Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2016 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 25. April 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin studiert seit dem Sommersemester 2013 im Bachelorstudiengang Medienmanagement am Campus in … der … Hochschule (im Folgenden: Hochschule), einer staatlich anerkannten, privaten Hochschule mit Sitz in … und Niederlassungen in …, …, … und …, deren Trägerin die Beklagte ist.

Ein zwischen der Hochschule und dem … College of … in … (im Folgenden: Partnerhochschule) im Juni/Juli 2014 vereinbartes Studienabkommen (Learning Agreement) für das Wintersemestersemester 2014/2015 enthält als „Vorgeschlagenes Studienprogramm für das Auslandsjahr/Studienabkommen“ -auszugsweise - folgende Übersicht (vgl. Bl. 17 d.A.):

Ein „Addendum zum/to the Learning Agreement (MM) mit/with International College of Management (ICMS)“ (im Folgenden: Addendum) enthält folgende Regelung:

„2. Nichtbestehen von Kursen an der Partnerhochschule und Äquivalenzleistungen an der MHMK/ Failing courses at the partner university and repeating exams at the MHMK upon return Nicht bestandene Kurse/Module an der Partnerhochschule sind im Rahmen der entsprechenden Online-Module bzw. Students‘ Initiatives der MHMK nach folgendem Schema nachzuholen:

Zur Kompensation nicht bestandener Kurse an der Partnerhochschule werden neben dem 10-ECTS-Media-Project ein 5-ECTS-Media-Project sowie ein 3-ECTS-Media-Project angeboten, die ebenfalls als Online-Modul erbracht werden […].“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das „Addendum“ (Bl. 11 ff. d.A.) Bezug genommen.“

Während ihres Auslandssemester im Wintersemester 2014/2015 trat die Klägerin an der Partnerhochschule die Prüfung zu dem Kurs „Cross Cultural Management“ nicht an, was ausweislich des Academic Records (Bl. 40 f d. A.) mit einem „F“ (=Failed) bewertet wurde. Nach ihrer Rückkehr an die Hochschule trat die Klägerin im Sommersemester 2015 die Modulprüfung „Key Qualifications 3: Intercultural Management + Cultural Area Studies“ nicht an.

Mit Schreiben vom 30. September 2015 (Bl. 18 f d. A.) wurde der Klägerin von der Hochschule mitgeteilt, dass u.a. die Prüfung im Modul „Key Qualifications 3: Intercultural Management + Cultural Area Studies (2. Versuch)“ noch offen sei. Weiter wurde darauf hingewiesen:

„Sollten Sie die Prüfungen Intercultural Management + Cultural Area Studies sowie […] beim dritten Versuch nicht bestehen, werden Sie zwangsexmatrikuliert. Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um Äquivalenzleistungen handelt, die eine Papieranmeldung erfordern. Sie müssen alle Äquivalenzleistungen im Wintersemester 2015 antreten, die die jeweiligen Prüfungen umfassen.“

Weiter enthielt das Schreiben einen Auszug der Übersicht des „Addendums“ mit den zu erbringenden Ersatzleistungen nach einem Nichtbestehen von Kursen an der Partnerhochschule.

Im Wintersemester 2015/2016 unterschrieb die Klägerin ein Anmeldeformular (Bl. 35 d.A.) zu „Äquivalenzleistungen an der MHMK nach dem Auslandssemester am ICSM SYDNEY (MM)“. Im Rahmen der tabellarischen Auswahl kreuzte die Klägerin folgendes an:

Am 20. Oktober 2015 fand ein Beratungsgespräch der Klägerin im … Prüfungsamt statt, in dessen Rahmen der Klägerin ausweislich des Gesprächsprotokolls (Bl. 20 ff. d.A.) mitgeteilt wurde, dass sie statt drei „Media-Com-Arbeiten“ auch eine für 13 ECTS abgeben könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll (Bl. 20 ff. d.A.) Bezug genommen.

Im Januar 2016 reichte die Klägerin die Projektarbeit „Media and Communication Project 1“ (Modul-Nr.: MM7-AL-LP1) ein, die sie mit der Gesamtnote 1,7 bestand. Im Modul „Key Qualifications 3: Intercultural Management + Cultural Area Studies“ (Modul-Nr. MM7-AL- SQ3) reichte die Klägerin bis zum Ende des Wintersemesters 2015/2016 keine Projektarbeit ein.

Mit Bescheid vom 14. März 2016 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie die Modulprüfung „Key Qualifications 3: Intercultural Management + Cultural Area Studies“ zum zweiten Mal wiederholt und nicht bestanden habe. Eine dritte Wiederholung einer Modulprüfung sei nach § 7 Abs. 4 Satz 4 ASPO ausgeschlossen. Das endgültige Nichtbestehen einer Prüfung führe gem. Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Art. 80 Abs. 1 BayHSchG zum endgültigen Verlust des Rechts auf Zulassung zur Prüfung für diese Modulprüfung und damit zur Exmatrikulation zum 14. März 2016.

Mit E-Mail vom 15. und 16. März 2017 beantragte die Klägerin die Annullierung der Fehlversuche aus den Nachholklausuren des Auslandssemesters (Bl. 32 f. d.A.) und legte mit E-Mail vom 11. April 2016 Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. März 2016 ein. Den Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass in dem Beratungsgespräch mit dem … Prüfungsamt nicht hervorgegangen sei, dass eine separate Prüfungsleistung zum Modul „Cross Cultural Management“ abzugeben gewesen sei. Da das Media-Project im Modul „Cross Cultural Management“ einen Anteil von insgesamt 3 von möglichen 5 ECTS ausmache und mit der Note 1,7 bestanden worden sei, ergebe sich trotz nicht bestandener Prüfungsleistung eine Gesamtnote von 3,07.

Der Widerspruch wurde entsprechend eines einstimmigen Beschlusses des Prüfungsausschusses vom 24. April 2016 mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2016 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Hochschule die Klägerin durch E-Mails und Beratungsgespräch ausreichend über das „Online Modul Key Qualifications 3 + 3 ECTS-Media-Projekt“ als zu erbringende Äquivalenzleistungen informiert habe. Die Berechnung der Äquivalenzleistungen wurde erläutert. Eine Annullation der nicht bestandenen Widerholungsprüfungen wurde abgelehnt, da der Antrag nicht fristgerecht eingereicht worden sei.

Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2016, bei Gericht eingegangen am 10. Mai 2016, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf und beantragte den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2016 und den Widerspruchs-bescheid vom 25. April 2016 aufzuheben.

Mit Beschluss vom 30. Juni 2016 wurde das Verfahren vom Verwaltungsgericht Düsseldorf an das Verwaltungsgericht München verwiesen.

