstandsflächen zum westlich gelegenen Grundstück Fl.Nr. ... wende. Nach den Berechnungen im Vorbescheidsantrag vom 20. November 2012 werfe das klägerische Anwesen eine Abstandsfläche von 129 qm auf das Vorhabengrundstück. In Bezug auf die durch das Vorhaben verursachte Abstandsflächenüberschreitung auf das klägerische Grundstück sei eine „eigene“ Überschreitung in einem Umfang von 128 qm dargestellt. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen vom 26. April 2013 werde dagegen behauptet, dass durch das klägerische Anwesen Abstandsflächen in einem Umfang von 145,69 qm auf das Vorhabengrundstück fallen würden. Demgegenüber werfe das streitgegenständliche Vorhaben Abstandsflächen in einem Umfang von nur 128,40 qm auf das klägerische Grundstück. Eine Nachberechnung der Abstandsflächendarstellung sowohl in der Einreichplanung vom 20. November 2012 als auch in dem jüngst vorgelegten Plan „Abstandsflächenüberschreitung“ zeige, dass auf das Grundstück der Beigeladenen Abstandsflächen in einem Umfang von lediglich 121,95 qm (10,85 x 11,24 m) geworfen würden. Das klägerische Anwesen werde dagegen durch eine Abstandsflächenüberschreitung in einem Umfang von insgesamt 129,02 qm beeinträchtigt. Eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO setze einen vom Regelfall abweichenden Sonderfall, eine so genannte Atypik voraus, die vorliegend jedoch nicht gegeben sei. In ihrer Abweichungsentscheidung unterstelle die Beklagte rechtsfehlerhaft, dass der geplante Baukörper in jeder Hinsicht planungsrechtlich zulässig sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass vorliegend allein das Anwesen ...str. 132 als alleiniger Maßstab für die zulässige Gebäudetiefe dienen soll. Die Klägerin vertrete die Auffassung, dass das Anwesen ...str. 128 als maßgeblicher Bezugsrahmen für die zulässige Gebäudetiefe zu dienen habe. Auch die beantragte Höhenentwicklung ergebe sich nicht zwingend, da die nördlich des Baugrundstücks vorhandene Bauzeile eine maßvollere Höhenentwicklung aufweise. Das klägerische Anwesen Fl.Nr. ... sei bereits im Jahr 1957, mithin ohne Geltung der Bayerischen Bauordnung, bebaut worden. Im Rahmen der Dachgeschossausbaumaßnahme im Jahr 2005 sei die bestehende Abstandsflächensituation wie sie sich seit Inkrafttreten der BayBO darstelle, nicht nachteilig zulasten der Nachbargrundstücke verletzt worden. Aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen sei es daher äußerst fragwürdig, ob - die Gleichwertigkeit bzw. Vergleichbarkeit der wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitungen unterstellt - der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung greifen könne. Im Hinblick auf die Gleichwertigkeit der Abstandsflächenverstöße sei jedenfalls zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Abstandsflächenverstoß sich über die gesamte Grundstücksgrenze erstrecke. Der klägerische Abstandsflächenverstoß beziehe sich lediglich auf einen circa 11 m langen Wandteil. Da unter Überschreitung der auf dem Nachbaranwesen ...straße 128 vorzufinden Gebäudetiefe eine Gebäudetiefe von 10,9 m geplant sei würde hierdurch die Abstandsfläche zumindest in einem Teilbereich in den Gebäudebestand falle.

Mit Schreiben vom 12. April 2014 ist die Beklagte der Klage entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung werde auf den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 beantragten die Prozessbevollmächtigten der ursprünglichen Beigeladenen die kostenpflichtige Klageabweisung, da die Ausführungen der Beklagten im Vorbescheid (östliche Abstandsfläche) nicht zu beanstanden seien. Das Objekt liege an einer roten Baulinie, so dass vorliegend keine Abstandsflächen greifen würden. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Abstandsfläche der Klägerin in größerem Umfang auf das Grundstück der Beigeladenen (145,69 m²) falle als umgekehrt (128,40 m²). Nach Treu und Glauben sei eine Berufung auf eine Verletzung nachbarschützender Vorschrift nicht zulässig, wenn auch die Bebauung auf dem eigenen Grundstück nicht dieser Vorschrift entspreche und wenn die beiden Abweichungen in etwa gleichgewichtig seien und nicht zu schlechthin untragbaren, als Missstand zu qualifizierenden Verhältnissen führen.

Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2014 haben die Prozessbevollmächtigten der nunmehr Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin bezüglich des Vorhabensgrundstücks beantragt,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Das Vorhaben greife die geschlossene Bauweise auf und orientiere sich an der in der Nachbarschaft vorhandenen Gebäudetiefe (...str. 132-140, 142-146). Die Bebauung im Bereich ...str./...str. gehe in der Tiefenentwicklung noch deutlich darüber hinaus. An der Westfassade des klägerischen Anwesens würde sich in jedem Stockwerk ein zum Grundstück der Beigeladenen hin ausgerichtetes Fenster befinden, das zu einem Schlafraum gehöre. Im Dachgeschoss gehöre das Fenster zu einem Wohnraum, der zusätzlich über ein südliches bodentiefes Fenster sowie ein nördliches Dachflächenfenster belichtet werde. Das Tonnendach der Klägerin sei planabweichend - steiler und höher - ausgeführt. Durch das Aufdrehen der Tonne und Verkleinerung der Dachterrasse sei ein weiteres Vollgeschoss geschaffen worden. Das klägerische Gebäude halte mit den - wegen ihrer Anzahl nicht mehr untergeordneten - Balkonen sowie der Aufzugsüberfahrt zu allen Nachbargrundstücken die Abstandsflächen nicht ein. Die Beigeladene würde ihr Gebäude nur in Entsprechung der planungsrechtlichen Gegebenheiten realisieren. Dabei sei der atypische Verlauf der Grundstücksgrenze zu berücksichtigen. Die geschlossene Bebauung, Gebäudetiefe und Gebäudehöhe sei mehrfach in der Nachbarschaft vorhanden. Die bloße Tatsache, dass es auch niedrigere und schmalere Gebäude gebe, führe nicht zur planungsrechtlichen Unzulässigkeit. Die Beklagte habe die Nachteile für die Klägerin gesehen und in dieser innerstädtischen Lage bei den planungsrechtlichen Vorgaben eine Verkürzung der Abstandsflächen für akzeptabel gehalten, zumal die Klägerin selbst die Abstandsflächen nicht einhalte. Eine Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin sei aufgrund der annähernden Gleichwertigkeit der Nichteinhaltung der Abstandsflächen ausgeschlossen. Nachdem ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad eingehalten werde, sei auch kein Verstoß gegen das Gebot des Rücksichtnahme gegeben, zumal die Hauptausrichtung der klägerischen Wohnungen nicht in Richtung des streitgegenständlichen Vorhabengebäudes, sondern nach Norden und Süden sei.

Mit Schreiben vom 16. Juni 2014 nahm die Beklagte Stellung zur Klagebegründung vom 21.05.2013. Das Maß der Nutzung (überdimensionierte Gebäudetiefe) ebenso wie die überbaubare Grundstücksfläche sei nicht drittschützend. Zudem sei auch objektiv kein Verstoß gegen das Maß der baulichen Nutzung gegeben. Das Vorhaben fülle die Baulücke im Gebäuderiegel in maßvoller Weise. Es liege keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots vor. Es liege auch keine Verletzung des Abstandsflächenrechts vor, da die vorhandene Bebauung eine atypische Situation begründe. Das klägerische Anwesen überschreite die Abstandsflächen um ca. 122 qm. Auch ein Unterbleiben des Vorhabens könnte die Einhaltung der Vorgaben des Art. 6 BayBO nicht sicherstellen. Zudem seien im Umgriff beider Grundstücke die Abstandsflächen nicht eingehalten. Eine angemessene Belichtung, Belüftung und Besonnung sei gewährleistet. Der Abstandsflächenverstoß durch das streitgegenständliche Vorhaben betrage 128,40 qm, durch das klägerische Anwesen hingegen 145,69 qm. Aufgrund von § 242 BGB sei wegen wechselseitigem gleichwertigen Abstandsflächenverstoß ein baurechtliches Abwehrrecht ausgeschlossen. Maßgeblich sei allein die Nichteinhaltung des jetzt erforderlichen Grenzabstands. Daher sei auch ein Anwesen aus dem Jahr 1957 den heutigen Anforderungen unterworfen.

Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2014 erwiderte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf den Schriftsatz der Beigeladene vom 16.05.2014. Nach der Rechtsprechung der 8. Kammer spiele es keine Rolle, wie oft die Abstandsflächen im Geviert nicht eingehalten würden, entscheidend sei das Vorliegen einer Atypik. Es liege gerade keine Atypik vor, sondern schlicht ein kleineres Grundstück, das es nicht rechtfertige das Baurecht planungsrechtlich, unter Missachtung der Abstandsflächen in zwei Richtungen, voll auszuschöpfen. Es wäre daher angezeigt, das Vorhaben um ein Geschoss niedriger auszuführen, dann wären auch die Abstandsflächen zum klägerischen Grundstück weitgehend eingehalten. Nach Feststellungen des Architekten der Klägerin würden die Aussagen zum baurechtswidrigen Zustand des klägerischen Anwesens nicht zutreffen.

Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf das Protokoll vom 30. Juni 2014 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der angefochtene Vorbescheid keine nachbarschützenden Rechte der Klägerin verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die zulässige Klage ist unbegründet, da der streitgegenständlichen Vorbescheid nach Überzeugung der Kammer weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Klägerin, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, verstößt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. Art. 59 Abs. 1, Art. 71 Satz 1 BayBO.

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung - und insoweit auch einen Vorbescheid - nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn der angefochtene Vorbescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20, 22).

1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 30 Abs. 3, § 34 Abs. 1 BauGB. Das Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans. Für das streitgegenständliche Vorhabengrundstück FlNr. ... ist eine Baulinie mit 5 m Abstand zur Straßenbegrenzungslinie entlang der ...straße festgesetzt. Danach muss auf die Baulinie gebaut werden, eine Regelung für die Bebaubarkeit des Grundstücks im Übrigen enthält die vordere Baulinie nicht (BVerwG, U.v. 26.09.1991 - 4 C 5/87; VG München U.v. 24.03.2014 - M 8 K 13.1768).

2. Im Einzelnen ist zur Beantwortung der Vorbescheidsfragen folgendes festzustellen:

2.1. Hinsichtlich Fragen 1) und 2) Gebäudemaße, Situierung und Kommunanbau rügt die Klägerin, dass das streitgegenständliche Gebäude sich mit einer Tiefe von 10,9 m allein am nördlichen Nachbargebäude ...str. 132, Fl.Nr. ... orientiere und deshalb tiefer sei, als die südlich angrenzenden Gebäude, ...str. 128, Fl.Nr. ..., mit einer Tiefe von 9,6 m.

2.1.1 Es entspricht der ganz herrschenden Meinung, dass die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht nachbarschützend sind (vgl. BVerwG, B. v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris Rn. 9; B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 3).

Speziell für das Kriterium der überbaubaren Grundstückfläche - Bebauungstiefe, die vorliegend gem. § 30 Abs. 3 BauGB durch einen nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleiteten Baulinienplan bestimmt wird, der eine vordere Bebauungslinie festsetzt, ist ebenfalls anerkannt, dass dieser per se keine drittschützende Wirkung zukommt. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche haben ebenso wie Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung nur dann drittschützende Wirkung, wenn sie nach dem Planungswillen der Gemeinde eine entsprechende drittschützende Funktion haben sollen (BayVGH, B. v. 29.9.2008 - 1 CS 08.2201 - juris Rn. 14; BVerwG, B. v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3). Anhaltspunkte dafür, dass die in dem übergeleiteten Baulinienplan enthaltenen Baulinie nach dem Planungswillen der Beklagten diese Funktion haben soll, was durch Auslegung zu ermitteln ist, bestehen nicht, zumal die hier relevante Baulinie auch nicht auf der der Klägerin zugewandten Grundstücksseite liegt (vgl. VGH Mannheim, B. v. 23.7.1991 - 8 S 1606/91 - juris Rn. 2).

Von daher kommt diesen Rügen im Rahmen einer Nachbarklage keine Bedeutung zu.

2.1.2 Eine andere rechtliche Bewertung ist nur dann angezeigt, wenn sich das Vorhaben dem Nachbarn gegenüber nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebotes als rücksichtslos und deshalb nicht mehr hinnehmbar darstellt.

Im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist das Gebot der Rücksichtnahme ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, das im Begriff des sich Einfügens eines Vorhabens in die nähere Umgebung enthalten ist (BVerwG, U. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98, NVwZ 1999, 879, 880; BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 10 m. w. N.). Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtliche geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall stellt sich das streitgegenständliche Vorhaben weder im Hinblick auf die gerügte Gebäudetiefe und -höhe noch auf den gerügten Abstandsflächenverstoß als unzumutbar und damit rücksichtslos dar.

2.1.3 Die gerügte Gebäudetiefe des streitgegenständlichen Vorhabens entspricht mit 10,9 m der Gebäudetiefe des nördlich mit einem Abstand von 4,5 m anschließenden Gebäudekomplexes in der ...str. 132 - 140 und ist lediglich 1,10 m tiefer als der an das streitgegenständliche Grundstück südlich unmittelbar angrenzende Gebäudekomplex in der ...str. 128 - 122. Eine erdrückende oder abriegelnde Wirkung gegenüber dem rückwärtigen klägerischen Grundstück, das seine Hauptausrichtung nicht in Richtung des Vorhabengebäudes hat, ist angesichts dieser Umstände nicht erkennbar. Das Vorhabengebäude hat vielmehr den positiven Nebeneffekt, dass das klägerische Wohngebäude vom Verkehrslärm abgeschirmt wird, der auf der insbesondere während der Hauptverkehrszeiten stark frequentierten ...straße nicht unerheblich ist.

