Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Jan. 2015 - M 23 K 14.450

bei uns veröffentlicht am26.01.2015

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die von der Beklagten getroffenen Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit.

Die Kläger sind portugiesische Staatsangehörige, die im Dezember 2009 in die Bundesrepublik Deutschland einreisten und im März 2010 ihren Wohnsitz in M. nahmen.

Dem Kreisverwaltungsreferat der Beklagten wurde im Oktober 2013 vom Sozialbürgerhaus .../Jobcenter ... auf Anfrage mitgeteilt, dass die Kläger ohne Arbeitseinkommen seien und Leistungen nach SGB II bezögen.

Am 31. Oktober 2013 hörte die Beklagte die Kläger zur beabsichtigten Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt an.

Die damalige Klägerbevollmächtigte wandte sich daraufhin am 13. November 2013 an die Beklagte und bat, die Frist zur Ausreise bis 15. Februar 2013 (gemeint wohl: 2014) zu verlängern; die Mandanten würden diese Zeit nutzen, sich intensiv um Arbeit zu bemühen. Sie würden jede Arbeit annehmen, um sich selbst zu unterhalten, damit sie nicht mehr Sozialleistungen beanspruchen müssten.

Durch an beide Kläger individuell gerichtete streitgegenständliche Bescheide vom 17. Januar 2014 wurde jeweils festgestellt, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verloren worden sei (1.) und die Kläger das Bundesgebiet innerhalb eines Monats ab Unanfechtbarkeit des Bescheids zu verlassen hätten, widrigenfalls die Abschiebung nach Portugal bzw. in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht wurde (2.).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Aktenlage davon auszugehen sei, dass die Kläger seit längerer Zeit, mindestens seit Januar 2012, ihren Lebensunterhalt ausschließlich über Sozialleistungen finanzierten. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 - 3 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) träfen auf die Kläger nicht zu, da sie seit längerer Zeit weder eine selbstständige noch eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausübten und auch für unabsehbare Zeit keine Änderung dieses Zustands zu erwarten sei. Auch § 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU sei nicht einschlägig; die Kläger könnten nicht als Dienstleistungsempfänger angesehen werden. Es sei auch kein Anspruch aus § 3 FreizügG/EU als Familienangehöriger eines nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers gegeben. Damit bleibe ausschließlich ein Recht der Freizügigkeit nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 5, 4 Satz 1 FreizügG/EU, sofern die Kläger für einen Aufenthalt im Bundesgebiet über ausreichende Existenzmittel verfügten und einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz nachweisen könnten, was bei den Klägern jedoch nicht der Fall sei. Es müsse auch für die Zukunft bezweifelt werden, dass sie sich zumindest über eine gewisse Dauer und in einem gewissen Umfang auf dem deutschen Arbeitsmarkt integrieren könnten. Auch die von dem Jobcenter angebotene Hilfestellung zum Besuch eines Integrationskurses zur Verbesserung der Sprachkenntnisse habe keine wesentliche Änderung hinsichtlich der Chancen auf dem Arbeitsmarkt bewirkt. Daher sei die Beklagte befugt, den Verlust der Freizügigkeit gemäß § 5 Abs. 4 FreizügG/EU festzustellen. Es sei nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu prüfen gewesen, ob die Feststellung des Rechtsverlusts geboten sei, was im Fall der Kläger der Fall sei, was im Einzelnen näher ausgeführt wurde.

Durch Schreiben vom 5. Februar 2014, eingegangen am 6. Februar 2014, erhoben die Kläger Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht München und beantragten,

den Bescheid vom 17. Januar 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen und erstmals angegeben, die Kläger hätten mittlerweile eine Firma „... GbR“ gegründet; sie hätten diese Absicht bereits länger, aber fünf Jahre Probleme gehabt, ein Geschäft zu öffnen. Sie bräuchten Zeit zur Verhandlung mit Kunden.

Die frühere Klägerbevollmächtigte, die sich am 28. Februar 2014 bestellt hatte, führte darüber hinaus am 24. April 2014 aus, die „** GbR“ sei am 7. November 2013 gegründet worden; es handele sich um einen Service für Supermärkte durch Füllen, Warten und Instandhalten von Lagerregalen sowie Unterstützung bei der Inventur (...), um einen Bügeldienst für Privatpersonen, Hotels, Restaurants und Friseure (...) sowie um Gebäude-, Wohnungs- und Büroreinigung und Gartenpflege (...). Die Kläger seien schon bei verschiedenen Supermärkten vorstellig geworden. Ihnen sei nunmehr eine Steuernummer erteilt worden und sie hätten alles getan, um das Gewerbe erfolgreich auszuüben. Das Gewerbe sei am ... November 2013 mit „zulassungsfreiem Gebäudereinigungshandwerk, Regalauffüllungsdienstleistungen, Bügler“ angemeldet worden. Die Marke „...“ sei bereits im Mai 2013 bei dem Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen worden.

Gleichzeitig wurde beantragt, den Klägern Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Durch Schriftsätze vom 18. Februar, 29. April und 2. Dezember 2014 nahm die Beklagte zur Klage Stellung, beantragte

Klageabweisung

und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Kläger selbst im Rahmen eines selbstständigen Gewerbes offenbar seit dessen Gründung keinerlei Aufträge erhalten hätten; von der Ausübung eines selbstständigen Gewerbes im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU könne bei dieser Sachlage nicht ausgegangen werden.

Das Jobcenter teilte der Beklagten im Verfahren mit, dass (mit Ausnahme der Monate Juli und August 2010) seit dem Jahr 2010 durchgehend Leistungen nach SGB II gewährt worden seien. Die Kläger verfügten über keinerlei Einkünfte und über keinen Gewinn aus gewerblicher Tätigkeit.

Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2014 zeigte der frühere Bevollmächtigte Mandatsniederlegung und am 22. Dezember 2014 der derzeitige Bevollmächtigte seine Vertretung an.

Bereits durch Beschluss vom 10. Dezember 2014 wurde der Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen.

Durch Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 21. Januar 2015 wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Kläger seien zur Ausübung eines selbstständigen Gewerbes berechtigt. Keine Voraussetzung sei, dass das Einkommen eine bestimmte Größenordnung erreiche; es komme lediglich auf die Entgeltlichkeit der Tätigkeit und die Teilnahme am Wirtschaftsleben an. Zur Strukturierung eines derartigen Unternehmens sei eine gewisse Vorlaufzeit nötig.

Am 21. Januar 2015 fand die mündliche Verhandlung statt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Klagen bleiben in der Sache ohne Erfolg. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 17. Januar 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger demnach nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Die Beklagte hat auf zutreffender Rechtsgrundlage die zum Verlust des Freizügigkeitsrechts führenden Tatbestände (§§ 5 Abs. 4, 2 Abs. 1, Abs. 2, 3 Abs. 1 und 4 Satz 1 i. V. m. FreizügG/EU) rechtsfehlerfrei subsumiert und ist auf Rechtsfolgenseite zu einem nachvollziehbaren und im Rahmen des die gerichtliche Kontrolle bestimmenden § 114 S. 1 VwGO ermessensfehlerfreien Ergebnis gekommen.

Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung der streitgegenständlichen Bescheide, sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO), und ergänzt lediglich wie folgt:

„Selbst von Klageseite nicht bestritten wird, dass die Kläger mit Ausnahme von zwei Monaten seit dem Jahr 2010 (und damit unmittelbar nach Einreise) ununterbrochen Sozialleistungen bezogen haben. Weiterhin ist es unstrittig, dass die Kläger trotz verschiedener Beschäftigungsverhältnisse und Firmengründung auch derzeit nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.

Die streitgegenständlichen Bescheide beachten die Vorgaben (ober-)gerichtlicher Rechtsprechung an die Verlustfeststellung.

Abzustellen ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Es ist nicht ersichtlich, weshalb insoweit anderes gelten sollte als im Falle einer Verlustfeststellung nach § 6 FreizügG/EU (vgl. - zur nach früherem Recht noch möglichen Ausweisung von Unionsbürgern: BVerwG v. 3.8.2004 Az.: 1 C 30/02 - juris; BayVGH v. 21.12.2011 Az.: 10 B 11.182 - juris).

Aus Art. 14 Abs. 4 Buchst. b, Abs. 3 der Unionsbürgerrichtlinie ergibt sich, dass Arbeitssuchende grundsätzlich auch im Falle eines Sozialhilfebezugs aufenthaltsberechtigt sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 FreizügG/EU). Nicht einmal die tatsächliche Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen durch einen Unionsbürger darf automatisch zu dessen Ausweisung führen (vgl. VG Regensburg v. 30.4.2013, RN 9 S 13.446, juris Rn. 19). Dies hindert eine Verlustfeststellung jedoch nur, solange der Unionsbürger nachweisen kann, dass er weiterhin Arbeit sucht und weiterhin begründete Aussicht besteht, eingestellt zu werden (vgl. BayVGH v. 16.1.2009 Az.: 19 C 08.3271 - juris Rn. 7). Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein 6-monatiger Zeitraum, den man für die Arbeitssuche einräumen muss, nicht unangemessen (vgl. EuGH v. 26.2.1991, Az.: C-292/89, bestätigt am 20.2.97, Az.: C-344/95; BayVGH v. 16.1.2009, a. a. O.). Im 16. Erwägungsgrund der o.g. Richtlinie heißt es, eine Ausweisung solle nicht erfolgen, solange Sozialhilfeleistungen „nicht unangemessen“ in Anspruch genommen werden. Hierzu soll der Aufnahmemitgliedsstaat die individuellen Umstände (vorübergehender Charakter der Schwierigkeiten, Dauer des Aufenthalts, Höhe der gewährten Hilfe, persönliche Umstände) näher prüfen. Regelmäßig wird daher nur die dauerhafte Unfähigkeit, für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen, die Beendigung des Aufenthalts rechtfertigen können (vgl. Epe, in: GK-AufenthG, Stand: April 2008, RdNr. 97 zu § 2 FreizügigkeitsG/EU). Aufenthaltsbeendende Maßnahmen kommen dann in Betracht, wenn ein Wegfall des „Erwerbstätigenstatus“ festzustellen ist, mit anderen Worten der Unionsbürger in Wirklichkeit keinerlei ernsthafte Absichten verfolgt, überhaupt eine Beschäftigung aufzunehmen, oder er sich zwar ständig um Arbeit bemüht, aber angesichts der wirtschaftlichen Umstände für ihn objektiv keine Arbeitsmöglichkeit (mehr) besteht (BayVGH v. 16.1.2009 - a. a. O. - juris Rn. 9 m. w. N.). Die ernsthafte Absicht zur Arbeitsaufnahme muss objektivierbar nach außen hin zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BayVGH v. 11.2.2014 - 10 C 13.2241 - juris Rn. 5 m. w. N.).

Gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU auch Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbstständige Erwerbstätige). Der gemeinschaftsrechtliche Begriff der Niederlassung bezieht sich auf eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit, die - in Abgrenzung zur Erbringung von Dienstleistungen i. S. v. Art. 49 f. EGV (a. F.) - nicht nur vorübergehend, sondern auf grundsätzlich unbestimmte Zeit im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübt werden soll. Die Art der ausgeübten Tätigkeit ist zwar grundsätzlich unerheblich. Es muss sich aber um eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit handeln, weshalb völlig untergeordnete, unwesentliche Tätigkeiten nicht genügen. Der erforderliche Wille zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit verlangt zudem eine ernstzunehmende Gewinnerzielungsabsicht (vgl. OVG Rheinland- Pfalz v. 2.4.2009 - 7 A 11053/08 - juris Rn. 22. ff. m. w. N.).

Vor diesem Hintergrund vermag das erkennende Gericht der Argumentation des Klägerbevollmächtigten, die Beklagte habe vorliegend zur Unzeit die Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit getroffen und wäre den Klägern ein weiterer zeitlicher Spielraum zur Strukturierung und (dann erstmaligen) Etablierung ihrer gewerblichen Tätigkeit einzuräumen, nicht zu folgen.

Es mag zwar zutreffen, dass die Kläger in der Vergangenheit als Arbeitnehmer mehr als nur Gelegenheitsjobs verrichtet hatten, so dass ihnen ursprünglich die Arbeitnehmereigenschaft nicht von vornherein abgesprochen werden konnte (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, 86. Aktualisierung 2014, § 2 FreizügG/EU Rn. 28). Im Falle der Kläger ist jedoch objektiv festzustellen, dass ihre Bemühungen, als Arbeitnehmer bzw. nunmehr als Selbstständige tätig zu sein, allesamt erfolglos blieben. Die Beklagte hat somit nicht etwa ein im Anfangsstadium befindliches gewerbliches Konzept unterbunden, sie hat vielmehr auf jahrelange Erfolglosigkeit der Kläger reagiert. Von Klageseite konnte einerseits nicht nachgewiesen werden, dass (irgendeine) begründete Aussicht auf Einstellung im Angestelltenverhältnis bestünde. Das Gegenteil ist der Fall; es ist demzufolge nicht objektivierbar nach außen erkennbar, dass (noch) ernsthafte Absichten zur Arbeitsaufnahme im Sinne vorzitierter Rechtsprechung bestünden. Weiter vermag das Gericht trotz entsprechender Beteuerungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch keine ernstzunehmende bzw. realistische Gewinnerzielung(-sabsicht) im Zusammenhang mit der Ende 2013 gegründeten „IC GbR“ zu erkennen. Einerseits erfolgte der Übergang aus der Arbeitslosigkeit hin zur selbstständigen Tätigkeit vom Zeitpunkt her ersichtlich unter dem Eindruck der zuvor erhaltenen Anhörung der Beklagten zur beabsichtigten Verlustfeststellung; andererseits erforderte und erfordert das Geschäftsmodell der Kläger (Regalauffüllen, Bügeln etc.) zweifelsohne keinen besonderen logistischen bzw. intellektuellen Planungsaufwand bzw. besondere Vorlaufzeiten, die es nachvollziehen ließen, dass selbst zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, mithin 14 Monate nach Gründung, immer noch keinerlei Umsätze bzw. Gewinn getätigt werden konnten. Ein vernünftiger Geschäftsmann würde dies wohl zum Anlass nehmen, von dem Geschäftsmodell wieder Abstand zu nehmen, sollte er nicht über erhebliche finanzielle Reserven verfügen. Folgt man der Darlegung der Kläger im vorbereitenden Verfahren und in der mündlichen Verhandlung, so bestand deren Betätigung neben der Anfertigung verschiedener Flyer vor allem in juristischen Auseinandersetzungen verschiedener Art, verbunden mit offenkundig überspannten Eigenerwartungen im Hinblick auf die vorgetragene europa- bzw. weltweite Ausdehnung des Betriebs. Das Gericht bezweifelt nachhaltig, dass sich das Geschäftsmodell in der gegebenen Form tatsächlich erfolgreich etablieren wird können. Selbst in der von der Klageseite vorgelegten Stellungnahme im Tragfähigkeitsgutachten gemäß § 16b SGB II kommt zum Ausdruck, dass (bei der Klägerin zu 2.) die Ursache neben mangelnden Deutschkenntnissen und nicht ausreichender bzw. nicht nachvollziehbar geplanter Finanzplanung darin zu sehen sei, dass „die Ermittlung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des neuen Geschäftsmodells nicht zureichend“ sei (aus: „Petschwork“- Gutachten vom 9.10.2013, vorgelegt als Anlage K 8). Man gehe von nicht ausreichender fachlicher und unternehmerischer Eignung aus. Aufgrund fehlender Kompetenz sei eine erfolgreiche Gründung unwahrscheinlich.“

Das Geschäftsmodell des Bügeln und Regalauffüllens ist, wie dargelegt, nicht von einer derartigen Komplexität, dass von der Beklagten zu erwarten gewesen wäre, weiter zuzuwarten, zumal der immer noch gänzlich fehlende Gewinn offenkundig nicht nur auf ersten Startschwierigkeiten des Betriebs beruht. Das Gericht vermag prognostisch nicht zu erkennen, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern würde; dafür wurde von Klageseite über den bloßen Vortrag der Hoffnung auf Gewinne und Erweiterung des Betriebs hinaus auch nichts vorgelegt. Die Beklagte war somit nicht gehalten, den Klägern nach dem Wechsel von der unselbstständigen in die selbstständige Tätigkeit noch weitere Übergangszeiten, währenddessen sie Sozialhilfeleistungen bezögen, einzuräumen; die von dem vorgenannten Gutachten der Tragfähigkeitsbegutachtung herausgestellten Ursachen sind nicht behoben. Ohnehin wäre eine Betrachtungsweise unangebracht, die dazu führen würde, jeden Wechsel zwischen neuerlich begonnener selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit an neuerliches Zuwarten auf wirtschaftliche Erfolge zu knüpfen, denn die Kläger hätten es dann in der Hand, die Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit beliebig hinauszuzögern; dies gilt insbesondere dann, wenn, wie hier, die selbstständige Tätigkeit erst im Zuge des Verlustfeststellungsverfahrens begonnen wurde, die ihrerseits in der gegebenen Konzeption nach wie vor nicht tragfähig scheint, am Markt wirtschaftliche Erfolge zu erzielen. Eine tatsächliche Teilnahme am Wirtschaftsleben durch Ausübung eines Gewerbes liegt nicht vor.