Mit Schreiben vom 3. August 2016 legte die Beklagte die Akten vor und teilte mit, dass die Klägerin den ersten Versuch zur Erbringung des verfahrensgegen-ständlichen Leistungsnachweises während ihres Auslandssemesters im Wintersemester 2014/2015 nicht bestanden habe. Zur 1. Wiederholungsprüfung im Sommersemester 2015 sei die Klägerin nicht angetreten, sodass auch diese Prüfung nicht bestanden worden sei. Auch die streitgegenständliche 2. Wiederholungsprüfung sei mit 32 von 100 Punkten nicht bestanden worden. Für die Wiederholung von Leistungen aus dem Auslandssemester gebe es spezielle Vorgaben, diesbezüglich werde auf das „Addendum“ verwiesen. Da die im Rahmen des Auslandssemesters belegten Kurse in der Regel umfangreicher seien als die Kurse, die bei der Beklagten absolviert würden, müssten die Studierenden an der Hochschule nicht nur ein Äquivalent für den Kurs belegen, den sie im Ausland nicht bestanden hätten, sondern darüber hinaus noch eine zusätzliche Leistung erbringen. Dies sei im Falle der Klägerin das „Media and Communication Project“. Bei der zweiten Wiederholung habe die Klägerin nur das „Media and Communication Project“ eingereicht, nicht aber die weiterhin erforderliche Projektarbeit „Intercultural Management + Cultural Area Studies“. Durch die in dem genannten Addendum geregelte Verrechnung der Leistungen (Ergebnis des „Media and Communication Project“ und 0 Punkte für die nicht eingereichte Projektarbeit „Intercultural Management + Cultural Area Studies“) habe die Klägerin die Prüfung auch im dritten Versuch nicht bestehen können.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2016 begründete der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Klage und trug unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des VG Gelsenkirchen vom 3. September 2014 im Wesentlichen vor, die Exmatrikulation der Klägerin durch die Beklagte sei bereits deshalb rechtswidrig, weil für eine solche „quasi-hoheitliche“ Tätigkeit keine gesetzliche Grundlage existiere. Auch für die Feststellung des endgültigen Nichtbestehens fehle eine normative Grundlage, da es sich bei der Wertung des Nichtbestehens des ersten Versuchs um eine Negativanrechnung der an der ausländischen Partnerhochschule erbrachten Leistungen handele, welche nicht von der Klägerin beantragt worden sei. Die rechtliche Grundlage für eine englischsprachige Prüfungsleistung werde in Frage gestellt, da Amtssprache in Deutschland deutsch sei. Ferner wurde mit Schreiben vom 7. Februar 2017 die Besetzung des Prüfungsausschusses bzw. der Prüfungskommission als fehlerhaft gerügt.

Die Beklagte erwiderte darauf mit Schreiben vom 27. Februar 2017, dass sich die Rechtsgrundlage der Exmatrikulation aus Art. 80 i.V.m. Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG ergebe. Die Beklagte sei Trägerin einer privaten Fachhochschule nach dem Hochschulrecht des Freistaates Bayern, auch sämtliche deutschlandweit betriebenen Niederlassungen erbrächten Studienleistungen im Rahmen des Bayerischen Hochschulrechts. Dies sei Teil der vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien. Als Beliehene sei die Beklagte bzw. die in ihrer Trägerschaft stehende Hochschule zur Exmatrikulation verpflichtet gewesen, da die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG vorgelegen hätten. Die Klägerin habe den ersten Versuch der verfahrensgegenständlichen Prüfung während ihres Auslandssemesters im Wintersemester 2014/2015 absolviert. Hierbei habe sie umgerechnet 33 von 100 Punkten erzielt, sodass die Prüfung nicht bestanden worden sei. Die Klägerin sei mit E-Mail der Hochschule (Bl. 39 d.A.) über die nach dem „Addendum ICMS“ zu erbringenden Ersatzleistungen informiert worden. Für die Wiederholung von Leistungen aus dem Auslandssemester gebe es nach dem „Addendum“ spezielle Vorgaben. Von der Klägerin seien nach dem „Addendum“ u.a. das „Online-Modul Key Qualifications 3 + 3 ECTS-Media-Project“ als Ersatzleistungen zu erbringen gewesen. Obwohl sich die Klägerin zu den entsprechenden ersten Wiederholungsprüfungen im Sommersemester 2015 angemeldet habe, habe sie die erforderlichen Leistungen nicht erbracht. Insbesondere habe sie nicht die erforderliche Projektarbeit „Intercultural Management + Cultural Area Studies“ eingereicht, weshalb der 1. Wiederholungsversuch mit null Punkten bewertet worden sei. Auch die 2. Wiederholungsprüfung, für die sich die Klägerin im Wintersemester 2015/2016 angemeldet habe, sei mit 32 von 100 Punkten nicht bestanden worden. Über die Anerkennung der Noten aus dem Auslandssemester sowie über die Noten der Klägerin im Wintersemester 2015/2016 sei im Umlaufverfahren entschieden worden, sodass keine Protokolle einer Präsenssitzung vorhanden seien. Vorgelegt wurde das Protokoll über die Sitzung des Prüfungsausschusses, in deren Rahmen über den Widerspruch gegen die Exmatrikulation entschieden worden war.

Die Streitsache wurde am 12. September 2017 mündlich verhandelt. Seitens der Beklagten wurde zum Prozedere des Auslandssemesters ausgeführt, dass die Studierenden eine Annahmeerklärung unterzeichnen würden, in der auch geregelt sei, dass die prüfungsrechtlichen Gegebenheiten der Partnerhochschule akzeptiert würden und sie die im Learning Agreement aufgeführten Leistungen an der Partnerhochschule absolvieren würden. Die Annahmeerklärung verpflichte die Studierenden, die im Auslandssemester erbrachten Leistungen gegen sich gelten zu lassen. Dies ergebe sich aus § 9 der Ordnung zum Pflichtauslandssemester, der im Rahmen der mündlichen Verhandlung von dem Bevollmächtigten der Beklagten mit folgendem Inhalt verlesen wurde:

„§ 9 Annahmeerklärung Durch die Unterschrift der Annahmeerklärung erklären die Studierenden sich damit einverstanden, dass

– sie sich die an der Partnerhochschule erbrachten Prüfungsleistungen auf die im Learning Agreement genannten äquivalenten Prüfungen an der Hochschule anerkennen lassen (siehe auch § 7)“.

Der Bevollmächtigte der Klägerin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine entsprechende Annahmeerklärung der Klägerin zwingend vorzulegen sei, wenn sich daraus rechtliche Konsequenzen ergeben sollten.

Zum weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift, zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Streitgegenstand ist der Bescheid einer staatlich anerkannten Hochschule, die insbesondere im Bereich des Prüfungswesens als Beliehene hoheitlich tätig wird (vgl. Art. 76 ff. des Bayerischen Hochschulgesetzes – BayHSchG – vom 23. Mai 2006 [GVBl. 2006, S. 245], zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2017 [GVBl. S. 362]). Trägerin der Hochschule ist die „… …“ mit Sitz in … (vgl. Ziff. 3 des Anerkennungsbescheids vom 31. Juli 2014). Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts München folgt aus dem Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. Juni 2016 und ergibt sich im Übrigen aus § 52 Nr. 3 Satz 1 VwGO.

2. Die Klage ist auch begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2016 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 25. April 2016 ist rechtswidrig ist und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Die Beklagte hat im Bescheid vom 14. März 2016 zu Unrecht festgestellt, dass die Klägerin die Modulprüfung „Key Qualifications 3: Intercultural Management + Cultural Area Studies“ zum zweiten Mal wiederholt und nicht bestanden habe und daher infolge des endgültigen Nichtbestehens einer Prüfung gemäß Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Art. 80 BayHSchG zwingend zu exmatrikulieren sei. Denn die Beklagte durfte im Prüfungsverhältnis zur Klägerin keine Anrechnung der an der Partnerhochschule nicht angetretenen/ erfolglos abgelegten Prüfungsleistungen vornehmen, ohne hierfür über eine ausreichende gesetzliche Grundlage zu verfügen.