2.1.4 Auch die gerügte Gebäudehöhe mit einer geplanten Firsthöhe von 18,31 m und einer Traufhöhe von 13,70 m auf der Innenhofseite ist nicht geeignet einen Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot zu begründen.

In der Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot ist anerkannt, dass eine Verletzung dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, DVBl 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85, NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 15: Drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 BayVBl 2009, 751 - juris Rn. 23; B.v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung.

Vorliegend fehlt es bereits an einer erheblichen Höhendifferenz zwischen dem Vorhabengebäude mit einer geplanten Firsthöhe von 18,31 m sowie einer Traufhöhe im rückwärtigen Innenhofbereich von 13,70 m und dem Anwesen der Klägerin, das eine Firsthöhe von 17,59 m und eine Traufhöhe von 14,07 m bzw. von 16,38 m auf der südlichen Seite mit Aufzugsanbau aufweist. Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B.v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B.v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9).

2.1.5 Das streitgegenständliche Vorhaben stellt sich auch wegen der gegebenenfalls verschlechterten Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse aufgrund der geplanten Bebauungstiefe und Gebäudehöhe gegenüber der Klägerin nicht als unzumutbar und rücksichtslos dar.

Grundsätzlich stellt die Einhaltung eines Lichteinfallwinkels von 45° in Höhe der Fensterbrüstung vor Fenstern von Aufenthaltsräumen eine ausreichende Belichtung sicher (vgl. BayVGH, B. v. 29.12.2005 - 1 NE 05.2818 BayVBl. 2006, 670 - juris Rn. 38; BayVGH, B. v. 9.6.2011 - 2 ZB 10.2290 - juris Rn. 5).

Der Lichteinfallwinkel von 45° zu den Fenstern der Räumlichkeiten im klägerischen Anwesen wird vorliegend eingehalten. Außerdem stellt der 45°-Lichteinfallswinkel keine absolute, in jedem Fall einzuhaltende Mindestgrenze dar, sondern soll „möglichst“ eingehalten werden (vgl. Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, BayBO, Stand: 113. EL 2013, Art. 6 Rn. 328). Darüber hinaus befinden sich in den Räumlichkeiten, die dem streitgegenständlichen Vorhaben zugewandt sind, in jedem Stockwerk lediglich Schlafräume und nur im Dachgeschoss ein Wohnraum, der aber nicht nur durch das Fenster auf der Westseite, sondern zusätzlich durch ein Fenster zur Südseite und ein nördliches Dachfenster belichtet wird.

Im Ergebnis führt die vorhabenbedingte Verschattung deshalb nicht zu derart schlechten Lichtverhältnissen, die als untragbare Zustände im Sinne eines Missstands zu qualifizieren wären, der keinesfalls hingenommen werden kann. Das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist vielmehr unter dem Gesichtspunkt des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, Beschl. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17).

2.1.6 Soweit sich die Klägerin darauf beruft, das Vorhaben der Beigeladenen verletze die Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO, ist klarzustellen, dass zwar die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften für das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot in tatsächlicher Hinsicht indiziert, dass auch das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Regelfall nicht verletzt ist (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 NVwZ 1999, 879 - juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris Rn. 32). Daraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, dass bei einer Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften regelmäßig auch eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebotes zu bejahen oder indiziert wäre (vgl. BayVGH, B. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 19; B. v. 6.9.2011 - 1 ZB 10.1301 - juris Rn. 6; Schwarzer/König, 4. Aufl. 2012, BayBO, Art. 6 Rn. 7). Zudem würde andernfalls die vom bayerischen Landesgesetzgeber mit der Beschränkung des Prüfungsumfangs im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren in Art. 59 BayBO verfolgte Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens ad absurdum geführt, wenn bei Prüfung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme inzident und vollumfänglich die Prüfung der landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften geboten wäre.

3. Im vorliegenden Fall kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie durch die positiven Beantwortung der Frage 3) und die darin in Aussicht gestellte Abweichung von den nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen in eigenen Rechten verletzt wird. Eine solche Rüge verstößt hier gegen den auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB.

Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37; VGH BW, B. v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris Rn. 5; VGH BW, B. v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - juris Rn. 4). Derjenige, der mit seinem Gebäude selbst nicht den erforderlichen Grenzabstand einhält, kann billigerweise nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandsfläche, die er selbst auf dem eigenen Grundstück nicht zur Verfügung hat, auf dem fremden Grundstück frei hält (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37).

Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U. v. 11.02.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 29; VGH SH U. v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris; OVG Lüneburg B.v. 30.03.199 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43; VG München U.v. 07.10.2013 - M 8 K 12.6342 - juris Rn. 26; VG München B.v. 02.01.2014 - M 8 SN 13.5141 - juris Rn.43; VG München B.v. 20.06.2013 - M 8 SN 13.1890 - juris Rn.37; VG München U.v. 11.03.2013 - M 8 K 12.3508 - juris Rn. 40; VG München U.v. 21.01.2013 - M 9 E1 12.6080 - juris Rn. 36 m. w. N.; a.A. OVG Münster U.v. 24.04.2001 - 10 A 1402/98 - juris Rn. 11; kritisch Kuchler, jurisPR-UmwR 6/2014 - Anm.1). Maßgeblich ist allein, dass der klagende Nachbar den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, denn die Versagung des Abwehranspruchs beruht darauf, dass es unbillig wäre, einem Nachbarn den durch die grenznahe bauliche Anlage des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren.

Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U. v. 11.02.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U.v. 30.03.1999 - 1 M 897/99 - juris LS 1, Rn. 43).

Ob das klägerische Gebäude - wie vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin berechnet - Abstandsflächen auf das Grundstück der Beigeladenen lediglich in einem Umfang von 121,95 qm oder - wie von der Beigeladenen berechnet - in einem Umfang von 145,69 qm wirft, kann dahinstehen. Selbst bei Zugrundelegung des von der Klägerin eingeräumten Umfangs von 121,95 qm liegt ein in etwa vergleichbarer Abstandsflächenverstoß vor, da das streitgegenständliche Vorhaben Abstandsflächen in einem Umfang von etwa 129,02 qm auf das klägerische Grundstück FlNr. ... wirft. Da eine vergleichbare wechselseitige Verletzung der Abstandsflächenvorschriften keine zentimetergenaue Entsprechung fordert, ist bei einer wertenden Betrachtung im vorliegenden Fall von einer Gleichwertigkeit des gegenseitigen Umfangs des Abstandsflächenverstoßes auszugehen (121,95 qm im Verhältnis zu 129,02 qm).

Das Vorbringen der Klägerbevollmächtigten, dass der Abstandsflächenverstoß des streitgegenständlichen Gebäudekomplexes sich über die gesamte Grundstücksgrenze erstreckt und der klägerische Abstandsflächenverstoß lediglich auf einen etwa 11m breiten Wandteil, ist ebenfalls nicht geeignet die Gleichwertigkeit des gegenseitigen Abstandsflächenverstoßes zu entkräften. Es ist bereits äußerst fraglich, ob die Breite des Abstandsflächenverstoßes überhaupt ein geeignetes Kriterium im Rahmen der qualitativ und quantitativ wertenden Betrachtung bei der Frage der Gleichwertigkeit des gegenseitigen Abstandsflächenverstoßes darstellt. Selbst wenn man dies zugunsten der Klägerin berücksichtigen wollte, so müsste sich die Klägerin entgegenhalten lassen, das ihr Gebäudekomplex nicht nur auf das Grundstück der Beigeladenen sondern auch in das geplante Vorhabengebäude wirft, selbst wenn es - wie von der Klägerin gefordert - nur 9,6 m tief statt 10,9 m wäre. Darüber hinaus wirft das streitgegenständliche Vorhaben lediglich Abstandsflächen in Richtung der westlichen Seitenwand. Der Gebäudekomplex der Klägerin hingegen wirft Abstandsflächen auf der der Klägerin zugewandten Grundstücksseite in das Gebäude der Beigeladen auf der Innenhofseite zu der auch die Fenster der Wohnräume ausgerichtet sind.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Es entspricht billigem Ermessen i. S. v. § 162 Abs. 3 VwGO, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt haben.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baugesetzbuch - BBauG | § 173 Genehmigung, Übernahmeanspruch


(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmi

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2019 - 15 NE 19.551

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Apr. 2017 - M 8 SN 17.676

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert wird auf € 3.750,00 festgesetzt. Grü