Demzufolge käme zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt bei den Klägern allenfalls der Freizügigkeitstatbestand aus §§ 2 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. 4 Satz 1 FreizügG/EU in Betracht; diese Voraussetzungen vermögen die Kläger jedoch nicht zu erfüllen.

Die Klage war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO und mit dem Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO abzuweisen.

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(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, mit der die Klägerin den in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter verfolgt, ihr für die gegen den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2013 gerichtete Klage unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (a. F.; vgl. § 40 EGZPO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 [BGBl I S. 3533]) und Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 166 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt.

Nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO a. F. erhält ein Beteiligter, der - wie die Klägerin - nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung der Klägerin bot aber zum für die Entscheidung über dem Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, B.v. 14.5.2013 - 10 C 10.3007 - juris Rn. 6 m. w. N.) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die der Beurteilung der Erfolgsaussichten danach zugrunde zu legende Sach- und Rechtslage hat sich auch bis zur Entscheidung des Senats nicht zugunsten der Klägerin geändert.

1. Die in Nr. 1. des Bescheids der Beklagten vom 25. Juni 2013 gemäß § 5 Abs. 5 (jetzt: § 5 Abs. 4) FreizügG/EU erfolgte Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt erweist sich zum hier maßgeblichen Zeitpunkt als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass sich eine Freizügigkeitsberechtigung und damit das Recht auf Einreise und Aufenthalt (§ 2 Abs. 1 FreizügG/EU) nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU weder aufgrund einer Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin (1.1.) oder zur Arbeitssuche (1.2.) noch aus einem anderen in § 2 Abs. 2 FreizügG/EU aufgeführten Tatbestand (1.3.) ergibt.

1.1. Die Klägerin ist nicht als Arbeitnehmerin im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, Art. 7 Abs. 1 a) Richtlinie 2004/38/EG, Art. 45 Abs. 3 c) AEUV freizügigkeitsberechtigt. Sie hat zwar im Beschwerdeverfahren durch Vorlage ihres Arbeitsvertrags mit der Park Café München GmbH ein befristetes Beschäftigungsverhältnis im Zeitraum 8. Mai 2012 bis 31. Dezember 2012 belegt. Nach der Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses jedenfalls im Dezember 2012, die grundsätzlich den Verlust der Arbeitnehmereigenschaft bedeutet (vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 10. Aufl. 2013, 2 § 2 Rn. 56 m. w. N.) bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft des Unionsbürgers gemäß § 2 Abs. 3 FreizügG/EU (s. auch Art. 7 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG) nur unter den dort genannten Voraussetzungen erhalten, im Fall der Klägerin gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU (s. auch Art. 7 Abs. 3 c) Richtlinie 2004/38/EG) allenfalls während eines längst abgelaufenen Zeitraums von sechs Monaten.