2.1 Die Bewertung von Leistungen in Berufszugangsprüfungen stellt einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 GG dar; dies gilt insbesondere für die Entscheidung über Bestehen und Nichtbestehen (vgl. BVerfG, B.v. 17.04.1991 – 1 BvR 419/81 – juris). Die Feststellung des endgültigen Nichtbestehens einer Hochschulprüfung greift dabei in besonders schwerwiegender Weise in die Freiheit der Berufswahl ein, weil sie im Hoheitsgebiet des Landesgesetzgebers ein Immatrikulationshindernis für den entsprechenden Studiengang nach sich zieht (vgl. Art. 46 Nr. 3 BayHSchG); sie bewirkt damit im Ergebnis eine subjektive Beschränkung der Berufswahl (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 – juris), der ein hohes Gewicht zukommt. Derartige Eingriffe sind nur aufgrund eines Gesetzes zulässig (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – juris).

2.2 Vorliegend wurde eine von der Klägerin an der Partnerhochschule im Kurs „Cross Cultural Management“ nicht angetretene Prüfung von der Hochschule als nicht bestandener Erstversuch des Pflichtmoduls „Key Qualifications 3“ gewertet. Über das bloße Nichtbestehen einer Prüfung hinaus, verringerte sich dadurch die der Klägerin nach § 7 Abs. 4 Satz 3 der Allgemeinen Studien- und Prüfungsordnung der Hochschule vom 2. August 2011 (ASPO) zustehende Anzahl von maximal zwei Wiederholungsprüfungen. Die hierfür erforderliche gesetzliche Grundlage ist dem Gericht indes nicht ersichtlich:

2.2.1 Die Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Hochschulbereich gehört nach Art. 2 Abs. 4 BayHSchG allgemein zu den Aufgaben der Hochschulen, wobei das bayerische Hochschulrecht auch die Durchführung von Studiengängen in Kooperation mit einer ausländischen Hochschule zulässt (Art. 16 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 BayHSchG). Dies gilt aufgrund des Verweises in Art. 77 Abs. 2, 2. HS BayHSchG ebenso für staatlich anerkannte, private Hochschulen. Entsprechende Regelungen für dieses Zusammenwirken sind nach Art. 16 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG in der Regel durch Vereinbarungen der Hochschulen zu treffen. Durch eine derartige Vereinbarung kann geregelt werden, dass eine der beteiligten Hochschulen bestimmte Aufgaben für die beteiligten Hochschulen und deren Mitglieder erfüllt, insbesondere den übrigen beteiligten Hochschulen und deren Mitgliedern die Mitbenutzung ihrer Einrichtungen gestattet (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 BayHSchG). Führen Hochschulen einen Studiengang, mehrere Studiengänge oder sonstige Studienangebote gemeinsam durch, ist in der Vereinbarung festzulegen, welche der beteiligten Hochschulen die erforderliche Satzung mit Wirkung für und gegen alle beteiligten Hochschulen erlässt (Art. 16 Abs. 2 Satz 3 BayHSchG).

Unbeschadet des Umstands, dass derartige Vereinbarungen zwischen Hochschulen notwendigerweise das sachliche Fundament für die Zusammenarbeit mit ausländischen Hochschulen bilden, bedürfen ihre Regelungen – jedenfalls soweit sie das Prüfungsrechtsverhältnis berühren – einer Umsetzung in entsprechende Ordnungen der Hochschulen, wobei auch eine Verweisungsregelung in einer Prüfungsordnung auf materielle Prüfungsbestimmungen in Kooperationsvereinbarungen von Hochschulen nur in engen Grenzen möglich ist (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 6.10.2016 – 2 LB 5/16 – juris Rn.111 ff.). Nach Art. 61 Abs. 2 BayHSchG werden Hochschulprüfungen auf der Grundlage von Prüfungsordnungen abgenommen, welche die in Art. 61 Abs. 3 BayHSchG genannten Mindestanforderungen zu Prüfungen und Prüfungsverfahren regeln müssen. Auch die Regelung des Art. 16 Abs. 2 Satz 3 BayHSchG verdeutlicht, dass der Regelungsfähigkeit in Hochschulvereinbarungen klare Grenzen gesetzt sind und es im Falle gemeinsamer Studienangebote einer für alle beteiligten Hochschulen verbindlichen Satzungsregelung bedarf.

2.2.2 Die vorgelegten Studien- und Prüfungsordnungen der Hochschule enthalten keine unmittelbare Regelung zu der vorgenommenen (Negativ-)Anrechnung. In Bezug auf das Auslandsstudium regelt § 4 Abs. 6 der Studien – und Prüfungsordnung für den Bachelorstudiengang Medienmanagement der Hochschule vom 1. Oktober 2013 (PStO) lediglich, dass alle Studierenden des Studiengangs das dritte Fachsemester an einer der Partnerhochschulen im Ausland absolvieren (Satz 1) und dass der Besuch des Auslandssemesters für die Anmeldung zur Bachelorarbeit erforderlich ist (Satz 2). Daneben ist im Studienablaufplan zum streitgegenständlichen Modul „Key Qualifications 3“ – ebenso wie bei dem Modul „Media and Communication Project 1“ – in der 2. Spalte „3. Semester (abroad)“ vermerkt (Bl. 125 d. GA). § 13 Abs. 4 der allgemeinen Prüfungs- und Studienordnung der Hochschule vom 2. August 2011 (ASPO) enthält eine Regelung zur Umrechnung der Gesamtnoten im Rahmen der Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Hochschulen.

2.2.3 Auch § 9 der Ordnung zum Pflichtauslandssemester, ausgefertigt aufgrund des Beschlusses des Senats der Hochschule Macromedia für angewandte Wissenschaften (University of Applied Siences), vom 11. Juli 2014 sowie 19. Juni 2015 und des Einvernehmens des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 6. Februar 2015, Az. E 3-H646.0-11/128942/14, bzw. deren inhaltsgleiche Vorgängerregelung, auf den die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen hat, stellt keine hinreichende Rechtsgrundlage dar.

Ungeachtet der Tatsache, dass eine von der Klägerin unterschriebene Einverständniserklärung von der Hochschule bislang nicht vorgelegt wurde, entspricht die Regelung nicht den Anforderungen des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Bestimmtheitsgrundsatzes. Dieser verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften je nach Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck so zu fassen, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren (ständige Rechtsprechung; vgl. BVerwG, U.v. 1.12.2005 – 10 C 4.04 – juris m.w.N.). Prüfungsnormen müssen daher so klar und eindeutig formuliert sein, dass Studierende ihren Inhalt zweifelsfrei feststellen können.

Vorliegend bleibt bereits unklar, was unter einer „Anerkennung“ von erbrachten Prüfungsleistungen „auf äquivalente Prüfungen“ zu verstehen ist (dazu unter Ziff. 2.2.3.1). Darüber hinaus ist – ungeachtet der Frage, ob eine derartige Verweisung überhaupt zulässig wäre (vgl. dazu OVG Lüneburg, U.v. 6.10.2016 – 2 LB 5/16 – juris Rn.111 ff.) – in dem in Bezug genommenen „Learning Agreement“ von „äquivalenten Prüfungen“ keine Rede (dazu unter Ziff. 2.2.3.2).

2.2.3.1 Dem allgemeinen Sprachgebrauch nach wird dem Wort „Anerkennung“ grundsätzlich eine positive Bedeutung beigemessen im Sinne einer „Bestätigung, Erklärung der Gültigkeit bzw. der Rechtmäßigkeit“ (vgl. Online-Duden: https://www.duden.de/rechtschreibung/Anerkennung). Hinzukommt, dass lediglich von „erbrachten“ Prüfungsleistungen die Rede ist, was „nicht erbrachte“ Prüfungsleistungen nicht zwingend einschließt. Selbst unter Einbeziehung der Formulierungen des „Addendums“, in dem von einem „Nachholen“ bzw. einer „Kompensation“ nicht bestandener Kurse die Rede ist, ergibt sich aus § 9 der Ordnung zum Pflichtauslandssemester für die Studierenden damit nicht mit der erforderlichen Klarheit, dass die Studierenden mit ihrer Unterschrift einer „Negativanrechnung“ von an der Partnerschule nicht erbrachten Prüfungsleistungen unter Reduzierung der Anzahl ihrer Prüfungsversuche und der weiteren Konsequenz zusätzlicher Äquivalenzleistungen zustimmen.