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(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2010 - 1 K 2236/10 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss vom 29.06.2010 ist statthaft und auch sonst zulässig. Allerdings bestehen Bedenken, ob die Beschwerdebegründung im Schriftsatz vom 09.08.2010, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt, wonach sich der Beschwerdeführer mit den von ihm in Frage gestellten Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts inhaltlich auseinandersetzen muss (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.2002 - 11 S 1293/02 -, NVwZ 2002, 1388 ff.). Dies gilt insbesondere für die Rüge, das Verwaltungsgericht habe wesentliche Teile des Vorbringens des Antragstellers in der Stellungnahme zur Angrenzerbenachrichtigung unter zu enger Auslegung des § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO als materiell präkludiert angesehen. Denn insofern hat der Antragsteller sich mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts nicht auseinandergesetzt. Das Verwaltungsgericht hat die im Einwendungsschreiben des Antragstellers vom 20.07.2009 unter Ziff. 1 bis 5 vorgetragenen - und im Beschwerdebegründungsschriftsatz lediglich wiederholten - Beeinträchtigungen vollumfänglich in sein Prüfprogramm aufgenommen (vgl. S. 2 und 3 des Entscheidungsabdrucks). Der Antragsteller übersieht darüber hinaus, dass das Verwaltungsgericht sich nicht auf die bloße Prüfung der im Einwendungsschreiben vom 20.07.2009 genannten Punkte beschränkt, sondern letztlich eine „Vollprüfung“ anhand auch anderer relevanter bauplanungsrechtlicher Kriterien vorgenommen hat (Vereinbarkeit mit Festsetzungen der Ortsbausatzung, Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nach Kriterien des Maßes der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche, dazu nachfolgend).
Ungeachtet dessen hat die Beschwerde aber jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage (Az.: 1 K 670/10) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13.10.2009 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2010 anzuordnen, zu Recht abgelehnt. Auch nach Auffassung des Senats kommt dem Interesse der Beigeladenen an der - dem gesetzlichen Regelfall entsprechenden - sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung Vorrang vor dem Interesse des Antragstellers an einem vorläufigen Baustopp zu. Nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Denn die (unter Abbruch eines bestehenden Wohnhauses) genehmigten zwei Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... - es handelt sich um einen zweigeschossigen Flachdachanbau mit vier Wohnungen (Haus 1), einen Zwischenbau und ein weiteres Gebäude mit Satteldach und sechs Wohnungen (Haus 2) - verstoßen nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz des Antragstellers zu dienen bestimmt sind.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend und in Würdigung des Beschwerdevorbringens ist Folgendes auszuführen:
I.
1. Zutreffend dürfte die - vom Antragsteller nicht angegriffene - Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sein, die den Gegenstand der Befreiung bildenden Festsetzungen der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin über die Begrenzung der Stockwerkszahl (§ 29 Abs. 3 OBS) und der Wohnungszahl je Stockwerk (§ 10 Abs. 1 und 2 OBS) sowie über den Mindestabstand von Hintergebäuden zu den straßenseitigen Baulinien (§ 40 Abs. 2 OBS) dienten jeweils nur städtebaulich-gestalterischen Zielen und nicht (zumindest auch) dem Schutz der übrigen Gebietsanlieger. Insoweit kann auf die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung verwiesen werden, die zu einer bezüglich der Wohnungszahlbegrenzung inhaltlich weitgehend identischen Regelung in der Ortsbausatzung der Stadt Stuttgart ergangen ist (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 06.03.2001 - 8 S 425/01 -, juris, und vom 09.08.1996 - 8 S 2012/96 -, VBlBW 1997, 26 f.). Der Verwaltungsgerichtshof hat dort - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zur Auslegung der früheren „Zwei-Wohnungs-Klausel“ in § 3 Abs. 4 BauNVO 1962/1977 - entschieden, dass derartige Regelungen zur Wohnungszahlbegrenzung trotz ihrer Nähe zur Art der baulichen Nutzung nicht schlechthin nachbarschützend sind, sondern nur dann, wenn sich aus ihrem Inhalt, aus den konkreten örtlichen Verhältnissen oder aus dem erkennbar gewordenen Willen des Satzungsgebers ergibt, dass ein besonderer Gebietscharakter mit begrenzter Siedlungsdichte zugunsten eines gehobenen Wohnens beabsichtigt ist, wobei weder eine Regelvermutung für oder gegen eine nachbarschützende Zielrichtung anzunehmen ist (vgl. auch Beschluss vom 22.02.1995 - 3 S 243/95 -, VGH BW - Ls 1995, Beilage 6, B 7). Derartige Anhaltspunkte wurden für die Stuttgarter „Wohnungsklausel“ unter anderem unter Hinweis darauf verneint, dass im dortigen Wohngebiet auch Gebäude mit eher „wohnwertmindernden“ Auswirkungen zulässig sind, wie Schulen oder Krankenhäuser. Es spricht einiges dafür, dass diese Grundsätze auch für die Auslegung der hier maßgeblichen Ortsbausatzung der Antragsgegnerin von 1923/24 gelten, zumal auch dort außer Wohnhäusern ebenfalls Gebäude für „Bildungs- und Erholungszwecke“ errichtet werden dürfen.