1.2. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin auch nicht als Arbeitssuchende nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, Art. 45 Abs. 3 c) AEUV freizügigkeitsberechtigt ist. Nach Art. 45 Abs. 3 c) AEUV beinhaltet die unionsrechtlich gewährleistete Arbeitnehmerfreizügigkeit (auch) das Recht, sich (arbeitslos) in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort aufzuhalten, um eine Beschäftigung als Arbeitnehmer zu suchen (st. Rspr.; vgl. EuGH, U.v. 26.5.1993 - C-171/91, Tsiotras - Rn. 8; U.v. 23.3.2004 - C-138/02, Collins - Rn. 36). Das Aufenthaltsrecht, das den Arbeitssuchenden danach zusteht, kann jedoch zeitlich begrenzt werden. Da das Gemeinschaftsrecht (jetzt: Unionsrecht) nicht regelt, wie lange sich Gemeinschaftsangehörige (Unionsbürger) zur Stellensuche in einem Mitgliedstaat aufhalten dürfen, sind die Mitgliedstaaten berechtigt, hierfür einen angemessenen Zeitraum festzulegen (EuGH, U.v. 23.3.2004 - C-138/02, Collins - Rn. 37); einen dafür bestimmten Zeitraum von sechs Monaten hat der Gerichtshof der Europäischen Union dabei für grundsätzlich ausreichend erachtet (EuGH, U.v. 26.2.1991 - C-292/89, Antonissen - Rn. 21). Eine solche zeitliche Begrenzung ist im Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) allerdings nicht festgelegt. Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass dann, wenn der Betroffene nach Ablauf eines solchen Zeitraums den Nachweis erbringt, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht, er vom Aufnahmemitgliedstaat nicht ausgewiesen werden darf (EuGH, U.v. 23.3.2004 - C-138/02, Collins - Rn. 37 m.w. Rspr-nachweisen); dies ist inzwischen auch in Art. 14 Abs. 4 b) Richtlinie 2004/38/EG sekundärrechtlich festgelegt. Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Freizügigkeitsberechtigung zum Zweck der Arbeitssuche ist jedoch, dass zum einen die ernsthafte Absicht verfolgt wird, eine Erwerbstätigkeit zu suchen und aufzunehmen, und zum anderen auch eine begründete Aussicht auf Erfolg der Arbeitssuche angenommen werden kann. Die ernsthafte Absicht zur Arbeitsaufnahme muss dabei auch objektivierbar nach außen hin zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Epe in Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, Stand: September 2013, IX - 2 § 2 Rn. 51; Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand: April 2013, D 1 § 2 Rn. 45 jeweils m. w. N.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin angegebenen, nur teilweise belegten Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle (noch) nicht geeignet seien, eine nachhaltige und nachvollziehbare und damit ernsthafte Arbeitssuche zu belegen. So hat die Klägerin zur Begründung ihrer Klage angegeben, sie habe sich seit Beendigung der Beschäftigung bei der Firma Park Café München GmbH unter anderem als Hilfskraft für allein lebende behinderte Menschen auf Zeitungsanzeigen beworben, als Beleg dafür allerdings nur eine entsprechende Zeitungsanzeige vorgelegt. Als weitere Belege für ihre Arbeitssuche hat die Klägerin ein offensichtlich von ihr ausgefülltes Kontaktformular einer Bäckerei, handschriftlich notierte Adressen und Telefonnummern eines Blumengeschäfts sowie einer Apotheke und ein Bewerbungsschreiben vom 5. August 2013 als „Regalpflegekraft“) vorgelegt. Mit Blick auf den Aufenthalt im Bundesgebiet bereits seit Mitte Juli 2009, fehlende Nachweise bezüglich von der Klägerin angegebener früherer Beschäftigungsverhältnisse und den Zeitraum der geltend gemachten Arbeitssuche der Klägerin zumindest seit Anfang Dezember 2012 hat das Verwaltungsgericht dies nicht als zum Nachweis einer ernsthaften Arbeitssuche der Klägerin ausreichend erachtet. Der Senat teilt die Einschätzung, dass die Klägerin damit (noch) nicht alle erforderlichen Maßnahmen - insbesondere regelmäßige und kontinuierliche Bewerbungen um konkrete Arbeitsplatzangebote, ggf. Nachweis erfolgloser Vermittlungsversuche des Jobcenters, Besuche von Unternehmen, Wahrnehmung von Vorstellungsgesprächen etc. - unternommen und nachgewiesen hat, um eine Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt zu finden (vgl. Hailbronner, a. a. O., Rn. 51; SächsOVG, B.v. 20.8.2012 - 3 B 202/12 - juris Rn. 11).

Auch ihr Vorbringen im Beschwerdeverfahren, die durch Vorlage entsprechender Bestätigungen belegte Teilnahme an einem Word- und Excelkurs „für AnfängerInnen“ sowie am Deutschkurs B1 (Grundstufe 4) und der Nachweis über die Berechtigung zur Teilnahme am Integrationskurs rechtfertigen noch nicht die Annahme, dass die Klägerin nunmehr mit konkreter Aussicht auf Erfolg ernsthaft nach Arbeit sucht. Wenn die Klägerin insoweit geltend macht, sie habe an diesen Kursen teilgenommen, um sich so „unter anderem für eine Tätigkeit als Bibliothekarin“ zu qualifizieren, wird dadurch gerade nicht der Nachweis erbracht, dass sie mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht, sondern allenfalls die Bestrebung belegt, sich für eventuell künftige Bewerbungen eine bessere Ausgangsbasis zu verschaffen. Letzteres genügt insbesondere unter Berücksichtigung des langen Zeitraums der Arbeitslosigkeit der Klägerin jedoch nicht, um den besonderen Ausweisungsschutz des Art. 14 Abs. 4 b) Richtlinie 2004/38/EG auszulösen.

1.3. Ein Freizügigkeitsrecht der Klägerin ergibt sich schließlich nicht aus anderen Gründen, weil die Klägerin auch nicht zu den übrigen in § 2 Abs. 2 FreizügG/EU aufgeführten Gruppen von Freizügigkeitsberechtigten gehört. Ein Aufenthaltsrecht als nicht erwerbstätige Unionsbürgerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU kommt nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin unstreitig nicht über ausreichende Existenzmittel im Sinne von § 4 Satz 1 FreizügG/EU verfügt.

Die somit gemäß § 5 Abs. 5 (jetzt: § 5 Abs. 4) FreizügG/EU im Ermessen der Beklagten stehende Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts ist auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden. Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO sind nicht festzustellen.

2. Auch die Feststellung der Ausreisepflicht der Klägerin infolge der Verlustfeststellung, die Festsetzung einer Ausreisefrist von einem Monat und die Androhung der Abschiebung für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise in Nr. 2. des Bescheids der Beklagten vom 25. Juni 2013 sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 bis 3 FreizügG/EU rechtmäßig erfolgt.

Sind damit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO a. F. mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage nicht erfüllt, so kann der Klägerin auch ihre Prozessbevollmächtigte nicht nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO beigeordnet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 24. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die 1951 geborene Klägerin, eine estnische Staatsangehörige, wendet sich gegen die Feststellung des Verlustes ihres Rechts auf Einreise und Aufenthalt für die Bundesrepublik Deutschland.

2

Sie besitzt einen Hochschulabschluss als Ingenieur-Chemikerin und arbeitete in Estland vor ihrer Ausreise als Lehrerin für Chemie. Im September 2004 war sie für rund zwei Wochen zu Besuch bei Bekannten in Deutschland und lernte dabei ihren jetzigen Lebensgefährten, Herrn L., kennen. Nach ihrer Rückkehr nach Estland reiste sie im März 2005 ins Bundesgebiet ein und zog mit Herrn L. zusammen.