2.2.3.2 Darüber hinaus enthält die zwischen der Hochschule und der Partnerhochschule unter der Überschrift „Learning Agreement“ getroffene Vereinbarung als solche lediglich eine tabellarische Übersicht des Studienprogramms beider Hochschulen mit Informationen zu den von der Hochschule bzw. Partnerhochschule jeweils angebotenen Kursen unter Angabe zu ECTS und Semesterwochenstunden. Die tabellarische Gegenüberstellung der in den beiden Spalten nebeneinander abgedruckten Kurse lässt zwar auf eine inhaltliche Entsprechung der Kurse schließen, eine ausdrückliche Regelung diesbezüglich enthält das „Learning Agreement“ jedoch nicht. Eine solche Regelung findet sich erst in Ziff. 2 des „Addendums“, wobei mangels entsprechender Unterschriften/ Ausfertigungsvermerke nicht ersichtlich ist, ob auch das „Addendum“ mit der Partnerhochschule vereinbart wurde oder es sich hierbei – wovon wohl auszugehen ist – um eine eigene, von der Hochschule selbst erlassene Regelung handelt. Auf das „Addendum“ wird in § 9 der Ordnung zum Pflichtauslandssemester indes nicht ausdrücklich Bezug genommen.

Die Regelung des § 9 der Ordnung zum Pflichtauslandssemester genügt damit nicht den rechtstaatlichen Erfordernissen der Rechtsklarheit und - bestimmtheit.

2.2.4 Ebenso scheidet Art. 63 BayHSchG als Rechtsgrundlage aus, da sich auch diese Vorschrift auf eine (positive) Anrechnung von Kompetenzen bezieht und einen entsprechenden Anrechnungsantrag des/der Studierenden voraussetzt. Über das Antragserfordernis kann sich weder das Landesrecht noch die Hochschule hinwegsetzen (vgl. etwa Karpen in Geis [Hrsg.], Hochschulrecht in Bund und Ländern, Band 1, Stand Nov. 2017, § 20 HRG, Rn. 37). Ob ein solcher (positiver) Anrechnungsantrag i.S.d. Art. 63 BayHSchG auch in einer Zustimmungserklärung nach § 9 der Ordnung zum Pflichtauslandssemester liegen könnte, kann dahinstehen. Denn nach den obigen Ausführungen lässt sich hieraus jedenfalls keine (Negativ-)Anrech-nung ableiten.

Insgesamt fehlt es für die vorgenommene (Negativ-)Anrechnung zu Lasten der Klägerin damit an einer hinreichend klaren normativen Regelung. Da der Bescheid damit bereits aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben ist, kann dahinstehen, ob die Hochschule noch eine von der Klägerin unterschriebene Einverständniserklärung i.S.d. § 9 der Ordnung zum Pflichtauslandssemester nachreichen könnte. Ebenso kommt es nicht entscheidungserheblich auf die Frage der vorgenommenen Bewertung und die abweichende Formulierung des Anmeldeformulars (Nennung einer sog. „Students'-Initiative-Leistung“) in Bezug auf die zu erbringenden Äquivalenzleistungen an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 52


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Hochschulrahmengesetz - HRG | § 20 Studium an ausländischen Hochschulen


Studien- und Prüfungsleistungen, die an ausländischen Hochschulen erbracht worden sind, werden anerkannt, wenn ihre Gleichwertigkeit festgestellt ist. § 5a Abs. 1 Satz 2 und § 112 des Deutschen Richtergesetzes bleiben unberührt.

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Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 22. Juli 2016 - 2 LB 5/16

bei uns veröffentlicht am 22.07.2016

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 27. April 2015 - 4. Kammer, Einzelrichter - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das U

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Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 27. April 2015 - 4. Kammer, Einzelrichter - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die Aufforderung, gemeinsam mit den Nachbarn die gemeinschaftliche Grundstücksentwässerungsanlage der Häuserreihe zu sanieren.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Reihenendhauses ... in ... . Sie entwässern ihr Schmutzwasser über eine gemeinschaftliche Grundstücksentwässerungsanlage, an die auch die weiteren vier Grundstücke der Häuserreihe, ... 34 bis 40, angeschlossen sind. Auf der Grundstücksgrenze zwischen den Häusern ... 40 (Reihenendhaus) und 38 befindet sich der Schmutzwasserschacht 1, von dem aus eine Leitung auf den privaten Grundstücken parallel zu den Häusern bis zum Grundstück der Kläger verläuft und in den dort befindlichen Schmutzwasserschacht 2 mündet. Über diese Sammelleitung entwässern die vier Häuser ... 34 bis 40. Die Kläger leiten ihr Schmutzwasser über den Hausanschluss direkt in den Schmutzwasserschacht 2 ein, von wo das Abwasser aller fünf Häuser in den in der Straße verlegten Kanal eingeleitet wird. Die Reihenhäuser wurden in den 1950er Jahren gebaut und gehören zu einer Siedlung, die damals als Reichsheimstätte errichtet worden war. Seinerzeit wurde auch die Schmutzwassersammelleitung verlegt.

3

Nachdem bereits in der Vergangenheit Probleme mit der Niederschlagswasser- bzw. Schmutzwasserentsorgung festgestellt worden waren, forderte die Beklagte die Kläger mit Bescheid vom 3. März 2004 auf, für die Entwässerungsanlage ein Sanierungskonzept einzureichen. Mit weiterem Bescheid vom 25. August 2009 wurde den Klägern aufgegeben, alle Schmutzwasserentwässerungsanlagen auf ihrem Grundstück von einer anerkannten Fachfirma mittels Kamera untersuchen zu lassen und die Befahrungsergebnisse einzureichen, einen Bestandsplan der Abwasserleitungen, die sich auf den Grundstücken befinden, anfertigen zu lassen und gegebenenfalls ein entsprechendes Sanierungskonzept vorzulegen, sofern Schäden oder Mängel in den Leitungen bzw. Schächten erkennbar sein sollten. Im Oktober 2009 wurde eine TV-Kanaluntersuchung durchgeführt. Dabei wurden bei Befahrung der Sammelleitung parallel vor den Häusern Schäden an sämtlichen Muffen und an allen Anschlussleitungen festgestellt, außerdem wurde Wurzeleinwuchs mit einer Querschnittsreduzierung von ca. 10 % lokalisiert. Infolge der Schäden war es zu Sandeintrag im Kanal sowie Wasserrückstau auf einer Länge von 1,80 m mit einer Wassertiefe von 2 bis 3 cm gekommen. Die Schächte wurden als möglicherweise sanierungsbedürftig eingestuft.

4

Da die Kläger und die anderen Eigentümer der Häuserreihe sich in der Folgezeit nicht auf eine gemeinsame Art der Sanierung einigen konnten, forderte die Beklagte die Kläger - ebenso wie die Eigentümer der anderen Reihenhausgrundstücke - mit Bescheid vom 8. Februar 2011 auf, die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen an der Grundstücksentwässerungsanlage auf ihrem Grundstück durchzuführen und einen entsprechenden Antrag auf eine Entwässerungsgenehmigung zu stellen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2011 als unbegründet zurück.