2. Letztlich kann die Frage des Drittschutzes der „Wohnungsklausel“ in § 10 Abs. 2 OBS aber offen bleiben. Denn auf deren Verletzung könnte sich der Antragsteller jedenfalls nicht berufen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mehrfach für den Bereich des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts entschieden, dass ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert ist, die Verletzung des Grenzabstands beim Bauherrn zu rügen, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen (vgl. Beschlüsse vom 04.01.2007 - 8 S 1802/06 - juris, vom 24.01.2006 - 8 S 638/05 - und vom 16.11.2004 - 3 S 1898/04 - juris, sowie Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235). Diese übergeordneten Grundsätze für den Ausschluss bzw. die Begrenzung treuwidriger Rügen müssen in gleicher Weise auch bei Verstößen gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts gelten, seien es Verstöße gegen Festsetzungen in Bebauungsplänen oder seien es Zuwiderhandlungen gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Betroffene Nachbarn können auch solche bauplanungsrechtlichen Rechtsverstöße grundsätzlich dann nicht geltend machen, wenn sie selbst mit (bei objektiver Betrachtung) qualitativ und quantitativ mindestens gleichem Gewicht von eben diesen Vorschriften abgewichen sind; nur in solchen einer nach ihrem Gewicht „überschießenden“ Rechtsverletzung des Nachbarn ist das - auf fairen Ausgleich angelegte - nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis zu dessen Lasten gestört (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.11.2002, a.a.O. m.w.N.). Gemessen daran wäre dem Antragsteller die Rüge verwehrt, das streitige Mehrfamilienhaus verstoße gegen die Wohnungszahlbeschränkung in § 10 Abs. 2 OBS. Denn er muss sich Verstöße gleichen Gewichts zurechnen lassen. Seine Eigentumswohnung befindet sich in einem dem Vorhaben gegenüberliegenden Wohnhaus mit 3 Vollgeschossen, in dem die Zahl von einer Wohnung je Stockwerk ebenfalls überschritten wird, ungeachtet, ob das Gebäude als Einheit oder als Doppelhaus mit zwei Gebäuden beurteilt wird. In dem Gebäude befinden sich nach Auskunft des Bauordnungsamts der Antragsgegnerin (vgl. Aktenvermerk vom 28.09.2010 sowie die in den Akten befindlichen Luftbilder) insgesamt 11 Wohnungen, von denen 3 im Erdgeschoss und jeweils 4 in den beiden Obergeschossen liegen; darauf, dass die Überschreitung der Wohnungszahl und Geschosszahl genehmigt worden ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
II.
Entscheidungserheblich - und gerügt - ist demnach allein die Frage, ob das streitige Mehrfamilienhaus gegen das Gebot der Rücksichtnahme in seiner nachbarschützenden Ausprägung zulasten des Antragstellers verstößt, der Eigentümer einer Eigentumswohnung im 2. OG des Wohnhauses auf dem angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ist. Hierbei ist das Rücksichtnahme- gebot bezüglich der Befreiungen von Festsetzungen der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin aus § 31 Abs. 2 BauGB (Würdigung nachbarlicher Interessen) zu entnehmen und im Übrigen in § 34 Abs. 1 BauGB (Begriff des „Sich Einfügens“) enthalten (st. Rspr., vgl. zum einen BVerwG, Urteil vom 19.04.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409, zum anderen BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 155).
Das Verwaltungsgericht hat eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Recht verneint. Der Antragsteller wird - unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Beteiligten und des Gewichts der ihn treffenden Nachteile - in der Nutzung seiner Eigentumswohnung nicht unzumutbar in städtebaulich erheblichen Belangen beeinträchtigt (zu diesen Kriterien vgl. die st. Rspr. des Senats seit dem Beschluss vom 16.02.1990 - 3 S 155/90 -, juris). Dies gilt auch bei Berücksichtigung des Grundsatzes, dass die Anforderungen an die erforderliche Schwere der Beeinträchtigungen dann etwas geringer sein können, wenn es sich um ein befreiungsbedürftiges oder gar objektiv rechtswidriges Vorhaben handelt (vgl. den auch vom Antragsteller angeführten Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff.).