3

Als von ihr angegebener Zweck des Aufenthalts ist in der Akte der Ausländerbehörde der Beklagten (vgl. Bl. 1) "Arbeitssuche" vermerkt. Daraufhin stellte die Beklagte ihr unter dem 28. April 2005 eine Bescheinigung nach § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU aus, wonach sie nach Maßgabe dieses Gesetzes zu Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei.

4

Mit Bescheid vom 23. November 2005 wurden Herrn L. und der Klägerin - als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit von Januar bis Juni 2006 bewilligt. Entsprechende Leistungen sowie Hilfe zum Lebensunterhalt erhielt sie auch in der Folgezeit.

5

Nachdem die Beklagte von dem Sozialleistungsbezug Kenntnis erlangt und der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Verlustfeststellung gegeben hatte, stellte sie mit Bescheid vom 25. April 2006 fest, dass die Klägerin das Recht auf Einreise und Aufenthalt für die Bundesrepublik Deutschland verloren habe. Zugleich forderte sie sie auf, das Bundesgebiet spätestens mit Rechtskraft der Verfügung zu verlassen, und drohte ihr die Abschiebung nach Estland an. Die Klägerin habe ausreichend Gelegenheit gehabt, sich um eine Arbeitsstelle zu bemühen. In der Regel komme höchstens ein Zeitraum von sechs Monaten zur Arbeitssuche in Betracht. Sie sei seit März 2005 ohne Beschäftigung und bestreite ihren Lebensunterhalt aus öffentlichen Mitteln. Mit Verfügung vom 12. Juni 2007 änderte die Beklagte ihren Bescheid dahin gehend ab, dass sie die Frist zur Ausreise auf einen Monat nach Rechtskraft des Bescheides vom 25. April 2006 festsetzte. Außerdem stellte sie klar, dass ein Einreiseverbot nicht bestehe.

6

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und erklärte in der Sitzung des Stadtrechtsausschusses des Beklagten am 13. Juni 2007, sie beabsichtige, sich selbständig zu machen. Am gleichen Tage meldete sie ein Gewerbe "Reinigung nach Hausfrauenart" an. Der Stadtrechtsausschuss wies ihren Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2007 zurück.

7

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, seit November 2007 übe sie das von ihr angemeldete Gewerbe aus. Sie habe aus ihrer selbständigen Reinigungstätigkeit bis Ende 2007 Einnahmen in Höhe von insgesamt 214,00 € und von Januar bis März 2008 in Höhe von 150,00 €, 175,00 € und 100,00 € erzielt. Außerdem beziehe sie eine estnische Rente, die sich ab April 2007 auf umgerechnet rund 164,00 € monatlich belaufe.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. April 2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine dauernde selbständige wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Niederlassungsrechts, welche zur Freizügigkeit berechtige, könne in der von der Klägerin stundenweise verrichteten Reinigungstätigkeit, die auch nur zu einem geringen Verdienst führe, nicht gesehen werden. Eine ernstzunehmende Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin sei nicht erkennbar.

9

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Nachdem sie krankheitsbedingt im April und Mai 2008 keine Einkünfte habe erzielen können, habe sie nunmehr die Einnahmen aus ihrer Reinigungstätigkeit deutlich steigern können, und zwar in der Zeit von Juni bis Oktober 2008 auf 420,00 €, 429,00 €, 434,00 €, 381,00 € und 435,00 € monatlich. Im November 2008 habe sie 194,00 € verdient. Sie sei in diesem Monat nach Estland gefahren, um ihren todkranken Ehemann, von dem sie nicht geschieden gewesen sei, auf dessen Wunsch zu pflegen. Nach seinem Tod sei sie am 26. Februar 2009 nach Deutschland zurückgekehrt und habe ihre Reinigungstätigkeit wieder aufgenommen. Ihre estnische Rente sei mittlerweile auf rund 242 € monatlich erhöht worden. Der Grund für ihre Einreise in die Bundesrepublik sei Herr L. gewesen. Sie habe gegenüber der Ausländerbehörde als Aufenthaltszweck nicht angegeben, sich hier zur Arbeitssuche zu befinden.

10

Die Klägerin beantragt,

11

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 24. April 2008 den Bescheid der Beklagten vom 25. April 2006 in der Fassung der Verfügung vom 12. Juni 2007 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 22. Oktober 2007 aufzuheben.

12

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Hinsichtlich der Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 2. April 2009 im Einzelnen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorlegten Behördenakten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

15

Die Berufung ist unbegründet.

16

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25. April 2006 in der Fassung der Verfügung vom 12. Juni 2007 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig.

17

Rechtsgrundlage der von der Beklagten verfügten Verlustfeststellung ist § 5 Abs. 5 des Gesetzes über die Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU) - FreizügG/EU -. Danach kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind. Nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Der Begriff "entfallen" in § 5 Abs. 5 FreizügG/EU legt zwar nahe, dass die Verlustfeststellung nur erfolgen kann, wenn das Recht auf Einreise und Aufenthalt ursprünglich bestanden hat und später entfallen ist. Die Vorschrift ist aber - zumindest entsprechend - auch bei Unionsbürgern anzuwenden, deren Freizügigkeitsberechtigung von vornherein nicht bestanden hat. Dafür spricht nicht nur, dass die Feststellung des Nichtbestehens dieses Rechts in § 11 Abs. 2 und § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU erwähnt wird, das Gesetz also selbst von der Möglichkeit einer derartigen Feststellung ausgeht, ohne diese indes näher zu regeln. Es ist auch sachgerecht und entspricht dem Rechtschutzinteresse des Betroffenen, wenn die Frage seiner Freizügigkeitsberechtigung im Verfahren der Verlustfeststellung geklärt werden kann (vgl. Epe, in: GK-AufenthG, Stand April 2008, § 5 FreizügG/EU Rn. 53).