5

Auf die daraufhin von den Klägern erhobene Klage hob das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17. September 2012 (- 4 A 404/11 -) die angefochtenen Bescheide auf. Zur Begründung führte es aus, die Bescheide seien rechtswidrig, weil die Kläger zu etwas rechtlich und tatsächlich Unmöglichem verpflichtet würden. Sie bildeten mit den Eigentümern der weiteren Häuser der Reihe eine Gemeinschaft im Sinne von § 741 BGB, weil das Schmutzwasser aller fünf Reihenhäuser gesammelt werde und erst an der Grundstücksgrenze in die öffentliche Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung einfließe. Die Gemeinschaft ergebe sich aus der funktionalen Zusammengehörigkeit des gesamten Rohrleitungssystems für die fünf Häuser, beginnend am Schacht 1 bis zur Grundstücksgrenze hinter dem Schacht 2. Dass die Kläger ihr Abwasser nicht durch das defekte Rohr, das sich im Teilbereich zwischen Schacht 1 und Schacht 2 befinde, entwässere, sei unerheblich. Die Verwaltung der gemeinsamen Entwässerungsanlage stehe den Mitgliedern der Gemeinschaft gemäß § 744 BGB gemeinschaftlich zu. Daher sei es den Klägern nicht möglich, getrennt von den anderen Eigentümern nur den auf ihrem Grundstück befindlichen Teil der Anlage zu sanieren. Dieses Stück der Entwässerungsleitung sei Teil des Ganzen. Eine gemeinsame Leitung könne nur insgesamt saniert werden, weil man sich auf ein Sanierungskonzept einigen müsse.

6

Am 26. November 2012 erließ die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid vom 26. November 2012. Dieser war adressiert an „die Mitglieder der gemeinschaftlichen Grundstücksentwässerungsanlage der Häuserreihe .. bis 40 in ...“, hier „nachrichtlich“ an die Kläger. Darin wurde zum einen festgestellt, dass die Kläger mit den Eigentümern der Grundstücke ... 34 bis 40 für die ordnungsgemäße Herstellung, Erweiterung, Änderung, den Umbau und die Unterhaltung sowie den sicheren Betrieb der gemeinschaftlichen Grundstücksentwässerungsanlage der Häuserreihe ... bis 40 in ... verantwortlich seien. Zum anderen wurde die Verpflichtung festgestellt, dass die Kläger gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern der entsprechenden Gemeinschaft im Sinne von § 741 BGB die gemeinschaftliche Grundstücksentwässerungsanlage unter Beachtung gesetzlicher und behördlicher Bestimmungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik auf eigene Kosten in den vorschriftsmäßigen Zustand zu bringen hätten. Zur Begründung hieß es, die Gemeinschaft ergebe sich aus der funktionalen Zusammengehörigkeit des gesamten Rohrleitungssystems für die Häuserreihe. Diese Gemeinschaft im Sinne des § 741 ff. BGB berechtige ihre Mitglieder in gleicher Weise zum Besitz und zur Nutzung der Entwässerungsleitungen. Wenn die Mitglieder der Gemeinschaft eine gemeinsame Entwässerungseinrichtung betrieben, dann sei jeder von ihnen als Mitinhaber der gesamten Rohrleitungsanlage anzusehen. Daher komme es nicht auf die Eigentumsrechte an, sondern auf die Verfügungsgewalt über den Betrieb der Anlage. Diese stehe den an die Entwässerungsanlage angeschlossenen Grundstückseigentümern gemeinschaftlich zu. Die funktionale Zusammengehörigkeit bestehe jedenfalls hinsichtlich der Schmutzwasserentwässerung. Da die Gemeinschaft zivilrechtlich noch nicht aufgehoben worden sei, seien die Kläger weiterhin Mitglied dieser Gemeinschaft. Irrelevant sei deshalb, dass ihr Abwasser nicht durch den defekten Teil der gemeinsamen Entwässerungsanlage fließe.

7

Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machten die Kläger geltend, die an sie gerichtete Forderung sei rechtlich und tatsächlich unangemessen. Eine BGB-Gemeinschaft sei zu keinem Zeitpunkt entstanden. Der behördliche Ansiedlungsbescheid vom 13. Juli 1954 sehe vor, dass jedes der Häuser einen eigenen Anschluss an den öffentlichen Schmutzwasserkanal zu erhalten habe. Außerdem könne die Forderung der Beklagten nur durch eine ordnungsgemäße Verwaltung verwirklicht werden. Eine tatsächlich praktizierte ordnungsgemäße Verwaltung habe es aber in der Vergangenheit nie gegeben. Vielmehr seien einzelne bauliche Veränderungen genehmigt und durchgeführt worden, ohne die Zustimmung der übrigen Hauseigentümer einzuholen. Außerdem verwiesen die Kläger darauf, dass auch nach der geltenden Abwassersatzung der Beklagten jedes Grundstück in der Regel nur je einen Grundstücksanschluss besitzen und ein Anschluss nicht über andere Grundstücke erfolgen solle.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, das Verwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 17. September 2012 festgestellt, dass die Verwaltung der gemeinsamen Entwässerungseinrichtung den Mitgliedern der Gemeinschaft nur gemeinschaftlich zustehe und daher eine Sanierung auch nur von ihnen gemeinschaftlich verlangt werden könne. Ein Abweichen vom rechtskräftigen Urteil wäre bedenklich. Etwas anderes folge auch nicht aus den von den Klägern vorgetragenen Argumenten. Aus dem Ansiedlungsbescheid aus dem Jahr 1957 könne sich nichts anderes ergeben. Dieser sei vom Kreis Pinneberg erlassen worden und an die Wohnungsbaugesellschaft Schleswig-Holstein GmbH adressiert gewesen. Dadurch werde sie, die Beklagte, nicht verpflichtet. Außerdem könne nicht ausgeschlossen werden, dass es abweichende Verträge oder Vereinbarungen bei der Umsetzung der Baumaßnahmen und der Errichtung der Grundstücksentwässerungsanlage gegeben habe. Sie, die Beklagte, habe nach damaligem Ortsrecht die Möglichkeit gehabt, unter besonderen Verhältnissen zwei oder mehrere Grundstücke durch eine gemeinsame Anschlussleitung zuzulassen. Tatsächlich werde die überwiegende Anzahl der Reihenhäuser im Elbhochufer über Gemeinschaftsanlagen ver- und entsorgt. Auch nach der geltenden Abwassersatzung sei ein gemeinsamer Grundstücksanschlusskanal möglich. Die Eintragung einer Grunddienstbarkeit oder Baulast sei nicht erforderlich, wenn es sich - wie hier - um eine Gemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB handele.

9

Dagegen haben die Kläger am 15. April 2013 Klage erhoben. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft.

10

Die Kläger haben beantragt,

11

den Bescheid der Beklagten vom 26. November 2012 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2013 aufzuheben.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.