1. Soweit der Antragsteller sich gegen die Ausmaße des Baukörpers mit der ihm gegenübertretenden Nordseite wendet und insofern Überschreitungen des Nutzungsmaßes der näheren Umgebung (§ 34 Abs. 1 BauGB) geltend macht, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Eine unzumutbare Beeinträchtigung des Antragstellers lässt sich hieraus nicht herleiten. Ob sich das genehmigte Gebäude nach dem Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung „einfügt“, d.h. sich im vorgegebenen prägenden Umgebungsrahmen hält, ist nicht nach den „relativen“ Kriterien der Grund- oder Geschossflächenzahl, sondern in erster Linie nach „absoluten“, das äußere oberirdische Erscheinungsbild abbildenden Kriterien, nach der „Lage im Raum“ zu beurteilen. Hierfür maßgeblich sind insbesondere die Parameter der Gebäudehöhe (§ 16 Abs. 1 BauNVO), der Grundfläche und der Baumasse (§ 16 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BauNVO; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 -, BauR 2007, 515 f.).
2. Gemessen daran dürfte sich das Vorhaben schon objektiv-rechtlich noch innerhalb des durch das Straßengeviert zwischen ..., ... und ... gebildeten Umgebungsrahmens halten. Zu diesem maßgeblichen Umgebungsrahmen gehört, was der Antragsteller verkennt, auch das nach Größe und Ausstrahlung durchaus gebietsprägende Mehrfamilienhaus ... ..., in dem sich die Eigentumswohnung des Antragstellers befindet. Mit diesem Wohnhaus, einem potenziellen „Sündenfall“, ist die vom Antragsteller nunmehr beanstandete bauliche Verdichtung und Umstrukturierung des Gevierts eingeleitet bzw. verfestigt worden. Der Charakter eines durchgängigen unversehrten klassischen Landhausgebiets ist dadurch, aber auch durch andere Gebäude, verloren gegangen. Daran ändert nichts, dass sich, wie der Antragsteller vorträgt, südlich des Baugrundstücks in „hangaufwärtiger Lage“ noch Grundstücke mit geringer Verdichtung und größeren unbebauten Grünflächen befinden.
10 
Das streitige Mehrfamilienhaus der Beigeladenen hält sich nach dem Maß der baulichen Nutzung innerhalb dieses Rahmens. Mit seiner Gesamtlänge von 38,65 m überschreitet es die Länge des Mehrfamilienhauses ... ... von ca. 36 m nur geringfügig, bei der Gebäudehöhe bleibt es hinter jenem sogar zurück. Die Wandhöhe des Vorhabens beträgt bei Haus 1 6,60 m, bei Haus 2 liegt die Traufhöhe bei ca. 7 m und die Firsthöhe bei ca. 13 m. Demgegenüber weist das Mehrfamilienhaus ... ... durchgehend eine Traufhöhe von etwa 10,5 m und eine Firsthöhe von etwa 14 m auf. Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche dürfte das Vorhaben den Umgebungsrahmen jedenfalls nicht erheblich überschreiten. Denn ausweislich von Luftbildern sind in dem bezeichneten Straßengeviert auch an anderer Stelle ähnliche Bebauungstiefen mit „in zweiter Reihe“ errichteten Gebäuden anzutreffen.
11 
Angesichts der vergleichbaren Größenordnung beider Gebäude und ihres Abstands von immerhin etwa 15 m geht von dem genehmigten Vorhaben auch keine optisch erdrückende oder einmauernde Wirkung auf die nach Süden gerichtete im 2. Obergeschoss gelegene Wohnung des Antragstellers aus. Ebenso wenig werden den Wohnräumen und dem Südbalkon unzumutbar Luft, Licht und Sonne entzogen, zumal das Vorhaben nach den nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen durchgehend einhält. Der massive Eindruck des Baukörpers wird ferner durch die Gliederung der Gebäude deutlich gemindert. Der Antragsteller wird sich keiner durchgehenden Gebäudewand gegenüber sehen, da sich zwischen Haus 1 und Haus 2 der 7,50 m lange, lediglich eingeschossige und zudem optisch unauffällige (verglaste) Zwischenbau befindet. Auf die Beibehaltung der bisher günstigen Bebauung mit nur einem Einfamilienhaus sowie auf die Erhaltung des bislang hohen Grünflächenanteils auf dem Baugrundstück haben der Antragsteller und die übrigen Wohnungseigentümer im Gebäude ... ... keinen Anspruch. Sie konnten entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht darauf vertrauen, dass die - von ihnen selbst durchbrochene - landhaustypische Bebauung im Süden ihres Grundstücks auf Dauer erhalten bleibt.
12 
Es fehlt schließlich auch an jeglichen substantiierten Anhaltspunkten dafür, dass sich die Belastung mit Feinstäuben aufgrund der Errichtung und Nutzung des streitigen Mehrfamilienwohnhauses nennenswert erhöht oder gar ein nach den Grenzwerten kritisches Ausmaß erreicht. Des Weiteren führt die Baugenehmigung auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen aus Richtung des genehmigten Müllplatzes. Nach dem Lageplan liegt der Müllplatz nunmehr nicht mehr an der Nordgrenze des Baugrundstücks, sondern wird südlich des Fahrradaufstellplatzes angeordnet. Bei Verwendung der vorgeschriebenen Müllgefäße und deren ordnungsgemäßer Befüllung ist mit erheblichen Geruchsbelästigungen nicht zu rechnen.
13 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.