18

Die Voraussetzungen für eine solche Verlustfeststellung liegen vor. Die Klägerin ist weder als Arbeitnehmerin (1.) noch als niedergelassene selbständige Erwerbstätige (2.) noch als nichterwerbstätige Unionsbürgerin (3.) gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt. Da seit ihrer Einreise ins Bundesgebiet im Jahr 2005 keine fünf Jahre vergangen sind, kann die Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 5 FreizügG/EU noch getroffen werden.

19

1. Gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen. Diese Arbeitnehmerfreizügigkeit wird durch Art. 39 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV - gewährleistet. Sie schließt die Arbeitssuche mit ein. Denn sie gibt den Arbeitnehmern das Recht, sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben und sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen (vgl. Art. 39 Abs. 3a und b EGV).

20

Die praktische Wirksamkeit dieses Rechts ist dabei nur gewahrt, wenn dem Betroffenen ein angemessener Zeitraum eingeräumt wird, um im Aufnahmemitgliedstaat von Stellenangeboten, die seinen beruflichen Qualifikationen entsprechen, Kenntnis nehmen und sich gegebenenfalls bewerben zu können. Das Gemeinschaftsrecht verwehrt es einem Mitgliedstaat nicht, den Aufenthalt eines Stellensuchenden aus einem anderen Mitgliedstaat zu begrenzen, wenn er nach sechs Monaten keine Stelle gefunden hat, sofern er nicht nachweist, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht (vgl. EuGH, InfAuslR 1991, 151 - Antonissen -).

21

Die Klägerin ist nicht als Arbeitnehmerin freizügigkeitsberechtigt. Sie hält sich insbesondere auch nicht zur Arbeitssuche im Bundesgebiet auf. Dies folgt nicht nur aus dem Umstand, dass die Klägerin seit ihrer Einreise im März 2005 und damit seit rund vier Jahren keine Arbeitsstelle - als unselbständig Beschäftigte - gefunden hat. Es kommt hinzu, dass sie, wie sie in der mündlichen Verhandlung selbst bestätigt hat, nicht "zur Arbeitssuche" - wie in der Akte der Ausländerbehörde vermerkt - nach Deutschland gekommen ist, sondern um mit Herrn L., ihrem Lebensgefährten, zusammenzuleben. Sie behauptet selbst nicht, sich jemals um eine solche Arbeitsstelle bemüht zu haben oder sich derzeit darum zu bemühen. Für sie bestand daher von Anfang an keine Arbeitnehmerfreizügigkeit. Auf den Umstand, dass Staatsangehörige Estlands derzeit zudem nur eine eingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen (vgl. Epe, a.a.O., § 13 FreizügG/EU Rn. 9 ff.), kommt es demnach nicht mehr an.

22

2. Gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU auch Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige). Diese Freizügigkeit zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit folgt aus der durch Art. 43 EGV gewährleisteten Niederlassungsfreiheit, hinsichtlich derer für Staatsangehörige Estlands keine Beschränkungen bestehen (vgl. Epe, a.a.O., § 13 FreizügG/EU Rn. 7).

23

Der gemeinschaftsrechtliche Begriff der Niederlassung bezieht sich auf eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit, die - in Abgrenzung zur Erbringung von Dienstleistungen i.S.v. Art. 49 f. EGV - nicht nur vorübergehend, sondern auf grundsätzlich unbestimmte Zeit im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübt werden soll. Da die Klägerin sich dauerhaft in Deutschland aufhalten will, kommt eine gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung allein im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) und nicht auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) in Betracht.

24

Die Art der ausgeübten Tätigkeit ist zwar grundsätzlich unerheblich. Es muss sich aber um eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit handeln, weshalb völlig untergeordnete, unwesentliche Tätigkeiten nicht genügen. Der erforderliche Wille zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit verlangt zudem eine ernstzunehmende Gewinnerzielungsabsicht (vgl. Epe, a.a.O., § 2 FreizügG/EU Rn. 74; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Oktober 2007, § 2 FreizügG/EU Rn. 44).

25

An einer ernstzunehmenden Gewinnerzielungsabsicht fehlt es hier. Die Klägerin hat ihre Reinigungstätigkeit vielmehr allein unter dem Druck des vorliegenden Verlustfeststellungsverfahrens aufgenommen und würde sie nach Überzeugung des Senats alsbald wieder beenden, wenn dieser Druck nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht mehr bestünde.

26

Hierfür spricht das gesamte bisherige Verhalten der Klägerin seit ihrer Einreise ins Bundesgebiet:

27

Die Klägerin ist nach ihren eigenen Angaben nicht "zur Arbeitssuche" nach Deutschland gekommen, sondern um mit Herrn L., ihrem Lebensgefährten, den sie bei einem Besuchsaufenthalt im September 2004 in Deutschland kennengelernt hatte, zusammenzuleben, wie oben bereits erwähnt. Über eine berufliche Tätigkeit hatte sie sich ihren Angaben zufolge bei ihrer Einreise keine Gedanken gemacht.