15

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 4. Kammer, Einzelrichter - hat der Klage mit Urteil vom 27. April 2015 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids sei § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30 Abs. 3 Satz 1 des Landeswassergesetzes i.V.m. § 18 Abs. 3 der Abwassersatzung der Stadt Wedel. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Ordnungsverfügung lägen vor. Die auf dem Grundstück der Kläger und den angrenzenden Nachbargrundstücken vorhandene Grundstücksentwässerungsanlage entspreche nicht den gesetzlichen Bestimmungen, da sie aufgrund der zahlreichen von den Beteiligten des Rechtsstreits selbst benannten Mängel nicht mehr ausreichend in der Lage sei, die ihr zugedachte Funktion zu erfüllen. Die Kläger seien auch als Ordnungspflichtige in Anspruch zu nehmen, weil angesichts des bestehenden funktionalen einheitlichen Entwässerungssystems der Reihenhäuser zwischen den Eigentümern der Grundstücke auch ohne Vereinbarung eine Rechtsgemeinschaft i.S.d. § 741 BGB bestehe. Ob im Zeitpunkt der Errichtung der Reihenhäuser sowie der Grundstücksentwässerungsanlage eine solche Anlage abwasserrechtlich zulässig gewesen sei, sei irrelevant. Das derzeit geltende Abwasserrecht schreibe nur vor, dass jedes Grundstück „in der Regel“ einen Grundstücksanschlusskanal besitzen solle. Gemäß § 16 Abs. 3 der Abwassersatzung könne die Beklagte ausnahmsweise den Anschluss mehrerer Grundstücke an einen gemeinsamen Grundstückskanal zulassen. Die ordnungsrechtliche Verantwortung der Eigentümer als Teilhaber einer Gemeinschaft bestehe im Außenverhältnis gegenüber der zuständigen Behörde solange fort, wie die gemeinsame Grundstücksentwässerungsanlage tatsächlich vorhanden sei. Deshalb sei es unerheblich, ob ein bereits 2010 ausgesprochenes Verlangen der Kläger auf Aufhebung der Gemeinschaft wirksam geworden sei, etwa weil ein wichtiger Grund vorliege.

16

Der angefochtene Bescheid sei dennoch rechtswidrig, weil die Beklagte von dem ihr zustehenden Ermessen keinen rechtmäßigen Gebrauch gemacht habe. Jedenfalls hinsichtlich der Auswahl der anzuordnenden Maßnahme habe die Beklagte kein Ermessen ausgeübt. Sie habe keine Erwägungen dazu angestellt, ob (und gegebenenfalls wie) den Klägern eine konkrete Art der Sanierung der Abwasseranlage vorgeschrieben werde. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles hätte hierzu Veranlassung bestanden. Hierfür spreche insbesondere die Uneinigkeit der betroffenen Eigentümer. Es wäre zu prüfen gewesen, ob es den Klägern zuzumuten sei, sich zunächst selbst für eine Methode der Sanierung zu entscheiden und anschließend die entsprechenden Maßnahmen vor dem Zivilgericht durchzusetzen. Es erscheine zwar nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte den öffentlichen Belangen ein höheres Gewicht beimesse als den privaten Belangen der Kläger und im Rahmen einer Abwägung den erheblichen zivilrechtlichen Schwierigkeiten als aus der Sphäre der Kläger stammend ein geringeres Gewicht beimesse. Die im einzelnen benannten Aspekte habe die Beklagte beim Erlass des Bescheides jedoch nicht bedacht und noch nicht einmal in Erwägung gezogen, ob im konkreten Fall nicht das Sanierungsverlangen entsprechend hätte konkretisiert werden müssen. Hierin liege ein zur Rechtswidrigkeit führender Ermessensausfall.

17

Mit der hiergegen vom 4. Senat wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, sie habe ihr Ermessen in rechtmäßiger Weise ausgeübt. Das angefochtene Urteil habe nicht konsequent berücksichtigt, dass es im Hinblick auf die ordnungsrechtliche Anordnung der Sanierungsmaßnahme allein auf die vorhandene und streitgegenständliche Entwässerungsanlage in BGB-Gemeinschaft ankomme. Diese Anlage weise unstreitig Mängel auf. Gegenüber den weiteren Teilhabern der BGB-Gemeinschaft seien gleichlautende Bescheide bestandskräftig geworden. Das von den Klägern verfolgte Ziel, für jedes der Häuser einen eigenen Anschluss zu erreichen, sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Entgegen den Ausführungen im Urteil sei das Ermessen nicht ausgefallen. Vielmehr sei das Sanierungsverlangen im streitgegenständlichen Fall konkret genug. Die Grenzen ihrer Befugnis ergäben sich aus dem Zweck der Ermächtigung, den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung im Rahmen des Widmungszwecks sicherzustellen, sowie aus dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Gleichbehandlungsgebot. Sie habe sich auf die Forderung notwendiger Maßnahmen beschränkt. Die mit der Sanierungsforderung angestrebte Wiederherstellung einer funktionstüchtigen Entwässerungsanlage sei auch die geeignete und erforderliche Maßnahme. Unter Sanierung seien alle Maßnahmen zur Wiederherstellung oder Verbesserung von vorhandenen Entwässerungssystemen zu verstehen und hierzu gehörten die Reparatur, die Renovierung sowie die Erneuerung der Entwässerungsleitung. Die Satzung sehe vor, dass vor Beginn der Sanierungsarbeiten die schriftliche Genehmigung der Beklagten einzuholen sei. Indem sie den Klägern nur das Ziel vorgegeben habe, die Schäden zu beseitigen, ihnen aber die Wahl des konkret anzuwendenden Sanierungsmittels zur Behebung der Mängel überlassen habe, habe sie auch das die Kläger am wenigsten beeinträchtigende Mittel gewählt. Die Vorgabe einer konkreten Sanierungsmaßnahme hätte demgegenüber im Widerspruch zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und zu Art. 14 GG gestanden. Die Verantwortung für eine geeignete Sanierungsmaßnahme liege bei den Anschlusspflichtigen, mithin bei den Klägern und den weiteren Teilhabern der BGB-Gemeinschaft. Von ihr, der Beklagten, könne auch nicht verlangt werden, Planung und Durchführung der Sanierungsmaßnahmen zu verantworten.

18

Die Beklagte beantragt,

19

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 4. Kammer, Einzelrichter - vom 27. April 2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.

20

Die Kläger beantragen,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie haben sich nicht schriftlich geäußert.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide zu Unrecht aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

24

Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil sind nicht nur die Voraussetzungen für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides erfüllt, sondern hat die Beklagte auch ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt; denn ein Auswahlermessen steht ihr nicht zu.

25

Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 LWG sind die Gemeinden zur Abwasserbeseitigung im Rahmen der Selbstverwaltung verpflichtet, soweit in den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes bestimmt ist. Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz LWG regeln die Gemeinden die Abwasserbeseitigung durch Satzung (Abwassersatzung). Daneben ist § 17 Gemeindeordnung (GO) einschlägig. Nach § 17 Abs. 1 GO schafft die Gemeinde in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Einrichtungen, die für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohnerinnen und Einwohner erforderlich sind. Nach § 17 Absatz 2 GO kann die Gemeinde bei dringendem öffentlichen Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets unter anderem den Anschluss an die Abwasserbeseitigung (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) vorschreiben.

26

Mit der Abwassersatzung vom 30. Oktober 2006 hat die Beklagte von diesen Ermächtigungen Gebrauch gemacht. Einschlägig ist die Satzung in der Fassung der II. Nachtragssatzung vom 18. Dezember 2009 (im Weiteren: Abwassersatzung). § 18 Abs. 3 Satz 1 Abwassersatzung bestimmt, dass die Grundstücksentwässerungsanlage auf dem anzuschließenden Grundstück von dem Grundstückseigentümer oder der Grundstückseigentümerin unter Beachtung gesetzlicher und behördlicher Bestimmungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, (….) und nach den Bestimmungen dieser Satzung auf eigene Kosten herzustellen, zu erweitern, zu erneuern, zu sanieren, zu reparieren und zu renovieren, zu ändern, umzubauen, zu unterhalten und zu betreiben ist. Nach § 18 Abs. 3 Satz 2 Abwassersatzung ist für die ordnungsgemäße Herstellung, Erweiterung, Sanierung, Renovierung und Reparatur, Erneuerung, Änderung, Umbau und Unterhaltung sowie den sicheren Betrieb und die Dokumentation der Grundstücksentwässerungsanlage der Grundstückseigentümer oder die Grundstückseigentümerin verantwortlich. Nach § 18 Abs. 8 Satz 3 Abwassersatzung ist die Grundstücksentwässerungsanlage stets in einem einwandfreien und betriebsfähigen Zustand zu halten. Satz 4 bestimmt, dass die Grundstücksentwässerungsanlage so zu betreiben ist, dass Störungen anderer Grundstückseigentümer oder Grundstückseigentümerinnen oder störende Rückwirkungen auf Einrichtungen der Stadt Wedel oder Dritter ausgeschlossen sind. Gemäß § 18 Abs. 8 Satz 5 Abwassersatzung kann die Stadt Wedel, wenn Mängel festgestellt werden, fordern, dass die Grundstücksentwässerungsanlage unverzüglich auf Kosten des Grundstückseigentümers oder der Grundstückseigentümerin in den vorschriftsmäßigen Zustand gebracht wird. Eine entsprechende Forderung hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheids verfügt.

27

Die Befugnis zum Erlass von Satzungen (hier § 30 LWG und § 17 Abs. 2 GO) stellt eine ausreichende Grundlage für die Regelung von Eingriffen dar, die mit dem Einrichtungszweck notwendigerweise verbunden sind (so auch OVG Lüneburg, Urt. v. 10.01.2012 - 9 KN 162/10 -, Juris Rn. 71; VG Neustadt , Beschl. v. 28.02.2013 - 4 L 44/13.NW -, Juris Rn. 36). Denn die Ermächtigung zur Schaffung der öffentlichen Einrichtung umfasst die Befugnis, im Rahmen der so eingeräumten Anstaltsgewalt das Benutzungsverhältnis durch Satzung zu regeln (vgl. OVG NW, Beschl. v. 07.05.2009 - 15 B 354/09 -, Juris Rn. 12). Die Grenzen der Regelungsbefugnis ergeben sich aus dem Zweck der Ermächtigung, den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung im Rahmen des Widmungszwecks sicherzustellen, sowie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. OVG NW, Beschl. v. 07.05.2009, a.a.O., Juris Rn. 17 ff.). Dass durch die Regelungen der Abwassersatzung diese Grenzen überschritten würden, ist weder dargetan noch erkennbar.

28

Aus der Verpflichtung im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 1 Abwassersatzung, die Grundstücksentwässerungsanlage auf dem anzuschließenden Grundstück von dem Grundstückseigentümer oder der Grundstückseigentümerin unter Beachtung gesetzlicher und behördlicher Bestimmungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, (...) und nach den Bestimmungen dieser Satzung auf eigene Kosten zu erneuern, zu sanieren, zu reparieren und zu renovieren, folgt in Verbindung mit § 18 Abs. 8 Satz 5 Abwassersatzung die Befugnis der Beklagten, diese Pflicht bei festgestellten Mängeln mittels Bescheid durchzusetzen.

29

Streitgegenständlich ist die gemeinschaftliche Grundstücksentwässerungsanlage für Schmutzwasser, die die Grundstücke der Häuserreihe ... - 40 gemeinschaftlich entwässert. Grundstücksentwässerungsanlagen sind nach der Definition des § 5 Abs. 1 Abwassersatzung Einrichtungen und Anlagen, die der Sammlung, Rückhaltung, Speicherung, Vorbehandlung, Prüfung und Ableitung des Abwassers in Gebäuden und auf Grundstücken bis zum Grundstücksanschlusskanal dienen. Dazu gehören insbesondere Leitungen, die im Erdreich oder im Fundamentbereich verlegt sind und das Abwasser der öffentlichen Abwasseranlage zuführen sowie die Revisionsschächte; ggf. auch Kleinkläranlagen und abflusslose Gruben sowie Anlagen und Vorrichtungen zur Niederschlagswasserbeseitigung auf dem zu entwässernden Grundstück. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 Abwassersatzung wird zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung (Trennsystem) eine selbstständige öffentliche Einrichtung gebildet. § 4 Abs. 2 Nr. 3 Abwassersatzung stellt klar, dass der Grundstücksanschlusskanal Bestandteil der öffentlichen Abwassereinrichtung ist. Dieser wird danach definiert als „die Verbindungsleitungen von den öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen gemäß Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 2 bis zur Grundstücksgrenze des angeschlossenen Grundstücks“. Daraus folgt, dass alle Anlagen auf privatem Grundstück - und nur um solche geht es hier - nicht Teil der öffentlichen Einrichtung sind und der Sanierungspflicht der Grundstückseigentümer unterliegen.

30

Aufgrund der funktionalen Zusammengehörigkeit des gesamten Rohrleitungssystems für die fünf Häuser beginnend am Schacht 1 auf der Grundstücksgrenze zwischen Haus Nr. 40 und Haus Nr. 38 über den Schacht 2 vor dem Haus der Kläger (Nr. 32) hinaus bis zur Grundstücksgrenze „hinter“ dem Schacht 2 (d.h. bis zum Beginn des zur öffentlichen Einrichtung gehörenden Grundstückanschlusskanals) handelt es sich um eine gemeinschaftliche Grundstücksentwässerungsanlage, die durch die Gemeinschaft im Sinne von §§ 741 ff. BGB der Hauseigentümer betrieben wird. Obwohl das Abwasser der Kläger nicht durch den defekten Teil der Grundstücksentwässerungsleitung zwischen Schmutzwasserschacht 1 und Schmutzwasserschacht 2 geleitet wird, sind die Kläger Mitglied der Gemeinschaft gemäß § 741 BGB, weil das Schmutzwasser aller fünf Reihenhäuser gesammelt wird und erst an der Grundstücksgrenze in die öffentliche Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung einfließt. Dies hat das Verwaltungsgericht in seinem rechtskräftigen Urteil vom 17. September 2012 (- 4 A 404/11 -) gemäß § 121 Nr. 1 VwGO auch für dieses Verfahren bindend festgestellt. Denn bei Anfechtungsklagen kommt den Entscheidungsgründen eines Aufhebungsurteils maßgebliche Bedeutung für die Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft zu (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 121 Rn. 21). Rechtskräftige Urteile haben auch bei unterschiedlichen Streitgegenständen zwischen denselben Beteiligten präjudizielle und damit bindende Wirkung, wenn die Zuerkennung oder Aberkennung des prozessualen Anspruchs für einen anderen vorgreiflich ist. Die Rechtskraft ist von den Beteiligten auch zu beachten, wenn sich der Streitgegenstand in einem späteren Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren als Vorfrage stellt (vgl. Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 121 Rn. 14). So liegt es hier, denn die tatsächlichen Verhältnisse haben sich seit Ergehen des Urteils vom 17. September 2012 nicht geändert.

31

Entgegen der Auffassung der Kläger kommt es schon deshalb weder darauf an, dass in dem Ansiedlungsbescheid aus dem Jahr 1954 separate Leitungen und Anschlüsse vorgesehen waren, noch ist von Bedeutung, welche Pläne bei Errichtung der Siedlung nach dem Reichsheimstättengesetz ursprünglich verfolgt worden waren oder wie die Entwässerungssituation in benachbarten Häuserreihen des Wohnviertels aussieht. Maßgeblich sind allein die bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids.

32

Die Gemeinschaft besteht auch trotz des Begehrens der Kläger, diese verlassen zu wollen, fort, solange die Lösung der Gemeinschaft nach den §§ 749 ff. BGB nicht vollzogen ist. Dazu bedürfte es einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung. Die Gestaltung des Innenverhältnisses ist für den vorliegenden Rechtsstreit, der das Außenverhältnis der nicht aufgelösten Gemeinschaft zur Beklagten betrifft, ohne Bedeutung.