28

Sie nahm nach ihrer Einreise im März 2005 bis zum Juni 2007 und damit für einen Zeitraum von über zwei Jahren weder eine unselbständige noch eine selbständige Tätigkeit auf. Erst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens meldete sie am Tag der Sitzung des Stadtrechtsausschusses - am 13. Juni 2007 - eine Reinigungstätigkeit als Gewerbe an. Wie sie in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, erfolgte diese Gewerbeanmeldung, nachdem sie von einer Mitarbeiterin der Ausländerbehörde auf die Notwendigkeit eigener Einkünfte hingewiesen worden war.

29

Nach der tatsächlichen Aufnahme ihrer Reinigungstätigkeit im November 2007 erzielte sie hieraus Einkünfte bis zum Jahresende in Höhe von 214,00 € und in der Zeit von Januar bis März 2008 in Höhe von 150,00 €, 175,00 € und 100,00 € monatlich. Erst nach der Abweisung ihrer Klage durch das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 24. April 2008 steigerte sie ihre Einnahmen auf über 400,00 € monatlich.

30

Auch Lebensalter und Vorbildung der Klägerin sprechen dafür, dass sie lediglich unter dem Druck des laufenden Verlustfeststellungsverfahrens eine Reinigungstätigkeit aufgenommen hat. Die Klägerin ist 1951 geboren, sie war bei ihrer Einreise mithin 54 Jahre und bei Aufnahme ihrer Tätigkeit im Jahre 2007 bereits 56 Jahre alt. Außerdem besitzt sie einen in der Ukraine erworbenen Hochschulabschluss als Ingenieur-Chemikerin und hat in Estland vor ihrer Ausreise als Lehrerin für Chemie gearbeitet. Die von ihr aufgenommen Reinigungstätigkeit erfordert jedoch weder den von ihr erworbenen noch einen sonstigen Bildungsabschluss.

31

3. Gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 schließlich auch nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU. Danach haben nicht erwerbstätige Unionsbürger das Recht nach § 2 Abs. 1 - auf Einreise und Aufenthalt -, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Diese Freizügigkeitsberechtigung folgt aus Art. 18 EGV i.V.m. Art. 7 Abs. 1b der Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004.

32

Die Voraussetzungen dieses Rechts liegen nicht vor.

33

Die Klägerin verfügt lediglich über eine geringfügige estnische Rente in Höhe von zuletzt 242,00 € monatlich. Allein für ihre Krankenversicherung muss sie jedoch monatlich 218,67 € aufwenden. Sie hat auch von Januar 2006 bis zumindest Sommer 2008, dem Zeitpunkt der Steigerung ihrer Einkünfte aus der Reinigungstätigkeit auf über 400,00 € monatlich, Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen.

34

Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erstmals angegeben, sie habe bei ihrer Einreise mit der Unterstützung ihrer Tochter gerechnet. Diese helfe ihr bis heute mit Geldleistungen bei Bedarf. Die Tochter unterstütze sie seit ihrer Einreise mit etwa 500,00 € monatlich. Deren Mann, der Autohändler sei, befinde sich oft in Deutschland und bringe ihr dann das Geld mit. Der Betrag, der Herrn L. zur Verfügung gestanden habe und den sie mit Rente und Unterstützung ihrer Tochter gehabt habe, habe für sie und Herrn L. zum Leben ausgereicht.

35

Dieses Vorbringen rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass die Klägerin über ausreichende Existenzmittel verfügt. Hiergegen spricht schon der genannte langfristige Bezug von Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Angaben der Klägerin sind außerdem insofern vage, als sie einerseits eine finanzielle Unterstützung "bei Bedarf" und andererseits eine Unterstützung "mit etwa 500,00 € monatlich" erwähnt. Daraus lässt sich nicht schließen, dass sie unabhängig von ihrem Bedarf regelmäßig jeden Monat eine Unterstützung von 500,00 € erhält. Die Klägerin hat - wie sich aus dem Zusammenhang ihrer Äußerung ergibt - auch nur erklärt, dass das Geld, das Herrn L. und ihr bei ihrer Einreise zur Verfügung gestanden habe, ihnen beiden gereicht habe. Dass das ihnen zur Verfügung stehende Geld auch noch nach dem Bezug von Sozialleistungen ab Januar 2006 an sich, das heißt ohne die empfangenen Sozialleistungen, gereicht hätte und auch künftig - ohne die Einkünfte aus ihrer Reinigungstätigkeit und ohne Sozialleistungen - ausreichen werde, um ihren Lebensunterhalt einschließlich Krankenversicherungsschutz zu sichern, hat sie hingegen selbst nicht geltend gemacht.

36

Sollten ihre Tochter oder Herr L. allerdings künftig die Klägerin regelmäßig - und nachprüfbar - in einem Umfang finanziell unterstützen, dass sie über ausreichende Existenzmittel einschließlich Krankenversicherungsschutz im Bundesgebiet verfügt, wäre sie auch als nichterwerbstätige Unionsbürgerin gemeinschafts-rechtlich freizügigkeitsberechtigt und hätte mithin ein Recht auf Einreise und Aufenthalt.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

38

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

39

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

40

Beschluss

41

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 €

(1) Zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit kann erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Das Einstiegsgeld kann auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt.

(2) Das Einstiegsgeld wird, soweit für diesen Zeitraum eine Erwerbstätigkeit besteht, für höchstens 24 Monate erbracht. Bei der Bemessung der Höhe des Einstiegsgeldes sollen die vorherige Dauer der Arbeitslosigkeit sowie die Größe der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden, in der die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte lebt.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, wie das Einstiegsgeld zu bemessen ist. Bei der Bemessung ist neben der Berücksichtigung der in Absatz 2 Satz 2 genannten Kriterien auch ein Bezug zu dem für die oder den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten jeweils maßgebenden Regelbedarf herzustellen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.