33

Der Umstand, dass mehrere Grundstücke über einen Grundstücksanschlusskanal entwässern, ist auch mit dem geltenden Satzungsrecht vereinbar. Zwar soll im Regelfall jedes Grundstück nur je einen Grundstückskanal haben und nicht über ein fremdes Grundstück angeschlossen werden (§ 16 Abs. 2 Abwassersatzung). Gemäß § 16 Abs. 3 Abwassersatzung kann die Stadt Wedel ausnahmsweise den Anschluss mehrerer Grundstücke an einem gemeinsamen Grundstücksanschlusskanal zulassen. Davon ist vorliegend - jedenfalls konkludent - Gebrauch gemacht worden, da die Anlage seit Jahren unverändert betrieben wird.

34

Das Fehlen von Baulasten oder Grunddienstbarkeiten trotz grundstücksgrenzüberschreitender Ausdehnung der Grundstücksentwässerungsanlage ist im Kontext des Verlangens der Sanierung unschädlich. Zwar sehen sowohl § 6 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 als auch § 16 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 Abwassersatzung vor, dass bei Abwasserableitung über fremde private Grundstücke ein Leitungsrecht erforderlich ist, welches durch Eintragung einer Baulast im Baulastenverzeichnis der Beklagten oder im Einzelfall durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch gesichert wird. Dies ist für zukünftige Gestaltungen zu berücksichtigen, nicht aber als Voraussetzung für den weiteren Betrieb von Anlagen, die vor Inkrafttreten der Abwassersatzung bereits existent waren.

35

Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch hinreichend bestimmt im Sinne von § 108 LVwG. Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass aus dem Verwaltungsakt selbst der Wille der Behörde eindeutig erkennbar ist; die Begründung des Verwaltungsaktes kann in Zusammenhang mit den gesamten Umständen, die den Betroffenen bekannt oder mindestens erkennbar sein müssen, zur Auslegung und Klarstellung des Gewollten herangezogen werden (vgl. Knieß in: Praxis der Kommunalverwaltung, LVwG-Kommentar, § 108 Nr. 2). Dem wird der Bescheid vom 26. November 2012 gerecht. Er enthält zum einen den Hinweis auf die Verantwortlichkeit der Kläger und stellt zum anderen lediglich die Verpflichtung der Kläger fest, gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern der Gemeinschaft im Sinne von § 741 ff. BGB (den Eigentümern der Grundstücke ... Straße 34 bis 40) die gemeinschaftliche Grundstücksentwässerungsanlage auf eigene Kosten in den vorschriftsmäßigen Zustand zu bringen. Bei Auslegung des Bescheides unter Hinzuziehung dessen Begründung sowie bei Berücksichtigung des Wortlauts des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2013 bedeutet die Feststellung der Verpflichtung zugleich die Aufforderung bzw. Anordnung, die Sanierung durchzuführen. In der Begründung des Bescheides heißt es insoweit, dass das Gericht darauf hingewiesen habe (gemeint in das Verwaltungsgericht mit seinem Urt. v. 17.09.2012 - 4 A 404/11 -), dass die Beklagte berechtigt sei, gegenüber allen Mitgliedern der Gemeinschaft anzuordnen, die defekte Entwässerungseinrichtung zu sanieren, unabhängig von der Frage, welcher Teil defekt sei. Dementsprechend enthält der Widerspruchsbescheid die Formulierung, die Beklagte habe den Klägern zusammen mit den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft auferlegt, die gemeinschaftliche Grundstücksentwässerungsanlage in den vorschriftsmäßigen Zustand zu bringen.

36

Dass im Bescheid die vorhandenen und zu beseitigenden Schäden nicht ausdrücklich aufgeführt sind, steht seiner hinreichenden Bestimmtheit nicht entgegen. Die Grundstücksentwässerungsanlage ist unstreitig seit Jahren sanierungsbedürftig. Die Schäden der Anlage, die bereits im Jahr 2009 vorhanden waren, sind den Klägern aus der Dokumentation der vom Kläger in Auftrag gegebenen TV-Kanaluntersuchung vom 14. Oktober 2009 bekannt. Darin heißt es, dass bei der Befahrung der Hauptleitung/Sammelleitung der 22,7 m langen Anlage parallel zu den Häusern Nr. 32 - 40 Schäden an sämtlichen Muffen festgestellt worden waren. Zudem wurde ein Wurzeleinwuchs mit einer Querschnittsreduzierung von ca. 10 % lokalisiert. Infolge dieser Schäden kam es schon damals zu Sandeintrag im Kanal sowie Wasserrückstau auf einer Länge von 1,80 m mit einer Wassertiefe von 2-3 cm. Auch an den Anschlussleitungen zu den einzelnen Häusern wurden Schäden festgestellt.

37

Von den Klägern wird auch nichts rechtlich Unmögliches verlangt. Da sie Mitglied einer Gemeinschaft sind, steht ihnen die Sanierung der Entwässerungsanlage als „Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes“ nur gemeinschaftlich mit den anderen Mitgliedern zu (vgl. § 744 BGB). Um eine einvernehmliche Lösung im Innenverhältnis zu erzielen, hat die Beklagte gleichlautende Bescheide an alle Mitglieder der Gemeinschaft gerichtet. Da § 744 Abs. 2 BGB bestimmt, dass jeder Teilhaber berechtigt ist, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne die Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen, war eine Beiladung der anderen Mitglieder der Gemeinschaft im vorliegenden Verfahren nicht erforderlich. Dies folgt auch aus § 16 Abs. 3 Satz 4 Abwassersatzung. Danach sind die beteiligten Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer als Gesamtschuldner zu betrachten, wenn ausnahmsweise mehrere Grundstücke an einen Grundstücksanschlusskanal angeschlossen sind.

38

§ 18 Abs. 8 Satz 5 Abwassersatzung eröffnet lediglich ein Entschließungsermessen. Die im Bescheid getroffene Anordnung, die Grundstücksentwässerungsanlage in den vorschriftsmäßigen Zustand zu bringen, entspricht dem Wortlaut des § 18 Abs. 8 Satz 5 Abwassersatzung. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass das Entschließungsermessen - mithin die Frage des „Ob“ eines Sanierungsverlangens - wegen Vorliegens erheblicher Mängel der Abwasseranlage zur Sicherstellung der gefahrlosen Abwasserentsorgung auf null reduziert ist. Ein Auswahlermessen hinsichtlich des „Wie“ der Sanierung steht der Beklagten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hingegen nicht zu. Die Auswahl der Sanierungsmaßnahme obliegt nicht ihr, sondern den Klägern, die nach § 18 Abs. 3 Abwassersatzung verantwortlich sind für die Sanierung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Diese Vorgabe macht es unerlässlich, ein Fachunternehmen zunächst mit der Planung und - nach Vorliegen der bei der Beklagten einzuholenden Genehmigung - mit der Durchführung der Arbeiten zu betrauen. Dem wird der streitgegenständliche Bescheid gerecht; er ermöglicht den Klägern die Entscheidung über die effektivste und auch kostengünstigste Vorgehensweise, die ohnehin unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Beklagten steht.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

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Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.


Studien- und Prüfungsleistungen, die an ausländischen Hochschulen erbracht worden sind, werden anerkannt, wenn ihre Gleichwertigkeit festgestellt ist. § 5a Abs. 1 Satz 2 und § 112 des Deutschen Richtergesetzes bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.